Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

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Fussball! Evolutionstheorie einmal anders. 20 Lippenlesen oder Kino? Macht raubkopieren glücklich? 10 Der Populist. Der Versuch einer Richtigstellung. 04 8. Ausgabe Mai 2011 Da seh ich Rot

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Was lässt uns Farben sehen? Wenn Gefühle zu Farben werden.

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Fussball!Evolutionstheorieeinmal anders.

20Lippenlesen oder Kino?Macht raubkopierenglücklich?

10Der Populist.Der Versuch einerRichtigstellung.

04

8. Ausgabe

Mai 2011

Da seh ich Rot

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8. Ausgabe, Mai 2011

2 Inhalt

KONSTRUKTIVES SCHWARZSEHEN WILL GELERNT SEIN. SEITE 03

DER POPULIST. SEITE 04

LIPPENLESEN ODER KINO?SEITE 09

SCHWITZEN - ABER RICHTIG. SEITE 18

EINE KLEINE ANLEITUNG ZUM TRÄUMEN. SEITE 05

DA SEH ICH ROT.POESIA VISUAL

SEITE 10

FUSSBALL - EIN ÜBERBLEIBSEL DER EVOLUTION? SEITE 20

SEITE 06

D. SIEHT ROT.

SEITE 13SEITE 13

DER MENSCHLICHE WILLE.RUNAWAY BLUEPRINT.

SEITE 07SEITE 08

EDITORIAL

HINTERGRUND

DA SEH ICH ROT/Schwarz

KULTUR

DEMENZWHAT'S NEXT?

SEITE 21SEITE 24

KREATIVES

PER RJARD

4000

REDAKTION DIEPERSPEKTIVE, SIMON JACOBY, CONRADIN ZELLWEGER, MANUEL PERRIARD, BREMGARTNERSTRASSE 66, 8003 ZÜRICH

C.J.| F.M.| M.H.B. | M.B.| U.Z.| B.| D.P.

M.H.B. | S.K. | V.I. | I.J. | J.F. | A.S. | G.S. | D.A. | M.H.

JOHANNES FIEDLER

MARA BIELER & DANIELA BÄR

TIMO BEELER | timobeeler.ch

JONAS RITSCHER

ZDS ZEITUNGSDRUCK SCHAFFHAUSEN AG

[email protected]

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[email protected]

DER EINFLUSS VON GELD UND KUNST AUF DIE POLITIK

PC 87-85011-6, VERMERK: GERN GESCHEHEN

FREITAG 15. MAI, 2011, 23.55 UHR

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ABLASSHANDEL

Page 3: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

3Editorial

Medien sind übersät mit Schreckensnachrichten. Bombenanschläge, Morde, Amokläufe und Unfälle, darüber wird berichtet und das wird auch gelesen. Nehmen wir den Tagi Online als Beispiel. An einem Sonntagnach-mittag (17.04.11) findet man in der Rubrik Meistgelesen folgende Titel an der Spitze:

1. «Die DNA-Spuren an der Schiffsschraube waren von mir»2. Unentschieden in Basel3. Mysteriöser Fund auf dem Thunersee4. Ghadhafis Bomben töten lautlos5. Wie lange das AKW Fukushima noch lecken wird6. Hamilton bricht Vettels Dominanz7. 25 Jahre nach der Katastrophe bleiben viele Fragen offen8. Nicolas Cage verhaftet

Dramen, Krieg, Atomkatastrophen und tragische Einzelschicksale. Da-zwischen zwei Sportresultate. Ein solches Bild bietet sich durchs Band, von Blick bis NZZ, auf allen Onlineportalen. Noch mehr als die Pro-grammansage „Sex sells“ trifft „Leid und Elend sells“ zu. Wie kommt es, dass wir vor allem an Negativschlagzeilen interessiert sind? Es besteht si-cherlich kein Mangel an positiven oder anderen informativen News und Reportagen. Dennoch scheint es, als interessierten sich die Leute haupt-sächlich für Negativschlagzeilen. Ich versuche im Folgenden, mögliche Gründe und Konsequenzen dieser Affinität aufzuzeigen.

Schadenfreude ist sicherlich ausschlaggebend für den Nachrichten-konsum. Prominentestes Beispiel neuster Zeit ist dabei Karl T. zu Gut-tenberg mit seiner Plagiats-Affäre. Man ergötzt sich daran, dass einer er-folgreichen Persönlichkeit die Legitimation entzogen wird. Unter diesen Aspekt ist der Artikel über Nicolas Cage der obigen Liste einzuordnen. Auch eine gewisse Eifersucht spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Daneben hat Schaulust einen Einfluss darauf, welche Art von Information konsumiert wird. Wir betrachten aus sicherem Abstand etwas Tragisches

und empfinden Mitleid, jedoch wollen wir nichts Näheres damit zu tun haben, also keinesfalls selber betroffen sein.Bei unbedachtem Konsum von Schreckensnachrichten entzieht sich der Leser einer Verantwortung. Man wird über einen Missstand informiert, wird jedoch in den meisten Fällen kaum selber aktiv. Man nennt dieses Phänomen „soziale Lähmung“: Verantwortung wird abgeschoben, je mehr andere Personen über einen Missstand informiert sind, was dazu führt, dass mögliche Hilfeleistungen unterlassen werden.

