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2/2002 FIFF-Kommunikation 26 werden Dinge wie Internet, IT und Telekommunikation sehr positiv wahrgenommen. Vieles entwickelt sich zwar noch sehr wild und unregu- liert in privater Hand, aber da ist viel Wettbewerb unter den Anbietern, und das macht uns sehr flexibel und bringt uns letztendlich alle weiter. Vor 20 Jahren gab es hier viele Schreibma- schinenschulen, heute werden Com- puterkurse angeboten. Und das funk- tioniert überraschenderweise sehr gut, viele Leute werden ausgebildet, und sie kommen auch in den Firmen unter. Ich kenne in Indien die Situation im Bereich der IT-Ausbildung sehr gut, zum Glück lsst die indische Regie- rung dies zu, ohne zu stark regulieren zu wollen. Softwarefirmen wie Infosys wren nie so stark geworden, wenn der Staat versucht htte, mit vielen Vorschriften zu regulieren. FIfF: Hast du schon Plne für die Zeit nach der Green Card? Thomas: Nach den fünf Jahren werde ich schauen, welche Mglichkeiten sich mir bieten. Ich würde gerne in meiner jetzigen Firma weiterarbeiten, wenn dies mglich wre. Das Arbeiten in Deutschland gefllt mir sehr gut, die Absicherung als Arbeitnehmer ist ein sehr groer Pluspunkt. Es hat zwar eine Zeit lang gedauert, um dieses System zu begreifen, nun mchte ich es aber nicht mehr missen. Ich fühle mich hier inzwischen auch persnlich sehr wohl. FIfF: Thomas, vielen Dank für das informative und spannende Gesprch. Das Interview wurde im Mrz 2002 in Karlsruhe in englischer Sprache geführt und danach durch Claus Stark ins Deut- sche übertragen. Weitere Informationen Green Card Website des Arbeitsamts: http:// www.arbeitsamt.de/hst/international/gcin- dex.html Green-Card-Jobbrse: http://195.185.214.164/gc/ Die amtliche Statistik über die Green Card kann per E-Mail beim Referat IIIb4 der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg angefordert werden (Mail: [email protected]) NASSCOM (»National Association of Software and Services Companies«, Indien): http:// www.nasscom.org Moitra, D.: India’s Software Industry, in: IEEE Soft- ware, 1/2001 Zorpette, G.: Technology in India, in: IEEE Spek- trum, 3/1994 Dagmar Boedicker Pentagramm der Globalisierung Wie Ulrich Jentzsch in seinem Beitrag in diesem Heft feststellt, lassen die Strategen der Globalisierungsprozesse wenig ernst- hafte Kompromissbereitschaft zum Nut- zen »Unterprivilegierter« erkennen. Sie verfolgen ihre eigenen Interessen und die Abwehr alternativer Entwicklungen und bewirken entsprechendes Konfrontations- potenzial. Und wer das Nest der Profi- teure beschmutzt, wie Joseph Stiglitz, Trger des Wirtschafts-Nobelpreises, frü- her Vize-Prsident der Weltbank und heute ihr Kritiker, der bleibt nicht lang auf einem solchen Posten. In fünf Bereichen erleben wir das alte und nur beschleunigte Phnomen der Globalisierung: Mit Hilfe der Technik rückt die Welt nher zusammen auf den Gebieten der Kultur und der Medien, der Wirtschaft, der Politik, der kriegerischen Auseinandersetzun- gen und des organisierten Verbre- chens. Das lsst sich in einem Penta- gramm darstellen, in dem direkt oder indirekt alles mit allem verbun- den ist. (Für Aberglubische: Das Pen- tagramm ist das Symbol zur Abwehr von beln.) In diesem Beitrag habe ich zuerst versucht, auf den jeweiligen Gebieten wichtige Kritikpunkte zu einander in Beziehung zu setzen. Anschlieend geht es dann um die Lsungsanstze, die sich aus dieser Kritik ableiten las- sen, ganz besonders um Anstze, die sich auch von Menschen ohne Amt und Würden vertreten und unterstüt- zen lassen, und um einen sinnvollen Einsatz der Informations- und Kom- munikationstechnik für diese Zwecke. Kultur und Medien Benjamin Barber benutzt den Begriff der Videologie, um ein Phnomen zu beschreiben, das weltweit immer mehr Menschen erleben: »Die Dominanz amerikanischer Filme auf dem Weltmarkt übertrifft die auf anderen Gebieten bei weitem. Mit dem Nachweis, dass der ameri- kanische Film den Welt-Kinomarkt an der Gurgel hat, lassen sich natürlich noch keine bestimmten kulturellen Folgen voraussagen: Allgegenwart auf einem Markt ist nicht dasselbe wie entscheidender Einfluss. Amerikani- sche Filme sind aber allgegenwrtig noch überwltigender als auf Kin- oleinwnden sind sie es im globalen Fernsehen. Sie haben Unterhaltungs- charakter, aber es ist auch wahrschein- lich, dass sie eine bestimmte Lebens- sicht hervorrufen und Einstellungen und Gewohnheiten beeinflussen. Hol- lywood ist McWorlds Mrchenerzhler und st Skularismus, Passivitt, Kon- sumdenken, Erleben aus zweiter Hand, Spontankufe und beschleunig- tes Leben; nicht als Ergebnis der offen- sichtlichen Themen und der erzhlten Geschichten, sondern bewirkt durch seine Eigenart und durch die Art, wie seine Produkte konsumiert werden. Unabhngig von ihrer Handlung ver-

