Das lebendige Wort - Band 02 - Abraham, Isaak, Jakob

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Jako b Kroeker ABRAHAM ISAAK JAKOB .Mose 12-50

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Jakob K roeke r

A B R A H A MI S A A K

J A K O B.Mose 1 2 - 5 0

_ DASLEBENDIGEW O R T _

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Jakob KroekerAbraham - Isaak - Jakob

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Jakob Kroeker/Hans Brandenburg

Das lebendige WortEine Einführung in diegöttlichen Gedankengänge und

Lebensprinzipiendes Alten Testaments

Insgesamt 3992 Seiten. Kartoniert

Band 1 Schöpfung - Noah (1 . Mose 1-11)

Band 2 Abraham - Isaak - Jakob (1. Mose 12-50)Band 3 Israel(2.-5.Mose / Josua / Richter / Samuel / Könige)Band 4 Arnos und HoseaBand 5 Jesaja I (Jesaja 1-39)Band 6 Jesaja II (Jesaja 40-66)

Band 7 JeremiaBand 8 HesekielBand 9 DanielBand 10 Die kleinen Propheten I

(Joel / Obadja / Jona / Micha / N ahum / Habakuk / Ze

Band 11 Die kleinen Propheten II(Haggai / Sacharja / Maleachi mit Esra und Nehemia)

Band 12 Das Buch HiobBand 13 Die Psalmen I (Psalm 1-72)Band 14 Die Psalmen II (Psalm 73-150)

Band 15 Sprüche, Prediger und Hohelied

Jeder Band ist in sich abgeschlossen und kann auch einzeln werden.

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Jakob Kroeker

Abraham - IsaakJakoboder

Die Grundlagen des Glaubens

1. Mose 12-50

BRUNNEN VERLAG• GIESSEN/BASEL

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Das lebendige Wort, Band 2

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Kroeker, Jakob:Abraham - Isaak - Jakob

oder die Grundlagen des Glaubens :1. Mose 12-50 / Jakob Kroeker. -

6. Aufl. - Giessen ; Basel : Brunnen-Verl. ;Bad Liebenzell : VLM, 1989(Das lebendige Wort ; Bd. 2)

ISBN 3-7655-5402-2 (Brunnen-Verl.) kart.ISBN 3-88002-202-X (VLM) kart.ISBN 3-7655-5400-6 (Gesamtw.)

6. Auflage 1989

© 1959 Brunnen Verlag GießenHerstellung: St.-Johannis-Druckerei, Lahr

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INHALTSVERZEICHNIS

Aus dem Vorwort zuri . und 2. Auflage 8

Vorwort zu r 3. Auflage 10

I . D ie A n f ä n g eder Pa t r ia rchen- oder Väte rgesch ich te. . . . 11

1. Die Grundhaltung der biblisdien Überlieferung 11

2. Das Bleibende in der Vätergesdüdite 18

II . A b r a m u n dse in e G lau be ns en t sc he id un ge n (1 . Mose 12,1—25,18)25

1. Die göttlidie Berufung und das Geheimnis des Auszuges(1. Mose 12,1—3) 25a) Gott der Berufende und seine Selbstoffenbarung 26b) Abram der Berufene und seine Glaubensentsdieidung. . . . 31c) Gottes „Idi will" und sein Verheißungswort 34

2. Mit Gott allein und der Glaubensgehorsam(1. Mose12,4—9) . . 363. Die Dürre im Lande und die Versud iungsstunde(1.Mose 12,10—20)44

a) Die Dürre wurde zur Versudiung. 44b) Abram wird sdiwadi im Glauben 46c) Gott wadite über Abram 49

4. Die Trenn ung von Lot und des Glaubens Bew ährung(1. Mose 13) . 52a) Der Streit unter Brüdern. 52b) Die Wahl Lots 55c) Abrams Reditfertigung 56

5. Der Kampf der Weltmädite und neue Glaubensgefahren(1.Mose 14) 59a) Die Völker unter sidi 59b) Lots Verwicklungen 62c) Abrams kühne Glaubenstat 64d) Die Begegnung mit Meldiisedek 67e) „Audi nidit einen Sdvuhriemen!" 70

6. Durdi Offenbarung zur Glaubensgereditigkeit(1.Mose 15,1—6) . 72a) Die neue Gottesverheißung 73b) Abrams Glaubensgereditigkeit 77

7. Gottes Bundessdiluß mit Abram(1. Mose 15, 7—21) 82a) Abrams Frage an Gott 82b) Der göttlidie Auftrag 84c) Die Deutung des Bundessdilusses 87

8. Die Spannung zwisdien Verheißung und Erfüllung(1. Mose 16) . 90a) Das Versagen Sarais 92

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b) Die G e b u r t I s m a e l s 93c ) H a g a rin der W ü s t e . . . . . . 95

9. „Ichbin El»Schaddai!" (1. Mose 17) 99a) Das Schweigen Gottes 99

b) Die neue Gottesoffenbarung 102c) Der erneute Verheißungsbund 103d) Das Bundeszeichen 107e) Die Bundesverheißung 110

10. Abrahams beginnende Glaubensverheißung(1.Mose 18) . . . . 114a) Die Glaubenswelt Abrahams 114b) Die Welt Sodoms 118c) Abrahams priesterliche Fürbitte 121

11. Lots Rettungund Sodoms Gericht(i . Mose 19) 126a) Lots Sitzenim Tore Sodoms 127b) Sodoms Verhaltenden Fremden gegenüber 129c) Lots Rettung 132d) Das Schicksalvon Lots Weib 134

12. Die Geburt Isaaks (1. Mose 20,1—21,21) 136a) Abrahams Versagenin Gerar 136b) Endlichder Erbe! . . . 138c) Ismaels Ausstoßung 142

13. Abimelechs Bundmit Abraham(1.Mose 21,22—34) 147a) Das Bekenntnis Abimelechs . . . . . .147b) Der Bundesschluß 349c) Abrahamsneu gewonnene Gotteserkenntnis 152

14. Der Opferwegdes Glaubens(1. Mose 22,1—19) 156a) Des Glaubens schwerste Prüfungsstunde 156

b) Im Glaubensgehorsam nach Morija 16215. Das Abendrotdes Glaubenslebens (1 . Mose 23,1— 25,18). . . . 167

a) Der Tod Sarahs 168b) Abrahams hohes Alter 172c) Die Mission Eliesers 174d) Abrahams zweiteEhe und Tod 177

III. Isaak oder der Segen der Verheißung und der Kindschaft

(1.Mose 25,19—27,40) 1801. Isaak und seine zwei Söhne (1.Mose 25,19—34) 1 ^°

a) Isaaks selbständiges Glaubensleben 181b) Esaus und Jakobs Geburt 184c) Der Handel um die Erstgeburt 188

2. Gottes Warnung in der Versuchungsstunde(1.Mose 26, 1—11.34; 36) 189a) Die Hungersnot im Südlande 190b) Isaaks Niederlage in Gerar 193c) Esaus Heirat und seine Geschlechter 195

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3- I s aa k , d e r G e s e g n et e d es H e r r n ( 1 . M o s e 2 6 , 1 2 — 3 3 ; 2 7) . . . . a ) D ie E i fe rsuch t der Ph i l i s te r 198b) I s aak s egn e t s e ine be id en Sö hne 201

IV. Jakob und se ine Sohne(1 . Mose 28—50) 2061. Jakobs Flu dn nach Aram (1 . Mose 28) 20

a) Jakobs dunkle Erlebnisse im Elternhause 2b) Jakobs Offenbarungstraum auf der Landstraße 2

2. Jakobs Dienst bei Laban (1 . Mose 29—31) 2a) Der Dienst um Labans Töchter 212b) Der Kindersegen Jakobs •. 214c) Die Auseinandersetzun gen m it Laban •. . . 2

3. Jakobs Versöhnung mit Esau(1. Mose 32 un d 33) 220a) Esaus bewaffneter Aufzug 221b) Jakobs Kampf in Pniel 222c) Die A ussöh nung der beiden Brüder 22

4. Jakobs Kummer in Sichern(1. Mose 34 und35) 226a) D ie En tehrung Dinas 226b) Das Blutbad der Söhne Jakobs 229

c) Benjamins Geburt un d Raheis Tod 23d) Isaaks Tod un d Begräbnis 232

5. Jakobs Lieblingssohn Joseph(1.Mose 37 ; 39—41) 233a) Josephs Leidensweg un ter seinen Brüdern 2b) Josephs Leidensweg in Ägyp ten 23c) Josephs Erh öhu ng zum Retter Ägyp tens 2

6. Jakobs Zug nach Ägypten(1.Mose 45—50) 242a) Die Aufnahm e im Lande Gosen 24b) Jakobs Segen für die Söhne Josephs 24c) Jakobs Segen für seine Söhne . . . 24d) Jakobs Tod un d Begräbnis 255

Literaturnachweis 256

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Aus dem Vorwort zur 1. und2.AuflageIm Vergleich zu der ersten Auflage ist in der zweiten manches

arbeitet worden. Noch stärker habe ich bei der Formulierung unddes biblischen Geschichtsstoffes hervorzuheben versucht,daß esder KircheJesu Christi in ihrem Ringen um das Offenbarungsgut des AltenTesta*ments nicht um eineRechtsprechung des semitischen Menschen, sondeum einglaubensvolles Erkennen Gottes geht.Sie will Gott in der Glaubensführung der alttestamentlichen Glaubensväter sehen, um siceignen Glaubensstellung, in die sie sich durch Christus berufeklarer zu verstehen. Wo immer Gott handelte, im Verlauf der Jsende innerhalb der Geschichte sichtbar wurde, da enthüllten Offenbarungskräfte, die sie um ihrer selbst willen nie mehr aufgedarf.Sie will heute Gott reden hören, wie er einst redete, will Gott sehen, wie er einst im Leben bestimmter Personen oder in der G

eines Volkes handelte.Es ist nicht etwa Leidenschaft, wenn sie eine bewußt starke lehnende Glaubenshaltung allen denen gegenüber einnimmt,die ihrent*weder inwissenschaftlicher oder aber inweltanschaulicher Weise daOffenbarungsgut des Alten Testaments nehmen wollen.Zu lange und zuoft hat auch sie den Menschen gehört. Sie will wieder Gott höwill ihn neu hören, sowohl aus unserem alttestamentlichen wie nmentlichen Kanon. Inhalt dieses Bandes bilden die Erzählungendrei Patriarchen Abraham, Isaak, Jakob und dessen Söhnen. Hädurch Offenbarung nicht Unvergängliches in das Leben dieser hineingetragen, nie hätte die spätere Geschichte, wenn sie das EiSegnen, Erlösen Gottes im Leben eines Menschen ausdrücken woals den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bezeichnet.EinGottesbild, wiees im Lebendieser dreiPersönlichkeiten sichtbar werden konnte, ist nidie Schöpfung religiöserLegendenbildung. Gott sprach, und der Menwurde durch ein Leben des Glaubens und der Hingabe an das SGottes zu einem Gefäß der Offenbarung, in dem durch die Jahrhindurch die Züge Gottes lebendig geblieben sind.

Oder sind, als der Sohn kam, um den Vater zu offenbaren, ddes Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs wesentlich verschoben Sah sich etwa Paulus genötigt, durch sein Christusevangelium JuGriechen dem Wesen nach ein anderes Gottesbild zu geben? Ist nic

hin durch Jesus und Paulus die Gotteswirklichkeit bestätigt, ergvervollständigt worden, wie sie bereits von den Patriarchen erleb

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Gewiß, den Vater haben auch die Patriarchen uns nicht geben könner uns gegeben worden ist durch Jesus Christus. Auch sie konntnur insoweit sehen, als er sich ihnen als der Gott ihres Heils unZukunft offenbaren konnte.

Soll doch die Vergangenheit mit ihrem Gotteszeugnis zu unsso muß sie für uns aufhören, nur noch Vergangenheit zu sein. Dadie Geschichte festgehaltene Gottesbild muß wieder ebenso zu einebarung der Gegenwart werden. Erst dann erlebt der Glaube ihrund Wirkung, wie die Apostel, Propheten und Patriarchen sie eGeschieht das nicht, so bleibt auch die Offenbarung nur Geschichört auf, Offenbarung zu sein.

Die Geschichte gehört jedoch dem Historiker. Er darf auf Wissenlicher Grundlage und nach wissenschaftlichen Methoden nur dienenten und innerweltlichen Geschichtsfaktoren anerkennen. Gottden Historiker kein wissenschaftliches Erklärungsobjekt. Auch dgionshistoriker hat, wenn er die Entstehung des urzeitlichen Glaubegreifen sucht, seine Aufgabe innerhalb der psychologischen Mkeiten der damaligen Menschen zu lösen. Die Aufgabe der Kircjedoch auf einer ganz anderen Ebene. Auch ihr ist die Geschichte aber in erster Linie nur insoweit, als sie in ihrer Vergangenheit Tder göttlichen Offenbarung war. Der Glaube der Gemeinde sucht der Heiligen Schrift nach jenen Persönlichkeiten, die auf Grund ihgangs mit Gott zu Zeugen der göttlichen Offenbarung wurden. sie heraus aus ihrer Geschichtlichkeit, versetzt sie ins Übergeschund hört sie auch heute zu sich reden. Sie sind ihm Typen, die ihdas durch Offenbarung zu werden, was sie auf Grund dieser ewige

werden konnten.Um das Wort der Vergangenheit so gegenwartsnah wie möglgestalten, habe ich mich nichtder Allegorie,sondern derAnalogieals Die=nerin des Ewigen bedient. Unvergleichlich schön hat dies Jesus iGleichnisreden getan. Zwar kann auch die Allegorie dienen, wMagd und nicht Herrin der Offenbarung sein will, wie Paulus wunderbar in seinen Briefen gezeigt hat.

Ich schließe mich im wesentlichen dem Text der neuen ZüricheSetzung an. Die eingesehene und benutzte Literatur ist auch in Bande wieder genannt.

Möchten alle, die sich auch heute beim Lesen und Forschen Heiligen Schrift darnach sehnen, Gottes Herrlichkeit in den vielfagessenen Persönlichkeiten und Ereignissen der biblischen Verganzu sehen, ganz neu zu dem Johanneischen Bekenntnis gelangensahen seine Herrlichkeit"! Mit diesem Wunsche grüße ich alle, din dem Inhalt dieser vergänglichen Blätter Ewiges suchen werden.

Der Verfasser

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Vorwort zur3.AuflageDie heutige Theologie beschäftigt sich viel mit der hermeneu

Frage, d. h. mit der Frage, wie die biblischen Berichte und Wortnur zeitgeschichtlich zu verstehen sind, sondern auch ihre Anwfür den Bibelleser und in der Predigt finden. Besonders für die Gesdes Alten Testaments ist diese Aufgabe nicht einfach. Weder wolPatriarchen, etwa Abraham oder Jakob, uns Vorbilder ihrer Fröm

oder ihres Ethos sein, noch dürfen diese Erzählungen in AllegorFabeln aufgelöst werden.Jakob Kroeker war ein Meister der Hermeneutik für das Alte

ment. Er hat die Geschichten Abrahams, Isaaks, Jakobs und JosepLeser nicht nur in einzigartiger Weise lebendig gemacht, sonderihre Offenbarungskraft für das eigene Glaubensleben in praktischeauf. Viele Leser haben ihm dafür gedankt.

Auch bei dieser Neuauflage ging es nicht um eine Überarbeituursprünglichen Textes. Eine gewisse Glättung des Stils der ersten hat der heimgegangene Verfasser noch selbst vorgenommen. GStreichungen betrafen auch in diesem Bande nur einige wissenschFußnoten und Zitate.

Unser Wunsch ist, daß viele Leser auch dieses Bandes von KBibelwerk durch die Anleitung, die sie hier finden, ein neu geöOhr für die Sprache der Offenbarung Gottes bekommen. Die Ge

unserer Zeit hat es sehr nötig, durch all den Lärm der Welt den RGottes und Erlösers zu vernehmen und zu verstehen. „Wer Ohrenhören, der höre!"

Korntal, Januar 1959Lie. Hans Brandenburg

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I. Die Anfänge der Patriarchen- oder Vätergeschic

„Und dies sind die Nachkommen Tharahs: Tharah zeugAbraham, den Nahor und den Haran; und Haran zeug

Lot. Haran aber starb bei Lebzeiten seines Vaters Thaseiner Heimat zu Ur in Chaldäa." 1. Mose11,27 ff.

1. Die Grundhaltung der biblisdien ÜberlieferungDie Heilige Schrift denkt in Zeitaltern. Sie denkt aber

daran, das Weltgeschehen eines Zeitalters in all seinen Einzeund Zusammenhängen zu erzählen. Das kann sie nicht. Sie aber auch nicht; denn sie hat eine weit höhere Mission.Sie will nichtHistorikerin, in ihrem Inhalt keine Weltgeschichte sein.Das heißtaber nicht, daß sie unhistorisch sein wolle. Die Bibel weiß, geschichtsloses Denken ein gottloses Denken wäre. In jedemalter weiß die Schrift von Personen und Ereignissen, vonihr gilt:„Als die Zeit erfüllet war."Das Zeitgeschehen mit seine

Einzelheiten ist ihr kein wildes Spiel unberechenbarer Kräfsieht in ihm den Ausdruck von Gottes souveränem Walten halb der Geschichte. Daher will sie weder dichten, noch wetwa aus den zahlreichen überlieferten Sagenstoffen eine reGeschichte konstruieren. Bewußt sollen ihr geschichtliche personen, bestimmte Zeitereignisse, herrschende Vorstellung

ringendes Völkerleben insoweit dienen, als es ihr zur Erreihrer höheren Aufgabe nötig erscheint. Sie sind ihr das zeParadigma, auf das sie blitzartig das Licht der Ewigkeit fall

Das gilt auch von den Vätergeschichten. Durch sie will sspäteren Völkern immer wieder sagen, daß Israel allein durcund seine Offenbarung einen Anfang, eine Gegenwart unZukunft empfangen hat. Haben wir doch im Alten Testameganz eigenartige Erscheinung,daß all ihre Geschichtsberichte iirgendeiner Beziehung zu Gott stehen.Die Geschichtsereignisse deBibel sind von Persönlichkeiten festgehalten worden, die indarum rangen, in allem Weltgeschehen letzthin Gott zu sehwollten ihn sehen in seinem souveränen Handeln, in seinem ten Urteil und in seinen heiligen Zielen. Die Männer, die de

Schichtsstoff sammelten und prophetisch deuteten, wußten etw

t l

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Gott, wie er sich in Gericht und Gnade zum Heile einzelnder Völker offenbarte. Nur von Gott aus erhielten für sie MeVölker, Ereignisse und Geschichte einen höheren Sinn. Gotihnen in ihrem Handeln und Bestehen eine zeitliche Grenze.es, der sie zwang, seinen göttlichen Heilsabsichten zu dienen

Die Verfasser des Alten Testaments fragten daher wenigeEinzelheiten, z. B. im Leben eines Nimrod, eines Pharao, einherib,eines Nebukadnezar oder eines Artaxerxes.Das Licht/das vonGott her auf diese großen Träger der alten Geschichte fiel, wviel wichtiger alsdie Personenselbst. Diese bildeten für sie zw

den geschichtlichen Raum,innerhalb dieses Raumes war ihnen abdas Handeln Gottes das Entscheidende.Mitten im wilden Ringedes Völkerlebens, mitten in einer vor dem Tode sich retten den und doch sterbenden Welt, mitten in allem Irren, FLästern, Wehklagen der Menschheit wollten sie Gott in seinevität schauen. Sie wollten ihn erkennen, wie er zwar die Sün

den Tod verneint, den Menschen aber als sein Geschöpf uEbenbild bejaht und erlöst.In dieser ihrer Einstellung will die Bibel mithin keine Gesc

philosophie sein.Sie beansprucht aber, auf Grund prophetiscGeschichtsschau als Geschichtsdeutung bewertet zu werden.Sie willnicht geschichtsphilosophisch spekulieren, sie läßt aber Gotund urteilen über Menschen, Völker und Geschichte. Schlicgedrückt:.sie beansprucht, göttliche Offenbarung zu sein.Als gött=liehe Offenbarung beansprucht sie daher, letzte Autorität zIn ihrer Autorität erkühnt sie sich, Gottes Urteil auf alle Autder Geschichte fallen zu lassen. Sie schrickt vor menschlichen vor herrschenden Zuständen, vor alten Überlieferungen nicrück. Offen spricht sie aus, was Gott in seinem Wort über szusagen hat.

Dieser starken Betonung Gottes will besonders auch dierung der Vätergeschichte dienen. Manches hat in der Vergandie Kirche durch ihre Lehre und ihren Dienst dazu beigetragman heute das Alte Testament als Wort Gottes so stark anzuwagt. Die Kirche lebte in ihrer Frömmigkeit und Verkündig

weit mehr in den angeblichen Vorbildern als im Geiste und

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Kraft des Gottes, der in seiner Offenbarung und Barmherbestimmte Typen des Glaubensschuf. Der Glaube Abramsstandihr weit näher und war ihr weit vertrauter alsder Glauben schaffendGott Abrahams.In dieser Frömmigkeit bewunderte man Jakoden Erwählten und Joseph als den unschuldig Leidenden. AJünger Jesu nahm man oft keinen Anstoß daran,die einseitige undmenschliche — oft allzu menschliche— Frömmigkeit der alttestamenliehen Personen zu idealisieren,die Träger der göttlichen Offebarung fast ins Übermenschliche zu erheben. Allzuoft vergadaß auch der Prophet nur ein Mensch war wie wir.

Damit soll jedoch nicht gesagt werden, daß es falsch wandiesen besonders von Gott begnadeten Menschen zu zeigenGottes Barmherzigkeit aus seinem gefallenen Ebenbilde zu mvermag.Unsere Zeit zwingt uns aber zu einer heiligeren Besizu einer tieferen Erkenntnis der alttestamentlichen Offenbarschichte. Tiefer soll uns erschlossen werden, daß sie uns ni

frommen Menschenerzählen will. Sie willGott bezeugen,der Men=sehen, wie wir es sind, so zu begnadigen vermag, daß sie ihrem Leben und Dienen an ihn gebunden wissen.Die Offenbarungs=geschickte will geschichtliche Heilsbotschaft sein auf Grundlicher Heilsoffenbarung.Gott, nicht der fromme Mensch steht miim Mittelpunkt auch der Patriarchenerzählungen. Nicht in

Linie der Glaube, die Offenbarung in ihren Kräften und Wisoll uns bei ihrem Lesen erfüllen. Nicht einmalVorbilderkönnenuns die großen Väter der Vergangenheit sein. Ein Vorbildimmer voraus, daß im andern die Kräfte vorhanden sind, duer sich nach seinem Vorbilde zu bilden vermag. Nun verfükein Mensch in sich über die Kräfte und Energien, um von ebenfalls ein Leben des Glaubens zu führen, wie ein Abram eDie Glaubensväter können mithin nurTypen sein, die Jahrtausendhindurch bezeugen, welch ein Leben des Glaubens Gott durWort und seinen Geist in denen wirken kann, die ihm ver

Nicht an Abrahams Glauben glauben wir.Wir schämen unszwar dessen nicht, daß Abraham in der Heiligen Schrift dedes Glaubens genannt wird. Er ist aber nicht in dem Sinndes Glaubens, als ob sein Glaube die Vaterschaft besäße, f

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fort einen ihm verwandten Glauben zeugen zu können.Wir glaubenaber an den Gott Abrahams.Er vermag durch sein Wort auch heGlauben zu erwecken. Unser Leben wird ebenfalls einen pliehen Glaubensinhalt, eine bestimmte Glaubensaufgabe ugöttliches Glaubensziel gewinnen, die dem Wesen und demnach ganz verwandt denen eines Abraham sein werden, sobuns vertrauensvoll dem Gott hingeben, durch den Abrahamsegnen, bestimmen und leiten ließ.

In solcher Erkenntnis kommt die Kirche dann mehr undlos von heiligen Personen. Sie gelangt wieder zu dem sie

digenden und heiligenden Herrn selbst. Ihr Zeugnis von frPersonen, geweihten Orten , Heil vermittelnden Dingen verfängvielfach nicht mehr. Die Welt ist sehend geworden. Sie hat Hturner entweiht, Klöster zerschlagen, Reliquien zum GelächMassen gemacht, in ihnen aber nirgends Gott gesehen. Sie ejedoch und erwachte immer wieder in ihrem Gewissen, weMenschen begegnete,die in ihrem Reden oder Schweigen, in ihrDienen oder Kämpfen, in ihrem Leiden oder Sterben Gott in Wirklichkeit, Majestät und Offenbarung bejahten.Es ist erstaunlich,wie klar unsere heutige Zeit erkennt, inwieweit die Kirche inschriftlichen Bekenntnis und in ihrem mündlichen ZeugndasMenschliche vergöttlichtoder aberdas Göttliche vermenschlicht.Ihrbleibt völlig unverständlich, wie Gott von der Schrift oder duKirche Dinge zugeschrieben werden können, die zwar noch imeines Menschen, nie jedoch im Bilde Gottes verstanden wkönnen. Gibt es einen Gott, dann muß er wirklich auchGott sein,d. h. in seinem Wesen jenseits von allem Menschlichen undVergänglichen stehen. Unsere Zeit verwirft jede Gotteswirkliin die man das Bild des Menschen hineingetragen hat.

Nun ist aber auch von den alttestamentlichen Frommen oMenschliche in das Bild Gottes hineingetragen worden, weGott zu bezeugen suchten. Auch die Menschen des Alten Testkonnten nur insoweit von der wahren Gotteswirklichkeit redsie sich ihnen erschlossen hatte. Sie konnten zwar Empfänger, niemals Schöpfer der Offenbarung sein. Nicht etwa der Glau

Patriarchen schuf sich auf Grund frommer Reflexion einen 14

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barungsgott. Der Gott der Offenbarung schuf sich aber inVätern des Glaubens menschliche Träger und Zeugen seinerliehen Offenbarung. Das konnte Gott aber nur insoweit tun, aMensch Gott an seiner Offenbarung zu erkennen vermochtedies zur Knechtschaft der alttestamentlichen Offenbarung gverstehen manche aber nicht.

Damit nun die Knechtsgestalt der Offenbarung nicht mitOffenbarung selbst verwechseltwird, darf sie nicht vergöttlichtwer=den.Sonst strandet der Mensch am Buchstaben, er verliert den dig machenden Geist. Es muß daher immer wieder gesagt wdaß Gott auch in seiner Erwählung dem Menschen schlechthihört, nicht etwa dem israelitischen Menschen allein. Wenn GoLauf der Geschichte zunächst auch an einem Volke zu zeigen wozu er es erwählen und berufen wollte, so geschah dies jallein mit dem Ziel, daß auch die anderen Völker sich zu derGnade und Glaubensstellung vor Gott berufen wissen solltenDenn

Gott ist in seiner Erwählung und Berufung völkerumspannendDie Kirche in ihrem innersten Wesen steht und fällt mit ChriEr ist ihr Haupt, der Inhalt ihres Glaubens, die Quelle ihrer das Ziel ihrer Hoffnung. Wie ein Staat ohne Regierung nicht bar ist, so ist noch viel weniger die Kirche denkbar ohne ChEr steht mithin auch hinter der Mission und dem Zeugnis der Sie bleibt Zeugin seines Kreuzes, seiner Auferstehung, seinesstertums und seiner Wiederkunft. Schweigt sie, dann zerbricRedet sie, so sieht sie sich gerechtfertigt. Nicht sie, der Herr berufen, seine Zeugin bis an die Enden der Erde und bis zurendung der Zeitalter zu sein.

Es ist hier nun nicht der Raum, auf die Knechtsgestalt derligen Schrift näher einzugehen. Sie weiß von einem geschichEntstehen jedes einzelnen Buches. Sie nennt uns jene Menschunter der Einwirkung Gottes entweder nur gesprochen odeauch geschrieben haben. Sie redet von jenen Zeitaltern, wo dader Offenbarung nur durch mündliche Tradition oder aber autafeln, auf Papyrusstreifen oder auf Pergamentrollen weitergwerden konnte. Sie kennt die Versuche, durch die zunächst ei

Bücher auf Grund mündlicher Überlieferungen oder schrif15

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Aufzeichnung zusammengestellt wurden. Ihr ist nicht unbekasolch eine Zusammenstellung der verschiedenen Bücher ztestamentlichen Kanon erst im Laufe von Jahrhunderten vowerden konnte. Die Texte der einzelnen Bücher verraten ihkein einziges Buch uns in seinem ursprünglichen Textzustahalten geblieben ist. Nicht selten ist der Urtext beim Abscverstümmelt oder aber in seinem Inhalt unverständlich übeworden.All dies gehört mit zur Knechtsgestalt der Heiligen Sc

Den Menschen blieb aber in jedem Zeitalter die Freiheit,Knechtsgestalt der Bibel gegenüber eine verschiedene Stellung

nehmen.Unendlich viele zerbrachen innerlich an solch einer Kngestalt der Schrift.Ihr Glaube an das Wort Gottes erlitt SchiffbIn ihrer kritischen Stellung sahen sie im Zeugnis der BüchAlten Testaments nur noch die Religionsgeschichte des israejüdischen Volkes. Das Buch der Bücher lag mithin für sie auf derselben menschlichen und zeitlichen Ebene wie jedesGeschichtsbuch. Es ist verständlich, daß aus diesen Kreisschwersten Gegner der Bibel hervorgehen mußten.

Andere suchten sich vor dem Ineinander des GöttlicheMenschlichen in der Bibel dadurch zu re tten,daß sieauch das Mensch=liehe ins Göttliche erhoben.Sie vergesetzlichten den persönlichen Vkehr mit Gott und töteten durch den Buchstaben den GeSchrift. Aus diesen Kreisen gingen in jedem Zeitalter jene Sgelehrten hervor, die in ihrem religiösen Fanatismus Chrisdie Offenbarung Gottes schlechthin ans Kreuz schlugen. Feheinem Zeitalter erst die Stimmen der Propheten, dann redetbald solche Schriftgelehrten. Sie brachten das Volk nicht ilebendige Beziehung zu Gott, stellten es vielmehr unter dieschaft des Buchstabens und der Religion.

Es gab aber auch immer wieder weiteste Kreise, die sichstießen an der Knechtsgestalt der Bibel. In ihrer Sehnsucht nagewannen sie ein Ohr für die Sprache Gottes durch die Bibederen Knechtsgestalt blieb ihr Inhalt ihnen das klarste, vom HGeiste beglaubigte Zeugnis von Gott.Nicht etwa Ersatz für Gotwar ihnen die Bibel.Durch ihre Zeugnisse kam Gott aber imwieder zu ihnen, um sie zu erleuchten, zu begnadigen, zu

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und zu erlösen. Sie gehörten zu jenen Menschen, die sich wProphet jeden Morgen das Ohr des Glaubens öffnen ließen.„Gottder Herr hat mir eines Jüngers Zunge verliehen, daß idi die M

durai das Wort zu erquicken wisse. Er weckt alle Morgen, wmir das Ohr, wie ein Jünger zu hören. Gott der Herr hat mirOhr auf getan; ich aber habe nicht widerstrebt, bin nichtzurückge=wichen1/'

Aus diesen Kreisen setzte sich auch im Laufe der letztenJahrtausende die wahre Kirche Christi zusammen.Sie bekannten injeder Krisenzeit der Geschichte mit Petrus: „Herr, zu wem swir gehen; du hast Worte des ewigen Lebens2!" Innerhalb der wah=ren Kirche war man sich aber auch stetsder menschlichen Grenzenim Verständnis der Schriftbewußt. Man kennt hier die Gefahr, wleicht auch der fromme, Gott fürchtende Mensch der Versuerliegt, einen eigenen Sinn in die Schrift hineinzutragen. Hdieser Versuchung bisher doch kein Schriftausleger entziehen kauch die Reformatoren nicht, wenn sie auch einig in der Ghaltung zur Schrift waren. Wie stark wichen selbst LutheCalvin in der Deutung mancher Schriftworte voneinander ab!Paulus mußte offen bekennen, daß all unser Wissen und alWeissagen auch innerhalb der Kirche Christi Stückwerk sei3.