Keine Frage: Negative Nachrichten gehören in die Medien. Tra-gische Ereignisse geschehen auf der Welt, ob die Medien nun darüber be-richten oder nicht. Ein Ausblenden à la „aus den Augen, aus dem Sinn“ wäre auf keinen Fall angebracht, denn die Problematik mit der Verant-wortungsabschiebung wäre so nicht gelöst, sondern noch verschlimmert.

Als mögliche Lösung sehe ich einen kritischeren Umgang mit Ne-gativschlagzeilen, und zwar sowohl seitens der Rezipienten als auch sei-tens der Medien. Als Rezipient sollte immer auf den feinen Unterschied zwischen sich informieren und sich belustigen geachtet werden. Dient die Schreckensnachricht wirklich dazu, mehr zu erfahren und ein tieferes Verständnis für ein Problem zu gewinnen? Oder handelt es sich um blos-se Unterhaltung auf Kosten einer tragischen Begebenheit, ohne dass man wirklich an einer Lösung des Problems interessiert ist?

Für die Medien gilt Ähnliches. Wird etwas aufgebauscht, um Leser oder Zuschauer zu gewinnen? Wird an wunden Stellen von Individuen unnötig gestochert? Ist ein provokativer Titel für das Überbringen der Botschaft unabdingbar?

Man ist ja nicht naiv. Ein gewisses Mass an Schwarzsehen oder -malen ist sicherlich angebracht. Nur sollte beachtet werden, dass die Far-ben nicht aus dem Leben verdrängt werden und dass wir im Schwarzen Farben zu suchen beginnen.

Conradin ZellwegerRedaktor

Konstruktives Schwarzsehen will gelernt sein.

[email protected]

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8. Ausgabe, Mai 2011Hintergrund4

Ein Populist ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein volksnaher Politiker mit manipulativen Ten-denzen.

Nun, wie kam es eigentlich zu dieser ne-gativen Konnotation des Populisten? Dazu ist es vorteilhaft, den historischen Kontext sowie die etymologische Herkunft des Begriffs näher zu betrachten. Populist kommt vom lateinischen popularis, was mit „volksnah“ übersetzt werden kann. Dies erklärt jedoch noch nicht, wie dem Populisten die manipulativen Tendenzen ange-hängt wurden.

Im alten Rom unterschied man in der Politik zwischen dem Lager der Popularen und dem der Optimaten. Die Optimaten bestanden hauptsächlich aus der Aristokratie und waren folglich sehr konservativ eingestellt. Dem ge-genüber standen die Popularen, die nicht mit dem heutigen Begriff des Populisten zu ver-wechseln sind. Sie hatten innovative Pläne für die Gestaltung Roms. Sie hatten das einfache Volk hinter sich, dessen Einfluss nie unterbe-wertet werden darf. Gracchus zum Beispiel, ein Paradebeispiel für einen Populisten, setzte sich für Agrarreformen ein, die den armen Bauern unter die Arme greifen sollten. Doch schon zu dieser Zeit wusste jemand die Etikette des Po-pularen für eigene Interessen zu missbrauchen. Der grosse Julius Caesar wusste die Masse mit

einfachen Mitteln wie zum Beispiel prunkvollen Festspielen und Gladiatorenkämpfen in der Arena für sich zu gewinnen. Nach ihm machten es viele gleich. Leere Versprechungen, Ankündi-gungen von Reformen mit ausbleibenden Um-setzungen… Somit definiere ich den Populisten als eine Missbrauchsform des Popularen, auch wenn diese Begriffe in verschiedenen Kontexten nicht so direkt unterschieden werden können. Gracchus, der Popular und Caesar, der erste aus den Popularen berühmt gewordene Populist.

Diese Linie der Populisten kann direkt weiter verfolgt werden, dabei muss man nicht mal das Land wechseln. Silvio Berlusconi, so scheint es, würde sich selbst in einem republika-nischen System wie dem italienischen wohl nur allzu gerne selbst zum Kaiser krönen (wenn er es nicht schon bis zu einem gewissen Grad ge-macht hat). Berlusconi, der neue Caesar, der in Rom regiert wie es vor 2000 Jahren seine Vor-gänger schon gemacht haben.

Wie wird man denn zum Populisten oder was muss ein Populist haben? Und, noch viel in-teressanter, was macht ihn so erfolgreich? Wie kriegt er es fertig, die Masse so zu manipulieren, dass sie auf seiner Seite steht? Allen Populisten wird ein gewisses Charisma zugeschrieben, von Caesar über Napoleon bis hin zu Berlusconi. Sie geben vor, das einfache Volk zu verstehen

und können mit einfachen Worten die Massen erreichen. Sie sagen genau das, was das Volk hö-ren will. Sie alle lösen im Volk eine vereinende Kraft aus und appellieren immer an die Vater-landsliebe. Im Grunde genommen sind sie Iden-tifikationsfiguren einer Nation. Sie haben die Fähigkeit, jeder einzelnen Bevölkerungsschicht und jedem einzelnen Bürger zu verstehen zu ge-ben, dass seine Anliegen ernst genommen und berücksichtigt werden. Der Populist ist sowohl Vorbild und Übermensch wie auch einfach einer von ihnen - zumindest gibt er dies vor.

Hier liegt auch der Grund, wieso der Po-pulist fähig ist, die Masse zu manipulieren: In-dem er sowohl vorgaukelt, einer des einfachen Volkes zu sein und sich somit zur Identifikati-onsfigur macht, als auch die Rolle des Helden und Übermenschen übernimmt.

