Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

5
CLOUD, SOZIALE NETZWERKE & CO.: VERNETZTE TRENDS ERKENNEN UND BEWERTEN Maßnahmen werden für jeden etwas anders aussehen, aber es werden eine Menge Zusammenhänge und Abhängig- keiten zwischen den Trendthemen sichtbar, die bei einer isolierten Betrachtung unent- deckt geblieben wären. Wir beginnen bei- spielhaft mit einer isolierten Betrachtung des Themas Cloud-Computing und verglei- chen diese im Anschluss mit einer vernetz- ten Betrachtung. Cloud-Computing isoliert betrachtet Cloud-Computing ist eines der großen aktuellen Trendthemen: Elastische Res- sourcen, Ad-hoc-Skalierbarkeit, hoher Automatisierungsgrad in der Bereitstellung, Self-Service (der Erwerb von Ressourcen bzw. Dienstleistungen per Selbstbedie- nung), Pay-per-Use (Bezahlmodell, bei dem nach tatsächlicher Ressourcennutzung abgerechnet wird) – je nach Präferenz als öffentliche, hybride oder private Cloud. Dazu kommen alle möglichen Fragestel- lungen rund um Datensicherheit sowie rechtliche Fragestellungen, die wir an die- ser Stelle aber einmal außer Acht lassen wollen. IT-Trends zu beobachten, ist wichtig, um sich rechtzeitig auf neue Herausforderungen einstel- len zu können. Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen und keinen kurzlebigen Hypes aufzusitzen. Das übliche isolierte Betrachten und Bewerten von Trends birgt aber einige Risiken, weil man dann die dynamischen Quer- beziehungen zwischen den Trends nicht erkennt und so möglicherweise die falschen Maß- nahmen ergreift. Am Beispiel einiger aktueller Trends wird in diesem Artikel gezeigt, wie sich diese Themen wechselseitig beeinflussen und warum man sie nur in einer vernetzten Form optimal bewerten kann. 38 39 Vorgehen birgt aber ein hohes Risiko, die falschen Schlüsse zu ziehen und nicht die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Warum? Das Problem besteht darin, dass die meisten Trendthemen in der Realität nicht isoliert für sich stehen, sondern in enger Beziehung zu vielen anderen (Trend-) Themen und sich diese wechselseitig beein- flussen. Ändert sich bei einem Thema etwas, hat das fast immer Auswirkungen auf die anderen Themen. Mit einer isolierten Analyse gehen einem viele Zusammenhänge verloren, die wichtig sind, um die Themen richtig zu verstehen und passgenaue Maßnahmen zu definieren. Außerdem läuft man ohne ein Verständnis der Querbeziehungen Gefahr, relevante Entwicklungen und Treiber zu spät zu erkennen, weil man die Dynamik in den Beziehungen zwischen den Themen nicht bewerten kann. Die Konsequenz daraus ist, dass man Trends vernetzt betrachten, analysieren und bewerten sollte, um auch die Beziehungen zwischen ihnen und deren Dynamik mit in die Betrachtung einbezie- hen zu können. Häufig kann man nur so die relevanten Treiber identifizieren, die einen Veränderungsdruck erzeugen, auf den man reagieren will bzw. manchmal auch reagieren muss, um den Anschluss nicht zu verlieren (siehe Abbildung 2). Anhand einer Reihe aktueller Trends wollen wir in diesem Artikel exemplarisch darstellen, wie sich diese gegenseitig beein- flussen und welche Konsequenzen sich dar- aus ergeben. Diese Darstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen und Trends sind keine einfache Sache. Auf der einen Seite entpuppen sich viele als Strohfeuer, auf der anderen Seite möchte man die wichtigen Trends nicht verpassen. Man möchte die Trends identifizieren, die die IT von morgen prägen und die für einen selbst relevant sind. So kann man sich rechtzeitig auf die Herausforderungen von morgen und übermorgen einstellen und verliert nicht den Anschluss. Diese Heraus- forderung gilt vom Entwickler, der sicher- stellen will, dass sein Skill-Profil auch mor- gen noch gefragt ist, bis hin zum CIO, der seine IT strategisch auf die kommenden Themen vorbereiten muss. Eine wichtige Quelle in dem Zusam- menhang sind die alljährlichen Trend- prognosen der einschlägigen Analysten (vgl. z. B. [CIO10], [CIO11], [Gar11]). Die Analysten beobachten das Marktgeschehen und prognostizieren die wichtigsten Trends der kommenden Jahre. Das ist gut, aber wie geht man mit diesen Prognosen um? Was ist wichtig und was kann man ignorie- ren? Welche Maßnahmen leitet man daraus ab? Was bietet man seinen Kunden an? Was bedeutet das für einen selbst und für die Mitarbeiter? Kann man noch warten oder sollte man schnell handeln? Trends bedeu- ten viel Möglichkeiten, aber auch viele Fragezeichen. Üblicherweise werden Trends isoliert betrachtet, d. h. man betrachtet jedes Thema für sich und leitet daraus Folgerun- gen und Maßnahmen ab (siehe auch Abbildung 1). Das passt zur gewohnten „Teile-und-herrsche”-Vorgehensweise und ist auch verlockend, weil jedes Thema für sich besser überschaubar wirkt. Ein solches Uwe Friedrichsen (E-Mail: [email protected]) hat langjährige Erfahrungen als Architekt, Projektleiter und Berater. Aktuell ist er bei der codecentric AG als CTO tätig und beschäftigt sich in dem Kontext insbesondere mit agilen Verfahren und neuen Architekturansätzen und Technologien. Dr. Stephan Kepser (E-Mail: [email protected]) hat mehrjährige Erfahrung als Architekt und Berater. Zurzeit ist er bei der codecentric AG als Senior Consultant tätig und beschäftigt sich insbe- sondere mit aktuellen Technologien, wie z. B. Cloud- Computing. die autoren mehr zum thema: http://blog.codecentric.de/ soziale netzwerke & clouds

