Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich -...

80
Bianca Doberer Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit. Mein Kampf gegen den Schwarzen Hautkrebs/ Melanom - wie ich mein Leben mit Interferon gemeistert habe. 1

Transcript of Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich -...

Page 1: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Bianca Doberer

Das Glück verläßt uns nicht.

Es verreist nur von Zeit zu Zeit.

Mein Kampf gegen den Schwarzen Hautkrebs/ Melanom - wie ich mein Leben mit Interferon gemeistert habe.

1

Page 2: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Hautkrebs

Nach einer Statistik der Deutschen Krebshilfe erkranken pro Jahr in Deutschland mehr als 140.000

Menschen neu an Hautkrebs. Davon nach Hochrechnungen

etwa 22.000 an einem so genannten Malignen Melanom (Schwarzer Hautkrebs),

der nur im Früherkennungsstadium heilbar ist. Und die Zahl dieser Erkrankungen steigt drastisch an.

Vor 30 Jahren waren die Betroffenen im Durchschnitt 60 Jahre alt. Heute trifft es häufig auch schon 20-jährige!

Alle Rechte vorbehalten.Dieses Buch darf - auch auszugsweise - nicht ohne die schriftliche Zustimmung der Autorin kopiert werden. Sie haben keine Wiederverkaufsrechte für dieses eBook! Weitergabe an Dritte wird mit härtesten Mitteln strafrechtlich verfolgt!Haftungsausschluss: Die Inhalte dieser Publikation wurden sorgfältig recherchiert, aber dennoch haftet die Autorin nicht für die Folgen von Irrtümern, mit denen der vorliegende Text behaftet sein könnte.

Copyright © 2007 , Bianca Doberer - Direkt Marketing

2

Page 3: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Inhalt

1. Erleben auch Sie gerade den größten Schock Ihres Lebens?

2. Was passiert jetzt mit mir?

3. Die Operation und die Tage danach

4. Warten

5. Was ist das eigentlich - Interferon?

6. Ärger mit der Krankenkasse

7. Was soll ich denn bei der Reha?

8. Durchhalten oder der ewige Kampf mit den Nebenwirkungen

9. Meine große Liebe

10. Was ändert sich für Sie und Ihre Familie?

11. Warum gerade ich?

12. Woher nehme ich die Kraft zum Loslassen?

13. Kann ich während der Interferon-Therapie Diät machen?

14. Ärzte - Götter in weiß?

15. Rente mit 41 - was wollen Krankenkasse und Rententräger von mir?

16. Wo bekomme ich Hilfe bei Fragen und Problemen?

17. Schlussgedanken

18. Das wünsche ich Dir

3

Page 4: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

1. Erleben auch Sie gerade den größten Schock Ihres Lebens?

Es kam über Nacht....und war der bisher einschneidendste Moment in meinem Leben…gesundheitlich gesehen. Was mir da gesagt wurde, ging an mir vorbei, ich fühlte mich wie im falschen Film... Ich war im Krankenhaus, bei der Arbeit, irgendwann vormittags ein Anruf! Mein Chef rief mich zu sich und erzählte mir da etwas von einem Befund.....das ist an sich nichts Ungewöhnliches, wenn man OP-Schwester ist....aber diesmal war es anders.

Es war grausam!

Es ging um mich!

Krebs!

Melanom!

Dann kamen noch ein paar medizinische Fachbegriffe, die ich in dieser Situation kaum einordnen konnte.Sentinell......Szintigrafie..... Interferon....Lymphknoten ausräumen.....was weiß ich....ich hab das alles nur halb gehört.

Mein Chef drückte mir eine blaue Mappe in die Hand (ich weiß, viele von Ihnen werden mich darum beneiden und ich bin meinem Chef bis heute sehr dankbar für diese „Anleitung“, den Wegweiser für das, was als Nächstes zu tun ist...., es war ein roter Faden, den ich verfolgen musste...(und dann wird schon wieder alles gut.)

Von einer Minute auf die andere war alles anders.

Ich fühlte mich doch eigentlich topfit und gesund (na ja, ich war müde, weil ich einfach zu viel gearbeitet habe in den letzten Monaten, aber sonst?)Ich hab mir doch einfach nur diesen blöden Leberfleck raus schneiden lassen, der mich ab und zu gejuckt hat, weil er genau seitlich am Rücken war, da wo bei Frauen nun mal der BH sitzt.....

Was hat er gesagt? Schwarzer Hautkrebs? Melanom?

Das heißt doch sterben, oder?Ich doch nicht!Doch nicht jetzt!Ich bin doch gerade mal 40 geworden, nee nee, der muss sich irren!

Er irrte sich nicht!

Auf dem Weg nach Hause hat es leicht geregnet, es war der 16. November 2005.Was ist mir da nicht alles durch den Kopf gegangen, ich konnte eigentlich gar nicht denken.

4

Page 5: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Bald kommt der Winter. Werde ich ihn noch erleben? Wie viele Winter gibt es für mich noch?

Mein Kopf schien zu bersten. Zu Hause angekommen konnte ich nicht ein Wort sagen, ich hab rein gar nix raus bekommen, gerade so, als wäre ich für immer verstummt.

Ich habe meinen Mann angesehen, ihn umarmt und festgehalten und einfach los geheult. Richtig laut und heftig geheult und geschluchzt. Natürlich wusste er nicht, was los war. Er hat nur gespürt, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, etwas, was unser Leben ab heute für immer verändert.Irgendwann kamen mir die drei Worte über die Lippen: Ich habe Krebs! Es hat eine ganze Weile gedauert, bis wir beide endlich wieder sprechen konnten...Und es tat so weh!

Es hat zweimal weh getan.Erstens diese Nachricht selber zu bekommen und zweitens sie an den liebsten Menschen an meiner Seite, meinen Mann, weiterzugeben.Ich war total überfordert. Wir waren beide überfordert.

Gott, gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden!

Ich hatte weder Weisheit noch Mut, und erst recht keine Gelassenheit.

Ich hatte Angst, Angst, den nächsten Frühling nicht mehr zu erleben (ich liebe den Frühling),Angst, dass die schönen Jahre mit meinem Mann schon vorbei sein sollen (wir sind doch gerade mal am Anfang),Angst, meine Kinder nicht erwachsen werden zu sehen (eigentlich waren sie es zu diesem Zeitpunkt schon),Angst, vor meiner Mutter gehen und sie damit zurücklassen zu müssen (sie hatte doch nur noch mich).

In meinem Kopf hat sich alles überschlagen.

Und obwohl ich ein Mensch bin, der wirklich sehr geliebt wird und ich den allerbesten Mann habe, den ich mir nur vorstellen kann, fühlte ich mich in diesem Augenblick mutterseelenallein.

5

Page 6: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

2. Was passiert jetzt mit mir?

Am nächsten Morgen begann die Odyssee mit den Ärzten.Vom Hausarzt eine Überweisung holen und dann ab nach Ulm in die Haut-Ambulanz der Universitätsklinik.Das war eine Fahrt, sag ich Ihnen! Was bin ich froh, dass mein Mann immer dabei war und mich gefahren hat. Dieses beklemmende Gefühl, nicht zu wissen, was jetzt passiert und wie es weiter geht, war schrecklich. Ich ziehe meinen Hut vor allen, die das alles alleine vollbringen müssen, ohne Partner.

In Ulm wurde ich noch mal gründlich untersucht, kein Stück Haut meines Körpers blieb verhüllt. Alles wurde inspiziert, und ich meine wirklich alles!Ich kam mir so nackt und elend vor!Danach ging es in einen anderen Raum, zur Sonografie. Gründlichst wurden alle Lymphknoten in den Achseln und Leistenbeugen untersucht. Ich war von oben bis unten voll mit diesem schmierigen Kontakt-Gel. Wer hat eigentlich dieses Zeugs erfunden? Einfach widerlich!Die Untersuchung ergab nichts Bedrohliches und das war schon mal beruhigend, ein Aufatmen!

Im anschließenden Gespräch erfuhr ich alles über das weitere Vorgehen.Einige Untersuchungen sollten noch folgen. Szintigrafie, CT, Röntgen, Blutentnahme sowieso.Ich bekam eine Einweisung für Station für Donnerstag, den 24.11.2005. Die Untersuchungen waren für diesen Tag geplant und am nächsten Tag sollte ich operiert werden.Mein Mann fuhr mich Gott sei Dank wieder nach Ulm, wobei diesmal fast etwas passiert wäre... In Ulm ist er an einer großen Kreuzung doch tatsächlich in die Straßenbahnspur eingebogen...man, was hab ich geschwitzt. Zum Glück kam gerade keine Bahn und wir konnten ohne umzudrehen nach ein paar Metern wieder raus fahren aus dieser Spur... Das ging ja gut los!In diesem Moment hab ich erst begriffen, wie angespannt mein Mann eigentlich war. Für ihn war die Belastung genau so groß wie für mich.

Im Krankenhaus angekommen haben wir uns verabschiedet und er ist wieder nach Lindau gefahren. Er hatte wie ich in dieser Nacht zuvor kaum ein Auge zugemacht und war todmüde, so dass ich schon Sorge hatte, dass er heil zu Hause ankommt. Nicht auszudenken, wenn er in den gefürchteten Sekundenschlaf verfallen wäre. Zum Glück ist nichts dergleichen passiert. Alle Schutzengel waren wachsam!

Ich wurde in der Klinik nochmals untersucht und bekam wieder mal Blut abgenommen. Für die weiteren Untersuchungen schickte man mich mit einem Taxi auf den Eselsberg, sozusagen die „Mutter-Klinik“.

Die Untersuchung hieß Szintigrafie.

6

Page 7: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

An der Eingangstür standen schon diese wirklich nicht verlockenden Sachen wie „ZUTRITT untersagt“, „ACHTUNG! RADIOAKTIV“, usw. Also alles andere als einladend.Ich musste mich wieder mal „frei machen“ und auf eine Liege legen. Die Schwester war ganz nett, hat aber nicht allzu viel erklärt zu dem, was sie gemacht hat. Jedenfalls hab ich nicht allzu viel wahrgenommen.Als sie mit den Vorbereitungen fortgeschritten war, kam der zuständige Arzt.Dieser Arzt war einer der wenigen, der mir nicht wirklich sympathisch war. Er war sehr wortkarg und spritzte mir dieses radioaktive Zeugs in meine Seite. Vier Spritzen rings um die kleine Narbe, wo früher mal mein kleiner Leberfleck war. Er hatte die Unverfrorenheit, mir zu sagen, dass diese Spritzen nicht weh tun.Ich hasse diese „Ist-schon-alles-nicht-so-schlimm“-Mentalität.Woher wollte der denn das wissen? Schließlich war das mein Rücken...meine Seite...er soll mir also nicht weiß machen wollen, dass ich da, wo ich normaler Weise den BH trage, nicht empfindlich bin... Sicher bin ich von diesen Spritzen nicht von der Liege gefallen und auch nicht gestorben, aber liebe Ärzte, sagt uns nicht, das ist nicht schlimm und das tut nicht weh und das wird schon wieder, weil es einfach nicht stimmt.Sagt uns einfach die Wahrheit über das, was ihr mit uns macht. Wir sind stärker als ihr denkt! Wir werden sie verkraften!

Diese ganze Untersuchung war eine sehr anstrengende Prozedur und hat so an die 2 - 3 Stunden gedauert, zumindest ewig lang.Während sich das Zeugs in mir verteilt hat, durfte ich gnädigerweise in die Cafeteria gehen. Also saß ich da und hab einen Milchkaffee geschlürft, während ich so sachte und für alle unsichtbar ganz leicht vor mich hingestrahlt habe...ringsum lauter kranke Patienten in Pantoffeln und Morgenmantel, im Schlepptau einen Infusionsständer mit nahrhaften Getränken, an einem anderen Tisch saßen ein paar gestylte Weißkittel mit dem allwissenden Blick und in wieder einer anderen Ecke trafen sich ein paar Putz-Feen zum gemeinsamen Frühstück. Und ich irgendwo dazwischen! Ich, der gerade eben ein paar Lymphknoten markiert wurden, deren Untersuchung dann ergeben sollte, wie viel Zeit mir noch bleibt....Es war absurd!

Danach hat es ewig gedauert, die richtigen Fotos von meinem Innenleben zu bekommen, aber irgendwie hatten sie es dann doch geschafft und ich durfte gehen, ab mit dem Taxi, bepackt mit den Untersuchungsergebnissen, zurück in die Hautklinik auf dem Maienweg.

Ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen.

Ich war froh, dass ich schon in Lindau im Computer-Tomographen war, sonst hätte ich das heute auch noch machen müssen.Im CT haben sie etwas gefunden, was aussah wie ein Lymphknoten, der evtl. Ärger machen könnte. Er saß an der Luftröhre oder an der Aorta, darüber haben sich die Geister in Weiß gestritten. Zumindest war er in meiner Brust und an einer Stelle, die praktisch nicht zu operieren war. Bei diesen Aussichten war es mir gleich schlecht.

7

Page 8: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Wofür mache ich denn das alles, wenn ein so ein besch... Lymphknoten mir alles, aber auch alles zu Nichte machen kann?

Ich hätte alles in allem nie geglaubt, dass diese Untersuchungen so anstrengend sind.Aber diese Ungewissheit, die Anspannung, die Angst, dass sie wieder was finden und letztendlich die Angst, dass alles bald vorbei sein könnte...ich war total geschafft.

Der restliche Tag in der Klinik verging eigentlich sehr schnell.Ich packte meine ganzen Utensilien aus, zog mir was Bequemes an, platzierte die Fotos meiner Kinder und meines Mannes, die mich immer begleitet haben, eine Uhr, Bücher und Getränke auf meinem Nachtschränkchen und wartete.

Ich weiß nicht mehr, wie viele Ärzte an diesem Nachmittag an mein Bett kamen, es kam mir vor, als sollte ich innerhalb weniger Stunden die ganze Klinik kennen lernen.Sie waren durch die Bank alle sehr nett und erklärten mir geduldig alles, was am nächsten Tag, an dem ich operiert werden sollte, so alles passiert.Es war so ein bisschen verdrehte Welt für mich. Ich als OP-Schwester bekam alles erzählt und erklärt über Vorbereitung, Narkose, Ablauf und Nachsorge der anstehenden OP.Das kann doch nicht sein. Ich wollte am liebsten abhauen. Das geht doch nicht! Ich bin doch auf der anderen Seite...ich kenn mich doch aus!

Wieder einmal hatte mich die Realität so grausam eingeholt.

Ich bin der Patient!

Es geht um meinen Krebs!

Und ich habe keine Chance, mich davor zu verstecken!

8

Page 9: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

3. Die Operation und die Tage danach

Es war Freitag, der 25. November 2005.

Obwohl ich erst ziemlich spät eingeschlafen war, erwachte ich an diesem Morgen sehr früh.Die Schwester brachte mir abends noch eine Schlaftablette und so hab ich doch wenigstens ein paar Stunden geschlafen.

Ich verschwand im Bad für meine morgendliche Dusche und kaum war ich damit fertig, kam schon wieder eine Schwester und brachte mir diese „L-M-A-A-Tabletten“. Jeder der schon mal operiert worden ist, kennt sie!Da wird man in der Früh, kaum, dass man richtig wach ist schon wieder high gemacht und förmlich eingeschläfert.Das Zeug hat rein gehauen wie nix. Ich war bis dahin jemand, der selten Tabletten nimmt, schon gar keine Schlaftabletten. Und jetzt schon früh auf nüchternen Magen, mich hat das Zeug total umgehauen.

Bekleidet mit der edlen Reizwäsche aus dem OP, Sie wissen schon, das tolle offene Hemdchen (ein schöner Rücken kann auch entzücken) und den gigantischen Strümpfen war ich fertig zur Ausfahrt...in den OP.

Von den Medikamenten schon ziemlich belämmert, nahm ich nicht mehr allzu viel wahr, alles ging an mir vorbei.Es war trotz allem ein komisches Gefühl für mich.

Im Beruf war es normalerweise meine Aufgabe, Patienten in den OP einzuschleusen, zu lagern, auf die OP vorzubereiten.

Jetzt passierte das alles mit mir.

Obwohl ich mich eigentlich im OP sehr wohl fühle, kam ich mir jetzt total fremd vor!

Der Anästhesist stellte mir noch ein paar Fragen zu meiner Arbeitsstelle und aus dem linken Augenwinkel sah ich, wie Springer und OP-Schwester ihre Utensilien gerichtet haben, dann wurde es auf einmal dunkel und still um mich herum.

Ich war ins Reich der Träume abgetaucht.

Als ich wieder erwachte, lag ich schon wieder in meinem Bett. Weiß der Teufel, wie ich da hingekommen bin. Ich weiß es nicht.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Schmerzen hatte und ich kannte diesen Raum nicht und so musste ich mich erst mal beim anwesenden Personal erkundigen, wo ich denn eigentlich war.

9

Page 10: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Man sagte mir, dass ich im Aufwachraum war und alles vorbei sei....

Ich war dermaßen müde, dass mir diese Information reichte, um weiter zu schlafen.

Irgendwann brachte man mich auf Station, was für ein Treiben unterwegs!Das war mir alles zu viel. Ich wollte nur Ruhe!

Ein wenig hab ich dann auch noch geschlafen, schließlich war das alles, was ich zu diesem Zeitpunkt wollte....wenn da nicht diese Übelkeit gekommen wäre.Wie kann einem vom Nichts-Essen nur so schlecht sein?Diese Übelkeit, dieser Brechreiz, das Gefühl, dass sich dein Innenleben komplett nach außen stülpt...es war einfach nur eklig.Ich bekam zwar auch dagegen ein Mittelchen, direkt in die Infusion, aber es wirkte nur sehr schleppend. Das Aufstoßen nahm kein Ende. Der Druck in der Magengegend hielt mich wach, die Übelkeit wollte einfach nicht aufhören. Brechreiz ohne Ende, obwohl ich schon alles hergegeben habe, was man sich nur vorstellen kann....es war erbärmlich!

Die Nacht war nicht viel besser, ich hatte geschwitzt, die Kotzerei war anstrengend, der Verband hat gejuckt, ich war immer noch müde, ich konnte mich selbst nicht leiden...

So richtig erschrocken bin ich erst am nächsten Tag, als ich die ganzen Ausmaße der OP sehen konnte. Mein halber Rücken war verpflastert.Ein riesiger Bluterguss zog sich über meine blasse Haut.

Eine Narbe, so ca. 8 cm, genau in der linken Achselhöhle. Dort hatte man die Lymphknoten entnommen, die Tags zuvor markiert wurden (Sie wissen schon, mit den vier Spritzen, die wirklich nicht weh tun!).

Darunter, genau waagerecht, seitlich am Rücken, wo eigentlich der BH sitzt, eine große ca. 15 cm lange Narbe. Was für ein Teil! Das hatte ich nicht erwartet! Ich wusste zwar, dass dort, wo mein kleiner Tumor saß, Gewebe mit einem Sicherheitsabstand von 3 cm entfernt wurde, aber jetzt das ganze Ausmaß so zu sehen, hat mich doch sehr erschreckt.Ich kam mir richtig ausgeschlachtet vor.3 cm in alle Richtungen, auch in die Tiefe...war eine Menge!

Da ich eine Pflaster-Allergie habe und meine Haut sehr empfindlich auf alle Verbands- und Klebstoffe reagiert, war mein Verband recht notdürftig. Nur eben so viel, dass alles bedeckt war und keine Keime ran konnten. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie mich dieser Verband in den nächsten Tagen gejuckt und geärgert hat. Zig Fäden spießten in meine Haut, weil die Narbe genau in einer Hautfalte lag. Eben da, wo sonst der BH ist...an den konnte ich gar nicht denken, wer weiß, ob ich jemals wieder so ein Teil tragen kann! Es war entsetzlich. Ich konnte auch nur laufen oder im Bett liegen, wenn ich meinen linken Arm aufrecht vor mir her getragen habe,

10

Page 11: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

das sah mehr als witzig aus! Da ich ein sehr humorvoller Mensch bin, konnte mich das alles aber nicht erschüttern. Tapfer stand ich das alles durch, immer einen Scherz auf den Lippen.Ablenkung fand ich in meinem Laptop in Form von Musik, Lesen, Tagebuch schreiben oder einfach nur spielen.

In diesen Tagen habe ich sehr viel Musik von Reinhard Mey gehört. Ich war sehr aufgewühlt und angekratzt, so dass diese gefühlvollen Lieder mit den oft traurig-melancholischen Texten genau das Richtige für mich waren. Ich habe sie förmlich aufgesaugt. Und noch heute, wenn ich im Radio einen Titel von Reinhard Mey höre, fühle ich mich gefühlsmäßig zurückversetzt in diesen Krankenhausaufenthalt und es ist, als wäre ich gestern erst operiert.

Wegen „guter Führung“ wurde ich bereits am darauf folgenden Dienstag entlassen.Was war ich froh, als mein Mann mich abgeholt hat. Wir hatten uns seit Donnerstag nicht mehr gesehen, also noch vor der OP. Zu diesem Zeitpunkt, aufgrund der ganzen seelischen Belastung, ging es auch ihm körperlich nicht gut. Deshalb wollte ich nicht, dass er mich in Ulm besucht. Ich brauchte ihn jetzt, wo ich wieder zu Hause war, viel dringender. Hier kann er mehr für mich tun, als er es in der Klinik während eines Besuches hätte tun können. Im Krankenhaus haben wir mehrfach täglich telefoniert und wir waren uns trotz der ca. 150 km Entfernung sehr, sehr nah. Diese Nähe, seine Liebe, sein Mitfühlen, die Art, wie er mich zum Lachen bringt ist einzigartig für mich. Ich möchte das alles nie mehr missen! Danke, mein Schatz, dass es Dich für mich gibt! Danke für Deine Liebe und Zuneigung! Danke, dass Du mir das Gefühl gibst, ein besonderer Mensch zu sein!

Die Autofahrt war anstrengend, ich spürte jede kleine Unebenheit der Straße. Sie übertrug sich sofort auf meine Narbe...da galt es, die Zähne zusammen zu beißen.Außerdem merkte ich unterwegs erst, wie erschöpft ich eigentlich bin.Ich war so froh, als wir in Lindau eintrudelten. Endlich zu Hause! Es kam mir vor, als sei ich Wochen weg gewesen.

