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Cynthia Arnold VOM DIAGRAMM ZUM TEXT: MEDIAL TRANSFORMIERENDES SCHREIBEN Eine empirische Studie zu Transformationsprozessen in materialgestützten Schreibsettings Kognitionspsychologie Text-Bild-Integration Lese- und Schreib- prozesse bzgl. multi- modaler Materialien Bildwissenschaften Multimodalität Visual Literacy Diagrammatik Text-Bild-Relationen Linguistik & Sprachdidaktik sprachliche Handlungsfelder des Beschreibens, Vergleichens & Interpretierens prozessorientierte Schreibdidaktik Konzept der Textprozeduren Beispiel (siehe Kreis) : Transformationsprozesse Transkription (Jäger 2002, 2012) Transkodierung (Stöckl 2010: 6) Transformation (Raczkowsky 2006, Feilke 2017, Gogan 2017) Textrezeption Textproduktion Abb.: In der Forschung verwendete Begriffe zum Beschreiben mentaler Pro- zesse an der Schnittstelle zwischen Textrezeption und Textproduktion. Interdisziplinärer Ansatz Eingebettet in ein situiertes Schreibsetting wird auf Grundlage von verschiedenen polytextuellen und multimodalen Materialien ein Schreibauftrag bearbeitet. Dabei wird das zuvor erschlossene Material hinsichtlich des Schreibziels und Adressaten synthetisiert und in einen kohärenten Fließtext überführt. Es können Teilprozesse fokussiert werden, sodass einzelne Teilkompetenzen wie das Lesen von diskontinuierlichen Texten oder auch das Versprachlichen von Bildinformationen und thematischen Zusammenhängen gefördert werden können. 1. Theoretischer Hintergrund Materialgestütztes Schreiben 2. Forschungsfragen Wie transformieren die Schülerinnen und Schüler diskontinuierliche Texte in ihren Zieltext? SPRACHLICHE TRANSFORMATIONS- PROZESSE Beschreiben, Vergleichen, Interpretieren LESEN & VERSTEHEN propositionaler Gehalt Wie wird der propositionale Gehalt diskonti- nuierlicher Texte in beschreibende und interpre- tierende Äußerungen transformiert und in die eigene Darstellung integriert (vgl. Feilke 2017)? Welche Textprozeduren werden für die Trans- formation verwendet? Was sind zentrale Hand- lungsschemata und Prozedurenausdrücke (vgl. Feilke/Bachmann 2014)? Laborsetting: material- gestützte Schreibaufgabe; kooperatives Schreiben (2 SuS), computer- gestützte Textproduktion Screen Capturing, Smart Pen; Videographie 3. Untersuchungsdesign der Hauptstudie retrospektives, leitfadengestütztes Interview mit Videokonfrontation (Einzelgespräch) Unterrichts- & z.T. Labor- setting (s. Prozessdaten): Bearbeitung einer material- gestützten Schreibaufgabe in Schreibtandems (kooperatives Schreiben) Triangulation Schülerinnen und Schüler der Q1-Phase (Fach: Deutsch) Produktdaten (Textkorpus) 2 Kurse (ca. 40–50 Texte) Prozessdaten (Schreibprozessvideo & Videokonfrontation) ca. 5–6 Schreibtandems Stichprobe der Hauptuntersuchung: (Durchführung Sommer 2019) Prozessdaten I Prozessdaten II Produktdaten Pre-Test: Erhebung: Auswertung: qualitativ-inhaltsanalytisch mit textprozeduralem Fokus Lesekompetenz „diskontinuierliche Texte” 4. Auszüge aus den Daten der Pilotstudie Studierende B. Ed. (Deutsch) Produktdaten (Textkorpus) 60 Texte (Einzelarbeit) 3 Texte (Schreibtandems) Prozessdaten (Schreibprozessvideo & Videokonfrontation) 3 Schreibtandems Stichprobe Schreibauftrag Begrüßungsvortrag zum Thema "Warum lesen wir? Zum Sinn und Zweck von Literatur" (aus: Feilke et al. 2016: 232–241) Materialien M1, M3, M6: Zeitungsartikel, M2: Interview, M4: 2 Diagramme (JIM-Studie), M5: Aphorismen, M7: Zeichnung) Untersuchungsfokus Transformationsprozesse im Umgang mit M4 In den Aushandlungsprozessen der Schreibenden zeigt sich, dass bereits bei der Erschließung des stark ver- dichteten Gehalts der diskontinuierlichen Materialien Schwierigkeiten entstehen: Die Schreibenden sind mit der Komplexität der ihnen vorliegenden Materialien zunächst überfordert. Außerdem sind