Customer Experience Forum Magazin 9

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CUSTOMER EXPERIENCE FORUM 9 Das Magazin CX-Forum 9, 6. / 7. November 2013 CSS VERSICHERUNG VON DURCHSCHNITTLICH ZU  GANZ PERSÖNLICH SEITE 3 SWISSCOM DIALOG ZWISCHEN  MANAGERN SEITE 5 SEITE 4 HOCHSCHULE   LUZERN EIN «KPI» FÜR KUNDENZENTRIERUNG INNOFACT & STIMMT KUNDEN VERSTEHEN LOHNT SICH SEITE 8

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Das Customer Experience Forum ist eine Plattform für Macher in Unternehmen, die operativ Kundenorientierungsmassnahmen konzipieren, umsetzen und messen.

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CUSTOMEREXPERIENCEFORUM9Das Magazin

CX-Forum 9, 6. / 7. November 2013

 CSS VERSICHERUNG VON DURCHSCHNITTLICH ZU GANZ PERSÖNLICH

SEITE 3

SWISSCOMDIALOG ZWISCHEN  MANAGERN

SEITE 5

SEITE 4

 HOCHSCHULE  LUZERNEIN «KPI» FÜR KUNDENZENTRIERUNG

 INNOFACT & STIMMTKUNDEN VERSTEHEN LOHNT SICH

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CX-FORUM9

Sämtliche Präsentationen und Impressionen vom CX-Forum 9 und früheren Foren sind auf unserer Webseite einsehbar: www.cx-forum/vergangeneforen

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EDITORIAL

Liebe CX-Experten

Jedes CX-Forum ist ähnlich: Eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten trifft sich, tauscht sich aus und hat eine Menge Spass beim Lernen. Und auch wenn Customer Experience in der Management-Ebene angekommen und längst keine Orchideen-Thematik mehr ist, pflegen wir bewusst unseren lockeren Stil. Noch immer ist es legitim, in Jeans und T-Shirt zum Forum zu kommen und noch immer duzen wir uns an diesen zwei Tagen.

Gleichzeitig ist jedes CX-Forum anders. Immer wieder gab es Neuerungen oder Umgestaltungen – und nicht etwa, weil wir die Teilnehmenden verwirren wollten, sondern weil die Inhalte neue Formen erforderten. Beim neunten Forum beispiels-weise hatten wir gleich drei Keynotes. Die drei Beiträge stehen gleichberechtigt nebeneinander, weil sie jeweils für ihr Thema eine Schlüsselbedeutung haben. Die CSS erklärte, wie sie den Wandel zum kundenorientierten Unternehmen an-gegangen ist (S. 3). Die Swisscom diskutierte auf offener Bühne über Erfolgs- faktoren und Herausforderungen in der Führung auf dem Weg zu konzernweitem Human Centered Design (S. 5). Und die Hochschule Luzern hat einen Customer Centricity Score entwickelt, mit dem auf Basis von Mitarbeiterbefragungen CX messbar und vergleichbar wird (S. 4). Passend dazu konnten Stimmt und Inno- fact in ihrer Fallstudie nachweisen, wie CX den Net Promoter Score (NPS) und die Kaufbereitschaft treibt (S. 8).

Die Themen des neunten Forums zeigen uns exemplarisch, dass für erfolgreiches CX-Management sowohl die Aussen- als auch die Innensicht wichtig sind. Neben der Frage «Was erlebt der Kunde?» geht es auch darum, das Bewusstsein für CX im Unternehmen zu verankern. Die Firmenkultur macht den Unterschied, dabei sind sich alle Experten einig. Die Branche, in der man operiert, ist dabei völlig unerheblich. Stellten anfangs Telkos, Versicherungen und Banken die meisten CX-Pioniere, um sich in gesättigten Märkten zu differenzieren, so gibt es heute Kundenerlebnis-Management auch beim Optiker (S. 17) und beim Hörge- räte-Akustiker (S. 15). Das «Kundenorientierungs-Virus» hat sogar die bisher resis-tente Pharma-Industrie erfasst: UCB Biosciences berichtet über Projekte zu besseren Information von Patienten (S. 18).

Uns bleibt zu hoffen, dass es gegen dieses Virus nie eine Impfung gibt, denn nach wie vor wünschen wir uns, dass die Leserinnen und Leser dieses Magazins sich anstecken lassen von der Begeisterung unserer Community. Die Teilnehmenden des Forums sollen Staub aufwirbeln, wenn sie nach den zwei intensiven Tagen zurück in ihren Unternehmen sind. Und sie sollen den Rückenwind mitnehmen, den das Treffen mit Gleichgesinnten generiert.

INHALTSVERZEICHNIS

3 KEYNOTE CSS VERSICHERUNG

4 KEYNOTE HOCHSCHULE LUZERN

  5  DIALOG ZWISCHEN MANAGERN

7 FALLSTUDIE ERSTE BANK

8 FALLSTUDIE INNOFACT & STIMMT

9 FALLSTUDIE HELSANA

10 IMPRESSIONEN

12 FALLSTUDIE SWISSCOM

13 FALLSTUDIE FH NORDWESTSCHWEIZ

15 FALLSTUDIE CONNECT HEARING

16 FALLSTUDIE BANK LINTH LLB

17 FALLSTUDIE BÄRTSCHI

18 FALLSTUDIE UCB BIOSCIENCES

19 INITIANTEN

Helmut Kazmaier & Frederike BraitingerChristina Taylor & Katja Leu

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KEYNOTE: VON DURCHSCHNITTLICH ZU GANZ PERSÖNLICH — DER WEG DER CSS ZU MEHR KUNDENORIENTIERUNG

VOLKER SCHMIDT, CSS VERSICHERUNG

ERKENNTNISSE

Die Schnittmenge aus Kundenzufriedenheit, Prämien und Rentabilität macht die Konkurrenz­fähigkeit aus.

Zufriedene Kunden bleiben auch bei höheren Prämien treu.

Ohne entsprechende Unternehmenskultur bleibt Kundenzentrierung ein leeres Schlagwort.

Ó  Modell der Konkurrenzfähigkeit

KEY–  NOTE

Von durchschnittlich zu ganz persönlich – der Weg der CSS zu mehr Kundenorientierung

Nach turbulenten Jahren mit einem IT-System-Wechsel, mit Expansi-onsprojekten, der Integration der dazu gekauften Versicherung Intras und einer notwendigen finanziellen Sanierung ging es bei der CSS Versicherung mit der Kundenzufriedenheit bergab. Konzernleitungs-Mitglied Volker Schmidt erklärt, wie das Unternehmen den Kunden wieder in den Mittelpunkt gestellt hat.

Die Konkurrenzfähigkeit einer Krankenversicherung wird massgeblich von zwei Stellschrauben bestimmt: Der Höhe der Prämien (Marktattraktivität) und dem Grad der Kundenzufriedenheit. Beide haben deutlichen Einfluss auf die Rentabilität. Die CSS liegt mit der Höhe der Prämien ungefähr im Schweizer Durchschnitt. Um in einen Preiskampf einzusteigen, sei man zu gross, so Volker Schmidt. Deshalb will sie die Kundenzufrieden-heit steigern. «Denn», so sagt Volker Schmidt, «zufrie-dene Kunden bleiben auch bei höheren Prämien treu».

Mit dem Programm «Fit4C» will sich die Versicherung fit für den Kunden machen. Dabei geht es gleichzeitig um Customer Experience und Prozess-Redesigns. «Die Innensicht bei den Prozessen und die Aussensicht beim CX beeinflussen sich gegenseitig.», so Schmidt. Um zuerst die Innensicht zu systematisieren, erstellte die CSS eine Prozesslandkarte. Diese brachte Transparenz und zeigt nun auf, wer verantwortlich für welche Auf-gabe ist. Zunächst reagierten die Mitarbeiter sehr positiv. Jeder sah ein, dass erstmal Verantwortungen klar sein mussten, wenn man in Sachen Kundenzufrie-denheit etwas bewegen wollte.

Erfolge messen Parallel zu den eingeleiteten Massnahmen wurde konsequent die Kundenorientierung durch einen Customer Experience Management Ansatz etabliert. Die Kundenstimmen wurden in dezidierten Cockpits zusammengefasst. Die Kunden – auf-geteilt in Segmente und Altersgruppen – werden immer wieder nach ihrer Zufriedenheit pro Touchpoint befragt. Auch der Net Promotor Score spielt eine grosse Rolle. «Früher mussten un-sere Mitarbeiter aus ihrer individuellen Innensicht Rechen-schaft über ihren Kundenkontakt ablegen und im System eintragen, nach welcher Zeit die Interaktion abgeschlossen war, also ob sie das definierte Service Level eingehalten haben.», so der Manager, «aber hier sind der Manipulation naturgemäss Tür und Tor geöffnet». Das Häkchen für «das Kundenanliegen wurde innerhalb von 5 Tagen erledigt», ist schnell gesetzt, auch wenn dem unter Umständen gar nicht so ist. Da es entscheidend ist, was beim Kunden ankommt, war es logisch, die Innensicht mit der subjektiven Wahrnehmung des Kunden zu ergänzen. Logisch, aber nicht konfliktfrei: Die Mitarbeitenden wandten ein, dass manch ein Kunde überhaupt nicht beurteilen könne, ob er fachgerecht beraten worden sei. Als dann auch noch herauskam, dass trotz all der Massnahmen die Kundenzufrie-denheit nicht im erwarteten Masse angestiegen war, wuchs die Frustration innerhalb der CSS. «Bringt das überhaupt etwas?» war die vorherrschende Frage.

Der Faktor Mensch«Wir hatten uns um das CX Management und um die Prozesse gekümmert, also die Systematik aufgebaut. Nun brauchten wir aber einen Change in der Organisation, um die Mitarbeiter auf die Reise hin zu einer steigenden Kundenzufriedenheit mitzu-nehmen.», so Volker Schmidt selbstkritisch. Für solche Change-Prozesse gibt es Vorbilder: Das Baseballteam der Red Sox be-kam einen neuen Trainer. Er veränderte nicht nur das Training,

sondern vor allem den Teamgeist. Als Zeichen der Verbunden-heit schworen alle Spieler, sich nicht mehr zu rasieren. Der Vollbart wurde zum Markenzeichen, das auch die Fans mit viel Begeisterung aufnahmen. In der Folge gewann das Team die Meisterschaft. «Menschen müssen emotional abgeholt werden – deshalb haben wir in der CSS neue Führungsgrundsätze aufgestellt.»

Die neuen Methoden«Unsere Führungskräfte fördern und fordern nun die Kunden-fokussierung. Gleichzeitig müssen sie sich gefallen lassen, dass die Mitarbeiter das Verhalten der eigenen Chefs beurteilen.» Als besonders hilfreich für die Motivation hätten sich Kunden-reisen herausgestellt, so Schmidt weiter. Wer selber mal vor-mittags als Kunde im Callcenter anrief, merkte schnell, dass das Service Versprechen von 90 Prozent Erreichbarkeit nicht wirklich erfüllt wurde. Teilweise mehrere Minuten Wartezeit wirkten sich auch nicht gut auf die Zufriedenheit der Anrufer aus. Aufschlussreich war für die Testanrufer, wie sie durch die Institutionen gereicht wurden, bis sie einen kompetenten An-sprechpartner fanden. Für besondere Sensibilisierung sorgte die Aktion, bei der Konzernleiter und Direktionsmitglieder für Retention-Anrufe selbst im Callcenter sassen. Sie lernten nicht nur die Sorgen der Kunden kennen, sondern spürten auch die Herausforderung der Mitarbeitenden am eigenen Leib. Um alle 2600 Angestellten der CSS zu motivieren und mit ins Boot zu holen, liess die Konzernleitung ein humorvolles Schulungs-video erstellen. Anhand des Beispiels eines italienischen Cafés lässt sich leichter verstehen, wie Kleinigkeiten im Kunden-erlebnis sich zu einem grossen Unterschied aufsummieren. Wenn man unbequem sitzt, nützt der beste Kaffee nichts. Wenn man unfreundlich behandelt wird, schmeckt der Kuchen nicht. «Wir haben viele Massnahmen lanciert, um fit für den Kunden zu werden», sagt Volker Schmidt. «Es geht uns nicht um einen grossen Wurf, sondern um den steten Tropfen, der den Stein höhlt. Bis 2018 wollen wir was die Kundenzufriedenheit angeht den Benchmark in unserer Branche setzen.»