11

Page 12: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

4. Warten

Die ersten Tage zu Hause, es war mitten im Advent. Schon vor meinem Krankenhausaufenthalt habe ich unsere Weihnachts-Deko aufgestellt. Sie müssen wissen, dass ich im Erzgebirge aufgewachsen bin. Das Erzgebirge ist DAS Weihnachtsland schlechthin. Ein Ausflug dahin lohnt sich immer, erst recht aber im Advent. Sie glauben gar nicht, wie viele Lichter von den vielen Pyramiden und Schwibbögen aus den Fenstern und Vorgärten leuchten. Normalerweise könnte man in dieser Zeit die Straßenbeleuchtung schlichtweg ausschalten, weil es selbst des Nachts alleine von der Deko schon taghell ist.Es war früher immer die schönste Zeit, wenn ich nachts, nach dem Spätdienst im Advent von der Klinik nach Hause gefahren bin. Die reinste Festbeleuchtung!Wenn Sie noch nicht die Gelegenheit hatten, sich das mal live anzusehen, sollten Sie das unbedingt mal machen. Sie müssen kein Weihnachts-Freak sein, um ein bisschen Gefallen daran zu finden.

Da mir ja klar war, dass ich nach der OP nicht so fit sein würde, hab ich die ganze Deko in unserer Wohnung schon vorher gemacht. Für mich ist das die größte Freude, so wie die Rheinländer sich auf den Karneval freuen, so ist Weihnachten für mich die fünfte Jahreszeit. Es gibt nichts Schöneres, wenn sich die Pyramide dreht, im Fenster Großmutter’s Schwibbogen leuchtet, Engel und Bergmann stolz ihre Lichter tragen und das Räuchermännel den Duft von Weihrauch durch die Wohnung ziehen lässt.Das ist die Zeit, wo sich die Kindheitserinnerungen melden. Ich sehe mich mit meinem Bruder am Heiligabend vor dem strahlenden Tannenbaum stehen, wir mussten unsere Verse aufsagen und dann war Bescherung. Endlich!Wie haben wir auf diesen Moment gewartet!

Auch jetzt hieß es warten für mich und meinen Mann. Allerdings nicht auf Weihnachten, sondern eine andere Bescherung.Das hatte wahrlich nichts mit Vorfreude zu tun! Was für ein Gegensatz!Irgendwann vor Weihnachten sollte der Befund meiner Lymphknoten vorliegen.

Das Problem beim Melanom ist, dass es sehr frühzeitig in die Lymphknoten metastasiert und, wenn das passiert ist, dann verschlechtert sich die Prognose vehement. Das wusste ich. Und davor hatte ich Angst.

Bis zum nächsten Termin in Ulm sollten noch gut 2 - 3 Wochen vergehen.Ich versuchte mich von den Strapazen der OP zu erholen. Die beiden Narben waren mehr als lästig, ich habe den Tag herbeigesehnt, als mein Hausarzt endlich die Fäden ziehen konnte. Diese hatten mich derart beeinträchtigt, weil sie so hart und störrisch waren und in meine Haut spießten, an diesen unmöglichen Stellen und ich meinen Arm immer vom Körper weg halten musste, damit es auszuhalten war. Ganz abgesehen von den Nächten. Liegen war eigentlich nur in einer Position möglich. Ich als bekennender Seitenschläfer konnte nur auf dem Rücken liegen, seitlich ging gar nix, dann wäre ich die Decke hochgegangen.

12

Page 13: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich habe mir mit allen möglichen Kissen beholfen, es so angenehm und bequem wie möglich zu machen. Es gelang mir nicht wirklich. Dazu kam, dass kaum, dass ich im Bett war, das Gedanken-Karussell anfing sich zu drehen. So gewöhnte ich mich an Schlaftabletten, um überhaupt ein paar Stunden die Augen zuzumachen.

Rings um mich herum waren alle im Weihnachts-Einkaufs- und Geschenke-Stress.

Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen nicht wissen, was sie wollen, aber alles tun, um es zu bekommen.

Dieser Trubel ging an mir vorbei. Ich konnte gar nicht verstehen, warum es so eine Hektik gab. Das war ja absurd, im Fernsehen zu sehen, wie die Leute an den verkaufsoffenen Samstagen die Kaufhäuser stürmten. Fast so, als wäre ab morgen für immer alles geschlossen und dies jetzt die letzte, ja wirklich allerletzte Gelegenheit, um jemals wieder etwas einzukaufen.

Ich konnte das gar nicht verstehen. Jetzt, wo es doch um ganz andere Dinge ging. Dinge, die wirklich von Bedeutung waren.Metastasen, ja oder nein?Leben, wie lange noch?

Mir wurde bewusst, was passiert, wenn mir nicht mehr viel Zeit bliebe.Wissen Sie, was dann passiert?

Es ist ganz einfach. Die Welt dreht sich weiter! Wie schmerzlich mein Verlust auch gewesen wäre für ein paar Menschen, im Prinzip bleibt doch (fast) alles beim Alten. Jeder ist ersetzbar.

Ich frage mich, wann die Menschen aufwachen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Wesentliche sind doch nicht die Geschenke, die eh zum großen Teil spätestens bis Silvester wieder umgetauscht oder bei ebay eingestellt werden, weil die Menschen sich einfach nicht mehr freuen können.Man kann sich z. B. nicht über eine Kaffeemaschine freuen, auch, wenn man sich eine gewünscht hat, nein, es muss natürlich eine ganz Bestimmte sein und natürlich muss die Farbe stimmen....das geht ja sonst gar nicht!Wenn nur ein Faktor nicht passt, dann geht das Teil zurück. Ganz egal, wie viele Gedanken sich der Schenkende gemacht hat. Und ob er jetzt traurig ist und sich schlecht fühlt, nicht den 100%igen Geschmack des Beschenkten getroffen zu haben...das ist alles nicht wichtig. Wir sind alle Egoisten!Haben Sie sich über diese Unart schon mal Gedanken gemacht?

Dieser ganze Konsum interessierte mich nicht die Bohne. Ich hatte nur einen Wunsch: Ich wollte leben!

13

Page 14: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Endlich kam der Tag der Nachuntersuchung in Ulm.

Die Anspannung war kaum zu beschreiben. Heute sollte ich den alles entscheidenden Befund der Lymphknoten bekommen. Wenn der Krebs sie schon besetzt haben sollte, dann müssten alle Lymphknoten der linken Körperhälfte entfernt werden. Achselhöhle, Brustkorb, Leiste...alles raus! Daran wollte ich gar nicht denken. Dieser Gedanke war erschreckend.

Nervös und hungrig saßen mein Mann und ich im Wartezimmer. Essen konnten wir an diesem Morgen beide nichts. Die Anspannung war groß. So viele Patienten waren noch vor mir dran. Das Warten dauerte 2 Stunden. Dann wurde ich aufgerufen.

Ich zögerte. Wollte ich überhaupt hören, was mir gesagt wurde? War ich bereit für die alles entscheidende Nachricht?

Ich bekam die Nachricht schwarz auf weiß.

Keine Metastasen!

Alle Lymphknoten frei!

Kein Anhalt für Malignität...wie der Pathologe schreibt.

Obwohl ich so sehr auf diese Nachricht gehofft habe, konnte ich sie jetzt fast nicht glauben.Warum in aller Welt sollte ich dieses Glück haben?Bin ich wirklich noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen?

Ich war sprachlos, konnte mich noch nicht wirklich freuen. Auch auf der Heimfahrt habe ich nicht viel gesprochen. Ich musste das erst verdauen.

Was blieb, war ein kleiner Zweifel...da war doch noch dieser Lymphknoten in der Brust, wo man mir gleich gesagt hat, dass man den eh nicht entfernen konnte, an dieser heiklen Stelle...

Trotz allem war dies das schönste und beste Weihnachtsgeschenk, was ich je bekommen habe.Das Warten hatte sich gelohnt.

Meine Weihnachtsbotschaft hieß: LEBEN!

14

Page 15: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

5. Was ist das eigentlich – Interferon?

Ganz einfach gesagt regt Interferon das körpereigene Abwehrsystem an, evtl. verbliebene, nicht sichtbare Tumorzellen zu bekämpfen. Es hemmt die Bildung von Tochtergeschwüren (Metastasen) beim Melanom ... oder zögert sie zumindest hinaus.

Wenn Interferon gut arbeitet, kann es ein unkontrolliertes Wachstum der Zellen bei einigen Tumoren bremsen.Es kann die Erkrankung auch zum Stillstand oder sogar zur Rückbildung führen.

Das klingt doch schon mal gut. Der eigentliche Tumor, das Melanom, ist entfernt und die Interferone kümmern sich, dass da nix Neues wächst.....Toll!

Bei mir war es so, dass mein eigentliches Melanom schon recht groß war (Clark Level IV).

Metastasen hat man (Gott sei Dank) keine gefunden. Aber wer weiß, was für Pläne in meinen Zellen schlummern? Gewissheit darüber gibt es nicht.

Deshalb war ich ein Kandidat für die Interferon-Therapie!

Ich weiß noch genau, wie motiviert und gut gelaunt ich im Krankenhaus erschienen bin. Man sagte mir, dass die erste Spritze grundsätzlich unter stationären Bedingungen verabreicht wird.Na ja, dachte ich mir, so schlimm kann das schon nicht werden und ich bin ja schließlich auch kein Waschlappen, oder?So ließ ich mich einweisen....es war der 12.12.2005, mitten im Advent.

Nach den üblichen Untersuchungen suchte ich Entspannung beim Lesen und Spielen (mein Laptop war immer dabei...), als die Schwester ins Zimmer kam und mir die Spritze erklärte. Das war so ein Pen, wie ich ihn auch von den Diabetikern her kenne, sah für mich recht vertraut aus. Ich hatte keine Angst, mich zu spritzen.Auf meinem Nachtschränkchen standen Medizingläschen mit mehreren Tabletten, wozu sollte ich die denn haben? Ich sollte es bald erfahren.Es ist ganz einfach: 2 Tabletten Paracetamol ungefähr eine Stunde, bevor ich mich spritze .....und 2 Tabletten Paracetamol eine Stunde, nachdem ich mich gespritzt habe...Ich kenne Paracetamol gut, es wirkt bei mir bestens gegen Kopfschmerzen und Grippe-Beschwerden, aber 4 Stück innerhalb von gut 2 Stunden...so viel hab ich noch nie genommen.

Eines vergesse ich nie. Das Bild vom damaligen Oberarzt auf Station. Er stattete mir an diesem Tag einen kurzen Besuch ab. Er erzählte mir noch was über das Interferon und die erste Spritze und mögliche Nebenwirkungen.Und er sagte: „Frau Doberer, wenn Sie irgend etwas an Nebenwirkungen spüren, bitte klingeln Sie und sagen Sie Bescheid! Warten Sie nicht ab, bis es besser wird...weil, es wird nicht besser!“

15

Page 16: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Hammer, das hat gesessen. Ich vergesse nie sein Gesicht, das er dabei gemacht hat. Heute weiß ich, was er gemeint hat. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich es nicht.

Die erste Spritze kam mit einer jungen Schwester, die erst wenige Tage auf dieser Station gearbeitet hat. Sie war sehr nett, obwohl sie selbst etwas Probleme mit dem Bestücken der Patrone in den Pen hatte…aber gemeinsam, dank der Anleitung, hatten wir es geschafft.Mein Paracetamol hatte ich so gegen 17:00 Uhr genommen. Jetzt war es kurz nach 18:00 Uhr und die Spritze an sich war für mich kein besonderes Ereignis, ich kenne die Spritzen in den Bauch doch zu gut von einer anderen Operation (im Januar 2001 wurde mir die Gebärmutter entfernt).Es tat nicht mal weh.Eine Stunde danach nahm ich brav die zweite Ration Paracetamol.

Ich hatte bei diesem Krankenhausaufenthalt eine sehr angenehme Bettnachbarin, eine Altenpflegerin. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und ich habe sehr bedauert, dass sie schon am nächsten Tag entlassen wurde.Wir hatten genug Gesprächsstoff und der Abend ging schnell rum.So ein klein wenig angespannt war ich doch und froh zugleich, weil ich keine Nebenwirkungen der ersten Spritze spürte....bis wir so gegen 10:00 Uhr das Licht ausmachten.

Dann ging es los!Zu früh gefreut!

So gegen 11:00 Uhr, genau kann ich es nicht sagen, bekam ich ein Kribbeln in den Gliedern, das immer schlimmer wurde. Meine Beine taten weh, als wäre ich einen Marathon gelaufen (was für ein Vergleich, ich kenne das Gefühl nicht, Marathon zu laufen...)Dieses Kribbeln war ein Schmerz, der langsam in meine Beine fuhr und sie nicht wieder losließ. Mein ganzer Körper fühlte sich auf einmal so schwach an. Ich fröstelte.Was war das um Himmels willen? Ich kannte diesen Zustand nicht. Nicht in meiner schlimmsten Grippe hatte ich diese Gliederschmerzen! Aber es sollte noch schlimmer werden.

Ich bekam den heftigsten Schüttelfrost meines Lebens, meine Zähne klapperten, dazu Fieber, Kopfschmerzen, Unwohlsein, Brechreiz...und diese Gliederschmerzen! Ich werde sie nie vergessen! Sprich, mir war von oben bis unten kotzübel und ich hatte keinen Plan, wie das wieder aufhört!Ich erinnerte mich an die eindringlichen Worte des Oberarztes!

Ich wälzte mich wie wild in meinem Bett umher und fand einfach keine Ruhe. Die ganze Nacht! Es war schlimm.

Natürlich klingelte ich nach dem Pfleger, der in dieser Nacht Dienst hatte. Nicht nur einmal. Wir sollten uns in dieser Nacht noch öfter sehen!Er war wirklich nett und brachte mir, ich weiß nicht wie oft, die ganze Nacht über die verschiedensten Mittelchen, die Abhilfe schaffen sollten. Auch eine zusätzliche Decke, um die

16

Page 17: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

ich ihn bat, denn ich fror erbärmlich. Irgendwann gegen 3:00 in der Früh hatte er wohl das Richtige dabei, es ließ zumindest ein wenig nach.

Meine Bettnachbarin, mit der ich abends noch so lustig die Zeit verquatscht habe, hat wie ich kein Auge zugemacht....Ich bin im Nachhinein froh, dass ich in dieser Nacht im Krankenhaus war. Mein Mann hätte gelitten wie ein Hund, wenn er das hätte mit ansehen müssen und er hätte mir nicht helfen können...

Also irgendwann in der Früh ließ es etwas nach, so dass wenigstens mein Bett und meine Decke nicht mehr wackelten....aber nicht genug, um zu entspannen. In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf.

Mann war ich froh, als es endlich früh war. Diese Nacht sollte einfach nur eines sein.....vorbei!Ich war total geschafft und geplättet. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Kraft hernahm, um zu duschen, aber ich war dermaßen nass geschwitzt vom Fieber und dem Schüttelfrost und ich fühlte mich so eklig, also duschte ich und schaffte es danach gerade noch rechtzeitig in die Waagerechte.Frühstück wurde mir ans Bett serviert, aber ich hatte kaum Hunger.

Zur Visite habe ich gesagt, dass diese Nacht nicht unbedingt zu denen gehört, an die ich mich gern erinnere...(mein Humor verlässt mich hoffentlich nie), aber in Wirklichkeit gehört diese Nacht zu denen, an die ich mich fast minutiös erinnern werde...noch ziemlich lange sogar, wenn nicht mein ganzes Leben.

Nach 2 Tagen durfte ich nach Hause.Bei der nächsten Spritze sollte es besser sein. Bei der 3. Spritze merken viele Patienten schon fast gar nix mehr an Nebenwirkungen, hat man mir gesagt. Nun, das war bei mir nicht so. Aber alles was danach kam, war nicht mehr so schlimm, wie diese Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 2005.

Trotzdem. Interferon hieß bei mir nur noch das „Teufelszeug“ und das, was nach der Spritze kam, war für mich einfach die „Seuche“....

Natürlich hatte ich mich von der 1. Spritze noch nicht wirklich erholt, da war bereits die 2. dran. Ich war immer noch total entkräftet und hoffte inständig, dass es diesmal nicht so schlimm wird.

So gegen 17:00 Uhr nahm ich 2 Tabletten Paracetamol. Gegen 18:00 Uhr gab ich mir die Spritze in den Bauch, diesmal zu Hause. Mit dem Pen funktionierte alles, obwohl es natürlich noch ungewohnt war. Aber ich sollte mich bald daran gewöhnen. Viele Wochen und Monate, genau gesagt 18 Monate, war der Pen mein stiller Begleiter. Um 19:00 Uhr nahm ich wieder 2 Tabletten Paracetamol.

Ich muss zugeben, dass ich Angst hatte vor dieser Nacht, Angst, dass es wieder so elend wird

17

Page 18: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

und die Prophezeiungen, dass es nun alles besser wird, nicht fruchteten.Ich brauchte nicht lange warten, ungefähr noch eine Stunde, so gegen 20:00 Uhr, als wieder diese Nebenwirkungen einsetzten. Diese Gliederschmerzen waren extrem, alles tat mir weh, aber wirklich alles. Das Fieber kam wieder, die Übelkeit und später der Schüttelfrost. Ich verzog mich bald nach der Spritze ins Bett. Sollte das doch wieder so eine Nacht werden? Ich

wollte und konnte es nicht glauben. Ich nahm eine Schlaftablette, um zu entfliehen, es gelang mir nicht.Alle 1 - 2 Stunden gab’s einen kleinen Cocktail aus Schmerztropfen und MCP-Tropfen gegen die Übelkeit. Ich war sehr, sehr unruhig und habe erst gegen Morgen vor Erschöpfung geschlafen. Ich muss sagen, diese Nacht war vielleicht nicht ganz so schlimm wie in der Klinik...so richtig viel besser war sie aber auch nicht.Das sollte viele Wochen so gehen. Es gab immer mal kleine Verbesserungen in meinem Befinden, aber die „Seuche“ an sich blieb...

Ich hatte noch nie solche Gliederschmerzen wie in diesen Wochen, vor allem so häufig und heftig, dass ich mich kaum bewegen wollte. Einfach nur einen Platz auf der Couch einnehmen, alles so bequem wie möglich machen...und still liegenbleiben, bis es vorbei ist.Sicher kennen Sie Gliederschmerzen von Ihrer letzten Grippe, oder? Ich kenne sie auch, aber glauben Sie mir, das ist kein Vergleich zu dem, was das „Teufelszeug“ in mir ausgelöst hat.

Am nächsten Morgen war ich regelmäßig total erledigt. Morgen kann ich eigentlich nicht sagen, weil vor 12:00 Uhr mittags bin ich in den ersten Wochen nicht aus dem Bett gekommen, aber immerhin.Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich gar nicht aufgestanden, aber dem Druck in der Blasengegend konnte ich so unmöglich nachgeben und so trieb es mich dann doch aus den Federn.

Der Gang zur Toilette war schon anstrengend, weil natürlich immer noch alles weh tat. Das war ein Muskelkater vom Feinsten, vom Bauch abwärts. Ich spürte jeden cm² in mir. Deshalb kam ich auch nicht weit. Sie wissen schon, wo es mich hinzog?Ab auf die Couch! Mein Mann kümmerte sich immer rührend um mich, er brachte mir den ersten Kaffee. Er versuchte, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Mein größter Wunsch blieb jedoch unerfüllt. Der, dass diese Gliederschmerzen aufhören.

Ich war vorher noch nie so kraftlos. Das Ganze war ja im Dezember, wo es bekanntlich schon am Nachmittag wieder dunkel ist. An manchen Tagen habe ich nur 2 - 3 Stunden Tageslicht gesehen, weil ich nicht eher aus dem Bett gekommen bin. Und oft hat sich das Umziehen echt nicht gelohnt. Warum sollte ich meinen Schlafanzug ablegen, wenn ich doch sowieso am liebsten gleich wieder ins Bett wäre?

Nach ein paar Wochen nahm wenigstens diese Übelkeit ab. Ich wertete dies als grandiosen Erfolg. Was sich aber immer mehr einschlich, war eine depressive Stimmung.Im Nachhinein hätte ich lieber die Übelkeit behalten, wenn mir dafür die Depri erspart geblieben wäre.

18

Page 19: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich verlor jedes Interesse an meiner Umwelt.Fernsehen, Radio...war mir alles egal.Telefonate...waren nur anstrengend.Kontakte habe ich alle schleifen lassen.

Die kleinste Hausarbeit war lästig. Manchmal saß ich auf der Couch und habe gesehen, wie der Staubfilm auf dem Fernseher wuchs. Man hätte schon „Sau“ drauf schreiben können. Aber ich hatte nicht die Kraft, aufzustehen und ihn abzuwischen....eine Arbeit von wenigen Momenten, ich konnte es nicht. Alles war mir zu viel.Ich musste mich zu allem zwingen und hatte nah am Wasser gebaut.Meine Stimmung war schlecht. Ich fühlte mich wie eine 120-Jährige. Warum war das alles so anstrengend?

Aus vorangegangenen Gesprächen mit meinen Ärzten in Ulm wusste ich, dass Interferon auch Stimmungsschwankungen und Depressionen auslösen kann. Ich hoffte natürlich, dass dies bei mir nicht passiert, aber ich irrte mich.

Das Gute war, dass mein Mann eigentlich immer um mich herum und wachsam war, wie es mir ging. Wann immer es ging, machten wir einen kleinen Spaziergang am See. Der See gab mir Kraft. Manchmal, gerade am Anfang, liefen wir nur 200 - 300 Meter, dann war ich schon wieder total K.O.Aber selbst diese 200 m haben sich gelohnt.Die frische Seeluft, das Rauschen des Wassers, der Wind und ein paar Wellen, das war Leben und ich habe es in mich aufgesaugt wie ein Schwamm.Schließen Sie doch einmal Ihre Augen. Träumen Sie sich ans Wasser, irgendwohin ans Meer oder einen See, den sie kennen. Halten Sie einen Moment inne...und holen Sie ganz tief Luft...ein tolles Gefühl, das geht durch und durch.

Inzwischen wurde es Weihnachten, für uns eher ein stilles Fest. Unser Weihnachtsgeschenk hatten wir ja schon bekommen: Die Nachricht, dass ich keine Metastasen hatte!

Silvester habe ich verschlafen und das neue Jahr begann so, wie das Alte aufgehört hatte, mit Kraftlosigkeit, gedrückter Stimmung und Gliederschmerzen.

So langsam gewöhnte ich mich daran.

Es gab einen bestimmten Rhythmus, der erste Tag nach der Spritze gehörte komplett den Nebenwirkungen und der Couch. Am zweiten Tag war es etwas besser. Das war der Tag für einen Einkauf oder einen Spaziergang. Beides zusammen ging nicht. Meinem Mann muss bald der Arm abgefallen sein, so wie ich an ihm dran hing. Im Supermarkt kam ich mir oft vor wie ein kleines Kind, das sich am Wagen der Eltern festhält. Ich wollte einfach nur dabei sein, ab und zu. Ich hatte nicht wirklich Interesse an dem Einkauf, aber ich wollte irgendetwas mit

19

Page 20: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

bekommen vom Leben, und wenn es nur dieser Trubel zwischen Regal und Kasse war.

