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UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG Psychiatrie, Hochschulambulanz Hauptstraße 5, 79104 Freiburg Tel.: 0761-270-6550 - 1 - Das Asperger Syndrom Asperger Syndrom (AS) und hochfunktionaler Autismus (HFA) Das öffentliche Interesse am Asperger Syndrom und den damit verbundenen Kerndefiziten der sozialen Wahrnehmung und Kompetenz hat in den letzten Jahren rapide zugenommen, was seinen Niederschlag vor allem in zahlreichen Artikeln der Printmedien und Reportagen der TV-Medien gefunden hat, sowie im bekannten Kinofilm „Rain Man“. Vom AS ist der frühkindliche Autismus zu unterscheiden, welcher häufig mit einer Intelligenzminderung verbunden ist. Personen mit AS verfügen häufig über normale schulische Fähigkeiten mit erfolgreichem Abschluss. Aufgrund der Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Kompetenz haben sie jedoch in sozialen Gruppen und im Berufsleben zumeist Schwierigkeiten und sind unzureichend integriert. Der Kontakt zu Gleichaltrigen ist bei Personen mit AS zumeist eingeschränkt und sie verfügen oft nicht über ausreichende Fähigkeiten, um Freundschaften aufzubauen. Zum Teil kann das Interesse an sozialen Kontakten und der Kontaktpflege auch gar nicht vorhanden sein. Störungen in der Sinneswahrnehmung (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, u.a.) können zu einer Überforderung („overload“) in vielen Alltagssituationen führen, was zusätzliche Schwierigkeiten in sozialen Situationen bereitet. Die eingeschränkte Fähigkeit zum Perspektivwechsel (was denkt eine andere Person, welche Absichten, Gedanken, Überzeugungen und Gefühle hat diese) macht die Erkennung von Absichten, Gefühlen und Gedanken anderer besonders schwer. Weiter kann der Lernprozess für soziale Interaktionen erschwert sein, wenn z.B. die Erkennung von Emotionen schon aufgrund von Schwierigkeiten im Wahrnehmungsbereich nicht hinreichend genau ist (in manchen Fällen bis hin zur Prosopagnosie, d.h. Gesichtsblindheit). Nichtsdestotrotz sind Personen mit AS häufig bemüht möglichst wenig aufzufallen und versuchen viele der Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen zu kompensieren. Da sie jedoch kaum auf eine automatische Verarbeitung von z.B. Emotionen oder der Erkennung von Absichten (z.B. hinter einer sprachlichen Bemerkung) zurückgreifen können, müssen sie viele wichtige Informationen explizit und logisch kontrolliert verarbeiten. Dies ist zumeist mit einer zusätzlichen Anstrengung verbunden, die „Zeichen“ richtig zu deuten. So bezeichnen sich manche Personen mit AS als Schauspieler, welche eine Fassade aufrechterhalten, in der Hoffnung, dass ihre Schwierigkeiten nicht entdeckt werden. Aufgrund dieser extrem aufwändigen Kompensationsstrategien von Personen mit AS in sozialen Situationen kommt es häufiger zu Überforderungen, welche zu starken Erschöpfungszuständen führen können. Aufgrund solcher

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- 1 -

Das Asperger Syndrom

Asperger Syndrom (AS) und hochfunktionaler Autismus (HFA)

Das öffentliche Interesse am Asperger Syndrom und den damit verbundenen Kerndefiziten der

sozialen Wahrnehmung und Kompetenz hat in den letzten Jahren rapide zugenommen, was seinen

Niederschlag vor allem in zahlreichen Artikeln der Printmedien und Reportagen der TV-Medien

gefunden hat, sowie im bekannten Kinofilm „Rain Man“. Vom AS ist der frühkindliche Autismus zu

unterscheiden, welcher häufig mit einer Intelligenzminderung verbunden ist. Personen mit AS

verfügen häufig über normale schulische Fähigkeiten mit erfolgreichem Abschluss. Aufgrund der

Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Kompetenz haben sie jedoch in sozialen Gruppen und im

Berufsleben zumeist Schwierigkeiten und sind unzureichend integriert. Der Kontakt zu

Gleichaltrigen ist bei Personen mit AS zumeist eingeschränkt und sie verfügen oft nicht über

ausreichende Fähigkeiten, um Freundschaften aufzubauen. Zum Teil kann das Interesse an sozialen

Kontakten und der Kontaktpflege auch gar nicht vorhanden sein. Störungen in der

Sinneswahrnehmung (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, u.a.) können zu einer Überforderung

(„overload“) in vielen Alltagssituationen führen, was zusätzliche Schwierigkeiten in sozialen

Situationen bereitet. Die eingeschränkte Fähigkeit zum Perspektivwechsel (was denkt eine andere

Person, welche Absichten, Gedanken, Überzeugungen und Gefühle hat diese) macht die Erkennung

von Absichten, Gefühlen und Gedanken anderer besonders schwer. Weiter kann der Lernprozess für

soziale Interaktionen erschwert sein, wenn z.B. die Erkennung von Emotionen schon aufgrund von

Schwierigkeiten im Wahrnehmungsbereich nicht hinreichend genau ist (in manchen Fällen bis hin

zur Prosopagnosie, d.h. Gesichtsblindheit).

Nichtsdestotrotz sind Personen mit AS häufig bemüht möglichst wenig aufzufallen und

versuchen viele der Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen zu kompensieren. Da sie

jedoch kaum auf eine automatische Verarbeitung von z.B. Emotionen oder der Erkennung von

Absichten (z.B. hinter einer sprachlichen Bemerkung) zurückgreifen können, müssen sie viele

wichtige Informationen explizit und logisch kontrolliert verarbeiten. Dies ist zumeist mit einer

zusätzlichen Anstrengung verbunden, die „Zeichen“ richtig zu deuten. So bezeichnen sich manche

Personen mit AS als Schauspieler, welche eine Fassade aufrechterhalten, in der Hoffnung, dass ihre

Schwierigkeiten nicht entdeckt werden. Aufgrund dieser extrem aufwändigen

Kompensationsstrategien von Personen mit AS in sozialen Situationen kommt es häufiger zu

Überforderungen, welche zu starken Erschöpfungszuständen führen können. Aufgrund solcher –

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zumeist schon in der Kindheit – erlebten Überforderungen findet häufig ein frühzeitiger Rückzug

statt, um sich solchen stressigen Situationen erst gar nicht aussetzen zu müssen, was im Endeffekt

zu einer Vermeidungshaltung führen kann.

Wird das Asperger Syndrom nicht im Kindes- oder Jugendalter erkannt, kann es schwer sein,

eine gute, gesicherte Diagnose im Erwachsenenalter zu stellen, bzw. zu erkennen, wo die

Schwierigkeiten liegen. Erwachsene Personen mit AS werden daher häufiger aufgrund von

Folgeerkrankungen wie z.B. Depression, Angst, Zwang, Essstörung, u.a. beim Arzt vorstellig und

nur bei guter Kenntnis der Symptome wird das AS als ursächliche Grunderkrankung diagnostiziert.

Unterschiede zwischen AS und HFA

Die Abkürzung HFA steht für „hochfunktionaler Autismus“, bzw. für „high functioning autism“.

Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen (AS und HFA) bezieht sich darauf, ob die

Sprachentwicklung im Kindesalter verzögert war oder nicht. Nach der Geburt bis in die frühe

Kindheit kann der HFA nicht vom klassischen Autismus unterschieden werden. Je älter jedoch das

Kind wird, desto mehr können sich die kognitiven Fähigkeiten von Kindern mit HFA denen mit AS

angleichen. Der Beginn der Verbesserung gegenüber dem klassischen Autismus liegt dabei

zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr. Im Erwachsenenalter können beide Gruppen

zumeist nur noch durch die in der frühen Kindheit festgestellte spätere Sprachentwicklung bei HFA

unterschieden werden, wohingegen die kognitiven Fähigkeiten im Erwachsenenalter sich zumeist

nicht mehr zu unterscheiden. Aus diesem Grund werden die Personen mit HFA ebenfalls zu der

Gruppe der Personen mit AS zugerechnet, d.h. AS wird synonym für beide Gruppen verwendet.