description

IT-Trends zu beobachten, ist wichtig, um sich rechtzeitig auf neue Herausforderungen einstellen zu können. Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, die richtigen Maßnahmen zuergreifen und keinen kurzlebigen Hypes aufzusitzen. Das übliche isolierte Betrachten und Bewerten von Trends birgt aber einige Risiken, weil man dann die dynamischen Quer - beziehungen zwischen den Trends nicht erkennt und so möglicherweise die falschen Maß -nahmen ergreift. Am Beispiel einiger aktueller Trends wird in diesem Artikel gezeigt, wie sich diese Themen wechselseitig beeinflussen und warum man sie nur in einer vernetzten Form

Transcript of Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

Page 1: Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

CLOUD, SOZIALE

NETZWERKE & CO.:

VERNETZTE TRENDS

ERKENNEN UND BEWERTEN

Maßnahmen werden für jeden etwasanders aussehen, aber es werden eineMenge Zusammenhänge und Abhängig -keiten zwischen den Trendthemen sichtbar,die bei einer isolierten Betrachtung unent-deckt geblieben wären. Wir beginnen bei-spielhaft mit einer isolierten Betrachtungdes Themas Cloud-Computing und verglei-chen diese im Anschluss mit einer vernetz-ten Betrachtung.

Cloud-Computingisoliert betrachtetCloud-Computing ist eines der großenaktuellen Trendthemen: Elastische Res -sour cen, Ad-hoc-Skalierbarkeit, hoherAutomatisierungsgrad in der Bereitstellung,Self-Service (der Erwerb von Ressourcenbzw. Dienstleistungen per Selbstbe die -nung), Pay-per-Use (Bezahlmodell, bei demnach tatsächlicher Ressourcennutzungabgerechnet wird) – je nach Präferenz alsöffentliche, hybride oder private Cloud.Dazu kommen alle möglichen Fragestel -lungen rund um Datensicherheit sowierechtliche Fragestellungen, die wir an die-ser Stelle aber einmal außer Acht lassenwollen.

IT-Trends zu beobachten, ist wichtig, um sich rechtzeitig auf neue Herausforderungen einstel-len zu können. Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, die richtigen Maßnahmen zuergreifen und keinen kurzlebigen Hypes aufzusitzen. Das übliche isolierte Betrachten undBewerten von Trends birgt aber einige Risiken, weil man dann die dynamischen Quer -beziehungen zwischen den Trends nicht erkennt und so möglicherweise die falschen Maß -nahmen ergreift. Am Beispiel einiger aktueller Trends wird in diesem Artikel gezeigt, wie sichdiese Themen wechselseitig beeinflussen und warum man sie nur in einer vernetzten Formoptimal bewerten kann.

38 39

Vorgehen birgt aber ein hohes Risiko, diefalschen Schlüsse zu ziehen und nicht diegeeigneten Maßnahmen zu ergreifen.Warum? Das Problem besteht darin, dassdie meisten Trendthemen in der Realitätnicht isoliert für sich stehen, sondern inenger Beziehung zu vielen anderen (Trend-)Themen und sich diese wechselseitig beein-flussen. Ändert sich bei einem Themaetwas, hat das fast immer Auswirkungenauf die anderen Themen.

Mit einer isolierten Analyse gehen einemviele Zusammenhänge verloren, die wichtigsind, um die Themen richtig zu verstehenund passgenaue Maßnahmen zu definieren.Außerdem läuft man ohne ein Verständnisder Querbeziehungen Gefahr, relevanteEntwicklungen und Treiber zu spät zuerkennen, weil man die Dynamik in denBeziehungen zwischen den Themen nichtbewerten kann.