Mit seinem unglaublichen Einfluss und seiner Macht gibt er die Vision der Zukunft vor und verspricht Hoffnung auf Besserung. So kann er das Vertrauen der Masse gewinnen. Die Kombination aus Gleichwertigkeit unter den Bürgern und Übermensch macht ihn so beliebt und zu einer legendären und mystischen Figur. Genau in dieser antithetischen Kombination liegt seine manipulative Kraft, die direkt mit dem Identifikationspotenzial des Populisten zu-sammenhängt.•

Der Populist.

dieperspektive in Amerika!

{Text} Carl Jauslin

{Foto} Leonie Ritscher

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

Page 5: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011Hintergrund 5

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Einfach dasitzen und seinen Gedanken freien Lauf lassen. Ab und zu wieder mal aufblin-zeln und erstaunt feststellen, wo einen die ei-genen Gedanken hingetragen haben. Meist an irgendeinen schon fast vergessenen Ort in der Vergangenheit...

Tagträumen, eine in unserer hektischen Gesellschaft schon fast vergessene Kunst. Es bleibt einfach keine Zeit neben dem Studium, dem Geldverdienen, dem Hobby, den Kollegen und der Familie.

Das Träumen braucht nämlich Zeit und Ruhe. Die fünfundzwanzig Minuten am Mor-gen in der S12 reichen nicht, um sich zu entspan-nen und den Gedanken freien Lauf zu lassen, bis sie sich zu einem Traum zusammenfügen. Und dann geht das Tagesprogramm los, durchgeplant bis zum Schluss, keine Zeit zum Nichtstun, zum Träumen.

Doch Träume sind wichtig, meines Er-achtens sogar sehr wichtig. Sie sind das absolu-te Gegenteil vom Nichtstun. „I have a dream“ lauten die berühmten Worte von Martin Luther King. Ein Traum, der eine gewaltige Wirkung hatte. Träume können Visionen entstehen las-sen, können die Zukunft verändern. Bei solchen Träumen kreisen die Gedanken jedoch nicht um eine schöne Erinnerung in der Vergangen-heit. Sie gehen in die Zukunft, in unbekanntes Neuland, in dem noch alles möglich ist. Doch was sind heute die Träume für die Zukunft? Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch eine Fülle von Träumen, die die Welt in Bewegung hielten. Die einen sind erfolgreich umgesetzt worden, die

anderen sind gescheitert und ausgeträumt. Mit der letzten Finanzkrise ist nun auch der Traum des neoliberalen Kapitalismus für die meisten Leute zu Ende geträumt. Man reibt sich die Au-gen und weiss nicht wohin. Es braucht wieder neue Träume und Visionen.

Zu einem solchen Traum soll hier ange-leitet werden. In der nächsten ruhigen Stunde kannst du damit beginnen, dich zu fragen, was du machen würdest, wenn du von heute an je-den Monat 2500 Franken bekämst, einfach so. Das ist schon alles für den Anfang. Nun gilt es, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, sei-nen Wünschen zu folgen und sich in Träumen zu verlieren. Würde man weiterhin das Gleiche arbeiten, sei es, um zusätzliches Geld zu verdie-nen, oder weil man Freude an der Arbeit hat? Oder würde man es sich in der Hängematte be-quem machen und dem süssen Nichtstun frö-nen? Würde man endlich etwas anpacken, was man schon immer tun wollte, aber keine Zeit und kein Geld hatte? Oder würde man sich ent-scheiden, noch ein Kind zu bekommen und ganz für diese Kinder da zu sein? Wie würde sich das Leben verändern?

Dieser Traum lässt sich noch erweitern, indem man sich vorstellt, was die anderen träu-men würden. Der Nachbar, die Frau an der Kas-se, der Surprise-Verkäufer, der Manager oder der Lokführer, was würden sie tun, wenn sie alle auch 2500 Franken im Monat bekämen, einfach so? Würden sie weiterhin zur Arbeit gehen? Was würde mit unserer Gesellschaft geschehen, wenn die Leute nicht mehr arbeiten müssten,

nur um ein Einkommen zu bekommen? Wenn ihnen nur schon auf Grund ihrer Existenz ein Leben ermöglicht würde, ohne dass sie gezwun-gen wären zu arbeiten?

Diesen Traum, in dem jeder einfach so genug zum Leben bekommt, gibt es schon lange. Doch nun beginnen ihn wieder mehr Leute zu träumen und immer mehr Leute glauben an sei-ne Umsetzung. Im Sommer 2012 wird eine Ini-tiative gestartet, um das bedingungslose Grund-einkommen, wie es genannt wird, in der Schweiz einzuführen. Der Grundstein zu dieser Initiative wurde diesen März an einem Kongress in Zürich gelegt. Über 600 interessierte Leute nahmen teil und verfolgten die Reden und Diskussionen. An den Gesprächen nahmen unter anderem auch prominente Persönlichkeiten wie Roger Köppel, der Chefredaktor der Weltwoche, Oswald Sigg, langjähriger Berater von verschiedenen Bun-desräten, oder Klaus Wellershoff, ehemaliger Chefökonom der UBS, teil. Dies deutet auf die gesellschaftspolitische Relevanz dieser Idee hin, mit der immer mehr Leute konfrontiert werden. Die Leute beschäftigen sich dann meist mit Fra-gen folgender Art: Lässt sich das überhaupt fi-nanzieren, was macht man mit den Ausländern, ist die Schweiz dann noch wettbewerbsfähig? Doch bevor man sich auf diese Fragen, wie, wann, wieviel etc. stürzt, sollte man sich die Zeit nehmen zu träumen, wie es Martin Luther King getan hat: was wäre, wenn... Nur wenn dabei ein schöner Traum herauskommt, wird man sich für diese Idee begeistern können und Lösungen auf all diese Fragen finden. •