Die Erkenntnis der Kirche Christi und ihrer vielen Gliede

nie eine ruhende Größe.Sie sah sich von Klarheit zu Klarheit, Erkenntnis in Erkenntnis geführt. Denn die in der Schrift forGemeinde durfte zu allen Zeiten damit rechnen, daß der HGeist bereit ist, ihr das Wort der Schrift wirklich als ein WovonGott zu erschließen. Er ist der Schöpfer der Schrift, so stark auch der Menschen bediente, um sie durch deren Mitarbeit enzu lassen. W. Vischer schreibt in seinem „Christuszeugnis deTestaments": „Der Autor hat sich in seinem Werk dergestalborgen, daß ihn keine Auslegungskunst herausholen kann; und muß sein eigener Ausleger werden, wenn ihn ein Lesersoll. Der Heilige Geist ist niemals eine menschliche Mögl

1 Jes.50,4f.2

Joh. 6,68.3 1. Kor.13,9.

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Gottes habhaft zu werden, sondern die Freiheit Gottes, gegezu sein oder nicht da zu sein nach seinem Willen. Der Heiligist der Mittler, aber nicht ein Mittel; die dynamis, die Kraft aber nicht eine geistliche Dynamik; der Weg, aber keine M

Es gehört zur Heiligkeit der Heiligen Schrift, daß Gott sie so auslegen muß, daß der Leser in ihr nicht nur von fMenschen und ihren Gedanken über Gott liest, sondern Gottdanken über ihn, den Leser selbst, vernimmt, so daß er beimfremder Lebensgeschichten hört:,Du bist der Mann!'und ihm heuteauf den Irrwegen seines Lebens der Schöpfer und Richter Lebens begegnet, der ihm sagt:,lch bin der Herr, dein Gott. Ichabe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.'Wo das ge=schient, da hört der Leser im Glauben das, was er sich nichsagen kann, was nur als Wunder wahr ist, wenn es Gott jethier zu ihm sagt.Dann hört er das Wort Gottes nicht nur als dWort der Zeugen, sondern als die Stimme des bezeugten Herr

ihn ganz und gar beansprucht,als das Wort, das ihn in die Veranwortung stellt, Gott Antwort zu geben. Wer in dieser Veranrung Gott hört und ihm antwortet, der tut es im VertraueGehorsam des Glaubens an den Christus Jesus, der Gottesan den Menschen und des Menschen Antwort an Gott ist1/ '

Betende Menschen haben daher nie den Geist der Heiligen verloren. Ihnen erschloß sich Gott durch die Schrift in seinerstät, Herrlichkeit und Erlösung. Nicht fanatische Schriftgewohl aber von Gott erleuchtete Persönlichkeiten wurden siesie ehrfurchtsvoll zu hören suchten, was Gott ihnen durch die ten des Alten und Neuen Testaments sagen wollte.

2. Das Bleibende in der Vätergeschichte

Nach dem Gesagten können wir um so freimütiger überund sein Wirken im Leben der alttestamentlichen Glaubensprechen. Sie gehörten nicht allein nach dem Verfasser des

1 Band I: Das Gesetz,S. 37.

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testamentlichen Hebräerbriefes zu der„großen Wolke von Zeugen"1

der vorangegangenen Jahrtausende. Ihr Zeugnis wird in degehört werden, solange es auf Erden noch eine Kirche ChrisSie weiß:Gott hat nie in einen leeren Raum hineingesprochenErsprach immer zu Menschen, durch die eine Geschichte werdenZwar ist das Reich Gottesüberzeitlich,nicht abergeschichtslos.Esbegann immer mit einem geschichtlichen Punkt, d. h. mit einson oder einem Ereignis. Zu diesen Personen mit ihrer Gesgehörten einst auch die Erzväter Abraham, Isaak und Jakobildeten mit ihren Familien, Söhnen und Stämmen die Urgesdes israelitisch=jüdischen Volkes. Sie waren der Raum in deschichte, in dem sich Gott der Welt neu zu offenbaren suchdie Absichten seines Heils kundzumachen.

Hätte nicht durch Gott und seine Offenbarung Israels Geseine heilsgeschichtliche Bedeutung empfangen, sie würde unnicht mehr interessieren, als uns die religiöse Lebenshaltu

Assyrer, Babylonier, Ägypter oder der Inder interessiert. Gaber durch die biblischen Glaubensväter und durch deren Nacmen in die Völkerwelt getreten. Er wollte und will auch sprechen, sie segnen, wie er einst zu Israel sprach und es sund leitete. Vollendet hat er das in der Person Jesu Christi der nach dem Fleisch ein Sohn „Abrahams" und ein Sohn „Dgenannt wird2.

Durch die Geschichte Israels und durch die Person Jesu ist Gott auch zur christlichen Kirche gekommen. Dieses wird verleugnen können. Sie ist zwar nichtdie Fortsetzung der jüdischenSynagoge.Sie ist auch nicht eineWieder aufAchtung des israelitischenTempels.Sie ist Gottes Neuschöpfung. Sie ist die Behausung Gim Geist, daher erbaut aus lebendigen Steinen. Die Kirche Geheimnis einer völlig neuen Gemeinschaft. Sie kann nur bauf Grund der Beziehung von Person zu Person, nicht auf empfangener Gesetzestafeln. Alle lebendigen Glieder der Kircschicksalsverbunden mit Christus, welcher ist das Haupt seinmeinde.

1 Hebr. 12 ,1.2 Matth. 1,1.

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Bevor wir aber auf den Geschichtsstoff der Patriarchen eingehen, mag das Bleibende und Eigenartige der Vätergesnoch besonders betont werden. Trotz ihres kindlichen Gottveund ihres Gehorsams im Glauben hätten die Väter den nachden Geschlechtern keine Zukunft innerhalb der Völkerwelt zvermocht. Was Gott ihnen an Kindersegen, an Einfluß auf ihrgenossen, an Herdenreichtum, an Knechten, Mägden und schenken konnte, hätte niemals die Grundlage für eine Volkwder Stämme Israels werden können. Wenn auch zu allen wahr blieb, daß der Väter Segen den Kindern Häuser baudas

tiefste Geheimnis der Volkwerdung lag in Gott, niàit in den VDiese waren aber der erste geschichtliche Punkt, an dem Gott hin der Geschichte einsetzte, um ein Neues zu schaffen, und zaufder Grundlage des Glaubens.Nicht die Machtfrage, nicht der Besnicht das Heldentum, nicht die große Vergangenheit wurdescheidend für die Volkwerdung der kommenden Geschlechterhams,Isaaks und Jakobs. Die Grundlage sollte für alle Zeitenderen Glaubensverhältnis zu Gott sein. Es bleibt bezeichneIsraels Geschichte, daß nicht etwaLamedi mit seinem Schwertgesang1, daß aberAbram mit seinem Glaubensgehorsamder von Gottberufene Urahn Israels werden konnte.

Das wollte eine spätere Zeit Israels Söhnen und Töchteimmer neu zum Bewußtsein bringen. Nun haben die Urväteetwa selbst ihre Geschichte geschrieben. Dann trüge die Üferung nicht den einheitlichen und planvollen Charakter, dVätergeschichten jetzt tragen. Erst in einer viel späteren Zeitvon einem Verfasser niedergeschrieben worden. Das geschaeinem, der die im Volke fortlebende geschichtliche Überlienach der von Gott ihm gewordenen Schau und nach seiner Erk

gestaltete.Das große Geschehen im Leben der Väter war ihmheilige Text, den er aus Liebe zu Gott und zu seinem Volke zdeu=ten suchte.Denn nicht von den Vätern, von Gott her sollte sichVolke seine Volkwerdung erklären. Theologisch=sittlich, nicht nalpolitisch sollte man das Große bewerten, was in der Vergaheit geschehen sei. Nach den Verheißungen sollten das Gedeih

1

1.Mose 4,23 f.20

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Fortbestehen Israels auch in Zukunft nicht auf derselben Ebeneauf der sich der Aufbau, das Starkwerden und der Ruhm der Völker vollzogen. Was der Völker nationales und geschichHeil werden konnte, mußte Israel zum Fluch und Gericht wSein völkisches Sein sollte nämlich für alle Zeiten von Gotabhängen und bestimmt werden.

Eine weitere Eigenart der Vätergeschichte ist die starke Betdaß sowohl Abram und Isaak alsauch.Jakob mit seinen Söhnen Kanaan nur Fremdlinge und Beisassensind. Abram sah sich zwarin ein anderes Land geführt. Es sollte aber erst den zuküGeschlechtern als „das Gelobte Land" zur Heimat werden. Dzige war, daß Abram während seiner Fremdlingschaft im Kanaans für sich und Sarah ein Erbbegräbnis erwarb. In devon Hebron kaufte er das Grundstück des Hethiters EphrMachpela für die nicht geringe Summe von 400 Lot Silber1. So sehrer sich auch im Laufe der Jahre an Knechten, Mägden, Zelt

Kleinviehherden gesegnet sah, er blieb im Lande der FremDarauf nimmt der Hebräerbrief Bezug, wenn er von Abramsbensstellung schreibt:„Aus Glauben siedelte ersich, an im Landeder Verheißung als in einem fremden und wohnte mit IsaakJakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten. Denwartete auf die Stadt, die die festen Fundamente hat, deren Eund Schöpfer Gott ist2."

Zwar gelangten die Glaubensväter auf ihren Wanderungdie verschiedenen Landstriche von Kanaan. Sie zogen gelegbis nach Ägypten hinab. Auch hielten sie sich vorübergehendGebieten Philistäas auf. Sie wurden aber nirgendsStaatsbürger.Diese Fremdlingsstellung konnten die Patriarchen damals auallgemeingültiger Rechtsbestimmungen einnehmen. Kanaazwar ein von den Kanaanäern bevölkertes, nicht aber ein pfestgelegtes Land. Im Vergleich zu Ägypten war es offen aufremdstämmige Herdenbesitzer mit ihren Zelten und mit ihrerViehzucht. Deren Existenz hing von der durch Sitte und Reregelten Beziehung zu den Stadtbewohnern oder aber auch

1 1. Mose 23,26 ff".2 Hebr.ll,9f.

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mehr seßhaften und bodenständigen Landbevölkerung ab. große Wegstrecken und fruchtbare Weideländer, die diesennomadisierenden Kleinviehbesitzern zu jeder Jahreszeit kontoffenstanden.

Nun wird verständlich, welch eines Gottvertrauens es bVätem bedurfte, um sich durch die Jahrhunderte nur als Fremund Beisassen zu behaupten und zu bewähren. Wurden sie sin ihrem Vertrauen, so griffen sie zu Mitteln und Wegen, dGott niemals gerechtfertigt werden konnten. Wenn auch diebensväter als „Fremdlinge in dem Lande, in dem sie sich

aufhielten, einen gewissen Schutz gemäß den Grundsätzedamaligen Landesgesetze genossen — wer aber garantiertedie Innehaltung" derselben? Hinter ihnen stand keine starkemesregierung. Von den fremdstämmigen Fürsten hatten sie Stunde der Not kaum Hilfe zu erwarten.So waren sie in ihremSchutz und in ihren Rechten letzthin allein auf Gott angewies

In dieser Sonder= und Fremdlingstellung lebten die Väter Lande, wo der Herr dem Abram erschienen war und zu ihsprochen hatte:„Deinem Samen will idi dieses Land geben/' lebten im verheißenen Lande und blieben dennoch. FremdDarin sind die Väter zu einem Prototyp für die Stellung der innerhalb der Völkerwelt geworden. Der Aufbruch Abramsund später in Haran umfaßte jedenfalls viele Jahre. Erst alsundsiebzigjähriger brach er zum letzten Male in Haran seinab. Schon sein Vater Tharah, von dem er den Namen Abra„Mein Vater ist hoch" erhalten hatte, hatte den Versuchmacht, mit seiner ganzen Familie von Ur in Chaldäa Kanaan zu ziehen. Welche Gründe und Motive ihn bewogeErbe seiner Väter am unteren Euphrat, die Residenz Ur als d

der alten babylonischen Könige und die durch Tradition ungeheiligte Kultstätte des Mondgottes Sin zu verlassen, wissnicht. Gottes „lechJ'cha"1, das Abram später in Haran vernahwar es wohl nicht.

Als Tharah auf seiner Wanderung bis zu der für den Hanverkehr so günstig gelegenen Stadt Haran mit ihrer fruch

1d. h.: „Madie dich auf!"— wörtlich: „Geh für dich!"

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Umgebung im nordwestlichen Mesopotamien kam, unterbraseine Reise und ließ sich daselbst nieder. Hier in Haran starb im Alter von 205 Jahren.

Offenbar erst nach diesen Erlebnissen vernahm Abram Reden Gottes, das für ihn, seine Nachkommen und letzthin fZukunft der Heilsgeschichte von so entscheidender Bedeutunworden ist. Seiner Entscheidung und seinem Gehorsam lagInspiration zugrunde:das lebendige Wort seines Gottes.Was Gottalles in seiner vorbereitenden Gnade benutzt hatte, um in A

jenes Ohr zu wecken, das eines Tages zu vernehmen vermwas andere nicht vernahmen, wird uns nicht erzählt. Nur späteren apokryphischen Überlieferung, die zweifellos in stark legendenhaft ist, wird uns berichtet,daß Abram schon in Urin Chaldäa innerlich unsagbar unter dem herrschenden Götdienst seiner Umgebung gelitten hatte.Nach dem Buch der Jubiläenwird überliefert, daß Abram eines Tages zu seinem Vater Tsprach: „Was für Hilfe und Vorteil kommt uns von diesen Gdie du verehrst, und vor denen du niederfällst? Denn in ihnkein Geist, sondern sie sind stumm, und eine Verirrung deszens sind sie; verehrt sie nicht! Verehrt den Gott des Himme

alles auf der Erde macht und alles durch sein Wort geschhat, und von dessen Angesicht alles Leben ausgeht...!"

Auf diese Seelennot eines Abram antwortete sein Vater: „ich weiß es, mein Sohn; aber was soll ich mit dem Volke mdas mich gezwungen hat, vor ihnen zu dienen? Und wenn ichdie Wahrheit sage, so töten sie mich. Denn ihre Seele folgt daß sie sie verehren und preisen; schweig, mein Sohn, damdich nicht töten!" Diese seine Reden teilte Abram auch seinen

Brüdern Nachor und Haran mit; die jedoch zürnten ihm, uschwieg er. In seiner inneren Not erhob sich jedoch Abra60. Lebensjahre und verbrannte in einer Nacht das Haus der Gund alles, was im Hause war, ohne daß man erfuhr, wer eshatte. Da eilte Haran herbei, um die Götzen zu retten, wobeiFeuer verbrannte und starb1.

1 Buch der Jubiläen 12, 2—14.

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Inwieweit in diesen und ähnlichen Überlieferungen1 noch histo=risches Gut nachklingt, kann kaum festgestellt werden. Zwauch der kanonische Bericht mit:„Und es starb Haran zum Leidwesen2 seines Vaters Tharah in seinem Geburtslande, zu UChaldäa."Ob aber der Tod Harans und der Schmerz Tharahssächlich diesen historischen Hintergrund hatten, läßt sich höandeutungsweise aus dem biblischen Bericht entnehmen. Eaber wohl angenommen werden,daß Abram seelisch unsagbar liunter dem herrschenden Götterkultus und der Weltanschauung Zeit. Trotz der Völkerzerstreuung war in Sems Hütten nich

Erinnerung und Tradition an die großen Taten des HöchstenTagen Noahs erloschen. Offenbar lebte auch in Abrams Seheiliger Rest dieses Gutes fort. Vielleicht war im FamilieTharahs oft darüber gesprochen worden, was einst geschehund daß es einen Gott des Himmels und der Erde gäbe, dallem steht und die Völker richtet nach Gerechtigkeit. Die Chzüge aber, die auch der biblische Bericht von Tharah gibt, laihm keinen Mann erkennen, der auf Grund höherer ErkennGlauben die letzten Konsequenzen zu ziehen vermochte.Er war einMann der Halbheit3. Er konnte daher nicht zu einem Bekenner

1 Nach dem Buche Judith fragt Holofernes, der Heeroberste nach der Erhebung der Stämme Israels die Fürsten Moabs, die Fe

Ammons und die Satrapen der Meeresküste, was das für ein Volk im Gebirge wohnt. Achior, der Anführer aller Ammoniter, antwort„Höre an, mein Herr, die Rede aus dem Munde deines Knechtes! dir die Wahrheit kundtun über jenes Volk, welches dieses Gebirge nahe bei dir, und nicht soll eine Lüge aus dem Munde deines Knechvorgehen. Diese Leute sind Nachkommen der Chaldäer. Vormals wsie in Mesopotamien. Da sie nämlich nicht den Göttern ihrer Vätewollten, die im Lande der Chaldäer lebten, fielen sie ab von der ihrer Vorfahren und dienten dem Gott des Himmels, dem Gott, kennengelernt hatten. Da vertrieben ihre Väter sie von dem AngesiGötter, und sie flohen nach Mesopotamien und weilten daselbst lanIhr Gott aber gebot ihnen, aus ihren Wohnsitzen fortzuziehen undLand Kanaan auszuwandern. So ließen sie sich daselbst nieder undreich an Gold und Silber und sehr vielen Herden."

2 l.Mose 11, 28 nach König.3 Jüdische Tradition will wissen, daß chaldäische Astrologen

vorausgesagt hätten, ein Sohn Tharahs würde der Herrschaft Nimrodlich werden, und Tharah sei genötigt gewesen, seinen Sohn Abraham

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Propheten des lebendigen Gottes werden.Die Geschichte des Glaubens begann erst mit Abram und nicht mit seinem Vater Th

II. Abram und seine Glaubensentscheidungen( i . Mose 12,1—25,18)

1. Die göttliche Berufung und das Geheimnisdes Auszuges

1.Mose 12,1—3

Glaubensentscheidungen sind Frucht, nicht die Quelle desGlau=bens.Die Energie zum Handeln findet der Glaube nicht in siempfängt sie vom Wort, durch das Gott zum Menschen sMacht der Mensch das Wort, das an ihn ergeht, zum InhaltVertrauens, dann empfängt er dadurch auch die Kraft zu eineReden Gottes entsprechenden Handeln. Die Heilige Schriftdieses Reden Offenbarung, Selbstenthüllung Gottes.In allen Glau*bensentscheidungen eines Menschen handelt es sich also nicht um Glauben und dann um Offenbarung. Das Entscheidende inächst immer die Offenbarung und alsdann der Glaube.

Darin unterscheidet sich der in der Bibel bezeugte und han

Glaube von jenem Glauben, den jeder Mensch, abgesehen vomliehen, in sich selber haben kann. Die Kraftquellen des allgeGlaubens liegen irgendwie im menschlichen Raum: in PersoEreignissen, in Völkern, in Ideen und Ideologien. Spricht aSchrift vom Glauben, so meint sie jenen lebendigen und zwerdenden Glauben,der durch die Offenbarung entsteht, von dOffenbarung lebt und wiederum zu einer Offenbarung für awird. Er ist nicht sich selbst Subjekt. Wie Gott das redende der Ursdiöpfung war, so ist er es auch in jener Welt des Gladie einst mit Abram innerhalb der Geschichte neu begann.

Jahre lang zu verstedeen. Audi Josephus beriditete ähnliches: Weiseiner neuen Gotteserkenntnis Chaldäer und die anderen Mesopotam

gegen ihn auflehnten, hielt er es für gut, auszuwandern, und bekaGottes Plan und mit dessen Hilfe das kanaanitisdie Land. Antiqu. I

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a) Gott der Berufende und seine Selbstoffenbarung„Es sprach, aber Jahvezu Abram: Gehefür didi, hinweg aus

deinem Heimatlande und aus deiner Verwandtschaft und aus dVaters Hausein das Land, das idi dir zeigen werde!"(Kap. 12 ,1 ).Hier liegt das Geheimnis von Abrams Berufung.Nicht vom Men=sehen her, von Gott aus will sie verstanden werden. Erst naGott gesprochen hatte, handelte ein Mensch dem Lichte entsprdas ihm von Gott geworden war. Die Welt des Glaubens isweniger eine Schöpfung Gottes,wie die kosmische Welt GottesSchöpfung ist. Daher war siein jedem Zeitalter ein Geheimnisfür

Menschen ohne Gott. Sie wurde aber die geistliche Heimadie Gott reden hörten und sich von ihm wie später ein PJeremia hatten überreden lassen.

Abram erlebte die Offenbarung Gottes zunächst als BeruDurch sie wurde er hinfort das, wozu ihn die Liebe Gottes hatte. In der Berufung kommt Gott durchs Wort zum Mens

um ihn in die Erwählung hineinzuziehen.Berufung war mithinimmer ein geschichtliches Erlebnis, Erwählung eine überzeitlGottestat.

Die Erwählung, der Abram sich durch Berufung bewußt war nichteine Erwählung zum Leben,es wareine Erwählung zumDienst. Sie lagauf einer anderen Ebene als die, welche PaulusEpheserbrief so grundlegend und glaubenstärkend mit den bezeugt:„In ihm (Christus) hat er uns nämlich bereits vorGrurid=legung der Welt auserwählt, damit wir heilig und untadelhafihm seien. In seiner Liebe hat er uns durch Jesus Christus zurSohn=schaft für sich vorherbestimmt, und zwar entsprechend seinem Willensentschluß, zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, mer uns im Geliebten (Sohn) begnadigt hat1."

Bei Paulus handelt es sich umdie Erwählung in Christo zurSohn=schaft.Bei Abram geht es um eine Erwählung für einen bestimDienst innerhalb der Geschichte. Beide habenin Gott ihre Quelle,gelangen dem Menschen durch Berufung zum Bewußtsein, waber in ihrem Umfang und Inhalt dennoch voneinander ab.Erwäh-lung zur Sohnschaftist unendlich viel inhaltsvoller als Erwählu

1 Eph.1,4—6.

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zum Glaubensdienst.Ein Knecht kann in treuer Hingabe seiHerrn dienen, ohne Kind und Erbe zu sein. Anders ist jedStellung des Kindes. Auch das Kind lebt in Glaubenshingabauf einer weit höheren Grundlage. Daher mußte in der FüZeit durch Christus der Knecht durch das Kind, das Gesetzdas Evangelium abgelöst werden,Nicht durch den alttestamentlichPropheten und Gottesknecht, erst durch den Sohn konnte dedie Frohe Botschaft von der Sohnschaft gebracht werden.Es ist eineVerkennung der alttestamentlichen Offenbarung, in dem Zvon der Erwählung Abrams zum Glaubensdienst eine Zurück

oder gar Verwerfung der anderen Völker sehen zu wollenals Bevorzugter wurde Abram erwählt, er war nurder Erstling,dersich einer göttlichen Erwählung durch Berufung bewußt durfte. In seiner Erwählung und Berufung sollten auch die Völker erkennen, für welch eine Welt des Glaubens Gott aberufen und erlösen will.

Zu Abram sprach Gott: „Lech=l'cha!", d. h.:„Gehe für dich!"Hinfort trat in der irrenden und gegenseitig sich zersetzendenwelt Noahs ein Mensch in Sicht, der als Mann des Glaubeals Prophet der Offenbarung jene fortschreitende Heilsgeschichleitete, die fortan durch kein kommendes Zeitalter dauernd etert werden konnte.Nicht Chaldäas berühmte KulturschöpfungAbrams durch Offenbarung inspiriertes und separiertes Glauleben sind der kommenden Weltgeschichte zu einem schöpfeund erlösenden Evangelium geworden.Und obgleich Abrams Wiegeinst in den Zelten Sems stand, so schämen wir uns seiner nimit seiner erlebten Gottesoffenbarung als der Vater aller Glauim unruhevollen Völkerleben dasteht.

In dieser Welt des Glaubens gilt also nicht erst Glaube unOffenbarung, nicht erst Kultus und dann Gemeinschaft, nicReligion und dann Erlösung— sondernerst Offenbarung und danGlaube, erst Gottes Reden und dann der Auszug, erst Gottes rierende Tat und dann der neue Mensch.Mit diesem theozentrischeEvangelium grüßt Abrams Berufung auch die Kirche ChriGegenwart. Sie hat allzuviel wieder von dem Weg der Hei

sich aufgenommen. Vielfach will auch sie wieder durch die Fr27

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keit zur Heilsgewißheit, durch den Kultus zur Gemeinschaftdie mystische Versenkung zur prophetischen Schau, durch Rzur Erlösung gelangen. Sie will über Gott reden, anstatt Gott reden zu lassen. Sie will Gottes Reich begründen, anstatt sic

Reiche Gottes bestimmen zu lassen. Sie versucht Christus inOffenbarung zu begreifen, anstatt sich zuvor von Christuseinem Heil ergreifen zu lassen. Sie spricht zwar von Heilmeint ihre Kirchlichkeit; sie verheißt zwar Gemeinschaft, abeden Kultus; sie predigt zwar den Glauben, aber versteht daihr Dogma und Bekenntnis.

Das ist jedoch nicht der Weg des Glaubens mit seinem erlöGotterleben.In allem heilsgeschichtlichen Geschehen, das aus Erlösung floß und in die Erlösung führte, war Gott stets dasursäch=liehe Subjekt und der Mensch das empfangende Objekt.Gottberief,und der Mensch ging aus. So wurde er ein Erwählter Gottes uFremdling in der Welt. Gott begnadigte, und der selbstgePharisäer wurde zu einem Apostel der Barmherzigkeit Gotteinspirierte, und der Mensch trat auf als Prophet der Offenund sprach:„Also spricht der Herr!"Gott segnete, und der Menscals Gottes Priester machte trotz seiner Armut dennoch vieleGott erlöste, und der Mensch ward trotz seines geschöpfWesens der Abglanz seiner Herrlichkeit und der Genosse Dienstes und seiner Freude.Denn Göttliches kann nur von Gott au

gehen, und zu Gott vermag nur Göttliches zu führen.Heilsgeschichtemit ihrem vielseitigen Gotterleben des Glaubens war daherdes Menschen Weg zu Gott, sie war je und je Gottes WegMenschen. Das Evangelium des Heils spricht mithin nicht vMenschen Frömmigkeit, um erlöst zu werden, es kündet Gottschaffendes Wirken, das in der Seele des Menschen immer

jenen Psalm auslöst:Nichts hab' ich zu bringen,alles,Herr, bist du!

So individuell sich hinfort auch das Leben Abrams und danderen Glaubensväter gestaltete und vollendete, durch diesesGott in seiner Offenbarung innerhalb der Geschichte sichtblebendig. Wir schämen uns auch heute noch nicht, den Vat

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Barmherzigkeit und unseres Herrn Jesu Christi als den Gott AIsaaks und Jakobs zu bezeichnen.Nicht die Glaubensväter schufenuns diesen Gott.Wohl aber erwählte sie Gott, um für die kommeGeschichte Zeugen seiner Offenbarung zu werden. Wir könnmithin auch das Leben eines Abram, das uns weit mehr ist afromme Sage oder eine morgenländische Mythe, in seiner gesliehen Entwicklung gar nicht denken, wenn nicht zuvor in ihmgöttliche Offenbarung das geweckt worden wäre, was unsTages in seinen Entscheidungen und Handlungen als Glaubegegnet. Warum ist denn die Entwicklung und die ZukunftAbram eine so völlig andere geworden als die der anderensemitischen Völker der Urzeit? In das Leben Abrams und Nachkommen trat eine höhere Macht ein, die ihn zur Entschführte, seine Entwicklung bestimmte und ihm eine andere Zgab.

Wir erkannten, daß Abram die Offenbarung Gottes zunäch

Berufung erlebte.Gottes Berufung geht aber immer aufs Gander ganze Mensch für Gott, eine völlige Loslösung von einermenden Vergangenheit. Nicht nur eine innere Scheidung itiefste Konsequenz der göttlichen Berufung. Erst Menscheinnerlich und auch im praktischen Leben bis zu Gott selbst zgefunden haben, können wiederum von Gott der Welt zum geschenkt werden. Wer diesen Weg nicht findet, wird zu jedefähig sein, dem Nächsten auch zum Dämon zu werden.Erst zu Gott,dann zum Volke, das ist die Grundlage göttlicher HeilsgeschErst zum Volk und dann wider Gott, das ist Nimrodsche Dämum die Völker zu erlösen und die Zukunft zu gewinnen.

Nicht nur im hebräischen Wort, auch im deutschen Ve„gehe" liegt der Grundgedanke des Sichtrennens. Es bestimmMenschen, den bisherigen Ort oder den eingenommenen Stanzu verlassen. Im göttlichen Berufungswort an Abram: ,,lechwird diese Trennung noch näher bestimmt:„Gehe für dich!",undzwar allein mit Gott. Was dieses Berufungswort für Abram ischloß, kann man sich erst vergegenwärtigen, wenn man weiHeimat, Geschlecht und Vaterhaus für jeden Menschen bedeu

Bis zu welcher Tiefe Abrams Separation auf Grund freiw

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Hingabe und kindlichen Gehorsams gehen sollte, sagen uns Lebenskreise:„aus deinem Heimatlande, aus deinemGeschlecht undaus deinem Vaterhause."Für uns Menschen des Abendlandes hadiese Wurzelgebiete des Lebens für jeden Menschen ihrenstark verloren. Nachdem die Welt mit bequemsten Verkehrumspannt worden ist, sind uns die Kontinente zum Heimgeworden. Nachdem Handel, Industrie und Verkehr die Gesceinander auf der ganzen Erde näher gebracht haben, verlor dieÜberschätzung des eigenen Geschlechts. Man begann, das/Volk den anderen Völkern gleichzusetzen. Je mehr Söhne und

ter sich ihre eigene Existenz nur noch durch eine Auswandedie Fremde zu schaffen vermochten, verlor sich für sie memehr der von Gott bestimmte Wert des Elternhauses.Ihnen mußtenfremde Länder zum Heimatland, fremde Völker zur neuen Gschaft, der Beruf in der Fremde zum Ersatz fürs Vaterhaus w

In Abrams Tagen hatten die Worte „Heimatland", „Gesch

und „Vaterhaus" noch einen viel inhaltsvolleren Klang. Was und seinen Zeitgenossen bedeuteten, beschreibt treffend HFrey mit den Sätzen: „Für den Menschen des Altertums habedrei Worte noch wirklichere Kraft als für uns. Er verstandohne Erklärung, warum Kain sich fürchtete, in die Fremde zuJeder, der mich findet, wird mich totschlagen', und warum disehen des Turmbaus bangten: ,auf daß wir nicht über die des Erdbodens zerstreut werden'. Für jene Zeit der UnsicherhWege» und der Rechtlosigkeit der Fremden bedeutet das Wortland' noch ganz anders als heute allen Schutz. In jener Zeit,Zusammenhang mit der Sippe nicht erst von der Geschlechschung aus dem Aktenstaube ausgegraben werden mußte, hWort ,Sippe' noch unmittelbare Bedeutung fürs Leben, und da

/Vaterhaus' umschließt eine wirtschaftliche, soziale und reGemeinschaft. Beides ist eine Macht: Vaterhaus und Sippe. DWorte umschließen alles, was Halt gibt und verpflichtet, demSinn gibt und es reich macht. Sie umschließen das Leben1/'

Bevor nun solch ein Glaube im Leben Abrams geboren mußte zuvor Gott in seiner Offenbarung sprechen. Zur Ursch

1Vgl.H. Frey:Das Buch des Glaubens, S.10 f.

