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Compliance als Wettbewerbsvorteil? Bedeutung und Nutzen für den Mittelstand Meppen, den 23. April 2013 KLUMPARENDT R E C H T S A N W A L T DÜSSELDORF LINGEN

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Compliance als Wettbewerbsvorteil?

Bedeutung und Nutzen für den Mittelstand

Meppen, den 23. April 2013

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Inhalt

I. Einführung – Die Compliance-Basics

II. Rechtsgrundlagen

III. Bedeutung für den Mittelstand

IV. Haftungsrisiken bei non compliance

V. Umsetzung von Compliance im Unternehmen

VI. Ausgewählte Praxisfragen

VII. Fazit

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I. Einführung – Die Compliance-Basics

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I. Einführung

Warum Compliance?

Statistisches Bundesamt 2011: 15.102 Informations- und

Berichtspflichten

verschärfte Ermittlungstätigkeiten bei Verstößen, steigende

Geldbußen gegen Unternehmen und Strafen gegen Verantwortliche

steigende Kostenlast in Verfahren (z.B. Ferrostaal: allein 77 Mio. € für

externe Korruptionsermittler)

wachsender Druck aus dem Ausland: 73 Ermittlungsverfahren des US

Department of Justice gegen deutsche Unternehmen wegen Verstößen

gegen den Foreign Corrupt Practices Act (Stand: 2011)

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I. Einführung

Warum Compliance?

Unternehmensleitung wird zum Ausgangspunkt der

Verantwortungskette („top-down“- Betrachtung)

Fokussierung von Ermittlungsbehörden auf die strafrechtliche

Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung für Straftaten von Mitarbeitern (z.B.

Korruptionsdelikte, Umweltstraftaten u.a.)

Entwicklung von Zurechnungsgrundsätzen für strafbares Handeln

von Mitarbeitern auf die Unternehmensleitung

richtungsweisend „Lederspray“-Entscheidung des BGH;

Aufsichts- und Organisationsverschulden bei Unterlassen von Maßnahmen

zur Erfolgsabwendung

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I. Einführung

Aktuelle Fälle:

„VIP-Lounge“ (2008)

Problem Abgrenzung Kundenpflege/Korruption bei Einladungen im

Geschäftsverkehr.

BGH vom 14.10.2008 („Fall Claassen“):

Strafbare Vorteilsgewährung bei Einladungen

auch dann, wenn die angestrebte Unrechts-

vereinbarung in sozialadäquates Verhalten

eingebunden wird (FIFA-Karten).

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Bildquelle: Hardy Mueller/LAIF

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I. Einführung

Aktuelle Fälle:

Schienenkartell (2011)

Ein Stahl-Kartell um Thyssen-Krupp, Vossloh und Voestalpine-Klöckner

hat jahrelang Absprachen über Preis und Mengen zum Nachteil der DB

und kommunaler Verkehrsbetriebe getroffen. Das Bundeskartellamt

verhängte 2011 Bußgelder in Höhe von 124,5 Mio.

Euro gegen die beteiligten Unternehmen.

Schadensersatzklagen von DB und Kommunen

sind anhängig. Allein die DB verlangt 750 Mio.

Euro von Thyssen-Krupp.

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I. Einführung

Aktuelle Fälle:

Ferrostaal (2011)

Korruptionsverfahren wegen Schmiergeldzahlungen für U-Boot-

Aufträge in Griechenland und Portugal.

Das Unternehmen wurde vom LG München zu

einer Geldbuße von 140 Mio. Euro verurteilt.

Haft- und Geldstrafen gegen Manager und

Betriebsräte. 2012 Anklage gegen den

ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Mitscherlich

sowie die Finanz- und Personalchefs wegen

Untreue und Begünstigung.

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Bildquelle: dapd

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I. Einführung

Aktuelle Fälle:

Tankstellenkartell (2012)

Ermittlungen des Bundeskartellamts gegen die großen Ölkonzerne

wegen illegaler Preisabsprachen führen zu

keinem Nachweis wettbewerbswidrigen

Handelns. Reaktion der Politik: Schaffung

einer „Markttransparenzstelle“ durch Gesetz.

Tankstellen müssen künftig Preiserhöhungen

in Echtzeit an die Kartellbehörde melden,

diese Informationen sind dann online abrufbar.

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Bildquelle: dapd

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I. Einführung

Aktuelle Fälle:

Bierkartell (2013)

Ermittlungen des Bundeskartellamts u.a. gegen die Brauereien AB

Inbev, Warsteiner, Krombacher, Carlsberg, Erdinger und die Oetker-

Gruppe wegen illegaler Preisabsprachen mit Wettbewerbern. Es drohen

Bußgelder in dreistelliger Millionenhöhe.

„Das größte Kartellverfahren in der

Geschichte der Bierbranche“

(Focus-Online 22.03.2013)

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Bildquelle: Royalty-free

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I. Einführung

Definition:

„Gesamtheit der Maßnahmen zur Verhinderung von Rechtsverstößen,

insbesondere auch von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus

begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken

oder Ansehensverlust bringen können“

BGH, Urteil vom 17.07.2009 (Berliner Stadtreinigung)

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I. Einführung

Definition:

Corporate Compliance umfasst also

- sämtliche Maßnahmen zum regelkonformen Verhalten eines

Unternehmens hinsichtlich aller gesetzlichen und

unternehmenseigenen Gebote und Verbote,

- und darüber hinaus die Schaffung eines Compliance-Management-

Systems (CMS) zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Normen

(Ordnungsrahmen)

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I. Einführung

Vorrangige Ziele:

Erkennen von Risikoquellen und Vermeidung systematischen

Fehlverhaltens im Unternehmen (Prävention)

Minimierung des Haftungsrisikos für das Unternehmen

Vermeidung von Imageschäden für das Unternehmen

Begrenzung des persönlichen (arbeits-, zivil- und strafrechtlichen)

Haftungsrisikos von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten für

Fehlverhalten im Unternehmen („Top-down“-Ermittlungsansatz gegen Top-

und Middle-Management)

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I. Einführung

Trend: Compliance wird zunehmend Wettbewerbsfaktor

von „save my ass“ zu „save my assets“ (Sicherung Unternehmenswert)

DAX-Unternehmen wählen verstärkt Geschäftspartner mit vernünftiger

Compliance-Organisation (z.B. Siemens, MAN, Deutsche Bahn u.a.)

Compliance-Due-Diligence z.B. bei M&A-Deals wird die Regel

Berücksichtigung von Compliance-Risiken bei der Kreditvergabe

steigende Unternehmens“strafen“ bei non compliance-Verstößen (vor

allem Kartellbußgelder explodieren, ca. 16,9 Mrd. € von 2000-2012)

Mehrwert in der Bewerbungspraxis („Kampf um die besten Köpfe“)

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I. Einführung

Grundlagen:

Kein CMS „von der Stange“

Keine „one fits all“-Lösung; Anforderungen an die konkrete Compliance ist

abhängig von der Größe des Unternehmens und seines wirtschaftlichen

Betätigungsfeldes

keine inhaltliche Eingrenzung; typische Risikobereiche sind

Korruption (Kundenpflege), Untreue (Fall Siemens „schwarze Kassen“),

Kartelldelikte ( Preisabsprachen), Umweltschutz , Produkthaftung (z.B.