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werden Dinge wie Internet, IT undTelekommunikation sehr positivwahrgenommen. Vieles entwickeltsich zwar noch sehr wild und unregu-liert in privater Hand, aber da ist vielWettbewerb unter den Anbietern, unddas macht uns sehr flexibel und bringtuns letztendlich alle weiter. Vor20 Jahren gab es hier viele Schreibma-schinenschulen, heute werden Com-puterkurse angeboten. Und das funk-tioniert überraschenderweise sehr gut,viele Leute werden ausgebildet, undsie kommen auch in den Firmen unter.Ich kenne in Indien die Situation imBereich der IT-Ausbildung sehr gut,zum Glück lässt die indische Regie-rung dies zu, ohne zu stark regulierenzu wollen. Softwarefirmen wie Infosyswären nie so stark geworden, wenn

der Staat versucht hätte, mit vielenVorschriften zu regulieren.

FIfF: Hast du schon Pläne für die Zeitnach der Green Card?

Thomas: Nach den fünf Jahren werdeich schauen, welche Möglichkeitensich mir bieten. Ich würde gerne inmeiner jetzigen Firma weiterarbeiten,wenn dies möglich wäre. Das Arbeitenin Deutschland gefällt mir sehr gut,die Absicherung als Arbeitnehmer istein sehr großer Pluspunkt. Es hat zwareine Zeit lang gedauert, um diesesSystem zu begreifen, nun möchte iches aber nicht mehr missen. Ich fühlemich hier inzwischen auch persönlichsehr wohl.

FIfF: Thomas, vielen Dank für dasinformative und spannende Gespräch.

Das Interview wurde im März 2002 inKarlsruhe in englischer Sprache geführtund danach durch Claus Stark ins Deut-sche übertragen.

Weitere Informationen

Green Card � Website des Arbeitsamts: http://www.arbeitsamt.de/hst/international/gcin-dex.html

Green-Card-Jobbörse: http://195.185.214.164/gc/

Die amtliche Statistik über die Green Card kann perE-Mail beim Referat IIIb4 der Bundesanstalt fürArbeit in Nürnberg angefordert werden (Mail:[email protected])

NASSCOM (»National Association of Software andServices Companies«, Indien): http://www.nasscom.org

Moitra, D.: India's Software Industry, in: IEEE Soft-ware, 1/2001

Zorpette, G.: Technology in India, in: IEEE Spek-trum, 3/1994

Dagmar Boedicker

Pentagramm der GlobalisierungWie Ulrich Jentzsch in seinem Beitrag indiesem Heft feststellt, lassen die Strategender Globalisierungsprozesse wenig ernst-hafte Kompromissbereitschaft zum Nut-zen »Unterprivilegierter« erkennen. Sieverfolgen ihre eigenen Interessen und dieAbwehr alternativer Entwicklungen undbewirken entsprechendes Konfrontations-potenzial. Und wer das Nest der Profi-teure beschmutzt, wie Joseph Stiglitz,Träger des Wirtschafts-Nobelpreises, frü-her Vize-Präsident der Weltbank undheute ihr Kritiker, der bleibt nicht lang aufeinem solchen Posten.In fünf Bereichen erleben wir das alteund nur beschleunigte Phänomen derGlobalisierung: Mit Hilfe der Technikrückt die Welt näher zusammen aufden Gebieten der Kultur und derMedien, der Wirtschaft, der Politik,der kriegerischen Auseinandersetzun-gen und des organisierten Verbre-chens. Das lässt sich in einem Penta-gramm darstellen, in dem � direktoder indirekt � alles mit allem verbun-den ist. (Für Abergläubische: Das Pen-tagramm ist das Symbol zur Abwehrvon Übeln.)

In diesem Beitrag habe ich zuerstversucht, auf den jeweiligen Gebieten

wichtige Kritikpunkte zu einander inBeziehung zu setzen. Anschließendgeht es dann um die Lösungsansätze,die sich aus dieser Kritik ableiten las-sen, ganz besonders um Ansätze, diesich auch von Menschen ohne Amtund Würden vertreten und unterstüt-zen lassen, und um einen sinnvollenEinsatz der Informations- und Kom-munikationstechnik für diese Zwecke.