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hatte Gott gesprochen: „Es werde Licht!" Alsbald hatte jenes schöpfferische, gestaltende und vollendende Sechstagewerk begonnen, daseine Offenbarung der Kraft, der Weisheit und der Majestät des

Schöpfers war. Durch dieses Sechstagewerk wurde die Vorbedingungund die Grundlage für jenen siebenten Tag der Harmonie und Ruhegeschaffen, der als Sabbat Gottes keinen Abend sah. Ebenso sah sichAbram bestimmt durch das Gotterleben seines Glaubens, und zwarauf Grund ihm werdender Gottesoffenbarung.

b) Abram der Berufene

und seine Glaubensentscheidung„Da zog Abram hin, wie ihm Jahve geboten hatte, und Lot zog

mit ihm. Abram aber war 75 Jahre alt, als er aus Haran wegzog"(Kap. 12,4). Gott sprach, aber nur einer hörte. Das war Abram inHaran. Für ganz bestimmte Missionen zum Heil einer kommendenGeschichte konnte Gott je und je nur Persönlichkeiten erwählen,

die den Mut des Glaubens aufzubringen vermochten, sich ganz aufGottes Berufung einzustellen. Als solch eine Persönlichkeit erscheintauch Abram. Allein auf dieser Glaubensgrundlage wurde er in seinerPerson zum Beginn der Geschichte Israels. Führte einst angesichtsdes Tierevangeliums die freie Selbstentscheidung den Menschen ineinen Zustand der Sünde und des Todes hinein, so führte angesichts

der göttlichen Berufung auch eine freie Selbstentscheidung zurückin Gottes Heil und Erwählung.Zu solch einer Selbstentscheidung ist jedoch der Mensch erst

fähig, wenn er sich plötzlich bewußt zwei verschiedenen Weltengegenübergestellt sieht. In der einen hatte Abram bisher gelebt.In der Atmosphäre ihres Geistes war auch seine jugendliche Seeleim elterlichen Hause aufgewachsen. Sie war ihm nicht fremd in ihrerEthik, in ihrem Kultus und in ihrer Kulturbestrebung. Dies war dieWelt Nimrods,

Durch Nimrod war eine völlig neue Potenz in die Entwicklungder Geschlechter Noahs hineingetragen worden. Er fing an, eingewaltiger Fürst unter seinen Brüdern zu sein. Er benutzte seinebesonderen Gaben: seine Intelligenz, seine Klugheit und seine Stärkezur Zusammenfassung der Kräfte der Schwächeren, um seine per=

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sönliche Macht und seinen persönlichen Einfluß zu heben befestigen. In seinem ganzen Auftreten lag System. UnteVorwand des Nationalruhms und auf Kosten des individWohlergehens begann er die Gesamtkräfte seines Zeitalteseinem eigenen Vorteil und Ruhm zu mißbrauchen. Damit sdie geistigen Grundlagen jenes Babels der Weltgeschichte, daalter um Zeitalter Bausteine zu seinem eigenen Ruhmesbau saund doch immer wieder mit einer Völkerverwirrung endete.

Denn mit dem Turmbau zu Babel war das neue PrinzipNimrod bereits zu einer knechtenden Macht fürs Ganze gewUnter dem Vorwand, einem kommenden Unglück (ähnlich demgericht) vorzubeugen, wurden alle Kräfte zu einem nationalegesammelt, während der tiefe Unterton der leitenden Gednichts anderes als menschlicher Selbstruhm und die Furcht vZerstreuung waren.Was durch ein geistliches Zentrum, durch eseelenverwandte Gemeinschaft, durch eine gemeinsame Zukun

eine organische Völkereinheit nicht mehr zusammenzuhalten weil man Gott, den Bruder und die Zukunft des Reiches Gottever=loren hatte, das sollte unter dem Vorwand des Allgemeinwohls ein nationales Unternehmen erreicht werden.

Dadurch schuf man aber die Entpersönlichung des einzDer Mensch wurde zur Masse, die Majorität zur Beherrsche

Geistes und der Kultur. Was sie vertrat, mußte heilig; waordnete, mußte Kultur; was sieverwarf, mußte sündig sein. Siehsich ein Volk mit seinem Leben dieser Göttin ausgeliefert, dGesinnung der Masse vergöttert, dann geht die IndividualitPersönlichkeit der einzelnen Menschen verloren. Dann muß wieder bei denen, die Gott in seine Berufung zu ziehen eintreten,daß ihnen dasBand, das sie mit Gott verbindet, stärkewerden muß als jenes, durch das sie mit Heimatland und Faverbundensind.

In solcher Kulturwelt hatte Abram in Ur in Chaldäa gelefand sie auch in Haran wieder. Denn in seinem Zeitalter war überall die noachitische Tradition von der hamitischen Inspund Geistesherrschaft verdrängt worden. Da trat ihm nachTode seines Vaters in der Berufung Gottes eine völlig neue

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in Sicht. Eine Welt, wie sie seine Seele wohl längst ersehnAuge sie bisher aber nie geschaut hatte:eine Welt zwar der tiefstenSeparation, aber auch, der tiefsten Gemeinschaft und der höSegnungen.In ihr wurde Gott wieder sichtbar und der NächsteSegen der Gegenwart und das Heil der Zukunft. Als die Erwdurch Offenbarung Abram für ein Leben dieser Welt Gottedes Glaubensberief, da stand er als Mensch vor der EntscheiduIm Glauben entschied er sich für Gott und wider Babel, für diebarung und wider den Kultus, für die Separation und widVolksgemeinschaft, für die Erwählung und wider die Selbster

So begann hinfort jene spezielle Heilsgeschichte, die mit ABerufung und Erwählung geschichtliche Wirklichkeit wurde.Um inseiner Liebe zukünftig das Ganze retten zu können1, mußte Gottzunächst den einzelnen gewinnen.Er mußte Abram zum Trägeseiner Heilsoffenbarung machen. Eine allmähliche Entwickluganzen Menschheitsgeschichte zum Heile hin war seit de

unmöglich geworden. Die Menschheit lebte auch nach demgericht wieder in einem Geiste des Widerspruchs und der beSelbsterlösung. Sie erhob die subjektive Selbstsucht und die nsten Instinkte im Menschen zur Lebensethik und zur StaatSo schuf sie eine Geschichte der moralischen Zersetzung unlösung, des gegenseitigen Hasses und der Empörung, der nie den Gerichte und Katastrophen.Die Weltgeschichte wurde zum Weweh, zum unbewußten und bewußten Schrei der MenschheitGottesherrschaft.Denn so sehr der Mensch je und je auch rangGott loszukommen, um sein Paradies in sich selbst und seinekeit in seiner Kraft zu finden, das Heimweh seiner Seele nakam niemals und nirgends zur Ruhe. Es ward um so lebeje bewußter sich der Mensch von Gott entfernte.

Es war daher Gnade, daß Gott die Gegenwart der Gesapreisgab, um auf dem Wege der Einzelerlösung die Zukunfzu können. Durch die Erwählung Abrams und dessen Nachkzum Träger seiner göttlichen Heilsoffenbarung hat Gott nicdie Welt hinfort sich selbst überlassen.Auch die Geschichte ist voGott nicht losgekommen, so bewußt der Mensch sie auch ohn

1 Joh. 3,16.

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immer wieder selbst schuf. Die Fäden der allgemeinen Weltregierunghat Gott nie aus seiner Hand gelegt. Er bestimmte immer wieder,wo sich die stolzen Wellen des menschlichen Schaffens und Ringenszum Heil der Zukunft legen mußten. Auch waren nie seine Er=wählten und Fremdlinge ein Spielball der Zeit. Sie wurden nie denGesetzen des allgemeinen Geschehens preisgegeben. Gott wachteüber sie, ja hütete sie wie seinen Augapfel. Er bestimmte, daß alleszum Guten mitwirken mußte denen, die ihn liebten.

Die Verbindung mit diesem Gott der Offenbarung, der sich zu*nächst einzelne erwählt, um sich aller zu erbarmen, hatte auch Abram

auf Grund göttlicher Berufung gefunden. Nicht nur, daß er sichhinfort äußerlich in so vieler Hinsicht gesegnet sah, auf Grund seinerGlaubensgemeinschaft mit Gott wurde er im Laufe der Zeit einefür Gott ausgelöste Persönlichkeit, ein Mann, dessen Glaube nurnoch an Gott gebunden war, ein Charakter, der mit ungeteiltemHerzen am Munde Gottes hing, eine Priesterseele, durch die der

Glanz der Ewigkeit in eine sterbende Welt getragen werden konnte.c) Got te s „Ich wil l ! " und sein Verhe iß un gs wor t

„Und ich will dich zum großen Volk machen, will dich segnen,dir einen großen Namen machen, und du werde ein Segen! Ichwill segnen, die sich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen;und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden"(Kap. 12, 2 f.). Entsprechend dem Opfer, das Gott von Abram ver=langte, war die Verheißung, die er mit der Berufung verband. DieBerufung mutete Abram zu, daß er aufgab, was er besaß, was seinZeitalter erstrebte, was den Völkern Inhalt ihres Lebens war. DieVerheißung versprach, daß Gott mit seinem Ich und seiner Aktivitätim Leben Abrams ersetzen wolle, was ihm an Kraft und Anregung

von der Welt her werden könne. Abram sollte vom eigenen Handelnabtreten; dafür werde aber Gott durchführen, was Abram selbst niewürde durchführen können.

Die Berufung verlangt, daß Abram sein Heimatland und dasdamit verbundene Bürgerrecht opfere. Die Verheißung verspricht,daß Gott ihn ein neues Land schauen lassen werde. Zwar wird das

Land noch nicht genannt. Auch wird der Weg nicht angedeutet, der

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in dasselbe zu führen vermag. Hinter dem Versprechen stehdas Ich Gottes. Wenn Gott im Menschen einen Glauben zu wsucht,so ist es immer ein Glaube an ihn, nicht ein Glaube an

Verheißung.Er ist größer als jede Verheißung. Nur er in seAktivität kann Inhalt des Glaubens sein. Die Verheißung knur, was Gott dem Menschen sein will, der ihm vertraut. Je reAbram in seinem Vertrauen sein wird, desto leichter wird esein, durch sein Handeln Versprochenes zur geschichtlichen lichkeit werden zu lassen.

Die Berufung verlangt,eine von Gott gelöste Volksgemeinschzu opfern.Vergötterung der Sinnlichkeit, Pflege des Sternenküberspannte Huldigung der Macht, zersetzendes Genußleben— daswaren damals die großen Götter, vor denen die alten VölPhönizien, Chaldäa, Assyrien und Ägyp ten knieten. Durch siedas damalige Leben geformt und die öffentliche Moral besDie Verheißung verspricht,daß aus einer Familie ein Volk werde

soll.Dieses wird berufen sein, sich durch den Glauben an Godessen Tun aufzuerbauen und zu behaupten. Widersprach auchKinderlosigkeit dieser Verheißung, entscheidend für die zukVolkwerdung des Samens Abrams wird Gott in seiner Aksein. „Eine zahlreiche Nachkommenschaft macht aber noch niVolk." Damit eine Masse eine Volkseinheit bilde, dazu bed

im allgemeinen Völkerleben eines gemeinsamen Bandes. UnteVölkern ist dies Band das gemeinsame Land, das Zusammenwunter denselben Einflüssen, das Getragenwerden von gemeinSitten. Abrams Nachkommen sollen zwar auch ein Volk wnicht aber durch gemeinsamen Boden, sondern wiederum nuGott. „Ich will!" — an diesem werden in Zukunft auch Völkbrechen, wenn sie im Bewußtsein ihrer Macht versucht sein in das Handeln Gottes einzugreifen.

Die Berufung verlangte,die engste Blutsgemeinschaft zu opfed. h. sich auch vom Vaterhause zu trennen. Gottes „Ich will!spricht, daß Abram auch gelöst vom Elternhause zu einer Plichkeit und zu einem Segen für die Zukunft und für die werden soll. Nicht was der engste Familienkreis, VerwandtFreunde aus ihm machen werden, wird das Geheimnis seine

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kunft sein. Je weniger ein Mensch sich durch Verhältnisse ungebung gestützt sah, trotzdem aber zu einem Segen für vieleum so größer war seine Persönlichkeit. Zu einer solchen wi

Abram innerhalb der Geschichte werden lassen. An Abrams und Zukunft soll kein Fleisch einen Anteil haben, der ihmRuhm gereichen könne. In diesem Leben will sich Gott in Walten, Wirken und Segnen allein manifestieren,damit die Weltihn in der Größe seines „Ich will!" erkennen mochte.

Gew iß, die Opfer waren groß, die die Berufung verlangte. sollten jedochdie Segnungen sein, die sich für Abram aus dem Hdein Gottes ergeben würden. Zwar sollte Abrams Glaube Gwärtiges, Sichtbares opfern, Gott garantierte ihm aber eingrößere und gewissere Zukunft. Verlangte auch die BerufunAbram von einer eigenen Bestimmung seines Lebens zurücktsollte er aber erfahren, daß hinfort Gottes „Ich" sein Leben bmen werde. Was sich daraus für Abram persönlich und für dkunft seiner Nachkommen ergeben werde, das mußte jede Aund Vorstellung eines Abram sprengen und weit überschreiteGottkann in seinem Handeln und in seinen Segnungen zwar gesniàit aber ermessen oder abgeschätzt werden.Gott ist Gott auch inseinen Verheißungen. Sie wollen nur ein schwacher Ausdrucvon seinem für den Menschen unfaßbaren „Ich will", mit d

in dessen Leben tritt.

2. Mit Gott allein und der Glaubensgehorsam1. Mose 12,4—9

„Da zog Abram hin, wie Jahve ihm geboten hatte, und Lomit ihm. Und Abram nahm sein Weib Sarai. Abram aber75 Jahre alt, als er aus Haran wegzog."(Kap. 12 , 4).Im Glaubenbetrat Abram den Weg der Separation:lech=l'cha,für dich allein!Hinfort harrte er der Zukunft, die sich ihm nun erschließen Alle Erwartungen hatte Gott allein an sich und sein Tun gebNicht Abram selbst, nicht das Land der Zukunft, nicht die Zhältnisse, auch nicht die Völkerstämme konnten ihm Bürgschempfangenen Verheißungen sein.Allein mit Gott— allein durai

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Gott: durch beides sollten von nun an Abrams Leben und Zbestimmt werden. Daß Abram sich dem hingab, war sein Glagehorsam. Seine Hingabe an Gott löste in ihm die Kraft aus,

entsprechend der an ihn ergangenen Berufung zu handeln. Jedes Glaubens ist eine Frucht, die aus der Hingabe ans WoOffenbarung erwächst. Gott beantwortet alsdann das ihm gesVertrauen mit der Kraft, durch die der Mensch sich selbst uWelt zu überwinden vermag.

Auch Abrams Aufbruch mußte unendlich viele HindernissHemmungen überwinden.Er selbst war bereits ein Fünfundsiebzjähriger. In seinem Naturell lag keine besondere Anlage zu geUnternehmungen und zum übermütigen Heldentum. Er war falls mehr eine beschauliche als eine tatenfrohe Natur. SeinSarai war bisher kinderlos geblieben. Er mußte die allernächstwandtschaft zu gewinnen suchen, falls sie ebenfalls teilhabenan der Berufung, die an ihn ergangen war. Der von Abram gGlaubensentschluß mußte sich mithin „auseinandersetzen mharten Wirklichkeit, mit den Schwierigkeiten im Alltag, dsolcher Aufbruch mit Weib, Gesinde und Habe mit sich.b„Da brach Abram auf"— umgeben von einer Welt, die allein duGlaubensgehorsam überwunden werden konnte. Es begann van für ihn ein Leben, das ihn täglich neu vor kleinere und g

Entschlüsse stellen mußte. Vor ihm lag ein Weg, der dunkel inZukunft, der nur licht in seinem Anfang war. Der Hebräerbriedaher schreiben:„Im Glauben folgte Abram dem Ruf Gottes, in Land zu ziehen, das er zum Erbe erhalten sollte. Er zog aus, zu wissen, wohin er kam1."

Das „Allein mit Gott"bedeutete für Abram jedoch nicht, daßsonst niemanden in die Berufung hineinziehen sollte, die ergangen war.„Und Abram nahm sein Weib Sarai und Lot, seiBruders Sohn, und alle ihre Habe, die sie gewonnen, undLeute, die sie in Haran erworben hatten. Und sie wandertenum ins Land Kanaan zu ziehen. Und sie kamen ins Land Ka(Kap.12, 5).So suchte Abram mit auf den Weg zu ziehen, dieunter seinem Einfluß mitziehen ließen.Denn in der Welt, die sich

» H e b r .1 1 , 8 .

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dem Glauben erschließt, vermehrt sich der Segen, den manderen teilt. Es erhöht sich die Kraft, die man zum Segen opfert. Im Reiche der Himmel, sagte Jesus Jahrtausende späte

dem, der sein Leben zu opfern wagt, es wiedergegeben werdes jedoch zu seiner Selbstbereicherung zu erhalten sucht, dees verlieren1. Denn in der Welt Gottes lebt man nicht um des Lselbst willen. In ihr soll das Leben Gott und dem Nächsten um die Schöpfung zu einem Tempel der Anbetung Gottes zu Hier wird die Hingabe zum Gewinn, die Gemeinschaft zum turn, das Opfer zur Auferstehung.

„Und sie kamennach, dem Lande Kanaan."Menschlich gespro=chen war es höchst unklug, gerade Kanaan zur Wiege und einer neuen und zukünftigen Heilsgeschichte zu erwählen. sprach zwar für dieses Land. Hatte daselbst doch Malki=ZedKönig der Gerechtigkeit, ein Reich des Friedens begründen kEr wies in seinem Charakter der Gerechtigkeit und des Frzurück auf das, was einst der Mensch im Paradiese verlorenund redete prophetisch von dem, was zukünftig dem MenschHeil in einer kommenden Gottesherrschaft werden sollte.

Andrerseits schien das Landder ungeeignetste Boden für einzukünftige Offenbarung Gottes durai ein berufenes Offenbarvolk zu sein.Stand es doch seinem weitesten Umfange nach im B

und unter dem Einfluß eines der entartetsten Stämme der Gescter Noahs.„Der Kanaaniter war schon damals im Lande",bemerkteinfach und schlicht der biblische Bericht. Und doch besagteunendlich viel. Die Bemerkung beleuchtete den sittlichen Tiund den herrschenden Charakter des Landes. War es doch Harn, der Vater Kanaans, gewesen, der sich so schwer gegen

versündigt hatte. Er war nicht einmal zur Besinnung gekommer sah, was seine Brüder in ihrer keuschen Scheu und Gestaten. Anstatt eine gelegentliche Schwachheit seines Vaters inlicher Ehrfurcht zuzudecken, hatte er eine lächerliche, ergöGeschichte daraus gemacht2. Werden doch die Sünden der Eltenicht selten erst an den Kindern gerichtet. Denn-in den K

1

Nach Matth. 10, 39; Mark. 8,35;Luk. 17,33.2 Näheres siehe Band 1, S. 332 ff.

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reifen die Sünden der Eltern sehr oft zu einem Zustand auim Fluche endet. Als daher Noah von seinem Fall erwacht uPropheten geworden war, hatte er gerade von Kanaan gesagt:„Fluch*getroffen wird Kanaan, Knecht von Knechten wird er seinen Bsein1". Dieser Fluch ruhte auf den das Land beherrschenden men, auf den Nachkommen Kanaans.Nicht um des Fluches willenum der niederen Gesinnung und sittlichen Charakterlosigkeit Stämme willen, die bereits Noah als unvermeidlich zum Geführend erkannt hatte, lag daher das Land unter demFluche Noahs.

Kommt doch der Mensch des Glaubens auf allen seinen derungen letzthin allein dort zur Ruhe, wo Gott sich ihm zu baren vermag. Ist dies Sichern, so sucht er Gott nicht in deroder hinter Klostermauern. An allen Weideplätzen und Niedsungen war Abram als ein Durchziehender vorübergegangeGott ihm in Sichern beim Haine Moreh erschien. Hier war d„dem Abram sichtbar".Hier sprach er zu ihm:„Deinem Samen gebe

ich diesesLand. Da baute er daselbst Jahve einen Altar, der ihsichtbar geworden war."(Kap. 12 , 7) .Menschlich gesprochen konnte die Wahl kaum unglücklich

troffen werden, als sie vo n der göttlichen Offenbarung gewurde. War Sichern doch die bedeutendste Hauptstadt vonMittel=Kanaan und eine der ältesten und angesehensten Kultwelche die kanaanäischen Völkerstämme besaßen. Daneben sich der heilige Hain Moreh. Zu welch einer Gesunkenhesittlichen Fäulnis man in diesem Lande fähig war, sehen wiran den untergehenden Städten Sodom und Gomorra. Da wtierischste Gemeinheit zum sittlichen Recht, die gemeinste Slosigkeit zur städtischen Moral geworden. Auch Sichern waberüchtigt „als eine Gegend, die heißblütige Menschen erdenen Mord und Totschlag nichts Seltenes war".

Auch lag Sichern auf dem Gebirge Ephraim zwischen den in ihrem äußern Charakter so gegensätzlichen Bergen:dem Ebal unddem Garizim.Der eine „das Bild des vollendeten Gedeihens",unten bis oben fruchtbar und im schönsten Grün wie ein Ggarten prangend, der andere das Bild des vollendeten Un

1 1.Mose 9,25.

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unfruchtbar, baum= und vegetationslos von der Fußsohle bScheitel. Der erste Altar des Glaubens wurde aber nicht aufruchtbaren Garizim, sondern auf dem unfruchtbaren Ebal er

Das ist Gottes Ironie der Geschickte.Er erwählt, was töricht isvor der Welt. Wo die Sünde mächtig geworden ist, da erweiseine Offenbarung mit ihrem Heil als weit mächtiger. Gott ließan allem im Lande vorüberziehen, bis er zum Orte Sichern mheiligen Hain Moreh kam. Hier wurde er ihm sichtbar und „Deinem Samen gebe ich diesesLand." Da, wo Kanaan1 herrschte,sollte am deutlichsten eine zukünftige Theokratie zu einem Zfür die Völker sichtbar werden.Da, wo der Mensch in seiner Veirrung Heiliges geschaffen hatte und doch ohne den Heiligensollte der Prophet seinen Altar errichten und den lebendigeder Offenbarung verkündigen. Da, wo Staats= und VolksmoraTiefstand erreichten, daß das Land selbst eines Tages seine „ausspie", will Gott ein Volk erziehen, das in seiner Seele

seinem Kultus, in seinem Familienleben und in seinem Staatzu einem Propheten= und Priestervolk werden soll.Von diesem geographischen Punkt, von diesem geschicht

Ereignis aus will Gott hinfort mit seiner Offenbarung und mitHeilsabsichten durch Abram aber auch unter die Völker tretehier aus will er sich an jene Welt wenden, die ihn bisher noc

erkannt und begriffen hat. Daß die Beschaffenheit eines Landeiner Heimat zwar nicht ohne Einfluß auf Anlage und Chaseines Volkes ist, das lehrt uns besonders die jüngere ForsAber ebensostark stellt auch die Missionsgeschichte fest,daß Gottseine Nähe und seine Gemeinschaft nicht von dem Einfluß vonLän=dem oder aber Völkern abhängig gemacht hat.Der Hain Moreh beiSichern kann ebenso wie der Brite in England und der Tscheim Kaukasus, ebenso wie der Finne in Finnland und der SacDeutschland, ebenso wie der Indianer in Kanada oder der HiIndien eine Stätte der Gegenwart Gottes und seines Heils wGott ist groß genug, den Sieg seiner Offenbarung mit dem härVollâ und auf härtestem Boden beginnen zu lassen.Seitdem ist die

1

Der Sohn Hams, der den Fludi seines Großvaters trägt(1.Mose 9,25).2 Vgl.Jes.51,1.

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Offenbarung mit ihrem Heil unaufhaltsam durch die Zeitaltdurch die Völker gegangen. Sie erfaßte alle, die sich wie ihrer Berufung hinzugeben wagten.

Nicht etwa weil Abram bei Sichern eine geweihte Kultuim Hain Moreh, eine durch alte Tradition geheiligte „OTerebinthe"1 fand, ließ er sich hier mitten im Sitz des kultisund gesellschaftlichen Lebens von ganz Mittel=Kanaan niedeSichniederlassen wurde bestimmt durch das:„Da ward Jahve ihmsichtbar/' Wenn auch feststeht, daß die heidnische Baumverein den späteren Zeiten, die den Geist des Glaubens eines wieder verloren hatten, auch in Israel einriß und herrschte, erwartete seine Offenbarung nicht vom Orakel einer heiligenbinthe. Er sah nicht sein Erbe in Sichern, weil dort ein durchgeheiligter Boden war.Eine allmähliche Entwicklung von derOrakeUTerebinthe zum wahren Gottesaltar kennt die Geschichte Stätten wahrer Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrhe

den stets nur aus der Offenbarung geboren und vom Glaubschaffen. Es starbendie Götter, wo Gott sichtbar wurde; es erloschKultus2, wo erst im Herzen des Menschen das Feuer göttlicher Etung loderte; es trat das Heilige zurück, wo der Heilige erst mit dem Menschen als Freund mit dem Freunde verkehren

Für das ganze Glaubenserlebnis Abrams ist es tief bezeic

wie stark der biblische Bericht gerade auch hier hervorhebdaßAbram nur der Empfangende und nicht der aktiv SchaffendEs ist eine Verkennung des Charakters aller Gottesoffenbarudes wahren Prophetentums, wenn man alle höhere ErleuchtuErkenntnis als etwas dem Menschen Immanentes: als das Pmenschlicher Spekulation und Begeisterung bezeichnet. Gottimmer „zu" den Propheten, nicht „in" ihnen. Die wahren Gpropheten waren daher zu allen Zeiten weit mehr als begeDichter und Denker. Auch in unserem Bericht heißt es:„Da wardJahve dem Abram sichtbar und sprach."

1 Es war die Terebinthe, „die immergrüne Eiche, die Zypresse", den semitischen Völkern in ihrem Kultus besondere Verehrung genoßreden die Propheten später auch von den „grünen" Bäumen, wenn Kultusbäume der Nachbarvölker oder aber in Israel selbst benennen

2 Im heidnischen Sinne, wo er vermitteln, versöhnen sollte.

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Es ist daher eine völlige Verkennung des Wesens aller wProphétie,wenn man ihre Quelle in der eigenen Schau des Mensund nicht in der Offenbarung Gottes sucht.Der Prophet weckt nich

die Stimme Gottes, er hört die Stimme, die ihn weckt. Schriftgkann man auch, wie das Schriftgelehrtentum in den Tagen Jesohne Offenbarung sein, allein auf Grund von Exegese, TraditGelehrsamkeit, nicht aber Prophet. Seine Vollmacht liegt im Wgeben des von Gott als Offenbarung Empfangenen, nicht Schaffung einer Offenbarung. Propheten waren von Gott gdaher lehrten sie je und je das Volk, wie Rabbinat und Pharises nie zu tun vermochten.

Ohne uns hier in eine Theorie zu verlieren, wie Gott zu Aund den späteren Propheten gesprochen hat, wollen wir unbewußt dazu bekennen,daß nicht der Prophet, sondern daß Goder Quell seiner Offenbarung war.So gewiß auch damals die Erkenntnis von IClarheit zu Klarheit und aus Erkennen zum Erfortschritt, so gewiß erfolgte bei Abram jede tiefere Gottesernis immer erst auf Grund einer vorhergegangenen Gottesbarung. Ohne Gottesoffenbarung kniet der Mensch vor hTerebinthen und lauscht deren rätselhaftem Orakelrauschen.

Wir haben daher gesagt,daß mit der Entscheidung des Glaubeneine Weltmission verbunden sein kann.Abram traf sie und wurd

zum Propheten. Nicht der äußere Ortswechsel trug ihm diesemacht ein. Das Geheimnis lag in dem Kontakt, den seine SeGrund einer Offenbarung mit Gott gefunden hatte. An sich er Sichern so gottlos finden, wie Ur in Chaldäa gottlos gewesDas Geheimnis seiner Berufung und Erwählung war mithineine Ortsfrage, es war vielmehr eine Offenbarungs= und Glafrage. Offenbarung und Glaube waren auch schon bei Abrabeiden tragenden und entscheidenden Faktoren seines HeilsUnd sie sind es immer noch. Abrams Auszug ohne Offenbahätte ihn nie zum Vater der Glaubenden, nie zum Propheten in der Geschichte gemacht. Auch er hätte sich nicht über einenSichems und über einen Verehrer der Orakel=Terebinthe entwickelt.

Aber mit Gott allein und im Gehorsam des Glaubens w

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der Welt entrückt, obgleich er mitten in der Welt lebte. Als eFeuer der Anbetung in seiner Seele loderte, konnte er auchdem Hain Moreh Gott einen Altar erbauen. Nachdem Gott z

gesprochen: „Deinem Samen gebe ich dieses Land", konntedie feindlichen Kanaaniterstämme dem Fremdling nicht den streitig machen, den er hier finden sollte. Denn das GeheimnisSegens lag wieder nicht in dem alten Kulturlande, wo er sich ließ,es lag in der Verheißung, die hinter ihm stand. Menschedie Welt erst innerlich überwunden haben, überwinden sie ihren Glauben auch äußerlich. Sie machen selbst Tanz= und Tsäle zu einem Tempel Gottes, wo hinfort Irrende vielfach inSeelennot das finden konnten, was sie bisher in der Welt gefunden hatten1. Gott nimmt seine Propheten nicht aus der Wer sendet sie in die Welt. Er separiert sein Volk nicht durcWüste, er erzieht es für sich mitten im Kultus= und KulturlebZeit. Da, wo der Geist der Welt herrscht, spricht Gott zu sAbram: „Deinem Samen gebe ich dieses Land."

Diese Linie ist auch von der späteren, noch weit größeren Obarung Gottes in Christus nie verlassen worden. PropheteApostel der kommenden Jahrtausende bewegten sich in ihremben und in ihren Missionen in dem, was hier so schlicht unbereits so prophetisch angekündigt wurde. Die Propheten seh

Licht aufgehen über Völker, die im Dunkel sitzen, und erwdie Herrschaft Gottes nicht allein für Zion, sondern auch fNationen der Erde. Paulus trägt ein Evangelium in seiner von dem er weiß, daß es groß genug ist, daß er damit die Welt erfüllen könne. Ihm wartet sogar die ganze Schöpfung aErlösung, die durch das Offenbarwerden der Söhne Gottes inlichkeit kommen soll2.

Jedoch am allertiefsten und reinsten verkörperte sich das Gevangelium, das schon hier in der Offenbarung an einem AbrNacht der Menschheit durchbrach, in der Person Jesu Christmit dem Vater, am vollendetsten in der Separation des Gla

1 Man denke an die gesegneten Evangelisationen in den großen lidien Sälen in unseren Tagen, die für das Leben mancher von entschBedeutung geworden sind.2 Rom. 8.19 ff.

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lebend, setzteer sich zu den Zöllnernund Sündern, suchteer dieVerlorenenaus dem Hause Israel. Nicht Gerechte, Gottlosewar ergekommenzu suchen,um Gottes Herrschaftmit ihrem Heilin ihr

Lebenzu tragen.Und als er seine Messiasmission vollendetsahund vor dem Hingangzu seinem Vater stand, spracher von seinenJüngerndas große Wort:„Wie du mich in die Welt gesandt hast,also sende auchidi sie in die Welt"1. Jünger,die erst nicht mehrvon der Welt sind, sendeter in die Welt, damitsie dort einen Altardem Herrn erbauen,der ihnen erschienenist.

Zwischen Abramund Gott hatte eine Glaubensgemeinschbegonnen,d. h. der persönliche Gebetsumgang eines menschlicIch mit dem göttlichen Du.Auf der Grundlage dieser Gemeinschagelangte Abramvon Offenbarungzu Offenbarung,von Erkenntniszu Erkenntnis,von Verheißungzu Verheißung. Sooft Gott sprachgehorchte Abram,und sooft Abram gehorchte, antworteteihm Gottmit vermehrter Offenbarung. So entstand ein Glaubensweg,auf demüberall vom Glauben dem Herrnein Denkmal gesetzt wurde.„Dar"nadi brach ervon dannen auf nach dem Gebirge östlichvon Bethelund schlug sein Zeltauf, Bethelim Westen und Ai im Osten;dabaute er Jahve einen Altarund betete im Namen Jahves.Da zogAbram immer weiter nach dem Südland/'(Kap. 12 ,8 f.). Denn Glau=benswege gehenvon Altar zu Altar, immer tieferin den Verkehr

mit Gott.Ist mit Glaubenswegen auchder Charakterder Fremd=lingschaftund der Wanderschaft verbunden, führensie auchvonSichernins Gebirge,vom Nordenin den Süden,so erschließensiedennoch immer neu Lagerplätze,wo der Mensch des Glaubens seinZelte aufschlagen kann,um seine Herdenzu versorgenund um denVerkehrmit Gott zu pflegen.