sie sich nicht einig über den propositionalen Gehalt der diskontinuier- lichen Materialien. Dies ist aber die Voraussetzung für die sprachliche Transformation. Beim Formulieren wird deutlich, dass die Schreibenden auf typische Textprozeduren der sprachlichen Trans- formation (Beschreiben und Interpretieren) zurück- greifen. Der Aushandlungsprozess selbst gestaltet sich sehr zeitintensiv. Wie auch bereits in anderen Untersuchungen fest- gestellt (vgl. Bergmann et al. 2018, i. E.; Schüler 2017, 2018; Philipp 2018) , zeigt sich in der Pilotierung, dass die Synthese der Materialien – sowohl auf inhaltlicher als auch auf ausdrucksseitiger Ebene – eine besondere Herausforderung darstellt. Im retrospektiven Interview wird zudem deutlich, dass der Großteil der Schreibenden den diskontinuierlichen Texten gegenüber zunächst voreingenommen und ab- lehnend eingestellt ist. Für die Hauptstudie ergibt sich daraus die Frage, inwiefern Einstellungen und Über- zeugungen der Schreibenden Einfluss auf die Trans- formationsprozesse haben und ob diese entsprechend erhoben werden sollten. Text- rezeption Text- produktion Synthese- leistung 5. Erste Ergebnisse der Pilotstudie 6. Literatur Bergmann, Björn/Lehnen, Katrin/Rezat, Sara (2018, i. E.): Bewertung materialgestützten Schreibens. Prozess- und Produktperspektive. In: Feilke, H./Lehnen, K./Rezat, S./Steinmetz, M. (Hrsg.): Materialgestütztes Schreiben – Erfahrungen aus der Praxis und Perspektiven der Forschung. Stuttgart: Fillibach bei Klett. Feilke, Helmuth (2017): Eine neue Aufgabe für das Fach Deutsch: Zusammenhänge herstellen – materialgestützt schreiben. In: Didaktik Deutsch, 43, 4–11. Feilke, Helmuth/Bachmann, Jürgen (Hrsg.) (2014): Werkzeuge des Schreibens. Beiträge zu einer Didaktik der Textprozeduren. Stuttgart: Fillibach bei Klett. Feilke, Helmuth/Lehnen, Katrin/Rezat, Sara/Steinmetz, Michael (2016): Materialgestütztes Schreiben lernen. Grundlagen – Aufgaben – Materialien. Sekundarstufen I und II. Braunschweig: Schroedel. Gogan, Brian (2017): Reading as Transformation. In: Horning, A. S./Gollnitz, D.-L./Haller, C. R. (Hrsg.): What is college reading? Fort Collins, Colorado, Boulder, Colorado: WAC Clearinghouse; University Press of Colorado, 41–56. Jäger, Ludwig (2002): Transkriptivität. Zur medialen Logik der kulturellen Semantik. In: Jäger, L./Stanizek, G. (Hrsg.): Transkribieren Medien, Lektüre. München: Fink, 19–41. Jäger, Ludwig (2012): Transkription. In: Bartz, C./Jäger, L./Krause, M./Linz, E. (Hrsg.): Handbuch der Mediologie. Signaturen des Medialen. München: Fink, 306–315. Philipp, Maik (2018): Lesekompetenz bei multiplen Texten. Grundlagen, Prozesse, Didaktik. Tübingen: Narr Francke. Raczkowsky, Bernd (2006): Anregungen zum Umgang mit diskontinuierlichen Texten. In: Gaiser, G./Münchenbach, S. (Hrsg.): Leselust dank Lesekompetenz. Leseerziehung als fächerübergreifende Aufgabe. Donauwörth: Auer, 198–206. Schüler, Lisa (2017): Materialgestütztes Schreiben argumentierender Texte. Untersuchungen zu einem neuen wissenschaftspropädeutischen Aufgabentyp in der Oberstufe Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. Schüler, Lisa (2018): Wissenschaftlich argumentieren lernen durch Materialgestütztes Schreiben. In: Schmölzer-Eibinger, S./Bushati, B./Ebnder, C./Niederdorfer, L. (Hrsg.): Wissenschaftliches Schreiben lehren und lernen. Diagnose und Förderung wissenschaftlicher Textkompetenz in Schule und Universität. Münster: Waxmann, 145–169. Stöckl, Hartmut (2010): Transkodierung und Metamorphose – Neue/Alte Aufgaben für eine medien- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Linguistik und Literaturwissenschaft: Zur Einführung. In: Stöckl, H. (Hrsg.): Mediale Transkodierungen. Metamorphosen zwischen Sprache, Bild und Ton. Heidelberg: Winter, 1–17. Kategorienbildung für verwendete Text- prozeduren