„Lederspray“-Entscheidung des BGH), Datenschutz, Arbeitssicherheit,

Sozialversicherungsdelikte (z.B. Unterlassen der Abführung von

Sozialversicherungsbeiträgen), Steuern, Insolvenzen u.a.

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I. Einführung

Compliance ist Leitungsaufgabe („Chefsache“)

Originäre Verantwortung der Unternehmensleitung zur rechtskonformen

Ausübung der eigenen unternehmerischen Aktivitäten

Compliance ist konzernweite Organisationsaufgabe der UL

Umsetzung ist um so komplexer, je internationaler das Unternehmen

aufgestellt ist und je vielfältiger seine Produkte und Anlagen sind

beinhaltet Prävention, Aufdeckung von Fehlverhalten, Reaktion

Die drei „Kardinalpflichten“ der Unternehmensleitung:

1. Analyse der Compliance-Risiken

2. Aufsetzen eines Compliance-Programms

3. Integration in die Geschäftsprozesse

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II. Rechtsgrundlagen

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II. Rechtsgrundlagen

Rechtliche Grundlagen der Compliance sind:

Gesetze:

Nationale Gesetze, z.B. AktG, GmbHG, HGB, WpHG, StGB, OWiG

Internationale Gesetze, z.B. UK Bribery Act (UKBA) 2010, US Foreign

Corrupt Practices Act (FCPA) 1977, US Sentencing Guidelines 2004

Standards, z.B.:

ISO-Normen (z.B. ISO 15489)

COSO I und II (Empfehlungen für ethisches Handeln und wirksame

interne Kontrollen des Committee of Sponsoring Organizations and

Treadway Commission)

IDW PS 980 (Standard zur Auditierung von Compliance-Management-

Systemen [CMS])

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II. Rechtsgrundlagen

Rechtliche Grundlagen der Compliance sind:

Business Conducts, z.B.:

DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex der

Regierungskommission DCGK 2002 i.d.F. 2009)

Code of Conduct (z.B. Deutsche Post DHL: Verhaltenskodex als

„ethischer Kompass“ für das Verhalten im Arbeitsalltag)

Selbstverpflichtungen, z.B.:

UN Global Compact (Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter sozialer

und ökologischer Mindeststandards)

ILO Kernarbeitsnormen

Branchenstandards

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II. Rechtsgrundlagen

Nationale Gesetze zur Compliance:

§ 91 Abs. 2 AktG: Pflicht des Vorstands zur Einrichtung eines

Überwachungssystems zur Risikofrüherkennung

§ 107 Abs. 3 AktG: Pflicht zur Überwachung u.a. der internen Revision,

des Risikomanagementsystems und der Abschlussprüfung

§§ 76, 93 AktG; § 43 GmbHG: Schadensabwendungspflicht der UL

§ 130, 30 OWiG: Aufsichtspflicht der UL bei Aufgabendelegation

§ 33 Abs. 1 WpHG: angemessene interne Kontrollverfahren

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II. Rechtsgrundlagen

Rechtspflicht zur Compliance:

CMS nicht ausdrücklich für alle Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben

Verantwortung der UL zur Compliance folgt allgemein aus den

Bestimmungen zur Aufsichtspflicht im Unternehmen (§§ 130, 30

OWiG):

UL trifft Aufsichtspflicht bei Pflichtendelegation im Unternehmen

daraus folgt die originäre Obliegenheit der UL zur Organisation von

Kontrollpflichten im Unternehmen, verbunden mit einem

Haftungsrisiko für Unternehmen und UL bei Missachtung gebotener und

zumutbarer Maßnahmen zur Gewährleistung der Aufsichtspflicht

oder aus Spezialgesetzen (z.B. § 91 Abs. 2 AktG)

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II. Rechtsgrundlagen

Beispiel: § 33 Abs. 1 WpHG

Spezialgesetz für Finanzdienstleistungssektor

Pflicht („muss“) von WpDL-Unternehmen zur Einrichtung einer

unabhängigen – nicht z.B. Revision – Compliance („… eine dauerhafte

und wirksame Compliance Funktion …, die ihre Aufgaben unabhängig

wahrnehmen kann“)

Konkretisierung in BaFin-Rundschreiben von Juni 2010 zu den

„Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren

Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG

für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp)“

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II. Rechtsgrundlagen

Internationale Gesetze zur Compliance:

Der UK Bribery Act 2010 (Gesetz zur Anti-Korruption)

jede Form der Bestechung durch Mitarbeiter bzw. bereits Versäumnis,

Bestechung zu vermeiden, begründet originäre Unternehmensstrafbarkeit

gilt für jede Geschäftstätigkeit mit einem Bezug zu UK (z.B. Export)

Verfolgung weltweiter Korruptionshandlungen

Unternehmen: Geldstrafe in unbegrenzter Höhe und Ausschluss von

öffentlichen Ausschreibungen

Privatpersonen: Freiheitsstrafe bis 10 Jahre oder Geldstrafe in

unbegrenzter Höhe

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II. Rechtsgrundlagen

Internationale Gesetze zur Compliance:

Der UK Bribery Act 2010 (Gesetz zur Anti-Korruption)

Einrichtung eines „adäquaten“ Compliance-Systems ist einziges Mittel

zur Haftungsbegrenzung

Ausführungsregelung des brit. Justizministeriums („six principles“):

• Implementierung effektiver und erfüllbarer Prozesse unter Berücksichtigung

von Unternehmensgröße, -risiko und -komplexität

• unternehmensweit

• Bekenntnis der UL zur Korruptionsbekämpfung

• Fortlaufende Prüfung des Korruptionsrisikos

• Umfassende Kommunikation der Antikorruptionsmaßnahmen

• Fortlaufende Überwachung und Prüfung der Maßnahmen, Bericht an

Aufsichtsgremien/UL (abrufbar unter www.justice.gov.uk/guidance/docs/bribary-act-2010-guidance.pdf

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III. Bedeutung für den Mittelstand

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III. Bedeutung für den Mittelstand

Mittelstand ist „tragende Kraft der deutschen Volkswirtschaft“:

ca. 99,3% aller Unternehmen sind KMU (2010)

ca. 66% aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind bei

mittelständischen Unternehmen beschäftigt

2010: 670.000 neue Arbeitsplätze, 143 Mrd. € Investitionsvolumen

(55% der gesamten Unternehmensinvestitionen)

Bedeutung variiert jedoch stark nach Wirtschaftsbereichen (2010:

80% des Umsatzes im Bau- und Gastgewerbe)

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III. Bedeutung für den Mittelstand

KMU weisen besondere Compliance-Risiken auf:

zunehmend international aktiv (2010: ca. 900.000 Unternehmen), dies

führt zu steigenden Korruptionsrisiken, Berührung mit unbekannten

ausländischen Rechtsordnungen und Gesetzen

zeichnen sich durch ein starkes Vertrauensverhältnis gegenüber

führenden Mitarbeitern aus

verfügen über eine geringere Personaldichte im Verwaltungsbereich

der Verwaltungsaufwand von Überwachungs- und

Informationssystemen wird niedrig gehalten

nach wie vor geringeres Risikobewusstsein aufgrund fehlender

Rechtsabteilungen bzw. ausreichender Mittelstellung für präventive

Beratungstätigkeiten (Negativbeispiel: Fall Vietz 2011)

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III. Bedeutung für den Mittelstand

KMU weisen noch immer Compliance-Defizite auf:

„Gefahrenbarometer 2010“ der Münchner Corporate Trust GmbH

Sicherheitsrisiken Korruption, Betrug und Untreue befinden sich mit 15%

auf Platz 2 der häufigsten Schadensursachen in mittelständischen

Unternehmen

nach wie vor geringeres Risikobewusstsein aufgrund fehlender

Compliance-Organisation bzw. ausreichender Mittelstellung für

präventives Risikomanagement (Negativbeispiel: Fall Vietz 2011)

nur 1/5 aller Mittelständler verfügen z.B. über Compliance-

Beauftragte(n)

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III. Bedeutung für den Mittelstand

Nachteile einer non compliance treffen KMU mindestens ebenso

wie Großunternehmen:

Schadenersatzforderungen und Geldbußen können das

Unternehmen existentiell gefährden

persönliche Haftung von Geschäftsführern und Verantwortlichen

Reputationsschäden

Eintragung in Korruptionsregister

Vergabesperren bei öffentlichen Ausschreibungen entziehen die

wirtschaftliche Grundlage

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III. Bedeutung für den Mittelstand

Vorteile von Compliance für mittelständische Unternehmen:

Möglichkeit, sich gegenüber Konkurrenzunternehmen positiv

abzugrenzen

Integritätssteigerung bei Kunden, Lieferanten und Banken

Vielzahl von Unternehmen fordern bereits von ihren

Geschäftspartnern die Vereinbarung von Corporate-Compliance-

Richtlinien (insbesondere bei Unternehmen mit US-amerikanischem Bezug; Lieferantenketten)

Effizienzsteigerungen, da sämtliche relevanten Prozesse des

Unternehmens „durchleuchtet“ und erneut bewertet werden

Steigerung des Unternehmenswerts

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IV. Haftungsrisiken bei non compliance

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IV. Haftungsrisiken

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Für Unternehmen:

Unternehmensgeldbuße (§ 30

OWiG), Kartellgeldbuße

Gewinnabschöpfung (§§ 30

Abs. 3, 17 Abs. 4 OWiG)

Verfall (§29a Abs. 1 OWiG; § 30

Abs. 5 OWiG beachten!)

Schadensersatzansprüche

Vergabesperren; Verlust

behördlicher Genehmigungen

Für Organmitglieder:

Geld-/Freiheitsstrafen (§§ 38,

40 StGB)

Geldbuße (§ 130 OWiG)

Schadensersatzansprüche

(Dritter und des Unternehmens)

Abberufung bzw. Kündigung

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IV. Haftungsrisiken

Die Unternehmensgeldbuße (§ 30 OWiG):

Kein originäres Unternehmensstrafrecht

Sanktionierung von Unternehmen bei betriebsbezogenen Straftaten oder

Ordnungswidrigkeiten erfolgt über Festsetzung einer selbständigen

Geldbuße

§ 30 IV: unabhängig von Strafverfahren gegen Handelnden

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IV. Haftungsrisiken

Die Unternehmensgeldbuße (§ 30 OWiG):

betriebsbezogene Straftat oder Ordnungswidrigkeit (v.a. § 130 OWiG)

Haftungsdurchgriff auf Unternehmen bei Verletzung betriebsbezogener

Pflicht durch Vertretungsorgan oder Bereicherung des Unternehmens

Geldbuße bis 1 Mio. €, aber Höchstmaß kann zur Abschöpfung des

wirtschaftlichen Vorteils überschritten werden (§ 17 Abs. IV OWiG)!

wirtschaftlicher Vorteil: Erlös, mittelbare Gewinne (z.B. Marktvorteil)

Bemessung: Höhe des abzuschöpfenden Gewinns als unterste Grenze

der Geldbuße zzgl. Strafaufschlag nach pflichtgemäßem Ermessen

(Unrechtsgehalt, Schadensfolgen)

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„… unzureichendes

Compliance System…“

„… Bildung schwarzer Kassen

(…) zu Bestechungshandlungen …“

„… Compliance System (…)

nicht hinreichend effektiv, um (…)

zu verhindern … “

„… Kein wirksames

Kontrollsystem für (…) Umsetzung der

Compliance Richtlinien …“

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IV. Haftungsrisiken

Der Verfall von Vermögensvorteilen (§§ 73 ff StGB, 29a OWiG):

Umfang: Abschöpfung sämtlicher durch eine Straftat bzw.

Ordnungswidrigkeit erlangten Vermögensvorteile

„Drittempfängerverfall“ gegen tatunbeteiligten Dritten, der aus der Tat

etwas selbst erlangt hat, möglich

Bruttoprinzip: kein Abzug von Aufwendungen (z.B. Schmiergelder)

Subsidiarität des Verfalls nach § 29a Abs. 2 OWiG: kein Verfall, wenn

Gewinnabschöpfung durch Geldbuße gegen Unternehmen erfolgt (§ 30 V)!

Verfall gem. § 73 ff StGB: dinglicher Arrest oder Eilverfahren möglich

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IV. Haftungsrisiken

Das Bruttoprinzip bei Auftragserlangung durch Bestechung:

Wertermittlung des durch Bestechung erlangten Auftrags (Gewinn), ggf.

durch SV oder Schätzung (§ 73b StGB), unter Abzug von aufgewendeten

Kosten (= nur tatsächlich erlangter Gewinn)

Bestechungsgelder zur Zuschlagserteilung sind nicht abzugsfähig und

werden in einem zweiten Schritt zusätzlich für verfallen erklärt

Beispiel: Angebot 50 Mio. €, enthalten sind 38 Mio. € Kosten für

Auftragsausführung und 2 Mio. € Schmiergelder. Wert des Auftrags = 10

Mio. € (Gewinn). Bruttoprinzip: Auftragswert + Schmiergelder =

Verfallssumme (12 Mio. €)!

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IV. Haftungsrisiken

Die Kartellgeldbuße:

Grundlagen: Art. 23 VO 1/2003, Bußgeldleitlinien 2006 (Kommission), §

81 Abs. 4 GWB, Bußgeldleitlinien 2006 (BKA)

Verzinsungspflicht verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom

19.12.2012)

Kommission: keine bußgeldmindernde Berücksichtigung von

Compliance-Programmen

Unternehmensvereinigung: Haftungsdurchgriff auf

Mitgliedsunternehmen, wenn UV zahlungsunfähig (Art. 23 Abs. 4 VO)

Risiko Kronzeugenregelung (whistleblowing; Bußgeldimmunität)

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IV. Haftungsrisiken

Typisches Kartellverhalten:

Preisabsprachen

Absprachen über Aufteilung von Märkten, Gebieten oder Kunden

Absprachen bei Ausschreibungen (Submissionsabsprachen)

Absprachen über Produktions- oder Verkaufsvolumina

Absprachen, mit bestimmten Lieferanten keine Geschäfte zu machen

abgestimmtes Verhalten (Abgrenzung zum kartellfreien Parallelverhalten)

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IV. Haftungsrisiken

Bemessung der Kartellgeldbuße:

Grundbetrag

Bis zu 30% des mit der Zuwiderhandlung – tatsächlich oder vermutlich – im

letzten Geschäftsjahr erzielten einschlägigen Umsatzes (EU: multipliziert

mit Anzahl Jahre der Zuwiderhandlung; neu seit BGL Kommission 2006:

zusätzlich einmalige „Eintrittsgebühr“, d.i. 15-25% des einschlägigen

Umsatzes); Schätzung möglich; bei Fahrlässigkeit wird Grundbetrag

halbiert.