Die Konsequenz daraus ist, dass manTrends vernetzt betrachten, analysierenund bewerten sollte, um auch dieBeziehungen zwischen ihnen und derenDynamik mit in die Betrachtung einbezie-hen zu können. Häufig kann man nur sodie relevanten Treiber identifizieren, dieeinen Veränderungsdruck erzeugen, aufden man reagieren will bzw. manchmalauch reagieren muss, um den Anschlussnicht zu verlieren (siehe Abbildung 2).

Anhand einer Reihe aktueller Trendswollen wir in diesem Artikel exemplarischdarstellen, wie sich diese gegenseitig beein-flussen und welche Konsequenzen sich dar-aus ergeben. Diese Darstellung hat keinenAnspruch auf Vollständigkeit und auch diesich daraus ergebenden Konsequenzen und

Trends sind keine einfache Sache. Auf dereinen Seite entpuppen sich viele alsStrohfeuer, auf der anderen Seite möchteman die wichtigen Trends nicht verpassen.Man möchte die Trends identifizieren, diedie IT von morgen prägen und die für einenselbst relevant sind. So kann man sichrechtzeitig auf die Herausforderungen vonmorgen und übermorgen einstellen undverliert nicht den Anschluss. Diese Heraus -forderung gilt vom Entwickler, der sicher-stellen will, dass sein Skill-Profil auch mor-gen noch gefragt ist, bis hin zum CIO, derseine IT strategisch auf die kommendenThemen vorbereiten muss.

Eine wichtige Quelle in dem Zusam -menhang sind die alljährlichen Trend -prognosen der einschlägigen Analysten(vgl. z. B. [CIO10], [CIO11], [Gar11]). DieAnalysten beobachten das Marktgeschehenund prognostizieren die wichtigsten Trendsder kommenden Jahre. Das ist gut, aberwie geht man mit diesen Prognosen um?Was ist wichtig und was kann man ignorie-ren? Welche Maßnahmen leitet man darausab? Was bietet man seinen Kunden an? Wasbedeutet das für einen selbst und für dieMitarbeiter? Kann man noch warten odersollte man schnell handeln? Trends bedeu-ten viel Möglichkeiten, aber auch vieleFragezeichen.

Üblicherweise werden Trends isoliertbetrachtet, d. h. man betrachtet jedesThema für sich und leitet daraus Folgerun -gen und Maßnahmen ab (siehe auchAbbildung 1). Das passt zur gewohnten„Teile-und-herrsche”-Vorgehensweise undist auch verlockend, weil jedes Thema fürsich besser überschaubar wirkt. Ein solches

Uwe Friedrichsen

(E-Mail: [email protected])

hat langjährige Erfahrungen als Architekt,

Projektleiter und Berater. Aktuell ist er bei der

codecentric AG als CTO tätig und beschäftigt sich

in dem Kontext insbesondere mit agilen Verfahren

und neuen Architekturansätzen und Technologien.

Dr. Stephan Kepser

(E-Mail: [email protected])

hat mehrjährige Erfahrung als Architekt und

Berater. Zurzeit ist er bei der codecentric AG als

Senior Consultant tätig und beschäftigt sich insbe-

sondere mit aktuellen Technologien, wie z. B. Cloud-

Computing.

d i e au torenm e h r z u m t h e m a :http://blog.codecentric.de/

soz ia l e ne t zwerke & c l ouds

Page 2: Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

6/2011

Wohin führt uns eine isolierte Betrach -tung des Themas? Cloud-Computingscheint ein reines Betriebsthema zu sein:Durch Self-Service und Automatisierungder Bereitstellung von Ressourcen bzw.Dienstleistungen können wir Ressourcen -an forderungen effizienter bedienen, Bereit -stellungsprozesse beschleunigen und ver-schlanken sowie die Kosten senken. DurchPay-per-Use stellen wir ein transparenteresAbrechnungsmodell zur Verfügung – beigleichzeitiger Reduzierung der Fixkostendurch die Prozessverschlankung aus demvorherigen Punkt. Und durch die Ad-hoc-Skalierbarkeit können wir als Betrieb fle-xibler auf Lastspitzen reagieren als früher –

gerade auch in Verbindung mit einer hybri-den Cloud, die Spitzenlasten über einenexternen Cloud-Anbieter abfedert.