Ó VOLKER SCHMIDT Mitglied der Konzernleitung, Leiter Versicherungstechnik & Informatik, CSS Versicherung

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KEY–  NOTE

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Ein «KPI» für Kundenzentrierung

Jeden Tag stimmen Kunden mit den Füssen ab: sie kaufen dort ein, wo das Erlebnis für sie stimmt. Viele Unternehmen haben sich deshalb die Kundenorientierung auf die Fahnen geschrieben und entsprechende Programme gestartet. Doch bis zum allumfassenden 360-Grad-Erlebnis ist es ein weiter Weg. Die Hochschule Luzern hat ein Messinstrument entwickelt, das feststellen hilft, wo man steht und wo es noch hapert.

Ó   PROF. DR. ANDREAS BRANDENBERG   Institutsleiter IKM, 

Hochschule Luzern Wirtschaft

«Es ist wie im Lieblingsrestaurant», sagt Jan-Erik Baars, Leiter der Abteilung Design Management der Hoch-schule Luzern. «Es sind viele Kleinigkeiten, die ein stimmiges Kundenerlebnis ausmachen.» Die ganze Unternehmenskultur müsse auf den Kunden ausge-richtet sein. Eine Ursache für ein mangelndes Kunden-erlebnis hat der Designer im Silodenken ausgemacht. Wenn im Verkauf schon an den Kunden gedacht wird, heisst es noch lange nicht, dass auch in Forschung und Entwicklung, der Beschaffung oder in der Produktion kundenorientiert gearbeitet wird. Auch diese Abteilun-gen haben aber Einfluss auf das Kundenerlebnis, selbst wenn der Kunde keinen direkten Kontakt zu ihnen hat. Man brauche den Blick auf’s Ganze.

«Was der Kunde erlebt, ist nur die Spitze des Eisbergs, quasi das Symptom.», sagt Jan-Erik Baars. «Aber die Ursachen für eine gänzlich kundenzentrierte Organisation liegen viel tiefer.» Daher haben die Wissenschaftler die Hypothese aufgestellt, dass die Gesamtheit der Mitarbeiter der Hebel für erfolgreiche Kundenerlebnisse ist. «Alle sind beteiligt. Unser Customer Centricity Score misst deshalb, welchen Grad der Kundenzen-trierung die Mitarbeiter in ihrer Arbeit verwirklicht sehen.» Ermittelt wird der Score, indem jeder Mitarbeiter seine Ein-schätzung zu Kernfragen abgibt und somit einen Wert erzielt. Die Skala reicht von kunden-avers bis zu -zentriert. Legt man alle Werte aus allen Abteilungen kreisförmig zusammen, be-kommt man ein Ergebnis für die Kundenzentrierung des ge-samten Unternehmens. Das Diagramm wird kaum jemals einen idealen gleichförmigen Kreis zeigen: Es gibt immer Abweichun-gen nach oben und unten. An ihnen erkennt man allerdings, wo man etwas verbessern kann.

Pilotprojekt mit der SwisscomDie Swisscom war das erste Unternehmen, dass den Grad der Durchdringung der Kundenzentrierung hat messen lassen. Wir haben 3000 Mitarbeitende gefragt, woran sie festmachen, dass ihr Unternehmen kundenzentriert ist.», erklärt Andreas Brandenberg. «Anfangs hatten wir hundert Items. Nach der Auswertung der 1100 ausgefüllten Fragebögen konnten wir dreissig Items als besonders wichtig identifizieren – von Kundenwissen über Feedback-Kultur bis zu Empathie.» Hinter jedem der Begriffe stehen konkrete Fragen: «Sind unterschied-liche Sichtweisen gewünscht» und «Gibt es fachlich gemischte Teams» ermitteln zum Beispiel einen Wert für die Diversität des Unternehmens. Aus den dreissig Items wurden acht Fak-toren destilliert, die als Haupttreiber für gute CX gelten: Agi-lität, Wissen, Vermittlung, Offenheit, Befähigung, Vertrauen, Interaktion und Konsequenz. Diese Faktoren wiederum liessen sich clustern: Es geht bei Kundenzentrierung um die Themen Umsetzung, Kultur und Leadership.

Die Entstehung des KPI für Customer CentricityDer Wert für das KPI wird ermittelt, indem man von der Anzahl zustimmender Antworten, zu Fragen wie «Darf man emotional argumentieren?» oder «Wird eine non-konformes Privatleben akzeptiert?», die ablehnenden Antworten abzieht. Somit hat man einen Wert für den Faktor «Kultur» auf der Customer Centricity Skala. Nach Auswertung aller acht Faktoren be-kommt man einen unternehmensweiten Durchschnittswert. «–28» weist auf Kundenduldung hin. «78» wäre schon gute Kundenfokussierung. Es lassen sich aber auch Details ablesen: Zum Beispiel kommt die «78» zustande, weil die Führung eine «80» beisteuert und damit eine «76» der Kultur wettmacht. Die «76» der Kultur wiederum kommt zustande, weil der Teilbereich «Offenheit» nur auf «69» kommt. Das können gute Werte in den Bereichen «Interaktion» und Konsequenz» nicht ausgleichen. Die Zahlen, die bei der Berechnung herauskommen, sind zu-nächst mit Vorsicht zu geniessen. Bei Selbst-Einschätzungen wird mitunter nicht wahrheitsgemäss geantwortet. Das haben die Experten bedacht und ein mathematisches «Wahrheits-serum» eingebaut. Es rechnet gezielt taktische Antworten heraus. Selbstdiagnose als ersten Schritt zur Verbesserung«Anders als beim Zahnarzt braucht man mit dem Tool der HSLU für die Diagnose keinen Fachmann, sondern nur das Wissen der Mitarbeiter.», sagt Andreas Brandenberg. Jan-Erik Baars ergänzt: «Aber genau wie beim Zahnarzt darf man keine Angst vor der Kontrolle haben. Da muss man durch, wenn man sich verbessern will.» Der Score alleine nütze aber noch nichts, warnt er. «Er bildet nur ab, was da ist. Die Organisation muss Lehren daraus ziehen und aktiv handeln.»

Im nächsten Schritt will die HSLU den CCScore bei anderen Unternehmen einsetzen. Dann könnte man Ergebnisse verglei-chen und eine Benchmark für die Maturität von Customer Centricity setzen. Ausserdem wäre für Wissenschaftler wie für Praktiker reizvoll, diesen Key Performance Index mit den an-deren KPIs des Unternehmens in Beziehung zu setzen.

ERKENNTNISSE

Das Kundenerlebnis wird auch von Unternehmens­ teilen beeinflusst, die nicht unmittelbar im Kunden­kontakt stehen.

Kundenzentrierung wird massgeblich von den Themen Umsetzung, Kultur und Leadership getrieben.

Die Mitarbeiter sind der Schlüssel zur Selbstdiagnose.

Ó   JAN-ERIK BAARS   Head of Design Management,

Hochschule Luzern Design & Kunst

KEYNOTE: EIN «KPI» FÜR KUNDENZENTRIERUNG

JAN­ERIK BAARS & PROF. DR. ANDREAS BRANDENBERG, HOCHSCHULE LUZERN

ÓDas Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

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KEY–  NOTE

DIALOG  ZWISCHEN  MANAGERN

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Ó DAMIAN HOSTETTLER Leiter interne Kommunikation Geschäftskundenbereich, SwisscomÓ JÜRG PAULI Leiter Marketing, SwisscomÓCHRISTINA TAYLOR Leiterin Human Centered Design, SwisscomÓRUEDI WIPF  Leiter Customer Experience Design Grosskunden, Swisscom

DIALOG ZWISCHEN MANAGERN: DAS KUNDENERLEBNIS IM ZENTRUM — EINE HERAUSFORDERUNG IN DER FÜHRUNG

JÜRG PAULI, CHRISTINA TAYLOR & RUEDI WIPF

MODERIERT DURCH DAMIAN HOSTETTLER, SWISSCOM

Swisscom ist in Bezug auf Customer Experience (CX) schweizweit führend. Nur wenige Firmen machen sich so viele Gedanken zum Design von Kundenerlebnissen. Innerhalb des Unternehmens hat dieser radikale Fokus einige Veränderungen und Herausforderungen gebracht. Jürg Pauli (Leiter Marketing), Christina Taylor (Leiterin Human Centered Design) und Ruedi Wipf (Leiter Customer Experience Design Grosskunden) diskutierten

– moderiert von Damian Hostettler (Leiter interne Kommunikation Geschäftskundenbereich). Er fragte eingangs nach den Erfahrungen der Teilnehmer mit Human Centered Design.

Jürg: Die Tools, die uns mittlerweile für das Design von Kunden-erlebnissen zur Verfügung stehen, sind faszinierend. Wir müs-sen nichts im Kundenerleben als gegeben hinnehmen, sondern können gezielt steuern, wo es Highlights geben soll und wo wir mit Low-Lights leben können. Früher gab es bei der Swisscom eher ein Produkterlebnis. Historisch gesehen standen Ingeni-eure hinter dem Erfolg. Zuerst gab es jeweils das Produkt, das sie sich ausgedacht hatten, dann wurde es vermarktet. Heute versuchen wir anders herum zu denken: Wir legen fest, was ein Produkt für den Kunden leisten soll, und dann erst wird es entwickelt.

Christina: Das setzt voraus, dass wir zunächst die unausge-sprochenen Bedürfnisse der Kunden sehen müssen. Ich plädiere immer wieder dafür, sich in dieser ersten Phase der Innovation ein paar Tage Zeit zu nehmen. Man braucht mentalen Freiraum und ein Team, in dem Menschen mit unterschiedlichen Blick-winkeln arbeiten.

Ruedi: Für den B2C (Business to Customer) Bereich ist das leicht vorstellbar: Man sieht den Kunden als Zeitungsleser oder Shopbesucher ja quasi ständig vor sich. Aber im B2B-Geschäft (Business to Business) sind sehr viele Individuen auf der Kun-denseite involviert. Unsere Kundenerlebniskette gleicht mehr einem Kundenerlebnisteppich. Der Einkäufer erlebt anderes und hat andere Bedürfnisse als derjenige, der die Rechnung bezahlt.

Damian: Was wäre hilfreich beim Design von Customer Experience? Christina: Der Raum ist ein Erfolgsfaktor. Er bildet die Kulisse für eine andere, offene Denkweise. Wer sich räumlich vom täglichen Geschäft entfernt, kann auch gedanklich neue Wege gehen. Deshalb haben wir das neue ProjectGym geschaffen. Es bietet freie Räume, in dem sich ein Team aus allen Bereichen zusammenfinden kann.

Jürg: Im bereits lancierten Projekt «Natel Infinity» habe ich vor allem darauf geachtet, dass ich im Team Menschen mit unter-schiedlichem Background habe, die unterschiedlich denken. Es gab Kreative und Systematiker – das sorgte für eine spe-zielle Dynamik. Der Kommunikationsfachmann musste eben auch über Preisgestaltung nachdenken. Anfangs war es schwierig, aber später, als er die Agenturen briefen musste, war er im Thema und wusste genau, welche Geschichte wir erzählen wollten.

