Clara Schumann und Richard Wagner Zwei Unvergleichliche (?) · 2019. 7. 10. · Clara Schumann,...

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Clara-Schumann-Ehrung der Richard-Wagner-Stätten Graupa 2019 Clara Schumann und Richard Wagner Zwei Unvergleichliche (?)

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Clara-Schumann-Ehrung der Richard-Wagner-Stätten Graupa 2019

Clara Schumann und Richard Wagner

Zwei Unvergleichliche (?)

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Mit freundlicher UnterstützungGaßmeyer-Förderkreis e.V. der Richard-Wagner-Stätten GraupaGottfried-Silbermann-Gesellschaft e. V.Kunst- und Kulturverein „Robert Schumann“ Kreischa e.V.

HerausgeberKultur- und Tourismusgesellschaft Pirna mbH

AutorDr. Wolfgang MendeKultur- und Tourismusgesellschaft Pirna mbHWissenschaftlicher Mitarbeiter der Richard-Wagner-Stätten Graupa

GestaltungRoland Kutz, webreform GmbH Potsdamwww.webreform.de

© Pirna 2019

2EINFÜHRUNG

4WEGE ZUR EINZIGARTIGKEIT Essay und Dokumente

14SYMBIOSEN MIT SCHIEFLAGEEssay und Dokumente

26IM STURMAUGE DES PARTEIENSTREITSEssay und Dokumente

40QUELLENNACHWEISE

10TANZFANTASIEN Konzert am 22. September 2019

22SCHÄTZE DER ROMANTISCHEN KAMMERMUSIKKonzert am 8. September 2019

34CLARA SCHUMANN UND IHRE LIEBLINGSKOMPONISTENKonzert am 2. Juni 2019

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Clara Schumann und Richard Wagner Zwei Unvergleichliche (?)ESSAYS – DOKUMENTE – PROGRAMME

Clara Schumann und Richard Wagner Zwei Unvergleichliche (?)

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Symbiosen mit Schieflage2

Künstlerehen waren in der Zeit der Romantik Laboratorien moderner Partnerschaftsmodelle. Künstlerische Berufe, vor allem solche wie Schauspielerin oder Sängerin, in denen das weibliche Geschlecht unabkömmlich war, waren damals nahezu der einzige Tätigkeitsbereich, in dem sich Frauen als öffentliche Personen profilieren konnten. Zwar haftete ihnen mitunter der Ruf des Liederlichen an. Doch öffneten sie den Weg zu individuellem Ansehen und zu wirtschaftlicher Un-abhängigkeit. Aus solchen Positionen heraus waren traditio-nelle Lebensformen wie die Ehe ganz neu zu denken.

Das junge Ehepaar Schumann betrieb dieses Neudenken von Ehe in geradezu avantgardistischer Weise. Der Bruch mit dem elterlichen Einfluss war radikal. Robert war zum Zeit-punkt seiner Heirat, mit 30 Jahren, ohnehin bereits Vollwaise. Clara musste sich ihre Unabhängigkeit dagegen erst durch einen spektakulären Eheprozess gegen ihren Vater erstrei-ten. Friedrich Wieck hatte – nicht ganz unbegründet – Ro-berts Einkommenspotenz misstraut, in dieser Hinsicht aller-dings maßlose Forderungen gestellt. Das tiefere Motiv dürfte sein Groll darüber gewesen sein, dass ihm die Kontrolle über Clara, das über 16 Jahre aufgebaute Unterpfand seiner Re-putation als Lehrer, mit einem Schlag entzogen wurde.

Vorbilder für ihr Eheexperiment fanden Clara und Robert in frühromantischen Künstlerbünden wie dem von Bettina und Achim von Arnim oder Dorothea und Friedrich Schlegel. Das Ideal war das einer gleichberechtigten schöpferischen Sym-biose, in der weibliche und männliche Kreativität zu einem höheren Ganzen verschmelzen sollten. Einiges von dieser Utopie gelang dem Ehepaar Schumann durchaus umzuset-zen. Die Ehepartner inspirierten sich gegenseitig in ihrem Komponieren, Clara vervollständigte mit ihrer pianistischen Professionalität die Schreibproduktivität ihres Mannes. Ex-perimentell waren auch die Rituale und Kommunikationsfor-men, die der Selbstvergewisserung des – auch von der Öf-fentlichkeit neugierig beäugten – Künstlerehebunds dienten: etwa ein gemeinsam geführtes Ehetagebuch, in dem sich romantische Stilisierung und sublimierte Bedürfnisausspra-che mischten, ein mitunter zwanghaft anmutendes System von Dokumentationen, in dem selbst solche Dinge wie der gemeinsame Beischlaf protokolliert wurden, und natürlich der hochkomplexe Dialog über Zitate, Tonfälle und Widmun-gen in den Kompositionen.