Diagnosekriterien

Das AS gehört zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, welches im Säuglingsalter oder im

frühen Kindesalter beginnt. Definiert wird AS über die Kernsymptome einer defizitären (1) sozialen

Wahrnehmung (Perspektivwechsel) und (2) interpersonellen sozialen Kompetenz (non-verbale

Kommunikation, Blickverhalten, Gestik, Mimik). Ferner sind (3) zwangsartige, stereotype Denk-

und Verhaltensweisen zu beobachten sowie teilweise eng umrissene Sonderinteressen. Bei ca. 10%

der Personen finden sich ausgesprochene Teilleistungsbegabungen mit perzeptiven,

mathematischen, kognitiven oder konstruktiven Fähigkeiten, die extrem weit über das Normalmaß

hinausreichen. Das AS wird anhand des International Classification of Diseases (ICD) der Welt

Gesundheitsorganisation (WHO) oder des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders

(DSM) der American Psychiatric Association's (APA) klassifiziert.

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Ursachen

Verschiedene somatische Erkrankungen und Syndrome stehen nach wissenschaftlicher Erkenntnis

nicht mit AS in Verbindung (geistige Behinderung, Spracherwerbsstörungen, Hör- oder

Sehstörungen, tuberöse Sklerose, Neurofibromatose, fragiles X-Syndrom, andere

Chromosomenstörung, Rett-Syndrom, Fetales Alkoholsyndrom, Röteln-Embryopathie; Quelle:

Remschmidt & Kamp-Becker, 2006).

Genetische Ursachen

Eine genetische Komponente (Erblichkeit) wird bei AS angenommen, wurde bisher jedoch noch

nicht einwandfrei über Studien belegt. Cederlund und Gillberg (2004) fanden, wenn Verwandte

zweiten und dritten Grades in die Studie eingeschlossen wurden, dass zwei Drittel der untersuchten

Personen mit AS einen Verwandten mit ähnlichen Symptomen hatten, damit scheint das AS

zumindest teilweise genetisch bedingt zu sein.

Strukturelle Veränderungen

Es wurden zwei Untergruppen von Kindern mit vergrößertem Gehirn gefunden(Cederlund und

Gillberg 2004): Entweder hatten sie schon bei Geburt einen größeren Kopf oder aber das Gehirn

hatte sich während des Säuglingsalters im Vergleich zu „normalen“ Säuglingen vergrößert. Bislang

gibt es dafür noch keine zufriedenstellende Erklärung. Weiter wurden Veränderungen im Aufbau der

Schichten des Neokortex gefunden. Dies geht mit einem erhöhten Gehirnvolumen einher (z.B.

Courchesne, 2001, 2005).

Biochemische Veränderungen

Auch eine Veränderung bei der anteiligen Zusammensetzungen von Neurotransmittern wird

diskutiert (z.B. Gordon, 1992; Gagliano, 2004).

Veränderte Verbindungen zwischen den einzelnen Gehirnregionen

Weiter wird angenommen, dass bei Personen mit AS die langen Faserverbindungen zwischen den

weiter auseinander liegenden Regionen des Gehirns weniger stark ausgeprägt sind. Durch diese

veränderte Vernetzung scheint die Integration einzelner Informationsteile zu einem

Gesamteindruck, welche in unterschiedlichen Regionen repräsentiert werden, vermindert zu sein

(z.B. Just, 2004, 2007; Belmonte 2003; Geschwind und Levitt, 2007; Siehe auch Penn (2006) zu

den neurobiologischen Korrelaten des Autismus).