Kultur und MedienBenjamin Barber benutzt den Begriffder Videologie, um ein Phänomen zu

beschreiben, das weltweit immermehr Menschen erleben:

»Die Dominanz amerikanischerFilme auf dem Weltmarkt übertrifftdie auf anderen Gebieten bei weitem.� Mit dem Nachweis, dass der ameri-kanische Film den Welt-Kinomarkt ander Gurgel hat, lassen sich natürlichnoch keine bestimmten kulturellenFolgen voraussagen: Allgegenwartauf einem Markt ist nicht dasselbe wieentscheidender Einfluss. Amerikani-sche Filme sind aber allgegenwärtig �noch überwältigender als auf Kin-oleinwänden sind sie es im globalenFernsehen. Sie haben Unterhaltungs-charakter, aber es ist auch wahrschein-lich, dass sie eine bestimmte Lebens-sicht hervorrufen und Einstellungenund Gewohnheiten beeinflussen. Hol-lywood ist McWorlds Märchenerzählerund sät Säkularismus, Passivität, Kon-sumdenken, Erleben aus zweiterHand, Spontankäufe und beschleunig-tes Leben; nicht als Ergebnis der offen-sichtlichen Themen und der erzähltenGeschichten, sondern bewirkt durchseine Eigenart und durch die Art, wieseine Produkte konsumiert werden.Unabhängig von ihrer Handlung ver-

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binden Geschichten, die ein Stammam Lagerfeuer erzählt, die Menschenmiteinander und geben ein gemeinsa-mes Erbe wieder. Geschichten, diedurch die magische Laterne gegangensind und auf dem Fernsehbildschirmoder der Kinoleinwand erscheinen,sind geprägt von ihrem ganz eigenenMedienkontext.«5 Barber verbindetdiese Analyse der Medienwirkung mitder Beobachtung von Konsumverhal-ten, Produktionsweisen und politi-schen Einstellungen und kommt zudem Schluss: »Viele Menschen � inIndustriestaaten eine Mehrheit, in Ent-wicklungsländern eine Minderheit,die allmählich zur Mehrheit wird �verbringen an jedem Tag entschiedenzu viel von ihrer Zeit in den kommer-ziellen Habitats der neuen Welt, die inHollywood und seinen Ablegernerfunden werden (�imagineered�6 wiedie Disney-Leute sagen): Vor dem Fernse-her, in einem Einkaufszentrum, im Kinooder Fastfood essend, während sie als Lük-kenfüller die Vorschau eines Films anse-hen und lizenzierten Schnickschnack kau-fen. Viel mehr Zeit als in der Schule, derKirche, einem Bürgerhaus, politischenNebenzimmern, Orten ehrenamtlicherArbeit oder auf dem Sportplatz.«7

Wirtschaft»No space. No choice. No jobs. Nologo.«8 überschreibt Naomie Klein dievier Abschnitte ihres Buchs No Logo9.Sie beschreibt an vielen konkreten Bei-spielen,

� wie Marken-Multis den öffentli-chen Raum okkupieren und dieErsatz-Agora10 mit ihrer Werbung,ihrem Hausrecht, mit Wachperso-nal und Überwachungskamerasbesetzen

� wie transnationale Unternehmen(Wal-Mart, Toys�R�Us, MacDonalds,�) mit ihren Vertriebsstrategien

5. Barber, Benjamin: Jihad vs. McWorld, Ballan-tine Books, New York, 1996, S. 95ff (Überset-zung D. Boedicker)

6. (Anm. D. Boedicker: Verschmelzung von ima-gine und engineer � sich vorstellen und eine Ent-wicklung/Richtung bestimmen)

7. a.a.O., S. 978. Kein Raum, keine Wahl, keine Jobs, keine

Logos9. Klein, Naomi: No Logo, Flamingo, London,

200110. Marktplatz der antiken griechischen Stadt

(Polis), Ort der politischen Meinungsbildung

die Vielfalt austilgen und die Poli-tik beeinflussen (wie Reagan bei-spielsweise 1983 das Kartellrechtder USA demontierte); wiebestimmte Konzerne die Jugend-kultur ausbeuten und zur Identi-täts-stiftenden Klamotte reduzieren

� wie die Multis MacJobs durchdrük-ken und die Produktion in Ent-wicklungsländer ohnevernünftigen Arbeitsschutz undmit niedrigen Umweltstandardsverlagern

� und wie sich eine fantasievolleBewegung dagegen entwickelt.

