Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus...

12
Bruno Waldvogel-Frei Das Lächeln des Dalai Lama … und was dahinter steckt

Transcript of Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus...

Page 1: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Bruno Waldvogel-Frei

Das Lächelndes

Dalai Lama

… und was dahinter steckt

Page 2: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

© 2008 SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, WittenUmschlag: www.provinzglueck.comSatz: QuadroMedienService Bergisch Gladbach-BensbergDruck und Verarbeitung: CPI – Ebner & Spiegel, UlmISBN: 978-3-417-26253-7Bestell-Nr.: 226.253

Page 3: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

INHALT

Vorwort

Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen

I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung:Der tantrische BuddhismusDas Kernthema im tantrischen BuddhismusDie Frauen in der Sicht des historischen BuddhasDer lamaistische Buddhismus ist SexualmagieDie Sexualpartnerinnen im tantrischen BuddhismusDie Karma MudraDie Inana MudraDie Maha MudraDie DakiniDas tantrische FrauenopferDas Gesetz der UmkehrungDie ZwielichtspracheRitualmordDie Schutzgöttin des gegenwärtigen 14. Dalai LamaGötter und DämonenKaum Kritik im WestenDas Kalachakra-TantraPolitik und PazifismusDie Sache mit den MandalasJesus und der BuddhismusSchlussfolgerungen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

11

1515

1618

202124252627313334

3838404145525355

Page 4: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

II: Teil: Was Buddhismus-Kritikern vorgeworfen wirdDie Aussagen sind unseriös und unwissenschaftlichRanderscheinungen werden ins Zentrum gerücktDie Kritiker nehmen zu Unrecht Dinge wörtlichDer Westen mythologisiert Tibet, wie es gar nicht ist

III.Teil: Auf dem PrüfstandVerschiedene Stimmen zum ThemaFazit

Wie es seither weiterging – eine Art Epilog

Anhang – Interview mit Colin Goldner Interview mit Herbert Röttgen

Anmerkungen

. . . . . . . . . . . . . . .. . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57575862

64

7171

105

111

141146

148

Page 5: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Vorwort

Dies ist nun die dritte revidierte und erweiterte Auflage einesBuches, das eigentlich nie ein Buch werden sollte. Es hat so man-chen Wirbel ausgelöst, was verständlich und zugleich unverständ-lich ist.

Verständlich deswegen, weil noch immer ein großes Infor-mationsdefizit besteht. Denn einerseits wird in unseren westlichenMedien ein Dalai-Lama-Bild zelebriert, das sich an der Grenze zumKitsch bewegt. »Der Gott zum Anfassen« titelte zum Beispiel »DerSpiegel«.1 Der Dalai Lama, Friedensnobelpreis- und Hoffnungs-träger für Tibet – ein Mann, der dem mächtigen China zu wider-stehen wagt und sich unermüdlich für die Menschenrechte einsetzt.Ein gern gesehener, bescheidener Gast in Deutschland, Österreichund in der Schweiz. Warum sollte man etwas gegen diesen ewiglächelnden »Gottkönig« haben wollen? Wohl doch nur aus Neidund Missgunst! Verständlich, dass ein Buch wie dieses Ablehnungoder gar Empörung auslöst. Doch was in den Klatschspalten undJournalen zu lesen ist, sind in der Regel Abhandlungen, die sowenig mit der Realität zu tun haben wie Karl May mit der wirk-lichen Geschichte der Indianer. Dies also die verständliche Seite,warum es so viel Widerstand gegen das gegeben hat, was Sie geradelesen.

Unverständlich andererseits bleibt der Wirbel, weil es schon seitJahrzehnten eine reichhaltige Fachliteratur gibt. Literatur, in derrealistisch dargestellt wird, was im tibetischen Buddhismus wirklichSache ist. Zugegeben – wer mit dieser nüchternen Perspektive kon-frontiert wird, fällt im ersten Augenblick aus allen Wolken. Dennzwischen Propaganda und Realität klafft der berühmte »garstigeGraben« weit auseinander. Der Dalai Lama und der von ihm ver-tretene tibetische Buddhismus sind anders als das bisschen Mit-gefühl, Nirwana und Räucherstäbchen. Für viele Laien schockie-rend anders.

7

Page 6: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Es verwundert nicht, dass dieses Buch auf Widerstand undPolemik gestoßen ist – so nüchtern es die Dinge auch beim Namennennt. Ich habe, wie bereits gesagt, Verständnis dafür. Denn – ichgestehe es ein – meine eigenen Recherchen haben mich selbstüberrumpelt. Da tauchten Dinge auf, die ich nicht geahnt hatte.Aber fangen wir ganz vorne an. Was war der Auslöser für diesesBuch?

