Das Immobilienmagazin - aktiv-consult.de · rä t epark i sdie größt Inve titi o nund li gt in...

4
Fitness-Studios als Mieter Das Geschäft mit dem Schwitzen Von Sebastian Schreiber, freier Immobilienjournalist Die Deutschen gehen immer öfter ins Fit- nessstudio und geben immer mehr Geld für ihre Gesundheit aus. In Großstädten liefern sich große, teils internationale Studiobetreiber einen Verdrängungs- wettbewerb. Zugleich ist in der Branche seit einigen Jahren eine Diversifizierung zu beobachten. Es gibt einerseits Studios für einen Monatsbeitrag von knapp 20 Euro, andererseits Premium-Ertüchti- gungsläden, die von ihren Mitgliedern mehr als 100 Euro verlangen. Letztlich soll diese Preisspanne auch den sozialen Status der Nutzer zementieren: Der ge- pflegte Banker, der sich nach Feierabend auf dem Laufband austobt, will mit dem hantelverliebten Vorort-Checker nicht den Duschraum teilen. Welche Standort- und Flächenansprü- che haben die Betreiber von Fitnessstu- dios und Wellness-Oasen? Wie tickt die Branche, wohin weisen die Trends und wann sind die Betreiber gern gesehene Mieter von Fachmarktzentren oder Nach- nutzer von Geschäften in Nebenlagen? Die Freude unter den Fitnessstudio- Betreibern war groß, als die Beratungs- firma Deloitte im Frühjahr verkündete, dass mehr Deutsche in Fitnessstudios trainieren als im Fußballverein kicken. 7,1 Millionen Cross-Trainer-Nutzer stehen AIZ I Das Immobilienmagazin 1212011 21

Transcript of Das Immobilienmagazin - aktiv-consult.de · rä t epark i sdie größt Inve titi o nund li gt in...

Fitness-Studios als Mieter

Das Geschäft mit dem SchwitzenVon Sebastian Schreiber, freier Immobilienjournalist

Die Deutschen gehen immer öfter ins Fit-nessstudio und geben immer mehr Geldfür ihre Gesundheit aus. In Großstädtenliefern sich große, teils internationaleStudiobetreiber einen Verdrängungs-wettbewerb. Zugleich ist in der Brancheseit einigen Jahren eine Diversifizierungzu beobachten. Es gibt einerseits Studiosfür einen Monatsbeitrag von knapp20 Euro, andererseits Premium-Ertüchti-gungsläden, die von ihren Mitgliedern

mehr als 100 Euro verlangen. Letztlichsoll diese Preisspanne auch den sozialenStatus der Nutzer zementieren: Der ge-pflegte Banker, der sich nach Feierabendauf dem Laufband austobt, will mit demhantelverliebten Vorort-Checker nichtden Duschraum teilen.

Welche Standort- und Flächenansprü-che haben die Betreiber von Fitnessstu-dios und Wellness-Oasen? Wie tickt die

Branche, wohin weisen die Trends undwann sind die Betreiber gern geseheneMieter von Fachmarktzentren oder Nach-nutzer von Geschäften in Nebenlagen?

Die Freude unter den Fitnessstudio-Betreibern war groß, als die Beratungs-firma Deloitte im Frühjahr verkündete,dass mehr Deutsche in Fitnessstudiostrainieren als im Fußballverein kicken.7,1 Millionen Cross-Trainer-Nutzer stehen

AIZ I Das Immobilienmagazin 1212011 21

IMMOBILI E& WI RTSCHAFT

7,1 Millionen Deutsche sind Mitglied in einem Fitness-Studio.