In der Praxis geriet das paritätische Partnerschaftsideal, das in den Jahren vor der Heiratseinwilligung in übermenschliche

Höhen stilisiert wurde, sofort in eine Schieflage. Die eher bescheidenen finanziellen Verhältnisse beschränkten die er-träumte freie künstlerische Entfaltung. Robert beanspruch-te in den hellhörigen Wohnungen absolute Ruhe für seine Kompositionsarbeit. Clara, die gelobt hatte, (auch) die Rolle der Hausfrau zu erfüllen, fügte sich Roberts einseitigen For-derungen, wenn auch nicht klaglos. Sie verzichtete auf die besten Zeiten zum Üben und Komponieren. Besonders bei den Konzertreisen, die Clara gegen Roberts Wunsch im klei-nen Rahmen wiederaufnahm, zeigte sich, wie tief bei ihm die patriarchalischen Muster noch saßen. Er konnte es schwer ertragen, dass seine Frau wesentlich prominenter und ein-kommensstärker war als er.

Die physische und diplomatische Kraft, mit der Clara die widerstreitenden Anforderungen und Wünsche vereinbarte, war geradezu übermenschlich – selbst wenn ihr zahlreiches Hilfspersonal zur Seite stand und in Dresden der damals ganz neuartige Service eines Kindergartens in Anspruch genommen wurde. Trotz acht Geburten innerhalb von drei-zehn Jahren, trotz der Hauptverantwortung für Haushalt und Erziehung und trotz der Sorge für ihren psychisch labilen Mann gelang es Clara, ihren professionellen Standard als

Virtuosin zu halten und sogar ihre Aktivität als Komponistin weiterzuentwickeln. Ihre Entschädigung war das Verspüren von Stärke, das wohl schon in ihrer Ausbildung zum Bühnen-star das innere Kraftzentrum gebildet hatte. In dieser Stärke entwickelte Clara eine autonome Identität nicht gegen ihren Mann, sondern verschlungen mit ihm – eine Identität, die sie die vier Jahrzehnte über den Tod ihres Mannes hinaus tragen sollte.

Richard Wagner verband seine künstlerische Sendung zwar viel offensiver als Robert Schumann mit sozialrevolutionären Ideen. In seinen Ehen mit Minna und später Cosima waren die fortschrittlichen Ideen von schöpferischer Symbiose und Gleichberechtigung, wie sie die Schumanns erprobten, allerdings nicht einmal als Ideal präsent. Dabei waren die Ausgangsbedingungen beider Paare durchaus vergleichbar. Zum Zeitpunkt ihrer Heirat, im Jahr 1836, war die um vier

Der Denker und die Ausführende. Stahlstich nach einer Daguerreotypie

von Johann Anton Völlner (Hamburg 1850)

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Gleichheit mit GerangelClara und Robert Schumann hatten 1846 bei dem Dresdner Bildhauer Ernst Rietschel ein Doppelrelief zu Marketingzwecken in Auftrag gegeben. Es wurde zur Ikone des idealen Künst-lerbunds, zu dem die beiden ihre Ehe stilisierten. Intern hatte es allerdings Streit um die Rangordnung gegeben. Entgegen Rietschels Vorschlag setz-te Robert durch, dass sein Porträt im Vordergrund stünde. Die Nachfrage nach dem Relief war so groß, dass die Form durch die vielen Abgüsse bald verschlissen war. Clara erfuhr dies, als sie 1854 ein Exemplar für ihren Rivalen Franz Liszt bestellte.

Auch das hier abgebildete Elfenbeinre-lief des Bildhauers Theodor Kietz geht auf Rietschels Vorlage zurück. Theo-dor Kietz war ein jüngerer Halbbruder von Ernst Benedikt und Gustav Adolph Kietz und somit ebenfalls ein Stiefcou-sin Claras. Anders als seine Brüder scheint er zu Richard Wagner in keinen näheren Kontakt getreten zu sein.

Clara und Robert Schumann. Elfenbeinrelief von Theodor Kietz (1850)

Jahre ältere Schauspielerin Minna Planer deutlich bekannter als der erst 23-jährige Provinzkapellmeister Richard Wagner – ähnlich wie bei Clara und Robert Schumann im Hochzeits-jahr 1840, allerdings weit unter deren Niveau. Wagner konnte mit diesem Gefälle noch schlechter umgehen als Schumann. Mit seinen Eifersuchtsexzessen, die von der fixen Idee einer zügellosen Libertinage in Schauspielerkreisen angefacht wurden, trieb er die zunächst widerstrebende Minna zur Auf-gabe ihres Berufs.