An die immer wiederkehrenden Spritzen in meinen Bauch hatte ich mich schnell gewöhnt. Sie gehörten schon bald zu meinem Tagesablauf wie Zähneputzen und Kaffee trinken.Die Spritzen an sich sind nicht schlimm, tun auch nicht wirklich weh, sie sind manchmal unangenehm, aber es ist zum Aushalten und die Handhabung ist Gott sei Dank recht einfach.Welch ein Segen, dass man so was heute als Patient selbst machen kann. Stellen Sie sich nur vor, Sie (oder ich) müssten jeden 2. Tag zu einem Arzt, um sich die Spritzen abzuholen....

20

Page 21: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

6. Ärger mit der Krankenkasse

Am 13. Januar 2006 bekam ich Post von der Krankenkasse.

Ein super Brief, dass ich bis zum 31.01.06 eine onkologische Reha beantragen muss, sonst streichen sie mir das Krankengeld. Na das hatte mir gerade noch gefehlt! Ich konnte es nicht glauben, das kann doch nicht wahr sein, oder?Jetzt bin ich gerade mal 8 Wochen krank und hab schon Ärger mit der Kasse!Dabei haben die bis jetzt noch nicht ein einziges Mal Krankengeld für mich gezahlt, der erste Auszahlschein hing noch unberührt an unserer Pinnwand in der Küche..und jetzt so was!Ich war außer mir.

Wieso wollten die mir denn das Krankengeld streichen?Ich habe doch mein Leben lang immer gearbeitet, pünktlich einbezahlt, war erst 2 Mal länger krank, so dass die Kasse überhaupt mit Lohnersatzleistungen einspringen musste. Ich verstand die Welt nicht mehr.Ich arbeite selbst seit meinem 16. Lebensjahr im Gesundheitswesen. Schufte Tag und Nacht, an Wochenenden, Feiertagen. Egal ob Weihnachten, Silvester, der eigene Geburtstag, der Dienst ging immer vor....ich habe mir nächteweise die Zeit im Krankenhaus um die Ohren geschlagen, Überstunden geschrubbt, Bereitschaftsdienste gemacht, hatte zusammen mit dem Wochenenddienst manchmal eine 60 - 70-Stunden-Woche,... immer im Dienste des Patienten...und jetzt, wo ich selbst einmal Hilfe brauchte, bekam ich diese Ohrfeige!Ich hatte eine Stink-Wut!

Wie sollte ich denn in diesem Zustand bitte eine Reha machen? Kann mir das bitte mal jemand erklären? Ich, die ich vor 12:00 Uhr mittags nicht mal ansatzweise wach wurde...von Energie für irgendwelche Therapien mal ganz abgesehen. Wie sollte ich mich in eine Gruppe einfügen? Sport machen?Ich war entsetzt.

Der Grund für das Ganze war, dass der medizinische Dienst der Krankenkasse automatisch ein Gutachten erstellt, wenn die 6 Wochen Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber beendet sind.Dieses Gutachten wurde nur nach Aktenlage erstellt, ich wurde weder untersucht noch angehört.Der Gutachter kam zu dem Schluss, dass ich während der gesamten Therapiezeit, in der ich Interferon spritzen musste, nicht arbeitsfähig sein werde.Das heißt mindestens 18 Monate. Da die Krankenkasse in 3 Jahren für ein und dieselbe Erkrankung aber nur 18 Monate lang Krankengeld ausbezahlt, wurde der Rententräger angewiesen, eine befristete Rente zu überprüfen und ggf. zu gewährleisten.Na Prima! Das hatten die sich ja sauber ausgedacht.

Meine Telefonate mit der Krankenkasse blieben erfolglos. Sie erklärten mir, dass sie es ja nur gut mit mir meinen und mich sozial absichern wollen, wenn ich denn nun schon so lange krank

21

Page 22: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

sein muss. So richtig glauben konnte ich das nicht. Mir hätten immerhin 18 Monate Krankengeld zugestanden und die wollte man mir offensichtlich arg verkürzen. Kein Wunder

bei der Rente, die ich bekommen würde, das wären so ca. 500,00 Euro weniger als das Krankengeld, pro Monat versteht sich.

Die Krankenkasse wollte mich abschieben! Anders konnte und wollte ich es nicht sehen!

Da aber „Reha vor Rente“ geht, sollte ich so schnell wie möglich selbige antreten.

Mein Hausarzt meinte, dass ich die Reha machen müsste, da gäb’s kein Ausweichen!

Ich bat ihn, den Antrag mit „derzeit nicht rehafähig“ abzulehnen, was er auch tat. Ich war es ja wirklich nicht! Das gab aber nur einen kleinen Aufschub.

Beim nächsten Facharztbesuch in Ulm brachte ich mein Anliegen vor. Da es mir zu diesem Zeitpunkt körperlich wirklich sehr schlecht ging, entschied sich die Ärztin für eine Interferon-Pause. Das hieß, ab heute nicht mehr spritzen. Ich hätte an die Decke springen können vor Freude. Aber eigentlich war es ja nicht Sinn der Sache, nicht zu spritzen.

In dieser Spritzen-Pause sollte ich dann die Reha machen, damit ich auch wirklich etwas davon habe. Gesagt, getan, ich telefonierte mit der Reha-Einrichtung und machte einen Termin aus, den 14.03.06, kurz nach meinem Geburtstag.

Das Weglassen der Spritzen war für mein körperliches Befinden ein Gewinn.Ich kam zusehends wieder zu Kräften. Es war ein Gefühl, als hätte ich einen Vorhang vorm Gesicht. Und bei jedem weiteren Tag ohne Interferon konnte ich den Vorhang etwas weiter aufziehen und wieder am Leben teilhaben, jeden Tag ein Stückchen mehr.

22

Page 23: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

7. Was soll ich denn bei der REHA?

In dieser für mich schon fast „Hochstimmung“ fuhr ich zur Reha. Ich hatte mir eine Klinik in unmittelbarer Heimat-Nähe ausgesucht, nur 70 km weg. Da ich ja davon ausgegangen war, dass ich noch spritze und eh den halben Tag im Bett verbringe, war mir die landschaftliche Umgebung eigentlich egal. Hauptsache keine weite Fahrt, jede Anstrengung so klein wie möglich halten. Ob Chiemsee oder in irgendeinem kleinen Kaff...was macht das für einen Unterschied, wenn es mir ja doch nicht gut geht....

Jetzt, da ich doch nicht ganz so schlecht drauf war wie erwartet, sah ich den Reha-Aufenthalt als kleinen Urlaub vom Alltag an. Ich hatte mir fest vorgenommen, es mir so gut wie möglich gehen zu lassen. Nur das mitzumachen, was ich auch wirklich selbst wollte und was mir gut tat. Ich wollte mich einfach erholen.An die Klinik angegliedert war eine Therme, was mir echt sehr entgegenkam. Ich liebe Wasser und so eine Therme ist schon was Besonderes. Es war toll, einfach nur im warmen Wasser liegen zu können und zu entspannen. Besonders toll war es im Außenbecken, die Wiesen ringsum waren noch bedeckt mit Schnee bzw. Schneematsch, die Luft war kalt, der Wind war eisig und ich lag im super warmen Wasser, es war genial!

Ich bin zwar mit Sicherheit ein kritischer Zeitgenosse, aber ich kann eigentlich viel Gutes über die Klinik berichten. Sehr schöne helle und große Zimmer mit Hotel-Charakter, in denen man sich rundum wohl fühlen kann. Gute Angebote für kreatives Gestalten und Bewegungstherapie. Drei Mal die Woche Nordic Walking mit einem „Lehrer“, der wirklich wusste wie es geht und es vor allem auch so vermitteln konnte, dass alle Beteiligten was davon hatten. Ich war begeistert! Das hat richtig Spaß gemacht.Drei Mal die Woche Wassergymnastik...Bewegung, Spiel und Spaß ...Wasserratten wie ich kamen voll auf ihre Kosten.

Sicher gab es auch Dinge die nicht so toll waren.Die Altersstruktur zum Beispiel. Ich hatte das Gefühl, wenn ich den Speisesaal betrat, dass sich das Durchschnittsalter um mindestens 20 Jahre,...wenn nicht noch mehr...senkte...

Und das Essen: Da war nichts von mediterraner Küche, aber auch gar nichts! Da gab es Hausmannskost in Hülle und Fülle, alles schön fett zubereitet. Abends gab es fast mehrmals die Woche warm, die Mittags-Portionen waren riesig und ich stieß meistens auf taube Ohren, wenn ich nur eine Portion wollte, bei der das Besteck auch noch Platz auf dem Teller fand. Ich versuchte mich an die Salat-Theke zu halten, aber selbst da tropfte die Mayonnaise schon aus den Behältern.

Beschwerden über das wirklich fette Essen kamen nicht nur von mir, sondern auch von anderen Patienten. Allerdings fanden wir kein Gehör. Es hieß nur, dass es Absicht sei, die meisten Gäste seien doch durch die Therapie abgemagert und benötigten dringend Kalorien. Gehaltvolles Essen sei sozusagen Programm! Sicher konnte ich mit den teilweise doch sehr schlanken Patienten mitfühlen, ich gönnte ihnen jedes Gramm Fett, das sie zunahmen. Nur eben war ich

23

Page 24: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

bereits stark übergewichtig und mir und meiner Gesundheit wären ein paar Pfund weniger eher förderlich gewesen. Mir dann von ausgebildetem Personal anhören zu müssen,

dass ich in den 3 - 4 Wochen sowieso zunehmen werde und gar nicht erst versuchen brauche, auf Kalorien und Fettgehalt zu achten, das kam mir doch absurd vor und zeugte in meinen Augen von wenig Flexibilität und Zeitgeist.

Bei aller Erholung und Entspannung stellte sich für mich immer wieder die Frage, wie es danach weiter geht. Was passiert nach der Reha? Wird man mich berenten?Wie geht es dann finanziell weiter?

Was wird mit der Interferon-Therapie? Soll ich wieder anfangen? Soll ich abbrechen?Was spricht für ein Fortsetzen der Therapie? Was dagegen?

Ich hatte diesen Zustand, in den ich durch das Interferon gedrängt wurde, dermaßen satt, ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich das noch weiter machen sollte. Konnte das wirklich gesund sein? War das wirklich gut für mich?

Ich war endlich wieder zu Kräften gekommen, der Frühling stand vor der Tür, ich wollte mit meinem Mann Motorrad fahren...Das Leben in vollen Zügen genießen.

Die Entscheidungsfindung war nicht leicht und hat mich viele schlaflose Nächte gekostet.

Ich habe mir eine Liste gemacht.Was gibt mir das Interferon?Was nimmt es mir?

Pro und Contra.

Was mache ich, wenn die Nebenwirkungen wieder so schlimm werden?Was tun, wenn ich depressiv werde?Wo bekomme ich Hilfe?Steigt meine Lebenserwartung mit der Therapie?

Ich weiß heute nicht mehr 100%ig, was alles genau auf der Liste stand, aber diese Liste hat mir, im Nachhinein gesehen, viel Klarheit verschafft.

Es ist viel leichter, am Ende eine Entscheidung zu treffen, wenn man seine Gedanken schwarz auf weiß geordnet hat, um herauszufinden, was wichtig ist.

Wann immer mich jemand zu speziellen Themen um Rat fragt, dann gebe ich diesen Tipp weiter, alles aufschreiben, was sich zwischen unseren Ohren zu diesem Thema tut. Und dann das Für und Wider abwägen.

24

Page 25: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Probieren Sie es einmal aus. Es funktioniert!

Als Krankenschwester hätte ich mit Sicherheit jedem Patienten dazu geraten, alle Möglichkeiten, die die moderne Medizin bietet, auszuschöpfen.Mir selbst fiel die Entscheidung für mich schwer.

Am Ende der Reha stand für mich fest, dass ich wieder anfangen werde mit der Interferon-Therapie. Das Pro hatte gewonnen. Ich wollte mir die Sicherheit, die mir das Medikament bringt, nicht entgehen lassen. Koste es was es wolle.Ich war fest entschlossen, die Therapie durchzuziehen und ich habe an dieser Entscheidung nie wieder gerüttelt.

Die 4 Wochen Reha haben mir gut getan.Sie lesen richtig, 4 Wochen. Ich habe sogar eine Woche verlängern lassen!

Ich war wieder zu Kräften gekommen.Ich hatte einen klaren Kopf.Ich wusste, was ich will und ich hatte einige Adressen im Gepäck, bei denen ich bei Bedarf Hilfe finden sollte.

25

Page 26: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

8. Durchhalten oder der ewige Kampf mit den Nebenwirkungen

Abreisetag war Dienstag und am Wochenende begann für mich eine neue Erfahrung mit der Interferon-Therapie. Ostersonntag gab es die erste Dosis Interferon.

Ich hatte mir während der Reha schöne neue Nordic-Walking-Stöcke gekauft und war wild entschlossen, in Lindau drei Mal die Woche weiter zu laufen.

Die Nordic-Walking-Gruppe, der ich mich in Lindau angeschlossen habe, traf sich immer mittwochs 9:30 Uhr am See. Nach 4 Wochen wieder an meinem See zu sein, noch dazu gestärkt und motiviert zum Laufen, das war einfach toll!Meine Freude währte jedoch nicht lange.

Schon bald musste ich das Laufen wieder aufgeben.

Mit jeder Spritze schwanden meine Kräfte mehr. Meine Körper wollte Ruhe. Es begann alles von vorn. Die Grippe-Beschwerden, Fieber, die Müdigkeit, diese Gliederschmerzen. Die so mühsam wieder erworbene Stabilität war auf einmal wie weggeblasen. Ich war gefangen in meinem Körper, alles fühlte sich an wie gelähmt.

Jede Aktivität musste ich in diesem Zustand vermeiden. Immer die Hoffnung habend, dass die Nebenwirkungen irgendwann nachlassen, kämpfte ich mich von Woche zu Woche.

Alles viel mir schwer.Ich wurde wieder depressiv.Kein Antrieb. Keine Energie. Diese Müdigkeit!

Ringsum mich her tobte das Leben. Und ich war nicht dabei. Schon das Zuschauen war anstrengend für mich. Ich wollte mich nur noch verkriechen. Alles viel mir schwer.

Mein Paracetamol-Verbrauch war hoch.4 Tabletten am Abend, 2 vor und 2 nach der Spritze.Am nächsten Morgen, nachdem ich mich aus dem Bett gequält habe, als erstes Paracetamol nehmen, um den Gliederschmerzen zu entfliehen.Es gab kaum einen Tag ohne Paracetamol, zumindest nicht in den ersten Monaten.

Es war ein täglicher Kampf. Da ich mich ja praktisch jeden 2. Tag gespritzt habe, blieb mir nicht viel Zeit zum Erholen. Es begann für mich eine andere Zeitrechnung, es gab nur noch „den Tag vor...“ oder „den Tag nach...“ der Spritze.

26

Page 27: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Die Nebenwirkungen hatten mich mehr im Griff, als mir lieb war. Kennen Sie das Gefühl, wie es sein muss, von einem Laster überrollt zu sein? So habe ich mich

gefühlt. An manchen Tagen habe ich schon beim Aufstehen gemerkt, dass das heute nichts wird. Es ist ein Grauen, wenn man eigentlich den ganzen Tag nur darauf wartet, dass man abends wieder ins Bett gehen kann.Diese Tage waren schlimm. Je länger ich so herum gelegen bin, umso mehr schwand auch die Energie, die das Interferon noch übrig gelassen hat.

Ich hatte keine Kondition mehr. Nach einem Spaziergang kam ich oft schweißgebadet wieder zu Hause an. Und ich musste die tägliche Entscheidung treffen: Gehe ich heute spazieren oder muss ich zum Einkaufen? Beides zusammen ging nicht!

Ich wurde immer träger. Ich nahm an Gewicht zu, ich konnte mich selbst nicht leiden.Das Vorhaben, mit dem Interferon die drohenden Metastasen zu vergraulen, wurde zum Albtraum.Ich weiß nicht, wie ich es weiter beschreiben soll, es war einfach ein täglicher, anstrengender Kampf.

Ich habe nie mit der Entscheidung gehadert, dass ich wieder begonnen habe mit der Therapie. Es war wohl der berühmte Strohhalm, an dem ich mich festgehalten habe. Alles zu tun, um dem Krebs die Stirn zu bieten. Koste es, was es wolle.

Meine Lebensqualität war in dieser Zeit sehr, sehr begrenzt. Macht nichts, ich habe es gelernt, bescheiden leben zu können.

Ich war noch nie ein Mensch, der unbedingt alles haben muss, um zufrieden zu sein. Ich gehe nicht über Leichen und das Wohl meiner Mitmenschen war mir immer sehr wichtig. Oft sogar wichtiger als das meine. Das hat sich geändert. Wenn ich früher immer danach gesucht habe, wie ich etwas für meine Umwelt tun kann, dann schaue ich doch jetzt eher nach mir und meinem Wohl (Nicht immer, aber immer öfter).

Ein paar Minuten auf einer Bank am See sitzen, mit einer Freundin einen Kaffee trinken gehen in einem stinkfeinen Hotel, das Beste ist gerade gut genug für mich.

Ein Besuch im Kosmetikstudio - ich genieße ihn. Einfach mal loslassen und sich verwöhnen lassen. Nichts tun müssen. Ich habe es verdient, es mir gut gehen zu lassen!

Neue Garderobe habe ich mir in dieser Zeit eigentlich fast gar keine gekauft. Ich brauchte eh nicht viel, zu Hause trug ich die berühmten Wohlfühl-Klamotten, Jogginganzug & Co. Sonst brauchte ich nicht viel. Da ich eh unzufrieden war, kein angenehmes Körpergefühl hatte, war auch der Wunsch nicht vorhanden, mich hübsch anzuziehen. Außerdem machten mich die großen Menschenansammlungen in Kaufhäusern beklommen.

27

Page 28: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich wollte da nicht dazwischen sein. Und ich hatte sowieso keine Ambitionen, unter Leute zu gehen. Ich war am liebsten zu Hause.

Natürlich gab es immer wieder Veränderungen in meinem Befinden.

Es gab ein paar Wochen, da habe ich geglaubt, ich könnte Bäume ausreißen. Ich fühlte mich „fit“. Ich bin jeden Tag 1 bis 1,5 Stunden spazieren gegangen. Danach war ich zwar platt, aber es hat funktioniert. Ich schöpfte Mut, dass ich mich jetzt endlich an das Zeug gewöhnt habe und alles wieder normal wird.

Aber diese Zeit hielt nicht lang. Ein paar Wochen maximal, dann kam der Absturz. Es ging wieder nichts mehr.

Das waren echt so Phasen, die sich abgewechselt haben. Genauso ging es mir auch mit dem Schlafen. Es gab Wochen und Monate, da habe ich extrem schlecht geschlafen, nur mit Schlaftablette und selbst dann nur stundenweise.Ich bin oft todmüde ins Bett, habe eine halbe Stunde geschlafen. Wurde dann wach und konnte einfach nicht mehr einschlafen.

Trotz totaler körperlicher Erschöpfung habe ich oft keine Ruhe gefunden.

Dann gab es Wochen, da habe ich geschlafen wie ein Stein. Ich wurde eigentlich den ganzen Tag über nicht wirklich wach, war wie im Tran, habe nur darauf gewartet, endlich wieder ins Bett zu gehen, habe sogar Mittagsschlaf gehalten und bin auch abends sofort eingeschlafen.Trotzdem fühlte ich mich nie wirklich ausgeruht. Anfang Januar wurde meine Depression so schlimm, dass ich mich entschloss, Medikamente dagegen zu nehmen. Meine Ärzte versicherten mir, dass die Depression ja nicht aus mir komme, sondern einzig und allein durch das Interferon ausgelöst wurden, da waren spezielle chemische Vorgänge im Gehirn....Sie rieten mir schon lange zu einem Antidepressivum, bis jetzt hatte ich das aber immer vermieden. Nun gab es kein Zurück mehr.

Also nahm ich die Tabletten ein. Allerdings reagierte ich auch darauf mit heftigsten Nebenwirkungen. Eine innere Unruhe und Herzrasen, besonders nachts, so stark, dass es mir Angst gemacht hat. Ich habe mich richtig bedroht gefühlt. Ich konnte das Zeug unmöglich nehmen! Nach nur einer Woche hab ich es wieder abgesetzt. Ich war schon geplagt genug! Manchmal verstand ich die Welt nicht mehr. Warum muss ich mich so quälen? Warum fällt mir alles so schwer? Gibt es wirklich nichts, was es mir leichter machen könnte?Ich fühlte mich wie gerädert.Das Leben kann so anstrengend sein. Und ich hatte es einfach satt.

28

Page 29: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Da das viele Paracetamol natürlich nicht unbedingt gut für meine Leber war, hab ich versucht, es auszutauschen und ein anderes Schmerzmittel zu nehmen. Ich muss aber sagen, das Einzige, was wirklich gegen diese Gliederschmerzen geholfen hat, war für mich Paracetamol. Und so bin ich ihm, mit nur wenigen Ausnahmen, die ganzen Monate treu geblieben. Paracetamol - mein Freund und Wegbegleiter!

Was mich motiviert hat durchzuhalten, war einzig und allein der Gedanke, dass es eine möglichst lange Zeit „nach Interferon“ geben wird.

Eine Zeit, in der ich alle Freuden des Lebens wieder neu entdecken werde.

Wo ich mich nicht fragen muss, ob die Kraft reicht, heute dieses oder jenes zu tun, sondern ich einfach das tun kann, worauf ich Lust habe.Reisen, Freunde besuchen, mit meinem Mann Motorrad fahren...was immer ich will.

Irgendwann im März, ich glaube es war kurz vor oder nach meinem Geburtstag, habe ich angefangen, zu zählen.Wissen Sie, was ich gezählt habe? Ganz einfach, alle Spritzen, die noch vor mir lagen. Ich habe mir einen Kalender genommen, es waren genau noch 72 Interferon-Spritzen bis Ende August. Ich fing an, rückwärts zu zählen. Bei jeder Spritze, nur noch 72...71...70 usw.

Ich freute mich so sehr auf den kommenden Frühling. Aber ich hatte noch nie so wenig Kraft wie jetzt. Der Geist einer 42-jährigen im Körper einer 80-jährigen. So kam ich mir vor.

Was ich in der ganzen Zeit als sehr unangenehm empfand, ist eine weitere Nebenwirkung. Ein penetranter Metallgeschmack im Mund. Einfach nur widerlich. Es war mir kaum möglich, zum Sonntags-Frühstück in gewohnter Weise ein Ei zu essen...und schon gar nicht mit einem Metall-Löffel. Es schmeckte einfach alles nach Metall, ich kam mir vor wie lebendes Inventar eines Schrottplatzes.Dagegen half eigentlich nur eines: Geduld zu haben bis es vorbei ist.

