Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

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Christoph Türcke

Vermittlung als Gott

zu Klampen, Lüneburg 1994

Teil 1 von 4

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Teil 1 von 4

„Der Dritte Mensch“

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?

Warum ist etwasund nicht etwa nichts?

Warum ist es sound nicht anders?

Die letzten Fragen

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Philosophieoder

Religion?

Wer kann die Antwort geben?

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Philosophie oder Religion?

Friedrich D. E. Schleiermacher1768-1834

Breslau/Berlin

Immanuel Kant1724-1804Königsberg

„Der Aufklärer“ „Der Romantiker“

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Philosophie oder Religion?

vergl. Gessmann 2009, 645/2

Die Philosophie forschtden Weltprinzipien ohnegreifbares Ende nach.

Die Religion verhilftdurch unmittelbaresGefühl zu einerAnschauung desUniversums.

„Der Romantiker“Friedrich D. E. Schleiermacher

1768-1834Breslau/Berlin

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sapere aude!

Habe Mut, dichdes Verstandeszu bedienen!

vergl. Röd 1996, Bd. II, 178

Philosophie oder Religion?

„Der Aufklärer“Immanuel Kant

1724-1804Königsberg

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Philosophiein

der Religion!

Philosophieoder

Religion?

wie legitimiert?

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Ein Plädoyer für die Vernunft in der Religion

Die Ablehnung der Vernunftin der Religion• resultiert aus einer nicht-christlichen Vorstellung von der Transzendenz Gottes.• Sie hält uns von der Wahrheit des Evangeliums fern*

* G. Vattimo 1996, 56

Gianni Vattimo* 4. 1. 1936

Turin

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Ein Plädoyer für die Vernunft in der Religion

* G. Vattimo, 1996, 63

„... für uns nimmt dasHeil seinen Weg durchdie Interpretation ...“ *

Gianni Vattimo* 4. 1. 1936

Turin

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Ein Plädoyer für die Vernunft in der Religion

* G. Vattimo, 1996, 63

„... und die persönlicheInterpretation der Schrift ist der erste Imperativ, den die Schrift selbst uns auferlegt.“ *

Gianni Vattimo* 4. 1. 1936

Turin

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* G. Vattimo 1996, 62

Gianni Vattimo* 4. 1. 1936

Turin

„... in der Heilsgeschichte- ... –wird die christliche Botschaftdeutlich ...“ *

Das Heil in der Vermittlung

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Gott hat sich den Menschennicht entzogen,sondern sich gerade durchseine Heilszusageals nicht-transzendentaler,als vermittelnder/vermittelterGott geoffenbart.

Das Heil in der Vermittlung

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MenschwerdungChristi (kenosis)

Auferstehung (anastasis)

Das Heil in der Vermittlung

Die Vermittlung Gottes mit den Menschenist die Bedingung für die Möglichkeitdes christlichen Heilsgeschehens.

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„Vermittlung“ verstehen

heißt

Gottes Heilszusageverstehen

Religion

Philosophie

Das Heil in der Vermittlung

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Ideenwelt

MenschGott VersöhnungHeil(ung)

ReligionPhilosophie

Sinnenwelt Vermittlung

Vermittlung verstehen

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Was ist „Vermittlung“?

* Gessmann 2009, 739/2

EndeBeginn

Vermittlung:Gedankliche Verbindung einander wider-sprechender Begriffe, die nach ihrer Ver-mittlung in einer neuen, grundlegendenHinsicht miteinander kompatibel erscheinen.*

z. B. von Allgemeinem und Konkretem, Ideellem und Materiellem,Göttlichem und Nicht-Göttlichem, Gott und Mensch

Prozess

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Allgemeines - Konkretes

„Idee“ des Dreiecks:a + b + g = 180°

und konkrete Ausgestaltungen

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Der Baumals Idee

Bäumeals konkrete Individuen

Ideelles - Materielles

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Ideelles - Materielles

Der Menschals Idee

Menschenals Individuen

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„Vermittlung“ durchden Dritten Menschen