Wenn Jeremy Rifkin einen Trend rich-tig beobachtet, der von der Vermark-tung materieller Güter zur Vermark-tung ihrer Nutzung, zum Zuganggeht, dann ist auch seine Folgerungnicht unwahrscheinlich, dass nämlichThemenparks und Club-Urlaub,Cyberspace und Wellness-Zentrumden Weg in die kulturelle Enteignungzu Gunsten einer Erlebnis-Ökonomieweisen könnten: »TransnationaleMedienkonzerne mit ihren weltum-spannenden Netzen schürfen in allenErdteilen nach kulturellen Ressourcenund verpacken sie neu als Kultur-Ware und Unterhaltung.«11 und »Fürdie kommenden Jahre lautet dieSchlüsselfrage, ob angesichts einerstark reduzierten Regierungs- undkulturellen Sphäre die Zivilisationüberleben kann, wenn nur die Sphäredes Kommerzes als vorrangiger Ver-mittler im menschlichen Daseinbleibt.«12

Unternehmen werden anders alsfrüher regiert: »Die Macht hat sich vonUnternehmer-Bossen, Erfindern undIndustriellen weg verlagert, hin zuBanken, Geldgebern und Direktoren,die den Arbeitern unbekannt sind, diein der von ihnen geleiteten Fabrikschuften.«13

Die Wirtschaft denkt global undhandelt lokal. Sie verfolgt ökonomi-sche Ziele mit den am besten geeigne-ten Mitteln. Sie nutzt dafür die Tech-nik, die Medien und auch die Beste-

11. Rifkin, Jeremy: the age of access, PenguinBooks, London, 2001, S. 7 (Übersetzung D. Boe-dicker)

12. a.a.O., S. 1013. Thorpe, Vic: Facing Global Power, beim 2.

Weltkongress der ICEM, 2001 (Übersetzung D.Boedicker)

chung. Manchmal kommenwirtschaftliche und politische Machtin einer Person zusammen, wie im Falldes Interessenten am Kirch-Konglo-merat, Silvio Berlusconi. »Der Berlus-coni-Anwalt und Forza-Italia-Abge-ordnete Cesare Previti soll in den acht-ziger Jahren beim Verkauf desVerlages Mondadori14 römische Richterbestochen haben. Das führte dazu, daßPrevitis Klienten in einem Zivilprozeßgegen den italienischen Staat einen Scha-densersatz von umgerechnet350 Millionen Euro zugesprochen beka-men.«15

PolitikBerlusconis Interesse an noch mehrMedienmacht, auch in Deutschland,lässt Übles ahnen. Hat er doch seinenEinfluss auch innerhalb der Europäi-schen Union (EU) schon zu nutzenversucht, als es 2001 darum ging, dieeuropäische Sicherheitspolitik zu ver-bessern und Korruption als ein Kata-logtatbestand aufgenommen werdensollte. Berlusconi ist aber kein Einzel-fall. George Bush juniors Verbindun-gen mit den Energiekonzernen sindbekannt, Unternehmen haben seinenWahlkampf unterstützt. Ein Schelm,wer denkt, dass über das Erdöl auchdie Nahost- und Afghanistan-Politikder USA davon beeinflusst sein könn-ten.

Schon im 19., verstärkt aber im20. Jahrhundert, wurde die internatio-nale Politik von der HegemonialmachtUSA dominiert, der frühere GegenpolUdSSR fehlt heute. Beide Blöckehaben zwar nicht eben segensreichzusammengewirkt, ein Pol allein istjetzt aber Anlass, die internationalePolitik ganz neu zu denken.

Internationale Politik unterscheidetsich deutlich von nationaler Politik,sie ist viel ausgeprägter Realpolitik,denn sie lässt sich nur unter ganzbestimmten Bedingungen durchset-zen. Während Staaten ihren eigenenGesetzen notfalls mit polizeilicherGewalt Geltung verschaffen können,

14. (Anm. D. Boedicker: heute im Besitz von Ber-lusconi)

15. Antonio Tabucchi, Schriftsteller, und FrancescoSaverio Borrelli, früher Chefermittler undAnkläger der Operazione Mani Pulite/OperationSaubere Hände: Die Macht und die Justiz; inLettre International, Heft 56, I/2002, Berlin

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lässt sich internationales Recht vielschwerer durchsetzen: Hat, wer esmissachtet, die jeweilige Vereinbarungüberhaupt ratifiziert? Wie stark ist dasLand? Sind Verhandlungen ohneGesichtsverlust möglich? Wer unter-stützt den Übeltäter, bis zu welchemGrad? Ist es im Interesse der anderen,rechtlich bindende Vereinbarungendurchzusetzen, seien es nun UN-Reso-lutionen, Verträge zum Umwelt-schutz oder den Menschenrechten?

Internationale Politik ist auch kom-pliziert. Es gilt, nationales Recht undfremde Kulturen zu kennen und zuverstehen, real existierende Machtver-hältnisse zu beachten. Bis vor wenigenJahren (und vielleicht noch heute)berücksichtigten die wenigsten deut-schen Richter EU-Recht, obwohl es invielen Angelegenheiten Vorrang hat.Sie kannten es einfach nicht, und diePolitik hatte es versäumt, Mechanis-men zur Information festzulegen.