Eine kleine Anleitung zum Träumen.{Text} Fionn Meier

Page 6: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

6 Hintergrund

Ich war ein Kind, das eine kluge Idee hatte, um an Geld zu kommen. Wir bastelten uns Büchsen, gingen auf die Strasse und erzählten den Pas-santen, wir würden Geld für Kinder in Afrika sammeln. Wir bekamen viele Münzen in unsere Büchsen gesteckt. Die zündende Idee dafür hat-ten wir, weil im Spielzeugladen neben der Kasse dieser grosse, durchsichtige Sammelbehälter für Kleingeld stand. Darauf ein Foto von Kindern in Afrika, einerseits hungernd, andererseits vor allem lächelnd. Als wir nach Hause kamen, fragte meine Mutter mich: „Und? Wirst du es denn tatsächlich auch den Kindern in Afrika ge-ben?"

Ich verstand ihre Frage nicht. Natürlich würden wir die Büchsen leeren, um uns Spiel-zeug zu kaufen. Meine Mutter ermahnte uns, erklärte uns, was wir getan hatten und warum wir zum Abschluss die Spenden in die Kiste im Laden einwerfen mussten.

In unserer einfachen Welt hatten wir, un-serem Verständnis nach, Gutes getan. Der Satz

„Wir sammeln für Kinder in Afrika" hatte sich zusammen mit den Münzen, dem Sammelbe-hälter, den lachenden Kindern und dem Spiel-warenparadies zu einem riesigen, verheissungs-vollen Gedanken verbacken. Natürlich handelte es sich um Betrug; wir hätten uns das Spielzeug auf Kosten der afrikanischen Kinder gekauft. Erst meine Mutter stellte uns die entscheidende Frage, so dass wir weniger über Werte lernten, jedoch mehr über Ursache und Wirkung er-fuhren.

Die moderne Form des Ablasshandels, wie sie von verschiedenen Anbietern angeboten wird, erinnert mich an meine Sammelbüchse. Um den Umweltschaden auszugleichen, welcher beispielsweise bei Flugreisen angerichtet wird, ist es möglich, einen CO2-Ausgleich zu leisten. Fliege ich nach Asien - wobei ich eine gleich hohe CO2-Belastung verursache wie wenn ich zwei Jahre lang mit dem Auto fahre -, kaufe ich mich in Klickgeschwindigkeit über die Home-page in klimafördernde Projekte ein. Um mein

Gewissen zu beruhigen und mich im Glauben zu wähnen, meinen Dienst für das Klima getan zu haben. Ich bezahle, entrichte meinen Obolus und die Natur erlässt mir meine Klimaschuld für den zu erwartenden Schaden.

Das ist nichts anderes als eine moderne Form des Ablasshandels.

Wie kann jemand nur ernsthaft glauben, damit durchzukommen? Die Klimaverände-rungen, die unsere Erde derzeit erfährt, sind der-art gewaltig, unwägbar und unverständlich, dass wir ihnen als Mensch wie ein Kind gegenüber stehen. Nur so kann ich mir solch ein Verhalten erklären. Wir begreifen Ursache und Wirkung nicht. Warum sonst tauchen im Internet Fotos auf von Grillwütigen, die im Januar mit nacktem Oberkörper grinsend im Schrebergarten stehen, in der rechten Hand das Bier, in der linken die Wurst, mit der Bildunterschrift „Endlich Klima-erwärmung"? •

Ablasshandel{Text & Illustration} Marlon Höss-Böttger

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Page 7: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011Hintergrund 7

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

Die Eigenheit des Menschen ist dadurch ge-kennzeichnet, dass er einen individuellen Willen besitzt. Viele Philosophen bezeichnen die ratio als das Merkmal, das uns vom Tier unterschei-det. Der menschliche Wille wird meistens nur als selbstverständliche Konsequenz des Urteils-vermögens dargestellt. Aber ist es nicht so, dass jeder die Vernunft in gewissem Masse besitzt und dass sie eigentlich bei jedem zu den gleichen Urteilen führen sollte? Im Gegensatz zur Ver-nunft, die objektiv ist, steht aber der Wille, der subjektiv und somit bei jedem verschieden ist. Der Wille unterscheidet uns nicht nur von den Tieren, sondern stellt auch unter den Menschen die Individualität dar.

Der Wille tritt genau dort ein, wo der Akt des Urteilens aufhört und der des Handelns beginnt. Er steht zwischen den beiden Größen des Urteilens und Handelns. Er steigt mitten in den Prozess hinein. Er ist der Ort, wo unser Charakter zum Vorschein kommt. Beim Urtei-len geht es darum, eine geeignete Lösung für eine bestimmte Situation zu finden, oder einfacher gesagt: um die Entwicklung einer Erkenntnis

zu einer bestimmten Sache. Es ist der kreative und denkende Akt des Handelns. Das Handeln selbst ist der ausführende Akt. Und genau da-zwischen liegt der Wille, der uns ausmacht.