Die Läuterung der SubjektivitätMit Türcke von den Vorsokratikern

bis Thomas von Aquin

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1. Mose 2, 8 ff

Erkenntnis von Gut und Böse

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Erkenntnis vonGut und Böse =Erkenntnis umfassendengöttlichen Wissens *

*Alexander A. Fischer, Lehrstuhl für Altes Testament, Theologische Fakultät der Universität Jena: Erkenntnis/Erkennen (AT) https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/erkennen-erkenntnis-at/ ch/6d3361f7b0a06723a9e61081794036ab/#h8, aufgerufen am 30. 3. 2015

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Erkenntnis umfassendengöttlichen Wissens

=

zentrales Anliegender Philosophie;Aristoteles: „Metaphysik“

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Aufklärung

VernunftGlaube?

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VernunftPhilosophie

ReligionGlaube

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GottHimmel

WeltMensch

Der transzendente Gott„... der Du bist im Himmel“

Der gottverlassene Mensch

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GottHimmel

WeltMensch

Ein transzendenter Gottkann Menschenkein Heil bringen

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GottMensch

Ein Heil bringender Gott muss den Menschen vermittelt sein,

und kann deshalb nur einnicht-transzendenter Gott sein.

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Verständnis von„Vermittlung“

in der Geschichteder PhilosophieDiesseitiges – Jenseitiges

Ideelles – MateriellesGöttliches – Nicht-Göttliches

Wer die Gegenwart verstehen will,muss die Vergangenheit verstanden haben

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Die Götter der Griechen

ApolloHermes

Dionysos Ares

HephaistosPoseidon

Zeus Athene Pluton Hestia

DemeterAphrodite

Hera

Artemis

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Die Götter der Griechen

zuständig für• Raum und Zeit• Himmel und Erde• Blitz und Donner• Weisheit• Schönheit• Liebe• .... *

aber in ihrer Subjektivität• unberechenbar• willkürlich• in Zwänge verstrickt• niederträchtig• zwielichtig• intrigant• .... *

*Türcke 1994, 26

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Deshalb:Bei den Göttern der Griechenlässt sich kein Heil finden.

Das wahre Sein, das allenDingen zugrunde liegt,muss woanders gefundenwerden.

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Erster Ansatz („Vorsokratiker“):Die Elemente der Sinnenwelt *

ThalesMilet

624–546Wasser

AnaximenesMilet

585–528Luft

HeraklitEphesus535–475

Feuer

EmpedoklesAgrigent585–528

Wasser, FeuerLuft, Erde

Die Suche nach dem allen Dingenzugrunde liegenden wahren Sein

* Gessmann 2009, 711/2, 31/2, 306/2, 193/1; Türcke 1994, 26

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Die Suche nach dem allen Dingenzugrunde liegenden wahren Sein

Parmenides von Elea(520-460 v. Chr.)erkennt den Zirkelschluss:

Das aller Natur Zugrundeliegendekann nicht selbst ein Naturstoff sein!

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Die Suche nach dem allen Dingenzugrunde liegenden wahren Sein

Parmenides folgert weiter:

Weil das aller Natur Zugrundeliegende nicht selbstein Naturstoff sein kann, muss das wahre Seinim Begrifflichen (das ist die jenseits der mit denSinnen erfahrbare Wirklichkeit) zu finden sein.

Beginn der Metaphysik !*

* Röd, 1994, 56

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Parmenides‘ Metaphysik des wahren SeinsWahres Sein ist:*

• ungeworden und unvergänglich• ganz und einheitlich• mit sich identisch• unerschütterlich und vollkommen• in sich selbst verharrend

* Parmenides, Fragmente, zit. n. Türcke 1994; 27, Röd 1994, 59; Gessmann 2009, 565

und damit von der sinnlich erfahrbarenWirklichkeit völlig verschieden

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sinnlich erfahrbare

WirklichkeitWahres SeinDie Welt

Wahres Sein und sinnlich erfahrbare Wirklichkeitfallen auseinander

Parmenides‘ Metaphysik des wahren Seins

Türcke 1994; 27

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sinnlich erfahrbare Welt

wahres Seinbegriffliche Welt

Das wahre Sein istvon der sinnlicherfahrbaren Wirklichkeitausgeschlossen.

