Christine Garbe/Maik Philipp (Hrsg.): Harry Potter. Ein Literatur- und Medienereignis im Blickpunkt...

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geschützten Raum bietet, andererseits das Mittel für soziale Anpassung darstellt. Markus Fellner untersucht Filme, in denen Verrücktheit, Wahn und psychische Störungen thematisiert werden. Nach theoretischen Erörterungen zu Filmtheo- rie, Sozialwissenschaft und Krankheitsbegriff (hier auch die Antipsychiatriebewegung berück- sichtigend) stellt die Münchner Dissertation dis- kursanalytisch Spielfilme vor. Sie decken das ganze Spektrum ab, vom brutalen Psychopathen über Anstaltskritik (»Einer flog über das Ku- ckucksnest«) bis zum Versuch, Schizophrenie, die sich durchaus als unfreiwilliges konstruktivis- tisches Projekt betrachten lässt, in die Biographie zu integrieren (»Das weiße Rauschen«). hb Christine Garbe/Maik Philipp (Hrsg.): Harry Potter . Ein Literatur- und Medienereignis im Blickpunkt interdisziplinärer Forschung. Hamburg etc.: LIT Verlag 2006 (= Reihe: Litera- tur – Medien – Rezeption. Studien zur Rezep- tion und Wirkung von Literatur und Medien; Bd. 1), 326 Seiten, Eur 19,90. Der von Christine Garbe gemeinsam mit Maik Philipp herausgegebene Sammelband vereinigt 14 Beiträge, die aus einem Lehrforschungspro- jekt und einer Ringvorlesung an den Fachberei- chen Kulturwissenschaften und Erziehungswis- senschaften der Universität Lüneburg hervorge- gangen sind. Die Autoren sind teils (ehemalige) Studierende der Angewandten Kulturwissen- schaften, teils interne und auswärtige Akademi- ker aus den unterschiedlichsten Disziplinen. In ihren Texten nehmen sie das »Literatur- und Me- dienereignis« Harry Potter zunächst im Kontext philosophischer, literarischer, mythologischer und psychologischer Bezüge in den Blick. An- schließend analysieren sie die Umsetzung des Romanzyklus auf der Kinoleinwand und im Me- dienverbund, die damit zusammenhängenden Merchandising-Kampagnen sowie die rezeptive Aneignung dieser Produkte. Im Ausblick des Bandes werden Herausforderungen für die künf- tige Medienkulturforschung und Mediendidak- tik identifiziert. Die abschließende Bibliographie (S. 313ff.) zeigt, dass die Sekundärliteratur zum Thema Harry Potter in den vergangenen Jahren nahezu ausgeufert ist. tse Franzisca Gottwald/Andy Kaltenbrunner/Mat- thias Karmasin: Medienselbstregulierung zwischen Ökonomie und Ethik. Erfolgsfaktoren für ein ös- terreichisches Modell. – Wien etc.: LIT Verlag 2006 (= Reihe: Studien zur Medienpraxis; Bd. 1), 161 Seiten, Eur 14,90. Trotz der großen Bedeutung der Medienselbst- kontrolle scheitern deren Institutionen zuweilen. So wie auch in Westdeutschland der Presserat für mehrere Jahre handlungsunfähig war, besteht ein ähnliches Problem in Österreich. Hier existierte der Österreichische Presserat von 1961 bis 2002, als er sich auflöste, nachdem der Verband Öster- reichischer Zeitungen die Mitarbeit aufgekün- digt hatte. Der vorliegende Band berichtet über Funktionsweise und Konflikte des Presserates, weist aber darüber hinaus. Es werden die kom- munikationswissenschaftlichen Perspektiven der Selbstregulierung erörtert, die insbesondere des- halb notwendig sei, um die Presse aus der Um- klammerung von politischen und ökonomischen Zumutungen zu befreien. Ferner stellen die Au- toren Best-Practice-Modelle vor (Deutschland, Australien, Schweiz, Dänemark, Großbritan- nien, USA) und zeigen Lösungsansätze, deren Kern eine Medienselbstkontrolleinrichtung für alle Mediengattungen ist. Diese Einrichtung müsste ko-reguliert etabliert werden, also poli- tisch und institutionell unterstützt. Zudem müs- se ein neuer Ehrenkodex nicht nur für Journalis- ten, sondern auch für Manager gelten. hb Friedhelm Greis: Fehl-Information. Korrekturen an einem Begriff. – Remscheid: Gardez! Verlag 2006 (= Reihe: Philosophie im Kontext; Bd. 12), 148 Seiten, Eur 24,95. »Wenn du nicht weißt, was es ist, nenn es Infor- mation«, zitiert Greis aus einem Biologielexikon. Der Autor unternimmt eine gründliche Kritik am Unterfangen, Gegenstände und Erkenntnisse wissenschaftlicher Disziplinen mit dem Über- und Totschlagbegriff »Information« zu erfassen. Das »Informationszeitalter« der Gegenwartsver- sessenen sei mit der Erde Milliarden Jahre alt, der Zunahme an Wissen stehe (scheinbar) paradox die Abnahme an Gewissheiten gegenüber. Ganz praktisch und sprachpflegerisch regt Greis, der neben anderen Fächern in Journalistik, Theolo- gie, Philosophie und Pädagogik zuhause ist, an, Buchbesprechungen 557