Auch meine Haut hat in dieser Zeit sehr viel Pflege benötigt. Sie ist total ausgetrocknet. Zum Glück gibt es ja heute Bodylotion ohne und mit allen möglichen Düften und in verschiedenen Preisklassen. Mir hat ein Discounter-Produkt sehr gute Dienste geleistet. Die Lotion war gut für meine Haut, sie hat sie förmlich aufgesaugt und ein paar Streicheleinheiten für die Seele gab es bei dieser Gelegenheit auch noch, und zwar täglich, gratis.

29

Page 30: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

9. Meine große Liebe!

Ich kann unmöglich dieses Buch schreiben, ohne Ihnen etwas von mir und meinem Mann zu erzählen...

Wir haben uns vor fast 10 Jahren, im Oktober 1997, im Internet (damals war das noch was Besonderes…) kennen gelernt.Wir hatten damals eine große Entfernung zu überbrücken. Ich wohnte in Sachsen, in der Nähe von Chemnitz, und mein Mann in Kempten im Allgäu, das waren gute 500 Kilometer.Irgendwie machte es uns die Entfernung leicht, uns unbeschwert, frei von Vorurteilen, offen und ganz ungeniert über alles zu unterhalten, was jeder von uns an positiven und negativen Erfahrungen im Leben miterlebt hat. Es war ja nicht unbedingt unsere Absicht, im www den Ehepartner zu finden...also wozu ein Blatt vor den Mund nehmen?

Wir hatten von Anfang an einen Draht zu einander. Daraus entwickelt hat sich eine Seelenverwandtschaft, die es, glaube ich, nicht allzu oft gibt.Ich kann mir keinen besseren Partner an meiner Seite vorstellen. Ich bin froh und dankbar, dass ich ihn an meiner Seite habe.Er liebt mich über alles, so wie ich bin und so, wie ich mir immer gewünscht habe, von einem Mann geliebt zu werden. Eben so, wie ich bin. Ohne Forderung.

Wir haben alle Höhen und Tiefen des Lebens in den letzten 10 Jahren gemeinsam gemeistert, und es gab nicht wenige Tiefen...vielleicht an anderer Stelle mehr darüber.Wir haben immer zusammengehalten und das hat uns stark gemacht.Es ist leicht, sich zu lieben, wenn man gesund ist, seinem Job nachgehen kann, die Kinder gedeihen und man die Negativ-Schlagzeilen nur aus dem Fernsehen kennt.Davon kann ich nur träumen. Das, was das Leben mir bisher abverlangt hat, war sehr oft sehr anstrengend und hat mich an die Grenzen des Erträglichen getrieben und oft auch darüber hinaus.

Nun, eigentlich muss ich sogar dankbar sein, mit diesem Mann an meiner Seite den Krebs besiegen zu dürfen. Ob ich es ohne ihn geschafft hätte, ich weiß es nicht.

Allerdings war der Zeitpunkt meiner Erkrankung absolut schlecht gewählt!

Von wählen kann man natürlich nicht sprechen, aber ich wurde zu einer Zeit krank, als gerade mal wieder etwas Normalität in unseren Alltag einziehen wollte.

Vorausgegangen waren Jahre des Bangens um meinen Mann, der inzwischen seinen 3. Herzinfarkt erlitten hat. Es begann alles im Februar 2003 mit einer Fehldiagnose. Auf Grund eines einmaligen aber sehr heftigen Anfalls von Schuppenflechte bekam mein Mann größere Mengen Cortison. Wir wohnten damals noch in Sonthofen im Oberallgäu.

30

Page 31: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

An einem Abend wurde es ihm plötzlich sehr schlecht, er wurde kaltschweißig, war getrieben von Unruhe, Schmerzen im linken Arm, der Blutdruck stieg merklich an.

Er wurde ängstlich und ich zusehends auch. Ich dachte sofort an Herzbeschwerden... Ich rief den Notarzt, schilderte die Beschwerden. Es kam gleich eine ganze Crew, vor Ort wurde sofort ein EKG geschrieben und uns mitgeteilt, dass mit Herz und Kreislauf alles OK sei (heute wissen wir, dass er in dieser Nacht im Alter von 44 Jahren seinen 1. Herzinfarkt hatte).Die Schmerzen kämen entweder von der Wirbelsäule oder von der Schuppenflechte, die eine Epicondylitis, also eine Gelenkenzündung im Ellenbogen ausgelöst haben könnte.

Aufatmen! So bekam mein Mann Schmerzmittel und Blutdrucksenker vor Ort und die Empfehlung, am nächsten Tag einen Orthopäden aufzusuchen.

Diese Nacht dauerte eine Ewigkeit. Der Orthopäde stellte nichts Gravierendes fest und wollte ihn nicht einmal krank schreiben. Also ab zum Hausarzt. Dieser vertraute auf den Notarzt-Bericht und machte keinerlei Folge-Untersuchungen.Eine einfache Blutentnahme mit Bestimmung der Herzenzyme hätte diesen schwerwiegenden Irrtum aufgeklärt!

Mein Mann erholte sich langsam, musste um eine Krankschreibung von 2 Wochen kämpfen, dann kam der Alltag wieder. Drei oder vier Wochen später eine erneute Schmerzattacke der linken Seite, wieder in der Nacht. Wieder war die Diagnose schnell gestellt....wieder gab es Schmerzmittel, die wurden gleich ins Ellenbogengelenk gespritzt...

Wieder eine kurze Krankschreibung und bald schon hatten wir diese Geschichte vergessen.

Es passierte lange nichts.

Bis zum August 2004. Da wurde mein Mann am Fuß operiert. Und weil es nicht heilen wollte, im September noch einmal. Während dieser OP, bei der ich als OP-Schwester natürlich anwesend war, las ich durch Zufall einen Vermerk auf dem Narkose-Protokoll. “Alter Myocard-Infarkt! Ausgedehnte Narbe!“ Ich traute meinen Augen nicht! Das konnte doch nicht wahr sein, oder?

Kenntnis von dieser Aussage zu bekommen verdankte ich nur dem blöden Zufall oder besser gesagt dem glücklichen Umstand, dass ich selbst anwesend war und Einsicht in die Krankenakte hatte, was wohl wirklich kaum einem Normalsterblichen heute möglich ist.

Den anwesenden Narkose-Arzt habe ich natürlich daraufhin angesprochen. Aber er sagte nur „Ja, ja, da war wohl schon mal was, aber er hat ja im Moment keine Beschwerden!“ Ich war fassungslos!

31

Page 32: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Als sich mein Mann von der OP erholt hatte, berichtete ich ihm davon und schleifte ihn mit zum Hausarzt (inzwischen wohnten wir in Lindau).Der Hausarzt schrieb ein EKG und der Verdacht des Infarktes fand Bestätigung!

Eine Überweisung zum Kardiologen folgte. Dieser wies meinen Mann nach gründlicher Untersuchung ins Krankenhaus ein. Herzkatheter-Untersuchung!

Das Datum der Untersuchung war der 7. Februar 2005.Das Ergebnis war erschreckend: Ein Gefäß ist bereits seit längerem zu, die beiden anderen Gefäße, die die Blutversorgung mit übernommen hatten, waren jeweils zu 80 % zu! Die Ärzte waren erstaunt, dass mein Mann überhaupt noch zu Fuß in die Klinik kam. Jeden Moment hätte es einen Knall geben können und der wäre endgültig gewesen!Es war sprichwörtlich 5 Minuten vor 12!Wir waren geschockt und wie gelähmt!Beide Gefäße wurden in einer OP mit jeweils einem Stent versorgt. Das ist ein kleines Gefäß-Implantat, welches das Gefäß dehnt und an dieser Stelle offen hält.

Auf Nachfragen der Ärzte, dass er die Infarkte doch unbedingt hätte merken müssen, hatten wir nur eine Erklärung: Die Erinnerung an den Februar/März vor inzwischen 2 Jahren mit den eigentlich typischen Beschwerden. Zu beweisen war das natürlich nicht mehr, aber das hätte auch niemandem geholfen.

Mein Mann hatte diese Herausforderung meistern müssen, ohne wirkliche medizinische Hilfe, ohne Reha, ohne Nachbehandlung und entsprechende Betreuung.

Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich damals im OP nicht die Hiobs-Botschaft gelesen hätte!

Unser Vertrauen in die Ärzte war erst mal den Bach runter.

Jetzt begann für meinen Mann (ich hab’s Ihnen noch gar nicht verraten: Er heißt Hans) eine lange Erholungszeit. Es war wichtig, dass er einen Gang zurückschraubt. Der Schock saß so tief, dass er von einem Tag auf den anderen mit dem Rauchen aufhörte. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich dafür war! Ich mochte den Qualm sowieso noch nie!

Wir haben versucht, uns auf die positiven Dinge im Leben zu konzentrieren.Die Endlichkeit des Seins vor Augen, haben wir uns unseren größten Traum erfüllt: Ein niegelnagelneues Motorrad! Eine Suzuki V-Strom DL 1000 mit 98 PS, 1000 ccm in Silber. Ein richtiger Dampf-Hammer!

Wir hatten schon so lange davon gesprochen und geträumt. Wann sollten wir es tun, wenn nicht jetzt?

32

Page 33: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Das Leben hatte uns eine Lektion erteilt. Alles konnte so schnell vorbei sein. Wie oft schieben wir Dinge auf, die wir gerne tun würden. Wir finden hundert Erklärungen, warum es jetzt nicht geht, machen alles „später“. Aber dieses später findet oftmals nie statt. Bis es wirklich zu spät ist.

Träumen Sie nicht Ihr Leben! Leben Sie Ihren Traum!

Das Motorrad gab uns ein ganz neues Lebensgefühl! Und für Hans war das wohl noch wichtiger als für mich zu diesem Zeitpunkt.Wann immer er sich gut gefühlt hat, sind wir eine Runde „gestromert“. Es war und ist einfach nur toll! Vor unserer Haustür liegen die schönsten Motorrad-Strecken und wir haben mit dem Motorrad Gegenden erkundet, die wir sonst wahrscheinlich nie gesehen hätten. Es ist einfach geil!

Hans ist ein super Fahrer, keiner von den Rasern, und ich habe vollstes Vertrauen in ihn und seinen Fahrstil, sonst könnte ich mich nicht als Sozia hinten drauf setzen.Trotzdem ist uns die Gefahr natürlich immer bewusst, aber was ist heute eigentlich nicht gefährlich?

Im Juli 2005, nur 5 Monate nach der Herzkatheter-Untersuchung, fuhren wir mit dem Motorrad nach Sachsen. Ich hatte Urlaub, freute mich riesig darauf auszuspannen, freute mich auf die Tour mit Hans und natürlich darauf, meine Mutter und ein paar Freunde wieder zu sehen.

Die Freude dauerte nicht lange. In der zweiten Nacht bekam Hans wieder diese Schmerzen. Wir waren abends noch mit meiner Mutter und einer Bekannten in einem griechischen Lokal zum Essen, ein toller Abend und auf dem Heimweg, einem kurzen Spaziergang mit wenig Steigung, überfiel ihn wieder dieses Gefühl, dass er inzwischen so gut kannte. +

Das kann doch nicht wahr sein, oder?Wir hatten immer Nitrangin-Spray dabei, das macht die Gefäße wieder weit und lässt Blut und Sauerstoff durch. Das lindert die Beschwerden. Ich weiß nicht, wie oft Hans in dieser Nacht gesprüht hat, er wollte einfach nicht schon wieder ins Krankenhaus, nicht hier und jetzt, im Urlaub.

Doch die Schmerzen kamen wieder und wurden heftiger. Es blieb keine Wahl.

Der Notarzt kam gegen 5:00 Uhr und nahm ihn mit. Auf meinen Wunsch hin lieferten sie ihn in eine Herzkatheter-Klinik ein. Ich wusste, dass er dort gut aufgehoben sein wird.

Gegen 7:00 Uhr war er der erste Patient auf dem OP-Tisch. Es ging alles ganz schnell. Wieder war ein Gefäß fast verschlossen, diesmal zu 90 %.Der Verschluss lag nicht weit weg neben einem der ersten Stents vom Februar.Er bekam einen neuen, dritten Stent eingesetzt.

33

Page 34: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ein Krankenhaus-Aufenthalt bei fast 35° C, im Hochsommer, das ist kein Zuckerschlecken. Dazu das lange Liegen, wenn man es eh schon im Kreuz hat, es war ein Graus. An eine Heimfahrt mit dem Motorrad war natürlich nicht zu denken. Aber zum Glück gibt es ja die „Gelben Engel“. Wir hatten, Gott Lob, eine entspannte Heimfahrt in einem VW-Bus vom ADAC, der klimatisiert und medizinisch komplett ausgestattet war. Dazu zwei sehr nette junge Fahrer, die sich um uns gekümmert haben. Das war wirklich perfekt.

Auch an dieser Stelle noch mal dem Team vom ADAC ein herzliches Dankeschön!

Unser Motorrad wurde ein paar Tage später mit einem Sammeltransport gebracht und bei unserem Händler untergestellt. Wenigstens musste ich mich nicht auch noch darum kümmern.

Seit diesem erneuten Infarkt ist mein Mann dauerhaft zu Hause, momentan ist er 47 Jahre alt, 50 % schwerbehindert und befristet berentet. Er lebt mit der ständigen Angst eines neuen Infarktes. Jedes Mal geht ein Stück vom Herzmuskel kaputt. Und jeder kann der Letzte sein. Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst.

Es ist oft nicht leicht, mit diesem Wissen den Alltag zu bewältigen. Ich bewundere meinen Mann für seine Zuversicht und seinen Lebensmut.

Zum Glück hat er nie die Fähigkeit verloren, sich mit mir an Kleinigkeiten zu freuen. Sein Humor hat ihn nie verlassen. Er ist und bleibt der wichtigste Mensch in meinem Leben.Wir freuen uns über jeden gemeinsamen Tag, genießen die Zeit und versuchen nicht zu fragen, was morgen ist.

Manchmal geht das Leben ganz eigenartige Wege mit uns. Das Gestern liegt so lange zurück, das Morgen scheint unendlich fern, die Zeit läuft uns davon und wir hinterher...und die wichtigste Zeit besteht im Augenblick.

Ich bin froh und dankbar für jeden einzelnen Moment, den ich mit ihm erleben darf!

34

Page 35: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

10. Was ändert sich für Sie und Ihre Familie?

Ich bin sicher, dass sich auch in Ihrem Leben, in Ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis etwas ändern wird.

Mein Mann war die allerwichtigste Person für mich in dieser Zeit.

Als ich im November 2005 meine Diagnose bekam, war ich nicht darauf vorbereitet.

Im Juli 2005 hatte Hans seinen 3. Infarkt. Das Schicksal hat uns nur ein paar Wochen gegeben, uns auf diese Situation einzustellen. Ich war von der sorgenvollen Zeit um meinen Mann total geschlaucht.Ich hatte mich noch nicht wirklich davon erholt, mein Urlaub war aber futsch.

Nichts ahnend, dass ich jede Menge Kraft und Energie brauchen werde für eine große Herausforderung, vor der ich nun stand.

Es begann wieder eine anstrengende Zeit für mich und meinen Hans.

Ich kann mir vorstellen, dass manche Partnerschaft diesem Druck nicht standhält, nicht nur darunter leidet, sondern auch kaputt gehen kann.

Bei uns war das Gott sei Dank nicht so, uns hat alles nur noch mehr zusammen geschweißt. Mein Mann hat es in der ganzen schweren Therapiezeit geschafft, mich so zu nehmen, wie ich bin, so, wie es mir gerade geht. Er hat keine Forderungen gestellt. Er hat meine Stimmungsschwankungen ertragen, ohne zu murren. Immer wieder.

Es war nicht leicht für ihn zu sehen, dass ich immer träger und lustloser wurde. Oft hat er sich gefragt, was er falsch macht und warum er es nicht schafft, mich aufzumuntern. Das Interferon hatte mich fest im Griff. Was sehr wichtig ist: Meinen Mann (und auch Ihre Angehörigen!) trifft keine Schuld! Er konnte meinen Zustand nicht verhindern.

Hans hat mich unterstützt, wo immer ich es gebraucht habe. Er war einfach da.

Ich weiß, dass es für ihn nur schwer zu ertragen war, dass er mir körperlich nicht helfen konnte. Zu sehen, wie ich mich quäle, war auch für ihn eine Qual.

Wir haben unsere Aktivitäten immer unserem körperlichen Befinden unterordnen müssen. Das ist heute noch so.

35

Page 36: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Wenn ich manchmal abends in seinen Armen gelegen bin und zulassen konnte, zu weinen, dann hat er mitgeweint. Wir haben gemeinsam unsere Situation beweint.Das hat die Situation zwar nicht geändert, aber es hat uns geholfen, sie anzunehmen.

Ich war immer eine starke Frau und habe wenig Schwäche gezeigt.So schwach wie in meiner Therapiezeit hat er mich wohl noch nie gesehen. Das heißt, ich fühlte mich schwach - er hat mich immer für meine Stärke bewundert.

Hans musste sehr viel zurückstecken. Er hat es immer wieder geschafft, mich zum Lachen zu bringen.Was für ein Geschenk! Ich liebe seinen Humor!

Mein sexuelles Verlangen schwand in der Therapiezeit auf unter Null. Ich hatte weder Lust noch Energie. Jede Berührung war mir zu viel. Das hat mir schon zu schaffen gemacht, war ich doch vorher immer agil und aktiv. Hans aber hat nie wirklich geklagt, er hat auch dies geduldig hingenommen. Wir konnten darüber reden, das ist das Wichtigste. Eine Umarmung zählt manchmal mehr als ein Beischlaf... Und wir waren zusammen, nur das zählte.

Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich meinen Mann liebe. Wir haben ein sehr inniges Verhältnis. Er gibt mir die Sicherheit, die ich brauche. Unsere Liebe steht auf einem festen Fundament, das durch nichts zu erschüttern ist. Ich bin dankbar für jeden Augenblick mit ihm. Danke, mein Schatz, dass es Dich für mich gibt! Danke für Deine Zärtlichkeit, für dein Verständnis, Dein Vertrauen und Deine Zuversicht! Danke, dass ich so eine Liebe erfahren darf.

Ich weiß, wir werden jede Situation zusammen meistern, was immer auch noch kommen mag!

Mit meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht ... und da wird es sicher auch für Sie Überraschungen geben.

Schnell trennt sich die Spreu vom Weizen.

Viele Menschen sind mit der Situation komplett überfordert, wissen nicht, wie sie mit mir/uns umgehen sollen. Haben Angst vor einem Abschied für immer und ziehen sich zurück.

Hilflosigkeit macht sich breit und lähmt.

Manche setzen sich mit der Situation auseinander, suchen Kontakt, versuchen zu verstehen, lassen sich darauf ein.

Ein Freund ist für mich jemand, vor dem ich laut denken kann.Wahre Freunde müssen das aushalten.Wo ich mir nicht überlegen muss, was ich sage und wie ich ankomme.

36

Page 37: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Gerade in dieser schweren und langen Therapiezeit ist es wichtig, gute Freunde zu haben. Es müssen nicht viele sein, nicht die Quantität ist entscheidend, sondern die Qualität.

Mein Freundeskreis hat sich gelichtet. Einige, derer ich mir vorher sehr sicher war, sind aus

diesem Kreis ausgeschieden, haben sich einfach nicht mehr gemeldet, obwohl (oder vielleicht gerade weil) sie wussten, dass ich krank bin. Das tut weh, aber ich muss es akzeptieren.

Andere sind dazu gekommen, von denen ich es gar nicht gedacht hätte.Das Leben ist wirklich voller Überraschungen, voll von Abschied und Neubeginn, das spürt man umso mehr in Lebenskrisen wie dieser.

Und die wenigen, die mir treu geblieben sind, sind sehr wertvolle Menschen, auf die ich mich 100 % verlassen kann. Nur das zählt.

Eine Jugendfreundin habe ich wieder entdeckt, sie ist ein Jahr jünger als ich, lebt noch in Sachsen und ist ebenfalls an Krebs erkrankt. Wir hatten uns, nachdem wir beide in den 80ern geheiratet haben und weggezogen sind, aus den Augen verloren. Der Krebs hat uns wieder zueinander geführt.Es ist toll, jetzt mit Abstand gemeinsam die Jugend Revue passieren zu lassen, schöne und weniger schöne Erinnerungen aufzuarbeiten und zu sehen, wie wir uns verändert haben.

Ich danke an dieser Stelle all meinen Freunden für ihre Unterstützung. Ich nenne bewusst keine Namen, aus Angst, jemanden vergessen zu können. Das wäre fatal.Ich sage Danke für jedes Telefonat, jedes Zuhören, jedes liebe und aufmunternde Wort. Danke, dass ihr mich so genommen habt, wie ich bin, dass ihr mir eure Zeit geschenkt habt und mich begleitet habt auf meinem Weg.

Danke, dass ich euch auch abweisen durfte, wenn es mir nicht gut ging und ihr trotzdem wieder gekommen seid. Das ist für mich Freundschaft.

Mit meinen Arbeitskollegen war der Kontakt eher schwierig. Ich selbst konnte und wollte in meiner Therapiezeit kein Krankenhaus freiwillig von innen sehen.Meine Kollegen im OP sind eigentlich immer im Stress und ich fand es einfach auch der Situation total unangemessen, nur mal für 5 Minuten in der Schleuse zu stehen und kurz Hallo zu sagen. Für mich war das Quälerei. Außerdem hemmten mich meine Antriebslosigkeit und meine depressive Stimmung, an den Ort zu gehen, wo ich normalerweise mein Geld verdiene.

Im März 2006 lud ich alle Kollegen zu meinem Geburtstag ein. Ich bekam nicht einmal eine Absage. Sie hatten nicht geschafft, sich zu einigen oder einen anderen Termin auszumachen. Das hat mir damals sehr weh getan und daran knabbere ich eigentlich noch heute.

37

Page 38: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Am Anfang bekam ich so viele Anrufe, dass es mir manchmal zu viel war. In der Zeit, wo ich in Ulm im Krankenhaus lag, haben fast alle einzeln angerufen und das fast täglich. Es ist sehr anstrengend, jedem Einzelnen immer wieder das Gleiche sagen zu müssen. Das hat mich damals unheimlich viel Kraft gekostet.