Das klingt jetzt ganz verlockend, geradewenn man sich in einem Unternehmen befin-det, in dem die Beschaffung eines zusätz-lichen Rechners eventuell noch mehrereMonate dauert (gibt es immer noch rechthäufig, insbesondere in Konstel la tionen, indenen der IT-Betrieb ausgelagert wurde), underhöht sicherlich die Zufriedenheit derParteien, die Ressourcen bzw. Dienstleis -tungen beim IT-Betrieb angefordert haben.Aber ist das wirklich so wichtig? Muss manals IT-Leiter in dieser Situation tätig werdenoder kann man getrost noch abwarten?

Abb. 1: Gefundene Treiber undEinflussgrößen bei isolierter Analyse.

Abb. 2: Zusätzlich gefundene Treiber undEinflussgrößen bei vernetzter Analyse.

Treiber in der isolierten Analyse Treiber in der vernetzten Analyse

• Kostentransparenz durch Pay per Use. • Kostentransparenz durch Pay per Use

• Kostenreduktion. • Kostenreduktion.

• Beschleunigung von Bereitstellungsprozessen. • Beschleunigung von

Bereitstellungsprozessen.

• Höhere Flexibilität im Betrieb. .• Höhere Flexibilität im Betrieb.

• Umgang mit sehr großen Datenmengen.

• Umgang mit unkalkulierbarem Lastverhalten

aus Ubiquitous Computing.

• Flexible Anpassung an stark schwankende

Last aus sozialen Netzwerken.

• Bereitstellung von Informationen für Echtzeit-BI

• Verteilter Betrieb sehr großer

NoSQL-Datenbanken.

Tabelle 1: Ergebnisse der Treiber der isolierten Analyse und der vernetzten Analyse imVergleich.

Typischerweise führt eine solche isolierteBetrachtung – abhängig vom Kontext –entweder zu einer „Noch-ein-wenig-Warten”-Strategie oder zu einem behutsa-men Einstieg, um die Einspar- undBeschleunigungspotenziale im Betrieb zurealisieren, gemäß der Devise: GeringereKosten bei kürzeren Reaktionszeiten steheneinem CIO gut zu Gesicht, wenn er seinnächstes Budget mit dem CFO aushandelt.Für die exemplarische isolierte Betrachtungvon Cloud-Computing soll das genügen.Wie bereits erwähnt, erheben wir mit unse-ren Erkenntnissen und Folgerun gen keinenAnspruch auf Allgemeingül tigkeit, auchwenn sie in vielen Unternehmen wahr-scheinlich ähnlich aussehen. Die linke Seitevon Tabelle 1 fasst die Ergebnisse der iso-lierten Analyse noch einmal zusammen.Aber wie stellt sich das Thema dar, wennwir die aktuellen Trends vernetzt betrach-ten? Bekommen wir da andere Treiber fürCloud-Computing, die möglicherweise zuanderen Folgerungen und Maßnahmenführen?

Vernetzte TrendanalyseAusgehend von Abbildung 3 beginnen wirdie Betrachtung mit einem anderenTrendthema, den sozialen Netzwerken (So -cial Networks). Mittlerweile gibt es jedeMenge sozialer Netzwerke, z. B. Facebook(bzw. Google+ als neuer Herausforderer),LinkedIn (bzw. XING als deutschsprachigeAlternative), Twitter, Digg, Tumblr undDelicious, um nur einige bekannte Namenzu nennen. Trotz unterschiedlicher An -gebote, Inhalte und Zielgruppen ist allensozialen Netzen gemeinsam, dass sie einwesentlich interaktiveres Nutzungsmustervon IT-basierten Angeboten prägen alsklassische Web-Anwendungen: Die Nutzersind nicht mehr passive Konsumenten, sondern aktive Content-Lieferanten, dieanderen Content kritisch beurteilen – undwenige Sekunden nach einer solchen Be -urtei lung kann jeder lesen, was sie denken.

Wir haben es also mit wesentlich mündi-geren Nutzern unserer Angebote zu tun.Zusätzlich sinkt die Bereitschaft derNutzer, „klassische” Angebote zu nutzen.Speziell Vertrieb und Marketing sind starkvon sozialen Netzen betroffen. EinUnternehmen benötigt neue, auf sozialeNetzwerke zugeschnittene Formen derKommunikation mit seinen Kunden, wennes die neue Generation von Net-Citizenserreichen will, die ganz selbstverständlichin sozialen Netzwerken unterwegs sind,

Page 3: Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

aber per se nicht ausfallsicher. Man benö-tigt also Lösungen, die damit umgehenkönnen, dass ein Rechnerknoten zu jedemZeitpunkt ausfallen kann. Genau dieses lie-fern einem diverse Vertreter der NoSQL-Datenbanken (allerdings nicht alle – manmuss also schon genau hinschauen, welcheAnforderungen es gibt und welche Daten -bank man dafür am besten nutzen kann).