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geschützten Raum bietet, andererseits das Mittelfür soziale Anpassung darstellt. Markus Fellneruntersucht Filme, in denen Verrücktheit, Wahnund psychische Störungen thematisiert werden.Nach theoretischen Erörterungen zu Filmtheo-rie, Sozialwissenschaft und Krankheitsbegriff(hier auch die Antipsychiatriebewegung berück-sichtigend) stellt die Münchner Dissertation dis-kursanalytisch Spielfilme vor. Sie decken dasganze Spektrum ab, vom brutalen Psychopathenüber Anstaltskritik (»Einer flog über das Ku-ckucksnest«) bis zum Versuch, Schizophrenie,die sich durchaus als unfreiwilliges konstruktivis-tisches Projekt betrachten lässt, in die Biographiezu integrieren (»Das weiße Rauschen«). hb

Christine Garbe/Maik Philipp (Hrsg.): HarryPotter. Ein Literatur- und Medienereignis imBlickpunkt interdisziplinärer Forschung. –Hamburg etc.: LIT Verlag 2006 (= Reihe: Litera-tur – Medien – Rezeption. Studien zur Rezep-tion und Wirkung von Literatur und Medien;Bd. 1), 326 Seiten, Eur 19,90.

Der von Christine Garbe gemeinsam mit MaikPhilipp herausgegebene Sammelband vereinigt14 Beiträge, die aus einem Lehrforschungspro-jekt und einer Ringvorlesung an den Fachberei-chen Kulturwissenschaften und Erziehungswis-senschaften der Universität Lüneburg hervorge-gangen sind. Die Autoren sind teils (ehemalige)Studierende der Angewandten Kulturwissen-schaften, teils interne und auswärtige Akademi-ker aus den unterschiedlichsten Disziplinen. Inihren Texten nehmen sie das »Literatur- und Me-dienereignis« Harry Potter zunächst im Kontextphilosophischer, literarischer, mythologischerund psychologischer Bezüge in den Blick. An-schließend analysieren sie die Umsetzung desRomanzyklus auf der Kinoleinwand und im Me-dienverbund, die damit zusammenhängendenMerchandising-Kampagnen sowie die rezeptiveAneignung dieser Produkte. Im Ausblick desBandes werden Herausforderungen für die künf-tige Medienkulturforschung und Mediendidak-tik identifiziert. Die abschließende Bibliographie(S. 313ff.) zeigt, dass die Sekundärliteratur zumThema Harry Potter in den vergangenen Jahrennahezu ausgeufert ist. tse

Franzisca Gottwald/Andy Kaltenbrunner/Mat-thias Karmasin: Medienselbstregulierung zwischenÖkonomie und Ethik. Erfolgsfaktoren für ein ös-terreichisches Modell. – Wien etc.: LIT Verlag2006 (= Reihe: Studien zur Medienpraxis;Bd. 1), 161 Seiten, Eur 14,90.

Trotz der großen Bedeutung der Medienselbst-kontrolle scheitern deren Institutionen zuweilen.So wie auch in Westdeutschland der Presserat fürmehrere Jahre handlungsunfähig war, besteht einähnliches Problem in Österreich. Hier existierteder Österreichische Presserat von 1961 bis 2002,als er sich auflöste, nachdem der Verband Öster-reichischer Zeitungen die Mitarbeit aufgekün-digt hatte. Der vorliegende Band berichtet überFunktionsweise und Konflikte des Presserates,weist aber darüber hinaus. Es werden die kom-munikationswissenschaftlichen Perspektiven derSelbstregulierung erörtert, die insbesondere des-halb notwendig sei, um die Presse aus der Um-klammerung von politischen und ökonomischenZumutungen zu befreien. Ferner stellen die Au-toren Best-Practice-Modelle vor (Deutschland,Australien, Schweiz, Dänemark, Großbritan-nien, USA) und zeigen Lösungsansätze, derenKern eine Medienselbstkontrolleinrichtung füralle Mediengattungen ist. Diese Einrichtungmüsste ko-reguliert etabliert werden, also poli-tisch und institutionell unterstützt. Zudem müs-se ein neuer Ehrenkodex nicht nur für Journalis-ten, sondern auch für Manager gelten. hb

Friedhelm Greis: Fehl-Information. Korrekturenan einem Begriff. – Remscheid: Gardez! Verlag2006 (= Reihe: Philosophie im Kontext; Bd. 12),148 Seiten, Eur 24,95.

»Wenn du nicht weißt, was es ist, nenn es Infor-mation«, zitiert Greis aus einem Biologielexikon.Der Autor unternimmt eine gründliche Kritikam Unterfangen, Gegenstände und Erkenntnissewissenschaftlicher Disziplinen mit dem Über-und Totschlagbegriff »Information« zu erfassen.Das »Informationszeitalter« der Gegenwartsver-sessenen sei mit der Erde Milliarden Jahre alt, derZunahme an Wissen stehe (scheinbar) paradoxdie Abnahme an Gewissheiten gegenüber. Ganzpraktisch und sprachpflegerisch regt Greis, derneben anderen Fächern in Journalistik, Theolo-gie, Philosophie und Pädagogik zuhause ist, an,

Buchbesprechungen 557