Parmenides‘ Metaphysik des wahren Seins

Die sinnlich erfahrbareWirklichkeit ist vomwahren Seinausgeschlossen.

Türcke 1994; 27

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Die sinnlich erfahrbareWelt ist dasWirkliche

Das wahre Sein ist dasUnwirkliche

sinnlich erfahrbare

Wirklichkeit

wahres Seinbegriffliche Welt

Parmenides‘ Metaphysik des wahren Seins

Türcke 1994; 27

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Das ruhendeUnwirkliche

Das entstehende,vergehende, veränderliche,vielfältige, vermischteWirkliche

sinnlich erfahrbare

Wirklichkeit

wahres Seinbegriffliche Welt

Parmenides‘ Metaphysik des wahren Seins

Türcke 1994; 27

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Nur in einemBewusstsein, das von derErfahrungswelt absieht,kann wahres Seinsein –

- als leerer Gedanke

Das sinnlich erfahrbareWirkliche, unsereErfahrungswelt, ist, weilnicht wahres Sein, Schein

sinnlich erfahrbare

WirklichkeitScheinwelt

wahres Seinbegriffliche Welt

Parmenides‘ Metaphysik des wahren Seins

Türcke 1994; 27, 28

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Protagoras: Der Mensch – das Maß aller Dinge

ProtagorasAbdera490-411

Röd 1994, 78; Türcke 1994, 27

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DiesseitsMensch

im Jenseits

Protagoras: Der Mensch – das Maß aller Dinge

Wahres Seinim

nur die Scheinweltist erfahrbar

über die Götter kannnichts gewusst werden*

* Röd 1994, 78; Türcke 1994; 27

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Protagoras: Der Mensch – das Maß aller Dinge

Der Glaube an dieGötter ist gescheitert

-der Mensch istdas Maß aller Dinge

ProtagorasAbdera490-411

Türcke 1994, 27; Röd 1994, 78

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* vergl. Röd 1994, 78

Wie die Scheinwelt sinnlich erfahrbar ist *

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Sonne

objektiverunveränderlicherReiz

subjektive Reaktion,abhängig von der Prädispositionjedes individuellen Menschen

* vergl. Röd 1994, 78

Wie die Scheinwelt sinnlich erfahrbar ist *

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Protagoras‘ Relativistischer Subjektivismus

Sinnlich erfahrbare Wirklichkeit = Summe der Sichtweisenjedes einzelnen menschlichen Subjekts.

Alles ist wirklich, was über die Wirklichkeit ausgesagt wird.

In der Wirklichkeit ist für den Menschen alles so wahroder so falsch, wie der Mensch, der diese Wirklichkeitwahrnimmt, die Wirklichkeit wahrnimmt.

Deshalb ist „Der Mensch das Maß aller Dinge“

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DiesseitsMensch

im Jenseits

Protagoras: Der Mensch als Maß aller Dinge

Wahrheitim

die Scheinweltist erfahrbaraber so wahr wieunwahr**

über die Götter aberkann nichts gewusstwerden*

* Röd 1994, 78; Türcke 1994; 27; ** Türcke 1994, 27

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Wahrheit und Wirklichkeit sind unvermitteltauseinander gefallen.Die Wahrheit ist zu einem leeren, beziehungslosenGedanken verkommen.In der Wirklichkeit gibt es keine objektive Erkenntnis.Erkennen, Lehren und Lernen sind so nicht möglich.Ohne Erkenntnis ist aber Schriftauslegungnicht möglich.

Nach Parmenides und Protagoras

Türcke 1994; 27

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XNach Protagoras:

Das Ende von Metaphysik und Religion?

ProtagorasAbdera490-411

?