Blenden wir zurück. Meine Reise in die Welt der tibetischenRiten, Mandalas und Initiationen begann 2001. Als Abschluss einerTibet-Ausstellung in Basel fand am 2. Dezember 2001 die offizielleZerstörung des Kalachakra-Mandalas statt. Die Besucher hattenzuvor mehrere Tage lang die faszinierende Herstellung des aus Sandgestreuten geometrischen Bildes durch tibetische Mönche beobach-ten können.

Der Besuch des 14. Dalai Lama zur Eröffnung der Ausstellungwar unbestrittener Höhepunkt in der Stadt am Rheinknie gewesen.»Seine Heiligkeit« wurde mit großer medialer Begeisterung imBasler Münster begrüßt. Das dort geplante Podiumsgespräch zwi-schen christlichen und buddhistischen Geistlichen mündete letzt-lich in eine philosophisch-religiöse Belehrung durch den promi-nenten Gast.

Der Beobachter erlebte allerdings einen merkwürdig gehetztenDalai Lama. Nur flüchtig kommentierte er die Ausstellung undmeinte, dass man bei gewissen Dingen halt doch besser wegsehensollte. Das alles machte mich neugierig. Ich wollte wissen, worumes geht, und bohrte tiefer. Was ist der tibetische Buddhismus?

Zu meinem Erstaunen entdeckte ich, dass hinter den Kulissenseit Jahren eine breite, heftig geführte Debatte im Gange war. InMünchen hatte es bei der Ankunft des Dalai Lama lautstarkeProteste gegeben. Wie war das möglich? Offensichtlich ging es indiesen emotional und kontrovers geführten Debatten um mehr alsum Sandmandalas oder touristische Artikel aus Tibet.

In der Folge meiner Recherchen geriet ich – innerlich hin- undhergerissen – in ein komplexes religiöses Feld. Ich wurde neugierig:

Vorwort

8

Page 7: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Wie viel Wahrheit steckte in den unglaublichen »Enthüllungs-büchern« über den tibetischen Buddhismus? Die dort angeschnit-tenen Themen verfolgte ich in eigenständiger Recherche weiter.

Ich sage es noch einmal: ein Buch zu schreiben war zu keinemZeitpunkt meine Absicht. Ich bin in erster Linie Theologe, nichtTibetologe. Dass aus den Recherchen zuletzt doch ein Buch wurde,liegt daran, dass ich von verschiedensten Seiten ermutigt – ja, bei-nahe gedrängt – wurde, meine Einsichten als kritischen Beitragzum interreligiösen Dialog verfügbar zu machen.

Schon ein Jahr darauf, im Oktober 2002, fand in Graz ein europa-weit beachtetes Kalachakra-Ritual statt (zum Kalachakra sieheKapitel »Das Kalachakra-Tantra«). »Kalachakra for Worldpeace« ver-sprach einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung mensch-licher Friedenssehnsüchte. Tausende von Gästen aus dem In- undAusland wohnten der Veranstaltung bei. Der Dalai Lama leitete dieZeremonie. Graz war ein Höhepunkt der buddhistischen Initia-tionen (Einführungsriten und Belehrungen) in Europa. Dieses Buchlöste dann auch in Österreich einen ziemlichen Wirbel aus – dochdazu später.

Dem Drängen von Freunden, Bekannten und Buddhismus-Interessierten habe ich nun auch mit dieser dritten erweiterten Aus-gabe nachgegeben. Ich hoffe, sie eröffnet in verständlicher Weiseeinen ersten Zugang zu einem religiösen System, das kompliziert,archaisch und manchmal von erschreckender Brutalität geprägt ist.Es ist keine leichte Lektüre und braucht an gewissen Stellen guteNerven. Ich habe versucht, auf das Spektakuläre zu verzichten.Dennoch braucht es eine gewisse Deutlichkeit, müssen gewisseDinge beim Namen genannt werden um verstehen oder fragen zukönnen.

Weiterhin hoffe ich auch, dass das Buch nicht polemisch oderrespektlos geraten ist. Das Christentum musste lernen, sich mit demeigenen Schatten auseinanderzusetzen. Heute stellen wir nüchternfest, dass jede Religion ihre dunklen Seiten besitzt. Sie beimNamen zu nennen, ohne dabei den Respekt vor den Angehörigen

Vorwort

9

Page 8: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

dieser Religionen zu verlieren, ist eine Aufgabe, die sich meinemBuch stellt.

Für Buddhismus-Freunde wird es – das ist mir bewusst – den-noch ein Stein des Anstoßes bleiben. Immerhin hat es mitgeholfen,eine innerbuddhistische Diskussion auszulösen, die – allerdingsabgeschirmt von der Öffentlichkeit – noch nicht abgeschlossen ist.In diesem Buch werde ich auch bewusst immer wieder einmal voneiner christlichen Warte aus ethische und religiöse Anfragen stellen.Denn Dialog bedeutet auch, eigene Meinungen ins Gespräch zubringen. »Das Gute behaltet«, hatte einmal der christlicheMissionar und Apostel Paulus geschrieben. Ein Leitsatz, derBuddhisten durchaus vertraut sein sollte. Das wünsche ich allenLesern dieses Buches.