Ich denke auch, dass einige mit meiner Veränderung nicht so recht klar kommen, nicht wissen, wie sie mich nehmen müssen. Ich war immer ein total lebenslustiger Mensch, habe viele Späße gemacht, ich war mit meiner Anwesenheit meistens ein Garant für gute Laune. Inzwischen war

ich aber diejenige, die Zuspruch brauchte, ich bin ernster geworden, ohne meinen Humor verloren zu haben. Und ich sage, wenn es mir nicht gut geht. Ich bin nicht auf Kommando happy. Ich mache niemandem mehr etwas vor.

Inzwischen sind die Kontakte sehr überschaubar geworden.Ich habe gelernt, auf wen ich zählen kann und auf wen nicht.Vielleicht waren meine Erwartungen auch einfach zu hoch.Jeder lebt sein eigenes Leben und ich muss meines meistern.

Eine Person, die nach wie vor sehr unter meiner Krankheit leidet, ist meine Mutter.Sie ist jetzt 67. Als sie erfuhr, dass ich Krebs habe, ist sie fast zusammengebrochen.Es war ein unerträglicher Gedanke für sie, dass ich vielleicht vor ihr gehen muss, dass sie mir nicht helfen kann. Es gibt wohl nichts Schlimmeres für eine Mutter.Gerade am Anfang haben mir ihre Telefonate nicht nur gut getan, weil sie sehr viel geweint hat. Eigentlich war ich ja die Person, die Trost brauchte, aber oft musste ich meine Mutter trösten.

Manchmal hab ich es nicht ertragen, wenn sie mit weinerlicher Stimme am Telefon gefragt hat, wie es mir denn geht.Ich hatte ja schon genug mit mir zu tun, das Ganze kostete mich so viel Kraft.Und eigentlich wollte ich meiner Mutter diesen Schmerz auch nicht zumuten.

So habe ich oft zu ihr gesagt, „Es geht mir blendend“ ... das hat sie zwar nicht geglaubt, aber sie musste dann schmunzeln und wusste genau, wie ich es meine. Sie bewunderte mich für meine Einstellung, mit der ich meine Krankheit bewältigte.

Für meine Mutter wäre es sicher leichter gewesen, wenn wir uns öfter sehen würden, wenn wir uns öfter besuchen könnten. Obwohl ich sie in meinem Herzen habe, ist die Entfernung natürlich nicht zu unterschätzen.

Es tut mir leid, liebe Mutter, dass Du so viel Kummer hast wegen mir, aber gib nicht auf! Ich tu es auch nicht! Ich lebe und mache aus jedem Tag das Beste. Ich schicke Dir liebevolle Gedanken und hoffe, dass wir beide noch viele schöne Jahre haben werden.

Ich freu mich schon, wenn Du uns bald wieder in Lindau besuchst.

38

Page 39: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

11. Warum gerade ich ?

Ich glaube, dass jeder, der eine schwere Krankheit hat, sich irgendwann einmal die Frage stellt:

WARUM?

Warum ich?Warum jetzt?Ist es vielleicht eine Strafe?Wenn ja - wofür?Welche Schuld habe ich auf mich genommen?Hätte ich die Erkrankung verhindern können?Wie soll ich das durchstehen?Worin besteht jetzt der Sinn des Lebens?Woher nehme ich die Motivation zum Durchhalten?

Es gibt so viele Fragen.

Auch ich war (und bin) von Zeit zu Zeit am Grübeln. Aber auf viele Fragen gibt es keine Antwort. Zumindest keine, die uns spontan befriedigt.

Warum bekomme ICH Krebs? Warum gerade Hautkrebs?Liegt es vielleicht daran, dass ich mich nie richtig wohl gefühlt habe in meiner Haut?

Habe ich meinem Körper zu viel zugemutet? Bin ich nicht pfleglich mit ihm umgegangen? Habe ich eine Mitschuld?Nun, ich habe nie geraucht, mich nie sinnlos betrunken, hatte das, was man einen soliden Lebenswandel nennt...mein einziges Laster war immer das Essen.

Ich habe höchstens 3 - 4 Mal in meinem Leben ein Solarium von innen gesehen. Das war kurz nach der Wende, als es die ersten Solarien in Sachsen gab. Ich hab es einfach mal ausprobiert. Aber ich mochte es nicht, eingequetscht in einer Plastikbox zu liegen, damit mir für 10 Minuten warm wird. Sorry, aber das war mir einfach zu blöd und unnatürlich.

Ich war nie eine Sonnen-Anbeterin. Wahrscheinlich war das so etwas wie Intuition, dass ich die extreme Sonne gemieden habe. Was wollte ich auch in der Sonne? Ich fand sie im Hochsommer viel zu heiß auf meinem Körper, war viel lieber im Schatten. Ich konnte den Sonnenwahn nie richtig nachvollziehen, ich bin eh nie richtig braun geworden. Ich war immer neidisch auf meine Freundinnen, sie wurden braun, für mich blieb nur ein Sonnenbrand, obwohl ich trotz Eincremen vor der Sonne geflüchtet bin. So wie es jetzt aussieht, war das trotzdem immer noch zu viel...

Außerdem leide ich seit meinem 14. Lebensjahr an starkem Heuschnupfen.

39

Page 40: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Das heißt an vielen Sommertagen: Flucht in die möglichst dunkle und kühle Wohnung!Eine Desensibilisierung musste ich abbrechen wegen starker Nebenwirkungen und Asthma,

Linderung verschaffen mir nur antiallergische Medikamente und Cortison.

Aus meiner Sicht bin ich nicht sorglos mit meiner Haut umgegangen und das macht mich doch irgendwie wütend. Ich weiß nicht, warum gerade ich Hautkrebs bekommen habe und ich werde es wahrscheinlich auch nie erfahren. Aber es ärgert mich, dass viele Menschen die Gefahren der UV-Strahlung ignorieren, alles bagatellisieren und nichts hören wollen. Sie wiegen sich in Sicherheit, mir wird schon nichts passieren...

Mein Vater war sein Leben lang so oft in der Sonne, wie es nur ging. Wann immer ein paar Sonnenstrahlen kamen, hat er sich ausgezogen und dick eingeölt. Seine Haut war immer rot und wie Leder. So stellte ich mir als Kind einen Indianer vor. Ich kann mich erinnern, dass ich das schon als Kind nicht besonders schön fand. Zumal meine Mutter dann immer geschimpft hat, weil sie das ganze Sonnenöl in den Klamotten und Sitzkissen hatte.Unsere Familie hat früher Camping gemacht. Nicht nur einmal im Sommer, sondern Dauer-Camping. Im März wurde das Zelt aufgebaut, oftmals noch vor dem letzten Schnee, und im September wieder abgebaut. Ein großes Hauszelt, mit allem drum und dran. Der Komfort glich dabei eher einem exklusiven Bungalow als einem Zelt, es fehlte uns an nichts, das war DDR-Luxus vom Feinsten und Freiheit pur.Jedes Wochenende hieß es campen, ab in die Natur. Es war eine tolle Zeit in meiner Jugend. Ich hatte ein eigenes Paddelboot. Unser Campingplatz war an der Talsperre Kriebstein, einer wunderschönen Talsperre in Sachsen. Es war für uns das reinste Paradies. Wir liebten es. Natürlich war ich von Freitag bis Sonntag an der frischen Luft und damit auch der Sonne ausgesetzt und ich kann mich an so manchen Sonnenbrand erinnern.Wer hätte damals auch nur ansatzweise gedacht, dass ich einmal ein Melanom bekomme?

Ich kann mich nicht mal erinnern, dass Hautkrebs überhaupt ein Gesprächsthema war damals. Soweit ich weiß, gab es auch noch keine Früherkennungs-Untersuchungen.

Die Haut ist bekanntlich das größte menschliche Organ und trotzdem achten viele Menschen nicht oder sehr wenig darauf. Dabei weiß man heute so viel mehr über das Krebs-Risiko. Die Häufigkeit der Erkrankung an einem Melanom hat in Deutschland, aber auch weltweit, in den letzten Jahren enorm zugenommen.

Und trotzdem: Die Sonnenbank boomt. Gerade Jugendliche wollen die Gefahr nicht wahr haben. Bräune um jeden Preis, auch im Winter...der warme und sonnige Killer. Denken Sie daran, viel mehr, als die Sonne ihrer Haut gut tut, schadet sie ihr! Es gibt keine UV-Strahlung, egal ob natürlich oder künstlich, die Ihnen Bräune gibt, aber Hautveränderungen ausschließt…

40

Page 41: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Das Maligne Melanom zählt zu den gefährlichsten Krebserkrankungen. Das liegt vor allem daran, dass es sich schon in sehr frühen Krankheitsstadien ausbreiten kann und Tochterabsiedlungen in anderen Organen bildet. Wenn dies geschehen ist, bevor das Melanom erkannt wird, sind die Heilungschancen schlecht. Wenn es Pflicht wäre, dies als Plakat in jedes Sonnenstudio zu hängen, glauben Sie, dass dann

weniger Leute Geld für den leisen Tod ausgeben würden?

Jeder freut sich, wenn die Sonne scheint! Was für ein Wetter! Glückshormone werden frei. Seien wir mal ehrlich, wenn die Sonne scheint, dann fällt der Start in den Tag viel leichter. Streicheleinheiten für die Seele.Auch meine Laune steigt spürbar, wenn die Sonne scheint! Nur leider vertragen sich Haut und Sonne nicht immer sonderlich gut. Leicht wird aus dem Sonnenbad eine Tortur für die Haut. Und leider gibt es Sonnenbäder, die merkt man erst Jahre später. Sie haben das Risiko selber in der Hand. Denken Sie immer daran, auch wenn Sie Ihre Kinder und Enkel in der Sonne spielen lassen!Ich will Ihnen nicht den Spaß am Sonnenbaden vermiesen, aber ich finde es ist wichtig, die Risikofaktoren zu reduzieren, die Gefahren zu erkennen, zu vermeiden, so gering wie möglich zu halten. Genießen Sie die Sonne - aber schützen Sie sich und Ihre Lieben!

Und informieren Sie sich!

Gehen Sie gut mit sich um und pflegen Sie Ihren Körper und Ihre Seele.

Ich bin sicher, dass ein Zusammenhang besteht zwischen körperlicher und seelischer Gesundheit. Meist zeigt uns der Körper, was der Seele weh tut, aber nicht immer sehen wir das sofort. Oft sind es Gefühle wie Groll, Wut, Hass, Neid und Missgunst, aber auch Schmerz und tiefe Traurigkeit, die zum Leben dazu gehören, uns aber krank machen, weil wir sie uns nicht erlauben, nicht zulassen. So was zeigt man ja nicht, was sollen denn die Leute dann von mir denken, oder? Ich will doch ein liebenswerter Zeitgenosse sein und keine Heulsuse. Also schlucken wir alles runter, nur nichts anmerken lassen...und bekommen irgendwann Magenschmerzen. Wir haben es gelernt, uns anzupassen. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder überall, auch im Job, zeigt, was gerade in ihm brodelt? Das geht nun wirklich nicht.

Aber wo sollen die unterdrückten Gefühle hin? Sie machen sich in uns breit oder verstecken sich hinter bestimmten Verhaltensweisen, bis sie der Körper nicht mehr kompensieren kann. Wir werden krank, körperlich krank.

Das Leben bietet uns täglich eine Menge Gefühle, die gelebt werden wollen. Lassen wir es zu!

41

Page 42: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Gefühle entziehen sich dem Verstand, das ist auch gut so. Sie müssen das sogar, um wirklich als solche erlebt werden zu können. Gefühle spielen sich in meinem Körper ab, dort gehören sie hin und dort müssen Sie auch wieder heraus. Wenn wir über Gefühle nachdenken, machen wir sie kaputt.

Es ist auch egal, was andere darüber denken, denn meine Gefühle gehören mir.In dem Moment, wo ich auch nur eines meiner Gefühle nicht akzeptiere, enge ich automatisch alle anderen ein.

Sicher hat auch bei mir der Krebs einen Nährboden gefunden, der seinen Ursprung im Seelischen hat oder zumindest davon gefüttert wurde.

Arbeiten wir an uns!Lösen wir unsere seelischen Verstrickungen. Auch Sie!Ruhen Sie sich nicht aus, auch wenn Sie momentan fit und gesund sind und meine Gedanken nicht nachvollziehen können.Gesund ist der, der noch krank werden kann...

42

Page 43: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

12. Woher nehme ich die Kraft zum Loslassen?

Loslassen ist ein Lebensthema.

Zum Thema Loslassen gibt es so viel zu sagen, zu fühlen und zu erleben, dass ich eigentlich ein neues Buch darüber schreiben könnte.

Als Kinder hatte wir keine Angst, los zu lassen...Die Angst vorm Loslassen hat sich erst im Lauf der Jahre aufgebaut.

Haben Sie sich Gedanken darum gemacht, was passiert, wenn Sie als knapp Einjähriger die Hand Ihrer Mutter los lassen und damit die Chance haben, eigene Wege zu gehen und eigene Schritte zu machen? Nein, sie haben es einfach irgendwann getan. Wahrscheinlich viel es unseren Müttern wesentlich schwerer, los zu lassen als uns, sie waren meist ängstlich, wir hätten ja stolpern und uns verletzen können und hielten fest. Wir ließen einfach los und trotz mancher Bruchlandung öffnete sich eine Tür ins Leben. Abenteuer pur!

Als Erwachsene machen wir uns das Loslassen oft unnötig schwer.Wir lassen uns gefangen nehmen von den Ängsten und Unsicherheiten vor dem Neuen, was wir nicht kennen.Warum ist es eigentlich so schwer, uns auf das ein zu lassen, was wirklich wichtig ist, Probleme los zu lassen, Menschen gehen zu lassen, die uns nicht gut tun, Beziehungen zu beenden, alte Ansichten über Bord zu werfen?

Ich glaube, dem Loslassen haftet irgendetwas an, dass an Verzicht oder Verlust erinnert, zumindest aber an Aufgeben und Abschied nehmen. Wir sind alle keine Meister im Verzichten, auch ich nicht. Ich nehme auch nicht gern Abschied, zumindest nicht immer. Und wenn man schon Abschied nehmen muss, dann fällt dies doch viel leichter, wenn man vorher schon weiß, was danach kommt.Aber das ist selten der Fall. Meistens gehen wir ins Ungewisse.

Deshalb tun wir uns so schwer und weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Und weil es oft einfacher und bequemer ist, alles so zu lassen, wie es ist.

Für viele von uns ist es schon eine riesige Aufgabe, sich von den vielen kleinen materiellen Dingen zu trennen, die wir schon seit Jahren nutzlos im Schrank liegen haben. Was kann sich da im Laufe eines Lebens nicht alles ansammeln! Wann haben Sie das letzte Mal Ihren Keller ausgemistet? Oder den Dachboden? Ihren Kleiderschrank? Oder die Küchenanrichte?Dabei kann das richtig Spaß machen. Probieren Sie es einfach mal wieder aus. Wissen Sie, was das Beste daran ist, dass Sie die alten Sachen hergeben? Es gibt jede Menge Platz für Neues. Es ist spannend! Nur Mut! Entrümpeln macht frei!

43

Page 44: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Loslassen ist eine Aufgabe!Es führt zu mehr Gelassenheit.Mit jedem Atemzug müssen wir etwas loslassen, an jedem Abend müssen wir uns von dem Tag verabschieden, der hinter uns liegt...wir lassen ihn los.

Manchmal hat man keine Wahl, man wird nicht gefragt, ob man loslassen will oder nicht. Man tut es einfach.Ich habe in meinem Leben sehr viele schmerzliche Erfahrungen machen müssen, Enttäuschungen von Menschen, die mir am allernächsten standen und denen meine unabdingbare Liebe gehört hat. Misstrauen, Wut, Schmerz und Trauer haben mich verhärtet. Mein Denken wurde starr, das Festhalten an bestimmten Gefühlen, Menschen, Dingen oder Vorhaben hat meine Wahrnehmung eingeschränkt und alle Kraft aus mir heraus gesaugt. Widerstand hat sich breit gemacht und der Wunsch, alles zu kontrollieren, damit mir keiner, aber auch keiner mehr so weh tun kann.

Loslassen ist eine Erfahrung und bedeutet immer Veränderung.Schauen wir in die Natur. Ich wohne am Bodensee und hier gibt es ein Meer von Obstbäumen, das ist jedes Jahr eine Pracht wenn die blühen, einfach ein Traum!Die Apfelbäume sehen für mich am schönsten im April aus, wenn sie blühen. Wie schön wäre es, diese Blüten zu behalten, ich könnte sie das ganze Jahr ansehen und mich daran erfreuen. Die Apfelbäume sehen das anders, sie werfen sie einfach ab. Und was danach kommt, das ist die wahre Pracht und Frucht! Niemals würden diese köstlichen Äpfel reifen und wachsen, wenn die Bäume ihre Blüten nicht hergeben würden.Loslassen und empfangen, geschehen lassen...einfach warten, abwarten. Lernen wir es von den Apfelbäumen! Loslassen ist ein Abenteuer!

Loslassen kann man lernen und es passiert in vielen kleinen Schritten.

Auf mich und meine Krankheit bezogen gab und gibt es vieles, was ich los lassen sollte. Nicht immer gelingt es mir. Vor dem Loslassen steht für mich das Annehmen, es ist fast gleich bedeutend und anzunehmen gibt es so einiges: Die mit absoluter Beständigkeit wiederkehrenden Gliederschmerzen, die nächste Spritze, das Gefühl, ausgelaugt zu sein, meine Depression, der Zustand der Kraftlosigkeit, meine Inaktivität, diese nicht aufhörende Müdigkeit... Annehmen heißt ohne Vorbehalte JA zu sagen. JA sagen zu dem, was das Leben gerade bietet. Ja sagen, vor allem auch zu Enttäuschungen, zu Krankheit, zu dem, was wir bisher erreicht haben und zu dem, was wir erleiden mussten.

Wenn wir loslassen, entspannen wir.

Vielleicht denken Sie, die ist ja irre! Wie kann ich denn das, was mir das Leben so anstrengend macht, annehmen? Nun, ich sehe es anders. Was passiert, wenn ich es nicht annehme?Ich würde erst recht in meiner Depression versinken.

44

Page 45: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Wenn ich dagegen ankämpfen würde, hätte ich wahrscheinlich keine Energie mehr übrig. Energie, die ich dringend brauchen würde für meine Genesung. Etwas, was also wirklich wichtig ist!

Gott gebe mir Gelassenheit!

Sicher bin ich nicht froh über meine Krankheit, aber es gelingt mir in letzter Zeit immer öfter, ihr auch gute Seiten abzugewinnen.

Was wäre eigentlich passiert, wenn ich nicht krank geworden wäre?Ich kann es nur vermuten. Wahrscheinlich würde ich immer noch im OP stehen, Bereitschaftsdienste und Überstunden schieben. Meine Freizeit und damit die gemeinsame Zeit mit meinem Mann wäre sehr überschaubar.

Ich hätte keine Zeit gehabt, um die Jahreszeiten so zu beobachten, wie ich es in den letzten 2 Jahren getan habe. Mir wären die vielen kleinen Käfer und die Vielfalt der Gräser und Blüten am Wegesrand nicht aufgefallen. Ich hätte sie nicht gesehen, weil ich an ihnen vorbei geeilt wäre. Ich hätte keine Zeit und vielleicht auch keine Muse gehabt, die Familienplanung der Eidechsen in unserem Garten zu „überwachen“.Dabei bringt es mir so viel Freude, die kleinen Dinger zu beobachten.

Los gelassen habe ich inzwischen auch die Zeit. Die Zeit vor der Diagnose (November 2005) und dem Ende der Therapie (August 2007) war unendlich lang. In den ersten Monaten habe ich mich oft gefragt, wie ich das nur schaffen soll. 18 Monate sind verdammt lange. 18 Monate, in denen ich akzeptieren/annehmen musste, dass ich mich verändere, dass mir für die einfachsten Dinge die Energie und die Lust fehlt. 18 Monate, in denen ich mich sehr zurückgezogen und ausgegrenzt habe. 18 Monate können eine Ewigkeit sein.

Irgendwann habe ich angefangen, nicht mehr an die schwere Therapie-Zeit zu denken, die noch vor mir liegt, sondern ich habe mich einfach auf das gefreut, was danach kommt. Was für ein Geschenk! Annehmen! Los lassen! Es darf geschehen!

Es gibt so viel, was wir los lassen können, auch Stimmungen und Schmerzen gehören dazu. Tiefgreifende und dauernde Veränderungen gehen meist mit Schmerzen einher.Was tun, wenn sich der Schmerz in Körper und Seele ausbreitet?Zähne zusammenbeißen? Durchhalten? Kämpfen? Dagegen anfechten? Klagen? Abwehren? Sich zurückziehen?

Es braucht viel Kraft, Energie und Disziplin, den Schmerz anzunehmen und sich ihm zu öffnen. Er spricht zu uns. Hören Sie zu! Wehren Sie ihn nicht ab, sonst verpulvern Sie Ihre ganze Energie in diese Abwehr und es raubt und fordert Ihre ganze Kraft. Versuchen Sie, den Schmerz anzunehmen, los lassen ist erlernbar, es macht sie friedlicher, wenn Sie nicht mehr kämpfen müssen. Hadern Sie nicht mit dem Zustand, in dem Sie sich befinden. Er wird vorbei gehen. Irgendwann. Es ist nicht wichtig, Datum und Uhrzeit zu wissen.

45

Page 46: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Je mehr ich mich in meinem Leben getraut habe, los zu lassen, umso zufriedener, ruhiger und gelassener wurde ich.

Im Anfang liegt der Zauber des Neuen.

Eine Quelle der Kraft war für mich immer die Natur. Ich bin dankbar für diesen schönen Platz, an dem ich wohnen darf. Ein Fleck der Erde, der so bezaubernd schön ist, dass viele Menschen einen Haufen Geld dafür ausgeben, um hier Urlaub machen zu können.Was für ein Geschenk, hier wohnen und leben zu dürfen.

Ich genieße es wirklich sehr. Wann immer ich kann, zieht es mich an den See. Seineunendliche Weite und Schönheit fasziniert mich. Ganz oft sitze ich einfach nur auf einer Bank am Ufer und träume. Mein Blick schweift über die glitzernde Wasseroberfläche, der Wind nimmt meine düsteren Gedanken mit, trägt sie fort, weit weg von mir, schiebt sie hinter diese gigantischen Berge am Horizont. Einfach weg! Die Sonne streichelt meine Seele. Welch Glück, auf der Welt zu sein !

46

Page 47: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

13. Kann ich während der Interferon-Therapie Diät machen?

Da stellt sich für mich als allererstes die Frage:

MÜSSEN Sie denn während der Interferon-Therapie Diät machen?

Wer um alles in der Welt verlangt das von Ihnen?

Sie werden sagen, das verlangt niemand, ABER...