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Voraussetzung für wahres Erkennen:Die Reinheit des philosophischen Denkens von Sinneswahrnehmungen und sinnlichen Trieben*

* Türcke 1994, 28; Röd 1994, 99; Gessmann 2009, 565/2

Protagoras ist gescheitert, es lebe Platon!Die Metaphysik geht weiter

PlatonAthen/Aigina

428-347

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bei Parmenides bei Platon

Das wahre Sein

• unstofflich• ungeworden/unvergänglich• ganz und einheitlich• mit sich identisch• unerschütterlich/vollkommen• in sich selbst verharrend

• leerer Gedanke• unvermittelt neben der sinnlich erfahrbaren Welt

• unstofflich• vielfältig• unveränderlich

• Welt der Ideen• hat Teil an der sinnlich erfahrbaren Welt

Türcke 1994; 30

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Die Welt bei Platon

Der Mensch: als Ideeideell, unvergänglich,unwandelbar

als Individuum imempirischen Dasein:vergänglich, wandelbar

Welt des Empirischen(parousia)

Welt der Ideen

Teilhabe(methexis)

Gessmann 2009, 565/2; Röd 1994, 98

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Welt der Ideen

Die Welt bei Platon – „Teilhabe“Welt des

EmpirischenTeilhabe

Urbild

Künstler

Abbild

Türcke 1994, 30

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Urbild

Die Welt bei Platon – „Teilhabe“

AbbildKünstler

aber:Urbild und Abbild sind gegeneinandervöllig passiv und gleichgültig.Weder Urbild noch Abbild stellen dieBeziehung her, sondern der Künstler:ein Dritter/der „Dritte Mensch“

Türcke 1994,30

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Die Welt bei Platon – „Teilhabe“

Die Denkfigur des Dritten Menschengeneriert jedoch eine neue Frage:Wie ist das vermittelnde Dritte/der Dritte Mensch beschaffen?

SinnenweltIdeenwelt verbindendes Drittes

Türcke 1994, 31

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Ideenwelt

Die Welt bei Platon – „Teilhabe“

Sinnenweltverbindendes Drittes

Defizit:Die Denkfigur des „Dritten Menschen“beantwortet nicht die „letzte Frage“,sondern stellt sie neu.

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Ideenwelt Sinnenwelt

Idee vom verbindenden

Dritten

verbindendes Drittes

verbindendes

Fünftes

Idee vom

verbindenden

Vierten

verbindendes

Viertes

Idee vom verbindenden

Fünften

verbindendes

Sechstes

... usw. ...

Die Welt bei Platon – „Teilhabe“

Türcke 1994, 31

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Ideenwelt Sinnenwelt

Idee vom vermittelnden

Dritten

vermittelndes Drittes

vermittlendes

Fünftes

Idee vom

vermittelnden

Vierten

vermittlendes

Viertes

Idee vom vermittelnden

Fünften

vermittlendes

Sechstes

... usw. ...

die Endlosschleifeoder

der infinite RegressDie Welt bei Platon – „Teilhabe“

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Die Welt bei Platon – Schöpfungstheorie

Der Versuch einer Erklärung der Weltüber den „Dritten Menschen“ führt in einen infiniten Regress und nichtzum Ziel.

Platons Ausweg:Eine Schöpfungstheorie „von schon immer“

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immer schon seiende Ideen

Die Welt bei Platon – Schöpfungstheorie

immer schon seiende

formlose Materie

die Welt wie sie ist

immer schon seiender Gott(als Handwerker/

Demiurg)

Türcke 1994, 32

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Die Welt bei Platon – Schöpfungstheorie

immer schon seiender Gott(als Handwerker/

Demiurg)

Problem:Der „immer schon seiende Gott“gibt die gleichen Rätsel aufwie die Denkfigur des Dritten Menschen.

Türcke 1994, 32

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Vermittlung in der objektiven Weltwie Platon zu denken, scheitertan der Ausweglosigkeit (Aporie) der Denkfigur des Dritten Menschen.

?Ausweg?:Vermittlung im erkennenden Subjekt

Die Welt bei PlatonVermittlung in der objektiven Welt

Türcke 1994, 32

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Ideelles/Geistiges/Begriffliches kann nichtmit den Sinnen, sondern nur denkenderfasst werden.

Denken ist an physisch existierende Wesengebunden.

Folgerung:Im Denken findet Vermittlung zwischenIdeellem und Materiellem statt. *

* Türcke 1994, 32

Die Welt bei PlatonVermittlung im erkennenden Subjekt

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Platon: Vermittlung im Denken/Wiedererinnerungslehre

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Platon: WiedererinnerungslehreDie Lehre vom Himmelsflug

Die menschliche Seele schaut die Begriffeim Gefolge der Götter im Himmelsflug an dieAußenseite des Himmels und nimmt sie in sichauf ...