Ruedi: Im Grosskundenbereich sind die Projektmanager jetzt CX Manager – allerdings oft nur dem Namen nach. Die offene Denkhaltung über Nischen hinweg, das Querdenken, hat sich noch nicht ganz durchgesetzt. Wir haben eine Taskforce auf-gestellt, die mit Human Centered Design Methoden neue mobile Produkte für Grosskunden entwickeln soll. Für das Projekt haben wir Leute aus der Linie herausgenommen und hoffen, dass sie die damit erlebten Erfolgsgeschichten im Unternehmen weitertragen.

Damian: Gibt es denn etwas, was sich durch Human Centered Design im Produkt ändert?Ruedi: Bisher fehlte oft die Einfachheit. Ich bin selbst Ingenieur. Wir neigen dazu, Produkte mit Funktionalität zu überfrachten. Aber was nutzt man denn wirklich bei einer Fernbedienung

mit 40 Knöpfen? Im Endeffekt sind es immer die gleichen 5 Tasten, auf die man drückt. Also: Weniger ist mehr! Das gilt auch für Preispläne. Wir wollen die Kunden nicht länger mit Details überfordern.

Jürg: Es gibt gerade bei Preisplänen zu viele Optionen, weil man in der Vergangenheit versucht hat, allen Kunden gerecht zu werden. Das ist auch für die Mitarbeiter kaum zu handhaben. Wir müssen den Spagat schaffen zwischen individueller Be-treuung und Praktikabilität.

Christina: In jedem Design-Prozess ist anfangs alles offen. Man sammelt alle Ideen. Im Sinne der Einfachheit entscheidet man später und wirft einiges wieder raus. Das braucht Mut und Disziplin. Jemand muss die Verantwortung übernehmen. Im Management, das dafür zuständig ist, sind die Human Centered Design Kompetenzen aber nicht überall gleich gut. Deshalb geht bei der Entscheidung die Kundensicht manchmal verloren. Wir würden uns einiges an Fehlern und Zeit ersparen, wenn die Entscheider auf unsere Design-Fachleute zurückgreifen würden. Auch das kann das ProjectGym leisten.

Damian: Man spart auch einiges an Zeit, wenn man Kunden eine Beta-Version testen lässt. Was haltet ihr davon? Christina: Das geht nicht bei jeder Marke und nicht bei jedem Produkt. Die Beta-Version eines Preisplans zu nutzen, ist un-denkbar. Hier kann ein Menge Vertrauen verspielt werden. Aber wir haben bei der Ausgestaltung unserer Shops mit Prototypen gearbeitet und 16 Versionen getestet, bis wir wirklich zufrieden waren.

Damian: In vielen Unternehmen hört man von der Bremsschicht «Mittleres Management». Die Führungs-ebene will CX, die Mitarbeiter im Kundenkontakt sind schnell dafür, doch die Teamleiter scheinen schwer zu überzeugen. Was tut die Swisscom dafür?Christina: Es ist ein Kulturwechsel. Wir machen Fortbildungen und Coaching. Ausserdem setzen wir auf virale Verbreitung. Wer Erfolgsgeschichten im Kadermeeting weitererzählt, trägt dazu bei.

Jürg: Als besonders wirkungsvoll haben sich Feedbackrunden bei Iterationen herausgestellt. Wir laden Kader ein, unsere Prototypen zu bewerten. Die meisten geben gutes Feedback. Gleichzeitig sind sie einbezogen, lernen die Methoden kennen und können bei Abschluss des Projekts nicht mehr querschlagen, denn ihre Argumente sind ja in den Prozess eingeflossen.

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ERSTEBANK

FALLSTUDIE: ERSTE BANK ÖSTERREICHISCHEN SPARKASSEN

ANDREA BÖHM & JAN SCHÜPBACH

Ideen animieren, projizieren und dann profitieren

Die Erste Bank der österreichischen Sparkassen hat den Schritt nach vorn, an die Kundschaft geplant und gewagt. Im September 2013 wurde das Experiment «s Lab» gestartet. Alle Kunden und Kundinnen wurden animiert und eingeladen, die Zukunft von Erste Bank und Sparkasse online mit zu gestalten. Darüber referierte Andrea Böhm, die Customer Experience Managerin der Bank, zusammen mit Jan Schüpbach, Co-Creation Manager des s Labs.

Mit einer völlig neuen Initiative will man die Kund-schaft direkt und effektiv ansprechen. Nach dem Motto: «Love it, Change it, Leave it!» wurden Kunden und Kundinnen der Erste Bank und Sparkasse in Österreich aufgefordert, ihre Bedürfnisse, Kritik und Verbesse-rungsvorschläge online mitzuteilen. Seit dem Start von s Lab im September 2013 sei die Reaktion und Aktivität sehr rege, anregend und produktiv, finden die Customer Experience Manager.

Die Erste Bank wurde bereits 1819 gegründet und bedient heute mit den Sparkassen 3,2 Millionen Kunden in Österreich. Die Strategie ist abgesteckt: «Wir wollen die Bank der ersten Wahl sein, Beratungs- und Servicequalität bieten, wollen zu-gänglich und transparent sein sowie innovative Bankprodukte anbieten.», verkündete Andrea Böhm die Ziele. Um sie zu erreichen, seien Veränderungen nötig. Und um die Verände-rungen zu schaffen, bräuchte man den Mut, sich auf die Kunden und Kundinnen zuzubewegen. Diesen Mut brachten Manage-ment und Mitarbeitende auf: Die neuste Initiative wurde im September 2013 gestartet. Statt «verweilen und abwarten» hiess es «vorwärts gehen und animieren».

Erste Bank und Sparkasse gingen also in die Offensive. «Wer den Löwen beim Jagen sehen will, geht nicht in den Zoo, son-dern reist in den Dschungel.», beschrieb Referentin Andrea Böhm sehr anschaulich, was hinter der Initiative «s Lab» steckt. Man wolle eben die Kunden verstehen, und sie – der entschei-dende Punkt – aktivieren und mitgestalten lassen. Das An-liegen: Offen auf die Menschen zugehen, ihre Kritikpunkte entgegennehmen, sie einbinden und die Zukunft der Bank gemeinsam gestalten. Kunden sollen an der Produktentwick-lung und -verbesserung aktiv teilnehmen.

Plattform für IdeenmanagementDie verantwortliche Managerin Böhm zeichnet die Entwicklung des Sparkassenlabors «s Lab» nach – vom Ausgangspunkt, der groben Idee, über die Umsetzung bis zu ersten Erfahrungen. Das Ziel war umrissen. Dazu brauchte man eine Online-Platt-form. Wichtig war es, weiss Andrea Böhm, das richtige Team zusammenzustellen – mit Mitarbeitenden aus der Marktfor-schung, aus dem IT-Bereich, aus der digitalen Werbung, dem Community- und Innovationsmanagement. Mit einem Partner aus München wurde die Ideenmanagement-Plattform aufge-baut. Gemeinsam wurde geklärt, wie das Angebot aussehen sollte: Sollte man ausschliesslich über von uns vorgegebene Projekte diskutieren? Oder können auch die User die Themen vorgeben? «Wir haben uns entschlossen, auch offene Beiträge zuzulassen.», berichtete Andrea Böhm. «Wir wollten von Anfang an eine Fülle von Interaktionsmöglichkeiten mit dem s Lab

anbieten. Die User sollten nicht nur mit uns, der Bank, in Kontakt treten, sondern auch untereinander. Die Kommunikation unter den Nutzern sollte gefördert werden.» Ein weiterer wichtiger Punkt betraf die Belohnung oder Honorierung des Engage-ments. «Wir haben uns für einen Gamification-Aspekt entschie-den.», so Andrea Böhm, «so erhalten unsere User Punkte, die freilich nicht für irgendetwas einzulösen sind.» Die Punkte dienen dazu, den Status, das Level der Nutzer anzuzeigen. Es gibt Badges, etwa die ‚Heldin des Monats’. «Wir wollen enga-gierte, initiative, kreative Köpfe. Und die Leute sollen einfach Freude haben, dabei zu sein und mitzugestalten.»

Kreatives Potenzial managenAm Stichdatum 8. Oktober waren bereits 335 User registriert, mit 155 Beiträgen und 154 Kommentaren, am 15. Oktober dann schon 353 User, 175 Kommentare und 184 Kommentare. Das Konzept funktioniert. Der Community-Gedanke ist angenom-men worden, der Austausch ist rege. Viele sind bereit, sich mitzuteilen und auszutauschen. Es ist nun Aufgabe des Customer Experience Managements, das kreative Potenzial und Know-how zu strukturieren und zu kanalisieren, das heisst, User und ihre Beiträge zu managen. Jan Schüpbach – neu installierter Co-Creation Manager des s Labs – setzt den Schlusspunkt: «Die Leute sollen sich verstanden und begleitet fühlen. Wir kommunizieren darüber, wo wir stehen, wohin wir sie mitnehmen und was das Ziel unserer Reise ist. So laden wir die Nutzer und Nutzerinnen nach der Ideengenerierung im s Lab zu Co-Creation Workshops ein. Das Ziel ist es, die Ideen aus dem s Lab sowie jene, die im Workshop direkt entstehen, zu evaluieren und letztlich die Konzepte an unsere internen Designprozesse anzudocken.»

ERKENNTNISSE

«Wer den Löwen beim Jagen sehen will, geht nicht in den Zoo, sondern reist in den Dschungel.»

Die User sollten nicht nur mit der Bank in Kontakt treten, sondern sich auch untereinan­der austauschen.

Man sollte die Kunden verstehen, sie aktivieren und mitgestalten lassen.

Ó  ANDREA BÖHM Customer Experiecnce Manager,

Erste Bank der Österreichischen SparkassenÓDer Mann mit dem Ideen Gebilde.

Ó JAN DIMITRI SCHÜPBACH Co­Creation Manager s Lab,

Erste Bank der Österreichischen Sparkassen

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INNOFACT & STIMMT

FALLSTUDIE: INNOFACT & STIMMT

DR. STEFAN NIEBRÜGGE & DR. STEFAN LEUTHOLD

Kunden verstehen lohnt sich: CX treibt den NPS und die Kaufbereitschaft.

Immer noch stossen überzeugte Verfechter des Customer Experience Manage-ments in den Unternehmen auf Vorbehalte: CX sei zu wenig messbar. «Wir sind doch schon kundenorientiert» und «Der Aufwand lohnt sich nicht», glaubt die Geschäftsleitung. Ausserdem reiche die Erhebung des Net Promoter Score aus. Die promovierten Psychologen Stefan Leuthold und Stefan Niebrügge haben nun aber wissenschaftlich erwiesen, dass die Geschäftsleitung einem Irrglauben aufgesessen ist.

Zusammen mit dem Marktforschungsinstitut INNO-FACT hat die Stimmt in einer für die Schweiz reprä-sentativen Studie die Customer Experience von Ver-sicherungen, Banken, Online-Shops, Telcos und Medienunternehmen untersucht. Dabei traten erstaun-liche Zusammenhänge zwischen CX, NPS und Kauf-bereitschaft zutage.

«Für die Studie haben wir aufgrund der bekannten Bedürfnis-Pyramide von Forrester Research sechs Statements formuliert», erklärt Stefan Leuthold. Das Modell postuliert, dass die Be-dürfnis-Erfüllung die Basis der Kundenzufriedenheit bildet. Die Einfachheit, mit der die Kunden dieses Ziel erreichen, stellt den Mittelbau dar. Die angenehmen Erlebnisse dabei bilden die Spitze. Tausend Befragte sollten angeben, in welchem Grad sie den Statements zustimmen. Sie durften aus den fünf Bran-chen immer dasjenige Unternehmen auswählen, über das sie am besten Auskunft geben konnten. So waren die Forscher in der Lage, zu insgesamt 48 Unternehmen Daten zu CX, dem NPS und der Kaufbereitschaft zu sammeln. Ausserdem wurden demographische Angaben wie Alter, Geschlecht und Dauer der Kundenbeziehung erhoben. «Wir wollten herausfinden, in welcher Wechselbeziehung die drei Messgrössen zueinander stehen», so Leuthold. Mathematisch exakt konnten die Psy-chologen ein populäres Vorurteil nach dem anderen entlarven. «CX ist recht gut genau messbar. Die Werte der untersuchten Schweizer Unternehmen sind alles andere als perfekt. Und am wichtigsten: Eine gute CX zu haben zahlt sich aus.