Zusätzlich bieten NoSQL-Datenbankenhäufig gute Speziallösungen für bestimmteAufgabenstellungen. So sind beispielsweiseGraphen-Datenbanken sehr gut geeignet,um Beziehungen jedweder Art – z. B. aussozialen Netzwerken – zu repräsentierenund zu verarbeiten, während schemaloseDokumenten-Datenbanken sehr gutschwach strukturierte Daten verarbeitenkönnen. Es sind also weniger intrinsischetechnische Interessen, die das TrendthemaNoSQL-Datenbanken vorangetrieben ha -ben, als vielmehr fachliche Anfor derungen,die aus anderen Trendthemen kommen.

Die Anforderung, sehr große Graphen inDatenbanken vorzuhalten, kommt bei-spielsweise häufig aus den sozialenNetzwerken. Das ist ein typisches Beispieldafür, dass gerade technische Trendthemenohne ihre Treiber in ihrer Bedeutung nursehr unzulänglich erfasst werden können.

Vor diesem Hintergrund lässt sich sehrschnell die Brücke zu einem anderenTrendthema schlagen: Business Intelligence(BI) bzw. Echtzeit BI. BI – mit und ohneEchtzeit – ist schon seit Jahren ein Dauer -brenner auf den Trendlisten der Analysten.Da das Bedürfnis, neue Erkenntnisse aus dengesammelten Datenmengen eines Unterneh -mens zu ziehen, nach wie vor ungebrochenist, wird sich daran wahrscheinlich in dennächsten Jahren auch nicht viel ändern.

Der Druck in Richtung Echtzeit wächst:Man möchte nicht mehr die Daten vomVormonat bewerten, um dann im nächstenMonat darauf zu reagieren, sondern jetztauf die Daten der letzten Stunde reagierenkönnen. Auch dieses Trendthema ist einTreiber für Cloud-Computing, häufig inVerbindung mit NoSQL-Datenbanken undVerarbeitungsverfahren wie Map-Reduce,da diese es ermöglichen, die erforderlichenDatenmengen kostengünstig zu speichernund schnell zu verarbeiten.

Gehen wir einen Schritt weiter zu MobileComputing, einem weiteren Trendthema:Mobile Geräte sind Wegbereiter, unteranderem für die sozialen Netzwerke.Smartphones haben den Weg für dieKommunikation auf nahezu beliebigen

40 41

Elastizität praktisch die Basistechnologie,um binnen weniger Minuten auf sprung-haft steigende und sinkende Lastan -forderungen reagieren zu können.

Zum anderen will man in der Lage sein,unvorhersehbare, schwach strukturierteDatenmengen in kurzer Zeit verarbeiten zukönnen, wenn man Wissen aus denUnmengen an Informationsschnipseln ziehenwill, die die Kunden über sich bereitstellen.Das zugehörige Trendthema lautet Big Data.Die Basis für dieses Thema bietet Cloud-Computing, da es ermöglicht, Datenmengenin einem Umfang zu speichern und zu verar-beiten, der mit klassischen Unterneh -mensanwendungen nicht mehr oder nurnoch sehr schwer zu beherrschen ist.

Häufig geschieht das in Verbindung mitNoSQL-Datenbanken, einem weiterenTrendthema, wobei der Nutzen derSysteme in diesem Kontext darin liegt, dasssie in der Lage sind, ihre Daten zuverlässigauf einfacher Standard-Hardware zu ver-teilen. Ein Kernproblem von Big Data ist,dass die Skalierung von Speicher- undVerarbeitungs-Ressourcen ab einem gewis-sen Punkt mit einem überdurchschnitt-lichen Kostenanstieg verbunden ist.

Nun kann man entweder für entspre-chende Speziallösungen tief in die Taschegreifen oder aber man muss versuchen, sei-ne Lösung auf einfacher Standard-Hardware aufzubauen, die man mit unter-durchschnittlichem Kostenanstieg skalierenkann. Einfache Standard-Hardware ist

und es muss sich auf unmittelbares und oft-mals sehr unverblümtes Feedback seinerKunden einlassen.

Im Gegenzug liefern die Nutzer eigenak-tiv viele Informationen über sich sowie ihreInteressen und Vorlieben, die fürUnternehmen ein gigantisches Vertriebs -potenzial darstellen, wenn sie es erschlie-ßen können, von einigen speziell inDeutschland noch offenen rechtlichenFragestellungen einmal abgesehen, auf diewir in diesem Zusammenhang aber nichteingehen wollen (für weitere Details zudem Thema vgl. z. B. [Kep11]).