Türcke 1994, 34 Fußnote

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Platon: Wiedererinnerungslehre

Die Seele nimmt Wohnung in der Hülle desmenschlichen Körpers ...

Türcke 1994, 34

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Platon: Wiedererinnerungslehre

Durch die Berührungvon Seele und Körpergeraten dieBegriffe/Ideenin einen Schlafzustand

Türcke 1994, 34

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Platon: Wiedererinnerungslehre

DurchLernen/Erkennenwerden dieBegriffe/Ideenerweckt

Nichtwissen Wiedererinnern WissenTürcke 1994, 34

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Die Welt bei Platon – „Vermittlung“Wiedererinnerungslehre – Defizite

Vermittlung kommt gar nicht im wirklichenErkennen physischer Einzelwesen zustande,sondern hat „schon immer“ stattgefunden,indem die körperlose Seele „von Ewigkeit her“die der konkreten Welt entrückten Ideenschaut.

Türcke 1994, 36

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Die Welt bei Platon – „Vermittlung“Wiedererinnerungslehre – Defizite

Die körperlose Seele wird zu einemDritten Menschenund damit erklärungsbedürftigerals das, was mit ihr erklärt werden soll.Vermittlung ist so nicht als gelungen gedacht.

Türcke 1994, 36

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Die Welt bei Platon – „Vermittlung“Wiedererinnerungslehre – Defizite

Der reale Denkakt bleibt unbegriffen, weil er einerautarken Vernunftseele zugeschrieben wird, der derLeib bloß als äußere, austauschbare Hülle anhaftet.

Konsequenz:Beim Denken/Erkennen nach Platon wäre derMensch ohne Individualität.

Türcke 1994, 36 f

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Platons Wiedererinnerungslehre: Thomas v. Aquin ./. Platon

Thomas von AquinRoccasecca/Fossanuova

1225-1274

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Thomas v. Aquin ./. PlatonPlaton:Alle Begriffe sind unabhängig von derWahrnehmung durch die Sinne.Dagegen Thomas von Aquin (1225-1274, Fossanova):1. Wenn ein bestimmter Sinn fehlt, fehlt auch das Wissen von den Dingen, die durch jenen Sinn aufgefasst werden (z. B. Blinde/Farben).

Türcke 1994, 34 f

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Platon:Alle Begriffe sind schon vorher von der Seeleaufgenommen worden.Dagegen Thomas von Aquin (1225-1274, Fossanova):2. Gedanken, die durch logisches Schließen erst entstehen, können nicht schon vorher dagewesen sein.3. Wie denn nimmt die Seele Ideen und Begriffe in sich auf?

Thomas v. Aquin ./. Platon

Türcke 1994, 35

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Platon:alle Begriffe werden beim Eintritt der Seele in denKörper vorübergehend vergessen

Dagegen Thomas von Aquin (1225-1274, Fossanova):

4. Wie kann (und wieso sollte) die Seele beim Eintritt in den Körper das Aufgenommene vergessen?

Thomas v. Aquin ./. Platon

Türcke 1994, 36

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Platon folgert:

„... [so] ist uns wirklich ganz klar, dass, wenn wiretwas rein erkennen wollen, wir uns von ihm [demLeib] losmachen und mit der Seele selbst die Dingeschauen müssen. Erst dann werden wir haben,was wir begehren ...“ [Einsicht und Wahrheit]

Türcke 1994, 37 f

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Platon folgert:

... denn es ist die Kontamination der Seelemit dem Leib/dem Materiellen, die das ungetrübteSchauen des Ideellen/Göttlichen verhindert.

Türcke 1994, 38

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: reine Erkenntnis

Die vollkommene Übereinstimmung vernünftigerSubjekte mit der Objektivität [dem Ideellen] ist dieIdee der Wahrheit.Die Sehnsucht der Vernunftseele ist das Erkennender reinen Wahrheit/das Einswerden mit derreinen Wahrheit.Vollkommen gelungene Vermittlung wärerealisierte Wahrheit und Erlösung.