Gute CX sorgt für guten NPSDie Werte in Bezug auf Kundenerfahrungen schwanken bei den meisten der untersuchten Unternehmen zwischen «ganz okay» und «gut». Kein einziges Unternehmen erreichte ein «hervorragend», dafür waren sechs gerade mal «genügend». «Hätten wir internationale CX Profis wie Apple oder Amazon einbezogen, wäre das Ergebnis sicher anders ausgefallen», so der Stimmt-Partner. «Bei den Schweizer Unternehmen ist eindeutig noch Platz nach oben.» Faszinierend deutlich war die Korrelation zwischen guten Kundenerlebnissen und der Weiterempfehlungsrate. Stefan Leuthold wird energisch: «Wenn ihr etwas im Unternehmen bewirken wollt, wollt ihr sicher Wachstum oder Profitabilität – also wollt ihr den NPS steigern. Und schaut mal, was ein gutes CX bewirkt: Ein Un-ternehmen kann den NPS um 90 Punkte steigern, wenn es seine Customer Experience um einen einzigen Punkt verbes-sert!» Längst nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen

ERKENNTNISSE

CX ist messbar und es ist nachweisslich wirtschaftlich sinnvoll.

Gute Kundenerlebnisse haben einen grossen Einfluss auf die Weiterempfehlungsrate.

Bei der Verbesserung des CX helfen Segmentierung und Customer Journeys

Ó DR. STEFAN LEUTHOLD  Partner, Stimmt    DR. STEFAN NIEBRÜGGE  Vorstand, Innofact

guten NPS Werten und einem guten Wachstum und Profitabi-lität. «Promotoren sind profitablere Kunden als Detraktoren. Also sind Unternehmen mit mehr Promotoren profitabler als Unternehmen mit mehr Detraktoren.» CX sorge für reale Wert-schöpfung. Allein den NPS zu erheben reiche nicht, weil man dann noch nicht wisse, wo man für Verbesserungen genau ansetzen müsse.

Umsetzungstipps vom MarktforscherHat sich ein Management erst einmal zu CX durchgerungen, können die Wissenschaftler noch fundierte Tipps für die Um-setzung eines Programms geben. «Die Kundensegmentierung und die Ausarbeitung von Customer Journeys bilden unstrittig die Basis für ein erfolgreiches CX.», sagt Stefan Niebrügge. Denn nicht jeder Kunde braucht die gleiche Customer Experi-ence. «In einem Schwimmbad gibt es Planscher, Athleten, Wellnesser, Familien und andere Nutzer.», gibt er als Beispiel. «Der Betreiber muss sich überlegen, welche Zielgruppen er bedienen will und welche nicht. Will er expandieren, lohnt auch ein Blick auf die Nicht-Nutzer und die Gründe für ihre Absti-nenz.» Hat man die Gruppen identifiziert, helfen idealtypische Personas, sich die Zielgruppe und ihre Bedürfnisse plastisch vor Augen zu führen. «Auf diese Art kommen wir vom undif-ferenzierten Massenmarketing zum kundenindividuellen Marketing.»

Das immer gleiche VorgehenDie Marktforscher beginnen mit dem Sammeln von Material und lassen auf einem Fragebogen Statements zum Kundener-lebnis bewerten. Diese vielen Statements werden dann mittels Faktorenanalyse geclustert. Dann weiss man genau, welche Statements wie zusammenhängen. Hat man siebzig State-ments, werden daraus vielleicht neun Einstellungsdimensionen oder eben Faktoren. Das können Beschreibungen sein wie «treu» oder «preissensitiv». Kombiniert mit soziodemografi-schen Daten erhält man Typen. Man vergleicht in mehreren Durchgängen die Aussagen und Daten und bekommt Gruppen, zum Beispiel «über 60 Jahre alte Online Shopper, die selten zuhause sind und wenig auf den Preis achten.». Innerhalb der Segmente hat man also Personen, die sich ähnlich verhalten, und die man mit derselben Ansprache und denselben Marke-ting-Massnahmen gewinnen kann. Nach Aussen sind die Segmente klar abgegrenzt. Der Unterschied zwischen den Kundengruppen ist so gross, dass dieselben Angebote kaum überall eine gleich gute Customer Experience bewirken können.

ÓVon den 48 gemessenen Unternehmen ist kein einziges Unternehmen Hervorragend. Die Werte in Bezug auf Kundenerfahrung schwanken bei den Unternehmen, so erreichten lediglich 10 Unternehmen ein Gut, 32 ein OK und 6 Unter­nehmen sind Ungenügend.

Ó Die Regressionsanalyse zeigt den erstaunlich starken Zusammenhang von Customer Experience und Net Promoter Score.

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HELSANABis zum Jahr 2010 war das Thema Social Media bei Helsana ein Tabu. Was, wenn auf der eigenen Facebook-Fanpage etwas zum Thema Einheitskasse gepostet wird? «Nein danke!», lautete der Tenor. Doch dann kam der Herbst 2010 und mit ihm ein massiver Prämienan-stieg. Nichts ging mehr. Der Servicelevel war im Keller, der Kundendienst stark überlastet. Mit den angestamm-ten Strukturen weiterzuarbeiten, konnte nicht die Lösung sein. Doch welche Massnahmen adressiert man, damit das Unternehmen ein Jahr später nicht vor den-selben Herausforderungen steht? Die Konzernleitung erkannte das Problem und leitete für 2011 folgende unkonventionelle Massnahmen ein: Alle Mitarbeiten-den aus dem Konzernbereich Produkte – vom Back-office-Mitarbeitenden bis zum KL-Mitglied (und als Special Guest der CEO) – wurden für zehn Tage zum Dienst im Contactcenter eingesetzt, um die Mitarbei-tenden an der Front zu unterstützen und vom Kunden-kontakt zu lernen. Ein weiteres Zeichen, dass die an-fängliche Skepsis der Geschäftsleitung überwunden wurde: Der Antrag auf Social Media im Rahmen eines moderierten Kunden-helfen-Kunden-Forums wurde angenommen. Die Helsana Community als Multiplika-tor der Customer Experience wurde ins Leben gerufen.

Ein Jahr später wird das Forum noch wenig genutztAls nun ein Jahr später die Versicherungspolicen in den Brief-kästen hunderttausender Kunden eintrafen, erreichten uns die Kunden per Telefon dank der zusätzlichen Ressourcen aus dem Management wieder ohne Wartezeiten. Sie suchten deshalb erst gar nicht nach alternativen Kontaktkanälen wie dem Kundenforum.

Als sich das Unternehmen die Frage stellte, wie die Commu-nity Plattform anders genutzt werden könnte – beispielsweise für gelebte Customer Experience –kam es auf zwei völlig neue Ansätze: Die Schaffung von online-Mehrwerten zu offline-Themen und die Sichtbarmachung von Kundenerlebnissen.

Community bietet MehrwerteDas unausgesprochene Versprechen von Helsana lautet: «Wir begleiten Dich». So engagiert sich die Versicherung beispiels-weise als Sponsor von Sportveranstaltungen wie dem Berner Frauenlauf. Genau dieses mit positiver Energie geladene Engagement bringt Helsana nun in Form von Mehrwerten in die Social Media-Kanäle ein. So steht der Experte, der im Forum praktische Tipps rund um das Thema Laufen postet, den Be-suchern am Sportevent persönlich mit einer kostenlosen Lauf-schuhberatung oder Tipps zu individuellen Lauftechniken zur Verfügung. Die Helsana Trail App für die 120 Trails, welche Helsana in der Schweiz unterhält, wird über alle Kanäle kom-muniziert. Und auch die Nachbetreuung erfolgt via Experten-Blog mit hilfreichen Hinweisen für Laufbegeisterte.

Die Helsana-Family – erlebte Customer ExperienceDie Attiswiler Familie mit den Eltern Michael und Nicole, deren drei Söhnen Oliver (14), Lukas (11) und Felix (6) sowie Cousin Florian (12), Grossvater Ruedi, Grossmutter Johanna, Tante Vreni und Schwiegervater Bernhard ist die vor kurzem ins Leben gerufene Helsana-Family. «Die Familie macht das Thema Customer Experience erlebbar. Obwohl sich zuerst Skepsis gegen zu viel Transparenz regte, dürfen wir die Helsana-Family bereits nach der kurzen Zeit als Erfolgsstory bezeichnen.», so Marco Nierlich. Die Familie besucht Helsana-Events, bloggt im Kundenforum und nimmt an Sportveranstal-tungen teil. «Mit der Familie vernetzten wir Online, Offline,

Social Media, schaffen Mehrwert und ein durchgängiges Kundenerlebnis», sagt Nierlich. Dabei sind die Familienmit-glieder ganz frei in ihren Blog-Themen und der Auswahl ihrer Helsana-Events. Mit der Familie hat Helsana ein sympathi-sches Aushängeschild mit Repräsentanten jeder Altersgruppe gefunden, die ihre Themen und Erfahrungen zu Gesundheit, Freizeit, Sport und Familienleben mit der Community teilen. Gleichzeitig wirkt die Familie nach innen: Wertvolles Feedback zum Krankenkassen-Familien-Alltag wandert direkt von der Familie in den Service und die Produktentwicklung.

FazitMit der Community und den Familienmitgliedern als realen Personae ist es Helsana gelungen, Kunden zu involvieren und Mehrwerte zu transportieren. Die Community ist heute nicht mehr nur dazu da, um den Kundendienst zu unterstützen, sondern um mit relevanten Beiträgen Nutzen zu generieren. Themen, welche Family und Community beschäftigen (wie beispielsweise Feedbacks zu Mailings oder zur Verständlich-keit der Kommunikationsmassnahmen von Helsana), finden sich schon wenig später im Forum wieder. Auch intern wird der Nutzen immer besser erkannt und Helsana-eigene Themen wandern zunehmend direkt in die Community, wie beispiels-weise aktuell das Thema Komplementärmedizin. Und vor allem kann Helsana mit ihrer Family und Community das ganze Jahr über mit positiven Kundenerlebnissen und Touchpoints abseits der Rechnungs- und Prämienwelt punkten.

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Ó   MARCO NIERLICH Projektleiter Bestandesmarketing, Community Manager, Helsana

Ó   Experten liefern praktische Tipps, beispielsweise zur richtigen Bergauf­Lauftechnik oder zum richtigen Laufschuh.

Gelebte und erlebte Customer Experience

FALLSTUDIE: HELSANA

MARCO NIERLICH

Der Kontakt zu Krankenkassen gestaltet sich in der Regel unerfreulich bis buchstäblich schmerzhaft. Rechnungen, Prämienerhöhungen und Schadensfälle dominieren die Kundeninteraktion. Doch es geht auch anders. Helsana suchte nach neuen, positiven Kontaktpunkten. Und wurde nach einigen Hürden und Mutproben auch fündig.

ERKENNTNISSE

Offenheit und Transparenz haben sich bewährt.

Eine Community lebt vom Mehrwert, den sie bietet.

Konkrete Menschen vor Augen zu haben, hilft in der Wirkung nach innen und aussen.

Marathon statt Sprint: Ausdauer und Hartnäckig­

keit zahlen sich aus.

   Social Media? Nein danke! Zu viel Transparenz wollte die Konzernleitung zu Beginn nicht. Heute sind die Community und die Helsana­Family eine Erfolgsgeschichte.

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CX-FORUM: IMPRESSIONEN

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  CHRISTOPH STRZELETZ-IVERTSEN  Human Centered Design Consultant, Swisscom

  MARCO WYTTENBACH   Customer Interaction Designer/Projektleiter, Swisscom

  Serviceunterbrüche — Das Worst Case Szenario für einen Operator.