Die eigentliche Entscheidung findet schlussendlich nicht beim Urteilen, sondern danach in der Sphäre des individuellen Willens statt. Das Urteilsvermögen sagt einem zwar, was vernünftig ist, aber wie man aus Erfahrung weiss, handelt man nicht immer danach. Ver-antwortlich dafür ist der menschliche Wille. So gesehen könnte man meinen, der Wille sei ein Fluch, denn er behindert uns mit den Einflüs-sen unserer Gefühle und Triebe beim Ausführen von vernünftigen Urteilen.

Doch sollte man nicht vielleicht zuerst fragen, ob das, was vernünftig ist, auch gut ist? Wenn wir keinen Willen hätten und direkt das ausführen würden, was wir von unserem Ver-stand vorgekaut bekommen, würden wir den Maschinen ähnlicher sein als den Menschen. Wir würden zu ausführenden Apparaten unserer Vernunft werden. Unsere Individualität wäre zerstört, denn wir würden gehorchen, ohne

es überhaupt wahrzunehmen. Im Krieg und in militärischen Einheiten wird aus dem Men-schen genau ein solcher ausführender Apparat hergestellt. Der nur gehorcht und seine Indivi-dualität für das Wohl des Ganzen aufgibt. Viele Herrscher haben aus eigennützigen Gründen versucht, den Menschen gerade so zu manipu-lieren und ihn zu einer gehorchenden Maschine zu verändern.

Wenn wir unseren Willen nicht beachten, werden wir von unserer Vernunft unterdrückt werden. Sie wird uns immer unmenschlicher, ge-fühlloser und schlussendlich schlechter machen. Ich will damit nicht sagen, dass die Vernunft schlecht ist, sie ist objektiv und wichtig für ein gemeinsames Zusammenleben in einer Gemein-schaft. Jedoch sollten wir vor lauter Objektivität und Sachlichkeit nicht unsere Subjektivität ver-lieren. Denn es kann nicht unsere Bestimmung sein, nur nach unserer Vernunft zu leben und da-bei entweder zu gefühllosen und gehorchenden Apparaten zu mutieren oder in der Objektivität und Sachlichkeit zu versinken und dabei ganz zu vergessen, wer wir eigentlich sind. •

Der menschliche Wille.

{Text} Carl Jauslin

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8. Ausgabe, Mai 2011

8 Hintergrund

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

Runaway blueprint{Illustration} Samuel Kaufmann

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8. Ausgabe, Mai 2011Da seh ich Rot/Schwarz 9

{Illustration} Vincenzo Iorio

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

HEADS IN BAGSein Tanztheater von Jacqueline Pasanisi

im Theater am Gleis in Winterthur

Mittwoch, 18. Mai 2011 - 20.15 UhrPremiere mit Apéro

Donnerstag, 19. Mai 2011 - 20.15 Uhr Freitag, 20. Mai 2011 - 20.15 Uhr

Mit "heads in bags" setzt sich Jacqueline Pasanisi und die Tänzer und Tänzerinnen der Tanzcompagnie "solodanza am Werk" mit dem

Thema Identität auseinander.Identität. Woran machen wir unsere Identität eigentlich fest? An

unserem Gedächtnis? - An unserem Bewusstsein? - An etwas Sozialem oder schlicht und ergreifend an unserer Biologie? Eine Koproduktion

mit dem Theater am Gleis, Winterthur.

Reservationen:Notenpunkt Tel: 052 214 14 56

[email protected] Untere Vogelsangstrasse 3

8400 Winterthur

Page 10: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

Der Vorspann läuft, mit schöner Musik und schönen Bildern, die Namen flimmern über den Bildschirm.

Dann endlich beginnt der Film, man sieht zwei Männer in einer Kneipe sitzen. Die Kamera zoomt näher heran, einer der Männer nimmt einen grossen Schluck aus seinem Bier-glas und fängt an zu sprechen. Nein, falsch, nur seine Lippen bewegen sich, seine Stimme aber setzt erst drei Sekunden später ein, wenn schon die nächste Einstellung gezeigt wird. Und so läuft der Film gnadenlos weiter, ohne dass auch nur einmal die Stimmen zu den Lippenbewe-gungen passen würden oder das Gläserklirren zu den Trinkbewegungen. Es ist eine Qual.

Halblegales Filmeschauen im Internet kann eine Tortur sein. Zuerst verschwendet man

wichtige Zeit darauf, einen funktionierenden Stream für den Film zu finden, dann muss dieser eine Ewigkeit laden, so dass man sich während-dessen anderen Dingen widmet – im schlimm-sten Falle sogar wichtigeren –, und dann kommt man zurück, startet den Film und nach einer Mi-nute stellt man fest, dass die Tonspur verscho-ben ist. Und man darf sich nicht beschweren, es ist ja kostenlos! Nun, ich tue es trotzdem:

Wie kommt jemand dazu, den Schritt in die Illegalität zu wagen, nur um dann einen Film hoch zu laden, dessen Tonspur verschoben ist? Egal wie man es dreht und wendet, die Kosten-Nutzen-Rechnung geht ein-fach nicht auf. Aus-ser es sind so kleine Sadisten oder Sadistinnen, die sich freuen, wenn man ihrem Tun auf den Leim kriecht.