Basel im Juli 2008, Bruno Waldvogel-Frei

Vorwort

10

Page 9: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen

Der Buddhismus ist eine Trendreligion. Stichworte wie »Achtsam-keit« oder »Pazifismus« werden mit ihm assoziiert. Der 14. DalaiLama gilt in unseren Breitengraden als die Personifikation dieserEigenschaften. Der »einfache Mönch« aus dem Tibet fasziniert dieMassen. Schweizer Städte wie Basel oder Zürich verweisen mit gro-ßem Stolz darauf, ihn als Gast bei sich gehabt zu haben.

Unermüdlich redet der Dalai Lama über gegenseitigen religiösenRespekt und die Befreiung Tibets. Das Lachen ist sein Mar-kenzeichen. Tibet, der Inbegriff des verloren gegangenen Para-dieses, zerstört durch das grausame kommunistische RegimeChinas – ein Bild, das wir verinnerlicht haben. Kein Wunder, dasssich Tibet-Ausstellungen als Publikumsmagnet erweisen. Offen-sichtlich werden hier westliche Sehnsüchte und Projektionen be-rührt.

Dazu hat die Hollywood-Maschinerie verschiedenste Produk-tionen geliefert, die etwas von dieser Faszination zu transportierenwissen. Denken wir nur an Filme wie »Little Buddha«, »SiebenJahre in Tibet« oder »Kundun«. Der Mythos Tibet erhielt seit den1990er-Jahren einen neuen Aufschwung. Sein Motor sind vieleProminente, die sich öffentlich zum Buddhismus bekennen. Und,um ehrlich zu sein: Ist es nicht auch etwas schick, mit dem DalaiLama zusammen abgelichtet zu werden?

Zweifellos: die Tibeter hatten und haben es nicht einfach. Tibetwar über Jahrhunderte hinweg eine archaische Gesellschaft, ver-gleichbar mit dem europäischen Mittelalter. Viele Tibeter flüchte-ten ins Exil. Zahleiche von ihnen in die Schweiz, meine eigeneHeimat. Dabei wurden sie um ein paar Jahrhunderte nach vornekatapultiert. Als Folge davon leben sie in einer doppelten Span-nung. Einerseits tragen sie ihr eigenes uraltes religiöses Erbe in eineKultur hinein, die vom Christentum geprägt ist. Dabei treffen zwei

11

Page 10: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Kulturen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten.Das schafft eine Identitätskrise. Andererseits kommt ihnen im Exileine fast euphorische Buddhismus-Faszination entgegen, die vorallem von jenen intellektuellen Kreisen genährt wird, die sich ent-täuscht vom Christentum abgewendet haben. Sie haben in fremdenreligiösen Systemen gesucht und sind im tibetischen Buddhismusfündig geworden. Und wie das bei Konvertiten häufig der Fall ist,werden die dunklen Seiten der neu gefundenen Religion gerneübersehen oder bewusst ausgeblendet.

Westliche Aktivisten arbeiten an einem Tibet-Bild, das es so niegegeben hat. Eigentlich müssten die Tibeter selbstkritisch diesenKlischees entgegentreten. Das tun sie aber nicht oder nur sehrzögerlich. Verständlicherweise. Denn wer würde schon fremdeSympathien für die eigene Kultur verspielen wollen? Das geistlich-weltliche tibetische »Oberhaupt«, der 14. Dalai Lama, benutzt dieSympathien geschickt, um seine eigenen Ziele zu erreichen, dielängst nicht nur in der Befreiung von Tibet bestehen. Oberhauptmit Anführungszeichen geschrieben, weil diese Stellung innerhalbder tibetischen Religionskreise nicht unumstritten ist. Und erstrecht nicht im Buddhismus generell.

Es lohnt sich daher, einen Blick auf die Besonderheiten des tibe-tischen Buddhismus zu richten. Als christlicher Theologe habe ichmich im Rahmen meines Studiums natürlich auch mit dem Bud-dhismus auseinandergesetzt. Aber Buddhismus ist nicht gleichBuddhismus – so banal das klingt, so wichtig ist diese Feststellung.Dahinter steckt eine lange und komplizierte Geschichte. Es gibt –grob gesagt – drei verschiedene Richtungen innerhalb dieserReligion.