in den Prozess- & Produktdaten Generierung geeigneter Kriterien zur Beurteilung der Textprodukte und des kooperativen Schreib- gesprächs hinsichtlich Erschließung und Integra- tion der diskontinuierlichen Texte Ziel: Aufzeigen der bei der Rezeption & Integra- tion ablaufenden Transformationsprozesse und der dabei verwendeten Textprozeduren Weiteres Vorgehen Weitere Überlegung: Kontakt Cynthia Arnold Germanistische Sprachdidaktik Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft Universität Paderborn E-Mail: [email protected] Für weitere Transkripte aus der Pilotstudie, auch aus den Konfrontationen der Studieren- den mit ihrem eigenen Schreib- prozessvideo, scannen Sie bitte den QR-Code. Transkriptauszug Gespräch (Schreibprozess), Tandem 1 18 A: während achtundachzig prozent (2.0) der jugendlichen das INTERnet nutzen (.) nur etwa 19 B: <<tippt für ca. 6 Sek.>> ich SCHREIB erstmal [einfach (unverständlich)] A: [hm_hm (.) ja] B: während achtundachzig prozent der <<guckt auf untere Grafik M4, Finger an der Tastatur> JUgendlichen> 1.8)> <führt die rechte Hand von der Tastatur zur unteren Grafik von M4> ist das in prozentangabe?> [...] 22 A: oder ehm (1.6) ich glaub_s geht darum <<tippt mit linkem Zeigefinger auf oberen Balken der unteren Grafik> ob_s> (.) das habe ich grad erst gesehn (.) <<tippt erneut auf die Stelle> ob es WICHtig oder SEHR wichtig für sie ist=also vielleicht könn wir dann schreiben (..)[während achtn] B: [<blickt auf Grafik M4>ach so (.) stimmt>] A: =achzig prozent der jugendlichen angegeben (1.8) hat? haben? (-) während achtundachzig prozent der jugendlichen ANgegeben haben (-) eh:: (-) nee achtn 23 B: oder einfach (.) während achtundachzig prozent der jugendlichen (...) ehm (-) das internet als sehr WICHtig gilt, (1.8) 24 A: oder empfin=emPFINden vielleicht [(.) währ] B: [ja:] A: =end (..) achtundachzig prozent der JUgendliche:n (-) 25 B: das internet <<greift nach der Tastatur> a:ls (-)> 26 A: ja (.) das internet als <<B tippt>sehr wichtig für ihren ALLtag empfinden,> 27 B: <<tippt weiter für ca. 10 Sek.>> <<beide blicken auf M4> (2.8) emPFINde:n (.) ehm (3.8) 28 A: komma:=sind es bei de:n (2.6) ode:r (.) is es bei: de::r (4.8) NUTzung=sieht es bei der nutzung von bü:chern (2.4) schon ANders aus=oder ehm (..) ist der ANtei:l Gegenüber- stellen I Gegenüber- stellen II auszuhan- delndes Handlungs- schema Aushandeln der Textprozeduren des Gegenüberstellens Übersicht verwendeter Textprozeduren des Gegenüberstellens Gespräch Tandem 1 „während ... angegeben haben“ „während ... als wichtig gilt“ „während ... als wichtig empfinden“ „sind es bei ...“ „sieht es bei ... schon anders aus“ „ist der Anteil ...“/„ist das Lesen für ...“ „das Lesen gilt insbesondere bei ...“ „insbesondere ... empfinden das Lesen ... sehr wichtig“ „aber nur der geringste Anteil / ein geringerer Anteil davon ...“ Textprodukt Tandem 1 „... empfinden ... als sehr wichtig ...“ „weniger als die Hälfte ...“ „während dies bei ... nicht der Fall ist“ „wobei der Anteil ... noch geringer ist“/... lediglich bei ... liegt“ Auszug aus dem Textprodukt, Tandem 1 „Ich ohne Bücher bin nicht ich.“ Aber trifft dieses Zitat von Christa Wolf auch auf den aktuellen Zeitgeist zu? Dies ist zu bezweifeln, denn „nur noch sechs Prozent aller Deutschen greifen abends lieber zum Buch als zur TV-Fernbedienung.“ (M6, Radisch). Dies wird vor allem durch die JIM-Studie deutlich, welche Jugendliche zu ihrer Mediennutzung befragt hat. Ca. 90% der Jugendlichen empfinden das Internet als sehr wichtig für ihren Alltag, während dies bei dem Lesen von Büchern nicht der Fall ist. Weniger als die Hälfte der Jugendlichen lesen täglich oder mehrmals pro Woche, wobei er Anteil der Jugen noch geringer ist und lediglich bei 27% liegt. Zudem sinkt das Leseinteresse mit dem Alter der Jugendlichen.