 Das Ziel: 1 Unterbruch, optimal begleitet und kommuniziert, sowie 1st Time Right Prinzip beim Routertausch.

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SWISSCOM

FALLSTUDIE: SWISSCOM

CHRISTOPH STRZELETZ­IVERTSEN & MARCO WYTTENBACH

Das Baustellen-Erlebnis

Kunde an Technik: «Wir benötigen mehr Bandbreite!» Technik an Kunde: «Wir bauen Dir das Netz der Zukunft!» Und was das bedeutet, lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: Baustelle. Physische Baustelle und Kundenbaustelle. Aber muss eine Baustelle immer etwas Schlechtes sein? Swisscom zeigt, wie man selbst den Telko Worst Case «Dienst ist nicht verfügbar.» in ein positives Kundenerlebnis verwandeln kann.

Was wäre unser Leben ohne unsere Lieblingsspielzeuge! Smartphone, Tablet, TV und Youtube, Voice und Tele-presence, und bitte alles in HD und Stereo. All das erfordert eine Menge Bandbreite – schliesslich nehmen die Anzahl der Endgeräte und die Intensität ihrer Nutzung für Kommunikation und Medienkonsum lau-fend zu.

Nun ist die Swisscom bestrebt, ihr Handeln konsequent an den Kunden auszurichten und deren Bedürfnisse zu verstehen. Deshalb ist es erklärtes Ziel, Kunden eine Best Net Experience zu bieten, die neben dem technischen Angebot von Band-breite noch eine Vielzahl anderer Facetten hat. Der steigende Bedarf an höherer Bandbreite ist dabei eine der Herausforde-rungen. Bewältigt wird sie durch den Ausbau des Glasfaser-netzes und den Einsatz hybrider Technik. Aber Aus- und Umbauarbeiten haben Nebenwirkungen: sie bedeuten Service-unterbrüche! «Wer eine Familie mit pubertierenden Teenagern zu Hause hat, kann erahnen, welche Unannehmlichkeiten warten, wenn es zu mehrfachem Youtube- und Facebook-Entzug kommt,» sagt Christoph Strzeletz-Ivertsen. Eine zweite Herausforderung folgt aus der Bewältigung der ersten: Im Zuge des Technologiewandels zeigte sich, dass bei knapp zehn Prozent der Swisscom Kunden ein Routerwechsel nötig ist, damit sie vom neuen Netz profitieren können. Allein schon die Vorstellung ist für alle nicht-Technik-affinen Anwender ein Gräuel.

Soll-Erlebnis aus Sicht des Kunden Eines war nach der ersten Router-Tauschwelle Ende 2012 klar: Ein längerer Unterbruch ist für die Kunden besser als mehrere kurze Unterbrüche. Swisscom hat deshalb für die zweite Welle im April 2013 die kleinen Unterbrüche zu einem zusam-mengefasst und die Kunden via Brief über die genaue Zeit informiert. Aber was geschieht erfahrungsgemäss mit so einem Brief? Der Kunde liest ihn, entscheidet, dass er für ihn nicht relevant ist und schmeisst ihn weg. Wenn er dann während des Unterbruchs doch zu Hause ist, erinnert er sich garantiert nicht mehr an das Schreiben. Deshalb entschied die Swisscom, den Unterbruch und Routertausch getrennt voneinander zu kommunizieren. Sie schickte zuerst einen eingeschriebenen Brief zum neuen Router. Es folgte das Routerpäckli (ohne Ein-schreiben, damit der Kunde nicht zu Post laufen muss) mit wichtigen Hinweisen. Im Contactcenter wurde ein «Interactive Voice-Response»-Menüpunkt zum Thema Routertausch pro-grammiert, wodurch ein Drittel der Anrufe abgefedert werden konnten.

Einige Kunden mussten an den Routertausch erinnert werden. Zur Motivation schickte Swisscom diesen Kunden eine Schokolade gemeinsam mit dem Reminder zur Motivation. Doch bei der Swisscom sind Vertragsinhaber und Nutzer eher

selten dieselbe Person. Den Brief lesen also meistens Eltern. Die jugendlichen Nutzer bleiben eventuell uninformiert. Deshalb erinnerte die Swisscom ihre Kunden zusätzlich multimedial via Nachrichten auf dem Browser, auf dem TV und/oder mittels SMS. Anschliessend folgte der Reminder, dass der Unterbruch nun tatsächlich stattfinden wird. Wenn es so weit ist und alle Medien abgeschnitten sind, kann es trotzdem sein, dass ver-wunderte Kunden vom Handy aus bei der Swisscom nach-fragen. Für diesen Fall läuft wieder die IVR, dass der Service gerade jetzt unterbrochen ist mit der Info, wann wieder alles funktionieren wird.

Mit Taste & Buy zum ROIDer Routertausch war nachträglich betrachtet der «kleinere» Auftrag – er betraf knapp zehn Prozent der Kunden. Doch von einem Serviceunterbruch sind alle Swisscom Kunden betroffen. Sie werden mit verschiedenen Marketing-Massnahmen über ihre neuen Möglichkeiten im Netz informiert. Eine Option ist hier «Taste & Buy». Der Kunde kann nach dem Unterbruch einfach und ohne Aufwand neue Serviceerlebnisse kennenler-nen und testen. «Statt nur mit Text-getriebenem Marketing zu arbeiten, wollen wir unseren Kunden direkt nach dem Umbau ermöglichen, die Vorteile, von denen wir sprechen, persönlich zu erleben. Sicherlich auch mit dem Ziel, den Kunden für die neuen und erweiterten Produktangebote zu interessieren und zu begeistern», sagt Christoph Strzeletz und spricht den letzten Schritt im Soll-Erlebnis der Kunden im Unterbruchsprozess an.

Wie haben die Kunden reagiert?Swisscom befragte ihre Kunden, wie sie den Routertausch und den Serviceunterbruch erlebt haben. Die Ergebnisse sind er-freulich: Im Vergleich zur ersten Welle im Dezember 2012 haben die Kunden den gesamten Vorgang des Routertauschs als wesentlich einfacher erlebt. Die Einfachheit des Routertauschs korreliert stark mit der erlebten Einfachheit des gesamten Prozesses. Die Schokolade im Erinnerungsschreiben sowie der neue Anleitungsfilm auf den Hilfeseiten wurden ebenfalls mehrheitlich als positiv wahrgenommen.

Das höchste Gut der Swisscom ist das Vertrauen ihre Kunden. Diese sollen den Unterbruch verstehen und nicht im Vertrauen erschüttert werden. Die Kunden in zwei Wellen durch den Prozess zu begleiten, lieferte wichtige Erkenntnisse. «Der Satz ‚der Dienst ist nicht verfügbar’ ist das Schlimmste für einen Operator», so Marco Wyttenbach. «Aber Dank der Informationen versteht und akzeptiert der Kunde den Unterbruch.» Und wer weiss, vielleicht kommt er dank Taste & Buy beim direkten Vergleich auch auf den Geschmack und bestellt ein Upgrade auf sein Abo.

ERKENNTNISSE

Nicht immer den Kunden fragen, was er möchte, sondern konkrete Hand­lungsangebote unterbreiten.

Frühzeitiges Prototyping: Einholen von Feedback zahlt sich aus, da schnelles Lernen möglich wird.

Nicht nur stur Aufträge entgegen nehmen, sondern frühzeitig versuchen zu verstehen, wo die wirklichen Probleme sind.

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FACHHOCH-SCHULE NORDWEST-SCHWEIZ C

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13FALLSTUDIE: FACHHOCHSCHULE NORDWESTSCHWEIZ

PROF. DR. NIKOLINA FUDURIC

Die Geburtsstunde des Wow

Nikolina Fuduric erzählt gerne Geschichten. Das sei ihr kroatisches Erbe, sagt die Amerikanerin, die auf besten Wege ist, sich in der Schweiz einbürgern zu lassen. Aktuell erzählt und sucht die Forscherin Geschichten zum Thema Authentizität. Sie hat die These aufgestellt, dass ein Kundenerlebnis nur dann einen «Wow»-Effekt hat, wenn es von authentischen Mitarbeitern vermittelt wird.

Jeder kann sich das vorstellen: Wenn der Angestellte am Tresen nur deshalb einen schönen Tag wünscht, weil es in seinen Arbeitsvorschriften steht, dann kann man auf den Gruss auch verzichten. Die Mitarbeiter im Kundenkontakt haben es aber wirklich nicht leicht: Um unternehmensweit ein standard-mässig gutes CX zu gewährleisten, haben viele Firmen detail-lierte Handlungsanweisungen herausgegeben. Das Verhalten der Angestellten ist zu einem Differenzierungsmerkmal für die Marke geworden. Aber wie weit dürfen die Vorschriften gehen? Wie soll man gut gelaunt auf die Kunden zugehen, wenn man Kleidung tragen muss, in der man sich nicht wohlfühlt? Wie kann man ordnungsgemäss sympathisch und offen wirken, wenn man von Haus aus nun mal schüchtern ist? Mitunter hat die richtige Person den falschen Job. Und nicht jeder kann gut mit den Anforderungen umgehen: «Manche Angestellte haben sich eine Business-Persönlichkeit geschaffen.», konstatiert Nikolina. «Sie tragen im Geschäft eine Maske und sind nur nach Feierabend sie selber.» «Authentisches Verhalten bleibt dabei logischerweise auf der Strecke.»

Die Unternehmenskultur ist der SchlüsselProfessor Fuduric hat als Beraterin Einblick in die Praxis unter-schiedlichster Unternehmen bekommen. «Im Workshop sind sich die Manager schnell einig, was passieren muss, um die Orientierung auf den Kunden zu verbessern – aber wenn man nach einem halben Jahr wieder dort ist, ist oft nichts davon umgesetzt.» Die Gründe für die Probleme bei der Implemen-tierung seien meist die gleichen. Es geht um Vorbehalte der Mitarbeiter. Sie reichen von «das darf ich nicht» über «das bringt ja doch nichts» bis zu «das geht mich nichts an». «Sehr verbreitet ist auch die Angst vor Fehlern.», so Nikolina Fuduric. «Also tun die Mitarbeiter vorsichtshalber gar nichts.» Einen typischen Fall hat die Professorin bei einer kleinen Firma in

Basel erlebt: «In dem Unternehmen wussten die Chefs durch Customer Journey Analysen genau, wo ihre Probleme lagen. Die Angestellten am Front End aber gaben vor, dass alles reibungslos laufe.» Offenkundig hatten sie Angst vor Verände-rungen. Die Mikrokultur im Unternehmen stimmte nicht. Sie erlaubte den Angestellten nicht, sich authentisch zu verhalten. Es mangelte an Mut. «Nur wenn wir den Mut finden, uns authentisch zu verhalten, brechen wir aus den ‚business as usual’ aus und kommen zu neuen Win-Win-Situationen.», glaubt die Wissenschaftlerin.

Kollektive versus individuelle AuthentizitätWer in einer Organisation arbeitet, muss sich an zahllose im-plizite und explizite Regeln halten. Doch wann sind die Regeln so starr, dass aus der Community quasi eine Sekte wird und die positiven Effekte ins Gegenteil umschlagen? Das will Pro-fessor Fuduric erforschen. Ende 2014 will sie Ergebnisse vor-legen und vielleicht ein Tool für die Messung des Grads der Authentizität zur Verfügung stellen. Damit würde das Thema endlich akademisiert. «Noch steht es weit oben auf der Bedürf-nispyramide, doch ich gehe von der These aus, dass es von grundlegender Wichtigkeit ist.» Ganz von vorne anfangen muss die Wissenschaftlerin nicht. Die bisherige Forschungsliteratur kennt immerhin schon Strategien für die Konstruktion, den Erhalt, die Verstärkung, die Instand-Setzung und den Ausbau von Legitimität im Unternehmen (Beaulieu & Pasquero 2003). «Möglicherweise lassen sich hier Erkenntnisse auf die Authen-tizität übertragen.» Ausserdem haben Yagil und Medler-Liraz 2013 fünf Dimensionen von Authentizität in der Interaktion mit Kunden festgestellt. Demnach gibt es menschliche Eigenschaf-ten, die dem authentischen Service entgegen stehen, es gibt aber auch die Identifikation mit der Aufgabe, die psychologische Autonomie (die durch spontanes Verhalten und Gefühle mal mehr, mal weniger förderlich ist), das ehrliche authentische Verhalten und die Kosten von Authentizität. Wer ganz er selber ist, muss gegebenenfalls mit sozialer Ablehnung, Kontrollver-lust und dem Gefühl der Illoyalität leben. Um die Modelle zu diskutieren und mehr über Authentizität im Customer Service herauszufinden, sucht Professor Fuduric nun noch Fallbei-spiele aus der Praxis.