Obwohl die EU auf vielen Gebietensehr erfolgreich den Spagat zwischennationalen und Gemeinschafts-Inter-essen geschafft hat, versagt auch siebeim Problem, komplizierte zwischen-staatliche Zusammenhänge für dieBürgerinnen und Bürger zu verdeutli-chen. Wie soll sich eine politischeÖffentlichkeit und Meinung heraus-bilden, wenn die Medien weiterhinnational sind und ausländische Posi-tionen aus der nationalen Sicht bewer-ten? Lettre International, arte tv undeine Handvoll weiterer Medien versu-chen, die Kulturgrenzen zu über-schreiten, aber es sind wenige und siewerden zu wenig wahrgenommen.Für das umfangreiche Angebot imInternet ist Englisch Voraussetzungund die Kriterien für Relevanz undWahrheitsgehalt der Informationensind wenig entwickelt.

MilitärIm 20. Jahrhundert dürften etwa180 Millionen16 Menschen in Kriegenoder Diktaturen umgebracht wordensein17, in einer Globalisierung des Tot-schlags und des Leidens. Kriege fan-den auf allen Kontinenten zu allen

16. Zehn Mal die gesamte Bevölkerung der DDR!Die Zahl ist umstritten, dürfte allerdings eherkonservativ sein.

17. Matthew White, http://users.erols.com/mwhite28/war-1900.htm

Zeiten statt, nicht eben ein Beweis fürmenschliche Vernunft und Friedfertig-keit. Wohl aber ein Beweis dafür, dassihre Vermeidung eines der dringend-sten Probleme ist und eine globaleAufgabe sein sollte.

Aber auch ein Hinweis darauf,dass es so etwas wie die zivilisierteWelt, die Bush im September 2001angegriffen sah, noch nicht wirklichgibt. Vorstellungen der dominantenMacht wie Kreuzzüge oder die Achsedes Bösen sind sicher nicht geeignet,Interessengegensätze oder andereAuslöser militärischer Konflikte zuentschärfen.

VerbrechenEbenso global wie Krieg oder Handelist die Kriminalität, nicht selten inunheiliger Allianz mit Befreiungsbe-wegungen, die sich aus diesen Quel-len mit Waffen versorgen und mit Dro-gen zahlen. Das organisierte Verbre-chen ist darauf angewiesen, seinegewaltigen Erträge zu waschen, unddas bisschen Schmiergeld ist dabeiimmer drin � wirklich nur Peanuts. �Wenig vorbildlich sind Gegenmaß-nahmen wie der Drogenkrieg der USAin Lateinamerika, der Bauern dieLebensgrundlage entzieht, Länderhochrüstet und dem organisierten Ver-brechen gleichzeitig seine Kunden inden Vereinigten Staaten erhält.

Alles hängt mit allem zusammenDiese fünf Bereiche der Globalisierungsind miteinander verflochten undbeeinflussen sich wechselseitig. Denk-bar ist aber auch, dass sie Widersprü-che enthalten, die sich in positiveGegenkräfte umwandeln lassen � unddass sich diese ebenfalls wechselseitigverstärken. Manches lässt sich aus derKritik der negativen Auswirkungenschon ablesen.

Kultur und MedienVieles haben wir selbst in der Hand:Warum im Kino nicht mal einen aus-ländischen Film mit Untertiteln anse-hen � oder arte tv statt RTL? Warumnicht mal ein Buch über Indien lesenoder zu den türkischen, spanischenoder sonstigen Kulturtagen gehen

statt Überstunden oder Fernsehen?Den Umgang mit der IKT entschleuni-gen und statt dessen erweitern, indemwir mal den EU-Server besuchen oderandere Links ansehen, die in diesemHeft zu finden sind.

Aber auch das ist doch eher (Er-)Leben aus zweiter Hand, am wichtig-sten dürfte wirklich der direkte Kon-takt mit der eigenen und anderen Kul-turen sein: Menschen einladen oderbesuchen, die aus anderen Ländernstammen, sei es, dass ihre Kinder imselben Kindergarten oder der selbenSchule sind; Kommilitonen aus demAusland, der Urlaub ohne Pauschalar-rangement, sogar das Altenzentrumim Stadtteil � All das ist viel interes-santer als der Hollywood-Schinkennach ewig gleichem Strickmuster mitPopcorn. Werbung als optischeUmweltverschmutzung lässt sichkaum ausblenden, aber die Stumm-schaltung an der Fernbedienungbringt wenigstens etwas.

Als Einzelne oder als Gruppe kön-nen wir auch die Medien etwas beein-flussen. Beim Fernsehen steht einZuschauerbrief für 3.000, die sichnicht äußern. Fast alle großen Sendersind auch per Mail zu erreichen � washindert uns daran, einen der seltenenuntertitelten Filme aus dem europäi-schen Ausland besonders zu loben?Einfühlsame und interessante Repor-tagen zu honorieren oder mehr aus-führliche Berichte über die EU anzu-fordern?