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Komorbidität

Unter Komorbidiät versteht man ein zusätzlich zur Grunderkrankung vorliegendes Krankheits- oder

Störungsbild. Zu dem AS können zusätzlich folgende Störungen vorliegen: ADHS, Störungen der

Motorik, Zwangssymptome, Affektive Störungen (z.B. Depression, Angst),

Persönlichkeitsstörungen, aggressives Verhalten, Schlafstörungen (>= 20 % von allen); Tics

/Tourett-Syndrom, Essstörungen, Mutismus, selbstverletzendes Verhalten (>= 10 % von allen) und

Schizophrenie (überzufällig) (Quelle: Remschmidt & Kamp-Becker, 2006).

Häufigkeit

Die Häufigkeit mit der das AS in der Bevölkerung vorkommt schwankt bei verschiedenen Studien

zwischen 0,3 bis 48,8 auf 10.000, eine konservativere Schätzung beschreibt 3,3 auf 10.000 Kinder

(Quelle: Remschmidt & Kamp-Becker, 2006).

Durch eine verbesserte Diagnostik bei ASS mit stärkerer Einbeziehung der milderen Formen ist die

Erkennungsrate gestiegen, so dass momentan von einer Prävalenzrate beim Autismus von ca. 0,3 %

und ASS von ca. 0,9 % ausgegangen wird. (Quelle: Bölte S., 2009. und Williams, Higgins, &

Brayne, 2006.)

Im letzten Bericht des Centers for Disease Control and Prevention wurde sogar eine Prävalenzrate

von 1.3 % angegeben (Quelle: Center for Disease Control and Prevention, 2009).

Kognitive Theorien

Es gibt drei maßgebliche kognitive Theorien, die versuchen die Schwierigkeiten bei AS zu

beschreiben: (i) Theory of Mind (ToM, Theorie des Geistes; Premack und Woodruff, 1978), (ii)

Exekutive Dysfunktionen (Ozonoff et al., 1991; Pennington et al., 1996; Russell, 1997) und (iii)

schwache zentrale Kohärenz (WCC, weak drive of central coherence; Frith, 1989). Allen Theorien

gemein ist, dass sie die Schwierigkeiten vor allem mit dem frontalen Kortex (Stirnhirn) in

Verbindung bringen.

Diagnostik im Erwachsenenalter

Die Diagnose des AS ist eine klinische Diagnose, d.h. sie muss aufgrund der charakteristischen

Symptomatik von klinischen Experten gestellt werden. Eine Reihe von anderen möglichen

neuropsychiatrischen Ursachensträngen muss per Ausschlussdiagnostik erfasst werden. Eine

Diagnose bei Verdacht auf AS ist im Erwachsenenalter weitaus schwieriger zu stellen. Sekundär aus

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den Kerndefiziten resultierende psychiatrische Auffälligkeiten wie Depressionen, Zwänge, Ängste,

interpersonelle Konflikte am Arbeitsplatz oder im Privatleben führen dann häufig zur Abklärung

beim Arzt.

Eine Abklärung im Kindesalter ist wesentlich sicherer (d.h. die Wahrscheinlichkeit einer falschen

Diagnose ist wesentlich geringer). Im Laufe der Entwicklung vom Kind hin zum Erwachsenen

verändern sich problematische Verhaltensweisen, welche in der Kindheit noch sichtbar waren.

Personen mit dem AS versuchen sich häufig mittels verschiedenster Bewältigungsstrategien in

sozialen Situationen so „normal“ wie möglich zu verhalten. Teilweise leben Personen mit AS ganz

unauffällig, haben einen Arbeitsplatz, vielleicht sogar einen Partner und Kinder. Dadurch sind die

Kriterien, die AS kennzeichnen teilweise gar nicht oder nicht mehr direkt erkennbar und weitere

zusätzliche Probleme (siehe Komorbidität) verdecken die eigentliche, ursächliche Problematik.

Weshalb und wann sollte dann eine Abklärung stattfinden?