Bezieht man das Thema sozialeNetzwerke auf Cloud-Computing, kommtman zu ganz anderen Treibern als bei einerisolierten Betrachtung. Zum einen habensoziale Netzwerke eine nicht vorhersagbareDynamik: Eine gelungene Werbemaß -nahme im Umfeld eines sozialen Netzwerkskann zu sprunghaften Lastanstiegen aufden eigenen Web-Angeboten führen, diejenseits aller Prognosemodelle liegen.Trotzdem will ein Unternehmen flexibel aufsolche Lastspitzen reagieren – schließlichhandelt es sich um potenzielle Kunden.

In Zeiten von Google, Facebook undAmazon erwarten die Anwender jederzeitgute Antwortzeiten. Antwortet das eigeneWeb-Angebot zu langsam oder gar nicht,weil es die plötzliche Last nicht bewältigenkann, hat man den potenziellen Kundenmöglicherweise direkt wieder verloren.Hier bietet Cloud-Computing mit seiner

Abb. 3: Die wichtigsten Treiber für Cloud-Computing im Überblick.

soz ia l e ne t zwerke & c l ouds

Page 4: Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

6/2011

Kanälen geebnet, von Telefonie über SMSbis hin zu E-Mail, Facebook, Twitter undCo. – zu beliebigen Zeitpunkten und anbeliebigen Orten. Das zugehörige Trend-Stichwort lautet Ubiquitous Computing.

Auch wenn wir eigentlich mittlerweileimmer weniger Geräte bräuchten, weilpraktisch alle Geräte alle wichtigen Diensteanbieten (so können wir mittlerweile auchvom Computer aus telefonieren und SMSversenden), bildet sich ein Nutzungs -verhalten mit mehreren Geräten heraus,das auf die speziellen Stärken der einzelnenGeräte abgestimmt ist: Beispielsweise scan-nen wir die News auf dem Notebook undmarkieren die interessanten Artikel für spä-ter. Facebook und Twitter nutzen wir viaSmartphone, da wollen wir „always on”sein. Die markierten Artikel lesen wirabends in Ruhe auf der Couch auf unseremPad. Ebenso schauen wir uns da dieAnalysen an, die uns der Kollege nachmit-tags geschickt hat. Unseren Kommentardazu schicken wir aber erst am nächstenMorgen von unserem Notebook aus ...

So entwickeln sich auf die Geräte -eigenschaften abgestimmte Nutzungsmus -ter, die natürlich auch aus Sicht derUnternehmensanwendungen bedient wer-den sollten. Warum muss ich vor dem PCan meinem Arbeitsplatz sitzen, um die BI-Reports zu lesen? Geht das nicht auchzuhause am Pad? Da habe ich doch wesent-lich mehr Muße, um mir die Reports anzu-sehen. Und im Zweifelsfall möchte ich denWhitepaper-Entwurf, den mein Kollege insSharepoint (oder wohin auch immer)gestellt hat, auch von meinem Smartphoneaus kommentieren können, wenn ich gera-de unterwegs bin.

Die Unternehmen nehmen es zwar billi-gend hin, wenn die Mitarbeiter Arbeit mitin ihre Freizeit nehmen, aber im Gegenzugsteigt auch die Erwartungshaltung derMitarbeiter: Sie wollen all die Geräte undKanäle für ihre Arbeit nutzen können, wiesie es jenseits ihres Arbeitsplatzes mitFacebook, Google Apps & Co. bereitsgewohnt sind. Sie wollen jederzeit undüberall das tun können, was sie wollen –und zwar mit dem Gerät ihrer Wahl.

Offensichtlich kann man die ThemenMobile Computing, Social Networkingund Ubiquitous Computing nicht wirklichisoliert betrachten, weil sie sich zumindestin einigen Bereichen wechselseitig verstär-ken und beeinflussen. Da soziale Netz -werke Treiber für Cloud-Computing seinkönnen, müssen wir auch die Themen mit

betrachten, die Auswirkungen auf dieNutzung und weitere Entwicklung vonsozialen Netzwerken haben.

Zusätzlich führen Mobile undUbiquitous Computing zu einem deutlichanderen Nutzungsverhalten im Geschäfts -umfeld. Statt gut kalkulierbarer Zugriffs -muster innerhalb der normalen Bürozeitengibt es nur schwer kalkulierbare und starkschwankende Zugriffszahlen, die weit überdie normalen Bürozeiten hinausgehen. Umhier flexibel auf die dynamischen Lastan -forderungen reagieren zu können, kann derAufbau einer (privaten) Cloud eine sinn-volle Maßnahme sein.