Natürlich könnte ich auch einfach ins Kino ge-hen, aber ich bekomme leider Kopfschmerzen und klaustrophobische Zustände von den 3D-Brillen, die man jetzt überall tragen muss; es ist also nicht etwa wegen des Geldes. Oder viel-leicht ein bisschen.

Aber mit diesen grauenhaften 3D-Fil-men treiben die Filmemacher einen wirklich in die illegale Welt des Onlinefilmeschau-ens! Ich würde das vor Gericht ohne Weiteres in meine Verteidigung einbauen: Wir sind ei-gentlich alle nur Opfer schlecht überarbeiteter 3D-Filme! Jetzt weiss ich gar nicht mehr, auf wen ich ei-gentlich wütender bin, auf die Kinos oder die unfähigen Uploader, aber wenn mir jemand meinen wohlverdienten Filmabend zunichte machen will, sehe ich rot! •

Lippenlesen oder Kino?{Text} Marco Büsch

10 Da seh ich Rot/Schwarz

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

{Illustration} Isabel Jakob

Page 11: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

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{Illustration} Johannes Fiedler

Da seh ich Rot/Schwarz 11

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8. Ausgabe, Mai 2011

12 Da seh ich Rot/Schwarz

faltenschneidenkleben

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

{Illustration} Anna Schönholzer

Page 13: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

13Da seh ich Rot/Schwarz

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

{Illustration} Gian Steiner • http://www.gians-faerberei.ch •

{Foto} Darko Andersen

Page 14: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

14 Da seh ich Rot/Schwarz

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

{Illustration} Samuel Kaufmann

{Illustration} Manon Homberger

Page 15: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

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Page 16: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

16 Da seh ich Rot/Schwarz

LANDSCAPES - CITYSCAPES& WORDSCAPESmit Markus Senn (Fotografie)

und Maria Kern (Malerei)www.kion.ch

VernissageMittwoch, 4. Mai 2011, 18.00 - 21.00 Uhr

Ausstellungsdauer4. - 30. Mai 15.00 - 18.00 Uhr

Münstergasse 14, Zürichin den Räumen der Galerie Maurer

(im Innenhof)

Markus Senn ist seit über 30 Jahren selbstständiger Fotograf und fotografiert bevorzugt internationale Projekte für Wirtschaftsunter-

nehmen, Medien und Privatpersonen. Mit Leidenschaft und Professi-onalität rückt er seine Motive ins rechte Bild.

Maria Kern, die seit den frühen 1990er Jahren als freischaffende Künstlerin arbeitet, verbindet in ihrer Arbeit Malerei, Musik, Gesang

und Lyrik zu einem Ganzen.Die Arbeitsphasen und Ausstellungen im Ausland, vor allem in Berlin, Wien, London und New York, haben ihr Schaffen nachhaltig geprägt.

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

{Bild} Laura SummerauerAufgenommen während der Reise durch Amerika und Kanada. Irgendwo imNirgendwo ausserhalb von Vancouver.

Page 17: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

Stolzewiese Zürich10ST

OL Z E J A HR

E

2002 - 2011

Verein StolzewieseUND QVO PRÄSENTIEREN:

FREITAG 18:00 bis 24:00 Uhr

Fiona DanielCharlotte Parfois

Das PopRusconi

27. & 28. MAI

TRAM 9/10 bis Seilbahn RigiblickBUS 33 bis Scheuchzerstrasse

EINTRITT

FREITAG 18:00 bis 24:00 Uhr

Fiona DanielCharlotte Parfois

s PopRusconi

EINTRITT

Tätsch Quizmit BONI KOLLER und KATJA ALVES

MundartistenThe Sadies

AnnakinKalabrese &

RumpelorchesterGeorge Vaine

SAMSTAG 12:00 bis 24:00 Uhr

The Mekons stolze-openair.ch

Page 18: Da sehe ich Rot und Schwarz - Mai 11

8. Ausgabe, Mai 2011

18 Kultur

Das lauwarme Wasser rauscht mit einem ange-nehmen Geräusch auf meinen nackten Körper. Immer wieder mit beiden Händen über das Ge-sicht und durch die Haare fahrend, muss ich nun wahrscheinlich schon länger als zehn Minuten so dagestanden haben. Ich stelle den Hahn ab und laufe aus dem Duschbereich.

Die Türe zur Sauna ist aus Glas und relativ streng zu öffnen. Sie darf ja keine Hit-ze durchlassen und hat an den Rändern daher Dichtungen aus Silikon. Das Badetuch um die Hüfte geschlungen, trete ich in die Hitze ein. Jedesmal wieder ein Abenteuer! Die Luft, die einem entgegenspringt, scheint zunächst ersti-ckend. Tief durchatmen!

Ich wende mich der Sanduhr zu. Es ist eine dieser klassischen Sanduhren, die schön geschwungen sind und gelben Sand beinhalten. Fünfzehn Minuten soll sie laufen, so zeigt es die Skala an. Doch wir alle wissen, dass es deutlich mehr sind. Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Sand schon alt ist und die Verengung der Sanduhr leicht verstopft – jedenfalls drehe ich sie immer. Bleibt mir auch nichts anderes übrig. Der Versuch, aus einem Saunabesuch ein Fazit zu ziehen oder sich einem philosophischen The-ma zu nähern, ist bis jetzt immer misslungen.