Mit dem Gewicht, das ist ja so eine Sache im Leben. Die einen haben zu viel auf den Rippen und futtern munter weiter, die anderen haben eine Top-Figur, machen ständig irgendeine Diät und fühlen sich immer noch zu dick.Ich war nie wirklich schlank in meinem Leben.Ich gehöre zu den Frustessern.Der schnelle Tröster Essen ist eigentlich immer verfügbar und so war das für mich ein zugegebenermaßen bequemer Weg, zumindest eine lange Zeit in meinem Leben.

Es gab nur selten Phasen in meinem Leben, wo ich wirklich rundum zufrieden war mit meiner Figur.

Im Frühjahr 2003, ein Jahr nach dem Tod meiner Großmutter, die ich zusammen mit meiner Mutter die letzten Wochen rund um die Uhr betreut und gepflegt habe, machte ich eine Psychotherapie. Zu diesem Zeitpunkt war Essen so ziemlich alles für mich, ich war in einer Depression, die mir keinen Raum zum Atmen ließ.Ich war gefangen in dem Erlebten um die Pflege meiner Großmutter.Aber noch viel mehr holte mich meine Vergangenheit ein, eine traumatische erste Ehe, die eigentlich einer Gefangenschaft näher war, als sie es einer Partnerschaft je sein würde, die Sorge um und vor allem die allgegenwärtige Sehnsucht nach meinen Kindern, welche die letzten Jahre bei ihrem Vater lebten.

Ich spürte nur noch Traurigkeit und Schmerz.

Mein damaliger Arbeitsplatz in einer (ebenfalls) Psychotherapie-Klinik förderte auch die allerkleinsten „Leichen“ aus meinem Keller ans Tageslicht, so dass der Schritt zu einer eigenen Therapie für mich einfach unvermeidbar war.Die Zeit war reif für Veränderungen!

Diese 8-wöchige Therapie hat mir sehr gut getan, Sie glauben gar nicht, wie viel Schmerz und Trauer und Wut ich vorher in mir eingeschlossen und mit meinen Pfunden gut verpackt hatte!Ich hatte einfach und immer alles runter geschluckt.

Durch die Therapie und weil ich mich vor allem meinen Gefühlen stellte, bröckelte meine Fassade. Nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich.

47

Page 48: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich nahm endlich ab...in den nächsten Jahren sollten es fast 20 kg sein, die ich an Gewicht verlor.Ich fühlte mich leicht wie eine Feder. Unglaublich!Obwohl ich immer noch reichlich Übergewicht habe, war das für mich eine traumhaft schöne Zeit. Endlich machte Klamotten kaufen wieder Spaß. Ich entwickelte mich von Konfektionsgröße 52/54 zu Größe 44, manchmal ging auch schon 42 (wenn ich den Bauch eingezogen habe).Zumindest war es nicht mehr ausgeschlossen, schöne modische Klamotten bald in einem ganz normalen Laden von der Stange kaufen zu können....ein jahrelang unerfüllter Traum!

Da mein Mann längere Zeit beruflich pendeln musste, zogen wir im Oktober 2003 aus Sonthofen im Oberallgäu nach Lindau an den Bodensee...ich weiß, von einem Paradies ins andere....Sie werden mich vielleicht um diesen schönen Fleck in der Welt beneiden...mit Recht! Ich genieße es einfach nur, hier zu wohnen und zu leben, wo andere Urlaub machen.Ich liebe die Landschaft und den See über alles! Lindau hat ein unbeschreibliches Flair. Sie sollten es sich unbedingt einmal ansehen!Und glauben Sie mir, mit 20 kg weniger ist es tausendmal schöner und entspannter baden zu gehen.

Die Idylle hielt genau zwei Jahre, bis zur Diagnose Krebs!

Von einem Tag auf den anderen hatte es mir den Appetit verschlagen. Ich kannte dieses Gefühl bis dahin nicht. Ich habe fast nix runter bekommen und musste mich zum Essen zwingen.Ein Gefühl, nach dem ich mich früher oft gesehnt habe, einfach mal keinen Appetit zu haben - jetzt war es da! Es war zwar da, aber ich konnte mich nicht darüber freuen. Zu groß war der Preis, den ich dafür bezahlen sollte.

Dieses Gefühl, einfach nix runter zu bekommen hielt ein paar Wochen, ungefähr so lange, bis ich erfahren habe, dass ich keine Metastasen hatte. Es war wohl die Angst, die mir den Magen zugeschnürt hat.

Der Appetit kam wieder.Ich verspürte wieder Hunger.

Zu den Nebenwirkungen des Interferon gehört, auf lange Sicht gesehen, auch ein Appetitmangel. So steht’s im geliebt gehassten Beipackzettel.Ich muss sagen, ich hatte mich schon so ein bisschen darauf gefreut, endlich nicht mehr mit meinem Gewicht kämpfen zu müssen, es klang zu verlockend, dass sich mein Appetit von alleine regeln sollte, einfach nur durchs Spritzen....aber bei mir blieb, zumindest diese, Nebenwirkung aus.

Während der gesamten Therapiezeit hatte ich eigentlich immer einen gesunden Appetit, am Morgen nach der Spritze sogar regelrechten quälenden Hunger!

48

Page 49: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich bekam immer mehr ein Problem.

Aufgrund meiner Inaktivität, depressiven Stimmung und Antriebslosigkeit entwickelte ich mich immer mehr zum Couch-Potato.

Jede Bewegung war für mich Anstrengung, oft auch der kleinste Spaziergang.Meine Fitness und Kondition entwickelten sich Woche um Woche zurück.Ich hatte Mühe, meine Kräfte für den Alltag zu sammeln.Im Winter ging ich ab und zu schwimmen, wenn ich die Kraft dazu hatte. Danach war ich so fertig, dass ich den restlichen Tag nur noch auf der Couch verbracht habe.Es war ein Elend!

So haben sich langsam die vor Jahren mühevoll verlorenen Pfunde wieder eingeschlichen.Ich nahm zu!Das hatte ich nicht erwartet. Ich war zornig. Jetzt hatte ich nun schon Krebs und ich nahm nicht mal ab dabei...im Gegenteil.

Die Denkweise eines massiv übergewichtigen Menschen mit einer offensichtlichen Essstörung, ist sicher nicht für jeden nachvollziehbar. Manchmal muss ich selber über mich schmunzeln...

Im Januar 2007, es lag ca. 1 Jahr Interferontherapie hinter mir und noch gut ein halbes Jahr vor mir, beschloss ich, etwas gegen die Pfunde zu tun.

Ich wollte nicht zulassen, wieder so zuzunehmen. Inzwischen hatte ich schon gute 7 kg mehr auf der Waage als vor meiner Erkrankung.

Da mir einfach die Kondition für mehr Aktivität fehlte, entschloss ich mich, meine Kalorien-Zufuhr einzuschränken. Ich dachte so an 1200 kcal, das sollte schon reichen, um mich gut mit Nährstoffen zu versorgen und trotzdem abzunehmen.

Ich deckte mich mit ein paar Fertiggerichten von „Du darfst“ ein und es ging los.Morgens Müsli, mittags ein Menü von „DD“ und abends Obst, Gemüse, Brot und fettarmen Aufstrich. Klingt eigentlich gut.

Womit ich überhaupt nicht gerechnet habe: Mein ohnehin miserabler Zustand, bezogen auf Kraft und Antrieb, verschlechterte sich zusehends!Ich bekam wieder verstärkt Schlafstörungen, bin früh (vormittags) nicht aus dem Bett gekommen. Hatte keine Kraft zu nichts. Unerträgliche Gliederschmerzen (das war schon mal besser)....und einfach keine Lust zu irgendetwas. Ich lag nur noch flach.

Nach ca. 2 Wochen (und 3 Pfund weniger) kam mir die Erleuchtung, woran dieser Krafteinbruch lag. Ich hatte nur einen Punkt in meinem Alltag verändert...und zwar mein Essverhalten.

49

Page 50: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich konnte es nicht glauben, sollten wirklich die fehlenden Kalorien schuld daran sein?Mit Abstand darüber nachgedacht, leuchtet mir das natürlich ein. Der Körper hatte einfach nicht genug dagegen zu setzen. Um mit dem Interferon klar zu kommen, benötigt er etliche Energie und die habe ich ihm weggenommen.

Ist wie bei einem Auto. Um Höchstleistung zu fahren, braucht der Motor Energie in Form von gutem Sprit... Wenn Sie den wegnehmen oder nur minderwertiges Zeug tanken, sich nicht an Ihre Oktan-Zahl halten, dann streikt die Kiste. Vielleicht bleibt sie sogar stehen.

Zum Glück hat mich mein Körper nicht stehen lassen. Aber er hat soweit runtergeschaltet, dass er nur noch das Nötigste im Stoffwechsel erledigt hat. Für weitere Aktivitäten war keine Energie mehr da.

Dazu kann ich eigentlich nur sagen (und Sie sagen das vielleicht auch zu mir?): SELBER SCHULD!

OK, ich hab’s schnell begriffen und wieder mehr gegessen. Ich spürte die Nachwirkungen noch längere Zeit, aber es ging mir wirklich bald wieder besser.Ich werde nicht noch einmal versuchen, mein Gewicht zu verändern, solange ich diese Therapie mache.Wenn ich irgendwann nicht mehr spritzen muss, wird meine Kraft automatisch wieder kommen, damit auch die Aktivität. Und die Bewegung, auf die ich mich wirklich wahnsinnig freue, wird meinen Stoffwechsel ankurbeln und helfen, mein Fett zu verbrennen.Ich brauche nicht viel. Ich sehne mich nach ausgedehnten Spaziergängen und Radtouren am wunderschönen Bodensee.Ich brauche nur Geduld.Wenn es Ihnen irgendwann einmal so geht wie mir, dass Sie denken, Sie müssen jetzt abnehmen... Bitte tun Sie es nicht, so lange Sie Interferon spritzen!Hören Sie auf mich. Geben Sie Ihrem Körper Zeit. Tanken Sie Energie. Essen Sie, worauf Sie Lust haben. Vergessen Sie Ihre Konfektionsgröße! Lassen Sie los! Genießen Sie!

50

Page 51: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

14. Ärzte - Götter in weiß?

Was für eine provokante Frage, oder?

Natürlich sind Ärzte keine Götter in weiß und das sehe ich nicht erst seit meiner Krebserkrankung so. Ärzte sind Menschen wie Sie und ich, die zugegeben einen sehr verantwortungsvollen Job haben. Denen wir manchmal ausgeliefert sind, mehr als uns recht ist. Ärzte sind Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, anderen zu helfen, die einen Eid darauf geschworen haben, immer und überall das Richtige zu tun, oder zumindest das, was sie in diesem Moment für richtig erachten.

Nicht immer gelingt ihnen das. Auch Ärzte können irren, das ist einfach menschlich.

Als ich im Sommer 2005 zu meinem Hausarzt ging und ihm meinen veränderten Leberfleck am Rücken zeigte, der sich später als fast tödliche Waffe outete, machte er eine fatale Aussage.Er sagte: „Sie können 100 % sicher sein, dass das nichts ist...aber wenn es Sie beruhigt, dann lassen sie es halt rausschneiden!“

Das hieß ja im Prinzip so viel, dass ich mit einer OP lediglich mein Gewissen beruhige, dass aus dem Leberfleck nicht irgendwann mal etwas wachsen könnte..., eine reine Vorsichtsmaßnahme sozusagen, keine Bedrohung.

Ich habe mich damals auf die Aussage meines Hausarztes verlassen, er hatte mich beruhigt. Fast wäre das schief gegangen. Ich habe mir bis November Zeit gelassen mit der OP. Da dies ja ein kleiner Eingriff war und ich im OP arbeitete, wollte ich das schnell mal von einem Kollegen machen lassen, so zwischen Tür und Angel halt, wenn mal Zeit ist. Ich hatte ja keine Eile. Und ich hab’s nach der Aussage auch nicht mehr so wichtig genommen, ich bin eh kein Typ, der sich schnell und gern verrückt macht.

Erst war Urlaubszeit, dann ein erhöhtes Arbeitspensum, kaum Pausen, immer nur Stress....so verging Woche um Woche.

Anfang November hat mein Mann mir dann Druck gemacht. Er bemerkte, dass sich der Leberfleck verändert und war beunruhigt. Er sagte, wenn das Teil am Wochenende immer noch an dir dran ist, dann fahre ich dich am Montag in ein anderes Krankenhaus! Wie dankbar bin ich ihm für diesen Schubs! Am Freitagnachmittag 17:00 Uhr ließ ich mir das Teil rausschneiden. Meine Kollegen hatten wohl dann wirklich Angst, dass ich Montag nicht zum Arbeiten komme. Das war der 11.11.2005. Den Rest kennen Sie bereits.

Was für ein Wahnsinn, wenn ich noch länger gewartete hätte. Vielleicht könnte ich diese Zeilen dann heute nicht mehr schreiben.

51

Page 52: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Ich mache meinem Hausarzt keinen Vorwurf, dass er das Melanom nicht erkannt hat. Eine genaue Untersuchung des Gewebes ist nur im Labor möglich, dessen bin ich mir bewusst, aber ich halte seine Aussage für sehr vermessen, wagemutig und nicht korrekt. Um bei der Überschrift zu bleiben, ein Arzt ist kein Gott. Er vergibt sich nichts, wenn er einen Patienten weiter überweist, oder? Wofür gibt es denn die Fachärzte? Warum ist es für einen Arzt manchmal so schwer, einen zusätzlichen Rat eines Kollegen einzuholen? Ist es die Gesundheitspolitik? Ist es überschätztes Selbstvertrauen? Was wäre passiert, wenn er mich einfach zu einem Hautarzt überwiesen hätte? Ich glaube nicht, dass unser Gesundheitswesen durch diesen einen Kostenfaktor zusammengebrochen wäre..... Nicht jeder Arzt kann alles wissen und auch ein Hausarzt kann unmöglich alle Bereiche abdecken, auch wenn wir uns das wünschen würden.

Ich war während der ganzen Behandlung nicht immer einer Meinung mit meinem Hausarzt. Wir haben viele Gespräche geführt...ich habe selbst mitbestimmt, was mit mir passiert und was nicht. Mein Hausarzt war nicht sehr begeistert, dass ich wieder mit der Interferontherapie angefangen habe.Wenn es um ihn ginge, würde er eher abwägen...Sinn und Nutzen, Wirkung und Nebenwirkung, lohnt sich die Einbuße der Lebensqualität für den Zeitraum des Spritzens im Vergleich zu dem Gewinn, den das Medikament bringt? Kein Mensch kann das sagen. Niemand weiß, ob ich wieder krank werde, nicht mit und auch nicht ohne Interferon. Deshalb kann Ihnen und mir auch niemand die Entscheidung abnehmen. Kein Arzt der Welt. Sie können uns nur empfehlen, was die Wissenschaft sagt und der medizinische Stand der Dinge ist. Mehr nicht.

Ich habe auch entschieden, wann ich Antidepressiva nehme und dass ich sie wieder absetze.

Der wichtigste Mensch in meinem Leben bin ich.

Ich alleine stehe im Mittelpunkt der Behandlung und ich möchte bitte mitbestimmen.

Bereits der Verdacht einer schweren Erkrankung wie z. B. Krebs löst bei Betroffenen vielfältige Ängste aus. Das Schwanken zwischen Hoffen und Bangen, das Warten auf die Untersuchungsergebnisse empfinden viele Patienten, so auch ich, als die schlimmste Zeit, weil einfach die Unsicherheit angesichts einer lebensbedrohlichen Krankheit schlimmer empfunden wird, als letztlich die Gewissheit.

Die meisten Patienten möchten sicher sein, dass der Arzt ehrlich ist und ihnen das sagt, was er selbst weiß, und zwar alles. Ein gesunder wie auch ein kranker Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, welche Informationen er sich vom Arzt wünscht und er hat das Recht in alle medizinischen Befunde einzusehen. Das nennt man Selbstbestimmungsrecht.

52

Page 53: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Eine Tumordiagnose ist für jeden Einzelnen immer ein Schock. Ohnmacht, irrationale Angst vor raschem Tod, quälende Schmerzen, Siechtum und Abhängigkeit. Es ist, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen, mit einem Gefühl der Unwirklichkeit und mit der Hoffnung, irgendwann aus diesem bösen Albtraum zu erwachen.

Gerade in dieser Situation ist das Vertrauen in die behandelnden Ärzte von extremer Wichtigkeit.

Die Bewältigung einer Lebenskrise erfordert seelische Schwerstarbeit.Jede Behandlung setzt mein Einverständnis voraus, das heißt, ICH erteile dem Arzt einen Auftrag, mich zu behandeln. Dabei dürfen Sie sich gern eine zweite Meinung einholen. Damit behalte ich mir einen Teil Verantwortung und auch die Möglichkeit, eine Behandlung abzulehnen. Bei mir war das eine ganz entscheidende Frage, ob ich wieder in die Interferontherapie einsteigen soll. Ja oder nein, die Entscheidung lag bei mir. Ich muss die Behandlung zulassen und ich muss die Konsequenzen tragen, ganz gleich, wofür ich mich entscheide. Die Ärzte können nur beraten und empfehlen.

In dieser Entscheidungsphase war es am allerwichtigsten für mich, Informationen zu sammeln. Verschiedene Meinungen einzuholen, mich beraten zu lassen. Das Für und Wider abwägen....nicht immer eine leichte Entscheidung. Dadurch, dass ICH die Macht hatte, mich auch GEGEN die Behandlung zu entscheiden, wurden mir die Gründe immer deutlicher, die DAFÜR sprechen!

Informieren Sie sich über alles, was sie wissen wollen....Wirkungsweise der Medikamente, den Zeitplan, den korrekten Ablauf der Behandlung, informieren Sie sich über mögliche Nebenwirkungen und vor allem, wasSie dagegen unternehmen können. Wenn Sie Angst vor einer Behandlung haben, dann verstärkt das oft die Nebenwirkungen. Es beeinträchtigt zwar auch nicht die Wirkung, aber es verschlechtert die Verträglichkeit. Wenn Sie gegen eine Behandlung ankämpfen, dann frisst das viel wertvolle Energie.Machen Sie sich bewusst, was Ihnen am meisten Angst macht, was Sie dagegen unternehmen können und wie andere Ihnen dabei helfen können und vor allem wer.

Sprechen Sie immer wieder mit Ihren Ärzten, auch wenn sie mehrmals das Gleiche fragen. Das ist kein Problem. Sie sind von der Behandlung angespannt, geschlaucht, vielleicht sind Sie wie ich extrem müde und abgeschlagen. Diese Müdigkeit ist wie eine Schutzreaktion unseres Körpers, der uns unsere Grenzen zeigt, damit wir uns nicht übernehmen. Gönnen Sie sich lieber eine Schonfrist, bevor Sie sich Leistungen abverlangen, die Sie gar nicht bringen können.

Eine belastende Situation ist zweifelsohne jede Nachuntersuchung.Ihre Fachärzte werden mit Ihnen besprechen, welche Intervalle und Untersuchungen notwendig sind.Die Nachuntersuchung schafft auch bei mir jedes Mal wieder Ängste und Unsicherheiten. Ob alles in Ordnung ist? Werden die Ärzte etwas finden? Der Krebs ist so heimtückisch.

53

Page 54: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Er kann wachsen und sich ausbreiten in mir, kann Besitz von meinem Körper ergreifen, ohne dass ich das spüre. Er ist einfach hinterhältig. Und ich habe keine Kontrolle darüber. Ein beklemmender Gedanke!

Es ist wichtig, dass Sie immer im Gespräch und Kontakt mit Ihren Ärzten bleiben! Ich muss sagen, ich habe mich bei meinen Fachärzten in Ulm immer sehr gut aufgehoben gefühlt und das ist heute noch so. Wenn ich das Wartezimmer in der Ambulanz betrete, habe ich das Gefühl, rein „ärztemäßig“ „zu Hause“ zu sein. Klingt komisch, ist aber so. Ich fühle mich dort absolut sicher und gut aufgehoben. Die Ärzte haben immer ein offenes Ohr und, was für mich sehr wichtig ist, ein sehr angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz. Der Umgang stimmt einfach und das tut gut.

Ich habe das Gefühl, dass offen und ehrlich mit mir gesprochen wird und dass ich mit meinen Ängsten, Sorgen, Nöten und Wehwehchen ernst genommen werde.

54

Page 55: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

15. Rente mit 41 - Was wollen die Krankenkasse und der Rententräger von mir?

Es gibt bestimmte Vorgehensweisen der Krankenkasse oder auch des Rentenversicherungsträgers, die für uns als Patienten nicht nachvollziehbar und zu verstehen sind.

Mangelnde Transparenz erschwert das Ganze.

Als ich im November 2005 erkrankt bin, habe ich mit mir und meiner Diagnose zu tun gehabt und ich hatte keine Energie für Auseinandersetzungen mit Behörden und Ähnlichem.

Da ich mein Leben lang immer gut und viel gearbeitet habe, war ich mir sicher, dass ich auch jetzt, in Krankheitszeiten, wirtschaftlich abgesichert bin.

Wenn man krank ist, hat man Anspruch auf Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber für die ersten 6 Wochen der Erkrankung. Danach gibt es Leistungen von der Krankenkasse, und zwar für maximal 18 Monate in einem Zeitraum von 3 Jahren für ein und dieselbe Erkrankung. Das wusste ich.

Nun ist es natürlich so, dass die Krankenkasse nicht erpicht darauf ist, volle 18 Monate Krankengeld zu zahlen, wenn absehbar ist, dass eine Genesung vorher nicht möglich sein wird. Das ist ganz nüchtern betrachtet und seien wir mal ehrlich, hier geht es nur ums Geld!

Als bei mir die 6 Wochen Lohnfortzahlung um waren, wurde ohne mein Wissen vom medizinischen Dienst der Krankenkasse ein Gutachten erstellt, ohne Ansehen und Befragen meiner Person, nur auf Aktenlage. Davon erfährt man als Patient nichts. Toll oder?

Dieses Gutachten habe ich erst viel später erhalten und einsehen können.Darin stand klipp und klar, dass ich während der gesamten Interferon-Therapie, die von Anfang an auf einen Zeitrahmen von 18 Monaten ausgelegt war, in meinem Beruf nicht arbeitsfähig sein werde. Damit hat die Kasse den Rententräger aufgefordert, eine befristete Erwerbsminderungsrente zu überprüfen und ggf. einzuleiten.

Mit dieser Aussage bewaffnet, machte mir die Krankenkasse von Anfang an Druck. Bereits am 13.01.2006 erhielt ich eine Aufforderung, spätestens bis zum 31.01.2006 eine onkologische Reha zu beantragen. Sollte ich dies nicht tun, entfällt mein Anspruch auf Krankengeld wegen mangelnder Kooperation. Das muss man sich mal vorstellen! Ich hatte noch nicht ein einziges Mal einen Auszahlschein für Krankengeld angefordert und die drohten mir schon mit Rauswurf aus ihrem sozialen Netz, ich dachte, ich spinne. Ich war geschockt! Hatte ich doch die ganzen Jahre immer brav und pünktlich meine Beiträge gezahlt und jetzt so was! Das war zu viel!