WirtschaftKonzerne scheinen die Verbraucher-macht mehr zu fürchten als mancheVerbraucher sie schätzen.18 Dabei hat

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sie sich immer wieder bewährt: Nestlébei Säuglingsnahrung, Siemens unddas Atomgeschäft, Monsanto undGen-Soja, Batterie-Eier oder Pelze,immer wieder wurde Verbraucher-Boykott aus ethischen Gründen wirk-sam � wenn auch sicher nicht dauer-haft. Aber steter Tropfen höhlt denStein.

Es gibt auch Alternativen zu derArt von Konsum, die transnationaleKonzerne stärkt: Tauschringe bietenWare gegen Dienstleistung und umge-kehrt: Fünf Fenster putzen für einenabgelegten PC, Websurfen lernengegen Vorhänge nähen, � In jedemFall aber ist bewusster Konsum hilf-reich � zum Erhalt von Lebensqualitätfür uns selbst und andere. Kleidungmuss eben nicht von Gap und Turn-schuhe müssen nicht von Nike sein,wenn mensch weiß, wie die Produ-zenten arbeiten.

Zwar sollten wir unsere Verbrau-chermacht nicht unterschätzen, dochandere sind auch gefordert: So ein bis-schen verpennt agieren die Gewerk-schaften wohl schon, auch wenn eineschwindende und manchmal uninter-essierte Basis daran nicht unbeteiligtsein dürfte. Dabei gibt es vernünftigeForderungen: Internationale Vertre-tung für die Beschäftigten in interna-tionalen Unternehmen, Kernkonven-tionen der ILO19 in Betriebsvereinbarun-gen festschreiben und einhalten, damit sieauch in Ländern eingefordert werden kön-nen, deren Gesetze laxer sind, in Zusam-menarbeit mit anderen gesellschaftlichenGruppen ethische Grundforderungen ver-ankern und damit auch in internationalenOrganisationen zum Thema machen.Diese Zusammenarbeit beginnt erst:»NROs haben ihre Solidaritätslektiongelernt und begonnen, sich bei wichtigenAnliegen zusammenzuschließen. Dasbeeindruckendste Beispiel für solcheAktionen war der gemeinsame Angriffvieler gesellschaftlicher Gruppen auf dasMultilateral Agreement on Investment(MAI), der dazu führte, dass es � bisauf weiteres � von der Globalisie-rungs-Agenda genommen wurde. Die

18. eine Untersuchung von zu �Fortune 500« gehö-renden Unternehmen an der New Yorker Börseergab, dass bis zu 30 % ihres Werts an derBörse vom öffentlichen Ansehen bestimmtsind, zu dem als Schlüsselfaktoren Umwelt-,Menschenrechts- und Verbraucher-Themenbeitragen (Vic Thorpe, ICEM 2001)

19. International Labour Organisation

internationale Gewerkschaftsbewe-gung war größtenteils nicht in derAllianz vertreten � isoliert durch ihreEntscheidung, für Arbeitsschutz-Ver-einbarungen im Vertragswerk zukämpfen statt gegen den Vertrag ansich zu arbeiten. Inzwischen sieht esso aus, als ob diese Debatte in derWelthandels-Organisation (WTO) wie-der aufgenommen werden wird. Dar-aus ergibt sich eine zweite Chance fürein starkes Bürger-Bündnis, in demdiesmal auch die Gewerkschaften ver-treten sein können.«20

Die Interessenvertretung durch dieGewerkschaft funktioniert � wenig-stens im Fall von ver.di � sehr ordent-lich. Kann ich empfehlen, auch fürSelbstständige.

Von unseren politischen Vertrete-rinnen und Vertretern können wir for-dern, was auch Gewerkschaften wün-schen, nämlich eine erneute Einbin-dung der Unternehmen in dieregionale und nationale Gesellschaft.»Gesamtgesellschaftliche Interessensind meist am besten vertreten, wennInvestitions-Entscheidungen auf derlangfristigen Sicht von Investorenberuhen, die ihre Wurzeln in der Kom-mune oder dem Land haben. Fürergänzende Investitionen von außensollte gelten, dass sie ebenfalls denlängerfristigen Interessen der Kom-mune dienen müssen. � Wir müssendie moralische Grundlage zurückerobern, dass die Beschäftigten unddie Nachbarn einer Fabrik natürlicheRechte haben, die mindestens genauso schutzwürdig sind wie die Rechtederjenigen, die lediglich Eigentumdaran besitzen. Für die Beschäftigenist anzuerkennen, dass sie den größtenpersönlichen Einsatz in das Unterneh-men geleistet haben. � Die Kom-mune, die einer Fabrik Infrastrukturund Dienstleistungen bietet, hat einenebenso wertvollen Beitrag für dieZukunft des Unternehmens gelei-stet.«21 Diese Rechte sind gesetzlichzu verankern.