Türcke 1994, 38

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: reine Erkenntnis

Die Befreiung der Vernunftseele vom Körperlichenist Voraussetzung für das vollumfängliche Erkennender reinen Wahrheit.Platons Sehnsucht nach Weisheit ist deshalbzugleich Sehnsucht nach Erlösung vom Körperlichen.Nach Platon gibt es Erlösung von der Welt,aber nicht die Erlösung der Welt.

Türcke 1994, 38

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Was treibt denMenschen zurErkenntnis?

PlatonAthen/Aigina

428-347

Türcke 1994, 39

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Eros als Gottist die Kraft, die ... das Bestreben nach„dem Schönen“[dem Ideellen]bewirkt.

PlatonAthen/Aigina

428-347

Türcke 1994, 39

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Sokrates ./. Platon

Eros ist kein Gott, sondern ein Dämon, denn:„Das Begehrende begehrt, wessen esbedürftig ist.“ Wenn also Eros das Schöne begehrt, dannhat er es nicht.Und weil das Gute schön ist und er dasSchöne nicht hat, bedarf er auch des Guten.Und wer des Guten bedarf, der hat es nicht.Und wer das Gute nicht hat, ist kein Gott.

SokratesAlopeke/Athen

469-399

Türcke 1994, 39

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Egal ob mit Platon oder mit Sokrates:Die Denkfigur des Eros hat zwei Haken:

1. Eros hat alle Merkmale der Denkfigur des DrittenMenschen.

2. Eros hat kein eigenes, beständiges Sein, denn erexistiert nur, solange Mangel waltet.

Indem Eros nach Aufhebung des Mangels strebt und damit nach Selbsterfüllung, strebt er zugleichnach Selbstaufhebung.

Türcke 1994, 39

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Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Platon: Voraussetzung reiner Erkenntnis

Platon ahnt, dass sich dasvermittelnde Dritte nicht positivals eigenständig und beständigseiend bestimmen lässt,sondern dass mit der Erfüllungseiner Aufgabe die Selbstaufgabeverbunden ist.Platon bietet keine Lösung desProblems.

?

Türcke 1994, 40 f

PlatonAthen/Aigina

428-347

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Platons Vermittlung im Erkennendenscheitert an der Denkfigur des„Dritten Menschen“.*

Platons Vermittlung als schon immerseiende wäre mit dem Verlust derIndividualität verbunden.**

Platon und die Vermittlung

Türcke 1994, *39; ** 37

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Platon ist gescheitert - es lebe Aristoteles!Die Metaphysik geht weiter

AristotelesStageira/Chalkis

384-322

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Aristoteles und die Vermittlung

Ideenwelt Demiurg/Vernunftseele Sinnenwelt

Die Vermittlung vonIdeellem und Materiellemdarf nicht in ein Drittes fallen.

XAristoteles

Stageira/Chalkis384-322

Türcke 1994, 41

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Aristoteles und die Vermittlung

Ideenwelt Sinnenwelt

Die Vermittlung vonIdeellem und Materiellemdarf nicht in ein Drittes fallen.

Vermittlung findet aber statt.Aristoteles

Stageira/Chalkis384-322

Türcke 1994, 41

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Aristoteles und die Vermittlung

Ideenwelt Sinnenwelt

Wenn Vermittlung nicht durchDrittes stattfinden kann,Vermittlung aber stattfindet,muss Vermittlung durch einesder beiden zu Vermittelndenselbst erfolgen.Durch welches?

??Aristoteles

Stageira/Chalkis384-322

Türcke 1994, 41

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Aristoteles und die Vermittlung

Ideenwelt Sinnenwelt

Weil das Materielleform- und regellos ist,kann nur das Ideelledas Vermittelndesein.