55

Page 56: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Die Kasse wähnte sich auf der sicheren Seite. Reha geht vor Rente...und ich hatte das Gefühl, man will mich loswerden.

Die Aufforderung zur Reha war zwar OK, aber erst während der Reha habe ich erfahren, dass die Frist der Kasse (bis zum 31.01.2006) viel zu kurz war. Sie hätte vom Gesetz her 10 Wochen betragen müssen, innerhalb derer ich verpflichtet gewesen wäre, einen Antrag auf Reha zu stellen. Leider hat mir das vorher niemand gesagt, auch mein Hausarzt wusste das nicht.

Vom Antritt der Reha, den Schwierigkeiten und dem Ausgang habe ich Ihnen ja bereits am Anfang in einem kleinen Kapitel erzählt.In dem erstellten Gutachten der Reha wurde die Entscheidung, ob Rente ja oder nein, erst mal nach hinten geschoben, da ich ja die Behandlung mit dem Interferon unterbrochen hatte, und niemand genau sagen konnte, wie ich auf eine zweite Therapieaufnahme reagiere. Ich hatte ja immer die Hoffnung auf bessere Verträglichkeit und nachlassende Nebenwirkungen und ich hatte nie vor, mich so lange aus dem Arbeitsleben rausziehen zu müssen.

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie mich dieses ganze Gezeter mit der Rente zusätzlich aufgeregt hat. Nicht nur, dass ich physisch und psychisch schwer angeschlagen war, nun auch noch der Ärger und Kampf um das Krankengeld.

In den folgenden Monaten erhielt ich immer wieder gut gemeinte Ratschläge und Anrufe der Kasse, die mir dazu rieten, rein freundschaftlich...und aus Sorge natürlich, einen Rentenantrag zu stellen. Sie wollten mich doch so gern absichern! Und mir Gutes tun! Ich bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass mir die 18 Monate Krankengeld zustehen, das dies mein Recht ist sozusagen. Und dass nach oder auch kurz vor Ablauf dieser Frist entschieden wird, was danach an Absicherung möglich oder notwendig ist. Dem war nicht so.

Im Januar 2007 kam dann der entscheidende Bescheid.Mein Reha-Antrag vom Januar 2006 wurde automatisch in einen Rentenantrag umgewandelt. Wieder mit dem Vermerk, dass wenn ich dem nicht zustimme, ich meine Zugehörigkeit zur Krankenkasse verliere. Von diesem Zeitpunkt an dauerte es noch 3 oder 4 Wochen und der Rentenbescheid flatterte ein.Ich war mit 41 Jahren Rentner auf Zeit, befristet für einen Zeitraum bis Ende 2007.

Die Kasse hat sich damit für 5 Monate Krankengeld-Zahlungen gespart und für mich hieß das eine monatliche finanzielle Einbuße von ca. 500 Euro.

Mit 41 Jahren ist das Renten-Töpfchen noch nicht wirklich prall gefüllt und ich ärgere mich noch heute maßlos, dass ich bereits ab Januar mit so viel weniger Geld auskommen muss, wo mir doch eigentlich noch bis Ende Mai Krankengeld zugestanden hätte. Aber Recht haben heißt, wie so oft, nicht auch zwangsläufig unbedingt Recht zu bekommen. Inzwischen habe ich mich mit der Situation „Rente“ abgefunden.

56

Page 57: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Im Übrigen kommen jetzt auch keine Anrufe mehr von der Krankenkasse, keine Ratschläge, Tipps und auch die Sorgen der Mitarbeiter um mich, scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben...

Die Krankenkassen sollten dringend einmal ihren Umgang mit ihren Beitrags-Zahlern überdenken. Ich empfand die Briefe mit den Aufforderungen, zu was auch immer, gekoppelt an die Drohung mit dem Rauswurf aus dem System, als Unverschämtheit.

Geht das nicht auch anders?

Nun, ich bin nicht gewillt, mir alles gefallen zu lassen. Ich werde auch weiterhin um meine Rechte als Patient kämpfen. Und mich wehren.

Wenn ich soweit bin, dass ich mir eine erneute Reha-Maßnahme vorstellen kann, zu einem Zeitpunkt, der hilfreich für meine Genesung ist, dann werde ich eine beantragen. Aus freien Stücken.

Ich werde mich, wenn die Zeit reif ist, über berufliche Reha-Maßnahmen informieren. Es ist noch nicht sicher, wie und wo und in welchem Umfang ich meine Arbeit irgendwann wieder ausüben werde.

Im Moment konzentriere ich mich weiter auf meine Krankheitsbewältigung und Verarbeitung.

57

Page 58: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

16. Wo bekomme ich Hilfe bei Fragen und Problemen?

Für mich ist das ein ganz wichtiger Punkt.Ich bin weiß Gott nicht dumm und ich wusste mir bis jetzt in meinem Leben auch fast immer selber zu helfen.Aber es gibt einfach Dinge, wenn man da selbst drin steckt, ist es wie in einem Irrgarten.Irgendwann finden Sie den Weg heraus, aber es dauert einfach viel zu lange und es kostet viel zu viel Kraft, um den Weg selbst zu finden.

Also lassen Sie sich um Himmels Willen helfen!Holen Sie sich so viel Unterstützung, wie Sie brauchen!Lassen Sie sich von niemandem beirren!

Es gibt Menschen, die das, was Sie jetzt durchmachen, schon vor Ihnen erlebt haben. Profitieren Sie von deren Erfahrungen!

Vertrauen Sie nicht nur auf Ihren Hausarzt, er kann nicht alles wissen!

Jede Klinik hat einen Sozialdienst.Kontaktieren Sie den, auch wenn Sie schon entlassen sind.Ein Anruf genügt, man wird Sie an die richtige Stelle weiterleiten.

Der Sozialdienst weiß, (oder bringt in Erfahrung), wie wann wo warum ...usw.

Wenn ich den Sozialdienst in Ulm rechtzeitig kontaktiert hätte, dann wäre ich zum Beispiel nicht so schnell unter Druck gekommen wegen der Reha. Ich hätte mir einfach mehr Zeit lassen können.

Haben Sie Fragen zur Schwerbehinderung? Sollen Sie einen Antrag stellen? Oder lieber nicht?Was wird mit Ihrem Arbeitsplatz, wenn Sie länger krank sind?Löchern Sie den Sozialdienst! (Die kriegen das sogar bezahlt, dass sie sich um Ihre ...und meine.... Fragen und Probleme kümmern!)

Wenn Sie dann bei der Reha sind, auch dort gilt: Termin mit dem Sozialdienst machen!In der Reha Einrichtung, in der ich mich 4 Wochen aufgehalten habe, war das clever gelöst. Es gab ein oder zwei Vorträge vom Sozialdienst. Die enthielten schon mal die wichtigsten allgemeinen Fakten, die man wissen sollte, wenn man eine onkologische Erkrankung hat. Alles Weitere wurde dann im Einzelgespräch erörtert.

Manche Fragen sind so speziell, gerade wenn es um Kinderbetreuung, Unterhalt oder bestimmte Berufe geht...und die deutschen Gesetze sind nicht unbedingt alle sehr verständlich geschrieben...das können Sie unmöglich vorher wissen.

58

Page 59: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Oder wussten Sie, dass es von der Deutschen Krebshilfe e.V. einen Härtefonds gibt, der einmalig ausgezahlt werden kann, wenn man bestimmte Voraussetzungen erfüllt?Ich wusste es vorher nicht. Ich bin aber heute noch sehr dankbar für die 500 Euro, die ich ohne viel Aufsehen bekommen habe und die mir sehr geholfen haben.An dieser Stelle noch mal ein Herzliches Dankeschön allen Verantwortlichen, die das ermöglicht haben!

Eine Organisation, die ich nicht genug loben und empfehlen kann, ist der VdK.Ich selbst wäre natürlich nie auf die Idee gekommen, den Sozialverband aufzusuchen. Das war für mich immer nur ein Verein für Kriegsopfer und das bin ja nun wirklich nicht....

Es war ein Tipp meines Psychologen.In Wahrheit hilft der VdK allen Bürgern bei Sozialfragen.Ich muss sagen, ich habe mich selten so willkommen gefühlt wie beim VdK.Ich fand mich in einem halbstündigen Gespräch mit der dortigen Rechtsanwältin wieder, ohne auch nur einen Cent vorher dafür bezahlt zu haben. Wo gibt es das heute noch?Danach hab ich mich entschieden, Mitglied im VdK zu werden. Der VdK nimmt mir bis heute vieles ab, so zum Beispiel die manchmal recht nervenaufreibende Korrespondenz mit der Deutschen Rentenversicherung. (Amtsdeutsch liegt mir nicht wirklich).Der Mitgliedsbeitrag von 5 € pro Monat hat eigentlich für mich nur symbolischen Wert, die Vorteile liegen auf der Hand.

Wenn Sie das Glück haben, eine Selbsthilfegruppe für Melanom in Ihrer Nähe zu finden, dann gehen Sie hin.

Ich hätte diese Gelegenheit gerne gehabt. Ich habe leider keine gefunden, auch nicht in einem größeren Umkreis.Ich glaube sehr, dass es einen unschätzbaren Wert hat, sich mit gleichfalls Betroffenen auszutauschen. Kein Arzt der Welt kann Ihnen das ersetzen, so gut er auch sein mag!

Nun, probieren Sie es einfach aus. Vielleicht gründen Sie ja auch selbst eine Selbsthilfegruppe! In vielen Großstädten macht das sicher Sinn. Holen Sie sich Unterstützung (Sie wissen ja, Deutsche Krebshilfe usw.) und starten Sie durch.

59

Page 60: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Hilfreiche Links

Das Internet bietet uns heute eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Informationen zu erhalten. Nur zu gern saugen wir alles in uns auf, können zu jeder Tages- und Nachtzeit surfen und uns das runterladen und lesen, was uns wichtig erscheint.Aber oft ist Vorsicht geboten.

Gerade auf medizinischen Seiten und in manchen Foren machen sich einige User/Betroffene/Medizinische Laien gern gegenseitig verrückt.

Gehen Sie also sorgsam mit den Informationen, Tipps und Ratschlägen um.Besprechen Sie in erster Linie alles mit Ihren Fachärzten, die wissen am besten, was gut und richtig für Sie ist, denn die kennen Sie und alle Befunde! Und sie sind auf dem neuesten medizinischen Stand. Haben Sie also Vertrauen!

Informieren Sie sich im Netz, aber lassen Sie sich nicht irritieren!

Einige hilfreiche Links für Sie:

http://www.selbsthilfe-hautkrebs.de

www.krebs-kompass.de

www.haut.de

www.melanom.de

www.krebshilfe.de

www.inkanet.de

www.med1.de/Forum

www.onmeda.de

www.vdk.de

60

Page 61: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

17. Schlussgedanken

An manchen Tagen überkommt mich, scheinbar aus dem Nichts, ein Gefühl der Ohnmacht. Angst macht sich breit. Angst, dass die ganze Schinderei vielleicht doch nichts gebracht hat. Dass der Krebs wieder kommt und ich verliere.Ein Gefühl, das jede Faser in mir beben lässt. Ein Gefühl, das weh tut.

Gerade jetzt kommt dieses Gefühl, wo ich dem Ende der Interferon-Zeit entgegen gehe. So schlimm die Therapiezeit auch war, die Spritzen haben mir Sicherheit gegeben. Sicherheit, das Richtige zu tun. Sicherheit, dass jetzt nichts passieren kann.

Die Angst bleibt und ich muss mich ihr stellen.

Sie soll und wird nicht Besitz von mir ergreifen dürfen.

Jetzt erst fange ich an, zu verarbeiten. Dieses Buch - nur ein Schritt von vielen. Der Weg ist noch weit.Ich weiß nicht, was morgen sein wird. Wer von uns weiß das schon?

Das Leben ist nicht gerecht, es ist nicht fair.

Warum darf ich gesund werden und das Kind in der Nachbarschaft nicht? Warum muss das kleine Kind auf der Krebs-Station sterben? Es hat doch noch so viel weniger von der Welt gesehen als ich. Es hat doch noch gar nicht gelebt...

Es gibt Dinge, die nicht zu erklären sind.

Krisen sind dazu da, bewältigt zu werden.Sie sind Angebote des Lebens, sich zu wandeln.Man braucht noch gar nicht zu wissen, was neu werden soll, man muss nur bereit und zuversichtlich sein.

Wir können die Zeit nicht aufhalten.Aber wir können uns jeden Tag aufs Neue Gedanken machen, wie wir sie besser nützen.

Ich kann noch nicht sagen, wie meine berufliche Zukunft aussehen wird.Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, wieder Tag und Nacht im OP zu stehen. Ich weiß nicht, ob ich der täglichen Konfrontation mit dem Krebs im Beruf gewachsen wäre. Im Moment eher nicht.

Ein ernst zu nehmendes Thema: Menschen mit oder nach schweren Erkrankungen, die selbst als Ärzte und Pflegende tätig sind...sicher ein großes Feld voller Probleme, worüber man ein ganz eigenes Buch schreiben könnte.

61

Page 62: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Vielleicht werde ich auch ganz neue Wege gehen. Mein Wunsch geht eher dahin.Ob es möglich sein wird?

Manchmal geht irgendwo eine Tür auf, wo wir es gar nicht vermuten. Loslassen...

Ich werde weiter meine Nachsorge-Termine in Ulm wahrnehmen.Das ist mir wichtig.Ich hoffe, dass das Schicksal mir gnädig ist und bleibt.Ich wünsche mir Gesundheit für mich und meinen Mann und unsere Familien.

Ich möchte sorgsam mit mir umgehen, was immer ich auch tue.

Ich bin voll von Gefühlen, Hoffnungen, Wünschen und Träumen...

Ich bin ein lebensfroher Mensch und freue mich auf die Zukunft, auf jeden einzelnen Tag,jede Stunde und jede Minute.

Ich habe Spaß am Leben und genieße es.

Wie geht es Ihnen mit diesem Buch?Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar Informationen an die Hand geben, die wertvoll für Sie sind.

Habe ich Sie mit meinen Zeilen berührt?

Vielleicht habe ich es geschafft, Sie ein wenig zu sensibilisieren.

Ich weiß nicht, ob dieses Buch alle Gedanken enthält, die wichtig sind. Ich erhebe kein Recht auf Vollständigkeit. Es waren vielmehr die Gedanken, die mir in eben dem Moment in den Sinn gekommen sind, als ich die Zeilen zu den einzelnen Themen schrieb. So, wie ich sie genau an diesem Tag gesehen habe. Vielleicht würde ich das Buch morgen in einzelnen Abschnitten anders schreiben, wer kann das sagen? Das Leben steckt voller Veränderungen.

Heute habe ich ein gutes Gefühl!

Es erfüllt mich mit Stolz und Freude, dieses Buch geschrieben zu haben. Es ist vollbracht! Ich hätte das vorher nie für möglich gehalten, aber ich habe es getan!Was werde ich als nächstes tun?

Den eigenen Fähigkeiten sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, das im Leben zu vollbringen, was man muss. In einem jeden von uns ruht eine erstaunliche Anlage zur Größe. Aber nur selten haben diese verborgenen Gaben die Gelegenheit, sich zu entfalten. Manchmal ist es allein der Zufall des Schicksals.

62

Page 63: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Das wünsche ich Dir:

Ich wünsche DirEin warmes Herz

Und darin eine Nachtigall.

Ich wünsche Dir Einen Himmel voller Sonne

Und singende Vögel.

Ich wünsche Dir Starke Hände, um zu tragen

Und offene Arme, um zu lieben.

Ich wünsche Dir Einen guten Gott,

der Dich jeden Tag segnet.

Ich wünsche Dir von Zeit zu Zeit Einen weichen Sessel,

Um einzuschlafen.

Ich wünsche Dir ein Jahr, Wovon Du sagen wirst:

Es möchte viele Jahre dauern.

(Verfasser leider unbekannt)

63

Page 64: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Die besten Lebensmittel für Ihre Immunsystem

Es ist erwiesen, daß unsere Ernährung einen großen Einfluß auf unser Wohlbefinden, unsere Fitneß und Leistungsfähigkeit hat. Jeder weiß das. Viele Menschen denken bei gesunder Ernährung an Verzicht und trockene Körner. Das Gegenteil ist der Fall. Alles, was Augen, Nase und Gaumen an Aromen und Farbenpracht bei Salaten, Gemüse und Früchten erfreut, ist Gesundheit pur.Sie genießen viel mehr und das mit allen Sinnen! Gesund essen und genießen, das passt durchaus zusammen! Wer richtig ißt, hat weniger Hunger, ist zufriedener und länger satt.

Ich möchte Ihnen Lebensmittel vorstellen, die Ihrem Immunsystem einen Power-Kick geben, Lebensmittel, die mit ihren hochwertigen Inhaltsstoffen wirkungsvoll Ihr Herz-Kreislaufsystem schützen, Ihr Nervenkostüm stärken und ihr Denkvermögen anregen, die Darmtätigkeit mobilisieren, Ihre Abwehrkräfte aufrüsten, die Knochen kräftigen und langfristig helfen, Ihr Gewicht zu stabilisieren.

Dabei kommt es nicht darauf an, ausschließlich diese Lebensmittal zu sich zu nehmen. Nein, Sie sollten vielmehr Schritt für Schritt versuchen, wenigstens ein paar dieser Lebensmittel dauerhaft in ihren Speiseplan einzubauen, und nach und nach zu steigern. Keine Hau-Ruck-Aktion, sondern ganz allmählich.

Der Genuß von Obst, Gemüse und Vollkorn-Produkten erhöht den Anteil an Ballaststoffen in Ihrer Ernährung. Ein riesiger Vorteil: Die unlöslichen Ballaststoffe senken die Energiedichte pro Mahlzeit, weil Sie auf kalorienarme Weise das Nahrungsvolumen auf Ihrem Teller erhöhen.Und: Sie sind viel länger satt und damit auch zufriedener.

Lassen Sie die Finger von Fertigprodukten & Co, greifen Sie nur im äußersten Notfall auf solche stark veränderten Lebensmittel zurück. Industriell hoch verarbeitete Lebensmittel sind meistens reich an einfachen Zuckern, Fett, Emulgatoren und Stabilisatoren, die durch den Herstellungsprozeß für den Verdauungstrakt leichter aufzuschließen sind. Die Nährstoffe gelangen schneller ins Blut und fördern so Blutzuckerschwankungen und Heißhungerattacken.

64

Page 65: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Gesunder Schutz für Ihr Herz-Kreislaufsystem – so geht`s

ThunfischDie Herzschutzwirkung der hoch gesättigten Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA aus Fischen wie Thunfisch ist bewiesen. Sie verbessern die Blutfettwerte und beugen Entzündungen vor - der perfekte Arteriosklerose-Schutz. 40 % aller tödlichen Herzinfarkte ließen sich durch regelmäßigen Verzehr von fettsäurereichem Seefisch vermeiden!

Empfehlung:

Mindestens 1mal pro Woche, besser 2 mal eine Portion von etwa 200g Thunfisch auf den Speiseplan! Die guten Fettsäuren stecken sogar im Dosenfisch, sie sollten da aber die fettarme Variante wählen, nämlich den „Thunfisch im eigenen Saft“.

Als Alternative:

Hering, Lachs, Makrele. Für Nicht-Fisch-Esser: Walnuss-, Raps-, und Leinöl enthalten Vorstufen der Adern-schützenden Fettsäuren.

RapsölDie günstige Zusammensetzung mit vielen einfach ungesättigten Alpha-Linolensäure wirkt gefäßschützend und blutfettregulierend. Rapsöl ist das perfekte Allround-Öl mit super Herzschutz-Wirkung und hat einen hohen Anteil an Vitamin E.

Empfehlung:

1 guter Eßlöffel pro Tag, das sollte möglich sein, ist das gute und neutral schmeckende Rapsöl doch als Allrounder einsetzbar, kaltgepresst für Salate, oder auch zum Kochen und sanften Braten.

Als Alternative:

Walnussöl oder Olivenöl.

Knoblauch

Knoblauch hat eine Blutdruck-und Cholesterinsenkende Wirkung und ist somit ein idealer Verbündeter bei Herz-Kreislauferkrankungen, und das schon vorbeugend. Sein Selen wirkt

65

Page 66: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

antikörperbildend und zellschützend. Ajoen und Alliciin verhindern nachweislich das Verklumpen der Blutplättchen und fördern die Gerinnungsfähigkeit und dies schützt vor Ablagerungen in den Adern und vor Herzinfarkt.

Empfehlung:

Für den Herzschutz reicht schon eine Zehe am Tag, am besten frisch, weil so die empfindlichen Pflanzenstoffe am besten erhalten bleiben.

Als Alternative:

ist Bärlauch sehr in Mode gekommen. Er enthält größere Mengen Alliciin. Knoblauch im Dragee kann der Wirkung des Naturproduktes im übrigen kaum entsprechen.

Rote Trauben

Sie beeinhalten sekundäre Pflanzenstoffe wie etwa Resveratrol., welches die Zellalterung hemmt, entzündungshemmend wirkt und die Blutfette senkt.Anthocyane sorgen nicht nur für die tolle Farbe, sondern wirken antioxidativ. Der rote Saft hält die Gefäße elastisch und verbessert die Durchblutung des Herzmuskels.

Empfehlung:

200g Trauben pro Tag sind super, oder aber 1 Glas Rotwein am AbendIn Rotwein steckt durch den Gärprozeß einiges mehr von dem gefäßschützenden Resveratrol. Auch Traubensaft ist OK.

Als Alternative:

Viel wertvolles Anthocyane steckt auch in Brom-und Heidelbeeren und in Pflaumen.

Dunkle Schokolade

Schokolade ist gut fürs Herz-was für eine Nachricht !!Die im Kakao enthaltenen Flvonoide bewirken eine verbesserte Funktion der Gefäßinnenwände, verhindern die Bildung von Blutgerinnseln, erhöhen die Fließfähigkeit des Blutes und können so helfen, Herzinfarkten vorzubeugen. Dunkle Schoki senkt den Blutdruck, außerdem ist es eine Magnesium-Bombe 150 mg pro 100 g !

66

Page 67: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Empfehlung:

40-50g Dunkle Schoki pro Tag, nicht mehr, sonst landet es auf den Hüften. Wichtig: Nur Zartbitter-oder Edelbitterschokolade enthält ausreichende Mengen des herzschützenden Stoffes ( Kakaoanteil Minimum 50%)Als Alternative:

Was für eine Frage? Zu Schokolade gibt es keine Alternative !