3. Die Dürre im Lande unddie Versudiungsstunde1.Mose 12,10—20

a) Die Dürre wurde zur Versuchung„Es kam aber eine Hungersnot überdas Land. Da zog Abram

nach Ägypten hinab, sich dort aufzuhalten; denndie Hungersnotwar schwerim Lande" (Kap. 12,10).Mit Abrams Berufungund

1 Joh.17,18; Luk.10,3.

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seinem Glaubensgehorsam hatte Gott den großen DurchbruOffenbarung in die altsemitische Welt vollzogen.Gott war bis zueinem Menschen durchgebrochen, Abram bis zu Gott.Das Ergebnis

war, daß Abram sich hinfort in allem: in seinem Segen, in Bewahrung und in seiner Zukunft allein auf Gott gestellt sahes das Unheil der damaligen Welt, daß sich jedermann bestiließ durch den Geist der Zeit, so sollte es das Heil Abrams wdaß er sein Leben ordnen ließ durch den Geist der Offenbaru

Abrams Hingabe an diese Offenbarung hatte ihn bis Siund dessen südliche Nachbargebiete geführt. Seine Seele wihrem Suchen zur Ruhe gekommen,wo Gott ihm erschienen warIn Sichern hatte Gott zu ihm gesprochen:„Deinem Samen gebe ichdiesesLand." Auf diesen Boden des Glaubens sah sich AbramGott gestellt. Hier allein sollten sein Segen und seine Zukuder Welt liegen. Vom Hain Moreh bei Sichern war Abram abrochen und hatte seine Zelte etwas südlicher im Gebirge zw

Bethel und Ai aufgeschlagen. Hier erbaute er aufs neue demeinem Altar der Anbetung und„rief den Namen Jahves an".SeinAnrufen Gottes war der Protest seines Glaubens jener babylonWelt gegenüber, deren ganze Geistes= und Lebensrichtung „Laßt uns uns einen Namen machen!"aufging. Was Abram durchOffenbarung an Erkenntnis Gottes erschlossen worden war, le

nun vom Altar in die Nacht des Aberglaubens und der Göttehrung der damaligen Zeit. Gesegnet mit einer lebendigen Gerkenntnis, segnete Abram hinfort die Welt mit dem Namen din dem allein das Heil der Welt zu finden ist.

Und doch beginnt hier eine dunkle Seite in der Glaubeschichte eines Abram. Was ihn bestimmte, immer weiter südlziehen, wissen wir nicht. Suchte er eine Isolierung über Gottes barung hinaus? Verstand er vielleicht nicht, daß die erste Obarung, Gottes „lech=rcha:Gehe für dich allein!",auch wiederumihre Grenze finden sollte in der anderen:„Deinem Samen gebe ichdiesesLand"! Also nicht nur eine vorübergehende Ruhestätte, dem Heimat sollte dieses Land seinen zukünftigen Geschlewerden. Abrams äußere, nicht innerliche Isolierung sollte hi

Erfüllung finden.

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Eine Dürre im Südlande hat jeder der Glaubensväter durchge=macht. Denn auch jener Boden, auf den der Glaube sich gestelltsieht, und auf dem sein Segen und seine Zukunft liegen sollen, kann

eine Hungersnot erleben. Das Geheimnis für das sittliche und äußer»liehe Gedeihen Abrams soll nicht in einer dauernden Fruchtbarkeitseiner Heimat, es soll in seinem Glaubensverhältnis zur göttlichenOffenbarung liegen. „Ich will dich segnen", schrieb die göttlicheVerheißung über die Zukunft Abrams. Dieses „Ich" machte AbramsLeben und Segen unabhängig von den Wechselerscheinungen jenesLandes, in das er sich verpflanzt sah. Und doch ging Abram „nachÄgypten hinab". Er erkannte nicht die Versuchung, die in der ein=getretenen Hungersnot für seine Glaubensstellung zur göttlichenOffenbarung lag. Gottes Leitung hat nie eine Zukunft und einenWeg garantiert, die ohne Prüfungen, Kämpfe, Leiden und Opfersein würden. Aber sie garantiert, daß der Mensch des Glaubens beialler Separation doch nicht allein sein werde. Sie verheißt, daß Gott

auch in der Dürre mit „Honig aus dem Veisen sättigen" werde. NichtVorhandenes dem Abram nehmen, Neues seinem Glauben erschließßen will die göttliche Offenbarung, wenn sie über jenes Land eineHungersnot kommen läßt, in dem er seine Heimat und Zukunftfinden soll.

b) Abram wird schwach im Glauben„Als er nahe daran war, nach Ägypten zu kommen, sprach er zu

seiner Trau Sarai: ,Siehe, ich weiß es doch, daß du ein schönes Weibbist' " (Kap. 12,11). Wer den Charakter der Heiligen Schrift ver=kennt, mag Anstoß nehmen am folgenden Bericht. Die Bibel willaber keine Beispielsammlung von frommen Menschen sein. Sie er»

zählt Geschehenes nicht, weil es mustergültig war, sondern einfach,weil es geschah. Sie schrickt nicht davor zurück, auch die Fehler,Schwächen und Verirrungen der alten Glaubensväter zu erzählen.Die kommenden Geschlechter sollen nicht an die Väter, sie sollen anGott glauben, der mit seiner Offenbarung und seiner Bewahrunghinter deren Leben stand. Stünde deren Leben ungetrübt in derSchrift, dann wäre die Vätergeschichte eine Dichtung. Wüßten wirnicht von ihrem Fallen in Schwachheit und ihrem Auferstehen durch

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Gnade— sie wären uns Halbgötter, nicht aber Menschen des bens.Wäre ihr Leben ohne jegliche Leidenschaft, die spätere migkeit würde es dann ihrer Selbstveredelung und Selbstbschung zugeschrieben haben, nicht aber der Gnade.Nicht moralischeVorbilder, von Gott begnadete und zurechtgebrachte und gesePersönlichkeiten haben wir in den Glaubensvätern.

Im Urteil der Menschen war es selbstverständlich, daß Aangesichts der schweren Hungersnot hinab nach Ägypten zogdamals galt Ägypten mit seinen nie versagenden Fruchtfeldden Ufern des Nilstromes als „die Kornkammer" der AltenSo hoffte auch Abram, hier Brot für sich, seine Knechte und und Futter für seine Herden zu finden. So verständlich es abStandpunkt des Menschen aus war, daß Abram aus dem Südland nach Ägypten zog, so unverständlich war es vom punkt des Glaubens aus. Denn der Glaube und sein Handelgebunden an Gott. Abram ließ sich aber in seinem Entschlu

durch Gott, sondern durch den Druck der Verhältnisse unddie Fruchtbarkeit Ägyptens bestimmen.Gelöst von der göttlichen Offenbarung muß aberauch der Glaube

Abrams irren und fehlgehen.Er wird fähig sein, auf selbsterwähltWegen seine heiligsten Güter zu verleugnen. Denn als Abraden Grenzen Ägyptens näherte, sprach er zu seinem Weibe „Ich weiß recht wohl, daß du ein schönes Weib bist. Wennnun die Ägypter sehen, so werden sie denken: ,Das ist sein und sie werden mich erschlagen und dich am Leben lassen. Sodoch, du seiest meine Schwester, auf daß es mir um deinetwwohl gehe und ich durch dich am Leben bleibet"

Wer sich erst um einer Hungersnot willen auf den BodeVersuchung begibt, gelangt daselbst aus Versuchung in VersuAuch Abrams Leben fing an, lauter Berechnung zu werden,wagte, sich in seinen Entschlüssen unabhängig zu machen voEr stellte sich auf den Boden der zeitlichen Verhältnisse, schloder herrschenden Moral und den Gepflogenheiten der Ägypund suchte durch seine geistige Überlegenheit der Schwere desuchung zu begegnen.

Angesichts der herrschenden Landessitte und Volksmoral

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den Frauen gegenüber befand sich Abram tatsächlich in einkritischen Lage. Ob verheiratet oder unverheiratet, in beidenwar Sarais Frauenehre bedroht. Denn der zum öffentlichen, lischen Recht erhobenen Sittenlosigkeit stand sowohl in demwie in dem anderen Fall der Weg,offen zu dem fremden WWar sie verheiratet, so tötete man einfach den Mann und die Frau; war sie jedoch unverheiratet, so suchte man sich diedes sie begleitenden Bruders durch Geschenke zu gewinnendiesem Wege war es möglich, in den Besitz der Schwester zlangen. Diese schwere Lage kam Abram zum Bewußtsein, als

den Grenzen Ägyptens näherte. Vor ihm stand sein Tod oder Schande. Wenn er auch erwartete, daß die Ägypter Sarai lebenwürden, so wußte er doch, wozu das geschehen würde. Soes, daß Abram zu seinem Weibe sprach:„Sage doch, du seiest meineSchwester, auf daß es mir um deinetwillen wohl gehe und idi dich am Leben bleibe."

Wie unsicher beginnt doch das Leben zu werden, sobald es Glaubensverbindung mit Gott verloren hat!Hinfort ist die Separa*tion des Glaubens inmitten der herrschenden Volkssitte unöffentlichen Leben unmöglich. Man sieht sich gezwungen, auselben Boden zu treten, auf dem der Mensch mit seiner Moraohne Gott lebt. Auf Grund der geltenden Rechte sucht er anoch zu retten, was zu retten ist. Das Leben wird hinfort der ball des Schicksals. Die Zukunft wird abhängig davon, ob mrechtzeitigen und richtigen Anschluß an die herrschende Gerichtung und Lebensethik der Zeit gewinnt. Nicht Gott, der Mbestimmt hinfort wieder die einzelnen Entscheidungen und lungen des Lebens.

Daß Abram zu solch einem Fall auch als Mann des Glaunoch fähig sei, konnte ihm nur auf dem Wege der VersuchungBewußtsein kommen.Damit ans Licht trete, was als Weizen uwas als Spreu auch im Leben der Glaubenden fortlebt, gewähdem Satan das Recht, daß er sie sichte, wie man auf der TenWeizen sichtet. Jede Versuchung ist in der Regel aufs engste mgewöhnlichen Geschehen unseres Lebens verwoben. Sie läßt

offenbar werden, inwieweit das Innen= und Geistesleben au

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eingestellt ist und mit dessen Kraft rechnet oder nicht. Denn auchder Mensch des Glaubens läßt sich erst von dem erlösen, was ihmzuvor in seinem Leben als widergöttlich zum Bewußtsein gekom=men ist.

Gewiß hätte Gott einen Abram vor dieser Stunde der Versuchungzu bewahren vermocht. Hätte Abram auch ohne Versuchung erkannt,daß er auch nach seiner Berufung zu solch einer niedrigen, mensch=liehen Selbsthilfe in der Stunde der Not fähig sei, Gott hätte ihmdiese Niederlage erspart. Gott sah aber, daß in der Zukunft auf demGlaubenswege Abrams noch viel schwerere Konflikte des Lebens und

Stunden der Versuchung eintreten würden. In diesen würde Abramsich aber nur dann bewähren, wenn er sich nodi weit restloser alsbisher in allen seinen Entscheidungen an Gott gebunden sehenwürde. Gottes Ziel war daher, Abram auf Grund seiner Erfahrungenin Ägypten gelöster von sich selbst und gebundener an Gott zumachen. Ein Glaube, der sich einerseits von Gott abhängig machen

läßt, andrerseits aber auch ohne Gott zu handeln wagt, erlangt nichtdas Ziel der göttlichen Berufung. Ihm müssen eines Tages die Stun=den des Handelns ohne Gott zur Katastrophe gereichen.

c) Gott wachte über Abram

So verworren und kritisch jedoch die ganze Lage und SituationAbrams und seines Weibes in Ägypten nun auch war, Gott wachtedoch über deren Verlauf und jedes einzelne Geschehen. Es sahenzwar die Ägypter, daß Sarai „sehr schön sei", niemand wagte aber,sie zu berühren. Erst als die Fürsten des Landes sie sahen, rühmtensie ihre Schönheit vor Pharao. Da wurde Sarai in das Haus Pharaosgeholt. Gott ging jedoch mit ihr. War sie doch weit mehr die Lei=

dende als die Schuldige. Aus uns unbekannten Gründen zog Pharaosie zunächst nicht in das engste Hofleben und in seinen Harem hin=ein. Vielleicht sollte auch Sarai, wie später Esther am Hofe des Ahas=veros, zuvor für ein intimeres Zusammenleben mit Pharao gesalbtund geweiht werden. Abram gegenüber erwies Pharao jedoch seinegroße Gunst. Er schenkte ihm um Sarais willen viele Knechte und

Mägde, Kamele und Rinderherden, Kleinvieh und Eselinnen. Die

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Schrift erzählt nun nicht weiter, ob durch Krankheit oderinnerliche Beunruhigung Pharao sich veranlaßt sah, Sarai lassen und Abram unter Bewachung aus dem Lande zu beOffenbar gehörte Pharao zu jenen Persönlichkeiten der heidWelt, die trotz der herrschenden Unsittlichkeit entsprechendRechtsbegriff, den sie besaßen, kein Unrecht tun wollten.Er besaßein Gewissen, zu dem Gott wenigstens durai Gerichte reden

Denn als der Herr ihn und seinen Hof um Sarais willeschweren Plagen heimsuchte, da verstand er, daß es die SGottes sei. Er erfuhr, vielleicht durch ein Bekenntnis Sarais,falsch unterrichtet worden wäre. Da ließ er Abram rufen un„Was hast du mir da angetan? Warum hast du miài nicht wlassen, daß sie dein Weib ist? Warum hast du gesagt, sie sei Schwester, so daß ich sie mir zum Weibe genommen habe?da hast du dein Weib, nimm sie und ziehe hin!"

Abram war berufen worden, als Prophet Gottes mit dem

der göttlichen Offenbarung das Gewissen der Welt zu seinNunmußte die Welt zum Gewissen Abrams werden.Es ist immer er=schlitternd und äußerst demütigend für Gottes Berufene, weHerr ihnen nur noch durch das natürliche Rechtsgefühl der Wsagen kann, was er ihnen so gern zuvor durch Erleuchtunghätte. Da Abrams Ohr in dieser Angelegenheit nicht zart gewesen war für die Sprache Gottes, so mußte Gott es weckedie Sprache der Welt. So beschämend es für Abram auch wihn aber in der Zukunft vor weit Schwererem zu bewahren, Gott ihn nicht über das Schwere der Gegenwart hinweghebenPetrus seinem Meister nicht für immer verlorenginge, ließ ddessen Verleugnung zu. Er wollte ihn hinfort auf Grund eintieferen Selbsterkenntnis zu einem dauernden Apostel seiner und zum Hirten seiner Schafe und Lämmer begnadigen.Wen Gottnicht ohne Versuchung, a llein durch Offenbarung, in seine Erlhineinzuziehen vermochte, den suchte er noch immer auf demschwereren Wege der Versuchung und des Falles zu erlösen.Selig,wer dann die Sprache Gottes durch die Versuchung verstand! Wwaren augenblickliche Gerichte im Leben des Menschen das

und äußerste Mittel, das Gott in seiner Liebe anwenden muß

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für die Zukunft den zu retten, der ohne Gericht dauernd vegegangen wäre!

Gott selbst jedoch wachte über Abrams Fall. Er durfte nichsein, als es zunächst zur Erziehung Abrams nötig war.Denn Gottist es nicht um den Fall seiner Erwählten zu tun, er ringt um Erlösung.Er sorgte auch dafür, daß Abram durch die Welt sausgeschieden wurde, da er als Berufener Gottes nicht meWelt gehörte.„Und der Pharao entbot seinethalben Leute; die mten ihn und sein Weib und alles, was er hatte, geleiten."Dies warnicht nur eine Freundlichkeit Pharaos Abram gegenüber. Es wbeschämende Beschränkung Abrams in seinem Entschluß seiner Bewegungsfreiheit. Pharaos Leute hatten dafür zu sorgAbram das Land verließ. Ist der Glaube Abrams schwach gein seinen Entschlüssen und Handlungen, dann läßt Gott wKräfte mitwirken, daß sein Erwählter wieder auf die richtigekommt. Wie hat sich das in der späteren Geschichte Israels un

innerhalb der Kirche Christi so oft wiederholt, was Abram sätzliches hier erlebte!Suchte Israel oder auch die Kirche in Ägypeine Weltvermählung, um sich vor der Hungersnot auf dem der Separation des Glaubens retten zu können, dann bestellteeines Tages die Knechte der Welt, um den aus Ägypten zu der als Fremdling nicht zu Ägypten gehörte.

Das mag schmachvoll und schmerzlich für die Kirche seinfür sie aber Gnade im Gericht. Nicht die Kirche in ägyptischarmung und Gefangenschaft, nur die Kirche in der Glaubensgigkeit von Gott bleibt Trägerin des Heils für die Völkerwelt.in Ägypten mußte lügen und die Mitträgerin derselben Verhverleugnen. Anstatt einem Pharao zum Segen zu werden, wihm zu einem Fluch. Ist die Kirche nicht Kirche, verleugnet sund ihre Berufung, ein Segen für die Völker zu werden, dansie das dumm gewordene Salz, das von den Füßen der Völktreten wird.

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4. Die Trennung von Lot und des Glaubens Bewähr1. Mose 13

In den inneren und äußeren Konflikten, in die Abram dur

Hinabziehen nach Ägypten kam, hatteer weder die Zeit noch denMut gefunden,dem Herrn einen Altar zu erbauen.Ein Glaube, dersich unabhängig macht von der göttlichen Offenbarung undWege zu gehen beginnt, hinterläßt keine Altäre zum Zeugndem, was er mit Gott erlebt ha t. Auch Abram fand erst seine des Glaubens wieder, alser auf seiner Rückkehr biszu dem Ortekam,„wo im Anfang sein Zelt gestanden hatte, zwischen BethAi, an die Stätte des Altars, den er vordem daselbst gemacht und dort rief Abram den Namen Jahves an".Auf selbsterwähltenWegen wird das Gebetsleben, der Verkehr mit Gott,in der Regelsehr arm. Als Abram sich aber erst wiederin jenem Lebensraumbewegte, der ihm durch die göttliche Offenbarung gezogen war, da wurde aufs neuein seinem Leben auch der Charakter dBerufenen sichtbar.Selbst Propheten Gottes verlieren Sprache uCharakter, wenn sie in Ägypten Zuflucht suchen, während Gtrotz der Teurung in Kanaan segnen will.

a) Der Streit unter Brüdern

„Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe, Rinder

Zelte. Und das Land ertruges nicht, daß sie beieinander bliebendenn ihre Habe war groß. Drum konnten sie nicht beieinanderben. So kam es zum Streit zwischen den Hirten über Abramsund den Hirten über Lots Vieh. Damals aber wohnten die Kanaund Pheresiter im Lande."(Kap. 13 ,5—7).Dieser Bericht macht unsvertraut mit Abrams neuer Versuchungsstunde. Die erste hat

dem Boden rein äußerlicher Verhältnisse gelegen:die

Dürreim

Lande. Die zweite lag auf dem Boden der Gemeinschaft: dakonnte das Zusammengehen Abrams und Lots nicht mehr erDenn„Lot, der mit Abram zog, hatte auch Schafe, Kinder und ZLots enger Anschluß hatte ihnin allem an dem äußerlichen Segeteilnehmen lassen, der auf Abram ruhte. Obgleich er anfängliin Abrams Zelte aufgenommen und dessen Hausgenosse warer jetzt eigene Zelte. Er bildete mit diesen und seinen Herden

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selbständigen Kreis und Besitz. Lots Anschluß an Abram warein äußerlicher geblieben.Er teilte zwar den Segen, nicht aber dBerufung, die mit Abrams Leben aufs engste verbunden waAus

der Art, wie der Text das Folgende darstellt, geht hervor, daAufgabe nur darin bestand, seine Zelte zu vergrößern und zu gewinnen. Abrams Anrufen des Namens Gottes berühnicht. Lot fand seine Ruhe und Befriedigung allein im Segeim Segnenden.

Auch im Mittagslande von Kanaan, wo man aufs neue naRückkehr aus Ägypten seine Zelte aufgeschlagen hatte, kAbram und Lot als Fremde nur auf herrenlosem Boden weidverschiedenen Stämme der Kanaaniter und Peresiter bewohnreits das Land und hatten die fruchtbarsten Gegenden in genommen. Nun„kam es zum Streit zwischen den Hirten üAbrams Vieh und den Hirten über Lots Vieh".Der Streit entstandum der offenen Weideplätze und der Quellen willen, die da

noch bot. Der wachsende Segen beider Kreise schien es mit bringen, daß der Vorteil des einen zum Nachteil des andern ge

Die Notwendigkeit der Trennung Lots von Abram erwiejedoch nicht allein auf Grund der äußeren Entwicklung beiderSie wurdeeine innerliche Notwendigkeit.Sie mußte kommen zu=nächst um Abrams willen. Mit dem Auszug aus Haran nach

war Abrams Berufung und Separation noch nicht abgeschlossIsolierung auf dem Wege des Glaubens, das göttliche „ledmußte noch ein viel einschneidenderes im Leben Abrams wGott hatte es gestattet, daß Lot mit auf den Weg der Berufuzogen wurde, vielleicht sogar um Abrams willen. Gott läßGlauben bestimmte Stützen und Anschlüsse, wenn er zunäschwach ist, ohne solche den Weg„allein mit Gott"zu gehen.

Als Gideon einst von Gott berufen wurde, Israel von der ren Bedrückung der Midianiter zu erretten, fürchtete er sichsichts der Stärke des Feindes vor der ihm aufgetragenen MDamit er sich aber selbst überzeugen könnte, welch eine Verwund Mutlosigkeit der Herr im Lager der Midianiter hatte enlassen, sprach er in der einen Nacht zu ihm:„Steh auf und brich insLager ein; denn ich habe es in deine Hand gegeben. Fürchte

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dich aber, einzubrechen, so geh mit deinem Burschen Pura zum Lager undhorche,was sie reden! Dann wirst du den Mut finins Lager einzubrechen1." Gewiß bot der Knabe Pura Gideon ke

Deckung vor der Macht der Feinde. Gott aber sah, daß GGlaube mit dem Knaben den Mut finden werde, das zu tun,ohne ihn nicht wagen würde zu tun.

Gott weiß weit besser als der Mensch selbst,was er dem Glaubenseiner Berufenen zumuten darf und was nicht.Offenbar hatte es auchAbrams Entschluß, die Heimat seiner Väter und die Grabseiner Ahnen zu verlassen, erleichtert, daß Lot bereit war, mzu ziehen. Und Gott hatte Lot hinfort teilnehmen lassen aSegen, der für Abram auf dem Wege des Glaubens und des sams lag. Nun war aber nach all den bisherigen ErlebnissStunde gekommen, wo Abram auch ohne Lot seinen Weg desbens entsprechend der göttlichen Berufung gehen sollte. EiSchluß, der zuerst eine Stütze gewesen war, mußte mit der Z

Hindernis und Anstoß für jenen Glauben werden, der berufmit Gott allein zu gehen.

Jedoch die Trennung mußte kommen auch um Lots willener sollte eine Persönlichkeit auf dem Wege der Berufung wBisher sah er sich in seinen Handlungen nur bestimmt durch Was er bisher geworden war und empfangen hatte,war im Anschluß

an Abram geschehen.Eine persönliche Glaubensabhängigkeit der göttlichen Offenbarung kannte er nicht. Sein bisherigeswird durch den Satz charakterisiert:„Und Lot zog mit ihm."Durcheinen solchen rein äußerlichen Anschluß kann Lot zwar geniemals aber eine geistliche Persönlichkeit werden. Persönlicdes Glaubens waren immer eine Schöpfung, die nur auf demeines persönlichen Verhältnisses zu Gott werden konnte. Unmkonnte Lot Abrams ferneren Weg und Lebensführung teilennicht auch sein Leben in eine selbständige, individuelle Abhkeit von Gott käme. Die Gelegenheit dazu sollte Lot werden, die äußere Notwendigkeit erwies, daß Abram und Lot sich uHerden willen trennen mußten.

Bei dieser Trennungsfrage zeigte sich nun, wie unendlic1 Richter7, 9 ff.

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Abram durch die schweren Erlebnisse in Ägypten gewonneEr hatte nicht vergeblich die Prüfung, die Niederlage und diedemü=tigende Zurechtweisung durch Pharao erlebt.Bewußter als je zuvo

hatte er sich auf den Weg Gottes: lech=rcha! und in die Abhäder göttlichen Offenbarung gestellt. Das gab ihm auch dienicht selbstdie Wahl seines Ortsbesitzes zu treffen. Im Bewußseiner Abhängigkeit von Gott konnte er die Entscheidung ganz seinem Neffen Lot überlassen.„Laß doch nicht Zank sein zwsehen mir und dir, zwischen meinen Hirten und deinen Hjrtesind ja Brüder!"Leider waren sie beide nur blutsverwandt, weaber geistes= und seelenverwandt. Es fehlte die gemeinsameGlaubensebene, die das Leben beider über den äußerlichen Seseinen Zelten, Hirten und Herden hinaushob.

b) D i e W a h l L o t sDieser innere Zwiespalt zwischen Abram und Lot wirk

unter den Hirten als offener Streit um die besten WeidepläNicht nur heute, auch damals schon war es so:Wenn Brüder zank*ten, dann hatte die Welt immer den Vorteil davon.Abram erkanntedaher die Gefahr, die in einem dauernden Streit angesichts dwohner des Landes sowohl für ihn als auch für Lot liegesprach er eines Tages zu Lot:„Steht dir nicht das ganze Land offe

So trenne dich doch von mir! W illst du zur Linken, so gehe Rechten; oder willst du zur Rechten, so gehe ich zur LinkeJezarter das Gewissen der Berufenen wird, desto mehr leiden sallem Bestehenden, das dem Wesen ihrer Berufung widersprisuchen sich daher selbstlos von allem zu lösen, was sich nichGeist und in den Charakter der göttlichen Berufung hineiläßt. Lieber weniger äußerlicher Segen und Erfolg als der dZustand eines innerlichen Zwiespalts und lähmenden Zwistsehen Bruder und Bruder!

Hinfort mußte nun offenbar werden, welch eine PersönLot im Lauf der Jahre auf Grund seiner Erlebnisse und der gten Erfahrungen geworden war.„Da erhob Lot seine Augen und sadaß die ganze Jordanaue ein wasserreiches Land war. . . wie derGarten des Herrn, wie das Land Ägypten, bis nach Zoar

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Unabhängigkeit von Gott führte den Menschen immer zu einerüberlegenden Berechnung der bestehenden Situation. Auch Lot hattein Ägypten viel gesehen und gelernt. Es war ihm nicht das Geheim*

nis entgangen, warum Ägyptens Nilauen von ewiger Fruchtbarkeitwaren. Er hatte verstanden, warum das Land zur Kornkammer derganzen Alten Welt werden konnte. Dasselbe Bild bot sich seinemsuchenden Auge nun in der Talebene des Jordan. Sie war wasser=reich, fruchtbar wie ein Garten Gottes, wie das Land der Ägypter.Auch hier war alles auf einen ewigen Segen festgelegt. Eine Wieder=holung der durchlebten Hungersnot war mithin ausgeschlossen. DieseErwägungen bestimmten Lot in seiner Wahl. „Abram blieb im LandeKanaan; Lot aber ließ sich nieder in den Städten der Aue und zogmit seinen Zelten bis gen Sodom. Aber die Leute von Sodom warenarge Sünder und Frevler wider den Herrn."

Offenbar fürchtete Lot den Einfluß Sodoms nicht. Die Männervon Sodom boten nichts Verlockendes für einen Menschen des Glau=bens. Deren Grundhaltung des Lebens war gegen Gott gerichtet. Imbürgerlichen Leben verleugneten sie jede sittliche Grundlage. Mora=lische Verwahrlosung machte den Menschen aber noch immer rück=sichtslos und hart gegen den Nächsten. Zügellosigkeit und Aus=Schweifung setzen sich skrupellos über alle Rechte der Zeitgenossenhinweg. Da Lot trotz seiner Erkenntnis des lebendigen Gottes doch

ohne Geistesverwandtschaft mit der göttlichen Berufung gebliebenwar, so konnte für ihn die herrschende Geistesrichtung Sodoms keinHindernis sein, sich da zeitlich mitsegnen zu lassen, wo alle Weltgesegnet wurde. Die Gemeinschaft Sodoms schien ihm lieber zu seinals die Separation des Glaubens. Der zeitliche Segen versprach ihmmehr als die göttliche Berufung. Die Pflege seiner Zelte stand ihmhöher als das Errichten von Altären Jahves. Er erschloß sich der Weltund ihrem Segen, nicht aber Gott und seiner Offenbarung.

c) Abr ams R ech tf er ti gung

Lot hatte selbst die Wahl getroffen, und zwar ohne Gott. Nuntraf Gott die Wahl, und zwar für Abram. Denn als Lot sich nichtnur räumlich, sondern auch geistig=persönlich, wie es im Wortlautdes Textes liegt, von Abram getrennt hatte, sprach Gott zu Abram:

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„Hebe deine Augen auf und sdiaue von der Stätte, da du gegen Mitternacht und gegen Mittag, gegen Morgen und Abend! Denn das ganzeLand, das du siehst— dir will idi es geben

und deinen Nachkommen für ewige Zeiten."(1. Mose 13,14 .15 ) .Nie vermag die eigene Wahl einer fleischlichen GesinnuErbe und den Segen einzuschränken, die Gott mit seiner Erwfür die Berufenen verbunden hat. Je gebundener die Erwähihrem Vertrauen an Gott werden, desto gelöster von den Folselbstsüchtigen Wahl der fleischlichen Gesinnung stehen siTages da.Wird ihnen das Wählen genommen, so wählt Gott fü„Hebe deine Augen auf, Abram, ob östlich, ob westlich, obwärts, ob südwärts"— die Grenzen deines Erbes und Segens menschlich nicht zu bestimmen und festzulegen —.Das war GottesAntwort auf Abrams Schweigen.Mit Gott kann auch die öde WüJuda zu unerschöpflichen Quellen des Segens werden. Ohnführt jedoch auch die Jordanebene mit ihren Fruchtgärte

Wasserströmen zur Knechtung und Katastrophe.Nie war die KircheChristi so arm, als wenn sie in ihrer fleischlichen Gesinnungmehr den Geist der Welt fürchtete, sondern in eigener Wahl Erbe zu teilen suchte, um sich dauernd ihre Zukunft zu siUneingeschränkte Segensgebiete erschließen sich ihr nur, wdem Geiste ihrer Berufung entsprechend als Gottes Erwäh

Prophetin den Weg der Separation des Glaubens geht und iLanden Altäre als Zeugnis für Gottes Offenbarung erbaut.Mit dieser göttlichen Wahl wurde für Abram noch eine

Verheißung verbunden:„Ich mache deinen Samen wie Staub dErde, daß, wenn jemand den Staub der Erde zählen kann, aucSame gezählt werden solle."Für immer sollen die durch GottWahl bestimmten Segensgebiete auch das Erbe des Samens werden. Diesen will der Herr selbst machen wie den Staub dSo wenig dieser zu zählen ist, so zahllos sollen auch Abramskommen werden. In diesen Worten liegt für jeden ExegeteSchwierigkeit. Er fragt sich: Handelt es sich in diesem BilStaub der Erde um eine buchstäblich „zahllose" oder „unzäMasse oder nur um eine sinnreiche Analogie? Die Weisen betonen daher weniger „die numerische Ähnlichkeit" als v

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„die Analogie des Bildungsprozesses und der Bedeutsamkeitmit denendes irdischen Stoffes"1.

Wie oft hat die Menschheit sich wie Lot die Jordanaue m

Fruchtfeldern und Segensquellen gesichert und dem Glauben nur die Wüste gelassen, dem Samen Abrams Rechte um genommen, ihnen Exil um Exil geschaffen, und doch hat bisquantitative Existenz" der Söhne Israels keine Weltmacht degangenheit noch der Gegenwart zu bestimmen vermocht! Isrdieh je und je auch im Exil der Völkerwelt, sah sich geseg

andere untergingen, baute Altäre und hütete Herden, wo angegenseitigen Kampf und Streit unterlagen. Wer dieses Vseiner großen Vergangenheit und in seiner weit größeren Zverstehen will, der suche Abram in seinen Erlebnissen zu veDer Schlüssel zum Verständnis Israels liegt in Abrams Beund Geschichte. In Abrams Erwählung lag nicht die Berufeiner Sekte, „nicht zum Erleben einer privaten Seligkeit". Drufene sollte zum Volk werden. Durchs Volk beabsichtigte Gden Völkern zu kommen. Durch diese Verheißung soll der charakter der Geschichte Abrams bestimmt werden. Die Kircden Anbruch der tiefsten Erfüllung dieser Verheißung A„Werde ein Segen!"in der Person Jesu Christi.