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Cynthia Arnold

VOM DIAGRAMM ZUM TEXT:MEDIAL TRANSFORMIERENDES SCHREIBENEine empirische Studie zu Transformationsprozessen in materialgestützten Schreibsettings

Kognitionspsychologie ∙ Text-Bild-Integration ∙ Lese- und Schreib- prozesse bzgl. multi- modaler Materialien

Bildwissenschaften ∙ Multimodalität ∙ Visual Literacy ∙ Diagrammatik ∙ Text-Bild-Relationen

Linguistik & Sprachdidaktik ∙ sprachliche Handlungsfelder des Beschreibens, Vergleichens & Interpretierens ∙ prozessorientierte Schreibdidaktik ∙ Konzept der Textprozeduren Beispiel (siehe Kreis):

Transformationsprozesse

∙ Transkription (Jäger 2002, 2012)

∙ Transkodierung (Stöckl 2010: 6)

∙ Transformation (Raczkowsky 2006, Feilke 2017, Gogan 2017)

Textrezeption

Textproduktion

Abb.: In der Forschung verwendete Begriffe zum Beschreiben mentaler Pro-zesse an der Schnittstelle zwischen Textrezeption und Textproduktion.

Interdisziplinärer Ansatz

Eingebettet in ein situiertes Schreibsetting wird auf Grundlage von verschiedenen polytextuellen und multimodalen Materialien ein Schreibauftrag bearbeitet. Dabei wird das zuvor erschlossene Material hinsichtlich des Schreibziels und Adressaten synthetisiert und in einen kohärenten Fließtext überführt. Es können Teilprozesse fokussiert werden, sodass einzelne Teilkompetenzen wie das Lesen von diskontinuierlichen Texten oder auch das Versprachlichen von Bildinformationen und thematischen Zusammenhängen gefördert werden können.

1. Theoretischer HintergrundMaterialgestütztes Schreiben

2. ForschungsfragenWie transformieren die Schülerinnen und Schüler diskontinuierliche Texte in ihren Zieltext?

SPRACHLICHE TRANSFORMATIONS-

PROZESSEBeschreiben, Vergleichen,

Interpretieren

LESEN & VERSTEHEN

propositionaler Gehalt

Wie wird der propositionale Gehalt diskonti- nuierlicher Texte in beschreibende und interpre-tierende Äußerungen transformiert und in die eigene Darstellung integriert (vgl. Feilke 2017)?