ERKENNTNISSE

Authentisches Verhalten von Führung und Mitarbei­tern ist unverzichtbar.

Die Unternehmenskultur muss den Mut zur Authen­tizität fördern.

Wir brauchen ein Tool für die Messung des Grads der Authentizität.

In der Theorie findet jeder Kundenorientierung gut. Kein Kunde, kein Manager, kein Mitarbeiter wird sagen, dass es falsch ist, sich auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten. In der Praxis aber tun sich die Unternehmen schwer. Die Umsetzung von kunden orientierten Strategien scheint oft an der organisatorischen Komplexität zu scheitern. Warum, fragt sich Nikolina Fuduric.

Ó   PROF. DR. NIKOLINA FUDURIC Institute for Competiveness & Communication, Fachhochschule Nordwestschweiz

ÓAuthentisches Verhalten trotz Verhaltenskodex und unterschiedlichsten Charaktereigenschaften — eine Herausforderung.

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FALLSTUDIE: CONNECT HEARING

DAVID RESCH

ERKENNTNISSE

800 Millionen Menschen leiden an Hörminderung, aber nur ein Bruchteil davon kann oder will Hörhilfen annehmen.

Eine freundliche Atmos­phäre mit, einem Licht­, Duft­ und Soundkonzept sorgt für Akzeptanz.

Den Kunden annehmen, begeistern und wie einem König begegnen!

Ó DAVID RESCH  Senior Marketing Manager, Connect Hearing

CONNECT HEARINGDer Kunde ist König!

Unter dem Motto «Hear the World» ist Sonova angetreten, das richtige Hören den Menschen schmackhaft und dienlich zu machen. Die Sonova Holding AG ging am 1. August 2007 aus der Phonak Holding AG hervor. Sonova hat eine Initiative entwickelt, den internationalen Markt mit neuem Kunden-Konzept umzugestalten und zu beleben. David Resch, Senior Marketing Manager Connect Hearing, berichtete über seine Erfahrungen.

Mit einer neuen Marketinginitiative ist Sonova angetre-ten, Kunden zu bestärken sich Hörschwächen zu stellen und entsprechende Hörhilfen anzunehmen. «Connect Hearing» heisst die Lösung des POS-Konzepts. Dabei geht es um nichts anderes als um das Wohlbefinden der Kunden, um innovative Überzeugungsarbeit, Hörver-ständnis und Verbesserung.

Die Sonova Holding AG mit Hauptsitz in Stäfa führt die Hör-geräte-Marken Phonak und Unitron sowie Advanced Bionics, ihrerseits bei der Entwicklung moderner Cochlea-Implantate. Die Connect Hearing Group als Servicenetzwerk von Hörge-räteanbietern gehört ebenfalls zum Konzern. Diese international operierende Einzelhandelskette hat sich in ihrem Leitbild vorgenommen, Information, Aufklärung, Screening, Beratung und Unterstützung der Kunden zu verbessern und so die höchstmögliche Kundenzufriedenheit zu erreichen.

Enormes KundenpotentialDas Geschäft mit Hörgeräten floriert: 2012/13 gab es einen Umsatz von 1,8 Milliarden Franken, 100 Millionen mehr als im Vorjahr. Doch auch diese Zahl ist ausbaufähig. Man hat nämlich festgestellt, dass noch ein enormes Kundenpotenzial vorhanden ist. Denn 800 Millionen Menschen – 16 Prozent der Weltbevöl-kerung – leiden an Hörminderung, doch nur ein Bruchteil davon kann oder will bisher Hörhilfen annehmen. Warum nur so wenige? David Resch, Senior Marketing Manager, klärt auf: «61,3 Prozent der Betroffenen meinen, Hörgeräte seien zu teuer. 19,9 Prozent der Leute ist es peinlich, ein Hörgerät zu tragen, und 17,4 Prozent meinen, es nütze wenig und bringe nichts. Dabei werden Hörgeräte von den Krankenkassen unterstützt.» Wenn auch nicht immer komplett, muss man hinzufügen. Kein Wunder also, dass das Durchschnittsalter der Hörgerät-Nutzer 70 Jahre beträgt. «Man sei alt oder werde als alt betrachtet, meinen viele», wusste Resch zu berichten. Diese scheinbar biologische, in Wirklichkeit psychologische Grenze gilt es also zu überschreiten, ist den Marketingexperten klar. Bei einer Umfrage (1137 Befragte mit unversorgtem Hörverlust) gaben 50 Prozent der Leute an, trotz Hörminderung oder -verlust noch keinen Arzt aufgesucht zu haben. Nach der Anpassung eines Geräts sehen die Aussagen anders aus. 237 Hörgerätebesit-zer (49 Prozent) der Altersgruppe 45 bis 64 Jahren gaben zu: «Ich hätte mich viel eher für ein Hörgerät entscheiden sollen.» 36 Prozent meinten gar, dass sich ihr Liebesleben verbessert hätte, seit sie ein Hörgerät tragen. 70 Prozent bestätigten, dass sie beim Sport kein Problem mit dem Hörgerät hätten. Das ist wichtig, denn nicht nur alternde Menschen sind nicht immer ganz Ohr. 665 000 Kinder wurden und werden jährlich mit

Hörleiden geboren. Aufklärung und Hilfe tut not. Die Initiative «Hear the World» wurde von Sonova lanciert, um für das Thema «Hören, Hörminderung und Hörverlust» zu sensibilisieren. Die Kampagne spricht soziale und emotionale Konsequenzen an, informiert über Prävention und Lösungen. In diesem Zusam-menhang wurde die Hear-the- World-Foundation gegründet, eine Stiftung, die die Betroffenen einer Hörminderung und ihre Familien unterstützt.

Den Weg zum Hörgerät erleichternSonova will über «Connect Hearing» Filialen den Kunden den Weg erleichtern ihre Hörprobleme zu lösen, ganz einfach da-durch, dass sie sich in den Räumen wohlfühlen. Insbesondere in den USA habe man grossen Nachholbedarf festgestellt, so David Resch. Viel zu oft glichen die Kabinen bei den Audiologen dort eher einer beängstigenden Kammer als dem einer freund-lichen Praxis. Dem soll abgeholfen werden. «Wir wollen eine freundliche Atmosphäre schaffen mit moderner Technologie, einem eigens entwickelten Licht-, Duft- und Soundkonzept.», referierte David Resch. Man weiss um die Wichtigkeit der Räumlichkeiten. «Wir verbringen 80 Prozent der Zeit mit Bera-tung und das bisher auf engem Raum, auf nur 20 bis 30 Prozent der Ladenfläche. Das muss sich ändern. Wir müssen Kunden annehmen, begeistern und wie einem König begegnen. So können wir sie überzeugen, Hörhilfen anzunehmen und ein Hörgerät zu kaufen.», spricht der Experte Resch. «Der Lobby-raum sollte nur 20 bis 30 Prozent der Fläche ausmachen. In den USA haben wir einen entsprechenden Pilot-Store eingerichtet.» In die Schweiz wird dieses Konzept aber nicht kommen. «Hier sind wir keine eigenständigen Retailer, sondern reine Bera-tungsdienstleister.»

Geschichten erzählenNeben der Hardware – den Stores – spielt auch die Software – der zwischenmenschliche Kontakt – eine Rolle: «Wir müssen den Menschen zuhören, und so haben wir die Aktion ‚Better hearing starts with a story. Tell us yours’ gestartet. Menschen werden ermuntert, ihre wahre Geschichte zu erzählen.» Die Testimonials wirken überzeugend, weil echte Kunden sich dafür zur Verfügung gestellt haben. Lisa Smith ist so eine, die online erzählt, wie sie Besprechungen nur noch mühevoll folgen konnte. Sie ist Naturfreundin, verbringt viel Zeit in der Wildnis unter freiem Himmel. Sie entschied sich für Phonak, ein wasser-resistentes Hörgerät. «Ihre Aussage ist für uns wegen der Authentizität der beste Werbespot.», so David Resch.

ÓDas Umfeld soll helfen Betroffene zu aktivieren.

Ó Echte Kunden geben authentische Testimonials.

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BANK LINTH LLB

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FALLSTUDIE: BANK LINTH LLB

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Einfachheit stiftet Kundennutzen

Ein greifbares Bankprodukt? Eine Flatfee im Banking? Ein Halbtax im Private Banking? Gibt’s nicht? Doch! Die Bank Linth macht das Banking richtig einfach für ihre Kunden. Und will damit aus der Vielfalt der unübersichtlichen Bankenwelt hervorstechen – mit Klarheit, Einfachheit und viel Kundennutzen.

Auch wenn die Bank Linth die grösste Regionalbank der Ostschweiz ist, so ist sie doch in der dichten Schwei-zer Bankenwelt nur eine von vielen. «Die Region ist overbanked. Es gibt mehr als genug Banken. Und diese unterscheiden sich weder in ihren Produkten noch in ihren Kommunikationsbotschaften. Die Auswahl für den Kunden ist also alles andere als einfach.», so Reto Hahn. Deshalb setzte die Bank auf Differenzierung.

«Wir wollen nicht ein Berg sein, sondern der Berg. Wir wollen das Matterhorn der Schweizer Banken werden.» Doch es geht nicht nur um Differenzierung, sondern in erster Linie darum Kundennutzen zu stiften. Um herauszufinden, was für die Kunden zählt, initiierte die Bank Kundenworkshops und fragte nach, wie sie sich positiv von der grauen Bankenlandschaft abheben können. Die Ergebnisse? Verblüffend einfach! Nämlich mit unkomplizierten und intelligenten Lösungen, klarer Sprache und Nähe.

Einfachheit in drei Etappen«Wir arbeiten daran, das Bankgeschäft zu vereinfachen, weil Einfachheit Kundennutzen stiftet.», sagt Reto Hahn. Dazu zählen Zeitersparnis, Klarheit und Komfort. Um die Einfachheit zu kommunizieren, entschied sich die Bank Linth für eine ganz neue Form der Image-Werbung: Statt dauerglücklicher junger Menschen und Segelboot-Sujets setzt die Bank Linth auf sym-pathische und einfache Illustrationen. Doch Imagekommuni-kation ist erst der Anfang. In Etappe 2 geht es darum, einfache Kundenerlebnisse zu schaffen. Mit Organisation, Methodik und cleveren Kopien ist es der Bank Linth gelungen, schnell zur erlebbaren Einfachheit zu gelangen. Die ersten Erfolge liessen nicht lange auf sich warten: Mit einem konkreten Umsetzungs-programm und gezielten Leuchtturmprojekten nähert sich die Bank Schritt für Schritt Richtung Gipfel der Einfachheit.