!Aristoteles

Stageira/Chalkis384-322

Türcke 1994, 41

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Aristoteles und die Vermittlung

Ideenwelt Sinnenwelt

Wenn das Ideelle demMateriellen äußerlich ist,kann es nicht auf dasMaterielle einwirken.Das Ideelle muss deshalb alsdem Materiellen innewohnendgedacht werden . Aristoteles

Stageira/Chalkis384-322

Türcke 1994, 41

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Sinnen-

-welt

Aristoteles und die Vermittlung

Das Ideellewohnt dem Materiellenals innere Form (eidos) inne.

eidos

Ideenwelt Sinnenwelt

AristotelesStageira/Chalkis

384-322Türcke 1994, 41

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Sinnen-

-welt

Aristoteles und die Vermittlung

Das Ideellewohnt dem Materiellenals innere Form (eidos) inne.

Diese Vorstellung hatVoraussetzungen:

eidos

AristotelesStageira/Chalkis

384-322Türcke 1994, 41

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Sinnen-

-welt

Aristoteles und die Vermittlung

eidosVoraussetzungender Immanenz:Das Ideelle (eidos) muss zugleich als• aktiv und passiv,• unwandelbar und veränderlich,• ideeller Formgeber und spezifische Gestalt,also ganz anders als bei Platongedacht werden.

AristotelesStageira/Chalkis

384-322Türcke 1994, 41

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Sinnen-

-welt

Aristoteles: Vermittlung in der Natur

Keim trägt Resultatseiner Entwicklung als Zweck (telos)bereits in sich.Zweck steuert Entwicklung.Also ist Zweck Resultat und Ursachezugleich .

eidos

Gott ist höchster Zweckder Welt.Die Welt funktioniertnach göttlichem Plan.

AristotelesStageira/Chalkis

384-322Türcke 1994, 41

Page 98: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Sinnen-

-weltSo ist das Ideelle(eidos) mit demMateriellen in der Naturdadurch vermittelt,dass es selbst das Subjektder Vermittlung ist.

eidos

Aristoteles: Vermittlung in der Natur

AristotelesStageira/Chalkis

384-322Türcke 1994, 42

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Sinnen-

-weltDas Ideelle (eidos)ist mit dem Materiellenvermittelt,weil es selbst das Subjektder Vermittlung ist.Sind wir also mit Aristotelesam Ziel?

?eidos

Christoph Türcke* 1948

Aristoteles: Vermittlung in der Natur

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eidos

Sinnen-

-welt?

Türcke ./. Aristoteles

Kein Naturzweck kannals Ursache wirken,sondern:Zur Realisierungeines Naturzweckesbedarf es einerweiteren Ursache.

Christoph Türcke* 1948

Türcke 1994, 42

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Sinnen-

-welt

eidos?XVermittlung in der Naturist auch mit Hilfe derImmanenz von eidosund Sinnenweltnicht widerspruchsfreizu denken.

Türcke ./. Aristoteles

Christoph Türcke* 1948

Türcke 1994, 42

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menschlicher Geist

Im menschlichen Geist verschwindetder Unterschiedvon Ursprungund Resultat,denn:

Vernunft denkt sich selbst/ist Ursprung und Resultat.

Aristoteles: Vermittlung im Geist

Vernunft(nus)Denken

Gedanken

Türcke 1994, 43

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menschlicher Geist

Wer oder was aberzündet diesenKreislauf derVernunft an?Aristoteles: Das„Ansich des Wirkens“,die „immerseiende energeia“

Vernunft(nus)Denken

Gedanken

Aristoteles: Vermittlung im Geist

Türcke 1994, 45

Page 104: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

menschlicher Geist

„Ansich desWirkens“,immerseiendeenergeia,unsterblicherTeil dermenschlichenSeele

Vernunft(nus)Denken

Gedanken

Aristoteles: Vermittlung im Geist

Türcke 1994, 45

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Aristoteles und die Vermittlung

Unmöglich kann Bewegung entstanden sein odervergehen.Folglich muss sie von Ewigkeit her ausgelöst sein,durch etwas, was selbst keines Bewegers bedarf,„etwas, das, ohne selbst bewegt zu werden, anderesbewegt“:

Durch den unbewegten Beweger.