Welche Textprozeduren werden für die Trans-formation verwendet? Was sind zentrale Hand-lungsschemata und Prozedurenausdrücke (vgl. Feilke/Bachmann 2014)?

Laborsetting: material- gestützte Schreibaufgabe; kooperatives Schreiben (2 SuS), computer- gestützte Textproduktion

Screen Capturing, Smart Pen; Videographie

3. Untersuchungsdesign der Hauptstudie

retrospektives, leitfadengestütztes Interview mit Videokonfrontation (Einzelgespräch)

Unterrichts- & z. T. Labor-setting (s. Prozessdaten): Bearbeitung einer material-gestützten Schreibaufgabe in Schreibtandems (kooperatives Schreiben)

Triangulation

Schülerinnen und Schüler der Q1-Phase (Fach: Deutsch)

Produktdaten (Textkorpus)

2 Kurse (ca. 40–50 Texte)

Prozessdaten (Schreibprozessvideo & Videokonfrontation)

ca. 5–6 Schreibtandems

Stichprobe der Hauptuntersuchung: (Durchführung Sommer 2019)

Prozessdaten I Prozessdaten II Produktdaten

Pre-Test:

Erhebung:

Auswertung: qualitativ-inhaltsanalytisch mit textprozeduralem Fokus

Lesekompetenz „diskontinuierliche Texte”

4. Auszüge aus den Daten der Pilotstudie

Studierende B. Ed. (Deutsch)

Produktdaten (Textkorpus)

60 Texte (Einzelarbeit) 3 Texte (Schreibtandems)

Prozessdaten (Schreibprozessvideo & Videokonfrontation)

3 Schreibtandems

StichprobeSchreibauftragBegrüßungsvortrag zum Thema "Warum lesen wir? Zum Sinn und Zweck von Literatur" (aus: Feilke et al. 2016: 232–241)

MaterialienM1, M3, M6: Zeitungsartikel, M2: Interview, M4: 2 Diagramme (JIM-Studie), M5: Aphorismen, M7: Zeichnung)

UntersuchungsfokusTransformationsprozesse im Umgang mit M4

∙ In den Aushandlungsprozessen der Schreibenden zeigt sich, dass bereits bei der Erschließung des stark ver- dichteten Gehalts der diskontinuierlichen Materialien Schwierigkeiten entstehen: Die Schreibenden sind mit der Komplexität der ihnen vorliegenden Materialien zunächst überfordert. Außerdem sind sie sich nicht einig über den propositionalen Gehalt der diskontinuier- lichen Materialien. Dies ist aber die Voraussetzung für die sprachliche Transformation.

∙ Beim Formulieren wird deutlich, dass die Schreibenden auf typische Textprozeduren der sprachlichen Trans- formation (Beschreiben und Interpretieren) zurück- greifen. Der Aushandlungsprozess selbst gestaltet sich sehr zeitintensiv.

∙ Wie auch bereits in anderen Untersuchungen fest- gestellt (vgl. Bergmann et al. 2018, i. E.; Schüler 2017, 2018; Philipp 2018), zeigt sich in der Pilotierung, dass die Synthese der Materialien – sowohl auf inhaltlicher als auch auf ausdrucksseitiger Ebene – eine besondere Herausforderung darstellt. Im retrospektiven Interview wird zudem deutlich, dass der Großteil der Schreibenden den diskontinuierlichen Texten gegenüber zunächst voreingenommen und ab-lehnend eingestellt ist. Für die Hauptstudie ergibt sich daraus die Frage, inwiefern Einstellungen und Über-zeugungen der Schreibenden Einfluss auf die Trans-formationsprozesse haben und ob diese entsprechend erhoben werden sollten.