So einfach wie möglich, aber nicht einfacherSimplify-Techniken halfen der Bank dabei, sich auf das Wesent-liche zu konzentrieren, Unwichtiges zu entfernen, Kompliziertes zu ersetzen. «Wir haben uns neu organisiert. Wir haben die Masse von der Ausnahme getrennt. Man sollte nicht über Spezialfälle diskutieren, sonst wird man nie einfach in den Prozessen oder Produkten.», so Reto Hahn. Auch gegen cleveres Kopieren spricht für den Leiter Produkt- und Vertriebsmanage-ment nichts. «Wir haben aus der Branche rausgeschaut und Bewährtes abgeschaut. Was der Kunde aus anderen Branchen kennt und schätzt, haben wir übernommen.» Dabei muss das richtige Mass an Einfachheit gefunden werden – schliesslich sollen die Kunden nicht das Gefühl haben, die Bank nehme das Thema auf die leichte Schulter. Frei nach Einstein: «Man sollte alles so einfach wie möglich machen, aber nicht ein-facher.» Vier erfolgreiche Leuchtturmprojekte zeigen auf, wie «richtig einfach» richtig gut ankommt.

Richtig einfach Kunde werdenWeil es für den ersten Eindruck keine zweite Chance gibt, widmete sich die Bank dem Anfang der Kundenerlebniskette: dem Eröffnungsprozess. Hierfür hat sich das Unternehmen das liebgewonnene Starterpaket aus der Telekombranche abge-guckt und den Erstkontakt massiv vereinfacht: Kunden erhal-ten ein einfaches Formular mit einem Talon, welcher bereits Kontonummer, IBAN, BIC etc. enthält. Diesen kann der Kunde abtrennen und mitnehmen – Sein Konto ist bereits eröffnet. Den oberen Teil des Formulars füllt der Berater aus und schickt ihn an das Backoffice. «70 Prozent der Eröffnungen funktionie-ren über diesen einfachen Prozess.», so Reto Hahn. Nach dem Besuch bekommt der Kunde das Bank Linth Starterpaket per Briefpost nach Hause geschickt. Es enthält seine Karte, den E-Banking-Zugang sowie die Dokumente für den Kunden, einfach beschriftet und verständlich. Das Ergebnis: Zeiterspar-nis und Komfortgewinn für 1200 Neukunden seit Mitte 2012 und ein greifbares Bankprodukt, das Freude macht.

Halbtax im AnlagegeschäftDass «richtig einfach» auch im Private Banking funktioniert, beweist die neue Gebührenstruktur. An Stelle der mehrseitigen Tarifinfos tritt heute eine einzige übersichtliche Seite, die Klarheit in den Gebührendschungel bringt. Der Kunde wählt wie beim Bahnfahren den Normaltarif, das Dreiviertel- oder Halbtax. Das anlegerfreundliche Abo verkaufte sich seit Januar 2012 über 500 mal und brachte endlich Gebühren-Klarheit für 14 000 Anlagekunden.

Die erste Flatrate im BankingWeil Klarheit ein wesentliches Element von Einfachheit ist, bietet die Bank Linth die erste echte Flatfee im Banking und einen individuellem Zins, den der Kunde selbst, abhängig von seinem Sparguthaben, bestimmen kann. Von der richtig ein-fachen Lösung profitieren seit Mai 2013 bereits 1000 Kunden. Klartext-InitiativeVerständliche und übersichtliche Kundendokumente waren das Ziel der Klartext-Initiative. Aus den AGB wurde alles her-ausgestrichen, was in den letzten 160 Jahren nie eingetroffen ist, oder wo die Bank ohnehin immer kulant ist. Die Schrift wurde vergrössert, weniger Wörter, weniger Zeichen, dafür mehr Absätze sorgen für Verständlichkeit. Die Formalitäten wurden auf das Minimum reduziert. Anstelle von vier Doku-menten – die im übrigen alle viermal erstellt, erklärt, gelesen, verstanden, geprüft und abgelegt werden müssen – tritt neu ein einziges Dokument. Damit fallen 15 000 Formulare pro Jahr weg – zur Freude von Mitarbeitenden und Kunden.

Das Fazit von Reto Hahn: «Es ist nicht einfach, richtig einfach zu sein, aber es lohnt sich!».

ERKENNTNISSE

Schnelle Ergebnisse motivieren zu noch mehr Einfachheit.

Masse und Ausnahme trennen, sonst wird man nie einfach in Prozessen und Produkten.

Clever kopieren: von anderen Branchen lernen und Gutes übernehmen.

Zu Dir oder zu mir? Mit erfrischenden Illustrationen kommuniziert Bank Linth wie einfach Banking sein kann.

Aus vormals 4 Dokumenten wird neu eines — Das spart 15 000 Formulare pro Jahr. 

Ó  RETO HAHN Leiter Vertriebs­ und Produktmanagement, Bank Linth LLB

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BÄRTSCHIBärtschi Optik ist in Bern ein Begriff. Natürlich will man Brillen und Linsen verkaufen, aber nicht umsatz-orientiert, sondern engagiert und begeisternd. Wie kann man Mitarbeitende nachhaltig für Kundenerleb-nisse begeistern, war die Frage. Und Frank Bärtschi hatte einige Antworten parat.

Klar und scharf sehen und dabei gut und modisch aussehen, will jeder – auch wenn er Brillenträger ist. Fachberatungen gibt es zuhauf auf dem Markt. Was kann man tun, um sich gegen-über der Konkurrenz durchzusetzen, sich einen Vorteil zu verschaffen? Das Angebot von Bärtschi Optik in der Berner Altstadt geht über die reine Brillenpräsentation hinaus. Mode und Kosmetik sind ebenfalls Thema. Ausserdem haben die Optiker im August 2013 eine Wohlfühloase für Augenmessun-gen eingerichtet. Das bedeutet: Mehr Aufmerksamkeit für die Augen der Kunden. Einher geht damit eine Art Charme-Offen-sive, die bereits erste Früchte trägt. Bärtschi Optik erhielt 2013 den Internationalen DNEye Award, verliehen von Brillenher-steller Rodenstock. Die High-Performance-Gläser von Roden-stock sind eine Sache. Sie seien die derzeit besten Brillengläser auf der Welt, heisst es. Doch ihre Vermarktung und Vermittlung sind ebenso wichtig. «Hightech allein macht noch keine Kun-den glücklich.», weiss Geschäftsführer Frank Bärtschi. «Denn selbst die beste Technologie ist meistens nur so gut wie die-jenigen, die sie anwenden. Die optimale Lösung für den Kunden steht und fällt mit der Beratung, und hier haben wir offensicht-lich den richtigen Weg eingeschlagen.» Konkret heisst das, es steht immer der Mensch im Zentrum. «Wir halten uns immer vor Augen, dass jeder Mensch einzigartig ist. Nur so können wir die echten Bedürfnisse des einzelnen Kunden herausfiltern und die optimale Lösung finden.»

Begeistert Kunden begeistern!Seit 66 Jahren verschafft das Berner Unternehmen Bärtschi seinen Kunden Durchblick. Natürlich will man vordergründig vor allem Brillen und Linsen an Mann und Frau bringen, aber mit Engagement und Einsatz. Dazu müssen die derzeit 36 Mitarbeitenden für Kundenerlebnisse sensibilisiert werden. Sie sollen begeistert Kunden begeistern. Wie macht man das? Wie impft man das seinen Mitarbeitenden ein? «Das beginnt bereits mit der Mitarbeiterauswahl. Klar, geht es auch bei uns um Leistungsorientierung, aber auch um die persönliche Wirkung und den Einfluss, und am Ende um Kundenserviceorientierung. Dieses Ziel muss jedem klar sein.» Sachkenntnis und Kompe-tenz genügen nicht. Sie sind nur eine Voraussetzung. In der Mitarbeiterführung legt Frank Bärtschi besonderen Wert auf das Vertrauensumfeld, das er gezielt im Unternehmen schafft. «Die Stichworte sind Transparenz – Handlungsraum – Umgang

mit Fehlern.» Das bedeutet: Die Führung muss offensiv agieren und offen sein, über geplante Massnahmen orientieren, die Mitarbeitenden teilnehmen lassen. Dazu führe man zweimal wöchentlich Mikro-Sitzungen individuell für das Personal durch, berichtete Bärtschi, und einmal wöchentlich am Samstag eine Sitzung für alle. So könne man nicht nur Gerüchten und Miss-verständnissen vorbeugen, sondern auch die interne Kommu-nikation konstruktiv beeinflussen und interne Abläufe opti-mieren. Fairness gegenüber den Angestellten spielt für den Optiker auch eine grosse Rolle. «Wir wollen gemeinsam Berge versetzen, da müssen auch der Lohn und die Life/Work Balance stimmen.» Der Einzelne darf sich weder ausgenutzt noch über-lastet fühlen.

Konstruktive KontrolleDem Coaching, internen Schulungen und Weiterbildungen kommen auf dem Weg zur Kundenorientierung grundlegende Bedeutung zu. «Die Führung muss Spuren legen. Aber Projekte und Ziele sowie die Strategie müssen selbst erarbeitet werden. Wir fragen die Mitarbeiter: Was sind die wirklich guten Ideen? Was schlagen Sie vor?» So könnten Mitarbeitende einbezogen, begeistert und motiviert werden.

Trotz des erwähnten Vertrauensumfelds kommt auch Bärtschi Optik nicht ohne Kontrolle und Kritik aus. Der Begriff ‚Kontrolle’ möge ja negativ besetzt sein, räumt der Unternehmer ein, «Aber die Frage ist doch: Wie übt man sie aus, wie setzt man Kritik positiv um. Man kann kontrollieren, um zu loben», verrät Frank Bärtschi, der mit Feuer und Flamme für offene konstruktive Kommunikation einsetzt. «Man muss das Ganze betrachten. Also, wenn dies oder das angesprochen wird, muss man han-deln. Es muss ein DANN und nicht ein ABER folgen.» Wichtig seien Echtheit, Ehrlichkeit, Einsatz.

Wer Frank Bärtschis feurigen Ausführungen folgt und seine Firmen-Performance erlebt, lässt sich anstecken. Er wirkt authentisch. Sein Erfolgsrezept lautet: Begeisterung aus Über-zeugung ist ansteckend und begeistert. «Zeit einsetzen, lohnt sich. Und am Ende gewinnen alle.» Die Firmenphilosophie wird gelebt und umgesetzt. Dann kann nicht einmal die tägliche Routine zu einem Nachlassen der Bemühungen führen: «Wer begeistert ist, lässt sich vom Alltag nicht einlullen, geht moti-viert auf den Kunden zu und spult nicht nur sein Pensum ab.»

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Begeisterung für den Durchblick

FALLSTUDIE: BÄRTSCHI OPTIK

FRANK BÄRTSCHI

Das Familienunternehmen Bärtschi Optik hat sich auf die Fahnen geschrieben, nicht nur fachlich und persönlich zu orientieren und beraten, sondern auch Kunden zu begeistern. Dazu wurde an der Zeitglockenlaube in Bern im Sommer 2013 eine Wohlfühloase für Augenmessungen eröffnet und gleichzeitig eine Charme- Offensive angeschoben. Mitinhaber und Geschäftsführer Frank Bärtschi berichtete über Hintergründe, Motivationsstrategie und Umsetzung.

ERKENNTNISSE

Begeistert Kunden nachhaltig begeistern.

Wir müssen Kunden annehmen, begeistern und wie einem König begegnen.

Die beste Technologie ist meistens nur so gut wie diejenigen, die sie anwenden.

Ó  FRANK BÄRTSCHI  Mitinhaber und Geschäftsführer, Bärtschi Optik

Ó Interne Abläufe optimieren:   Mitarbeiter begeistern, Weichen stellen

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UCB BIOSCIENCES

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FALLSTUDIE: UCB BIOSCIENCES

UTE CONRADI

Wege entstehen im Gehen

Wer an Parkinson leidet, fühlt sich – wie eine Patientin einmal erklärte – «wie hinter einer Plexiglasscheibe», selbst in jenen Stunden des Tages, in denen Medikamente die Symptome unterdrücken. Für diese Patienten sucht UCB neue Behandlungsalternativen. Wenn die Wissenschaftler etwas Vielversprechendes gefunden haben, muss ein Pharmaunternehmen in klinischen Studien die Wirksamkeit der neuen Medikamente nachweisen. Patienten, die an solchen Studien teilnehmen wollen, müssen vorher eine Einverständniserklä-rung unterschreiben. «Diese hat UCB jetzt patientenfreundlicher gestaltet.», wie Ute Conradi berichtet.