Solange die Lebensumstände so sind, dass ein „normales“ Leben geführt werden kann erscheint

eine Abklärung weniger sinnvoll. Auf jeden Fall sollte eine Abklärung dann erfolgen, wenn die

Lebensqualität rapide abnimmt, der Arbeitsplatz in Gefahr ist oder das Leben durch die

Lebensumstände (oder Veränderungen) nicht mehr zu bewältigen ist. Weiter kann eine Abklärung

dann sinnvoll erscheinen, wenn man durch eine Diagnose einen möglichen

Erklärungszusammenhang mit den eigenen Schwierigkeiten erhält. In der Asperger-Sprechstunde in

Freiburg machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die Diagnose AS Personen entlastet, da das

„Anderssein“ nun erklärbar ist.

Fragebögen

Im Internet gibt es die Möglichkeit verschiedene Fragebögen auszufüllen, die einen Hinweis geben

können, ob man das AS hat oder nicht. Eine gute Anlaufstelle ist z.B. Aspergia. Verschiedene

Screening-Fragebögen (zur Grobabschätzung) können unter folgender Adresse gefunden werden:

http://www.aspergia.net/index.php?page=bin-ich-aspie

Gute Tests sind hier z.B. der Augenpartietest und die AS-, EQ- und SQ-Fragebogen (alle

Fragebögen und der Test wurden von Baron-Cohen und Kollegen (2001, 2001, 2004, 2003)

entwickelt).

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Ein weiterer Fragebogen zur Fremdeinschätzung (den nach Möglichkeit die Eltern beantworten

sollten) kann im Internet unter

http://www.aspiana.de/attwoodtest.htm

gefunden werden. Dieser Fragebogen wurde von Garnett und Attwood (1995) entwickelt.

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Behandlungsmöglichkeiten

Psychotherapie

In der Psychotherapielandschaft gibt es eine Vielzahl von therapeutischen Interventionstechniken,

welche jedoch nicht alle für Personen mit AS als hilfreich und abgesichert gelten können. Empirisch

gut abgesichert sind allgemein anerkannte Verfahren, wie z.B. verhaltenstherapeutische Verfahren

und Therapieprogramme (z.B. ABA-Ansatz von Lovaas, 1987 oder TEACCH von Mesibov, 1997).

Diese Therapieansätze wurden jedoch vor allem für Kinder entwickelt, die wesentlich mehr

Schwierigkeiten haben (niedrig funktionaler Autismus). Weniger gut empirisch abgesichert, aber

potentiell wirksam sind: Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten: Theory-of-Mind-

Trainings und Social Stories. Als empirisch nicht abgesichert (aber in bestimmten Fällen hilfreich)

gelten: Ergotherapie, Physiotherapie, sensorische Integration. Zweifelhafte Methoden sind:

Festhaltetherapie, Diäten, Vitamin- und Mineralstofftherapien, Sekretin, auditives

Integrationstraining. Weitere förderliche Verfahren (nach Elternberichten) sind: Reittherapie, aktive

(ggf. unterstützte) Freizeitgestaltung (z.B. Sport, Musik, Schachverein, Tanzen, usw.) (Quelle:

Remschmidt & Kamp-Becker, 2006). Zu einigen der hier aufgezählten Verfahren und

Therapieangeboten gibt es im englischsprachigen Raum Einschätzungen über ihre Wirksamkeit

(siehe hierzu z.B. Klin et al., 2003; Krasny et al., 2003; Paul, 2003)

Wichtig ist jedoch, dass es keine allgemein gültige „bestmögliche“ Herangehensweise für alle

Personen mit AS gibt! Da es viele sehr unterschiedliche Schwierigkeiten und Probleme gibt (große

Variabilität der Symptomausprägung zwischen den Personen), müssen Besonderheiten beachtet

werden und die Therapie sollte wann immer möglich individuell angepasst werden. Vor allem

müssen die besondere Art des Sprachverständnisses, Rigidität und Stereotypie, soziale Problematik

und Schwierigkeit der Perspektivenübernahme, Fähigkeit zur Einsicht und Lernfähigkeit,

kommunikative Besonderheiten, Probleme mit der Wahrnehmung (akustisch, visuell, taktil,

olfaktorisch, u.a.), mögliche Kompensations- und Anpassungsstrategien, und anderes berücksichtigt

werden.