Text-rezeption

Text-produktion

Synthese-leistung

5. Erste Ergebnisse der Pilotstudie

6. LiteraturBergmann, Björn/Lehnen, Katrin/Rezat, Sara (2018, i. E.): Bewertung materialgestützten

Schreibens. Prozess- und Produktperspektive. In: Feilke, H./Lehnen, K./Rezat, S./Steinmetz, M. (Hrsg.): Materialgestütztes Schreiben – Erfahrungen aus der Praxis und Perspektiven der Forschung. Stuttgart: Fillibach bei Klett.

Feilke, Helmuth (2017): Eine neue Aufgabe für das Fach Deutsch: Zusammenhänge herstellen – materialgestützt schreiben. In: Didaktik Deutsch, 43, 4–11.

Feilke, Helmuth/Bachmann, Jürgen (Hrsg.) (2014): Werkzeuge des Schreibens. Beiträge zu einer Didaktik der Textprozeduren. Stuttgart: Fillibach bei Klett.

Feilke, Helmuth/Lehnen, Katrin/Rezat, Sara/Steinmetz, Michael (2016): Materialgestütztes

Schreiben lernen. Grundlagen – Aufgaben – Materialien. Sekundarstufen I und II. Braunschweig: Schroedel.

Gogan, Brian (2017): Reading as Transformation. In: Horning, A. S./Gollnitz, D.-L./Haller, C. R. (Hrsg.): What is college reading? Fort Collins, Colorado, Boulder, Colorado: WAC Clearinghouse; University Press of Colorado, 41–56.

Jäger, Ludwig (2002): Transkriptivität. Zur medialen Logik der kulturellen Semantik. In: Jäger, L./Stanizek, G. (Hrsg.): Transkribieren Medien, Lektüre. München: Fink, 19–41.

Jäger, Ludwig (2012): Transkription. In: Bartz, C./Jäger, L./Krause, M./Linz, E. (Hrsg.): Handbuch der Mediologie. Signaturen des Medialen. München: Fink, 306–315.

Philipp, Maik (2018): Lesekompetenz bei multiplen Texten. Grundlagen, Prozesse, Didaktik. Tübingen: Narr Francke.

Raczkowsky, Bernd (2006): Anregungen zum Umgang mit diskontinuierlichen Texten. In: Gaiser, G./Münchenbach, S. (Hrsg.): Leselust dank Lesekompetenz. Leseerziehung als fächerübergreifende Aufgabe. Donauwörth: Auer, 198–206.

Schüler, Lisa (2017): Materialgestütztes Schreiben argumentierender Texte. Untersuchungen zu einem neuen wissenschaftspropädeutischen Aufgabentyp in der Oberstufe Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Schüler, Lisa (2018): Wissenschaftlich argumentieren lernen durch Materialgestütztes

Schreiben. In: Schmölzer-Eibinger, S./Bushati, B./Ebnder, C./Niederdorfer, L. (Hrsg.): Wissenschaftliches Schreiben lehren und lernen. Diagnose und Förderung wissenschaftlicher Textkompetenz in Schule und Universität. Münster: Waxmann, 145–169.

Stöckl, Hartmut (2010): Transkodierung und Metamorphose – Neue/Alte Aufgaben für eine medien- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Linguistik und Literaturwissenschaft: Zur Einführung. In: Stöckl, H. (Hrsg.): Mediale Transkodierungen. Metamorphosen zwischen Sprache, Bild und Ton. Heidelberg: Winter, 1–17.

∙ Kategorienbildung für verwendete Text- prozeduren in den Prozess- & Produktdaten ∙ Generierung geeigneter Kriterien zur Beurteilung der Textprodukte und des kooperativen Schreib-gesprächs hinsichtlich Erschließung und Integra-tion der diskontinuierlichen Texte ∙ Ziel: Aufzeigen der bei der Rezeption & Integra-tion ablaufenden Transformationsprozesse und der dabei verwendeten Textprozeduren

Weiteres Vorgehen

Weitere Überlegung:

KontaktCynthia Arnold

Germanistische SprachdidaktikInstitut für Germanistik und

Vergleichende LiteraturwissenschaftUniversität Paderborn

E-Mail:[email protected]

Für weitere Transkripte aus der Pilotstudie, auch aus den Konfrontationen der Studieren- den mit ihrem eigenen Schreib- prozessvideo, scannen Sie bitte den QR-Code.