In der Rolle der treu liebenden Ehegattin und patenten Haus-wirtschafterin, die auch niedrigste Arbeiten nicht scheute, er-lebte Minna an Richards Seite dennoch glückliche Jahre. Die anhänglichen Junggesellenfreunde in Paris und die illustre Gesellschaft, die sich um den Hofkapellmeister in Dresden scharte, schätzten Minna als herzenswarme Gastgeberin. Auch eine Kommunikation im Medium der Musik gab es zwischen Richard und Minna, weit entfernt allerdings vom Symmetriekonzept der Schumanns. Opferbereite Frauen-figuren wie Senta aus dem Fliegenden Holländer oder Eli-sabeth aus Tannhäuser waren Projektionen von Richards Partnerschaftsideal. Ihre Treue sollte noch den extremsten Zumutungen ihrer geniehaften Partner standhalten. In der Tragik Elsas in Lohengrin legte Wagner allerdings – vielleicht unbeabsichtigt – die Unlebbarkeit einer solchen Konstella-tion bloß. Mit seiner Teilnahme am Dresdner Maiaufstand 1849, der rasanten Intellektualisierung seines Schaffens im Exil und seinen nicht mehr zu verbergenden Frauenaffären kappte er das emotionale Band zu Minna. Im Ring des Ni-belungen figuriert die Frau, die Wagner fünfzehn Jahre lang in nahezu pathologischer Weise geliebt hatte, nur noch im Zerrspiegel: in Gestalt von Wotans Gemahlin Fricka, die ver-briefte Ehepflichten gegen die Selbstherrlichkeit männlicher „Genies“ einklagt.

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Richard Wagner an Robert Schumann, 25. Februar 1843

» Ihr Quintett, bester Schumann, hat mir sehr gefallen: ich bat Ihre liebe Frau, es zweimal zu spielen. Besonders schweben mir noch lebhaft die 2 ersten Sätze vor. Ich hätte den 4ten Satz einmal zuerst hören wollen, vielleicht würde er mir dann besser gefallen haben. Ich sehe, wohinaus Sie wollen, u. versichere Ihnen, da will auch ich hinaus: es ist die einzige Rettung: Schönheit!Leben Sie wohl, werthester Freund, u. empfehlen Sie mich bestens Ihrer verehrten Frau.

Private PassionRichard Wagners abgöttische Liebe zu Minna war eine private Passion, nicht wie bei den Schumanns Teil der öffentlichen Inszenierung als Künstler. Bezeichnenderweise ist kein gemein-sames Porträt von Minna und Richard Wagner überliefert. Es existieren nur einige humoristische Genrezeichnun-gen von Ernst Benedikt Kietz aus der Pariser Zeit, in denen Minna und Ri-chard nicht als Paar dargestellt sind.

Die lebensgefährliche Flucht vor den Gläubigern von Riga nach London, die Qualitäten eines heutigen Ac-tionfilms nahekam, hatte für Minna schwerwiegende Folgen. Bei einem Kutschensturz erlitt sie schwere Unter-leibsverletzungen, in deren Folge sie eine Fehlgeburt hatte und vermutlich unfruchtbar wurde. Der Zwergspaniel Peps, der schon die Feriengäste in Graupa erfreute, scheint in dem Por-trät aus dem Jahr 1853 die Stelle ei-nes Kindes einzunehmen, dem Minna zweifellos gerne ihre mütterliche Für-sorge geschenkt hätte.

Diplomatie der SchönheitClara Schuman besuchte im Februar 1843 ohne Roberts Begleitung ihren Vater in Dresden. Einer „Gesellschaft von Kennern“ – unter ihnen Richard Wagner – präsentierte sie dabei am 14. Februar im Haus Friedrich Wiecks das frisch komponierte Klavierquintett ihres Mannes. Eine gute Woche später schilderte Wagner Schumann in einem Brief seine Begeisterung für das Stück. Das darin beschworene gemeinsame Ideal der „Schönheit“ darf man als tak-tisches Zugeständnis gegenüber dem einflussreichen Redakteur der Neuen Zeitschrift für Musik werten. Der Ge-gensatz zwischen Schönheit und dra-matischer Wahrheit, der für Wagner in den 1840er Jahren schon aktuell war, wurde in den 1850er zur ästhetischen Wasserscheide zwischen „Neudeut-schen“ und „Klassizisten“.

Minna Wagner mit Hund „Peps“. Aquarell von Clementine Stockar-Escher (Zürich 1853)

Robert Schumann, Klavierquintett Es-dur op. 44.