Die Umstände lassen es nicht zu. So kommt es, dass nicht weitergegriffen werden kann als das Schwitzen. Nackte Menschen, die in einem kleinen Raum dehydrieren – das wäre doch Grundstoff für Philosophien. Man könnte Bücher schreiben, Thesen aufstellen, Assozi-ationen finden – leider schwieriger als es tönt. Dennoch versuche ich heute, mein Hirn anzu-strengen und den Saunabesuch ein wenig tief-gründiger zu durchdenken.

Schon klar – man ist den Anderen gleich-gestellt in einer Sauna. Oder etwa nicht? Die scheinbar angenehme und anfangs so unerklär-bare Stille ist speziell. Einklang, Frieden, Zu-

sammenhalt, „Wir sitzen alle im gleichen Boot“ – leider nur Schein und Trug. Man ist ruhig, weil man sich nicht getraut zu sprechen. Weder Han-dys noch Schwatzereien zwischen zwei Freun-den, die nur daher verstummen, weil man die Situation in der Sauna als gute Ausrede benutzt, um einfach mal still, keuchend und nach innen gekehrt nebeneinander zu sitzen – Schweigen!

(Nach einigen Minuten rinnt mir der Schweiss aus den Poren, ich nehme meine Füsse hoch und verschränke sie mithilfe meiner Hän-de zu einem Schneidersitz; in dieser Sitzposition verharre ich 10 Minuten, bis mir mein Vorhaben wieder einfällt.)

Schweigen ist gut.Im Kopf ist viel los bei mir, aber reden tu ich nicht. Sowieso, salziger Schweissgeruch genügt meinem Mund.Genau! Ich muss weiter philosoph…„...aah fuck!“Ich lächle.Mann neben mir kürzer als ich da. Schon am Leiden. Ha! Egal.Nicht ablenken lassen.Nachher noch einkaufen. Geld dabei? Egal jetzt. Auf- und abwippen hilft! Tief durchatmen so-wieso.90° Grad Celsius! Nicht schlecht.Tief durchatmen.Augen zu.Abwarten. Nicht mehr lange!Sanduhr zeigt eh falsch an. Nichts von Ruhe. Mein Kopf spricht. Und wie!Am heissesten beim Kopf.Aah fuck! JETZT ABER RAUS!Ich packe mein Badetuch, schlinge es mir um die Hüften und torkle aus der Sauna in Richtung Duschbereich. •

Schwitzen - aber richtig.{Text} Urban Zellweger

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

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Was ist Fred ?

Garnichts,

Alles?

D

AD

a

100%

&...

TABaK!

oder ist es

ist Fred wirkliche eine Zigarette ?

eine Philosophie ?

eine Politik ?eine Feuerversicherung ?

oder: Staatreligion ?

eine Kunst ?

Rauchen ist tödlich. Fumer tue. il fumo uccide

5mg 8mg 7mg

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8. Ausgabe, Mai 2011

20 Kultur

Warum Fussball und Gladiatorenkämpfe kaum mehr zu unterscheiden sind und wie fa-tal Vuvuzelas aus Metall wären. In kaum einer anderen Sportart gab es jüngst solch beäng-stigende Entwicklungen. Fussball hat einige Jahrzehnte bis Jahrtausende an Entwicklung wettzumachen.

Vor einigen Jahren besuchte ich ein Bundes-ligaspiel im Olympiastadion. Ohne Frage ein eindrückliches Erlebnis. Eindrücklich nicht des Fussballs wegen, sondern wegen des ganzen Drumherums. Die Würste, das Bier, die Fans und die Schlachtrufe, welche bei mir Bilder einer germanischen Barbarenhorde hervorriefen. Die-ser sechzehnjährige, rot angelaufene Schnösel, der hinter mir ständig irgendwas von irgendwel-chen Böcken und Löchern brüllte.

Fussball ist zu einem Relikt vergangener Feudalismuszeiten geworden. Was die kulti-vierten Engländer 1848 als Erholung vom Tee-trinken erfunden haben, hat sich in ein todernstes Rivalengehabe verwandelt. Die Fussballwelt hat leider so einige Entwicklungen neuester Zeiten verpasst und stellt sich damit selbst ins Abseits. Für viele ist Fussball der letze Ort purer Männ-

lichkeit. Was besonders maskulin daran wirkt, wenn zweiundzwanzig erwachsene Männer einem Ball nachsprinten, weiss ich nicht, noch weniger, wieso man dabei zusieht und dazu grö-lend Bier trinkt, obwohl ich die Ästhetik und Kreativität, die in diesem Spiel möglich ist, hoch zu schätzen weiss.

Eine Bestätigung der Rückständigkeit des Fussballs ist die extreme Homophobie. Gemäss der deutschen Kulturwissenschaftlerin Dr. Tatjana Eggeling, die sich auf Homosexua-lität im Profifussball spezialisiert hat, gibt es in Italien Agenturen, die Scheinbeziehungen mit Frauen für die italienischen Fussballer organi-sieren. Da lässt sich nur auf eine rasante Ent-wicklung hoffen, damit sich die Fussballer wie-der um den Sport kümmern können, anstatt sich mit ihrem nächsten „romantischen“ Dinner mit einer Escortdame zu plagen. Ein Outing kommt trotzdem nicht in Frage, da heftige Reaktionen erwartet werden, die eine Karriere zerstören könnten.