Transkriptauszug Gespräch (Schreibprozess), Tandem 118 A: während achtundachzig prozent (2.0) der jugendlichen das INTERnet nutzen (.) nur etwa19 B: <<tippt für ca. 6 Sek.>> ich SCHREIB erstmal [einfach (unverständlich)]

A: [hm_hm (.) ja]B: während achtundachzig prozent der <<guckt auf untere Grafik M4, Finger an der Tastatur>

JUgendlichen> 1.8)> <führt die rechte Hand von der Tastatur zur unteren Grafik von M4> ist das in prozentangabe?>

[...]22 A: oder ehm (1.6) ich glaub_s geht darum <<tippt mit linkem Zeigefinger auf oberen Balken

der unteren Grafik> ob_s> (.) das habe ich grad erst gesehn (.) <<tippt erneut auf die Stelle> ob es WICHtig oder SEHR wichtig für sie ist=also vielleicht könn wir dann schreiben (..)[während achtn]

B: [<blickt auf Grafik M4>ach so (.) stimmt>]A: =achzig prozent der jugendlichen angegeben (1.8) hat? haben? (-) während achtundachzig

prozent der jugendlichen ANgegeben haben (-) eh:: (-) nee achtn23 B: oder einfach (.) während achtundachzig prozent der jugendlichen (...) ehm (-) das

internet als sehr WICHtig gilt, (1.8)

24 A: oder empfin=emPFINden vielleicht [(.) währ]B: [ja:]A: =end (..) achtundachzig prozent der JUgendliche:n (-)

25 B: das internet <<greift nach der Tastatur> a:ls (-)>26 A: ja (.) das internet als <<B tippt>sehr wichtig für ihren ALLtag empfinden,>27 B: <<tippt weiter für ca. 10 Sek.>> <<beide blicken auf M4> (2.8) emPFINde:n (.) ehm (3.8)28 A: komma:=sind es bei de:n (2.6) ode:r (.) is es bei: de::r (4.8) NUTzung=sieht es bei der

nutzung von bü:chern (2.4) schon ANders aus=oder ehm (..) ist der ANtei:l

Gegenüber-stellen I

Gegenüber-stellen II

auszuhan-delndes Handlungs-schema

Aushandeln der Textprozeduren des Gegenüberstellens

Übersicht verwendeter Textprozeduren des GegenüberstellensGespräch Tandem 1

„während ... angegeben haben“„während ... als wichtig gilt“„während ... als wichtig empfinden“

„sind es bei ...“ „sieht es bei ... schon anders aus“ „ist der Anteil ...“/„ist das Lesen für ...“

„das Lesen gilt insbesondere bei ...“„insbesondere ... empfinden das Lesen ... sehr wichtig“

„aber nur der geringste Anteil / ein geringerer Anteil davon ...“

Textprodukt Tandem 1

„... empfinden ... als sehr wichtig ...“„weniger als die Hälfte ...“

„während dies bei ... nicht der Fall ist“„wobei der Anteil ... noch geringer ist“/... lediglich bei ... liegt“

Auszug aus dem Textprodukt, Tandem 1„Ich ohne Bücher bin nicht ich.“

Aber trifft dieses Zitat von Christa Wolf auch auf den aktuellen Zeitgeist zu? Dies ist zu bezweifeln, denn „nur noch sechs Prozent aller Deutschen greifen abends lieber zum Buch als zur TV-Fernbedienung.“ (M6, Radisch). Dies wird vor allem durch die JIM-Studie deutlich, welche Jugendliche zu ihrer Mediennutzung befragt hat. Ca. 90% der Jugendlichen empfinden das Internet als sehr wichtig für ihren Alltag, während dies bei dem Lesen von Büchern nicht der Fall ist. Weniger als die Hälfte der Jugendlichen lesen täglich oder mehrmals pro Woche, wobei er Anteil der Jugen noch geringer ist und lediglich bei 27% liegt. Zudem sinkt das Leseinteresse mit dem Alter der Jugendlichen.