Anpassungsfaktoren

Abschreckung (Erhöhung des Grundbetrages um max. 100%)

Erschwerende Umstände (Vorsatz, Wiederholungstat, Kartellanführer)

Mildernde Umstände (Nachtatverhalten, passive Rolle)

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IV. Haftungsrisiken

Bemessung der Kartellgeldbuße:

Kappungsgrenze

Kappung des Bußgeldbetrages auf 10% (bei Fahrlässigkeit 5%) des

Jahreserlöses des Unternehmens, § 81 Abs. 4 GWB

Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils

Nur dann, wenn neben der Geldbuße verhältnismäßig und wirtschaftlicher

Vorteil noch nicht im Wege des zivilrechtlichen Schadensersatzes entzogen

Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Stundung oder Besserungsschein, wenn Existenzbedrohung

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IV. Haftungsrisiken

Vergaberechtliche Sanktionsmöglichkeiten:

Bei Zweifel an Zuverlässigkeit oder Rechtstreue (z.B. Verurteilung von

Mitgliedern der UL wegen Korruption) drohen Angebotsausschlüsse,

Vergabesperren und Eintrag in Korruptionsregister

vergaberechtliche Zuverlässigkeit ist Prognoseentscheidung und stellt

auf gegenwärtige und zukünftige Rechtstreue ab

Absehen von Sanktionen bei „Selbstreinigung“ durch geeignete

Maßnahmen zur zukünftigen Verhinderung von Fehlverhalten (st. Rsp.)

Compliance-Organisation ist geeignete Maßnahme

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IV. Haftungsrisiken

Internationale vergaberechtliche Sanktionsrisiken:

international tätigen Unternehmen drohen Auftragsausschlüsse der

Entwicklungsbanken, z.B. bei geförderten Infrastrukturprojekten (Weltbank,

Inter American Development Bank, European Investment Bank u.a.)

Abgabe von Compliance-Erklärungen zur Vermeidung von Korruption

Führen und Veröffentlichung von „Schwarzen Listen“

Cross-Debarment-Agreement: Abkommen zwischen den meisten

Entwicklungsbanken; Vertragsbanken verpflichten sich darin zur

gegenseitigen Übernahme von Sanktionsentscheidungen

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IV. Haftungsrisiken

Haftungsrisiken der Unternehmensleitung:

Persönliche Strafbarkeit

insbesondere durch Unterlassen von Maßnahmen zur Verhinderung

betriebsbezogener Straftaten (z.B. Organisationspflicht gem. § 91 Abs. 2

AktG, vorsätzliche Pflichtverletzung führt zu Strafbarkeit der UL wegen

Untreue bei Schadensersatzansprüchen gegen das Unternehmen)

Sanktionen: Geldstrafen/Freiheitsstrafen

Geldbuße

bei Verletzung der betriebsbezogenen Aufsichtspflicht (§ 130 OWiG)

Schadensersatz

- Vermögensschaden als Folge einer Aufsichtspflichtverletzung

- unerlaubte Handlung bei Strafbarkeit (insb. Untreue § 266 StGB)

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IV. Haftungsrisiken

Grundsätze der Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung:

Gesamtverantwortung und Allzuständigkeit der UL

originäre Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung für alle

innerbetrieblichen Abläufe, also auch für die Verhinderung von

unternehmensbezogenen Straftaten (Garantenpflicht)

(„Lederspray“-Entscheidung des BGH vom 06.07.1990)

Delegation der Compliance-Aufgaben zulässig

aber Gesamtverantwortung bleibt erhalten, nur Inhaltsänderung: Die

unmittelbare Handlungspflicht wandelt sich in eine Aufsichts- und

Organisationspflicht für Auswahl, Einweisung und Überwachung

Aufsichts- und Organisationsverschulden führt zu Haftung

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IV. Haftungsrisiken

Haftung für Aufsichts- und Organisationsverschulden:

§ 130 OWiG:

(1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder

fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind,

um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen

Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit

Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine

solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht

verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen

Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl

und Überwachung von Aufsichtspersonen.

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IV. Haftungsrisiken

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Fehlerfreie Delegation von Organpflichten

Auswahlsorgfalt Einweisungssorgfalt Überwachungssorgfalt

Delegation nur auf

geeignete (persönlich und

fachlich) Personen

horizontal und vertikal

abhängig von konkreter

Funktion: je komplexer der

Aufgabenbereich, desto

strenger der anzulegende

Sorgfaltsmaßstab

klare und eindeutige

Zuordnung der übertragenen

Verantwortung

überschneidungsfrei

Kompetenzen und

notwendige finanzielle Mittel

müssen vorhanden sein

Kontrollpflicht des

Delegierenden

Aufbau und Überwachung einer

geeigneten Organisation

Information und

Kommunikation, Berichtssystem

(horizontal)

ressortübergreifendes

Eingreifen bei Hinweisen auf

Unregelmäßigkeiten und in

Krisensituationen (horizontal)

Richtlinien,

Arbeitsanweisungen, laufende

Kontrolle (vertikal)

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IV. Haftungsrisiken

Fallkonstellationen einer Haftung der Unternehmensleitung:

Fall 1: Rechtsverstoß, keine Risikoanalyse durchgeführt, keine

Compliance Maßnahmen eingeführt

Das Unterlassen jeglicher Risikoprüfung ist regelmäßig Verletzung der

Aufsichts- und Organisationspflicht; Haftung der UL gemäß § 130 OWiG

(Geldbuße), evtl. Untreue wg. Verletzung Organisationspflicht

Fall 2: Risikoanalyse, Risiken erkannt, aber keine bzw. unzureichende

(z.B. personelle Ausstattung) Compliance Maßnahmen

„worst case“; Verantwortung der UL gemäß § 130 OWiG; zudem Frage

nach strafrechtlicher Haftung wegen Unterlassens gebotener

Abwehrmaßnahmen in Kenntnis des strafrechtlichen Risikos („willful

blindness“, billigende Inkaufnahme von Straftaten)

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IV. Haftungsrisiken

Fallkonstellationen einer Haftung der Unternehmensleitung:

Fall 3: Risikoanalyse, Risiken erkannt, Aufgabendelegation für

Compliance auf UL-Mitglied, danach keine weitere Befassung der UL

mit Umsetzung und kein Berichtswesen

zulässige Delegation, aber Verletzung der nach Delegation bei den

weiteren UL-Mitgliedern verbleibende Überwachungspflicht (mindestens

Berichtswesen und Maßnahmen zur Kontrolle); § 130 OWiG

Fall 4: Risikoanalyse, Compliance Programm implementiert, Hinweise

auf Schwachstellen und Rechtsverstöße, UL unternimmt nichts

Bei Kenntnis von Mängeln im Compliance Programm Interventionspflicht

der UL; Verletzung der Aufsichtspflicht und Haftung gemäß § 130 OWiG;