Titelblatt mit Widmung an Clara

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Missfallen rundumWährend sich bei Robert in Bezug auf Wagner Skepsis und Faszination mischten, empfand Clara von Anfang an eine starke Abneigung gegen dessen Persönlichkeit wie auch gegen dessen Musik. Sie dürfte in Wagner einen gefährlichen Konkurren-ten für ihren Mann gewittert haben. Seine dramatische Fulminanz und sein coura-giertes Auftreten in Künstlerkreisen war das glatte Gegenbild zu Schumanns eher delikater Poesie und verschlossenem Naturell. Nicht zuletzt war Wagners Ästhe-tik, der autonome Kammermusik als überholt galt, eine Bedrohung für ihr eigenes Klavierrepertoire.

LiebeswahnsinnClara Schumann hatte im September 1875 eine Vorstellung von Tristan und Isolde in München besucht. Ihr abfälli-ges Urteil scheint noch mehr als in ei-nem Befremden über die avantgardis-tische Tonsprache in einer Verletzung des Sittlichkeitsgefühls zu gründen.

Sitte und SkandalClara Schumann hatte seit der Einweisung ihres Mannes in die Nervenheilanstalt Endenich im März 1854 ein enges Verhältnis zu Johannes Brahms und in den Jah-ren 1863/64 eine kurze Liaison mit dem Komponisten Theodor Kirchner. Grund-sätzlich richtete sie sich aber auf ein Leben als alleinstehende Witwe ein und nahm 1854 ihre Profession als Pianistin und eigene Konzertagentin in vollem Umfang wieder auf. Die Betreuung ihrer jüngeren Kinder delegierte sie an Verwandte und pädagogische Einrichtungen.

Auch vor diesem Hintergrund ist ihre Missbilligung der Affäre zwischen Richard Wagner und Cosima von Bülow zu sehen, die Mitte der 1860er Jahre die Gemüter erregte. Mit allen verwickelten Personen war Clara persönlich verbunden. Hans von Bülow, Cosimas erster Ehemann, war 1839 als neunjähriges Kind für kurze Zeit Klavierschüler ihres Vaters und wohnte – wie einst auch Robert – in dessen Haus. Cosimas Vater Franz Liszt war ihr bewunderter Konkurrent, mit dem sie 1855 einseitig und radikal gebrochen hatte.

Clara Schumann, Ehetagebuch, 18. Februar 1843

Clara Schumann an Emilie List, 1. Oktober 1870

Clara Schumann an Emilie List, 12. Juni 1872

Clara Schumann in ihrem Tagebuch, 8. September 1875

Richard Wagner, die Musik zu Tristan und Isolde erschauend. Postkarte um 1900

» D. 12ten sah ich endlich 2 Acte von dem großen Rienzi, der ganz Dresden verrückt gemacht. Ein Urtheil bis in die Details kann ich nicht fällen nach einmal hören, doch hat es mir einen Eindruck gemacht, den ich kein zweites Mal suchen mag. Mein ganzes Emp-finden war Mißfallen, mehr kann ich nicht sagen. Dasselbe Gefühl wiederholte sich, als ich Wagner persönlich kennen lernte: ein Mensch, der nie aufhört von sich zu sprechen, höchst arrogant ist, und fortwährend in einem weiner-lichen Tone lacht.

» Wir gingen abends in Tristan und Isolde. Das ist doch das Widerwärtigste was ich noch in meinem Leben gesehen und gehört. Den ganzen Abend einen solchen Liebeswahnsinn mit ansehn und hören zu müssen, wobei sich Einem jedes Sitt-lichkeitsgefühl empört, und darüber das Publicum nicht allein, sondern auch die Musiker entzückt zu sehen, das ist doch das Traurigste, was mir noch je in meinem Künstlerleben vorgekommen ist. Ich hielt bis zum Schluß aus, wollte es ganz gehört haben. Den ganzen zweiten Act hindurch schlafen und singen die beiden, den ganzen letzten Act stirbt der Tristan, volle 40 Minuten, und das nennen sie dramatisch!!! [..] Ich finde das Sujet so elend; ein Liebeswahnsinn durch einen Trank her-beigeführt, kann man sich da noch im Geringsten für die Liebenden interessiren? Das sind ja nicht mehr Gefühle, das ist Krankheit, sie reißen sich förmlich das Herz aus dem Leibe und die Musik versinnlicht das in den widerlichsten Klängen! Ach! ich könnte nicht fertig werden zu klagen, ach und weh zu rufen! …

» Was hast Du wohl zu Cosima Wagner gesagt? der Cosima wird Wagner noch zur Nemesis werden, das bin ich überzeugt.

» Ueber Wagner-Bülow schrieb ich Dir nichts, ohne das aber kennst Du meine Gesinnung gut genug, um Alles zu wissen, was ich darüber denke. Ich beklage, daß ich dies ganze Getreibe erleben muß!