Nehmen wir das Beispiel des Schieds-richters Urs Meier, der nach dem Ausscheiden Englands an der Euro 2004 etliche Todesdro-hungen bekam und unter Polizeischutz gestellt werden musste. Da kann ja kaum noch von einem Spiel die Rede sein; da scheint einigen

Fans der Sieg ihrer Mannschaft mehr wert zu sein als ein Menschenleben.Hooligans seien nicht wegen des Fussballs in den Stadien und auf den Strassen. Das mag ja sein, aber wieso gibt es bei Tennisspielen keine Hooligans? Wird wohl sein, weil ein Fussball-stadion die Vermummten mehr an ein Kolosse-um erinnert als ein Tenniscourt.

Glücklicherweise sind die Vuvuzelas aus Plastik, damit sich die Fans nicht auch noch die Köpfe damit einschlagen können. Aber wenn es nur die Fans wären. Jeder erinnert sich noch an die Szenen in der Türkei, wo es unter den Spie-lern zu regelrechten Schlachten gekommen ist. Das Kolosseum lässt grüssen. Schon auf den Ju-niorenplätzen wird so heftig geprügelt und ge-droht, dass Spiele abgebrochen werden müssen. Eigentlich schade. Eine WM könnte ein so na-tionenverbindender Event sein wie kaum ein anderes Ereignis. Nicht nur die Schweizer ver-gessen Röstigraben & Co, nein, sie interessieren sich sogar plötzlich für Länder, von denen sie vorher noch nicht einmal den Namen gekannt haben. Mathias Hüppi darf ausnahmsweise auch mal was über afrikanische Kulturen erzählen, statt immer nur die Superleague-Resultate zu verkünden. Und wir alle trällern zu K’naan „Give me freedom, give me fire“. •

Fussball - ein Überbleibsel der Evolution?{Text} Bill

redaktionsschluss juniausgabe: sonntag 15. mai, 23.55 uhr. thema: der einfluss von geld und kunst auf die politik.

WAS IST KULT?Podiumsdiskussion mit

Matthias Ackeret, René BeyerJean David & Play Hunter

www.kion.ch

Montag, 16. Mai 2011, 18.30 UhrKOLLER AUKTIONEN

Hardturmstrasse 102, Zürichin der Ausstellung Africa

Podiumsgespräch im Rahmen der Ausstellung «AFRIKA», dem aktu-ellen Werkzyklus von Patrick Lo Giudice, in den Räumlichkeiten von

KOLLER AUKTIONENKult ist mehrdeutig, vielschichtig und facettenreich und wird je nach

Sprachgebrauch anders aufgefasst. Wir reden von Marken-Kult, Kult-Objekten, Personen-Kult, Kult-Filmen und auf der anderen

Seite von Kulthandlungen und kultischen Ritualen.

Anmeldung per email an [email protected] oder aufwww.kion.ch bis 13.Mai

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8. Ausgabe, Mai 2011

21Kreatives

Wenn der Appetitbeim Essen kommt,dann kommt derHunger beim Lesen.

Hochparterre Bücher | Buchhandlung für Architektur Kunst und Design | Gasometerstr. 28 | 8005 Zürichwww.hochparterre-buecher.ch

Hochparterre AZ dieperspektive 14.4.2011 9:26 Uhr Seite 1

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Ich merke immer wieder, dass ich keinen grossen Aktiv-Wortschatz habe.Ich merke immer wieder, dass ich keinen grossen Schatz habe.Ich merke immer wieder, dass ich keinen Grossen habe.Ich merke immer wieder, dass ich keinen habe.Ich merke immer wieder, dass...Ich merke immer wieder.Ich merke immer.Ich merke.Ich.

Demenz{Text} Don Pedrone

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8. Ausgabe, Mai 2011

22 Kreatives

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5. Designomaten

Freitag 6. Mai im Z am ParkZurlindenstrasse 275, Zürich

Vernissage & Apéro ab 18.00 Uhr

Studenten aus der Grafikklasse der F&F konzipieren und gestalten Objekte zum Thema "Jukebox".

Visuelles, textliches und Audio-Material werden zu den ausgewählten Songtiteln recherchiert, editiert und für das Format

der Designbox gestaltet.Die Prototypen werden im Kafi Z zur Eröffnung vom

Designomat Nr. 5 ausgestellt.Das Publikum hat die Möglichkeit ihr Lieblings Designobjekt zu

wählen. Das Objekt mit den meisten Stimmen erhält den Publikums-preis. Dem gewählten Designer wird die Ehre zuteil, sein Designobjekt für Designomat herzustellen. Neue Designobjekte aus der Folgestaffel

werden neu im Brutkasten sein, speziell zu erwähnen ist dasDesignobjekt von Ben Fluri "Guerilla Gärtner".

www.designomat.ch

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„Ich höckle amigs nochlidet weni nachem Suntigs-Joggä en Zopf chauf.“

„Diä neuä Pizza-bröttli hani soogärn! Hm!“

„Wennʻs dussä so warm ischnimi en Caffe Frappé mit iis.Isch zum KULT avanciert!“

„Diä Cornetti-Canellassind ja wüki sehr fein!“

„Hesch recht ghadʻCanolli-Sizilianisind wüki meega guet.“

„Min Sunntigsbrunch ischDank em Artos immerde Hvit.“

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