Frage nach strafrechtlicher Verantwortlichkeit wie Fall 2

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IV. Haftungsrisiken

Sanktionsrahmen typischer Compliance-Delikte

Korruptionsdelikte

§ 331 I (Vorteilsannahme), § 333 I (Vorteilsgewährung) FS bis 3 Jahre, GS

§ 332 I S. 1 (Bestechlichkeit) FS 6 Monate bis 5 Jahre

§ 332 I S. 2 (minder schwerer Fall der Bestechlichkeit) FS bis 3 Jahre, GS

§ 334 I S. 1 (Bestechung) FS 3 Monate bis 5 Jahre

§ 334 I S. 2 (minder schwerer Fall der Bestechung) FS bis 2 Jahre, GS

§ 335 (besonders schwerer Fall der

Bestechlichkeit und Bestechung) FS 1 Jahr bis 10 Jahre

Wettbewerbsstraftaten

§ 298 I (wettbewerbsbeschränkende Absprachen

bei Ausschreibungen) FS bis 5 Jahre, GS

§ 299 I (Bestechlichkeit und Bestechung im

geschäftlichen Verkehr) FS bis 3 Jahre, GS

Sonstige

§ 266 I (Untreue) FS bis 5 Jahre, GS

§ 370 I AO (Steuerhinterziehung) FS bis 5 Jahre, GS

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IV. Haftungsrisiken

Weitere Sanktionsrisiken bei unternehmensbezogenen Straftaten:

Berufsverbot (§ 70 StGB; 1 bis 5 Jahre, in Ausnahmefällen für immer)

Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit (§ 35 VIII S. 2 GewO;

Behördenprognose)

Verlust der Möglichkeit, als Geschäftsführer tätig zu sein (§ 6 II Nr. 3

GmbHG; 5 Jahre seit Urteilsrechtskraft)

Eintragung in ein Vergaberegister

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IV. Haftungsrisiken

Geldbußenrahmen gegen Aufsichtspflichtigen (§ 130 Abs. 3 OWiG):

vorsätzliche Pflichtverletzung, mit Strafe bedroht: bis 1 Mio. €

fahrlässige Pflichtverletzung, mit Strafe bedroht: bis 500.000 €

vorsätzliche Pflichtverletzung, mit Geldbuße bedroht: Höchstmaß der

Geldbuße für PV

fahrlässige Pflichtverletzung, mit Geldbuße bedroht: bis Höchstmaß für

Fahrlässigkeitstaten (§ 17 II)

auch hier § 17 Abs. 4 OWiG beachten: Gewinnabschöpfung,

Höchstmaß der Geldbuße kann überschritten werden!

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IV. Haftungsrisiken

Zivilrechtliche Haftung der Unternehmensleitung

Bei Vermögensschäden des Unternehmens infolge Verletzung der

Aufsichtspflicht gemäß § 93 AktG, § 43 GmbHG, § 823 Abs. 2 BGB

ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH (BGHZ 135, 244):

Verpflichtung (kein Ermessen!) der Aufsichtsgremien zur Prüfung und

Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen Unternehmensleitung;

Absehen nur bei „gewichtigen Interessen“ möglich

Zu ersetzen sind sämtliche durch Pflichtverletzung verursachten

Schäden (z.B. Unternehmensgeldbuße, Kosten der internen Aufklärung,

finanzielle Folgen von Vergabesperren, Steuernachforderungen); nicht

abgeschöpfte Gewinne (Differenzhypothese, § 249 BGB)

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IV. Haftungsrisiken

Beispiel: BGH vom 09.01.2001 (zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 266a StGB):

„Zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gehört es, sich in der finanziellen Krise

des Unternehmens über die Einhaltung von erteilten Anweisungen zur pünktlichen Zahlung

fälliger Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung durch geeignete Maßnahmen zu

vergewissern“

„(…), dass die deliktische Verantwortlichkeit des (…) Geschäftsführers hier zunächst auf eine

Überwachungspflicht beschränkt war. Der Beklagte war als Geschäftsführer kraft seiner

Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig.(…) Der sich

aus dieser Allzuständigkeit ergebenden Verantwortung jedes Geschäftsführers für die

Erfüllung der (…) Pflichten der Gesellschaft (…) können sich die Geschäftsführer weder durch

interne Zuständigkeitsverteilung noch durch Delegation auf andere Personen entledigen.

Interne Zuständigkeitsregelungen lassen ebenso wie eine Delegation der Aufgaben die

Eigenverantwortlichkeit nicht erlöschen. Es bleiben stets Überwachungspflichten, die

Veranlassung zum Eingreifen geben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung

von (…) Aufgaben durch den (intern) zuständigen Geschäftsführer oder den mit der

Erledigung beauftragten Arbeitnehmer nicht mehr gewährleistet ist.“

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IV. Haftungsrisiken

Arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Unternehmensleitung:

Abberufung und Kündigung

Fälle in der Rechtsprechung

OLG Jena (Urteil vom 12.08.2009 – 7 U 244/07 –):

außerordentliche Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers bei fehlender

interner Unternehmenskontrolle

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 16.01.2009 – 9 Sa 572/08 –):

außerordentliche Kündigung eines Personalleiters wegen eigenmächtiger

Annahme einer Einladung in die VIP-Lounge

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V. Umsetzung der Compliance im Unternehmen

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V. Umsetzung von Compliance

Zur Erinnerung: Ziele einer Compliance-Organisation sind

der Aufbau von Unternehmensstrukturen

zur Vermeidung systematischen Fehlverhaltens (bewusst/unbewusst)

durch Identifikation, Analyse und Steuerung der Unternehmensrisiken

und Überwachung der Effektivität der Compliance-Maßnahmen

mit dem Ziel einer von UL und Mitarbeitern getragenen Compliance-

Kultur

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V. Umsetzung von Compliance

Zur Erinnerung: Verantwortung der Unternehmensleitung

Einrichtung und Überwachung eines Compliance-Systems fällt in die

Gesamtverantwortung der UL (Oberste Instanz)

vgl. Ziffer 4.1.4 CGK für AG-Vorstand: angemessenes Risikomanagement

und -controlling; „best practice“

rechtliche Organisationsverantwortung

UL trifft Entscheidung über konkrete Ausgestaltung von Compliance

weites Organisationsermessen

BGH (ARAG/Garmenbeck-Entscheidung): UL muss nur erforderliche,

geeignete und angemessene Maßnahmen treffen;

evtl. Einschränkung z.B. durch Branchenstandards, bekannte

Vorkommnisse u.ä.; in Ausnahmefällen Handlungspflicht!

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V. Umsetzung von Compliance

Bausteine eines funktionierenden Compliance-Systems:

1. Initiative der Unternehmensleitung (Compliance ist Chefsache)

2. Risikoanalyse (Identifizierung der Problembereiche im Unternehmen)

3. Compliance Organisation (Compliance Officer, Stabstelle)

4. Compliance Programm (Code of conduct, Compliance Manual u.a.)

5. Kommunikation (Mitarbeiter, Geschäftskunden) und Dokumentation

6. Sanktionsmechanismen („Zero Tolerance“, weiter Sanktionskatalog)

7. Überwachung (Audits, Kontrollen, z.B. „Mock Dawnraids“)

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 1. Initiative der Unternehmensleitung ist Erfolgsfaktor für

Compliance:

Überzeugung von der Notwendigkeit einer Compliance

Commitment der UL ist Grundvoraussetzung

Kommunikation „Tone from the Top“

erfordert klare Botschaften der UL an die Mitarbeiter

Rückendeckung für Compliance Maßnahmen

Vorbildfunktion der UL

insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 2. Die rechtliche Risikoanalyse:

Erfassung der rechtlichen Problembereiche des Unternehmens

Compliance Due Diligence; Risikoportfolio; Hilfestellung durch Checklisten

unternehmerische Aktivitäten als Anknüpfungspunkt

Analyse der Geschäftsbereiche, die in besonderem Maße Anlass zu

gesetzwidrigem Verhalten geben können (v.a. Einkauf, Produktion, Vertrieb,

Finanzabteilung)

Analyse der Unternehmensstruktur (Größe, Komplexität, internationale

Aufstellung; intern: Zuweisung von Verantwortlichkeiten, Berichtswesen)

evtl. unter Hinzuziehung externer Rechtsanwälte

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 2. Die rechtliche Risikoanalyse:

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Einkauf Produktion Vertrieb

Finanzabteilung

Rechtsrisiken

• Bestechlichkeit

• Untreue

etc.