6,68 Millionen Fußballern gegenüber. Rund zwei MilliardenEuro lassen sich die Deutschen ihren Fitnesssport jährlichkosten. Zulegen konnten 2010 vor allem Ketten wie McFit, Fit-nessfirst und Injoy: Zusammengenommen verfügen sie übermehr als 40 Prozent der Mitglieder. Wachstumsstärkstes Seg-ment ist der Discountbereich mit zwei Millionen Kunden.Einen wesentlichen Anteil daran hat Marktführer McFit. "DasWachstum der Günstig-Konzepte ging zulasten des mittlerenBereichs, während die Premiumanbieter am oberen Ende derPreisspanne ihre Marktanteile behaupten können", heißt es inder Studie. De facto schlagen die Billigbuden mit etwa 1.000Standorten zu Buche, dem Premiumbereich rechnet jörg Hid-ding in Deutschland etwa hundert Niederlassungen zu. Er istInhaber der Frankfurter Firma Aktiv-Consult und berät Unter-nehmen aus dem Fitness- und Wellnessbereich. Der großeRest entfallt auf das Mittelpreissegment.

Fitness-Studios sind wichtiger Immobilienkunde

Die über 7.100 Clubs erwirtschafteten im vergangenen Jahreinen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro, so Deloitte. Damit sinddie Studiobetreiber in der Immobilienbranche eine feste Größe.Aus verschiedenen Gründen fristen sie aber bei gewerblichenVermietern häufig ein Leben als Notnagel; sie sind selten Mie-ter erster Wahl. Über viele Jahre hinweg waren sie gut genug,in Einkaufsstraßen oder Shoppingcentern die oberen Etagen

22 AIZ I Das Immobilienmagazin 1212011

zu füllen. Dies hat sich mittlerweile gewandelt. "Einerseitshaben die großen Studiobetreiber, die als Filialisten, Kettenoder Franchisegeber aufgestellt sind, professionelle Expan-sionsabteilungen, die umfassende Standortanalysen anfertigen,bevor sie Mietverträge unterzeichnen", erklärt ChristophScharf, Leiter Retail bei der Maklerfirma BNP Paribas Real Es-tate. Andererseits haben auch Büro- und Shoppingcenter-Entwickler zwischenzeitlich erkannt, dass das Geschäft mitLaufbändern und Hanteln attraktiv sein kann. Werden neueCenter geplant, gehören immer häufiger bereits im VorfeldStudios zur Mieter-Zielgruppe. DieWegeführung zu ihnen wirdverbessert, denn schließlich sind die Sportler potenzielleShopper. Hohe Baukostenzuschüsse gehen Hand in Hand mitlangfristigen Mietverträgen.

VieleVermieter und Makler gehen jedoch noch immer mit ange-zogener Handbremse auf die Betreiber zu, weil in der Vergan-genheit viele Studios Insolvenz anmeldeten. Dies betrifft inder Regel privatbetriebene Studios, die immerhin 60 Prozentausmachen. Ferner sind die Umbaukosten des Vermieters erheb-lich. Der Sanitär- und Umkleidebereich muss bei Bürogebäudenzumeist nachträglich eingebaut werden. Teure Studios wollenneben Laufbändern und Rudergeräten zudem Saunen undMassageräume, manchmal sogar Schwimmbäder. Als vor eini-gen Monaten ein solches Becken im oberen Stock eines Büro-gebäudes leckte und Wasser in die darunter liegenden Bürosdrang, verbreitete sich dies in Maklerkreisen in Windeseile.

Diesen Bedenken widerspricht Ron Ostermann, Vorstand desVerbands Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen(VDF). In den vergangenen fünf Jahren sei die Insolvenzgefahrgesunken. Die Betreiber bringen mehr Fachwissen mit, seitüber zehn Jahren gibt es den Beruf der Fitnesskaufleute. AuchBanken, welche die Geräte per Leasingvertrag finanzieren,nehmen die Gründer genauer unter die Lupe. Denn der Ge-rätepark ist die größte Investition und liegt in mittelgroßenStudios bei 500.000 Euro. "Auch die Franchisegeber machenStandortanalysen und schauen sich ihre Franchisenehmergenau an", so Ostermann, der in Mecklenburg-Vorpommernvier Clubs betreibt.