Sind wir erst einmal bei Cloud-Anwen -dungen, die wirklich skalierbar sein müssen– sei es wegen der zu verarbeitendenDatenmengen oder der benötigten Elas ti zität– kommen wir schnell zu neuen Heraus -forderungen: Test und Betrieb solcherAnwendungen sind mit den klassischenVerfahren praktisch nicht mehr möglich. DieAnwendungen sind so groß und über so vie-le Knoten verteilt, dass es fast nicht möglichist, sie mit vertretbaren Mitteln zu duplizie-ren und mit Testdaten zu versehen, um siedann zu testen. Auch Lasttests sind beiAnwendungen, die dynamisch bis hin zuMillionen simultaner Benutzer und Petabyte(oder mehr) an Daten skalieren, nicht mehrmit herkömmlichen Mitteln umsetzbar –zumindest nicht bei einem sinnvollenKosten-Nutzen-Verhältnis.

Das führt einen recht schnell zu einemweiteren Trendthema: DevOps. DerDevOps-Gedanke hat das Zusammen -wachsen der Entwicklung (Dev) und desBetriebs (Ops) zum Ziel. Geboren aus derProblematik, dass die klassischen Verfah -ren für Test und Auslieferung (Deploy -ment) neuer Anwendungsstände bei sehrgroßen Anwendungen nicht mehr funktio-nieren, wird dieser Gedanke mittlerweileauch auf kleinere Umgebungen übertragen,weil man so schneller und flexibler aufneue Anforderungen reagieren kann.

Die Konzepte gehen so weit, dass in man-chen Unternehmen neue Anwendungs -stände mehrfach täglich in den Betriebgegeben werden, die dann praktisch erst imLive-Betrieb von den Anwendern final gete-stet werden. Statt aufwändige Testphasenvor das Deployment zu setzen, geht mandazu über, nur noch das vorab zu testen,was automatisiert und mit vertretbaremAufwand möglich ist. Im Gegenzug dazuliefert man nur noch vergleichsweise über-schaubare Änderungen aus und trägt dafür

Sorge, dass man im Falle eines Problemsmit einer Änderung die Anwendung schnellund einfach auf den vorhergehenden Standzurückrollen kann.

Dieses Beispiel zeigt, dass auch ein ehertechnisch orientiertes Trendthema wieCloud-Computing ein Treiber für ein wei-teres technisch orientiertes Trendthemasein kann. Die mit der Umsetzung desDevOp-Gedankens verbundenen Struktu -än derungen im Betrieb sind so weitrei-chend, dass ohne starken Treiber die nunvorgeschlagenen Lösungen niemals entwi -ckelt worden wären.

Gleichzeitig führen die gefundenen tech-nischen Lösungen zu neuen fachlichenMöglichkeiten. Als ein Schritt zurAbsicherung des kontinuierlichen Deploy -ments gibt es – neben der Beschränkung aufkleine Änderungen je Deployment – denAnsatz, die neuen Versionen erst einem ein-geschränkten Benutzerkreis zur Verfügungzu stellen. Erst wenn dieser die neue Versioneine Zeit lang verwendet und dadurch seineQualität gesichert hat, erhalten alle BenutzerZugriff auf die neue Version.

Diese Steuerung, welcher Benutzer mitwelcher Version arbeitet, kann nun wiede-rum eingesetzt werden, um eine bestimmteFunktionalität nur bestimmten Benutzer -gruppen zugänglich zu machen oder ganzallgemein die angebotenen Versionen bes-ser auf das individuelle Nutzerverhaltenabzustimmen, statt allen Benutzern dieselbeApplikation zur Verfügung zu stellen.Damit wirkt das technische TrendthemaDevOps als Wegbereiter für ganz neuefachliche Nutzungsszenarien zurück, dievorher in der Form gar nicht denkbarwaren und sich möglicherweise wiederumzu neuen Treibern für das Thema Cloud-Computing entwickeln könnten. Die rechteSeite in Tabelle 1 fasst die gefundenenErgebnisse der vernetzten Analyse für dasThema Cloud-Computing noch einmalzusammen.

Folgerungen undKonsequenzenNatürlich ist die in diesem Artikel vorge-stellte Analyse bei Weitem nicht vollständigund es gibt noch diverse andereVerbindungen und Treiber zu entdeckenund zu analysieren. Außerdem haben wiruns an dieser Stelle weitestgehend daraufbeschränkt, mögliche weitere Treiber fürCloud-Computing zu finden, die bei einerisolierten Betrachtung des Themas wahr-scheinlich nicht in der Form gefunden wor-

Page 5: Cloud soziale-netzwerke-und-co-vernetzte-trends-erkennen-und-bewerten

42 43

den wären. Wichtig ist hier auch nicht dieVollständigkeit der Analyse, sondern dieErkenntnis, dass wir Trends nicht mehr iso-liert analysieren und bewerten sollten.