Milliarden $US fließen täglich alsBits und Bytes um den Erdball undbewirken unternehmerische und poli-tische Entscheidungen, die dem Prin-zip der sozialen und ökologischen

20. Thorpe, Vic: Facing Global Power, beim 2.Weltkongress der ICEM, 2001

21. a.a.O.

Nachhaltigkeit Hohn sprechen. Umden Einfluss der Spekulation zubeschneiden, ist die Tobin-Steuer imGespräch. An politischen Hürdenkann sie scheitern, an technischen Pro-blemen wohl kaum. Software-Lösun-gen könnten am Zahlungsausgleichs-system ansetzen, vergleichbar mitdem simplen Abzug von Kontofüh-rungs-Gebühren.

PolitikSehr wirkungsvoll sind sie ja nicht, dieVersuche der Politik, die Globalisie-rungsakteure zu domestizieren. Viel-leicht brauchen unsere Vertreter dochetwas mehr Unterstützung in Formvon Partizipation?

Globale Ursachen zeitigen lokaleWirkungen: Menschen rund um dieWelt geraten immer mehr in dieArmutsfalle, und nicht wenige sehenkeine andere Möglichkeit als ihr Landzu verlassen. Die Debatte zumZuwanderungsgesetz hat diesenAspekt � vielleicht zu Recht � nicht inden Vordergrund gespielt und sich aufnützliche Einwanderer konzentriert.Asyl ist trotzdem ein wichtigesThema: »Wenn man den deutschenVerfassungsartikel22 gründlich liest,kann man sich vorstellen, was darinwirklich gemeint ist: Nämlich Schutzvor staatlicher Verfolgung ebenso wievor Verfolgung von Menschen, die ihrStaat nicht beschützen kann oder will.Für das Opfer macht das ohnehinwenig Unterschied, und warum sollteuns die Perspektive des Täters wichti-ger sein als der Schutz des Opfers? Diedeutsche Position ist jedenfalls ziem-lich einzigartig.«23

Den Menschen hier müssen wirmit einem größeren Interesse begeg-nen: Nach dem 11. September wurdenMuslime misstrauisch beäugt � bisdahin waren sie uns wohl ziemlichfremd und egal. Als Eltern können wirmehr interkulturelle Kommunikationin den Schulen verlangen: Projekttage,entsprechende Information zur inter-nationalen Politik für unsere Kinder,� Als Bürger sollten wir zu verstehenversuchen, welches Elend und welcheZerstörung von Lebensraum in ande-

22. Art. 16, GG23. UNHCR-Kommissar Ruud Lubbers zur Migra-

tion: Es geht um die Opfer. SZ vom 5. Juli 2001,S. 8, München

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ren Teilen der Welt herrschen und einevernünftige Politik einfordern, dieUnterstützung zur Bekämpfung derFluchtursachen leistet.

Politische KonzepteDie Europäische Union ist ein Pilot-projekt in Sachen Globalisierung. Sieist insofern einzigartig, als sie mehrGewicht auf politische Konzepte undBürgerbeteiligung legt als andere ver-traglich geeinte Wirtschaftszonen wieder Mercosur oder die NAFTA24. Lei-der ist der kürzlich eingerichtete EU-Konvent gleichzeitig ein Beispiel fürdie Kluft zwischen Anspruch undWirklichkeit: 105 Delegierte aus 28Ländern beraten über eine Reform, dieauch mehr Bürgernähe bringen soll.Es sind nationale und Abgeordnetedes Europaparlaments, Vertreter derRegierungen von Mitglieds- und Kan-didatenländern und EU-Kommissare,NROs sind nicht vertreten. Trotzdembietet sich der Konvent als Adresse fürAnregungen an.25

Wie in verschiedenen UN-Organi-sationen sollten auch auf anderen Ebe-nen die Mitbestimmungsrechte vonBürgern und NROs verankert werden.Und natürlich genutzt!

MilitärIst die alte Selbstverständlichkeit fürFIfF-Mitglieder immer noch selbstver-ständlich? Nämlich nicht beiRüstungsprojekten mitzuarbeiten? Siesollte es sein, schließlich sind Informa-tiker privilegiert auf dem Arbeits-markt und können es sich leisten Zei-chen zu setzen.

Rüstungshaushalte werden immerzu hoch sein � die Forderung anunsere Politiker kann eigentlich nurlauten, sie abzuspecken, ganz imGegensatz zu dem, was die USAbetreiben. Militär kann aber auchnützlich sein, um gegnerische Trup-pen zu trennen oder wie beispiels-weise die ISAF-Truppen bei der Hilfefür Erdbebenopfer. Die Friedensfor-

24. Mercosur: Wirtschaftsverbund wichtiger süd-amerikanischer Staaten; NAFTA: North Atlan-tic Free Trade Association, Freihandelszonezwischen Mexiko, den USA und Kanada.