Das Kleine Fahrzeug – Hinayana – vertritt eine Weltsicht, in derdas Dasein hauptsächlich negativ bewertet wird. Durch Askese,Meditation und rechtes Handeln überwindet der Gläubige die Welt,indem er erkennt, dass die irdischen Phänomene wesenlos, ver-gänglich und leidvoll sind – Trugbilder letztlich. Der Mensch undseine Entleerung durch die Askese stehen hier im Zentrum.

Der Tibetische Buddhismus – Ein Eigenständiges Phänomen

12

Page 11: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

Das Große Fahrzeug – Mahayana – erweitert die ursprünglicheLehre durch später hinzugekommene Ideen. Der Mahayana-Bud-dhismus wertet die Welt positiver und sieht sie als eine Aus-drucksform des All-Geistes. Er rechnet damit, dass viele Wesenbefähigt werden, nicht nur für sich selber, sondern auch für andereeine Erlösung zu schaffen, und zwar als Bodhisattva. Ein Bodhisattvaist ein noch nicht vollendeter Buddha, der auf seine Vollendungverzichtet, um den Menschen durch sein Wissen zu helfen. Darumspielen hier vermittelnde Mächte, Götter und Dämonen (letztlichalles Ausdrucksformen des Buddhas) eine wichtige Rolle. Histo-risch gesehen war das Große Fahrzeug der Durchbruch zur Welt-mission. Denn von nun an konnte der Buddhismus verschiedenstereligiöse Strömungen (auch Natur- und Dämonenreligionen) inte-grieren, indem er sie einfach umdeutete und zuletzt auflöste. DieMenschen konnten nun Buddhisten werden und zugleich weiterhinihren eigenen alten Göttern huldigen. Denn was spielte es für daseinfache Volk schon für eine Rolle, wer nun wem untergeordnet waroder zu welchem geistig-spirituellen Aspekt gezählt wurde?Hauptsache die alten Traditionen konnten fortbestehen. Da gewis-se buddhistische Systeme ohnehin unendlich kompliziert undmühselig sind, feierten die alten Götter und Dämonen fröhlicheUmstände.

Auch in der christlichen Missionsgeschichte sind derartige Phä-nomene bekannt. Typische Beispiele sind der Macumba- oder derVoodoo-Kult, die zwar oberflächlich durch das Christentum ersetztwurden, unter der Oberfläche aber ihre Eigendynamik beibehaltenhaben. Zugunsten der Einverleibung lokaler Volksgruppen insChristentum wurden deren magische Systeme nie wirklich über-wunden – bestenfalls integriert oder uminterpretiert.

Und schließlich – das ist für unsere Betrachtung wichtig – bildetsich aus der Synthese von spätem Mahayana und magisch-eroti-schen Praktiken der sogenannte Vajrayana-Buddhismus – auchDiamant-Fahrzeug oder Tantrayana genannt. Genau hier ist dertibetische Buddhismus beheimatet, eine besondere und im Bud-

Der Tibetische Buddhismus – Ein Eigenständiges Phänomen

13

Page 12: Das Lächeln des Dalai Lama - SCM Shop · PDF fileINHALT Vorwort Der Tibetische Buddhismus – ein eigenständiges Phänomen I. Teil: Ein schneller Weg zur Erlösung: Der tantrische

dhismus generell sehr umstrittene Variante. Zaubersilben und Zau-bergeräte spielen eine wichtige Rolle. Aber auch Sexualmagie undAlchemie sind bedeutsame Elemente.

Als der Buddhismus in das Gebiet Tibets vordringt, stößt er aufdie Bön-Religion, eine uralte, archaische und zum Teil sehr grau-same Dämonen-Religion. Wie überall gelingt es durch geschickteIntegration (durch den ersten Buddhismus-Missionar Padmasamb-hava, buddh. »Rinpoche«), diese Bön-Religion zu absorbieren. Diefurchtbaren Götter werden zu Vorstufen Buddhas erklärt und alsBeschützer in das buddhistische Pantheon eingereiht. Aber unterder buddhistischen Oberfläche leben und wirken diese Götter undRiten weiter.

Tibet erlebt zwei buddhistische Missionierungswellen. Darausentstehen verschiedene Sekten, die sich bis heute zum Teil erbittertbekämpfen. Dies sind zum einen die Nyingmapa oder »Rotmützen«-Mönche, die eine rote Mütze tragen und sich auch die »Schule derAlten« nennen. Daneben gibt es die Richtung der Kagyüpa, diedurch die mündliche Überlieferung geprägt ist. Der Lehrer oderMeister spielt in dieser Überlieferungslinie die zentrale Rolle. DieseLinie wurde später in langwierigen Religionskriegen von denGelugpa, den sogenannten »Gelbmützen« unterworfen. Dieser Rich-tung gehört der Dalai Lama an, der auch den Kagyüpa vorsteht.

Der Tibetische Buddhismus – Ein Eigenständiges Phänomen

14