Als Abram dem Auftrage Gottes gemäß nun mit seinen und Herden das Land durchzog, kam er bis zu den Hainen Mdie bei Hebron waren. Hier ließ er sich aufs neue nieder unddaselbst Jahve einen neuen Altar. So macht der Glaube immEntdeckungen. Er weiht jede ihm erschlossene Segensstätte zTempel Gottes.Des Glaubens Anbetung und Zeugniserlöschen niait,weil die Offenbarung niait erlischt, durch die Abrams Lebenbegna=

det und bestimmtwird.

1 Bekanntlich ist der Staub das Bildungsfähigste, der Grundstoirdischen Leiblichkeit und Gestaltung. Der Bildungsstoff aller Wessich aus dem Staube zusammen und kehrt nach der Erfüllung seinerwieder zu ihm zurück. „Und in allen Umwandlungen geht kein von seiner Kraft und kein Körnlein von seiner Masse verloren — aAbrams Samen." Nach G. Hirsch, Genesis S. 205.

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5. Der Kampf der Weltmächte und neueGlaubensgefahren

1. Mose 14

Nach der so weittragenden Trennung Abrams und Lots warenzwei Seelen äußerlich zur Ruhe gekommen: Abram auf dem Boden,den ihm die Offenbarung Gottes gezogen hatte; Lot dagegen hattesich in der Talebene des Jordans, wo sich das Geistesleben der Weltauswirkte, niedergelassen. Für beide nahte aber sehr bald eine drittePrüfungsstunde. Lot mußte sie zum Gericht, Abram zur Dienst»gelegenheit seiner priesterlichen Seele gereichen.

Es gibt für den Menschen keinen gewonnenen Standpunkt undOrtsbesitz, wo sich ihm nicht die Versuchung und Prüfung in völligneuer Form nahen könnten. Der Versuchung blieb selbst im Para=diese der Weg zum Herzen des Menschen offen. Hier fand sie jeneSprache für ihr Evangelium, die dem Menschen zum Fall gereichte.Erst da, wo die Versuchung innerlich im Licht der Offenbarung undim Geiste des Glaubens vom Menschen überwunden wurde, hat sieihren heimlichen Stachel und ihre äußere Gewalt verloren. Sie ist inihrem Charakter immer so angelegt, daß sie den Menschen aus einemabhängigen Verhältnis zu Gott und aus seiner übergeordneten Stel=lung zur Welt herauszulocken sucht. Sie will ihn unabhängig vomLicht der Offenbarung und abhängig vom Geist der Zeit machen.

Wer ihr unterliegt, dem lohnt sie mit Knechtung und Tod. Wer sieüberwindet, dem erschließen sich vermehrter Friede und neues Leben.

a) Die Völker unter sich

Diese dritte Prüfung war aufs engste verbunden mit dem Kampf

der damaligen Weltmächte. Auch die Gebiete der Talebene des Jordanswurden von ihr erfaßt. Mit seinem schlichten Bericht bietet hier derbiblische Kanon zum ersten Male einen tieferen Einblick in dasWesen und den Charakter jener Machtentwicklung, die schon vonLantech so begeistert besungen und von Nimrod zum herrschendenKultursystem erhoben worden war. Die „Völkergeschichte" ist imLaufe der Entwicklung bereits zur „Königsgeschichte" geworden.

Schon Nimrod hatte versucht, seinem Wirken den Charakter des

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Königtums zu geben, ohne sich den Königstitel beizulegnannte sich zunächst nur einen„gewaltigen Helden vor dem Angesichte ]ahves".Aber er war der erste, der im Gefühl seiner mater

und wohl auch geistigen Überlegenheit seine schwächeren Zeisen, „die minder Starken und Einsichtsvollen", unterjochte. dem Vorwand des allgemeinen Nationalruhms machte er siepersönlichen Eitelkeit und seiner selbstsüchtigen Eigenliebe diEr schuf jene durch List und Gewalt getragenen GrundlagGesellschaftslebens, die sich später zu einer rücksichtslosen Gherrschaft verkörperten. Sie mußten die kommende Weltgeszu einer blutigen Kriegs= und Königsgeschichte werden lasseNimrods geistige Grundlagen für das Stammes= und Völkgingen nicht von einer freiwilligen Unterordnung von unteoben aus. Sie erhoben vielmehr die Pflege von List und Gewmoralischen und zum öffentlichen Recht des städtischen undliehen Lebens. Es wurde von oben nach unten geherrscht. Sodie individuelle Selbstsucht der Starken zur herrschenden EtSchwachen gegenüber.

Zu welcher Blüte diese Entwicklung im Verlauf der Zeit hatte, geht hier aus dem biblischen Bericht hervor. Er zeigallein in der jordanischen Talebene bereits fünf Stadtkönige ten. Zu Josuas Zeiten sah sich das Land bereits von einund

Königen beherrscht. Zugleich ist es ein Beweis, zu welch einquantitativen Entwicklungdie große Fruchtbarkeit des Landes Glegenheit bot. So erklärt es sich, daß auch in der so üppigen Tdes Jordans jede kleine Genossenschaft bereits ihren eigenenhatte, ,die zusammen eine Pentapolis, einen Fünf=Städtebildeten.

Der biblische Bericht teilt nun zunächst mit, in welch einepériode der Kampf Kedor=Laomers und seiner Verbündeten mKönigen von Sodom und Gomorra fiel.„Es war in den Tagen Am*raphels1, des Königs von Sinear, Arjochs, des Königs von El

1 In Am raphel sehen die meisten Forscher den bekannten Chammurapi von Sinear, d. h. Babylonien, zwischen Euphrat und

gelegen.2 Nach der Überlieferung eine ansehnliche Stadt im südlichen A

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Kedor=Laomersl, des Königs von Elam, und Thidals2, des Königsvon Gojim."Unter diesen vier ostasiatischen Großkönigen underen Abhängigkeit hatte zwölf Jahre lang der Fünf=Städte

gestanden. Im dreizehnten hatten sich aber die Könige empödie lästige Tributpflicht Kedor=Laomer und den übrigen Zwingegenüber abzuschütteln. Da machte sich Kedor=Laomer mitVerbündeten im vierzehnten Jahre auf, um eine „Strafexpenach dem Jordanlande" zu unternehmen. Er wählte mit seinebündeten Heeren die große Heerstraße von Damaskus nacSüden. Denn zuerst wurde die alte Stadt der Rephaiten AsthKarnajim3 geschlagen, dann die Zuziter in Harn4, drittens die Emiter5

in Schawe Kirjatajim und viertens die Choriter6 im Gebirgslande Seirbis zur Paran=Ebene mit ihrem Terebinthenhain, die an dieWüste hinanreicht. Nachdem diese starken und kriegstüchtigekerstämme des Ostjordanlandes geschlagen waren, kehrten dbündeten Großkönige um, zogen bis En=Mischpat7, das ist Kadesch,und schlugen das ganze Feld der Amalekiter, „diese freien der Wüste", und die Amoriter in Hazazon=Thamar8.

1 Kedor-Laomer = „Knecht der (elamitischcn Gottheit) Lagamarwareine Landschaft in Susiana mit der Hauptstadt Susan am Persischen Gder östliche Nachbar von Babylon, südlich von Medien und westlich vo

2 Thidal = der Ruhmreiche, Glanzvolle; Gojim bedeutet einfachund benennt ein nicht näher bestimmbares Gebiet; man wählte Namen, weil die ursprüngliche Ortsbezeichnung nicht mehr lesbar w3 Astheroth-Karnajim war die spätere Residenz des Königs Ogs jordanlande. Sie hatte ihren Namen von der Mondgöttin Astharte,Bilde eines gehörnten Stierkopfes verehrt wurde.

4 Der unbekannt gebliebene Ort ist nur hier genannt, lag aber jeauch im Ostjordanlande.

5 Die Emiter, die nach ihrem Namen „als die Schreckeneinflöß(nach König) gelten, erlitten ihre Niederlage in der tiefen TalsKirjathajim = Doppelstadt, die ebenfalls zum Urgebiet Moabs gehspäter dem Stamme Assur zugeteilt wurde.

6 Die Choriter waren die ältesten Bewohner des Gebirges Seir von der Araba, der Pforte Arabiens, und nach Annahme einiger „die Grundbevölkerung" Palästinas; sie waren wahrscheinlich „bewohner" und wurden später von den Edomitern ausgerottet.

7 En-Mischpat = Gerichtsquelle war eine Ortschaft in der WüsteSüdgrenze des Hebräerlandes.

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Hazazon-Thamar = Palmenwald wird nach 2. Chron. 20. 2 Engedi am Westufer des Salzmeeres gedeutet.

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Nachdem die vier Verbündeten auch die Amoriter, die in ihrerunwegsamen und geschützten Felsengegend den Angriff erwarteten,besiegt hatten, wandten sie sich ihrem eigentlichen Ziele zu, um den

abgefallenen Fünf=Städte=Bund in der Talebene des Jordans zu züch=tigen und zu demütigen. Im Tieftale Siddim, das damals noch vielezutage liegende Erdpech= und Asphaltgruben 1 hatte, sammelten sichdie Könige von Sodom und Gomorra mit ihren Verbündeten undtraten mutig und kampfbereit den siegreichen Ostkönigen entgegen.Der Streit nahm jedoch für die Pentapoliten einen sehr unglücklichenVerlauf. Völlig geschlagen suchte man sich durch die Flucht in dieSchluchten des unweiten Moabitergebirges zu retten. Auf dieserFlucht fielen viele in die Erdpech= und Asphaltgruben und kamendarin um. Was den Städtekönigen der Talebene als Vorteil dienensollte, wurde ihnen und ihrem geschlagenen Heere zum Verhängnis.Sie hatten offenbar mit Absicht dieses für jeden, der des Ortesunkundig war, so gefährliche Kampfterrain gewählt, um hier denstarken Gegnern entgegentreten zu können. Nach der Niederlage ge=sdhah offenbar die Flucht in solcher Überstürzung, daß auch demortskundigen Heere das gewählte Terrain zum Untergang werdenmußte.

b) Lots Ver wick lungen

Nun wandten sich die Sieger zum Besitz der geschlagenen Städte*könige. Sie zogen nach Sodom und Gomorra, machten eine gewaltigeKriegsbeute, plünderten alle Speisevorräte, schleppten die Bevölke»rung als Gefangene mit und traten alsdann die Rückkehr an. AuchLot als Bürger Sodoms unterlag mit seiner Familie und seiner Habediesem Schicksal. Seine einstige Wahl gereichte ihm in der Stunde

des Gerichts zum Fluch. Er glaubte den Segen der Welt teilen zusollen, um sich für immer seine Zukunft zu sichern. Die Welt zogihn jedoch mit in die Kämpfe und Gerichte hinein, in die sie ver=wickelt wurde. Der Weg der freiwilligen Separation des Glaubenswar ihm zu einsam gewesen. Nun löste ihn unfreiwillig die Weltdurch Gericht von Heimat und Herden. Sie machte ihn und seine

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Aus diesen Gruben quoll der Lehm und Schlamm aus bodenloser Tiefeempor; die ganze Gegend war voll von solchen Gruben.

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Familie zu einem Sklaven der Zukunft. Mag Lot auch tausbeteuert haben, daß er als eigentlicher Fremdling unbeteiligt Aufstand und Abfall der Pentapoliten sei, er hatte sich au

gemeinsamen Boden gestellt und mußte deren Gericht teilenWäh*rend Abram in seiner Separation Zeit hatte, dem Herrn AltärAnbetung zu bauen und seine Herden zu pflegen, wanderschutzlos den schmachvollen Weg ins Exil, das ihm für die nur Tränenbrot und Sklavendienst zu bieten hatte.

Wie oft hat sich dasselbe Bild in weit größerem Ausmaß

Geschichte der Söhne Jakobs und auch der Kirche des Neuenwiederholt! Gingen Israel und die Kirche den Weg Abramsman in den Grenzen der göttlichen Offenbarung, verließ madie Separation des Glaubens, in die man sich durch die gBerufung gestellt wußte, dann lebte man zwar in der Weaber doch nicht von der Welt. Man erschloß sich nicht demdes weltlichen Heldentums. Man blieb fern von den blutigenzügen der nimmersatten Machthaber. Man teilte aber auch niFluch und die Gerichte, in die die Welt immer wieder in ihrschichte verwickelt wurde. Ja, welch ein Segen, wenn die Söhne Abrams auf ihrem vielfach sehr einsamen Wege der tion nicht überall dabeisein müssen, wo die Welt sich zanktLaster auslebt, ihre Machtbegierde stillt und— sich ihre Gerichteschafft!

Wie gereichte es z. B. in der späteren Geschichte des Juddiesem so oft zum Segen, daß es wie Abram nur als ein Fremunter den Nationen lebte! Man denke nur an die bekannten gassen des Mittelalters, in die sich das Volk in den Städten vsah, an die Beschränkungen im Wohnen, imBeruf, in der Beteiligung

am öffentlichen Leben, die z. B. Rußland bis in die jüngere Vgenheit dem jüdischen Volk auferlegte. Wie wenige Staatenin der Geschichte gegeben, die dem jüdischen Bürger uneingedieselben Rechte gewährten, wie sie jeder andere Bürger genodiese Einschränkungen waren vielfach in der Geschichte wefür die Juden alsgegen sie. Von so manchen Übeln, die z. B.

Mittelalter die Menschen außerhalb dieser berüchtigten Judetrafen, blieben diejenigen innerhalb ihrer verschont.

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Dasselbe gilt im Lauf der christlichen Jahrhunderte von der„Kirche der Armen". Sie schämte sich zwar nicht, die Schmach ihresChristus zu tragen. Bei aller rechtlichen Duldung wurde sie aber stets

als ein Fremdkörper von der Welt empfunden und bewertet. Sie warzwar pflichtgetreu ihrer irdischen Heimat gegenüber, dennoch aberschaute sie beständig nach einer höheren Königsherrschaft aus. DasGebet ihres Meisters konnte von ihr nicht vergessen werden: „DeinReich komme, dein Wille geschehe auch auf Erden, wie er geschiehtim Himmel!" Gewiß steht diese Kirche nicht in der Chronik einer

ruhmreichen, von Schlachten und von Helden geschmückten Welt=geschiente. Was man aber in den Tagen des allgemeinen Glanzes fürihre Schmach ansah, gereichte ihr in den Tagen der Gerichte zumunberechenbaren Heil und Segen. Ihr freiwilliges Entsagen wurdezum positiven Gewinn.

Ging jedoch im Lauf der Zeitalter Israel oder die Gemeinde denWeg Lots, suchte sie in irgendeiner Weise das vergängliche gegen*wärtige Erbe der Welt zu teilen, um sich ihre Existenz und Zukunftzu sichern, dann wurde auch das Exil der Welt das Exil der Kirche.Das Gericht der Weltmächte mußte auch das Gericht derer werden,die berufen waren, wohl in der Welt, aber nicht von der Welt zusein. Obgleich die Kirche Christi dies so oft in fast erschütternderWeise erlebte, wie wenig hat aber auch sie aus der Sprache derVergangenheit für das Heil ihrer Zukunft gelernt! Wie Lot kehrteauch sie nach durchlebten Gerichten wieder zurück nach Sodom.Obgleich Lot nach seiner Rettung durch Abram Sodom fortan fürimmer hätte meiden sollen, „finden wir ihn gleichwohl später beider letzten Katastrophe wieder — und immer noch in Sodom".

c) A br ams kühne Glau be ns tat

Für Lot lag der Segen in dem, was er besaß, für Abram in dem,was er war. Dort handelte es sich um den äußeren Besitz, hier umdie innerliche Glaubenshaltung. Daher war auch die Lebensfüh=rung beider so ganz verschieden voneinander. Lot sah sich mit seiner

Familie hineingezogen in den unberechenbaren Strudel des Welt=lebens. Dagegen baute Abram Altäre und pflegte Herden. Er wan=

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delte nicht nur mit Gott, Gott wandelte auch mit ihm. Darin bdas Geheimnis von Abrams Deckung und Bewahrung. GoAbrams Leben heraus aus dem Wirrwarr der Welt. Es durfte

der Spielball der jeweiligen Zeitereignisse werden. In seinerufung waren die Grundlinien für seine Lebensführung und Zfestgelegt: Ich werde dich segnen, und du wirst ein Segen seies doch auffallend, daß die siegestrunkenen vier Großköniihren Sieges= und Raubzügen in Sodom und Gomorra plötzlicmachten, während ihnen ihre Kämpfe doch so unendlich vie

getragen hatten.Gott wachte über den Gang der Zeitereignisse.Erließ es nicht zu, daß auch jene Gebiete in den Kampf hineingwurden, wo Abram als Fremdling zeltete.

Abrams Stellung als Hebräer, als „der von jenseits des Sher" Kommende oder als „der jenseits Stehende", der der Wihrem Treiben gegenüberstand, war der ganzen Gegend nichtkannt geblieben. Wußte man sich auch nicht das GeheimnStellung des „Ausländers" zu erklären, das Faktum stand voAugen. Offenbar hatte man sich innerlich damit abgefunden. es möglich, daß Abram „in den Hainen Manures, des AmBruders des Eschkol und des Aner" im friedlichen Nebenewohnen konnte, ja daß die Genannten sogar die BundesAbrams waren. Die Wortwurzel, die im Hebräischen das WLots in Sodom ausdrückt, bedeutet „ein Ruhen, das seine Unim Boden findet, bezeichnet das völlige Aufgehen in den dem man sich befindet". Auch von Abram heißt es, daß er Hainen Mamres, des Amoriten, wohnte. Sein Wohnen, d. ruhiges Verharren, „bezeichnet nicht das Verhältnis zum Bodrückt das soziale Verhältnis zu den Anwohnenden aus, das

liehe Nebeneinanderwohnen, ohne jedoch in den Nachbar gehen"1. Es ist dieselbe Wortwurzel, die gewöhnlich auch vo„Gottesnähe auf Erden" gebraucht wird,die zwar stark dieGegen=wart Gottes betont, jedoch nie Gott im Menschen aufgehen l

Das ist ja auch heute noch das Unerklärliche, daß die auGeborenen und mit Christo in das Himmlische Versetzten2 in ihrer

1 Nach Hirsch, a.a.O.S.211.2 Kol. 1,13.

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Gesinnung und Erwartung nicht mehr aufgehen können im wärtigen. So stark sie sich in ihm auch bewegen, sie bleiben linge trotz ihres Bürgertums, sind Pilgrime trotz ihrer H

suchen eine zukünftige Gottesstadt trotz ihrer Zelte in der wart. Hineingezogen durch die Berufung und Versöhnung Welt Gottes, können sie auch nur in dem zu Hause sein, wasund seines Sohnes Jesu Christi ist.Sie bleiben Jenseitsstehende allegegenüber, das sich dem Wesen und der Gesinnung nach Goseiner Offenbarung gegenüber fremd verhält.

Solange Abram Abram ist und nicht Lot, die Kirche Kirund nicht ein „Religionstempel", hören sie in einem widliehen Zeitlauf und in einer Weltordnung ohne Gott niema„Hebräer" zu sein. Wenn Abram auch in ein Bundesverhältnden Amoriten, den Eschkol und den Aner aufgenommen whatte er sich aber niemals dieses Bundesverhältnis durch Selkleidung seines Berufs und durch Verleugnung der SeparationGlaubens erkauft. Abram hatte nicht sie in sein Bundesveraufgenommen, „sondern die Aner, Eschkol und Mamre nahmauf in den ihrigen, sie waren die Herren des Bundes, er wFremde, sie die Einheimischen".

Die Geschlagenen waren ins Gebirge geflohen. Von diesenronnenen" erhielt nun Abram plötzlich die Kunde, „daß seiwandter gefangen fortgeführt worden war; da führte er alvon ihm erzogen und in seinem Hause geboren waren, dreihuundachtzehn, hinaus und verfolgte (die siegreichen Heere dekönige) bis D a n1 . . . schlug sie, und verfolgte sie bis Choba2, welcheslinks (nördlich) von Damaskus liegt"".

Diese kühne Tat Abrams floß nicht aus einer inneren Seh

nach Heldentum. In ihr lag auch keine innere Verwandtschadem Machthunger der herrschenden Weltmächte. Sie hatteinneren Geiste nach nichts zu tun mit den blutigen Raubzügdie Starken in den Gebieten der Schwachen unternahmen.AbramsSeele litt unter dem Schicksal Lots.Seine Tat war Frucht seinepriesterlichen Gesinnung. Daher handelte sein Glaube im Ver

1 Nach Josephus (Ant. I 10, 1) das Dan an den Jordanquellen.2 Choba lag 20 Stunden nördlich von Damaskus.

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auf die Hilfe Gottes. Selbst vom heroischen Standpunkt aus war esWahnsinn, daß Abram diese Tat wagte. Was bedeuteten seine drei=hundertachtzehn Knechte und die Verbündeten Aner, Eschkol und

Männer von Mamre gegenüber den schlachtgeübten und siegestnuv»kenen Heeren Kedor=Laomers!Das aber ist mit das Geheimnisvolle und Unberechenbare des

Glaubens, daß er gelegentlich Entschlüsse fassen, Schritte tun undHandlungen zu vollziehen vermag, über die er sich selbst kaumRechenschaft geben kann. Sie gehen weit über das erforderliche Maßseiner Kraft hinaus. Er sieht sich erfaßt von einer inneren Nötigung,stark gemacht durch Kräfte, die ihn die Welt überwinden lassen.Wenn der Hebräerbrief in seinem Hohenlied des Glaubens im elftenKapitel daran erinnert, „daß Männer in der Kraft des GlaubensKönigreiche bezwungen, gerechtes Gericht geübt, die Erfüllung gött°licher Verheißung erfahren, Löwen den Rachen zugehalten undFeuersglut ausgelöscht haben", so liegt das auf derselben Linie des

hier Berichteten. Der Glaube war stets eine im Menschen Fleischgewordene Gotteskraft, durch die je und je menschliche Unmöglich«keiten zum Heil der Zeit durchbrochen und überwunden wurden.

d) Die Begegnung mit Melchisedek

In diesem Geiste des Glaubens hatte Abram gehandelt. Er hattedurch seine kühne Tat alle Weggeführten, „auch Lot und dessenHabe, sowie auch die Frauen und das Volk zurückgebracht". „Daging der König von Sodom ihm, nachdem er von dem Siege überKedor*Laomer und die Könige, die mit ihm waren, zurückgekehrtwar, in das Tal Schawe, das ist das Königstal, entgegen." Als der

König von Sodom von dem Ausgang der Handlung Abrams hörte,erfaßte er gleich, welch ein Segen darin für ihn und auch für seinVolk lag. Daher ging er Abram entgegen und begrüßte ihn als Siegerund Retter im Königstal 1. Er hatte zwar nichts zu bringen, aber erkam, um von Abram etwas zu erbitten. Aber bevor er sein Begehren

1 Das Königstal oder „der" Königsgrund lag nach 2. Sam. 18, 18 ganz in

der Nähe von Jerusalem, nach Josephus etwa zwei Stadien = 6 Minutendavon;in ihm errichtete sich später Absalom ein Denkmal.

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äußern konnte, erfolgte zunächst die Begrüßung Abrams Melchisedek, den Priesterkönig von Salem1.

Malki=Zedek2 hingegen, König von Salem, hatte Brot und W

hinausgebracht; er war zugleich auch Priester El Eljons ( = hGott3). Er segnete ihn und sprach:„Gesegnet sei Abram demEl Eljon, dem Eigner von Himmel und Erde, und gesegneEl Eljon, der deine Feinde in deine Hand gegeben!"Wie wesensver=schieden war in ihrem ganzen Verlauf doch diese Begrüßung vdes Königs von Sodom! So wenig wir auch nach dem Hebrädas ganze Geheimnis dieser für jene Zeit so seltsamen Persönwerden lösen können, so traten in ihr doch Charakterzüge die sie einzigartig abhoben von allen anderen Herrscherperskeiten, die in jener Zeit die Völker zu beglücken und zu behesuchten. Daher galt sie auch den späteren Gläubigen in ihrersucht als das Ideal des erwarteten Messiaskönigs4. Der Hebräerbriefvergleicht das Priestertum Jesu Christi mit dem des PriesterMelchisedek5.

Was Melchisedek so wesentlich von allen anderen Königehob,warendrei Charakterzüge seines Wesens und seiner HerrschEr diente erstens dem Allerhöchsten durch Gerechtigkeit, zwsegnete er als Priester seine Zeitgenossen, und drittens schuHerrschaft einen Friedensstaat. Das war nicht selbstverständl

Zeitalter Nimrods und dessen Geisteserben. Es war auch nic1 Die Forschung schwankt, ob Salem für Jerusalem gehalten werd

oder ob man in der Königsstadt das Salem der Jordanaue (JohJudith 4, 4) sehen soll, das acht römische Meilen südlich von Scygelegene Salumias, wo man zu Hieronymus' Zeit Ruinen des angePalastes Melchisedeks zeigte. Nach König ist Salem mit Jerusalem id

2 Malki-Zedek = mein König (d. h. Gott) ist Gerechtigkeit.3 Gott wird hier nicht als der einzige, sondern nur als der „höGott innerhalb der anderen Gottheiten bezeichnet. In der damals he

den Weltanschauung gab es einen Gott der Wollust, dem man durch Weinen Gott der Schlachten, dem man durch Kriege, einen Gott der dem man durch Rache usw. dienen mußte. Der Allerhöchste in diesemstaate und der Monarch unter den Fürsten war jedoch der GoGerechtigkeit, dem nur durch Gerechtigkeit, d. h. durch ein gerechtezu dienen möglich sei, und dessen Herrschaftsgebiet voller Friede wa

4

Ps. 110,4.»Hebr.7 ,17 .

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Königsideal der Gewaltmenschen und ihrer Helden. Diese espäter das Raubtier zum Symbol ihrer Macht. Sie gaben ihrer Sden Charakter eines Gottesdienstes. Sie schufen aus ihrer He

sucht die Gesetze des öffentlichen Lebens und bezeichneten geVerbrechen als moralisches Recht zum Wohle ihrer Zeit. So sesie ihre Zeitgenossen durch Knechtung, machten die Städte zu gen und tränkten deren Boden mit Blut und Tränen. Sie verden Frieden und brachten das Schwert. Sie raubten die Freihenannten es Herrschaft. Sie schwelgten in ihrer Wollust, abeKosten des Nächsten.

Niemals ist das Wesen dieser Machthaber und ihrer Weltwohl richtiger bezeichnet worden als in dem MonarchienbildNebukadnezar. In ihm gab Gott nicht nur eine Geschichtsproweit mehr noch eine Wesensprophetie.Alle Weltmacht beginnt nachdiesem göttlichen Urteil mit einem goldenen Haupt, steht auf tnen Füßen und endet eines Tages mit einer Schlußkatastrophe.Diesetritt ein, sobald das Göttliche in der Geschichte in Sicht trittträgt sie äußerlich das Bild des Menschen, birgt aber in sictierische Seele1. Alle Weltmacht stieg je und je aus den UntiefenMeeres der Leidenschaften empor. Sie war entsprechend unin ihrem Charakter, nicht selten widergöttlich in ihrer GesiNicht nur w aren Macht und Leidenschaft die höchsten Attribu

Gottheit, sie mußten auch die Grundlagen der eigenen Herrdie Kräfte im Aufbau ihrer Völker und die Garantien für ihkunft werden.

Diese Züge sucht man jedoch vergeblich in dem PriesterMelchisedek.Seine Herrschaft war Gerechtigkeit, seine Machtenttung priesterliches Segnen, sein Staat ein Hort des Friedens.Daher

war seine ganze Erscheinung auch je und je ein Prototyp voden der Prophet Jesaja mit den Worten beschreibt:„Ein Kind ist unsgeboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schulter die schaft ruht; sein Name lautet Wunderrat, Gottheld, EwigvFriedefürst. Seine Herrschaft wird weit reichen, und des Friewird kein Ende sein auf dem Thron Davids und für sein Köni

1 Vgl. Dan. 2,31 ff.; 7, 1.

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indem er es festigt und stützt durât Redit und Gerechtigkeit vonnun an bis in Ewigkeit 1."

Es ist ungemein bezeichnend, daß im Bilde Melchisedeks bereits

die drei großen Wesenszüge in Sicht treten, die tatsächlich denCharakter des ersehnten Messiaskönigs und Völkerheilands aus=machen werden. Dies Bild hat in der Person Jesu Christi seinen voll=endeten Ausdruck gefunden. Jesus lebte vor Gott ein Leben derGerechtigkeit, er wandelte unter seinen Brüdern als segnender Prie=ster, er schuf ein Reich, dessen Grundcharakter Friede ist. Und erzieht alle, die sich durch seinen Geist begnadigen lassen, in die=selben Wesenszüge hinein. Aus Jüngern der Gerechtigkeit werdensegnende Priester, aus mitleidenden Priestern Stifter des Friedens.Ob die Sehnsucht der Alten durch die Propheten sprach, ob das Zeug=nis der Jesusjünger redete, oder ob die wartende Christusgemeindebetete: in allem verkörperte sich bisher das Warten auf das Kommendes Priesterkönigs nach der Ordnung Melchisedeks.

e) „Auch ni ch t einen Schuhr iemen! "

Nachdem sich Abram von Melchisedek gesegnet sah, gab er ihmden Zehnten von aller Beute. Mit dieser Opfergabe an Melchisedekbezeugte er, daß Gott es gewesen, der ihm den Sieg über die ver*bündeten Ostkönige gegeben hatte. Anschließend sprach der König

von Sodom zu Abram: „Gib mir die Seelen, die Habe nimm dir!"Nach der damaligen Sitte war es selbstverständlich, daß Volk undSiegesbeute dem Sieger als Eigentum gehörten. Dieser konnte hinfortüber sie verfügen. Der König von Sodom war nun zu dem Opferbereit, die ganze Siegesbeute Abram zu überlassen. Nur das aus derGefangenschaft erlöste Volk erbat er für sich zurück, gehörte es doch

zum wesentlichen Bestandteil seiner Herrschaft.Das gab Abram Gelegenheit, in seiner ganzen inneren Geistes*große hervorzutreten. Er sprach zum König von Sodom: „Ich habemeine Hand aufgehoben zu Jahve, dem höchsten Gott (EUEljon),dem Eigner des Himmels und der Erde, nicht von Faden bis Schuh"riemen, nicht von allem Deinigen werde ich etwas nehmen, du sollstnicht sagen: Ich habe den Abram reich gemacht." In diesem Bekennt=

1 Jes.9,5ff.

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nis drückte sich die ganze Glaubensgröße aus, die Abram in bisherigen Umgang mit Gott gewonnen hatte. Seine entschGlaubenstat war nicht durch die Aussicht auf eine Siegesbeu

stimmt worden. Er war ausgezogen, um zu dienen; er hattLeben geopfert, um zu erlösen. Aus seiner bisherigen Lebensund dem Gesamtgeschehen der letzten Tage hatte er eins edaß die Garantien seines Segens und seines Besitzes nicht in gelegentlichen Gewinn, sondern in Gott, dem Allerhöchsten, Nicht einem weltlichen Könige, Gott allein sollte für ewige

der alleinige Ruhm bleiben, daß Abram in der Welt ein Gesgeworden sei.Solch ein Zurücktreten von einer gewinnbringenden Geleg

solch ein Sich=abhängig=Wissen allein von Gott und solch eirückweisung jeglichen Segens vermag nur ein Glaube zu beder nicht nur im Blick auf das innerliche Heil, sondern auch imauf die äußere Lebensführungin Gott selbst zur Ruhe gekommist. Offenbar hatte Abram tiefer als je zuvor erfaßt, daß der höchste nicht nurein Gott der Natur,sondern vor allen DingeneinGott der Geschichtesei. Nachdem er die Schöpfung der Natur vendete, beganndie Schöpfung des Glaubens in der Geschichte.Gottesgrößtes Werk liegt in der Zukunft, nicht in der VergangenheErlenkt das allgemeine Weltgeschehen und schützt und leitet da

seiner Berufenen.Aber so völlig Abram im Blick auf sich selbst auch vo

Angebot zurücktrat, das der König von Sodom ihm machte, ser dennoch Verständnis für die innere Stellung seiner Kampfsen. Er sprach daher zu dem König von Sodom:„Nur was die Leutegegessen haben und den Anteil der Männer, die mit mir ge

sind, Aner, Eschkol und Mamre, die mögen ihren Anteil bekomAbram lag es fern,seine gewonnene Glaubensstellung zum Gefür andere zu erheben.Er erwartete von Aner, Eschkol und Manicht dasselbe, wozu er selbst erst auf Grund von Berufuninnerer Glaubenserfahrung gelangt war. Er konnte im Bliseinen Gott zum König von Sodom sprechen:„Auch nicht einenSdiuhriemenl"Er erwartete diese Glaubenssprache aber nichtjenen Männern, die ohne Glauben lebten. Er wußte, daß sie

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unverständlich finden würden, wenn sie nicht ihren berecAnteil an der Siegesbeute haben sollten. Daher sprach er:„Sie mögenihren Anteil bekommen."