Ein Pharmaunternehmen sucht sich seine Studienteil-nehmer nicht selber aus. Es sind die Ärzte, die ihre Patienten fragen, ob sie Interesse an der Teilnahme haben. «Parkinson-Patienten haben manchmal nur ein paar gute Stunden am Tag. Wenn wir sie bitten, zusätz-liche Untersuchungen über sich ergehen zu lassen und für uns Fragebögen auszufüllen, müssen wir uns be-wusst sein, wie kostbar diese Zeit für die Patienten ist.», so Ute Conradi. Im Gegenzug bekommen diese Menschen die vage Hoffnung, dass es ihnen mit dem neuen Präparat besser geht als bisher und sie intensiver von ihrem Arzt betreut werden. «Aber auch Altruismus ist oft eine Triebfeder zur Teilnahme – nach dem Motto: Wenn es mir nicht hilft, so hilft es dann doch vielleicht anderen.», erzählt die Leiterin des Creative Lab, in dem bei UCB innovative Lösungen entwickelt werden.

Nun hätte die Pharmaindustrie jeden Grund, den Studienteil-nehmern Wertschätzung entgegen zu bringen, doch die Verant-wortlichen dürfen nach gesetzlichen Bestimmungen keinerlei Kontakt zu den Menschen haben. Sie werden wegen der strikten Neutralität zu einer anonymen Nummer. Doch an einer Stelle haben die Forscher die Gelegenheit, Patienten direkt anzuspre-chen: sie müssen eine Patienten-Einverständnis-Erklärung verfassen. In diesem sogenannten «Informed Consent» werden potentielle Teilnehmer mit allen entscheidungsrelevanten In-formationen über die Studie versorgt. Üblicherweise ist dieses Dokument ein juristisch korrekt formuliertes Formular, das den Ansprüchen von Wissenschaftlern genügt. «Unser Creative Lab hat die Aufgabe bekommen, ein Fenster im Elfenbeinturm zu öffnen: Wir sollten die Patientensicht in diesen Entscheidungs-prozess einbringen.», sagt Ute Conradi. Dazu befragte das Creative-Lab-Team Patienten, Ärzte und Angehörige. «Die meisten waren erfreut, gefragt zu werden. Wir mussten nur zuhören.» So wurde auch die Idee, die Einverständniserklärung über einen Tablet-PC abzuwickeln, schnell beerdigt. Ganz unterschiedliche Argumente von Patienten und Ärzten führten dazu, uns auf wichtigere Veränderungen im Entscheidungs-prozess zu konzentrieren.», fügt Ute Conradi weiter an. Das Verfahren war sehr aufschlussreich: «Wir haben daran gemerkt, dass wir keine Ahnung von den wahren Patientenbedürfnissen haben.»

Eintauchen in die fremde WeltDas Creative Lab organisierte einen Workshop mit Patienten und Mitarbeitern aus verschiedenen Unternehmensbereichen. Ganz bewusst wurde dabei die «ja, aber»-Mauer ausgeblendet, die bisher häufig Kreativität ausgebremst hatte. «Natürlich gibt es Restriktionen durch Regularien, durch behördliche Geneh-migungen, aber die haben wir in der ersten Phase einfach durch die Fokussierung auf die Patientenbedürfnisse ausge-blendet.» Die Entwickler hörten von den Patienten, dass sie beim konventionellen Formular oft schon Probleme beim Um-blättern hatten. Ein gebundenes Dokument wäre hilfreich. Doch auch der Inhalt des «Informed Consent» war reformbe-dürftig. Einige Leser hatten Schwierigkeiten, sich auf den komplizierten Text zu konzentrieren. Andere reagierten mit Zynismus auf das Amtsdeutsch, in denen die Sätze formuliert waren. Gemeinsam schufen die Workshop-Teilnehmer zwei Prototypen. Inspiriert von den Anleitungen für Gesellschafts-spiele versuchten sie in einer neuen Broschüre, der «Hilfe-stellung zur Entscheidungsfindung», die notwendigen Infor-mationen so zu präsentieren, dass man sie schnell versteht. Dieses Heft kann der Arzt nun dem Patienten aushändigen. Wenn dieser sich dann für die Studie anmelden will, bekommt er ein offizielles Dokument, das aber aus dem früheren Amts-deutsch in Alltagssprache übersetzt wurde.

Skepsis in der Linie«Sechs Wochen haben wir uns für das Prototyping genommen und dann im Unternehmen die Ergebnisse vorgestellt.», erzählt Ute Conradi. «Die Lösung begeisterte, aber bei vielen blieb auch eine gewisse Skepsis.» «Das kriegt ihr nie durch die Be-hörden.» war der Tenor. Doch der Erfolg strafte die Skeptiker Lügen: Sowohl in Deutschland als auch in den USA wurden die neuen Dokumente von den jeweiligen Behörden genehmigt. Ein wichtiger Schritt! Als nächstes nimmt sich das Creative Lab die Beipackzettel vor. Auch hier ist einiges zu tun.

ERKENNTNISSE

Patienten sind auch Menschen und wollen als solche wahrgenommen werden.

Patienten bei der Entwicklung von Produkten einzubeziehen bringt Wettbewerbsvorteile.

Die Pharmaindustrie muss umdenken, denn die Patienten fordern mittlerweile Kundenorientierung.

Ó UTE CONRADI Senior Director, Head of the Biodevelopment

Creative LAB, UCB Biosciences

Ó Traditionell orientierte Manager in der Pharmaindustrie mussten erst lernen, auf die Patienten zu hören.

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INITIANTEN

Stimmt & Swisscom – die Initianten

ZEITFÜR EINEBILANZ

2009 haben Swisscom und Stimmt das Customer Expe-rience Forum begründet. Aus einer kleinen Gesprächs-runde wurde eine Grossveranstaltung, an der im Laufe der Zeit CX-Experten aus rund neunzig Organisationen ihr Wissen geteilt haben. Nun – neun Foren später – ziehen die Gründer Bilanz und planen die Zukunft. Das Forum in seiner bisherigen Form wird es nicht mehr geben. Stattdessen planen sowohl Swisscom als auch Stimmt neue Formate. Christina Taylor, Leiterin Human Centered Design bei der Swisscom, und Helmut Kaz-maier, Partner von Stimmt, lassen die vergangenen Erlebnisse Revue passieren:

Christina: Eines meiner persönlichen Highlights ist immer noch das erste Forum. Wir hatten einen Teil der Geschäfts-leitung dazu eingeladen und haben mit den Teilnehmern eine Art Speeddating gemacht. Keiner wusste, was dabei auf ihn zukommt, aber alle waren mit Feuereifer dabei. Es gab so viel Energie und Schwung. Hier kamen Steine ins Rollen, die zu einer neuen Denkweise und einer neuen Führungskultur bei-getragen haben.

Ein anderes Highlight habe ich gerade beim letzten Forum erlebt. Ein Mitarbeiter kam dadurch auf die Idee, die Ge-sprächsführung mit Swisscom-Geschäftskunden von Grund auf zu reformieren. Er hatte schon konkrete Pläne, hat sie in Kurzform an die Geschäftsleitung gebracht und damit offenen Türen eingerannt. Jetzt kann er sie umsetzen: Aus unseren technik-begeisterten Verkäufern werden kundenorientierte Problemlöser. Ohne den Drive, den der Einzelne aus dem Forum mitgebracht hat, hätten wir für diesen Kulturwechsel länger gebraucht.

Im Ganzen haben wir mit dem Forum viel bewirkt. Swisscom-intern konnten wir viele Kompetenzen aufbauen und weiter-entwickeln. Und in der Aussenwirkung haben wir den guten Ruf der Swisscom im deutschsprachigen Raum gefestigt.

Helmut: Die Ursprungsidee des Forums «Share, Engage, Connect, Experience» hat sich bewährt. Niemand hat sich bei uns berieseln lassen, sondern musste aktiv teilnehmen. Man sollte eigene Erfahrungen vermitteln und durfte gleichzeitig von den Erfahrungen der anderen profitieren. Das hat in zwei Fällen geradezu exemplarisch geklappt. Sowohl von der Ergo-Versicherung als auch von Phonak/Sonova waren Teilnehmerin-nen dabei, die bei ihrem ersten Besuch viel gelernt haben und in ihren Organisationen – mit grossen wirtschaftlichen Aus-wirkungen – viel bewirkt haben. Bei ihrem zweiten Besuch als

Referenten konnten sie viel weitergeben, vor allem auch den Beweis, dass CX für Unternehmen einen realen, messbaren Wertzuwachs ermöglicht.

Unabhängig von solchen Einzel-Erlebnissen bin ich stolz, dass wir mit dem Forum dazu beigetragen haben, den CX-Gedanken ins Bewusstsein vieler Akteure zu bringen. Niemand geht heute noch davon aus, dass Kundenerlebnis-Management ein kurz-fristiger Hype ist, für den sich nur Schöngeister interessieren. Ausserdem haben wir auch die Methodik gelehrt. Jeder, der mit dem Thema befasst ist, kennt inzwischen Arbeitsmittel wie die Kundenerlebniskette oder ist von der Zentrierung auf den Kunden überzeugt.

Die Bilanz fällt also eindeutig positiv aus. Ausserdem gilt das CX-Forum als wichtigste deutschsprachige Ver-anstaltung zu Customer Experience. Warum wird es trotzdem keine Neu-Auflage geben?Helmut: Wir haben eine gewisse Sättigung erreicht. Den «alten Hasen» können wir nichts Neues mehr bieten, ohne dabei New-comer zu überfordern. Das Thema «CX» ist inzwischen so er-wachsen, dass es unterschiedliche Interessengruppen gibt. Mit einem Forum können wir nicht allen gerecht werden. Also hat sich Stimmt entschlossen, für die Geschäftsleitungsebene einen «Executive Circle» aufzubauen, in dem in anderer Flughöhe über das Thema diskutiert wird. Für das traditionelle Forums-Publi-kum gibt es den «Practitioner Circle», bei dem Praktiker ihre Erfahrungen austauschen und dazu lernen. Und dann bieten wir noch die «CX-Practice-Days» als intensives Training an. Für Stimmt geht es also breit weiter.

Christina: Wir haben – wie immer im Human Centered Design – mit unseren Kunden gesprochen, also mit den internen Forums-Teilnehmern. Deshalb wissen wir, dass wir uns weiterentwickeln müssen. «CX» als Thema bleibt der Swisscom selbstverständlich erhalten, aber zukünfig eben in anderer Form. Wir erarbeiten gerade ein neues Format und werden die Community auf «http://www.cx-forum.ch» auf dem Laufenden halten. Ich bin sehr dankbar für die offenen Gespräche, die ich in der Vergangenheit mit Gleichgesinnten auf dem Forum habe führen dürfen. Das möchte ich auch in Zukunft nicht missen.

Ó  HELMUT KAZMAIER   CX­Forum Initiant

Partner, Stimmt

Ó  CHRISTINA TAYLOR   Leiterin Human Centered

Design, Swisscom

In diesem Sinn: Von Seiten aller Organisatoren ein herzliches Dankeschön an die Community! Wir werden uns sicher nicht aus den Augen verlieren.

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IMPRESSUM

HERAUSGEBERCX­Forum www.cx­forum.ch

KONZEPT UND REDAKTIONFrederike Braitinger, Stimmt www.stimmt.ch

Inka Grabowsky, Customer Competencies www.customer­competencies.ch

TEXTInka Grabowsky, Claudia Gabler, Rolf Breiner

FOTOGRAFIESteffen Böttcher www.derstilpirat.de

CX­Forum Team

GESTALTUNG UND REALISATIONEclat, Erlenbach ZH www.eclat.ch