Türcke 1994, 46 f

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Aristoteles und der unbewegte Beweger

„Sein Leben verläuft so, wie es in seiner besten Formuns nur kurze Zeit zuteil wird.Bei ihm herrscht immerwährend dieser Zustand. ...Das Denken an sich geht auf das, was an sich dasBeste ist. Füglich denkt sich die Vernunft selbst,wenn sie das Vorzüglichste ist, und ihr Denken istDenken des Denkens.“

Türcke 1994, 46

Page 107: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Aristoteles und der unbewegte Beweger

Das unbewegte Bewegende ist ... immerwährende,sich selbst durchsichtige und genießende Vernunft:als Gott, der sich nicht bloß „so wohl befindet, wiewir uns nur zuweilen“, sondern „in noch höheremMaße“.„Und auch Leben kommt ihm zu; denn die energeiader Vernunft ist Leben, jener [Gott] aber ist dieenergeia““Wir sagen also, dass der Gott ewiges und bestesLebendes sei.“

Türcke 1994, 46

Page 108: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Aristoteles und der unbewegte Beweger

Dieser aristotelische Gottmanifestiert sichdemnachim GeistdesIndividuumsund konstituiertes als Subjekt.

Türcke 1994, 46

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materielle

Welt

eidosenergeia

Aristoteles‘ „Gewaltstreich“

Die Übertragungder Einsichtfür denGeistauf dienicht-geistigeWelt.

Türcke 1994, 46 f

Page 110: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Türcke ./. AristotelesDie innere Form der Dinge(eidos) ist nicht selbst energeia,sondern diese wirdvom unbewegten Bewegergespendet.

Dieser unbewegte Bewegerwird damitzum Dritten Menschen.

Türcke 1994, 47

Page 111: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

materielle

Welt

eidosenergeia

Aristoteles‘ Weltbild

immerseiendeenergeia:

ein neuer„Dritter Mensch“

Türcke 1994, 47

Page 112: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Türcke ./. AristotelesDie energeia fällt zwar aufdie Seite des Ideellen,ist aber nur Kraft,nicht entfalteter Inhalt.Deshalb denktder aristotelische Gott nichts Konkretes. Sein Denkenist nur das Denken als solches.

Türcke 1994, 47

Page 113: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Türcke ./. Aristoteles‘ WeltbildWenn gilt:1. Vermittlung muss auf dieSeite des Ideellen fallen,und gleichzeitig gilt:2. Gott ist vollkommen,dann muss auch gelten:Das Ideelle ist in vollkommenerGanzheit vermittelnd tätig- als göttliches Subjekt.

Ein solcher Gott entfaltetkeine konkreten Inhalte;ein solcher Gott istunvollkommen.

Türcke 1994, 48

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Die Vorsokratiker meinten, sich von der trüben undwillkürlichen Subjektivität ihres Gottes/ihrer Götterverabschieden zu müssen.Jetzt hat sich gezeigt, dass das wahre Seinnur dann vollkommen gedacht werden kann, wenn ihm Subjektivität zuerkannt wird.Diese Subjektivität allerdings hat das Irrationale derolympischen Götter hinter sich gelassen und istzum Inbegriff aller Objektivität und Wahrheitgeläutert.

Das Scheitern der antiken Philosophie

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Die Läuterung begann mit Aristoteles. Vollends durchgeführt wird sie erst in der christlichenReligion/Religionsphilosophie.

Christoph Türcke:Vermittlung als Gott,Kapitel 3. „Der Mittler“

Türcke 1994, 48

Page 116: Christoph Türcke Vermittlung als Gott zu Klampen, Lüneburg 1994 Teil 1 von 4.

Die antike Philosophie ist gescheitert.

Die Metaphysik geht weiter-

als Christliche Religionsphilosophie.

Wen das interessiert, liest weiterim nächsten Kapitel (2 von 4)

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Literatur:

Fischer, Alexander A., Lehrstuhl für Altes Testament,Theologische Fakultät der Universität Jena: Erkenntnis/Erkennen (AT)

Gessmann, Martin: Philosophisches Wörterbuch, Stuttgart 2009

Röd, Wolfgang: Der Weg der Philosophie, Band I, München 1994

Türcke, Christoph: Vermittlung als Gott, Lüneburg 1994

Vattimo, Gianni: Glauben – Philosophieren, Stuttgart 1997