Wie findet sich dieser wundervolle Charakterzug des Gldoch auch in dem Dienst und im Leben des Apostels Paukonnte an die Gemeinde in Philippi den so bezeichnendeschreiben:„Wenn ihr über irgend etwas anderer Meinungseid, sowird Gott euch darüber Klarheit geben. Nur laßt uns nach dersÜberzeugung, zu der wir gelangtsind, unbeirrt weiterwandern1!"

Paulus hatte im Vorangehenden den vollen Umfang seiner Seumschrieben. Er hatte gezeigt, was er alles für Schaden erachteüber der unendlich wertvolleren Erkenntnis Jesu Christi, undseine Sehnsucht war, nur Christus zu gewinnen und in der hörigkeit zu ihm als einer erfunden zu werden, der nicht seineGerechtigkeit habe, die sich auf Gesetzes werke gründet, sondGerechtigkeit, die durch den Glauben an Christus kommt, drechtigkeit, die Gott auf Grund des Glaubens schenkt. Unnimmt er diese Rücksicht auf die einzelnen Glieder der Gein Philippi und spricht:„Wenn ihr über irgend etwas andereMeinung seid, so wird Gott euch auch darüber Klarheit gebeDas ist jener Glaube, der durchdie eigene Überzeugung nicht andeknechten will. Er kann warten, bis Gott auch andere zu de

Erkenntnis geführt hat , die sich ihm im Um gang mit Gott ersckonnte.

6. Dard i Offenbarung zur Glaubensgerechtigkeit1. Mose 15,1—6

Obgleich von manchen angenommen wird, daß der Inha

Kapitel 15—17 aus verschiedenen Quellen zusammengesetztsostehen dodi die Erzählungen im engsten psydiologisdien undhistorisdien Zusammenhang.Würde man eine dieser Erzählungaus dem geschichtlichen Glaubensleben Abrams herausnehmelen, so entstünde eine kaum erklärbare Lücke im geschloGesamtbild. Mehr noch als in den vorangegangenen Verheiß

wird Abram in seinen Erwartungen gelöst vom Sichtbaren,* Phil.3,15 f.

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ihn niederdrückte. Offenbar sagte er sich, daß die überraschtgeschlagenen Ostkönige sich nicht mit der erlittenen Niederlafriedengeben würden. Sie würden versuchen, durch eine neue

lung ihrer Kräfte ihre Ehre und ihre Beute zu retten. Wie oftder Glaube im entscheidenden Augenblick, Schritte zu tun, später angesichts der Ergebnisse erschütterten; denn er konntahnen, wozu diese noch führen könnten. Aber wo der lebGlaube zagte, da griff Gott ein. Wo er stehenblieb bei der und Größe der Menschen und der Verhältnisse, da lenkte G

auf sich selbst und sein göttliches Können.„Ich bin dirSchild" —mit diesen Worten brachte die göttliche Offenbarung den zaGlauben Abrams wieder in Gott selbst zur Ruhe. Sie gab zitternden Seele das innere Gleichgewicht wieder, das sie angder bestehenden Situation verloren hatte.

Abrams Glaubensschritt mit der folgenschweren GlaubensRettung Lots und der Könige von Sodom und Gomorra wreinem Herzen geflossen. Nicht Heldenmut, nicht MachthungeSiegesbeute hatten seinen Entschluß und sein Handeln besEr hatte sich daher sein tapferes Eingreifen in die Not der Sodoms und Gomorras auch nicht lohnen lassen. Mit den W„Audi nidit einen Sdiuhriemen!"hatte er alles zurückgewiesen. Nuerschloß der Herr ihm seinen Lohn. Er sprach zu ihm:„Dein Lohnist ungemessen."Mithin sollte Abram seine Garantien für alle kunft nicht in günstigen Situationen, auch nicht im Wohlwseiner Umwelt sehen, sondern allein in dem, der ihn zur Geschaft mit sich selbst berufen hatte.Nidit der Mensdi in seinemjeweiligen Verhalten, allein Gott in seiner fortsdireitenden Obarung soll der Quell sein, aus dem Abram Deckung und S

für alle Zukunft werden sollen.Gegen den Herrn als Schild wirauch Kedor=Laomer vergeblich anrennen, falls er es wagen seine Heeresmacht neu zu sammeln, um die Zelte Abrams greifen.

„Da sprach Abram: Adona) ]ahve, was könntest du mir gda ich doch als ein Kinderloser dahingehe, und der Erbe m

Hauses wird Elieser von Dam askus sein."Die dem Abram soebengewordene Gottesoffenbarung:„Ich bin dirSchild, dein Lohn ist

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der Herr Abram hinausgehen und seinen Blick von der Erde Sterne am Himmel richten.„Zähle die Sterne, falls du sie zählekannst!" Gott mußte dem Abram zuvor eine ganz neue Scha

seinem schöpferischen Wirken geben, bevor er erwarten konnAbram die ihm gewordene Verheißung zum Inhalt seiner Erwgen machen werde. Abram mußte zuvor erkennen, daß Gotnur einst der Schöpfer Himmels und der Erde war, sonderndaß erals der Allmächtige der Schöpfer schlechthin ist und mithiunfruchtbare Leben Sarais fruchtbar zu machen vermag.Der Weg

zu dieser Erkenntnis soll ihm durch das Zeugnis der Sterne wStern ist nicht aus Stern geboren, jeder einzelne ist vielmehoriginelle, unmittelbare Gottesschöpfung, ein Madit= und Wwerk des Allmächtigen.„So" soll dein Same werden. Die kleiPartikel„so", die den Satz„So wird dein Same"einleitet,ist nichtso sehr eine numerische Partikel zur Bezeichnung der quantitGröße als vielmehr eine Partikel der Art und Weise.Die Verheißung,daß auch der Umfang des Samens Abrams ein unberechenbarereicher sein werde, erfolgte erst später. Hier sollte Abram abeden Anblick der himmlischen Welten— diese unmittelbaren Existenzen, die als Himm el das Werk seiner Hände rühmen — vewerden,in seinen Erwartungen auf einen Erben alle „natürlicund menschlichen Berechnungen" aufzugeben.Sein Blick sollte aufden gelenkt werden, der auch über die Gesetze der Unmittelherrscht und sie in den Dienst seiner Liebe und Verheißung zuvermag. Auch der Same nach der Verheißung wird nicht einfanatürliche Ergebnis der Empfängnis Sarais sein: er wird abunmittelbare Wunder der schöpferischen Kraft Gottes sein:Lebenaus den Toten!

Das war je und je Gottes Art. Er hob den Glauben heraujenem Kreis, wo alles individuelle und geschichtliche WerdWachsen allein durch „die kausalen Gesetze" der physischegeistigen Welt bestimmt wird. Er versetzt ihn in jene Welt Gwo allen natürlichen Voraussetzungen zum Trotz und allen rungsmäßigen Berechnungen zum Wunder ein Neues unmi

aus Gottes Willen geschieht. Ist denn nicht letzthin die ganzsdüchte des israelitisch=jüdischen Volkes bis in die jüngste Ze

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ein inmitten der Völkerwelt solch ein Wunder der Geschichte ge-blieben? Welcher Historiker, welcher Staatsmann, welcher Forscher,welcher Exeget hat dieses Volk verstanden in seiner ewigen Existenz,wo doch andere Völker in ihren Katastrophen zugrunde gingen; inseinem unerklärlichen Segen, wo andere doch unter denselben Ver=hältnissen zu Sklaven und Bettlern wurden; in seinen völkischenund seelischen Leiden, wo andere dodi unter denselben Leiden fürimmer zusammenbrachen; in seiner stets sich wiederholenden Auf=erstehung, wo andere doch endgültig durch die weltgeschichtlichenEreignisse begraben wurden? Ja, gleich dem ersten Samen Abramsist dieses Volk in seiner einzigartigen Geschichte im Verlauf derJahrtausende ein Wunder Gottes geblieben. Sprach auch die ganzeWelt nein, Gott sprach ja im Blick auf dieses Volk. Er machte ge=legentlich selbst dessen tiefste Drangsalszeiten zu einem FeuerofenNebukadnezars, der Daniels Freunde zwar gebunden aufnahm,unversehrt und ungebunden aber herausgeben mußte.

b) A brams Gla ube nsg er ec ht ig kei t

Diese Offenbarung schuf in der Seele Abrams ein Vertrauen zuGott, wie er es bisher nicht besaß. Nicht als ob Abram bis dahindem Herrn nicht vertraut hätte. Aber in der Erwartung eines Erbenwäre er nie darauf gekommen, ihn als ein unmittelbares Wunder

Gottes zu erwarten. Er hatte da auf die physischen Kräfte und natür=liehen Anlagen seines Lebens und des Lebens seiner Sarai gehofft.Da die versagten, gab es für ihn auf diesem Gebiet kein Hoffenmehr. Nun eröffnete Gott aber durch seine Offenbarung dem Abramfür das Werden eines Erben ganz neue Möglichkeiten. Gott kanndurch sein schöpferisches Eingreifen in das Leben Sarais eine Sehn=sucht Abrams verwirklichen, die bisher unerfüllt geblieben war.Da glaubte Abram der ihm gegebenen Gottesverheißung. Es heißtnämlich von ihm: „Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete erihm als Gerechtigkeit an." Hier macht die Bibel uns mit einem Be=griff vertraut, der in der späteren Heilsgeschichte von grundlegenderBedeutung geworden ist. Es ist der Begriff „Glaube". Abram glaubteGott. In der hebräischen Wurzel „glauben" liegt eigentlich viel Tie=feres, als durch den alltäglichen Sprachgebrauch ausgedrückt wird.

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Es ist weniger der Ausdruck für ein Fürwahrhalten, auch nicBezeichnung der Richtung, die der Glaube nimmt.Wir glauben z. B.an Cäsar oder an Napoleon. Wir wissen, daß sie geschichtlicsönlichkeiten waren, die ihrer Zeit ein bestimmtes GeprägeDamit sagen wir jedoch nicht, daß wir irgend etwas mit demoder der Weltanschauung eines Napoleon oder eines Cäsar hätten.Glauben imSprachgebrauch der Schrift bezeichnet die Quelaus der er fließt, die Person, die durch ihr Wort ihm den Igegeben hat.Im Hebräischen hat „glauben" dieselbe Wurzelunser deutsches Wort „Amen", mit dem wir ausdrücken: „gewiß", „Es steht fest". Wir haben einen „Halt" gewonnen„Gewißheit" gefunden. „Und zugleich meint dies Wort etwaPersönliches, so wie unser , vertrauen'. Das ist nicht ein unliches Fürwahrhalten, nicht ein neben einer Person Stehendaußen an sie Geknüpftes, aus Zuschauerhaltung Kommendirgendeine Sache Gerichtetes, wie unser ,Ich glaube jema

sondern es bedeutet: ,in der Person, der man traut, Anker w,in sie seine Gewißheit setzen', ,gewiß werden in Gott', ,iwurzeln ' " (Frey). Im M unde Abrams hatte es hier die Beddaß er sich in seinem Vertrauen voll und ganz darauf einstellteihm sein Same unmittelbar von Gott und allein durch Gott wsolle, wenn auch die natürlichen Voraussetzungen in Sarai nicge=

geben waren.Diese Glaubensstellung rechnete der Herr ihm zur„Gerechtig=keit". Durch Gottes Verheißung und Abrams Glaubensantworetwas Entscheidendes herbeigeführt worden. Es sollte die Ghaltung in Abrams zukünftigem Leben und Handeln werdvertraute, wo nach der Beschaffenheit der Natur Sarais nichtzu hoffen war. Er tat es nicht etwa in einem Überschwang relBegeisterung, auch nicht auf Grund mystischer Versenkung gewonnene Idee. Er vertraute, weil Gott selbst ihm den Sameheißen hatte. Er hatte mithin den Anker seines Glaubens iselbst geworfen. Solch ein unbedingtes Vertrauen, solch einhalten dem göttlichen Ich und dessen Verheißungswort gegwill Gott rechtfertigen.Denn unmöglich kann Gott die Lebenshaltueines Menschen als Gerechtigkeit erklären, die gegen ihn ger

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ist. Nie kann er eine Erwartung rechtfertigen, die nicht ihn uHandeln zum Quell und zu seinem Inhalt hat. Eine Glaubenstigkeit konnte Gott weder einem Tharah in Haran noch einin Sodom, sondern allein einem Abram zusprechen, der sichund vertrauensvoll auf ihn und sein Wort einstellte.

Der Inhalt des obigen Verses hat später dem Apostel PauBeleg der alttestamentlichen Heilsgeschichte für jenes Recgungsevangelium gedient,daß nämlich die Gottesgerechtigkeit dMenschen nicht auf Grund seiner gesetzlichen Werke zugespwird, sondern allein auf Grund des Glaubens.Alle Gesetzeswerkefließen aus dem Vermögen der menschlichen Kraft und auGeist einer gesetzlichen Frömmigkeit. Vor Gott ist aber jeder infolge des Falles tot in Sünden und Übertretungen. Was dadem Menschen kommt, auch die höchste moralische Leistungdem Geist und dem Wesen Gottes fremd, weil es aus dem Gedem Wesen des von Gott gelösten Menschen floß. Daher

für Paulus keine Rechtfertigung auf Grund menschlicher Werktigkeit. Der Weg zur Gottesgerechtigkeit führt allein durch Erd. h. durch den Glauben an Christus Jesus, der von Gott„um unseresFalles willen dahingegeben und um unserer Gerechtigkeit auferweckt worden ist"1.

Als Menschen, die verzweifelt sind an aller naturhaften

migkeit und aller rein menschlichen Religion, verstehen wApostel der Neuschöpfung in seinem Evangelium von der fertigung durch den Glauben.Gott kann niemals rechtfertigen, wdem innersten Wesen und der tiefsten Geistesrichtung nach Gott ist.Auch in Abram erklärte Gott nicht etwas für Gerechtwas er in Abram vorfand,sondern allein jenes Vertrauen,das erdurch seine Offenbarung in ihm wecken konnte.Es war nicht einGlaube, wie er jedem natürlichen Menschen innewohnt, deals Gerechtigkeit erklärte, sondern allein der von seiner Offengeschaffene. Nur dieser ist von der Art, daß er sich solidaridem Wort der Verheißung erklärt, sich eins machen läßt mOffenbarung und daher Gott zur Basis seines weiteren Wdienen kann.

1 Rom.9,25.

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Wir sind daher der Überzeugung,daß es seit dem Fall niemalsmehr einen Weg vom Menschen zu Gott gegeben hat.Nachdem derMensch sich durch die Inspiration der Schlange in den Urspruin das Wesen dieser Tierbotschaft hinabziehen ließ, ging ihgöttliche Kraft für Göttliches verloren. Sein Suchen und Sblieb rein menschlich, rein völkisch und zeitlich orientiert. Es ihm trotz aller Sehnsucht nicht das Verlorene zurück, erlösnicht für ein Göttlich=Neues.

Zwar schuf sich der Mensch je und je eine Religion, die zwGott und Mensch vermitteln, über die unüberbrückbare Kluüberleiten sollte, die beide voneinander trennt. Jede Religionsich aber nur als der große Versuch,dem Menschen das zu gebenwas aHein Gott gehört, den Menschen auch in seiner ErlösungSubjekt zu machen und Gott nur Objekt werden zu lassen.Daherkonnte nie eine Religion über eine Selbstgerechtigkeit und Selbsterlösung hinausführen. Bei jeder Selbsterlösung bleib

alles,„wenn auch nicht, wie es war, so doch dasselbe, was es(Gogarten).Vermitteln zwischen Gott und Mensch kann nur die Offenb

Gott muß in seinem Wort Fleisch werden, um durch die scrischen Kräfte seines Geistes im Menschen ein Neues scharfenaus den Toten rufen zu können. Das hat Gott je und je im V

der ganzen Heilsgeschichte getan. Was daher in der MenschhWahrheit, als Gemeinschaft mit Gott, als Dienst im Reiche oder an ewigem Leben sichtbar wurde,war mithin niemals desMenschen Weg zu Gott, es war immer Gottes Weg zum MenDer gerechtfertigte Mensch ist also nicht etwa die Frucht mensReligion, sondern das Wunder der göttlichen Erlösung.

Ihr Vollmaß und ihre Vollendung fand diese Offenbarunin der Person Jesu Christi. Was das Gesetz auch bezeugte, wdiePropheten auch kündeten,erst im Sohn wurde das Gottesevangelivon der Sohnschaft Fleisch und wohnte unter uns, damit wiwir unter der Knechtschaft des Gesetzes und unserer Religlebten, die Sohnschaft empfingen.Daher kennt das Rechtfertigungevangelium des Apostels Paulus auch keine Erlösung, gelöder Person Jesu Christi. Ihm sind Gnade, Weisheit, Gerecht

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Heiligung und Erlösung nicht eine sachlidi=unpersönlidie GaGott gelöst von dem neu schaffenden Wirken des GekreuzigtAuferstandenen dem Menschen schenkte, sie sind unzertrennlibunden mit dem Geisteswirken Christi im Menschen. GottesGabe der Barmherzigkeit zu unserer Erlösung besteht nicht inSegen, sondern in der Person seines Sohnes, den er für alle gab, damit nun alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehendem ewiges Leben haben. Er allein kann möglich machen, wamenschlichen Frömmigkeit möglich war. Er kann eine Gottestigkeit wirken auch in den Widergesetzlichen. Daher wendeder Gottesruf auch ohne Unterschied an Gerechte und GottloGottes Ruf an Abram erging, war er auch „noch nicht frommnicht Patriarch, noch nicht Theokrat" (Barth). Christus willin seiner ganzen Persönlichkeit jedem Menschen zu jener GOffenbarung werden, die ihm Gottes Gerechtigkeit zu seineund seiner Erlösung enthüllen und in ihm scharfen will.

Denn man kann keine Gottesgerechtigkeit haben ohne keine Erlösung gewinnen ohne denErlöser, keine Sohnesstellungein=nehmen ohne den Geist der Sohnschaft.Wenn der Mensch die letztEntscheidung für oder wider die ihm in Christo angebotene Eauch iinmer wieder selbst zu treffen hat, die Erlösung als bleibt von ihren ersten Anfängen bis zu ihrer Vollendung

ureigenste Schöpfertat. Sie kann in ihren einzelnen und tPhasen zwar vom Menschen erlebt, niemals aber erwirkt wErlösung kann daher auch nur da beginnen, wo „des MeHandeln aufhört und Gottes Tun beginnt" (Gogarten). GlauChristus ist mithin nichts Geringeres als ein Sich=solidarisch=Emit dem Kreuz und der Auferstehung Christi. Der Glaube an Cbejaht das Kreuz in seinem Gericht über alle menschliche Serechtigkeit, Selbsterlösung und Frömmigkeit; er erschließt sidem von Gott durch die Auferstehung gerechtfertigten LebChristus.

An Christus als dem Gekreuzigten und Auferstandenen daher jeder Mensch, ob religiös oder gesetzlos, zur EntschWer im Glauben des Sohnes Gottes gerichtet sein läßt, wafür immer durch das Kreuz verurteilt hat, und sein Leben

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findet, den Gott durch die Auferstehung für immer rechtfertigte, derist vom Tode zum Leben durchgedrungen. Er wagt mit Paulus zubezeugen: „Nicht aber lebe idi, sondern Christus lebt in mir."

7, Gottes Bundesschluß mit Abram1. Mose 15, 7—21

Nicht Abram schloß einen Bund mit Gott, Gott jedoch schloßeinen solchen mit Abram. Der erfolgte Bundesschluß wäre für dieZukunft von sehr geringer Bedeutung gewesen, wenn er von Abramund nicht von Gott ausgegangen wäre. Der Mensch kann zwar hin=eingezogen werden in das Handeln Gottes, niemals aber kann Gotthineingezogen werden in das Tun des Menschen. Auch der besteWille und der reinste Entschluß des Menschen versagen in dennächsten Augenblicken des wechselvollen Lebens, wenn nicht Gottfür sie der Inspirierende bleibt, und wenn sie sich nicht durch seineKraft getragen wissen. Gottes Offenbarung hatte Abram soeben in

eine viel völligere Vertrauensstellung Gott gegenüber hineinziehenkönnen. Nun will Gott ihm durch den Bundesschluß enthüllen, daßim Blick auf all das Verheißene die Garantien für alle Zukunft nichtin Abram, sondern allein in ihm liegen werden. Wenn der weitStärkere den weit Schwächeren in ein Bundesverhältnis hineinzieht,so geschieht es immer um des Schwachen willen, damit er im engsten

Anschluß an den Starken gewinne, was er ohne ihn niemals ge=wirinen könnte.

a) Abrams Frage an Gott

Darauf sprach er zu ihm: „Ich bin Jahve, der ich dich aus Ur=Kasdim geführt habe, dir dieses Land zu geben, damit du es in Besitznehmest." Da sprach er: „Adonai Jahve, woran soll ich wissen, daßich es ererben werde?" Gott hatte Abram für die fernere Zukunftetwas Schweres und Dunkles zu enthüllen; daher erinnerte er ihnzunächst an die außerordentliche Errettung aus Ur in Chaldäa, dieer erlebt hatte. Abram sollte wissen: wie es Gott nicht unmöglichwar, ihn aus dem Glutofen Kasdims zu erretten, so wird es ihmauch nicht unmöglich sein, einst den Samen Abrams aus dem Feuer=

ofen Ägyptens zu fuhren. Welche Schwankungen daher auch im

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natürlichen Verlauf der Geschichte eintreten mögen, welchen Wstand die herrschenden Weltmächte auch der dem Abram gegeGottesverheißung entgegenzusetzen wagen:„Idi habe didi aus Ur«Kasdim geführt, dir dieses Land zu geben, es in Besitz zu neh

War nun Abrams Frage:„Jahve, mein Herr, woran werde idwissen, daß idi es in Besitz nehmen soll?"eine Frage nach einemZeichen der Gewißheit,daß das Verheißene eintreten werde, odaber eine Frage nach dem Zeitpunkt,wann dieses große In=Besitz=Nehmen beginnen werde? Sollte Abrams unerwarteter Sieg

Kedor=Laomer und dessen Verbündete bereits der erste große auf dieser Linie gewesen sein?Hätte die Besitznahme des verheißenen Landes für Abram und seine Nadikommen auf dieser gelegen, so wäre seine Gesdiidite und die seines Samens niein Wunder Gottes in der Völkerwelt geworden.Er wäre auch nurein Held unter den vielen Helden der Geschichte gewesen. AufEbene hätte er niemals der Vater der Glaubenden werden kEr wäre nicht der Menschheit durch seine Separation und seintrauen zu Gott zum Typus einer völlig neuen ExistenzbäsiHeilszukunft geworden.

Vielleicht dürfen wir annehmen, daß es Abram in dieser F„Woran soll idi erkennen?"sowohl um ein Zeichen der Gewißheob die Einnahme des Landes überhaupt geschehen werde, alum die Frage ging, in welchem Zeitpunkt die Besitznahme dedes geschehen werde. Es liegt in der Natur des Menschen, trotz aller empfangenen Verheißungen und trotz des gewonVertrauens doch immer wieder um neue Zusicherungen GottesDa Gott den Menschen in diesem seinem Ringen versteht, stin seiner Barmherzigkeit zu ihm hinab, gibt seinem Glauben

neue Stützen, bis er allmählich zu jener Größe heranreift,Gott audiohne siditbare Grundlagen zu vertrauen.Welche Zusicherungenmußte später Mose zunächst von Gott empfangen, bevor er war, ein Prophet Gottes und der Retter seiner Brüder zu wGideon mußte zuvor Zeichen um Zeichen empfangen, bevor sächlich im Auftrage Gottes hinging, um Israel aus der Han

Midianiter zu erretten.Es gehört zur Größe der BarmherzigkeGottes, daß sie dem Vertrauen des Mensdien nie mehr zumute

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der Glaube zu tragen vermag. Erst vermehrt Gott die Kraft des Glau=bens, und erst dann stellt er ihn vor entsprechende Aufgaben.

b) Der gö t t l iche Auf t ragWissen wollte Abram, und wissen sollte er. Damit nun sein

Glaube nicht zusammenbräche, was Gott ihm als Gewißheit zu ent=hüllen hatte, verband Gott in eigenartiger Weise Bundesschluß undZukunftsenthüllung miteinander. Da sprach der Herr zu ihm:„Nimm mir doch dreimal ein weibliches Kalb und dreimal eine Ziege

und dreimal einen Widder und eine Turteltaube und eine jungeTaube! Er nahm ihm alle diese, da zerteilte er sie in die Mitte undlegte die zerstückte Hälfte eines jeden seiner entsprechenden Hälftegegenüber; aber den Vogel zerteilte er nicht. Da fuhr der Raubvogelüber die Leichen nieder; Abram verscheuchte ihn."

In diesem Bundesschluß und der mit ihm aufs engste verbundenen

Zukunftsenthüllung war alles symbolisch. Gottes Offenbarung mitihrem Licht hüllte sich ein in bestimmte symbolische Handlungenund Geschehnisse. Alles hat für uns auf dem Boden der KircheChristi und in der Welt des Abendlandes etwas völlig Fremdes.Abram aber verstand die Sprache Gottes, die in diesen Handlungenfür ihn lag. Sie schlossen sich eng an Form und Sitte an, nach denenin jener Zeit Bündnisse abgeschlossen wurden. Schon die ältestenKirchenväter sagten daher zu dieser Stelle: „Gott akkommodiertsich in diesen Vorgängen der Sitte der Chaldäer. Denn diese hattenden feierlichen Brauch, mit einer Fackel in der Hand zwischen diezerschnittenen Leichname der Tiere, die einander nach bestimmterOrdnung gegenübergelegt waren, hindurchzugehen und so die ge=schlossenen Verträge zu weihen 1/'

Um solch einen Bundesschluß auch uns verständlich zu machen,müssen wir Kenntnis gewinnen von der ursprünglich symbolischenBedeutung aller Handlungen, Opfer und Erscheinungen, die mitsolch einem Bundesschluß verbunden waren. Da kann uns nur einegewissenhafte und wissenschaftliche Kenntnis der alten Sitten undVerhältnisse zugute kommen. Zwar soll hier gleich zu Anfang be=

merkt werden: wenn Gottes Auftrag sich auch an den damaligen1 Ephrem. Cpp. I, S. 162.

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Brauch eines Bundesschlusses anschloß,so sollte es dodi niàit einBund im eigentlichen und gewöhnlichen Sinne sein.Denn jeder Bundberuhte auf einer gegenseitigen Verpflichtung und auf einebeiden Bundesschließenden geleisteten Schwur. Das geschah hnicht. Es ist daher nicht ein Bund im Sinne von „pactio", sim Sinne von „sponsio", wie der Ausdruck auch sonst gebwird, sowohl von Gelöbnissen Gottes an Menschen (2. Mose als von Gelöbnissen der Menschen an Gott (Esra io, 3) Delitzsch).Hier ging der Herr,wie wir sehen werden,nur allein

durch die Opferstücke,die einander gegenüberlagen. Er hatte dAbram eine ganz bestimmte Verheißung gegeben, und dieser ihm von seiner Seite aus bestätigen. Beim eigentlichen üblichen Bundesschluß gingen nämlich beide Vertragsschliezwischen den zerlegten Opfertieren hindurch. Dadurch brachzum Ausdruck, daß sie wünschten, demselben Todesgeschizerteilten Tieres zu verfallen, falls von ihnen der Bund durch gebrochen werden sollte. In der ganzen Handlung lag alsseltene Herablassung Gottes zum Verständnis Abrams. Er begreifen, wie treu Gott zu der ihm gegebenen Verheißung werde.

Nach dem biblischen Bericht mußte Abram zunächst dreimjunges Kalb, dreimal eine Ziege und dreimal einen Widder nund jedesmal das Tier dem Herrn darbringen. Durch das Zerder genannten drei lebendigen Opfertiere, auf deren Leichnamalsdann der gierige Raubvogel stürzen wollte, sollte nichts Ge„als die Gefahrveranschaulicht werden, die über die kommeGeschlechter" kommen werde.

Diese Opfertiere sollten somit Sinnbilder der kommende

schlechter Israels sein. Wenn nun gesagt wird, „daß erst dasGeschlecht wieder zur Erlösung ersteht, somit drei Geschlechdem verkündeten Elend betroffen werden, so ist es ebenso unbar klar, wie das dreimalige Hingeben dieser Tiere an Gottanderes heißt als: dreimal hat sich dein Geschlecht, d. h. dreikommenden Geschlechter haben sich mir mit dem, was sie al

Ziege und Widder sind, und als Turteltaube und junge Taubzugeben. Drei dieser Geschlechter lasse ich als Kalb, Zieg

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das zu jenen Opfern verwendet wurde, wo es sieh, um eine Sühnein Beziehung auf einen Besitz oder wo es sidi um die Weihe han=delte, die die Bereditigung zu einer größeren bevorzugten Stellung

zum Ausdrude bringen sollte. „Widder bezeichnet somit die durchBesitz und Berechtigung ausgezeichnete Persönlichkeit."Der reine Vogel war Abbild jenes macht= und widerstandslosen

Lebewesens, das sich allein durch seine Schwungkraft einem drohen=den Gewaltbereich zu entziehen vermag. Er galt daher als ein Bild„für das macht= und wehrlose und doch freie und glückliche, gebor=gene Dasein Israels 1". Im Opfer war „der reine Vogel" einerseits dasSymbol der Persönlichkeit, die sich aller Macht, Stellung und desBesitzes entkleidet sah und sich nur noch ihres nackten Daseinserfreute. Andrerseits war er auch der Ausdruck „des frei gewordenenfrischen Lebens", das den Banden der Krankheit und der Schwächeentronnen war.

In dieser Gattungsart ist nun die Turteltaube der ewige Früh»lingsbote. Mit ihrer Wiederkehr als Zugvogel kündete sie Jahr umJahr den anbrechenden Frühling an 2. Die „junge Taube" dagegenist Ausdruck der völligen Abhängigkeit, da sie noch der vollen Pflegeund Obhut ihrer Eltern bedarf. Der „reine Vogel bezeichnet somitdas macht* und wehrlose, durch seinen Aufschwung sich rettendeund erhaltende Dasein", und zwar die Turteltaube das ältere Ge=

schlecht, das mit seinem Aufschwung zugleich das jüngere rettetund birgt.

c) Die Deut un g des B undesschl usses

Was wollte der Herr dem Abram durch diese symbolische Sprache

sagen? Wohl nichts Geringeres als: „Stelle didi mir, oder als Stamm"vater dein Gesdiledit in dir, dreimal mit deiner Tatkraft, dreimalmit deiner Widerstandskraft, dreimal mit deinem Besitz und deinerBereditigung und mit deiner das alte und das junge Gesdiledit zumLeben emporrettenden Sdiwungkraft zur Verfügung!" NachdemAbram in der Darbringung der Opfertiere diesen Auftrag erfüllt

1Ps.68,14;Hohel.2,14.2 Hohel. 2,12.