Starke Nerven und ein wacher Geist-das wollen wir alle !

Sonnenblumenkerne

Sind das Lebensmittel der Wahl für alle Stressgebeutelten. Die kleinen Kerne strotzen nur so vor Magnesium, und das erhöht nachweislich die Stressresistenz, aktiviert Enzyme des Energiestoffwechsels und stärtkt die Muskel-und Nervenfunktion. Zu dem sind wir mit dem nervenstreichler fast alle etwas unterversorgt, es lohnt sich also, auf eine ausreichende Zufuhr zu achten.

Empfehlung:

2 Eßlöffel Sonnenblumenkerne pro Tag egal ob im Salat, im müsli, oder auch als leckere Brotvariante

Als Alternative:

geröstete Sojakerne und Sesam Spinat

Volle Magnesium -Power garantiert gute Laune und entresst, Eisen für die Sauerstoffversorgung und Folsäure sorgt für einen niedrigen Homocysteinspiegel und scheint so vor Depressionen zu schützen.

Empfehlung:

Täglich Spinat als Gemüse oder im Salat, am allerbesten roh oder nur kurz gedünstet, denn Folsäure ist sehr hitzeempfindlich.

67

Page 68: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Als Alternative:

Mangold, Fenchel, Petersilie, Grüner Salat in jeder Form, aber auch Wal-und Haselnüsse

Lachs

Omega-3-Fettsäuren tun nicht nur unseren Gefäßen gut, sondern haben auch einen stimmungsaufhellenden und ausgleichenden Effekt bei Depressionen, sie wirken sogar regulierend bei Hyperaktivität und aggressivem Verhalten.

Empfehlung:

1-2mal pro Woche 200g Lachs und die Stimmung ist toll!

Als Alternative:

Hering, Matjes, Makrele, Heilbutt, Thunfisch, Sardinen

Hafer

Er ist ein echter Lieferant von Kohlenhydraten, und schenkt uns damit Treibstoff für Hirn und Nerven. Ballaststoffe machen lange satt, der Blutzuckerspiegel bleibt lange stabil und garantiert uns eine gute Konzentration und Denkleistung. Er liefert ebenso Magnesium, Eisen und Vitamin B1.

Empfehlung:

Es reicht schon eine Portion von 40g für einen guten Tagesbeginn oder um das Mittagstief zu vertreiben. Am besten gekoppelt mit Joghurt und Obst z.Bsp. im Müsli-unschlagbar für Power und Konzentration!

Als Alternative:

Vollkornprodukte, Gebäck mit Hafer , oder natürlich Brot mit hohem Haferanteil.

Mageres Scheinefleisch

Ob Sie es glauben oder nicht, aber mageres Schweinefleisch ist ein guter Lieferant für Vitamin B1. Sie dürfen sich also ruhig mal ein Schnitzel gönnen, wenn Sie sich die fettreiche Panade schenken.Vitamin B1 hilft uns bei der Konzentrationsfähigkeit und für den Kohlenhydratstoffwechsel.

68

Page 69: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Empfehlung:

2 fettarme Portionen pro Woche z.Bsp. Filet, Lende, Schnitzel

Als Alternative:

Sonnenblumenkern, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Geflügel-und Rindfleisch

Bewegung kommt in den DARM und bringt Ihnen Schwung und Elan

Äpfel

sind nicht nur ein super Vitaminlieferant, sie sind nahrhaft, fördern die Verdauung, vernichten Bakterien, und sie enthalten wertvolles Pektin. Der Ballaststoff bindet Giftstoffe und beruhigt den gereizten Verdauungstrakt. Viele Mütter nutzen dies bei Kindern mit leichtem Durchfall....einfach einen Apfel reiben & essen, schmeckt nicht nur lecker, hilft auch dem Darm. Pektin bindet Krebsauslösende Stoffe wie Schwermeatalle, reduziert den ph- Wert, wirkt Krebsvorbeugend. Und die Ballaststoffe aus dem Apfel halten den Blutzuckerspiegel stabil. Äpfel liefern uns ebenfalls Kalium, Phosphor, Eisen und Natrium.

Empfehlung:

1 Apfel pro Tag Als Alternative:

Karotten, Kürbis, Orangen, Zitronen, Grapefruit

Leinsamen

ist eine richtige Ballaststoff-Bombe, enthält wertvolle Omega-3-Fettsäuren und entzündungshemmende Schleimstoffe, die sich wie ein Schutzfilm über gereizte magen-und Darmwände legen.

Empfehlung:

1-2 Eßlöffel pro Tag mit reichlich Flüssigkeit

69

Page 70: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Als Alternative:

Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte

Radicchio

Radicchio ist bitter und das ist auch gut so. Denn der Bitterstoff Intybin aus dem herb-aromatischen Salat regt den Gallenfluß und damit die Verdauung an. Dazu wartet der tiefrote Italiener noch mit einem Ballaststoff auf, dem Inulin, das vor allem für eine verbesserte Aufnahme von Kalzium und Magnesium sorgt.

Empfehlung:

2-3 Portionen pro Woche

Als Alternative:Endiviensalat, Chicoree, Inulin steckt aber auch in Zwiebeln, Spargel und Topinambur.

Probiotischer Joghurt

Wir wissen alle, daß Joghurt gesund ist. Joghurt am besten pur kaufen und je nach Geschmack mit frischen Früchten, Nüssen, Honig oder Ahornsirup verfeinern. Die Probiotische Variante mit den Bakterienstämmen schützt uns vor Durchfällen, reguliert die Verdauung und hilft bei Verstopfung und soll sogar das Darmkrebsrisiko senken.

Empfehlung:

täglich 1 Joghurt

Als Alternative:

Probiotische Drinks, Quark

Roggen-Vollkornbrot

Roggenvollkorn hat Ballaststoff-Power ohne Ende, es sättigt enorm gut und hält vor allem den Blutzuckerspiegel stabil.Die Ballaststoffe erhöhen das Stuhlvolumen und sind verdauungsfördernd.Außerdem schmeckt ein saftiges Schwarzbrot einfach genial.

70

Page 71: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Empfehlung: 2 Scheiben von dem leckeren Brot am Tagesbeginn

Als Alternative:

Vollkornnudeln, Vollkornbrot, am besten noch mit Leinsamen

Machen Sie Ihre Abwehr fit – Edel-Power für Ihr Immunsystem

Sprossen

Die klassischen Sprossen enthalten neben viel Vitamin C und Karotinoiden einen guten Schwung Glucosinolate. Der senfartig schmeckende Pflanzenstoff schützt vor Krebs und ist ein wahrer Bakterienkiller.

Empfehlung:

Am besten täglich eine kleine Handvoll der leckeren und knackigen Sprossen auf den Salat geben und wegknuspern

Als Alternativen:

Kohlrabi, Grünkohl, Brokkoli und alle Kohlarten

Paprika

Paprika ist eine Vitamin C Bombe. Wußten Sie, daß in einer kleinen roten Paprika soviel Vitamin C steckt wie in 2 großen Orangen?Karotinoide sorgen gleichzeitig dafür, daß möglichst viele zellschädigende freie radikale abgefangen werden. Und das schützt die Zellen und unterstützt das Immunsystem.

Empfehlung:

am besten meistens roh verzehren, da die Schutzstoffe hitzeempfindlich sind.

Als Alternative:

Mangold, Karotten, Spinat, Tomaten

71

Page 72: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Mandeln

Die Mandel gilt als Top Favorit zur Stärkung für die Nerven und bei Erschöpfung. Ihre guten Eiweiße und Fette, Vitamin E und B , Kalzium, Kalium und Magnesium stärken Körper und Geist. Außerdem stecken in den braunen Häutchen ungeschälter Mandeln Flavonoide, deren zellschützende Wirkung sich im zusammenspiel mit Vitamin E verdoppeln soll. Extra mit dabei: einfach ungesättigte Fettsäuren, Folsäure und Ballaststoffe.

Empfehlung:

eine Handvoll pro Tag zum lecker knabbern

Als Alternative:

Rapsöl, Sonnenblumenkern, Haselnüsse

Grüner Tee

bietet puren Zellschutz, er erhöht die antioxidative Kapazität im Blut. Die dafür verantwortlichen Catechine haben außerdem eine krebsschützende Wirkung. Grüner Tee aus Beuteln enthält sogar mehr Antioxodanzien - super, oder? Toller Nebeneffekt: Grüner Tee hemmt das Wachstum für Bakterien, die für den Mundgeruch verantwortlich sind und liefert Flour für starke Zähne.

Empfehlung:

2 Tassen Grüner Tee pro Tag

Als Alternative:

Schwarzer Tee

Beeren

Klein & extrem stark. Ein Turbo fürs Immunsystem! Die kleinen Früchte stecken voller Vitamin C, Kalium, Kalzium und Ellagsäure, die entgiftend wirkt und deren stark antioxidative Wirkung unsere Zellen vor freien Radikalen schützt und so das Immunsystem im Kampf gegen Infektionen und Krebs unterstützt.. Außerdem können die potentiellen Pflanzenstoffe krebsauslösende Substanzen im Magen-Darm-Trakt neutralisieren und die Tumorentwicklung hemmen.

72

Page 73: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Empfehlung:

Eine Portion von 200g am Tag, am besten schon morgens im Müsli!

Als Alternative:

Pflaumen, Kirschen

Gehstock ade - Starke Knochen bis ins hohe Alter, auch für Sie !

Soja

Isoflavone, die sekundären Pflanzenstoffe, haben einen positiven Effekt auf Knochen–Stoffwechsel und Kalziumhaushalt. Dazu gibt es noch Magnesium, Eisen, Zink und Bitamin B1.

Empfehlung:

eine Portion Soja täglich, egal ob als Tofu, Soja-Drink, -Dessert, oder -Joghurt.

Als Alternative:

schwierig-Isoflavone gibt es erwähnenswert nur in Soja

Hering

Vitamin D3 fördert den Kalziumeinbau in den Knochen, die Aufnahme des Mineralstoffs aus dem Darm und verhindert Kalziumverluste über die Niere. Der Körper bildet Vitamin D auch selbst, und zwar in der Haut, wenn Sie Sonne abbekommt, Minimum sind 30 Minuten Tageslicht.

Empfehlung:

1-2 mal pro Woche Hering, Matjes oder auch mal ne leckere Fischsemmel

Als Alternative:

Lachs, Heilbutt, Thunfisch, Makrele, Sardinen

73

Page 74: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Feigen

Schlechte Laune hat keine Chance, wenn man Feigen ißt. Sie enthalten den Stoff Tryptophan, der die Produktion von Serotonin anregt. Das hebt die Stimmung. Sie sind kohlenhydrat- und Ballaststoffreich, versorgen uns Vitamine und Mineralien und unterstützen die Verdauung.

Empfehlung:einfach mal 3 Feigen als gesunden Snack, frisch oder getrocknet

Als Alternative:Trockenfrüchte jeder Art, Pflaumen, Aprikosen, Datteln, aber auch Haselnüsse, Walnüsse, Mandeln

Grano Padano

Explosion an Kalzium, Zink, Vitamin A und Vitamin B12!Wirkt außerdem Stimmungsaufhellend und konzentrationsfördernd.

Empfehlung: einfach zu Pasta-Gerichten und zum überbacken nehmen

Als Alternative:Milchprodukte & Käse überhaupt, Emmentaler, Bergkäse, Gouda, Edamer, Tilsiter usw.

Brokkoli

Spendet uns Vitamin C und ganz viel Kalzium!

Empfehlung:generell täglich 3 Gemüseportionen sind optimal

Als Alternative:Fenchel, Staudensellerie, Mangold, Grünkohl, Lauch, Spinat, grüne Bohnen Pflanzliches Kalzium steckt aber auch in Haselnüssen und Mandeln

74

Page 75: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Meine Lecker-und Fit-Unterwegs-Tips:

Sie sind oft tagsüber unterwegs und brauchen einen kleinen Imbiss? Wählen Sie einfach aus folgenden Snacks und Foods für den kleinen Hunger zwischendurch:

Asia-ImbissFischbrötchenSushiThai-FoodSalat mit Thunfisch

StudentenfutterNüsseMandelngeröstete Sojabohnen

Vollkornkekse

ApfelBananeTraubenAprikosen

Fruchtriegelgetrocknete Früchte

Bitterschokolade

Probotischer JoghurtProbiotischer Joghurt-Drink

TomatensaftGemüsesaftWasserSojadrinkGrüner Tee

Vollkornbrot mit Käse

Mit diesen kleinen Snacks in der Tasche sind Sie und Ihr Immunsystem immer gut versorgt. Herz, was will man mehr?

75

Page 76: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Was sind überhaupt Vitamine?

Vitamine sind lebensnotwendige Stoffe. Der menschliche Organismus ist nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen in der Lage, Vitamine selbst herzustellen So führt zum Beispiel eine UV-Bestrahlung der Haut, wie es im Freien bei Sonnenschein der Fall ist, zur Bildung einer Vorstufe von Vitamin D.

Ansonsten ist der Körper auf die Nahrung angewiesen, mit welcher der größte Teil der Vitamine aufgenommen wird. Einige Vitamine werden aber auch von den Darmbakterien hergestellt und in einer für den Menschen aufnehmbaren Form in den Darm ausgeschüttet.

Vitamine sind oft Bestandteile von Enzymen, den Biokatalysatoren des Körpers. Sie werden auch bei der Herstellung von bestimmten Eiweißen benötigt.

In Industrieländern ist die tägliche Vitaminzufuhr auf Grund des großen Nahrungsmittelangebotes weitestgehend gesichert.

Zu Vitamin-Mangel-Erscheinungen kommt es meistens bei:

-erhöhtem Vitaminbedarf, z.Bsp. In der Schwangerschaft und Stillzeit-gestörter Vitaminaufnahme aus dem Darm-Unterernährung-einseitiger Ernährung / Diät

Nur dann müssen dem Körper zusätzlich Vitamine zugeführt werden. Was viele Menschen leider unterschätzen: Bei der Vitamin-Zuführung von außen kann es zu einem Vitaminüberschuß kommen, was vor allem bei fettlöslichen Vitaminen zu schweren Krankheitsbildern führen kann.

Bei nur wenigen Menschen ist der Vitaminbedarf erhöht. In Deutschland und den Industrieländern gibt es eigentlich keinen echten Vitaminmangel. Als kritische Nährstoffe können höchstens Folsäure, Vitamin D und Jod gelten.Außerdem kann der Bedarf an bestimmten Vitaminen manchmal, wie etwa in der Schwangerschaft, im Alter oder in besonderen Stresssituationen, steigen. Auch chronische Erkrankungen wie Diabetes und Medikamenteneinnahmen können den Bedarf in die Höhe treiben. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, neben der gesunden Ernährung unterstützend zu gezielt dosierten Ergänzungspräparaten zu greifen.

76

Page 77: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Vitamine in der Schwangerschaft

Frauen in der Schwangerschaft oder mit Kinderwunsch sollten auf eine ausreichende Zufuhr von Folsäure achten. Denn hier steigt der Bedarf um stolze 100 Prozent. Für Schwangere ist

die Versorgung mit dem B-Vitamin sehr wichtig, weil es die optimale Entwicklung des Ungeborenen sicherstellt. Im Fall eines Mangels- gerade in den ersten sechs Wochen der

Schwangerschaft - können schwere Missbildungen auftreten. Daher empfehlen viele Ärzte ihren Patientinnen mit Kinderwunsch, bereits vor der Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure-Präparaten zu beginnen. Zudem sollten Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Spinat,

Brokkoli, Spargel, Rosenkohl, Eier und Nüsse häufig auf dem Teller landen.

Vitamine und Diäten

Die meisten Blitz-Diäten haben zwei Sachen gemein: Sie sind häufig reich an Entbehrungen und sehr einseitig. Da lässt ein Mangel an wichtigen Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffe nicht lange auf sich warten. Viel gesünder ist es, das gewichtige Problem

langsam anzugehen und eine ausreichende Versorgung mit allen Vitalstoffen sicherzustellen. Unterstützend können Präparate mit allen wichtigen Mineralstoffen und Vitaminen

eingenommen werden.

Vitamine und Sport

Sportler haben im Allgemeinen keinen höheren Vitaminbedarf als gemütliche Personen. Sie haben sogar den Vorteil, sich wegen ihres höheren Grundumsatzes mehr auf den Teller laden und so sogar noch mehr Vitamine und Mineralstoffe zu sich nehmen zu können. Sportler, die

jedoch leicht ins Schwitzen geraten, sollten ein Auge auf ihre Versorgung mit Magnesium werfen. Magnesiumpräparate können den Verlust des Mineralsstoffs durch das Schwitzen

ausgleichen.

Vitamine im Alter

Menschen, die sich auch im Alter gesund ernähren und genug Sonne tanken, müssen keinen Vitaminmangel fürchten. Jedoch leiden viele Menschen über 65 unter einer entzündeten

Magenschleimhaut, ohne es überhaupt zu merken. Die Entzündung schränkt wiederum die Aufnahme der Vitamine über die Darmschleimhaut ein. Vor allem die B-Vitamine können dann zu kurz kommen. Präparate mit Vitamin-B-Komplex können Engpässen vorbeugen.

Entsprechend ihrer Löslichkeit werden Vitamine aufgeteilt in Fettlösliche und wasserlösliche Vitamine.

77

Page 78: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Fettlösliche Vitamine:

Vitamin AVitamin DVitamin EVitamin K

Wasserlösliche Vitamine:

Vitamin B1Viatmin B2Viatmin B6Vitamin B12Vitamin CFolsäure

Fettlösliche Vitamine

Vitamin ARetinol ist nur in tierischen Lebensmitteln vorhanden und das besonders in Leber. Eine vollständige Deckung des Vitamin A Bedarfs ist aber im Prinzip auch durch das pflanzliche Carotin möglich. Eine Auffüllung der Leberspeicher aber nur mit Retinol. Probleme mit einer Überversorgung können eigentlich nur bei Frühschwangeren auftreten. Hier gilt als Empfehlung, entweder ganz auf Leber zu verzichten oder pro Woche nicht mehr als 2 mal eine kleine Leberportion zu essen. Sinnvoll ist letztere Empfehlung, da Leber eine reiche Quelle an anderen Vitaminen ist ( z. Bsp. Folsäure) und deshalb Mangelzustände durch eine schlechte Ernährung z. T. Kompensieren kann.

Vitamin DReich an Vitamin D sind vor allem Fische und bestimmte Pilze. Alle anderen Lebensmittel enthalten relativ wenig Vitamin D. Der Mangel wird deshalb durch die Eigensynthese der Haut kompensiert.

Vitamin EVitamin E kommt fast nur in pflanzlichen Ölen und Samen vor. Gute Quellen sind allerdings nur solche Öle die in Relation zum Gehalt an ungesättigten Fettsäuren reich an Vitamin E sind. Zu diesen zählen Keimöle, Sonnblumenöl und Olivenöl, während Distelöl aufgrund seines hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren eher eine negative Bilanz aufweist. Ähnliches gilt für Sojaöl das vorwiegend das relativ unwirksame g -Tocopherol enthält.

78

Page 79: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

Vitamin KSehr reich an Vitamin K sind bestimmte Gemüsesorten wie Blumenkohl, Rosenkohl, oder Spinat.

Wasserlösliche Vitamine

Vitamin B1Sehr viel Vitamin B1 steckt in Muskelfleisch, besonders Schweinefleisch, Leber, einige Fischarten, z.B. Scholle & Thunfisch, Getreide und Getreideprodukte, Hülsenfrüchte und Kartoffeln.

Vitamin B2Steckt in tierischen Lebensmitteln wie Milch, Milchprodukten, Leber, Fleisch und Fisch, kommt aber auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor: Grünkohl, Erbsen, Brokkoli, gelbe Paprika, sowie Getreide und Getreideprodukte. Der Körper kann Vitamin B2 besser aus tierischen Produkten resorbieren.

Vitamin B6kommt vor in größeren Mengen in Sojabohnen, Leber, Niere, Gehirn, Muskelfleisch, Fisch ( Lachs), Milch, Milchprodukten, grünem Gemüse ( Kohl, Spinat, Feldsalat), aber auch in Bananen, Kartoffeln, Karotten, Hefen und Getreiden.

Vitamin B12Vitamin B12 haltige Produkte sind Herz, Niere, Leber, Gehirn, Fisch, Austern, Milch & Milchprodukte, Eigelb und Muskelfleisch.

Vitamin CVitamin C ist in allen tierischen und pflanzlichen Produkten sehr weit verbreitet. Sehr hoch ist der Gehalt bekannter Weise in frischem Obst und Gemüse. Reichliches Vorkommen von Vitamin C in Sanddorn, Schwarze Johannisbeere, Zitrone, Apfelsine, Kiwi, Spinat, Kohlrabi, Blumenkohl, Brokkoli, Grünkohl, Petersilie, Paprika, und Kartoffel.

Da die moderne Lebensmittelproduktion versucht, Vitamin-Verluste bei der Ernte und Haltbarmachung so gering wie möglich zu halten, kann Tiefkühlkost oft mehr Vitamin C enthalten als nicht mehr ganz frisches Obst, daß schon eine längere Lagerzeit hinter sich hat.

FolsäureFolsäure ist ein sehr wichtiges Vitamin, es wird gebraucht für die Bildung von Nukleinsäuren, die das genetische Material der Zelle darstellen.Es ist enthalten in Pilzen, Gemüse, Leber, Nüssen, Orangen, Eigelb, getrockneten Bohnen und Erbsen. Ein erhöhter Bedarf unbedingt in der Schwangerschaft. Auch Alkoholismus führt

79

Page 80: Das Glück verläßt uns nicht. Es verreist nur von Zeit zu Zeit.5. Was ist das eigentlich - Interferon? 6. Ärger mit der Krankenkasse 7. Was soll ich denn bei der Reha? 8. Durchhalten

zu einem Mangel an Folsäure.

Für einen gesunden Menschen besteht keine Notwendigkeit, künstlich Vitamine von außen zuzuführen. Eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung sind Garant genug für eine ausreichende Versorgung mit allen notwendigen Stoffen und Substanzen... Es macht auch keinen Sinn, Alltagssünden und ein Faible für Fast Food und Dauerstress mit Vitaminpillen ausgleichen zu wollen. Wer Angst hat vor Mangelerscheinungen, der fährt mit Obst und Gemüse der Saison, frischen Kräutern, Milch-und Getreideprodukten viel sicherer als mit den bunten und teuren Pillen.

Die positiven Effekte von Obst und Gemüse auf die Gesundheit sind wissenschaftlich belegt, der Beweis einer Wirkung der Vitaminpräparate steht da leider noch aus.

80