Trends sind Teil einer komplexen Umge -bung, in der wir uns bewegen. Damit sindauch Trends komplex. Wenn man sich mitdem Management komplexer Systemebeschäftigt (vgl. z. B. [Mal94] oder[Hon08]), lernt man die elementareGrundregel, dass klassische „Teile-und-Herrsche”-Strategien zum Beherrscheneines komplexen Systems nicht funktionie-ren. Die Dynamik in den Beziehungen zwi-schen den einzelnen Elementen des Systemsist so hoch und beeinflusst das Verhaltendes Gesamtsystems so stark, dass dasFokussieren auf einzelne Elemente nichtgenügend Informationen zum Bewerten desGesamtsystems bietet. Stattdessen mussman regelmäßig das System als Ganzesbeobachten, analysieren und bewerten undso in kurzen Zyklen Maßnahmen ableiten.Übertragen auf die Trends heißt das, dasswir bei einer isolierten Betrachtung einzel-ner Trends essenzielle Informationen verlie-ren, die wir benötigen, um die für unsgeeigneten Maßnahmen abzuleiten (sieheAbbildung 1). Stattdessen müssen wir dieTrends in ihrer Gesamtheit und ihren wech-selseitigen Beeinflussungen, Verstärkungenund Abschwächungen beobachten, um sozu für uns sinnvollen Maßnahmen zugelangen (siehe Abbildung 2).

Aber wie komme ich als Person oderUnternehmen zu meinen Maßnah men?Dazu können wir an dieser Stelle leider kei-ne Pauschalantwort liefern. Der Grunddafür ist, dass die Maßnahmen nicht nurvon den Trends, sondern insbesondere

auch von der aktuellen Situation der Personbzw. des Unternehmens abhängig sind, vonder Ausrichtung, den Inhalten und denaktuellen Schmerzpunkten.

So könnte z. B. ein Hersteller eines aufden jugendlichen Massenmarkt ausgerich-teten Lifestyle-Produkts soziale Netzwerkeals wichtige Marketing- und Vertriebs -plattform nutzen wollen, während dieseArt der Werbung und des Vertriebs für einePrivatbank wahrscheinlich nicht sinnvollist. Entsprechend unterschiedlich sind dieMaßnahmen, die man nach der Bewertungder Trends ableitet.

Zusätzlich hängen die Maßnahmen auchnicht ausschließlich von den Trends ab.Trends sind nur ein Einflussfaktor in einerstrategischen Planung – dazu kommt eineVielzahl weiterer Vorgaben und Einfluss -faktoren. Wichtig ist hierbei aber, dass dieabgeleiteten Maßnahmen maximal so gutsein können wie die Informationen, aufdenen sie beruhen.

Wie wir gezeigt haben, bedeutet dies,dass man Trends vernetzt analysieren undbewerten muss, da man nur so möglichst

viele der für einen relevanten Treiber undInformationen gewinnen kann, die man zurAbleitung seiner strategischen Maßnahmenbenötigt.

FazitWenn man Trends beobachtet, kann manfrühzeitig einen Veränderungsdruck erken-nen, auf den man als Unternehmen oderEinzelperson in seinem jeweiligen Kontexteine passende Antwort finden muss. Daherist es wichtig, Trends zu beobachten, zuanalysieren und zu bewerten. Dabei greiftes zu kurz, Trends isoliert zu betrachtenund zu bewerten, da sie miteinanderzusammenhängen, sich gegenseitig beein-flussen, verstärken und abschwächen.

Um die für einen selbst maßgeblichenTreiber identifizieren und die richtigenMaßnahmen aufsetzen zu können, mussman die Trends vernetzt betrachten undihre wechselseitigen Einflüsse in dieBetrachtung einbeziehen. Ansonsten läuftman Gefahr, dass die aufgesetzten Maß -nahmen ins Leere laufen, weil man wichti-ge Beziehungen übersehen hat. ■

Literatur & Links

[Cio10] CIO Online, Wie die IT das Leben von morgen bestimmt, siehe:

http://www.cio.de/strategien/2242552/

[Cio11] CIO Online, Die IT-Trends 2011, siehe: http://www.cio.de/strategien/analysen/2257721/

[Gar11] Gartner Predicts 2011, siehe: http://www.gartner.com/technology/research/predicts/

[Hon08] J. Honegger, Vernetztes Denken und Handeln in der Praxis, Versus Verlag Zürich 2008

[Kep11] S. Kepser, Kommerzielle Nutzbarkeit der Daten von Twitter und Facebook, siehe:

http://blog.codecentric.de/2011/07/twitter-facebook-daten/

[Mal84] F. Malik, Strategie des Managements komplexer Systeme, Haupt Berne 1984

soz ia l e ne t zwerke & c l ouds