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hatte, „zerstückte der Herr sie in der Mitte, brach also in dremitischen Geschlechtern alle Tatkraft, allen Widerstand uBerechtigung, und nur die nackte, innere, über das Elend sich

hebende Schwungkraft ließ er ungebrochen".Dies alles ist nun aber nichts anderes als die schwere Entan Abram: „Wissen sollst du, daß deine Nachkommen Fremalso unberechtigt sein sollen in einem ihnen nicht gehöLande": dies ist der zerstückte Widder. „Sie werden ihnen Swerden, also wird ihnen die freie Tatkraft gebrochen werdeist die zerstückte junge Kuh. „Man wird sie peinigen, sie also alles widerstandslos erdulden müssen": das ist die zerZiege.Das zerteilte Kalb ist mithin „Sklaverei", die zerteilte ist „Peinigung, Mißhandlung", und der zerteilte Widder is„redite und bodenlose Fremdlingsstand".Und dennoch werden diGeschlechter für eine kommende Erlösung nicht verlorengehedie Turteltaube und die junge Taube durften nicht zerteilt, die innere Geistes» und Schwungkraft durfte ihnen nicht genwerden.

Abrams Frage an den Herrn war gewesen: „Wodurch wewissen?", und nun antwortete ihm der Herr:„Wissen? Wissen sollsdu, daß Fremdling dein Same sein wird in einem ihnen niahörenden Lande; sie werden ihnen dienen, und sie werden sie

gen, vierhundert jähre. Aber auch das Volk, dem sie dienen, idi, und nadiher werden sie hinausziehen mit großer Habe. Duwirst zu deinen Vätern in Frieden kommen, wirst in gutem, Alter begraben werden. Das vierte Gesdiledit wird hierher zukehren; denn die Sünde des Amoriters ist nodi niait voll bis

Wie verständlich wird diese Antwort Gottes, wenn man

die symbolische Sprache der vorangegangenen Opferdarbrinihrer eigentlichen Bedeutung begriffen hat! Abram forschtdem Zeitpunkt,wann die ihm und seinen Geschlechtern gewoVerheißung, das Land in Besitz zu nehmen, nach Gottes Rain Erfüllung gehen werde. Darauf kann Gott ihm nur antwdaß er persönlich es nicht in Besitz nehmen werde. Auch dimenden Geschlechter werden nicht gleich das ihnen verheißebetreten. Auch wird es ihnen nicht auf dem Wege eines stet

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schreitenden Gewinnens und der rein geschichtlichen Entwwerden. Erst werden drei Geschlechter als Fremdlinge hinrecht= und heimatlos, in ihrem Widerstand gebrochen und un

Druck des Sklavendienstes seufzend. Erst das vierte Geschlechierher zurückkehren und das verheißene Land in Besitz n„Der jetzige Besitzer wird erst in Üppigkeit der ihn verurteEntartung entgegenreifen, der künftige Besitzer erst in Sklaverei und Elend für den einstigen Besitz gereift werden

Mit Abram selbst sollte jetzt nur der Bund geschlosseseinem Glauben damit die Gewißheit gegeben werden,daß das vonGott Verheißene Erfüllung werden würde.So groß die augenblick=liehe Drangsal, so aussichtslos die fernere Zukunft, so stafeindliche Widerstand auch immer sein werden: ist erst die Gottes gekommen,dann vermögen keine Armut und OhnmaIsraels und keine Stärke und Feindschaft der Völker aufzuhwas der Herr zum Heil seiner Erwählten verheißen hat. „Vierhun=dert Jah re" — mit diesem Zeitraum begrenzte der Herr dieWartezeit bis zur Erfüllung des Verheißenen. So unverständlungeduldig Wartenden die „Stunde Gottes" im Lauf der Gesauch je und je war, sie kam nie zu früh, und sie verspäteGottes Uhr stand nie still, Gottes Handeln griff nie vor, GottesWar=ten war nie Verspätung,auch in der Geschichte Israels nicht.

„Als nun die Sonne untergegangen und Finsternis gewowar: siehe, da war es ein rauchender Ofen und eine Feuerfwas zwischen diese Stücke durchgefahren xoar."Wie oft geschah es,wenn Abram und seine Geschlechter in ihrem Druck, in ihrematlosigkeit und in ihrem Frondienst vergeblich auf die Moreines neuen Tages, auf den Anbruch der ersehnten Freihe

Erlösung warteten, daß eine hoffnungslose Angst und eineFinsternis sie überfiel und sie macht= und ratlos dahinlebt1! Indieser Zeit geschah aber etwas Ungeahntes, nie Vorhergesealle Leiden, alle Sklaverei, alle Enttäuschungen, alle Wideder Feinde waren ihrem tiefsten Wesen nach doch nur ein „rader Ofen",der zwar die Geschlechter Abrams läutern, jedochverbrennen konnte.Sie waren nur eine „Feuerfackel", die de

* V. 12.

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leuchten mußte, die in ihren Leiden klagten und in ihren Nwarteten.

So Geschichte zu machen vermag nur Gott allein.Während die

ganze Welt in hoffnungslose Nacht gehüllt bleibt, wird den „lingen" aus ihren bisherigen Leiden eine „Fackel", die ihnentet, bis der neue Tag anbricht. Und während alle Welt von dunaufhaltsamer Gerichte verzehrt wird, gestalten sich dieKatastrophen der Geschichte für die „Auserwählten" nur „läuternder Ofen", der sie von jenen Schlacken löst, die nihrem eigentlichen Wesen gehören.Wie oft lag später in IsraelGerichten im Lauf der Jahrtausende weit mehr erlösende Gnaletzter Untergang!Und ist nicht die messianische Schau der Proten, das sehnsuchtsvolle Warten auf einen Messiaskönig uHarren auf einen vollendeten Gottesstaat in der dunkelstender israelitischen Geschichte geboren? Wie leuchtet diese propFackel auch uns wieder in unserer Nacht und läßt die große Ahoffnung auf den Kommenden und auf das Kommende in deeiner harrenden Gemeinde nicht erlöschen! Wieviel unverlösLeuchtkraft lag nicht immer wieder für die späteren ZeitalterGlaubenssprache jener Psalmen, die einst in tiefster Not voSchöpfern gesungen wurden! Fanden doch ihre Dichter erstdunkelsten Nächten jene inhaltsvolle Glaubenssprache,die etwas zu

künden vermochte, was keine Zeit mehr zum Schweigen bkonnte.Ja, läuternder Ofen und weit leuchtende Feuerfackel mLeben mit seinen Leiden, seiner Versklavung, seiner Fremdlinund seinem Warten für alle Geschlechter werden, mit denewie mit Abram einen Bund für immer schließen konnte. Das der kommenden Gerichte wird zwar Läuterung, der Ertrag

unvergänglicher Gewinn für alle Zukunft sein.

8. Die Spannung zwischen Verheißung und Erfüllu1. Mose 16

Es gehört zum Charakter der Heiligen Schrift,daß sie an einzeUnen Erzählungen und Erlebnissen ganze GeschichtsperiodenVölkerentwicklungen aufleuchten läßt.So muß auch die Ismael

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a) Das Versagen Sarai s

Auch Abram konnte eine Zeitlang im Lichte einer empfangenen

Gottesoffenbarung fröhlich sein, ohne sich ihr zu erschließen. Daszeigt uns die überlieferte Ismael=Geschichte. Sie wurde im LebenAbrams nur möglich, weil er den Boden der ihm soeben gewordenenOffenbarung wieder verließ und sich in seiner Hoffnung und Er=warning doch auf den Boden des allein natürlichen, gesetzmäßigenEntstehens und Werdens stellte. Als auch nach dem BundesschlußSarai weiter unfruchtbar blieb, da gab sie vorschnell ihre Hoffnungauf einen noch möglichen Kindersegen auf. In ihrer Sehnsucht nacheinem Kind kam ihr eine im Orient allgemein herrschende Sitteund Rechtsauffassung der Ehe zu Hilfe. Sie hatte eine ägyptischeLeibmagd namens Hagar, die ihr wahrscheinlich nebst anderen vonPharao geworden war. Nun sprach sie eines Tages zu Abram:„Siehe, es hat doch Jahve mich dem Gebären verschlossen, kommedoch zu meiner Magd, vielleicht kann ich durch sie gebaut werden;und Abram gab Sarais Stimme Gehör." Damit machte Sarai Ge=brauch von dem Recht, das ihr über ihre Leibmagd zustand. Da ihrMutterleib verschlossen blieb und sie dem Abram keinen Erbenschenken konnte, so betrat sie den für sie zu Recht bestehenden Wegund führte Abram die Ägypterin zu. Sie tat es in der Hoffnung,

daß durch Hagar dem Abram der rechtmäßige Erbe werden möge.Denn die damalige Rechtsbestimmung sah das aus solcher Verbin»dung entstehende Leben als rechtmäßiges Kind der eigentlichenHerrin an. Die Sklavin wurde für ihre Hingabe dadurch belohnt,daß sie hinfort aus der Stellung einer Sklavin in die einer Freienhineingehoben wurde.

Von der Seite Sarais war es jedenfalls ein Entschluß, der auchihr trotz der damals herrschenden Rechtssitte nicht leicht gewordensein muß. Sie war aber bereit, dies Opfer zu bringen, damit aufdiesem Wege die göttliche Verheißung ihre Erfüllung fände. Unddoch war dieser Weg ein eigener Weg: die Mittel, zu denen siegriff, waren fleischliche Mittel. Gott wollte den verheißenen Erbendem Glauben, nicht aber der Selbsthilfe Sarais und dem fleischlichenKönnen Abrams anvertrauen. So fällt es vielfach selbst dem Glauben

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Zukunft der Geist der schwanger gewordenen ägyptischen Ja, wie oft hat auch die Kirche Christi im Laufe der Zeitenjener fremden Magd geseufzt, die sie gerufen hatte, um sichTagen ihrer Unfruchtbarkeit durch sie zu erbauen und einen bden Segen zu schaffen!

Als Abram sah, daß Sarai ihm den Vorwurf machte, daß ihm liegen müsse, daßdie Magd ihr neues Verhältnis zu ihr völmißbrauchte, sprach er zu ihr:„Siehe, deine Magd ist in deineHand; mache mit ihr, was gut in deinen Augen ist1." Da demütigtesie Sarai, und Hagar entfloh. Sarai hatte allein unter der einenaussetzung Hagar herangezogen, daß sie, selbst als Abramsund Mutter seines Kindes, dennoch ihre Leibmagd bleiben Das von ihr zu gebärende Kind sollte Sarais Kind sein, völligeistigen Einfluß Hagars entzogen, um allein im Geiste Abramder Sarai erzogen zu werden. Sarai hatte aber vergessen, „dein Unmögliches gewollt, daß ein Weib Abrams und Mutter

Kindes nicht Sklavin bleiben könne".„Hagar ertrug es nicht mehr", nachdem sie von Abram schger war, „als Sklavin betrachtet zu werden". Damit ist aberdas Licht erkannt, das die Schrift auf den schweren Fall iGlaubensgeschichte Abrams fallen lassen will. Ihr geht es ledoch darum,die Verwicklungen, Konflikte und Seelennöte zu tonen, die sich ganz zwangsmäßig in einer Entwicklung ergmußten, die nicht mehr aus dem Gehorsam des Glaubens entstwar. Auch in dem Leben und in der Familie Abrams gewidie unheimlichen dunklen Kräfte der Sünde Einfluß und Machbald die Abhängigkeit von Gott preisgegeben und der Segen uZukunft durch Mittel gewonnen werden sollen, die nicht auGlauben kommen. Die Schrift scheut sich nicht, ein sehr dBild von dem künftigen Familienleben Abrams zu zeichnen. Scmacht sich Sarai, schuldig wird Hagar, schuldig wird auch ASarais Schuld, von der die erste Anregung kam, zeigte sich adarin, daß sie, wo sie von ihrer Leibmagd zurückgesetzt wurdder Eifersucht, vom Stolz ihrer Herrinnenrechte erfaßt wurddementsprechend ihr Verhalten der Hagar gegenüber bestimm

Hagar hatte es nicht ertragen können, daß sie plötzlich in

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Zelten Abrams das Ehebett mit dem Hausherrn hatte teilen dürfenund damit die rechtliche Stellung einer Freien erlangt hatte. Hinfortwurde ihre Herrin gering in ihren Augen. Denn ihre Schwangerschaft

und ihre Erwartung hatte in ihr den Stolz der Freien und das Be=wußtsein der Mutter wachgerufen. Eine fernere Behandlung als Leib-magd von seiten Sarais konnte sie nicht mehr ertragen.

Auch Abram versagte weiter im Glauben. Der betretene Wegmußte ihn je länger desto tiefer zur neuen Selbsthilfe führen. Umsich aus diesen Zwisten und Spannungen, die in seinen Zeltenentstanden waren, zu retten, sprach er zu Sarai: „Siehe, da istdeine Leibmagd in deiner Hand! Madie mit ihr, was gut in deinenAugen ist!"

Wie unsicher und widerspruchsvoll beginnen die Handlungenund Entscheidungen auch der Glaubensmenschen zu werden, wennsie nicht mehr in der Abhängigkeit von Gott stehen! Erst nahmAbram die Sklavin aus der Hand Sarais, damit durch sie ihm der

verheißene Erbe wurde. Nun übergibt er dieselbe Sklavin der Leiden=schaft seiner gekränkten Gattin. Gerade und zielsichere Wege ergebensich zu allen Zeiten nur aus dem Gehorsam des Glaubens. Daherbetet der 17. Psalm: „Senke meine Tritte in deine Fußstapfen, damitmein Gang nicht wankend sei!"

c) Hagar in der Wüste

Das ist aber hinfort die große Tragik des Hauses Abrams undauch der Hagar, daß trotz der beständigen Konflikte zunächst beidedoch nicht unabhängig voneinander leben können. Hagar entflohzwar im Gefühl ihres Rechtes, um über Beerseba nach Ägypten zugelangen. Sie sah sich aber von einem Boten Gottes wieder zurückin die Zelte Sarais geführt. Denn es „fand sie ein Engel Jahves amWasserquell in der Wüste, an dem Quell auf dem Wege nach Schur,und sprach: Hagar, Magd Sarais! Woher kommst du und wohingehst du? Sie sprach: Auf der Flucht vor meiner Herrin Sarai befindeich mich."

Hagar hatte sich auf die zu allen Zeiten gangbarste Straße nachÄgypten begeben, nämlich auf den Weg nach Schur, was den 5—jTagereisen langen Wüstenstrich Paran einschloß. In dieser „schauer=

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lidisten, ödesten und wasserärmsten" Gegend befand sicheine Quelle, die für alle aus der Wüste kommenden und Wüste ziehenden Karawanen als ein äußerst willkommener platz diente. Hier fand sie der Engel des Herrn. Er trug einWendung in ihr Leben, durch die ihre ganze Zukunft und dizu erwartenden Sohnes bestimmt wurde.„Da sprach Jahves Engelzu ihr: Kehre zu deiner Herrin zurüde und demütige didi unteHändel . . . Viel, viel werde idi deinen Samen werden lassen, er vor Menge nidit gezählt werden könne. . . Siehe, du bist sdiwan-ger und wirst einen Sohn gebären und sollst ihm den Namen I1

geben; denn Jahve hat auf deinen Notsdirei hingehört. Er wirVJildesel von Mensdi sein, seine Hand wider jedermann und manns Hand wider ihn, und im Angesidite2 aller seiner Brüder wirder wohnen."

Drei Dinge hatte der Bote Gottes der in ihrem Rechtstrotzenden und doch irrenden Hagar zu sagen:eine Aufforderung,

eine Verheißung und eine Charakterbesdireibung ihres zu erwaden Sohnes.Zunächst forderte der Engel sie auf, zurückzukehrdie Zelte Sarais und sich freiwillig ihrer Herrin unterzuordnes für sie auch ein augenblickliches Opfer, so wird es doch maufgewogen werden durch den Segen, den sie und ihr Sohn Zelten Abrams für die Zukunft finden werden. Der von ih

borene wird unter dem Segen des geistigen Einflusses eines und der Sarai heranwachsen und,wenn audi nidit Erbe, so dodMiterbe der Verheißungen des Hauses Abram werden.Aber „Hagarrührte sich nicht".

Nun vernahm sie die Verheißung:„Viel, viel werde idi deinenSamen werden lassen/'Diese Verheißung war ganz verwandt ddie auch dem Abram vom Herrn geworden war. Ihr Inhalt wHöchste, was damals einem Weibe gekündet werden konntelose Nachkommenschaft. Aber auch das rührte Hagar nicht.

Jedoch Gottes Bote hatte ihr noch etwas zu sagen: ihre „kommen werden die freiesten unter den Menschen werden".„Siehe,du hast empfangen und gebierst einen Sohn; du sollst ihn I

1

Ismael = es höret Gott.2 D.h. im Osten oder ostwärts von seinen Brüdern.

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nennen; denn Jahve hat auf dein Leid hingehört. Er wird ein Funter den Menschen sein."Mit dem Begriff „Wildesel" oder im übtragenen Sinne „Freier" bezeichnete der Engel in einzigartiger

den „sozialen Charakter der Ismaeliten", und zwar von ihremEntstehen an bis in die Gegenwart hinein. In Ismael und Geschlechtern lebte je und je die ungemessene Freiheitsliebe der W üste umherschweifenden Beduinen, die sich durch kein mliches Joch binden ließen und auf alles städtische Leben mitachtung herabsahen. In dieser Freiheitsliebe wird zwar Is„Hand wider jedermann und jedermanns Hand wider ihn"sein.Mit niemandem wird er sich in Freundschaft alliieren könnendem nach allen Seiten seinen Nachbar befehden, und dabei doch „im Angesichte aller seiner Brüder seinen Platz einneund sich behaupten.

„Obwohl viele Eroberer", wie Baumgarten hierzu überausfend bemerkt, „die arabische Wüste vorbeigezogen sind, sododi keinem gelungen, dieses edle Wild einzuf angen und zu zDagegen sind die Araber in unzählbaren Schwärmen hervorchen und haben Persien, die Ostseite des Kaspischen Meeres, Mesopotamien, Syrien, Ägypten, die Berberei, einen großen Tinneren Afrika, Spanien und Portugal, Sizilien und Sardinienoch mehrere Länder überschwemmt und außerhalb ihres S

landes mehr als hundert verschiedene Throne bestiegen."Als die unter der Abhängigkeit seelisch leidende Hagar dAussicht gestellte Ungebundenheit und Freiheit für ihren Sodessen Geschlechter aus dem Munde des Engels vernahm, daihr genug. „Um diesen Preis war sie bereit, sich unterzuorUnd mit Recht empfand sie auch den Boten Gottes, der ihr

wenigen und knappen Zügen die Zukunft ihres Sohnes vor gestellt hatte, als eine Gegenwart des Herrn selbst und nann„Du bist ein Gott des Schauern."Damit wollte sie nicht sagendaß Gott sich schauen lasse, sondern daß seinem allsehendeder Hilflose und Verlassene auch im fernsten Winkel der nicht entgeht. Denn sie sagte:„Habe idi dodi hier gesehen den, demidi gesehen hat."

Das war der tiefe und gewaltige Eindruck, den Hagar b

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Begegnung mit dem Fremden in der Wüste empfing. Ihr stehdem Boten Gott selbst,der auch, eine Irrende in ihrer Not und in Wüste zu finden vermag.Ihm ist die Angst ihrer Seele, der Sch

ihres mütterlichen Herzens nicht entgangen. Er weiß von ihresten Geheimnis, von dem werdenden Leben, das sie unterHerzen trägt. Er sieht im voraus, welch ein Schicksal mit dewarteten verbunden sein wird. Er deutet an, daß durch den Chdes Kindes, das von ihr geboren werden w ird, der Charakter tiger Geschlechter bestimmt werden wird. Hagar sah sich daeine Autorität gestellt, der sie sich nicht zu entziehen vermoder der sie in ihrer Auflehnung nicht trotzen konnte. Sie beudaher unter den Rat des Fremden; denn sie weiß sich von Gsehen und gesegnet. So wurde es ihr zum Bewußtsein gebracdaßman zwar den Zelten Abrams entfliehen, nicht aber sich der Gwart Gottes entziehen könne.Aus den Zelten Abrams kann mentfliehen, um in der Wüste die Freiheit für seinen Stolz undTrotz zu finden. Gott sieht aber die Enttäuschungen und Nösich aus solcher eigenwilligen Flucht für die Hagar und dereschlechter ergeben müssen. Sie nannte daher den Namen Jahvzu ihr gesprochen hatte:„Du bist ein Gott des Sdiauens."

Zwar hatte der Gottesbote es ihr besonders nahegelegt, daßauf ihr Leid hingehört habe. Ihre Seele hielt jedoch „jenen E

am stärksten fest,daß man zwar Menschen, niait aber Gott entfliekönne". Gott ist ein überall und jedermann Schauender.„Darumnannte sie den Brunnen: Brunnen des Lebendigen, miài SchauEr ist zwischen Kadesch und Ber ed."

Was Ismael von Isaak, die arabischen Stämme von Israel unterschieden hat, war die einseitige Gotteserkenntnis ohne

Gesetz, welches das Leben ordnet und bestimmt, dem Lebenund Ziel gibt. Mit den Söhnen Jakobs teilen die Araber zwunzerstörbare Gewißheit von der Absolutheit, Majestät undsehung Gottes. Sie blieben aber ohne jene Gesetzesoffenbaruwie in Israel alle vorwärtsstrebenden Kräfte dés Lebens, alle schaftlichen Beziehungen zueinander, jeden inneren und äAufbau der Volksstämme, jede Regelung des Verhältnisses dezelnen und des Ganzen zu Gott praktisch dem sich kundge

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Willen Gottes unterzuordnen sudite.Der idealen ErkenntnisdesGeistes fehlte die praktische W eihe des Leibes: die UnterordnuKräfte, Triebe und Regungen des sinnlichen, seelischen und ge

Lebens unterden geoffenbarten Willen Gottes.Aber so wenigdieFrage Israels bisher vonder Geschichte und der Kirche gelöst ist,sowenigist auchdie Frage Ismaels undmit ihr die ganze Mohamme=danerfrage gelöst. Wir warten nochdarauf, daß die Lösung von demkomme, der einen Isaakals ein Wunder seiner Schöpfermacht geund einen Ismaelaus seiner Notin der Wüste erretten konnte.

9. „Idi bin El-Sdiaddai!"1.Mose 17

a) Das Schweigen Gottes„Abram war sechsundachtzig Jahrealt, als Hagar ihm Ismael

gebar.Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm Jund sprachzu ihm." Von vielen wird angenommen,daß der nach=folgende Abschnitt aus einer anderen Überlieferung genommeden sei als die vorangegangene Erzählungvon der Geburt Ismaels.Wenn auch manchesfür eine solche Annahme sprechen mag,vonden inneren Zusammenhängen der Welt des Glaubens aus ge

schließt sich dernun folgende Bericht psychologisch ganz engan dievorangegangenen Ereignisseim Familienleben Abramsan. AbramsGlaubewar stark genug gewesen,auf Gottes Berufunghin ausHaranzu ziehen,um sich in Kanaan niederzulassen;er hatte sichaber zu schwach erwiesen, Gottes Stunde abzuwarten,wo es sichauf Grundder ihm gegebenen Verheißungum den Empfang Isaakshandelte.Um aus der fortbestehenden Spannung zwischen Vheißungund Erfüllung herauszukommen,in die sich sein Glaubeund Sarais Erwartung Jahrum Jahr gestellt sahen, hatteer einge=willigt, sich durch Hagar den verheißenen Erben schenkenzu lassen.Ismaels Geburt war mithinnur die sichtbare Frucht von dem inneliehen Versagen Abrams.Und noch immer griff der Menschzu eige-nen Mitteln,um göttliche Verheißungzur Erfüllungzu bringen,sobald er das unbedingte Vertrauenzum Handeln Gottes verlor.

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Sechsundachtzig Jahre, also elf Jahre nach seiner BerufunAbram, als ihm Ismael geboren wurde. Erst als er neunundnJahre alt war, ward der Herr ihm aufs neue sichtbar, um ihm

tiefere Schau von seinem Wesen und seinem Können zu gebsprach zu ihm:„Ich bin EUSdiaddai! Wandle vor meinem Angesiund sei vollkommen!"

Das war Gottes Antwort auf Abrams unfruchtbar geworGlaubenszustand. Sein Glaubenswachstum und seine Glaubschichte hatten eine dreizehnjährige Unterbrechung erlebt, dMenschen aus nicht mehr behoben werden konnte. Abram Ismael zur Ruhe gekommen, alles weitere Hoffen war erloschDasim Umgang mit Gott stehende Glaubensleben ist jedoch niruhender Zustand.Es ist vielmehr eine Bewegung mit der Inngesetzlichkeit, von Klarheit zu Klarheit, aus Erkenntnis zu Ernis und von Kraft zu Kraft zu gelangen. Abrams Leben abeaufgehört, Bewegung zu sein. Es war Zustand geworden. Es das ungemein Demütigende auch für den Menschen des Gladaß er aus solch einem Zustand von sich aus nicht mehr herakommen vermag.Erst muß wieder die Offenbarung sprechen, bder Glaubedie Kraft zu neuen Entscheidungen und Handlungegewinnen vermag. Ein Leben des Glaubens bleibt auf jedem abhängig von dem Wort, durch das der Herr zu ihm spricht

jedoch wie im Leben Abrams nach der Geburt Ismaels deschweigen, so schweigt hinfort auch das fortschreitende ErlebGlaubens.

YJiereich an wahrem Gotterleben waren die elf Jahre voGeburt Ismaels gewesen, wo Abram trotz seines gelegentlichesagens dennoch immer wieder Gott vertraut hatte! Es erfolgte

barung um Offenbarung von Gottes Seite, und Abram sah sicsie von Fall zu Fall begnadet, in ihrem Lichte seine Entscheizu treffen. Wie arm an direktem Verkehr mit Gott ward jedocLeben im Laufe von dreizehn Jahren, wo der Herr ihm nicsagen hatte! Abram hatte durch seine Zuflucht zu Hagar gund solange er redete, mußte Gott schweigen. Es zeigte sicer sich in seinen eigenen Kräften und Reserven nicht ausghatte.Der Mensch eilt aber auch in dem Heiligen und Allerheili

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Isaak ist auch sie in ihrem Geiste der Sohnschaft ein Rätsel deGe=saliènte, weil sie niait vom Geist derGeschichte gezeugt und aus derEntwicklung der Geschichte heraus geboren ist.Die Kirche Christi

im paulinischen Evangelium ist Gottes Werk, eine Neuschinnerhalb der alten. Sie ist der gegenwärtige Tempel des HGeistes, der berufen ist, erfüllt zu werden mit der Majestät und der Herrlichkeit Christi. Hier wird das Leben nicht aufnatürlicher Gesetze, hier ist alles in seinem Werden und Wgebunden an das dauernde Wirken dessen, der allein WolleVollbringen zu geben vermag. Ihre Erscheinung und Existendaher nicht abhängig vom Gang der Geschichte, werden nicstimmt durch die Gunst oder den Widerspruch der Zeitströmsind nicht gebunden an menschliche Machtmittel und politischflüsse,ihr Fundament und ihre Zukunft ruhen allein in demGnaden=bunde, der zwischen Gott und ihr besteht.Wie die Welt auch überdieses Geheimnis orakeln mag, sie löst es nicht, weil die Gesder Kirche Christi nicht dem Wesen ihrer Geschichte entspricbleibt ihr ein Geheimnis, wie Gott selbst und seine Offenbarder Person Jesu Christi ihr ein Geheimnis sind.

Da warf Abram sich auf sein Angesicht, und Gott spracihm und teilte ihm mit:„Idi schließe meinen Bund mit dir, daß ein Vater vieler Völker werden sollst."Auf Gottes Offenbarung er

folgte nun Abrams Antwort, indem er sich auf sein Angesicderwarf. Seine Unterwerfung und Hingabe sagten mehr, als Whätten sagen können. Sie waren das Nein zu seinem bishKönnen und das Ja zu dem Können Gottes:die bedingungsloseHin=gäbe an Gottes Allmacht und Verheißungswort.Auf diesem Bodenkonnte nun auch die Erfüllung der göttlichen Zusage liegen: „daßdu ein Vater vieler Völker werden sollst/'Wenn hier von Völkerndie Rede ist, so haben w ir kaum an jene Völker zu denken, dieinmal ihre Abstammung einem Abram verdanken solltenAbram auch der Vater zahlreicher israelitischer Stämme undKönige werden sollte — diese Verheißung w urde ihm erst ngegeben.Abram sollte aber durch seine prophetische Mission zu geistigen Vaterschaft, zu einem neuen, erhaltenden Lebenspder wogenden Völkerwelt werden.

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Das sollte durch die nun erfolgende Namensänderung zumdruck kommen.„Und nicht mehr soll man dick ,Abrarri nennsondern ,Abraham' soll dein Name sein. Denn ich mache dic

Vater vieler Völker."Wir können uns tatsächlich nicht ausdenken, was aus demkergewoge im Laufe der Jahrtausende geworden wäre, wendurch Abrahams Glaubenssprache, durch Moses Gesetzesoffendurch der Propheten Heilsbotschaft und durch die ZeugnisPsalmen jene erhaltenden Ewigkeitskräfte in die Welt gewären, durch die sie vor einer völligen Zersetzung und Aubewahrt wurde. War doch Gottes Offenbarung, deren Trägerharn und seine Geschlechter wurden, nichts Geringeres als dermeister bis auf Christus hin, in dem, als die Zeit erfüllt war, die ganze Heilsfülle in die Geschichte trat, um denen zur Ezu werden, die da glauben würden.

Abraham hatte mit seinem Niederwerfen auf sein AngesiAufgabe seiner Selbständigkeit und seine Hingabe an die Abkeit von Gott bekundet. Gottes Antwort war:„Siehe, mein Bund istnun mit dir!"Mit der von Gott ausgehenden Namensändefand das bisherige Leben„Abrams"seinen entscheidenden AbschluEs begann hinfort das Leben„Abrahams": die prophetische Missionund die geistige Vaterschaft des Berufenen für eine wogende V

weit. Mit „Abram" schloß eine große Vergangenheit ab, in der göttlichen Offenbarung gelungen war, den Berufenen bewußte und freiwillige Abhängigkeit von Gott zu bringe„Abraham" begann hinfort eine noch weit größere Zukunft,durch den Geist des Glaubens und durch die empfangene Goffenbarang auch die wogende Völkerwelt zu ihrem Heil g

werden sollte.Erst als Gesegneter konnte Abraham segnen, erstGebundener an Gott wurde er Prophet.Durch Berufung war Abraham in die Welt des Glaubens m

Separation versetzt worden. In ihr gewinnt er jedoch die Verhdaß seine Nachkommen Völkern zu einem Segen werden soJemehr der Weg des Glaubens in ein Alleinsein mit Gott führt,mehr sieht sich die Frucht des Glaubens zum Segen für diegesetzt.Jünger des Meisters sahen sich begnadigt, Zeugen inn

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Gott zur Ruhe. Er lernt warten, wo Gott wartet, und er wagt zuhandeln, wo Gott handelt; er segnet, wo Gott segnet, und erschweigt, wo Gott schweigt. Wer aber erst in Gott zur Ruhe gekom=men, kann auch andere zu derselben Ruhe führen; wer Gottes Herr=lichkeit in dessen einzelnen Handlungen gesehen, der trägt wiedereine Prophetenbotschaft von dem Können Gottes für alle Müden inseiner priesterlichen Seele.

d) Das B undeszei chen

So klar einerseits in der Berufung und in der bisherigen Lebens*führung Abrahams auch sichtbar wurde, daß allein Gott in allenGlaubensangelegenheiten und Heilserlebnissen das ursächliche Sub*jekt sein kann und der Mensch nur das empfangende Objekt bleibt,so wurde von der göttlichen Offenbarung jedoch nie der Wille unddie freie Entscheidung des Menschen ausgeschaltet. Auch in seinemgefallenen Zustande hat der Mensch als das Ebenbild Gottes selbst

die Wahl zwischen Leben oder Tod zu treffen. Die Offenbarung trittzwar mit ihrer Berufung und ihrem Evangelium an den Menschenheran, sucht ihn durch ihren schöpferischen Geist zu begnadigen undihm eine höhere Kraft mitzuteilen. Sie zwingt ihn aber nie, sichwider seinen Willen für die Erlösung zu entscheiden, die sie bringenwill. Denn solch eine Erlösung würde Knechtschaft, nicht aber Er=

lösung im Geiste der Kindschaft sein. Gott sucht aber nicht durchseine Barmherzigkeit ein Reich von Sklaven oder Knechten zu schaf=fen, sondern von Menschen, die im Geist der Sohnschaft rufen:„Abba, Vater!"