• Arbeitssicherheit

• Produktionsrisiken

• Umweltschutz

• Bestechung

• Kartellverstöße

• Untreue

bezogen auf eigene Unternehmensstruktur

Compliance Risikoportfolio

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V. Umsetzung von Compliance

Beispiel: Analyse der Korruptionsrisiken

Länderanalyse

Corruption Perception Index (CPI) von Transparency International als

anerkannter Gradmesser für länderspezifische Korruptionsrisiken

Branchenanalyse

Besonders korruptionsanfällige Geschäftsbereiche sind z.B. öffentliche

Bauvorhaben, Materialeinkauf von Behörden, Vertrieb von Medizintechnik

Geschäftsanalyse

Öffentliche Auftraggeber oder Privatwirtschaft; Schwerpunkt Korruption in

öffentlicher Verwaltung (BKA: Vergabe- und Beschaffungswesen)

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V. Umsetzung von Compliance

Länderanalyse mit dem CPI von Transparency International

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V. Umsetzung von Compliance

Beispiel: Analyse der Korruptionsrisiken

Analyse der Geschäftsabwicklung

insbesondere Einsatz von Geschäftsmittlern (Angehörige des öffentlichen

Sektors, Gewerkschaften? Identität und Reputation? Erfolgt eine erfolgs-

und leistungsbezogene Vergütung? Gibt es Auffälligkeiten bei der

Zahlungsabwicklung?)

Finanzanalyse

Kontrolle der Zahlungsaktivitäten, z.B. Auffälligkeiten bei Barzahlungen

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 3. Die Organisation der Compliance

Compliance-Delegation auf einen von mehreren Geschäftsführern

(klare und eindeutige Zuweisung der Verantwortung)

Bestellung Compliance-Beauftragte(r)

Wahl der Organisationsform: Autonom oder Matrix

Direkte Berichtslinie an die Unternehmensleitung

Stellung der Compliance-Organisation (Einbindung in die operative

Geschäftstätigkeit; eigene Eingriffs- und Ermittlungskompetenz bei

Verstößen, ausreichende personelle, fachliche und finanzielle Ausstattung)

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V. Umsetzung von Compliance

Organisationsmodelle:

Autonome Compliance Organisation Matrix Organisation

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Stabstellen CO

Zentrale Funktion

• unternehmensweit

• Richtlinienkompetenz

• Whistle blowing

• Beratung

• Schulung

• Berichtswesen

• Kontrolle/

Untersuchungen

• Beauftragter

Regionen/Länder

• Beauftragter

Geschäftsbereiche

CCO

Operative Funktion

Beratung in Fragen des

Geschäfts

Compliance Komitee C

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Ab

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• übernimmt alle C.-Aufgaben (Prävention,

Aufdeckung, Reaktion)

• Vorteil: Effizienz

• Nachteil: hoher Ressourceneinsatz

• übernimmt nur Präventionsaufgaben

• i.ü. Koordinierung mit Abteilungen

• Vorteil: geringerer Ressourceneinsatz

• Nachteil: Abstimmungsaufwand

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 4. Das Compliance Programm

Unternehmensrichtlinien („code of conducts“) als „Herzstück“:

umfassender Verhaltens- und Ethikkodex (Führungskräfte/Mitarbeiter;

gesetzliche Vorgaben und/oder weitergehende Unternehmensziele)

abhängig von Ergebnissen der Risikoanalyse

individuell auf das Unternehmen zugeschnitten

unnötige Komplexität vermeiden

evtl. ergänzende Richtlinien mit Ausführungsregelungen zu speziellen

Themen (z.B. Korruptionsvermeidung) nach Durchlaufen von „Clearing-

Prozess“

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V. Umsetzung von Compliance

Implementierung der „code of conducts“:

Einführung durch Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag, Direktionsrecht

Mitarbeiter-Handbuch („Compliance Manual“) und Checklisten

Schulungs- und Trainingsangebote

Beratungsangebote, evtl. zentrale Anlaufstelle für Fragen

Hinweisgebersysteme („Whistleblowing“)

Telefon-Hotline (intern oder extern); Ombudsmann; Datenschutz beachten;

evtl. Abstimmung mit Betriebsrat, da wegen Auswertungsprozessen das

Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG tangiert sein kann

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 4. Das Compliance Programm

Typische Inhalte eines Compliance Manuals:

Einleitung („Mission Statement“) durch UL: ausdrückliches Bekenntnis

zur Rechtstreue und Compliance („Tone from the Top“)

Erklärung der Verbindlichkeit der Compliance-Richtlinien: disziplinarische

Sanktionen bei Verstößen

Darstellung der einzelnen Inhalte der Compliance: Rechtsrahmen,

erkannte Gefahrenbereiche, erwartete Handlungsweisen („do‘s and dont‘s),

Sorgfalt im E-Mail- und Schriftverkehr, Verhalten bei Behördenanfragen

und Durchsuchungen u.a.

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 4. Das Compliance Programm

Typische Inhalte eines Compliance Manuals:

Darstellung der Compliance-Organisation

Bezeichnung und Kontaktdaten der Ansprechpartner

Hinweise für das Einreichen von Beschwerden

Verbot der Benachteiligung von Beschwerdeführern

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 4. Das Compliance Programm

Inhalte einer Checkliste für Mitarbeiter am Beispiel einer

kartellrechtlichen Compliance:

Sensibilisierung der Mitarbeiter, do‘s and dont‘s für bestimmte

Situationen darstellen

(z.B. Anruf Vertriebsmitarbeiter des Wettbewerbers, Vorschlag Austausch

von Kundenlisten)

Verhalten auf Verbandstreffen

(Protokolle überprüfen bzw. widersprechen, Sitzung verlassen, um den

Anschein einer psychischen Beihilfe zu vermeiden, Notfallrufnummer für

Verhaltenscheck)

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 4. Das Compliance Programm

Korruptionspräventive Maßnahmen:

Ziel: Erhöhung der Transparenz im Unternehmen

Maßnahmen:

- Vier-Augen-Prinzip (kein Mitarbeiter bearbeitet allein und abschließend

einen Vorgang)

- Prinzip der Funktionstrennung (Trennung zwischen den Prozessen der

Auftragserfüllung und der Auftragsüberprüfung)

- „need-to-know“-Prinzip (jeder Beschäftigte hat nur einen beschränkten

Zugriff auf Informationen)

- Personalrotation (in risikoaffinen Bereichen)

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 5. Kommunikation und Dokumentation

Interne Kommunikation

regelmäßig gegenüber Mitarbeitern z.B. via Intranet, Feedback-Runden

Externe Kommunikation

gegenüber Geschäftspartnern, Akzeptanz zur Anerkennung der

Compliance-Standards, Zustimmung zur Durchführung einer Compliance

Due-Diligence oder Einräumung von Überprüfungsrechten

Dokumentation

Compliance-Struktur und –Maßnahmen, z.B. Protokollierung von

Mitarbeitergesprächen; Zweck: Entlastungsbeweis bei evtl. Verstößen

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 6. Sanktionsmechanismen

„Zero Tolerance“ oder abgestuftes Sanktionensystem?

grundsätzliches Reaktionsverhalten klären; in jedem Fall konsequent

handeln!

arbeitsrechtliche Disziplinarmaßnahmen

Ermahnung, Abmahnung, Streichen von Boni, Versetzung, Kündigung

Obligatorische Strafanzeige?