Schnittmenge der Zielgruppen

Je nach Beitragshöhe unterscheiden sich auch die Standort- undFlächenanforderungen. In einem Fachmarktzentrum mit nied-rigpreisigen Textilisten und Lebensmitteldiscountern ist in derersten Etage besser ein Low-Budget-Fitnesssrudio aufgehoben.Im Gegensatz dazu ist im noblen Einkaufszentrum "My Zeil"in Frankfurt im obersten Stock ein hochwertiges Studio vonFitnessfirst zu finden. "Die Zielgruppen sollten identisch sein",bringt es Hidding von Aktiv-Consult auf den Punkt.

McFit & Co. geben sich mit einer Nutzfläche von 800 bis 2.000Quadratmeter zufrieden. Auch ehemaligen Industriehallen sinddie Betreiber nicht abgeneigt. Meistens haben sie kleinere

IMMOBILIE & WIRTSCHAFT

Das Nivea-Haus in Hamburg ist Flagshipstore und Day Spa in einem.

Dusch- und Umkleideräume, keine Räu-me für Kurse und geringere Ansprüchean die Lüftung, teils reichen ihnenmechanische Lüftungen beziehungs-weise eine Lüftung über Fenster. Wenn-gleich Berater Hidding einschränkt, dasssich McFit vom Makel des Schmuddel-kindes reinwaschen will und künftig eherhochwertige Flächen sucht.

Im mittleren Preissegment (Mitgliedsbei-trag 30 bis 50 Euro) werden Flächen zwi-schen 1.500 und 3.000 Quadratmeterngesucht; im Premiumsegment 3.500 bis5.500 Quadratmeter. Während es dieNutzer von Budgetstudios verzeihen,keine Pkw-Stellplätze zu haben, erwar-ten die Mitglieder von Prestigestudiossolche in ausreichender Zahl.

Auch die Mietvertragslaufzeiten unter-scheiden sich. Günstigbuden schließenin der Regel für fünf Jahre ab, im mittle-ren Segment wird für etwa zehn Jahreabgeschlossen und im Premiumbereichfür 15 bis 20 Jahre. In der Regel zahltder Vermieter die Umbaukosten, damit

24 AIZ I Das Immobilienmagazin lz12011

der Betreiber kein Kapital bindet und anweiteren Standorten expandieren kann.Diese Ausgaben addiert der Vermieterals so genannte Investitionsmiete vonzwei bis fünf Euro pro Quadratmeter zuder herkömmlichen Bruttorniete, soHidding. Die Investitionskosten für einPremiumstudio mit angeschlossenemWellness- und Massagebereich, das sichauf 3.500 Quadratmeter erstreckt, bezif-fert er auf acht bis neun Millionen Euro.

Als Standort für ein Studio kommenWohngebiete sowie Büroquartiere undEinkaufsstraßen in Frage. Entscheidendsind die Kaufkraftkennziffer, die bei Pre-miumstudios beispielsweise bei über 105liegen muss, sowie die Zahl der poten-ziellen Mitglieder, die das Studio inner-halb von fünf bis sieben Fahrminutenerreicht.

Egal ob Billigheimer oder Highend-Anbieter, alle wollen möglichst sichtbarund von der Straße aus gut erkennbarund auffindbar sein. Optimal sind Flä-chen, die sich auf nicht mehr als zwei

Etagen erstrecken. Zudem sollte dieDeckenhöhe bei mindestens drei Me-tern liegen.

Fitness- und Wellnessbetreiber alsNachnutzer denkbar

Fitness- und Wellnessbetreiber sindauch als Nachnutzer denkbar. In Kölnwurde ein ehemals städtisches Schwimm-bad in den Fitness- und WellnesstempelNeptunbad umgebaut. Im denkmalge-schützten Gebäude stehen im ehema-ligen Becken jetzt Fitnessgeräte. In Ber-lin wurde in der Nähe des Kurfürsten-damms ein ehemaliges Bürogebäudevon dem Betreiber Aspria in einen Ge-sundheitstempel mit 3.500 Quadratme-tern Nutzfläche umgebaut. Der Clubzählt über 6.000 Mitglieder und hat so-gar ein eigenes Angebot für Kinder undJugendliche mit 1.000 Mitgliedern. DasKonzept war so erfolgreich, dass nochein Hotel eröffnet wurde. Gesundheits-tempel und Hotel teilen sich Empfangs-bereich und Gastronomie. Laut Hid-ding ist der Unterschied beim Betrei-

--------------------------------------------------

't::o~.!l.l5

~------~----------------------~

ben beider Unternehmensarten nichtallzu groß.