Im Zusammenhang mit einem positiven Therapieverlauf steht häufig eine erfolgreiche

Integration in das Arbeitsleben und/oder Bewältigung von Problemen im Arbeitsalltag. Weiter wird

von erwachsenen Personen mit AS häufig der Wunsch geäußert soziale Kontakte zu knüpfen und zu

pflegen, was mit einer von ihnen positiv empfundenen Lebensqualität in Beziehung steht.

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Training der sozialen Kompetenz (FASTER)

In der Hochschulambulanz der Psychiatrie Freiburg wird seit 2008 ein Soziales Kompetenz-

Training für Personen mit AS angeboten (Freiburger AspergerSpezifische Therapie für

ERwachsene, FASTER). Das Training findet einmal in der Woche statt und ist für Personen von 18

und älter gedacht.

Sitzung Inhalt

1 Begrüßung (Vorstellungsrunde), Einverständniserklärung, Therapievertrag, Schweigepflicht, Video

2 Gruppenregeln (allg. Regeln zum Umgang miteinander, Gruppenziele, Techniken, Themen)

3 Psychoedukation Teil 1 (Diagnosekriterien, Verhaltens- und Verarbeitungsstile)

4 Psychoedukation Teil 2 (Stärken und Schwächen)

5 Achtsamkeit Teil1: Übung, Psychoedukation (wozu, wise mind, weshalb wichtig; Quadrade)

6 Achtsamkeit Teil 2: Erkennen von Stressituationen; Übung Nähe-Distanz (zu nonverbaler Kommunikation?)

7 Gefühle: Einführung nach DBT, Biologie z.B. von Angst

8 Gefühle/ Nonverbale Kommunikation: Gnosis facialis, woran erkenne ich Emotionen (Mimik); Überleitung komplexe Situationen

9 Gefühle/ Nonverbale Kommunikation Gnosis facialis Fortsetzung

10 Nonverbale Kommunikation: Körperhaltung, Nähe/ Distanz

11 Nonverbale Kommunikation: Fortsetzung St. 10

12 Nonverbale Kommunikation: Pantomime, komplexe Bilder

13 Verbale Kommunikation: Prosodie mit Teilbereichen

14 Verbale Kommunikation: 4-Ohren-Modell, Referate zu Basisfertigkeiten

15 - 23 Verbale Kommunikation: Rollenspiele „Zuhören“, „Anliegen hervorbringen“, „Anliegen vorbringen“, „positive und negative Gefühle ausdrucken“. Weitere verbale Fertigkeiten (Telefon, Gespräch beginnen/ beenden, Small Talk etc.)

24 Abschluss, Ausblick, Abschied

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Informationen zum AS im Internet

Autismus Deutschland e.V.

BUNDESVERBAND ZUR FÖRDERUNG VON MENSCHEN MIT AUTISMUS

http://www.autismus.de/pages/startseite.php

Hier gibt es weitere Adressen für das gesamte Bundesgebiet und weitere Informationen.

ASPERGIA

Aspergia ist eine Webseite und Plattform für Menschen mit Asperger Syndrom, ihre Angehörigen

und auch für Fachleute.

Auf dieser Seite wird auch ein Forum betrieben (für „Aspies“, Eltern und Angehörige)ASPIES e. V.