25. Beratungen des Konvents unter http://euro-pean-convention.eu.int; Reformvorschlägekann mensch einbringen unter http://europa.eu.int/futurum/forum_convention

schung hat wichtige Konzepte, wiedas der Mediation, entwickelt, siemüssen umgesetzt und es muss weitergeforscht werden.

VerbrechenEs ist sicher sinnvoll, vor der eigenenTüre zu kehren: Verbrechen und Terro-rismus brauchen immer auch dengeeigneten Nährboden. Eva Joly, fran-zösische Ermittlungsrichterin und Trä-gerin des Integritätspreises der Anti-Korruptions-Organisation Transpa-rency International: »Wenn die inter-nationale Zusammenarbeit gegen Ter-roristen funktioniert, dann ist schonviel gewonnen. Das Wichtigste dabeiist, dass weltweit die anonymen Bank-konten verschwinden und klar wird,wer die wirtschaftlich Berechtigtensind, die sich hinter Treuhändern ver-stecken. Wenn wir das vollbringen,haben wir auch für die Korruptionsbe-kämpfung viel erreicht. DieAnschläge26 waren ein gewaltigerBeweis dafür, wie gefährlich dieAnonymität von Finanztransaktionenist.«27

Im September beschloss die Bun-desregierung die »Gründung einerzentralen Finanzfahndungsbehörde,von der sich die Initiatoren größereErfolge im Kampf gegen Geldwäscherversprechen, als dies im bisherigenzersplitterten System der Fall war.«28

Diese scheinbar entschlossenenVorsätze der Staatengemeinschafthaben sich wohl schon wieder ver-flüchtigt: Im Februar 2002 fand inHongkong ein Treffen der Anti-Geld-wäschevereinigung FATF statt. Ger-hard Bläske resümiert für die Süd-deutsche Zeitung (SZ): »Unter demunmittelbaren Eindruck der Attentate� gab sich die Staatengemeinschafteinig. Es gelte nun, die Finanzierungs-quellen des Terrorismus auszutrock-nen, hieß es damals. Diese Aufgabewurde Ende Oktober der Anti-Geld-wäschevereinigung FATF übertragen.Die jüngste Sitzung der29 Mitgliedsstaaten war ein beredtesBeispiel für die Schwierigkeiten bei

26. (vom 11. September 2001 in New York; Anm.D. Boedicker)

27. Konten sperren statt Krieg führen; SZ vom 11.Oktober 2001, S. 2, München

28. Hilmar Höhn: Mehr Rechte für Finanzfahnder;Frankfurter Rundschau vom 28. September2001, S. 11, Frankfurt/Main

der praktischen Umsetzung. Selbstinnerhalb dieser Ländergruppe ist esbisher nicht gelungen, die acht Emp-fehlungen, zu deren Umsetzung siesich verpflichteten, etwa die Verab-schiedung eines Anti-Geldwäsche-Systems und die Verbesserung derKundenidentifizierung, umzusetzen.Vor allem die Schweiz, Luxemburgoder Österreich ziehen in einzelnenPunkten nicht mit. � Es bleibt derEindruck, dass nicht allen Staatengegenüber die gleichen Maßstäbeangelegt werden. � Auch die USAgehören zu den Sündern. Doch aufDruck der Amerikaner, deren Unter-nehmen Briefkastenadressen in offs-hore-Gebieten nutzen, um bei Expor-ten Steuern zu sparen, wurde diesePraktik aus der Liste sanktionswürdi-ger Praktiken gestrichen.«29 � undworüber sich die Mitgliedsstaatenauch nicht einigen konnten, das war,welche Kompensationen sie Ländernbieten möchten, die auf solche Krimi-nalitäts-fördernde Praktiken verzich-ten würden, aber sonst keine Einnah-mequellen haben.

Vielleicht sollten wir Organisatio-nen wie der FATF auf die Füße treten?Ihnen Mails schicken, das sind siesicher nicht gewohnt?

Kurz gesagt»Per Default sind alle ein Teil vonMcWorld, alle sind Verbraucher. Aufder Suche nach dem Behältnis ihrerIdentität gehören alle zu irgendeinemStamm. Nur Bürger ist niemand. Wiesoll es Demokratie ohne Bürgergeben?«30

Politik muss international sein,oder sie wird nicht sein. Konzernewerden Verantwortung übernehmenmüssen und die Politik wird ihr klein-kariertes Starren auf die nationalenInteressen zu Gunsten gemeinsamerinternationaler Interessen aufgebenmüssen.

Menschen werden ihren Horizonterweitern müssen, während sie ihreInteressen vertreten und Solidarität alsim eigenen Interesse liegend begrei-fen.

29. SZ vom 4. Februar 2002, S. 2130. Barber, Benjamin: Jihad vs. McWorld, Ballan-

tine Books, New York, 1996, S. 8 (ÜbersetzungD. Boedicker)