Bei Belassung im Unternehmen Compliance-Training

evtl. „Compliance-Disziplinarausschuss“ einrichten

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V. Umsetzung von Compliance

Baustein 7. Überwachungs- und Kontrollmechanismen

präventive Funktion

Prüfmuster zu jeweiligen Compliance-Maßnahmen, z.B. Testfälle im

Hinweisgebersystem, Probe-Durchsuchungen u.ä.

durch Selbstkontrolle der Geschäftseinheiten, Kontrollen durch

Compliance-Organisation, Revision und/oder externe Experten

„Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance

Management Systemen (IDW PS 980)“: Prüfungsstandard der

Wirtschaftsprüfer, freiwillige Prüfung von Konzeption, Angemessenheit und

Wirksamkeit der Compliance-Maßnahmen

Kritik: keine Eignung zur gesellschafts- oder strafrechtlichen „Enthaftung“

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Einbindung des Betriebsrats bei Einführung von Compliance-

Programmen

evtl. Mitbestimmungsrechte beachten, § 87 BetrVG

BAG (Beschluss v. 22.07.2008): Differenzierung

Mitbestimmung nur bzgl. Regelungen zum betrieblichen Ordnungsverhalten

(z.B. Meldung von Verstößen, Kontroll- und Auswertungsprozesse,

Mitarbeiterbefragungen), nicht zum Arbeitsverhalten oder bei Wiedergabe

gesetzlicher Vorgaben

Tipp: Abschluss von Betriebsvereinbarung mit AN-Vertretern

beachten: Betriebsrat ist „Kommunikator“ zur Belegschaft!

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Einbeziehung von Geschäftspartnern in die Compliance:

Forderung nach Anerkennung eigener Compliance-Standards

durch entsprechende Vertragsklauseln z.B. im Lieferantenvertrag

(Verpflichtung zur Einhaltung des „code of conduct“; Erlaubnis für

Unternehmen, Einhaltung zu überprüfen; Pflicht des Lieferanten,

festgestellte Defizite zu beseitigen; Kündigungsrecht bei schwerwiegenden

Verstößen oder unterbliebener Nachbesserung)

§§ 305 ff BGB (AGB-Recht) für Wirksamkeit beachten!

Konflikt um das beste Regelwerk (Verbandskodizes als Lösung, z.B. BDI

Formulierungshilfen, Vereinbarungen des Einkaufsverbands BME;

abrufbar unter www.bdi.eu/Anerkennungsvereinbarung.htm und www.bme.de/compliance )

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Die Behandlung von Zuwendungen:

legale Kundenpflege vs. Korruption – was ist erlaubt?

betrifft Einladungen, Geschenke, Spenden, Sponsoring u.ä.

bei Amtsträgern besondere Gesetze und Wertgrenzen beachten (vgl.

z.B. für Bundesbehörden die Übersicht in BT-Drucks. 16/13810)

im geschäftlichen Verkehr bereitet die Abgrenzung zur sog.

„sozialüblichen Zuwendung“ häufig Schwierigkeiten

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Die Behandlung von Zuwendungen:

Compliance-Maßnahme: eindeutige Verhaltensrichtlinien im „code of

conduct“ (Grundlage siehe das „Ampelpapier – Kodex zur Abgrenzung

legaler Kundenpflege und Korruption“ des AK Corporate Compliance 2010)

Ziel: Jeder Anschein einer unlauteren Verbindung von direkten oder

indirekten Zuwendungen an Amtsträger mit deren Dienstausübung bzw. an

Angestellte/Beauftragte zur unlauteren Bevorzugung

im geschäftlichen Verkehr soll durch klare

Regeln vermieden werden!

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Die Korruptionsampel für den Umgang mit Geschäftspartnern:

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Grün Gelb Rot

Annahme/Gewährung zulässig Annahme/Gewährung nicht per

se zulässig/unzulässig;

Informationspflicht CO

Zuwendung per se unzulässig

Sozialübliche Zuwendungen:

kleinere Aufmerksamkeiten

(keine festen Wertgrenzen,

Orientierungsgrenze 50 €, z.B.

Werbegeschenke,

Essenseinladungen)

Zuwendungen, deren

Ablehnung landesüblichen

Werten widersprache

Zuwendungen ohne

geschäftlichen Hintergrund

Generelles Verbot mit

Informationsvorbehalt:

sozialadäquate Zuwendungen

mittleren Werts

Einladungen

Geschäftsreisen

Fortbildungsveranstaltungen

potentielle Interessenskonflikte

(Generalklausel)

CO entscheidet auf Grundlage

der unternehmensinternen

Richtlinien

Verbotene Zuwendungen:

Geld allgemein

zur Vornahme betrieblicher

Entscheidungen

Vorteile sexueller oder

anstößiger Natur

private Aufträge

Zuwendungen im

Zusammenhang mit

Geschäftsabschluss

hochwertige Geschenke

außergewöhnliche Einladungen

strafbare Zuwendungen

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Strafrechtliche Haftung des „Compliance Officer“

(BGH vom 17.07.2009 - Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen-):

Strafrechtliche Garantenstellung durch Übernahme

eines Pflichtenkreises durch Vertrag

„Sonderverantwortlichkeit“ des CO für die Integrität

des von ihm übernommenen Verantwortungsbereichs

Inhalt und Umfang der Garantenpflicht

Pflichtenkreis: Beanstandung von Rechtsverstößen aus dem Unternehmen

Compliance-Beauftragte trifft strafrechtliche Garantenpflicht zur

Verhinderung von betriebsbedingten Straftaten!

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Die kartellrechtliche Behandlung von Verbandstätigkeiten:

Kartellverbot erfasst auch Beschlüsse von Unternehmensverbänden

bereits der Austausch von strategisch wichtigen Marktinformationen auf

Verbandssitzungen kann als Kartellverstoß bußgeldbewehrt sein

Beispiel Süßwarenkartell 2012: Informationen über Stand und Verlauf

von Verhandlungen mit Einzelhändlern (u.a. Rabattforderungen) in

Gesprächskreis „Vierer-Runde“ (19,5 Mio. €); Mitteilung von Listenpreisen,

Verhandlungsstand mit Abnehmern des Einzelhandels auf Sitzungen des

AK Konditionenvereinigung der Dt. Süßwarenindustrie e.V. (19,6 Mio. €)

Beispiel Kosmetikhersteller 2008: systematischer Austausch von

Marktinformationen auf sog. „Schlossrunde“ (z.B. Höhe Werbeausgaben)

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Die kartellrechtliche Behandlung von Verbandstätigkeiten:

Informationsaustausch: Kartellrechtsneutralität nur bei fehlender

Möglichkeit zur Koordinierung des Marktverhaltens der beteiligten

Unternehmen

häufig gehen zunächst harmlose Verbandsdiskussionen in handfeste

Kartellabsprachen über

Compliance-Verhaltensregeln an die Hand geben, z.B.:

Tagesordnung prüfen; bei Diskussion über verbotene Themen Sitzung

verlassen, dabei unbedingt Protest und Abreise protokollieren lassen

Problem Mehrheitsentscheidung); Teilnahme an informellen Treffen (z.B.