Aspies e.V. ist eine Selbsthilfeorganisation von und für Menschen im Autismusspektrum

http://www.aspies.de/

ASPERGER-ONLINE

Diese Seiten wurden auf Anregung und in Zusammenarbeit mit Joachim Junker und Harald Matoni

von der Autismus-Ambulanz Linker Niederrhein erstellt.

http://www.asperger-online.de/asperger3.html

DIANA'S HOMEPAGE

Eine Frau mit Asperger Syndrom. Sie stellt sich auf ihren Seiten vor und hat hilfreiche Links auf

andere Internet-Seiten, Foren, Mailinglisten und Chatangebote)

http://www.aspiana.de/

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Kontakt und Spezial-Sprechstunde der Hochschulambulanz

[email protected]

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Weiterführende Literatur der Freiburg Arbeitsgruppe

Buch auch für Betroffene, Angehörige und Menschen mit grenzwertig ausgeprägten

autistischen Eigenschaften (2. Auflage 2018) über die alltägliche Bedeutung von

Autismus und ADHS im Spannungsfeld zwischen Normalität, Persönlichkeitsstruktur und

neuropsychiatrischer Krankheit mit zahlreichen Fallbeispielen; 2. Auflage, März 2018

https://www.amazon.de/Autismus-ADHS-Normvariante-

Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung-

neuropsychiatrischer/dp/3170341669/ref=sr_1_7?ie=UTF8&qid=1518424718&sr=8-7

Umfassendes Buch über alle Themenbereiche des Autismus (2. Auflage 2016):

http://www.amazon.de/Das-Asperger-Syndrom-Erwachsenenalter-hochfunktionale-

Autismus-Spektrum-

St%C3%B6rungen/dp/3941468804/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1436348363&sr=8-1

Therapiemanual für Erwachsene mit Autismus:

http://www.amazon.de/Asperger-Autismus-hochfunktionaler-Autismus-Erwachsenen-

Autismus-Studiengruppe/dp/3801725014/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1436348363&sr=8-

4&keywords=tebartz+van+elst

Buch u.a. über die Zusammenhänge von Autismus und Epilepsie aber auch atypische

Schizophrenien:

http://www.amazon.de/Epilepsie-Psyche-Psychische-epeleptische-

Psychiatrie/dp/3170216880/ref=sr_1_12?ie=UTF8&qid=1436348363&sr=8-

12&keywords=tebartz+van+elst

Theoretische Medizin: Das Freiheitsthema in Theorie und medizinischer Praxis:

http://www.amazon.de/Freiheit-Psychobiologische-Errungenschaft-neurokognitiver-

Sinologica/dp/317028682X/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1436348363&sr=8-

2&keywords=tebartz+van+elst

Buch für Betroffene, Angehörige, Interessierte und Fachleute über die Natur

psychotischer Erkrankungen und u.a. auch den Zusammenhang von Autismus

und Schizophrenie-artigen Psychosen: Eine umfassende Beschreibung der

Symptomatik, des Verlaufs, der Ursachen, der Therapie und der Ideengeschichte der

Schizophrenie. Für Fachleute, Patienten, Angehörige und interessierte Laien.

Vor dem Hintergrund neuester Entwicklungen wird erläutert, wieso nach Überzeugung

des Autors die Schizophrenie in 100 Jahren Geschichte sein wird (mit zahlreichen

Kasuistiken und Fallbeispielen); 1. Auflage, Oktober 2017

https://www.amazon.de/Anfang-Ende-Schizophrenie-neuropsychiatrische-

Schizophrenie-Konzept/dp/3170312588/ref=sr_1_6?ie=UTF8&qid=1498202214&sr=8-

6&keywords=tebartz+van+elst

UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG

Psychiatrie, Hochschulambulanz

Hauptstraße 5, 79104 Freiburg

Tel.: 0761-270-6550

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Autismus-Spektrum-Störungen bei Erwachsenen

https://www.psychiatrie-verlag.de/de/buecher/detail/book-detail/autismus-spektrum-

stoerungen-bei-erwachsenen.html

TOMTASS - Theory-of-Mind-Training bei Autismusspektrumstörungen

Freiburger Therapiemanual für Kinder und Jugendliche

http://www.springer.com/gp/book/9783662532157