Die Fitnessbranche macht mit demExpansionsdruck der Billiganbieter eineähnliche Entwicklung durch wie dieHotellerie, so Makler Scharf von PNBParibas Real Estate. Privatbetreiber verlie-ren, was die Zahl der Mitglieder angeht,immer mehr Kunden an die Ketten. Siekönnen es sich selten leisten, die neu es-ten Geräte zu kaufen und zahlreicheKurse anzubieten. Sie überleben am ehes-ten, wenn sie sich spezialisieren, etwa alsFrauen-, Pilates- oder YogastudiO. GuteChancen haben Studios in ländlichenRegionen, um die die meisten Ketteneinen Bogen machen. Optimalerweiseliegen diese am Rand von Gewerbe-gebieten, sind von der Straße aus gutsichtbar und verfügen einerseits überadäquat viele Parkplätze, sind aber auchmit Bus und Bahn erreichbar; Mitgliederaus den benachbarten Wohngebieten fin-den ebenfalls den Weg ins Studio. Inländlichen Regionen rekrutieren sich dieMitglieder aus einem Radius von etwa

In der Regel verfügen Day Spasüber eine Nutzfläche zwischen 300und 500 Quadratmetern. Lediglich

in Hotels verfügen sie übergrößere Flächen.

20 Minuten Fahrzeit, so die Erfahrungvon VDF-VorstandOstermann.

Day Spas konkurrieren mitWellness-Bereichen der Hotels

Die Betreiber von Wellness-Oasen müs-sen im Gegensatz zu Kraftbuden über-regionale Konkurrenz nicht fürchten.Fehlanzeige auch bei flächendeckendenKetten als Geschäftsmodelle - die meis-ten Anbieter sind lokal aufgestellt. Beider überregionalen Ausbreitung einzel-ner Marken und Konzepte handelt essich um Ausnahmen: So ist im RaumRhein-Neckar die Firma Pfitzenmeiermit zehn Niederlassungen vertreten,Meridian-Spa ist in Hamburg, Kiel undBerlin an insgesamt sieben Standortentätig. Bei diesen Anlagen ist die Grenz-ziehung allerdings schwierig, denn siebetreiben neben den Spa- auch Fitness-räume. Nivea hat in Berlin und Harn-burg Day Spas eröffnet, die vor allemaber als Flagshipstores konzipiert sind,die Parfümerie Douglas experimentiertan einigen Standorten ebenfalls mit

Spas. Dove plant in Sankt-Peter-Ordingeinen eigenen Wohlfühltempel.

Für Wellness-Anbieter ist die Visibilitätim Straßenbild noch wichtiger als fürFitnessstudios. Sie haben keine fest kal-kulierbaren Mitgliedsbeiträge, die auchdann fließen, wenn die guten Gesund-heitsvorsätze der Neumitglieder imWohnzimmersofa abtauchen, und müs-sen sich auf Laufkundschaft verlassen.Deshalb eröffnen die meisten Day Spasin innerstädtischen Lauflagen bezie-hungsweise in guten B-Lagen, die übereigene Parkplätze verfügen, ihre Pfor-ten. "In der Regel verfügen Day Spasüber eine Nutzfläche zwischen 300 und500 Quadratmetern. Lediglich in Hotelsverfügen diese über größere Flächen",erläutert Hildegard Dorn-Petersen, diefür den Bereich Hotellerie & Tourismusim Deutschen Wellness-Verband zustän-dig ist. Sie prognostiziert eine weitereZunahme der Day Spas und glaubt, dassin einigen Jahren jede Mittelstadt mitüber 100.000 Einwohnern ein Spa-Angebot haben wird. ß

AIZ I Das Immobilienmagazin 1212011 25