Hotelbar) vermeiden; Angebot zum Informationsaustausch deutlich

zurückweisen; regelmäßig Teilnehmer an Verbandstreffen auswechseln

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Besteht eine Pflicht zur internen Untersuchung?

bei Hinweisen auf Fehlverhalten Untersuchungspflicht der UL;

Unterlassen führt zu Haftung (Verletzung der Aufsichtspflicht, § 130)

präventiv u.a. zur Aufdeckung von Fehlverhalten, Schwächen im

Kontrollsystem u.a.)

rechtliche Fragestellungen beachten (z.B. Datenschutz)

Wirkung auf Mitarbeiter bei falschen Hinweisen berücksichtigen

Reputationsrisiko beachten: keine „Aufklärung um jeden Preis“!

bei Verstrickung der UL: Aufsichtsgremium muss IU veranlassen

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Struktur einer Internen Untersuchung:

Hinweis rechtlich auf Substantiierung prüfen

formeller Untersuchungsauftrag als „innerbetriebliche Rechtsgrundlage“

Untersuchungsplan aufstellen

Durchführung vor Ort, Gelegenheit zur Stellungnahme geben

Abschlussbericht mit Maßnahmenkatalog an UL

Analyse, ggf. erforderliche Anpassung des Compliance Programms

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Welche Rechte und Pflichten haben Mitarbeiter bei internen

Befragungen?

Mitwirkungspflicht auch bzgl. kündigungsrelevanten Sachverhalten

auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Grenze: strafrechtliche Selbstbelastung!

kein Rechtsanspruch auf anwaltlichen Beistand oder Betriebsrat

Herausgabepflicht dienstlicher Unterlagen (TK-Geheimnis bei Gestattung

privaten E-Mail-Verkehrs und Mitbestimmungsrecht Betriebsrat zur

Überprüfung nicht leitender Angestellter beachten!)

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Besteht eine Pflicht zur Offenlegung von Fehlverhalten?

grds. keine gesetzliche Verpflichtung zur Anzeige in Deutschland

Prüfung von Auslandssachverhalten

in ausländischen Rechtsordnungen häufig Nichtanzeige von Korruption etc.

mit Strafe oder Vergabesperren bedroht (z.B. Südafrika, bei Verdacht

gemäß Section 34 des „Preventing and Combating of Corrupt Activities Act“

2004)

vertragliche Offenlegungspflicht prüfen, z.B. aus Compliance-

Vereinbarungen mit Geschäftspartnern

Taktische Anzeige: Kronzeugenregelungen, Möglichkeit selbständiger

Verfall statt Geldbuße (§ 29a OWiG)

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Verhaltenshinweise bei Durchsuchungen:

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Vorbereitend: Mitarbeiterinstruktionen („Checkliste“);

Bestimmung eines Ansprechpartners im Unternehmen, der

im Fall der Durchsuchung die internen Abläufe koordiniert,

den Kontakt zum Unternehmensanwalt hält, für die

Ermittlungsbeamten erreichbar ist und für die Mitarbeiter

zur Verfügung steht (möglichst kein Mitglied der

Geschäftsleitung)

Polizei, Staatsanwaltschaft oder

Kartellbehörden erscheinen: Ruhe bewahren!

Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss aushändigen

und machen Sie eine Fotokopie;

Kontaktieren Sie Ihren Unternehmensanwalt und

Verteidiger; lassen Sie beiden eine Kopie des Durchsuchungs-

beschlusses per Fax zukommen;

Bitte an die Beamten, bis zum Eintreffen der Anwälte zu

warten;

Ist Presse anwesend?

Während der Durchsuchung: Kontrollieren Sie, dass die Durchsuchung nur im Rahmen

der Anordnungen des Durchsuchungsbeschlusses erfolgt

(kein „fishing expedition“)

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Verhaltenshinweise bei Durchsuchungen:

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Wenn man Sie „befragen“ will: Beschuldigten- oder Zeugenvernehmung?

Belehrung verlangen

Wenn Zeugenbefragung: keine Verpflichtung gegenüber der Polizei auszusagen;

StA: Recht auf Zeugenbeistand, evtl.

Zeugnisverweigerungsrecht?

Warten auf Eintreffen Ihres Verteidigers

Wenn Beschuldigtenvernehmung: Sie haben ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht ;

keine „informellen“ Gespräche führen!

Verlauf der Durchsuchung: unternehmen Sie keinen Versuch, Akten, Dokumente o.ä.

beiseite zu schaffen oder zu vernichten (Verdunkelungsgefahr,

Haftgrund!);

unternehmen Sie keinen Versuch, die Beamten in der

Ausrichtung der Durchsuchung zu beeinflussen

Herausgabe von Unterlagen: keine freiwillige Herausgabe;

auf Beschlagnahme bestehen; Beschlagnahmeverbote

Beendigung der Durchsuchung: Durchsuchungs- und Beschlagnahmeprotokoll prüfen;

Schäden erfassen; Prioritätenliste für wichtige Unterlagen

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VI. Ausgewählte Praxisfragen

Checkliste „Verhalten bei Durchsuchungen“ für Mitarbeiter:

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Sofortige Unterrichtung über Erscheinen von Polizei/Staatsanwaltschaft/Kartellbehörden des

Ansprechpartners/der Geschäftsführung/des Unternehmensanwalts

Bitte an die Durchsuchungsbeamten, mit dem Beginn der Durchsuchung bis zum Eintreffen zumindest

eines der genannten Personen zu warten.

Ohne anwaltlichen Beistand keine Angaben zur Sache, insbesondere keine Auskünfte zu

Betriebsstrukturen, Verantwortlichkeiten u.ä.

Keine Hilfestellung zu Kontaktaufnahme von Durchsuchungsbeamten zu anderen Mitarbeitern

Ohne Zustimmung der Geschäftsführung oder des berufenen Anwalts keine freiwillige Herausgabe von

Unterlagen; auf Beschlagnahme bestehen.

Keinen Versuch des Beiseiteschaffens oder der Vernichtung von Unterlagen: Haftgrund

Verdunkelungsgefahr!

Namentliche Erfassung von zumindest leitenden Durchsuchungsbeamten, wenn möglich, Begleitung bei

Durchsuchung

Keine Interviews an evtl. wartende Presse!

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VII. Fazit

Das Thema Compliance ist auch für den Mittelstand relevant

Compliance ist kein „Klotz am Bein“, sondern führt mittelfristig zu

Wettbewerbsvorteilen

Die Umsetzung ist auf die individuellen Erfordernisse des Unternehmens

„maßgeschneidert“ zu gestalten, z.B. durch „code of conducts“,

Schulungen sowie Whistleblowing

Compliance ist „Chefsache“

…und muss (vor)gelebt werden!

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Oliver Klumparendt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Kaiserstraße 10a Fon 0591.977787.10

49809 Lingen (Ems) Fax 0591.977787.11

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