Klar hatte Gott nach der Namensänderung Abrahams bekundet,wie er sein gegebenes Bundesverhältnis sowohl an ihm als auch anden kommenden Geschlechtern seines Samens erfüllen wolle. Diesem„Ich,siehe was mich betrifft . .." in Vers 4 sollte nun das „Aberauch du" von Vers 9 entsprechen. „Da sprach aber Elohim zu Abra=harn: Aber auch du mußt meinen Bund hüten, du und dein Samenach dir (zum Zeugnis) für ihre Geschlechter." So stark und so einzigdie große Heilszukunft einerseits auch von Gottes Bundestreue ab=hängig sein würde, so klar und bestimmt bezeugte aber auch dieOffenbarung, daß ohne eine entsprechende Glaubenshingabe Abra=

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hams und seines Samens an den Bund Gott das im Bunde Vernie zur Erfüllung bringen könne. Wenn der Mensch sich niseinem fleischlichen Zustand herausheben und in einen geisversetzen läßt,kann Gott ihn niait zu einem Dolmetscher der Ofbarung und zu einem Verwalter seiner göttlichen Geheimnissbe=gnadigen.Dem natürlichen Menschen fehlt das Ohr für die Spder Offenbarung, und es fehlt ihm der Mund, Künder der Gnisse Gottes zu sein. Ohne Glaubenshingabe Abrahams an Bund kann nie ein Isaak nach der Verheißung und im GeiSohnschaft geboren werden.

Dieser tiefe, innerliche Vorgang des gegenseitigen Bundesvnisses sollte durchdas Zeichen der Beschneidungfestgehalten werdenDas bisher nur gesprochene Wort sollte Abraham im Bundesauch zu einem sichtbaren werden. Erlischt auch für Abrahadie Stimme der Offenbarung, soll deren Verheißung im Bunthen dauernd weiterreden. Sie soll die Hoffnung und Erwar

Abraham lebendig erhalten, daß Gottes freiwilliger Heilsrain seinem Leben und im Leben seiner Nachkommen Erfüllunden wird.

Denn nicht etwa Gott bedurfte dieses Bundeszeichens, soAbraham,der Mensch, dem es um seiner Schwachheit willeStärkung seines Vertrauens gegeben wurde. Es war nicht d

schneidung, durch die Gott sich bestimmen ließ, treu zu seineheißung zu stehen. Durch sie sollte aber Abraham seine invollzogene Hingabe an die ihm gewordene Verheißung bekNicht der Akt der Beschneidung selbst war diese Hingabe, sienur ein äußerliches Zeichen derselben sein. Die Hingabe wamehr ein innerlicher Glaubensvorgang.Geistliche Zustände des In=nenlebens können niemals vom Menschen durch symbolischeHand*hingen gewonnen werden.Wohl Symbol, niemals Wesen der Higäbe konnte mithin die Beschneidung sein. Es ist daher ganständlich, daß spätere Zeiten in der Geschichte der Geschlechtehams, die nicht mehr im Geiste und in der Glaubenshingabehams lebten,das Symbol zum Wesen erhoben.Was ihnen durch dieTradition von ihren Vätern überliefert werden konnte, das w

äußere Handlung, nicht aber der innerliche Vorgang. Glauben

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nisse können zwar von der Tradition bezeugt, niemals abertragen oder vererbt werden. Leider ist das auch von der KircNeuen Bundes allzuoft vergessen worden. Man kann auch e

schnittener sein, ohne in der Glaubenshingabe Abrahams empfangene Bundesoffenbarung zu leben.Um das Wesen dieser Hingabe als einen innerlichen Vorga

Akt des Glaubens noch etwas tiefer zu verstehen, müssen wdie eigentliche Sprache dieses Bundeszeichens etwas näher ei„Dies ist meinBund, den ihr hüten sollt zwischen mir und euch udeinem Samen nach dir: Beschnitten soll bei euch jeder Mänwerden, so daß ihr beschnitten werdet an demFleische eurer Vorhautund dies zum Bundeszeichen werde zwischen mir und euchDiehebräische Wurzel, aus der der Begriff Beschneidung gebildheißt nicht bloß „schneiden" oder „beschneiden", sondern drverbaler Form ein „Entgegentreten", ein „Einschränken" auSinn des äußerlichen Beschneidens ist innerliche Einschränkungrenzung, sittliche Zucht. Vorhaut am Fleische bezeichnet nuZustand,wo der Mensch nicht den Gegenstand beherrscht, überzu herrschen er berufen ist.Jedes Menschen eigentliche Bestimmuist, daß nicht das Fleisch mit seinen Neigungen, Trieben, Aherrsche über den Geist, sondern sein Geist herrsche übeFleisch. Ein rein natürliches Instinktleben führt das Tier. Es

darin sein Glück, seine Existenz und seine Zukunft. Niemalsder Mensch! Sobald bei ihm das Fleisch mit den ihm innewohTrieben herrscht, leidet seine geistige Persönlichkeit. Sein Lebseine Zukunft werden entsittlicht und entheiligt. Nicht HeDiener seines Geistes sollen beim Menschen alle Anlagen, KräNeigungen seines Leibes sein.

„Das Fleisch eurer Vorhaut" bezeichnet mithin einen innerlZustand, in dem der Mensch nicht die Herrschaft über seinenhat. In solch einem Zustande konnte Abraham aber nicht dereines Isaak und die geistige Vaterschaft der wogenden MenVölker werden.Geistige und sittliche Kräfte zur Erhaltung und fruchtung der Völker können nur von geistigen und sittlichesönlichkeiten ausgehen.Das Fleisch kennt in seinen Trieben nurMittelbarkeit und ist daher unfähig für den Empfang der un

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den Nachkommen dauernd künden, daß Gott das ganze Vsein Eigentum beansprucht. Es soll dem Herrn der Lebensraumhalb der Geschichte sein, um von da aus mit seinem Heil

Völkern kommen zu können. Denn das Bundeszeichen soll setwa nur auf Abraham als den ursprünglichen Empfänger dheißung beschränken.Als Besdineidung soll diesessichtbar gemachteWort reden von Geschlecht zu Geschlecht.Schon als Kind soll alleMännliche beschnitten werden, mithin in die dem Abraham gBundesverheißung mit einbezogen werden. Alle Geschlechdem Samen Abrahams sollen zu allen Zeiten wissen, zu welBerufung auch sie in Abraham erwählt worden sind, und weGlaubensstellung der Inhalt auch ihres Lebens werden soll. Efür alle Zeiten ein Gnadenbund, ein Geschenk der BarmherDaher durfte das Bundeszeichen bereits am Kinde vollzogen Er umschloß alle Geschlechter und alle Zukunft. Es bedurfeines Verdienstes, um in ihn einzutreten. Er verlangte nur einbensvolle Hingabe, sobald der israelitische Mensch zu solcBejahung des Bundes fähig war. Entzog man sich solch eingäbe,dann verlor man den Segen, der mit dem Ja des Glaubenbunden war.Ablehnung des Bundeszeichens kam daher gleichAblehnung der Bundesverheißung und der damit verbundeneBun=desverfassung.

Nach diesem Bundesschluß erfolgte nun auch die Namenrung Sarais. Wie durch eine solche die prophetische Aufgabehams festgehalten werden sollte, so auch durch den neuen „Sarah". Es sprach Elohim ferner zu Abraham:„Dein Weib Saraisollst du nicht Sarai nennen; denn Sarah ist ihr Name."

Die Deutungen des Namens sind schwankend. König be

„Der Sinn (Fürstliche oder Fürstin) blieb derselbe. Nur konnder neuen Form klarer ins Bewußtsein treten." Andre erkläUnterschied beider Namen dahin, daß „Sarai" eine Pronomdung sei und „meine Fürstin" heiße, d. h. daß sie allein fürharn, ihren Gatten, eine Bedeutung hätte; „Sarah" sei jedoNominalbildung und bedeute „Fürstin" schlechthin; mithindurch diese Namensänderung angedeutet werden, zu welch edeutung Sarai als Sarah für die Allgemeinheit werden sollte

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Nach dieser Namensänderung wiederholt der Herr auch deden Segen, den er zuvor mit der Namensänderung Abrahambunden hatte.„Idi werde sie segnen und habe dir auch, schon

ihr einen Sohn bestimmt. Idi werde sie segnen, sie wird zu Vwerden, Könige der Völker werden von ihr werden."Der Zusam=menhang des hier Mitgeteilten betont sehr stark, daß nicirgendeiner Frau, die dazu bereit wäre, dem Abraham ein IsSohn der göttlichen Verheißung geboren werden konnte. Dieallein von dem Weibe geschehen, das sich in dasselbe Bund

hältnis zu Gott hineinziehen ließe, in dem auch AbrahamEinen Ismael kann Abraham auch mit einer Hagar zeugen; einkann ihm aber nur von der Sarah geboren werden.

Gottes Verheißung an Sarah enthielt jedoch etwas, das Abso überraschte, daß„er auf sein Angesidit fiel und ladite; und er sain seinem Herzen: Sollte einem Hundertjährigen nodi geborenden oder Sarah, eine Neunzigjährige, gebären?"Obgleich Abrahamauch diesmal sich der göttlichen Offenbarung unterwarf und Angesicht niederfiel— begreifen und verstehen konnte er den Inder Offenbarung nicht. Es erschien ihm einfach lächerlich, daals Neunzigjährige noch gebären sollte. Und als Gott in spätedieselbe Verheißung wiederholte, da lachte auch Sarah.Es kann derMensdi mithin in einem ganz bestimmten Bundesverhältnis z

stehen und es dodi für unmöglich halten, wenn Gott beginnt,Bundesverheißungen praktisch zur Erfüllung zu bringen.So bewußtman sich auch zu dem Können Gottes bekennt — geht diesüber alles bisher Erfahrungsmäßige hinaus, dann lacht auAbraham, obgleich er vor Gott auf seinem Angesichte liegt.

Letzthin hat sich in diesem Lachen, d. h. in dem Namen Is

alle Zeiten nur das verewigt, was die kommende Geschichteausmachen würde. Nicht nur Isaak, der ganze Anfang des jüVolkes ist lächerlich: seine Geschichte, seine Erwartungen, seinungen; „sein von diesen Hoffnungen getragenes ganzes erscheint dem nur die gewöhnlichen, natürlichen Kausalitätsvnisse berechnenden Verstand als die ungeheuerlichste, lächePrätention. Sie wird nur vernünftig, ja sie gewinnt den allerhberechtigten Ernst, wenn sie die erste und höchste Kausalit

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Kausalitäten, wenn sie das tief eingreifende, frei allmächtige und frei allmächtige Vollbringen eines frei allmächtigen GottBasis der Beurteilung nimmt."

Im Lichte der völkergeschichtlichen Entwicklung blieb jedeWerden dieses Volkes eine völlig unerklärliche LächerlichkeitAbrahams Glaube verstand zunächst nicht, sich auf diese Gottlichkeit einzustellen, und er sprach daher:„Möchte doch Ismael vordeinem Angesichte leben! Da sprach Elohim: Nicht so, deineSarah gebiert dir einen Sohn, und den sollst du Isaak nennenihm (allein) werde ich mein Bündnis aufrechterhalten zu ewigen Bündnis für seinen Samen nach ihm."

Wie schwer vermag doch der Mensch, selbst wenn er in so bewußten Glaubensverhältnis zu Gott steht wie Abrahaloszulassen, was Gott nicht rechtfertigen und nicht in seine Vßung hineinziehen kann! Auch Abraham begriff immer nochdaß Erbe und Träger der göttlichen Verheißungen nur ein Sokönne, der in demselben Geiste des Glaubens und der HingaGott wandeln würde, wie er selbst es bisher getan hatte. Gotaber, daß Ismael sich auch als Sohn Abrahams diesem Geierschließen würde. Daher konnte er nie Erbe der großen MAbrahams und Träger der göttlichen Offenbarung für die Zwerden.Göttliche Werte können der Welt zu ihrem Heil nur d

ein göttliches Leben vermittelt werden.Im Blick auf die göttlichBerufung Abrahams blieb Ismael daher der Verworfene undnie Erbe derselben Berufung.

Was Ismael als Sohn Abrahams jedoch miterleben konnwar der rein äußerliche Segen. Daher sprach der Herr auch imauf Ismael:„Was aber Ismael betrifft, habe ich dich erhört. Siich habe ihn bereits gesegnet und werde ihn fruchtbar macheihn im Übermaß vermehren; zwölf Fürsten wird er zeugen, uwerde ihn zu einem großen Volke bestimmen. Meinen Bundwerde ich mit Isaak aufrechterhalten, den dir Sarah zu dieseim nächsten Jahre gebärenwird." Insoweit es Gott möglich wazog er auch Ismael in die Segnungen Abrahams hinein. Bunkonnte jedoch allein ein Isaak sein. Das hat die spätere Gedieser beiden Söhne Abrahams und die geschichtliche Entw

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ihrer Nachkommenschaft sehr klar bestätigt. Gott wußte, waerIsmael niemalsfür eine geschichtliche Aufgabe erwählen könnefürdie Isaak sich jedoch würde begnadigen lassen.

Daß Abrahams Niederfallenvor dem Angesichtedes Herrn nichtnur eine äußerliche, formale Handlung gewesenwar, das bewiesernun durch seinen Glaubensgehorsam. Nachdemer die Offenbarungüberdie Beschneidungund deren Bedeutungals bleibendes Bundes*zeichen empfangen hatte, ginger hin und tat, was Gott ihm auf=getragen hatte.Glaubenshingabean die göttliche Offenbarung äußersich im praktischen Lebenals Glaubensgehorsam.

10. Abrahams beginnende Glaubensmission1. Mose18

a) Die G l a u b e n s w e l t A b r a h a m s

In der Welt des Glaubens entsteht alles durch Offenbarung„Der Glaube kommtaus der Predigt." In der Welt des Glaubenslebt allesvon der Offenbarung; denn:„Getrenntvon mir könntihrnichts tun." In der Welt des Glaubens wird alleszu einer Offen»barung; denn:„Wie mich mein Vater gesandthat in die Welt, sosende ich auch euchin die Welt." Durch Berufung werden Fischeram

See Genezarethzu Jüngern. Jüngerin der Nachfolge Jesu werdenFreunde ihres Meisters,und die ausgesandten Apostel Jesu Chriswerden Zeugen ihres Herrnin der Welt.

Verwandte Grundzügein Gottes Heilsordnung findenwir bereitsim Leben Abrahams. Gottes Berufung hattevon Anfang an fürAbrahamein doppeltes Ziel:„Ich will dich segnen!"und „Werdeein

Segen!"Aus dem

bisher Erlebten mußte Abraham aber erkenndaß der eigentliche Segen,mit dem Gott ihn segnen wollte, nichtmaterieller Art, sondern innerlicherund geistlicher Natur war. Wohlsah er sich reich gesegnet auchan Knechtenund Mägden, ZeltenundHerden. Dieser Reichtumwar aber nur eine äußere Begleiterschei=nung des verheißenen Segens. Dieserlag in der Glaubensstellungzu Gott,in welchedie göttliche Offenbarungihn hatte hineinziehenkönnen. Mithin sollte auchder Segen,den Abrahamder Welt ver=

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mittein sollte, entsprechender Natur sein.War er bis zu Gottgekom=men, so sollte er andere wiederum bis zu Gott führen.Hatte dieOffenbarung zu ihm sprechen können, so sollte er der ZeugDolmetscher dieser Offenbarung an die Welt sein. Konnte die Obarung erst einzelne in das Heil und in das Licht Gottes hiziehen, so suchte sie stets von diesen aus mit ihrem Segen das zu erfassen.„Der Herr, Herr redet, und wer wird niait Prophsein1?"

Nach der Beschneidung, die Abraham an sich, an seinem Ismael und an seinen Knechten vollzogen hatte, saß er eines vor dem Eingang seines Zeltes, als der Tag glühte.„Da ward Jahveihm sichtbar unter den Bäumen Mamres; während er vor derseines Zeltes saß ... hob er seine Augen auf und sah— und sieheda —drei Männer auf ihn gerichtet stillestehen. Und als er es lief er ihnen vom Eingang des Zeltes entgegen, bückte sich zurund sprach: Mein Herr, falls ich Gnade in deinen Augen gefu

habe, so entziehe dich doch nicht deinem Diener!"Es entsprach derFrömmigkeit und den herrschenden Rechtsbegriffen der damZeit, daß Fremdlinge auf ihren Wegen freundlich in die Zelherumziehenden und nomadisierenden Herdenfürsten aufgenowurden. Es ist verständlich, daß solch eine Aufnahme eine besWohltat für Fremdlinge bedeutete, die dürstend und ermattruhenden Zelten vorbeikamen. Auch Abraham nahm solche veilenden Männer auf, ohne zu ahnen, daß er himmlische Botden Herrn selbst aufnehmen durfte.

Wer wie Abraham den inneren Kontakt mit Gott gefundeund wer wie er vor dem Herrn zu wandeln sucht, für den bedkeiner besonderen Gelegenheiten, keiner heiligen Orte, um Goin seiner Offenbarung zu erleben.Denn nicht etwa heilige Stättenheiligen den Menschen und vermitteln ihm Gottes GegenwarOffenbarung, sondern heilige Menschen heiligen durch ihr SeinLeben jeden Ort zu einer Stätte göttlicher Nähe und OffenbaAuch der Eingang ihres Zeltes wird ihnen zu einer Stätte der Bnung mit Gott und des priesterlichen Dienstes. Von seinem Zegewann Abraham eine Begegnung mit Gott, und während der

1 Arnos 3, 8b.

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tagshitze wurde er bekannt mit dem Gottesgericht, das sich und Gomorra nahte.Gottes Liàit und Gottes Nähe waren in ihOffenbarung immer unabhängig von Raum und Zeit, und zw

Menschen, deren Leben zu einem Lebensraum für Gott gewordeDiese Erkenntnis ist von wesentlicher Bedeutung zum Vernis jedes wahren Prophetentums. Es gehörte niemals in das der Schwärmerei, der Ekstase, des rein Visionären, der mysVersenkung. Wo Verwandtes auch bei den biblischen Prophedie Erscheinung trat, war es immer das rein Menschliche, .daPropheten mit in die Offenbarung hineingezogen wurde. Ahatte es aber mit dem Wesen des Prophetseins nichts zu tunhat sich leider durch solche Begleiterscheinungen, wie sie da uvon den biblischen Propheten berichtet werden, irreleiten lasssie als zum Wesen des Prophetseins gehörig bezeichnet. Nicin jüdisch=philosophischen/ sondern auch in manchen christlichKreisen ist man oft zu der Vorstellung gelangt, als ob „zur GOffenbarung räumliche und geistige Abstraktion, VereinsamuMenschen und des Gedankens führe. Und doch, welche Kluzwischen all dem und der wirklichen, wahrhaftigen Prophétieder abstrakte Gedanke, das frisch pulsierende, Gott treue Lebwinnt die Gottesnähe/'

So wurde auch Abraham zu einem Gottespropheten mit

seinem Alltagsleben. Am Eingang seines Zeltes, bei der Aufvon Fremdlingen, am Tage, wo die Sonne glühte:„da ward Gottihm siditbar."Zwar ist Gottes Gegenwart überall, sie wird nur von jedem geschaut, sein Reden wird nicht von jedem vernoDas war ja das Neue, das Gottes Offenbarung bei Abraham schaffen konnte, daß er ein Auge gewann für Gottes Gegenwein Ohr für das Reden Gottes. Er sah mitten im alltäglichen was andere nicht sahen; er hörte, was andere nicht hörten. zwar nicht anzunehmen, daß Abraham in den drei Männern den Herrn erkannte. Sie galten ihm zunächst als Fremdlinge,er eine Rast in seinen Zelten während der schwülen Mittaggewähren wollte. Seine Separation des Glaubens hatte ihn nbestimmt, seine Zelte dem Nächsten zu verschließen. Sein Wmit Gott hatte ihn nie dazu geführt, den Fremdling etwa zu

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achten.Wer erst Ehrfurcht vor Gott gewinnt, der gewinnt aAchtung vor dem Nächsten und öffnet ihm Zelt und Seele, uzu dienen.Und wie oft geschah es, daß wir zunächst nur Menunsere Zelte öffneten, hernach aber durch sie Gott selbst zredete! Wir beherbergten Fremdlinge und erlebten bei derennähme Gottes Gegenwart.

Als sich die Fremdlinge bereit erklärten, unter den schaBäumen bei Mamre zu ruhen, wo Abrahams Zelte noch immeden, da holte Abraham Wasser für ihre Füße, lief ins Zelt und ließ Kuchen backen, richtete ein schönes Mahl zu und seseinen Gästen vor.„Er aber stand bei ihnen unter dem Baume, usie aßen. Da sprachen sie zu ihm: ,Wo ist Sarah, deine Frauerwiderte: ,Siehe, im Zelte!' Darauf sagte er: ,Gerade wie lebendige Zeit (wiederkehrt), so kehre ich zu dir wieder, und dann hat Sarah, deine Frau, einen Sohn!' Sarah aber hörte alleEingang des Zeltes; dieser aber war hinter ihm." Redet Got

spricht er immer zur Lage.Erscheint er, so lichtet sich Gegenwund Zukunft. Sarah soll im kommenden Jahre in den Mitteder Glaubenswege Abrahams treten. Daher fragt der geheimnBesuch:„Wo ist Sarah?"Durch sie will Gott um ein Jahr VerheißeErfüllung werden lassen. Heute ist sie zunächst nur Abrahamum ein Jahr wird sie eines Sohnes Mutter sein.

Da lachte Sarah in ihrem Innern; denn wie sollte ihr imdas gewährt werden, was ihr in ihrer Jugendkraft von derversagt worden war? So bewußt sich der Glaube auch der ihmdenden Offenbarung unterwirft, in ihrer Erfüllung zu fassen er sie erst, wenn Isaak tatsächlich geboren ist. Verständlich, Sarah das Natürlich=Menschliche gegen das Wunder erwachzwar als eine schöpferische Tat Gottes vom Glauben geglaubt konnte, angesichts des Alters Sarahs jedoch unvorstellbar wakennt kein Wunder.Er kennt nur ein souveränes Handeln, znicht wider die Natur, jedoch über die zeitlichen Gesetze dehinaus. Ein Glaube, der bereit ist, sich auf Gottes schöpferischeinzustellen, erlebt alsdann Gottes schöpferisches Handeln Wunder. Denn alles, was der Mensch in seiner Ohnmacht deheißung gegenüber zu tun vermag, ist allein, daß er sich G

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Bisher hatte Gott Abraham von Fall zu Fall in seine Heilsbarung hineingezogen. Ihn kann er jetzt auch hineinziehen iGerichtsoffenbarung. Sein Glaube wird angesichts des Gerichzerbrechen, nicht irre werden an Gottes Barmherzigkeit, wauch Gottes souveränes Waltenim Gerichtesieht. Je tiefer sich derGlaube in die Gemeinschaft mit Gott hineingezogen sieht, tiefer erfaßt er auch die letzten Motive, durch die Gottes Handbestimmt werden. Scheinbar sich widersprechende Handlungetes innerhalb der Geschichte sind ihm nicht auch WidersprücSpannungen in Gott selbst. Die Offenbarung seiner Liebe u

W alten seiner Gerechtigkeit fließen ihm aus ein und derselbenGott will nicht den Tod des Sünders, sondern er will, daß ebekehre und lebe. Daher steigt auch hier Gott herab, „um zuob das Geschrei über Sodom und Gomorra" wirklich so groß deren Untergang zu einer moralischen und geschichtlichen Ndigkeit geworden sei.

Gerade die Überfülle des Naturreichtums der Jordanebenees möglich gemacht, daß hier die Sünde und Widergesetzlichkersten zum Gericht des Ganzen ausreifen konnten. Schon als Lin der Talebene niederließ und seine Zelte bis nach Sodom hschlug, waren die Leute „böse und leichtsinnig Gott gegenüballes Maß''. Ihren Handlungen fehlte jedes sittliche PrinzipSchlechtigkeit war das Ausmaß des Möglichen geworden, ihrwar die Verkörperung der durch Gewalt geschützten individund gesellschaftlichen Selbstsucht. Infolge ihres Reichtums unFülle hatten sich ihre moralische Gesunkenheit und ihre gesellliehe Üppigkeit entfaltet. Dank ihrer Stärke waren sie hart, und rücksichtslos geworden; die Frucht ihrer Gesetzlosigkedaß sittenlose Freiheit und tierische Gemeinheit als öffentlicheherrschten. Zu einer inneren Hebung hatten auch der Überfall Laomers und Abrahams Glaubenstat nichts mehr beigetrageLeben Sodoms und Gomorras hatte einen Tiefstand erlangt,unempfänglich fürjede Warnung geworden war.

Diese Welt Sodoms und die seiner Nachbarstädte lag voBlicken der Fremdlinge. Bevor sie nun ihre letzte Mission

zu erfüllen hatten, sollte auch Abraham noch einmal darauf

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werden, von welch einem ganz anderen Charakter, Inhalt unStimmung seine Welt und deren Zukunft sein solle. Was Abaus seinem Umgang mit Gott seinem Hause und seinen Kfür alle Zeiten hinterlassen soll, wird im stärksten Gegensatz stehen, was sich in der Welt Sodoms vollendet hatte. Er wirKinder und sein Haus nach ihm verpflichten, Gottes Wege zund Gerechtigkeit und Rechtsordnungen zu pflegen. Nur aufGrundlage wird es Gott möglich sein, auch in den kommZeiten alle Bundesverheißungen zur Erfüllung zu bringen.

Der Glaube vermag zwar nicht „Gottes Wege" zu machevermag sie aber innezuhalten, dem von Gott empfangenen entsprechend auf ihnen zu wandeln.Denn Gott geht seinen Weund läßt sich durch keine Zeitströmungen und Machtmittel, diihn sind, seine göttlichen Ziele verrücken. Der Glaube weiGottes Wege gerecht und heilig sind. Daher bittet er mit demmisten: „Setze meine Tritte in deine Fußstapfen, damit (auch

Gang nicht wankend sei1!" Er fürchtet sich, Gott vorauszueilen,ja dann doch nur ein Ismael geboren wird. Er fürchtet sich ab

hinter Gott zurückzubleiben und Gottes Stunde zu versäumBewußtsein seiner Ohnmacht in allen göttlichen Dingen möin steter Abhängigkeit von Gott bleiben. Er sucht zu ruhen, wruht; zu handeln, wo Gott handelt; zu schweigen, wo Gott sc

zu reden, wo Gott redet. Gerade diese Abhängigkeit des Glvon den erkannten Wegen seines Gottes stellt den MenschGlaubens aber nicht selten in einen offenen Gegensatz zu deseiner Umgebung, die ihre eigenen Wege wandelt und sichihren eigenen Geist in ihren Wünschen und Zielen bestimme

Lebt aber der Mensch in solch einem Geist des Glaubensgestaltet sich sein Leben praktisch zu einer bewußten Pfle„Gerechtigkeit" und zu einem praktischen Wandel in göttRechtsbestimmungen. Aus solch einem lauteren Wandel vokann alsdann auch ein Leben geboren werden, das in einem reinen und gerechten Verhältnis zum Nächsten steht. Das wdas große Gottesevangelium, das bereits schon die Thora edaß sie durch ihre Gesetze immer zunächst das Verhältnis des

* Ps.17,5.

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sehen zu Gott zu regeln suchte und alsdann auch das Verhältnis desMenschen zum Menschen ordnete. Wer Gott fürchtet, ehrt auch denNächsten. Wessen Geist offen ist für Gottes Offenbarung, dessenSeele verschließt sich nicht gegen die Not seines Bruders. Eine sozialeZukunft kann daher nur ein Volk haben, das aus seinem Verhältniszu Gott heraus göttliche Gerechtigkeit und sittliche Rechtsordnungenpflegt, welche die Grundlage für jeden öffentlichen Verkehr vonMensch zu Mensch sind. Ein Geschlecht, das sittlich zugrunde geht,die nackteste Selbstsucht durch staatliche Rechte heiligt und jedezuchtlose Sinnlichkeit zur öffentlichen Moral erhebt, vermag keinesoziale und menschenwürdige Zukunft zu schaffen. Es ist die Ge=rechtigkeit der Weltgeschichte, daß in ihrem Verlauf immer wiederalles im Gericht zusammenbrach und unterging, was sich in seinemAufbau, in seinen Wünschen und in seinen Zielen löste von denGrundlagen der sittlichen Gerechtigkeit und deren sozialen Rechts*bestimmungen.

Daß Abraham seine Kinder und sein Haus nach ihm verpflichte,auf dem Wege Gottes zu bleiben, Gerechtigkeit und Rechtsgrund=sätze zu pflegen, das bewog den Herrn, sein besonderes Augenmerkauch bei dieser Gelegenheit auf ihn zu richten und ihn erneut aufseine große Sendung aufmerksam zu machen. Sollte doch seine Mis=sion dazu beitragen, daß in seinen Nachkommen ein Volk in Sicht

trete, das sich in seiner Existenz und Zukunft von höheren Gesetzes=bestimmungen getragen und begnadet sah, als sie in Sodom undGomorra gepflegt wurden. Die Zukunft von Abrahams Volk konntenicht in der Welt Sodoms, sie konnte allein in der Welt des Glau=bens liegen.

c) A bra hams p ri est er li che F ürbit te

In Rechtsbüchern Sodoms suchte die Menschheit bisher vergeblichnach jenem gesellschaftlichen und staatlichen Evangelium, das ihrdauernd eine Zukunft zu geben vermochte. Dieses Evangelium wurdeerst sichtbar in dem Gnadenbunde, den Abraham als Offenbarungempfangen und seinen Geschlechtern zu vererben hatte. Die sittlicheund soziale Zukunft der Menschheit kann nur von Menschen gelöst

werden, die nicht durch äußere Verwaltungsmaßregeln und Juris=

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diktionen, nidit durdi Weltersdiütterungen und RevolutionZukunft gewinnen wollen. Erst Persönlichkeiten, die den Mevor Gott stellen, ihm Gottes Gerechtigkeit zur Norm des sitLebens und Gottes Rechtsordnungen zur Grundlage für den Vmit Volk und Staat machen, geben der Menschheit die Grueiner bleibenden Zukunft.

Nachdem dies dem Abraham, der seine scheidenden begleitete, nochmals enthüllt worden war, sprach Jahve zu„Wenngleich das Geschrei Über Sodom und Gomorra bereitsist und ihre Versündigung sehr schwer lastet, so will ich dochhinabsteigen und sehen, ob das Geschrei des Geschreis bereitsVernichtung erwirkt hat; wenn nicht, will ich einzelne erkenDieses Wort gehört zum Schönsten und Tiefsten jener StellAlten Testaments,die das wunderbare Zusammenwirken von Gerund Gnade andeuten.Gottes Stunde für die Gerichtskatastrop

Jn der Geschichte kann immer erst dann kommen, wenn

Mittel zur Abwendung der Gerichte erschöpft sind. Noch einmder Besuch Sodom und Gomorra gelten, noch eine letzte Gelezum Erwachen soll den von ihrer Sinnlichkeit, Üppigkeit und Seligkeit Trunkenen gegeben werden. Vielleicht,so drückt sich diegöttliche Barmherzigkeit in menschlicher Sprache aus, entspdas Geschrei über die sozialen Verbrechen und die Kunde v

sittlichen Fäulnis des öffentlichen Lebens doch nicht der Haltuganzen Volkes, so daß eine Rettung noch möglich ist. Gott in souveränen Walten richtet nicht etwa um des Gerichts willeDieGerichte der göttlichen Gerechtigkeit sind immer sittlich funsind immer ein Sprechen Gottes zur geschichtlichen Lage.

Um dieses zu untersuchen, steigt der, der alles wëitë, undessen Augen nichts verborgen bleibt, in seinen zwei Boten Talebene von Sodom und Gomorra hinab. Diese Sendung ggewiß nicht, damit ihm durch sie erst die richtige Kunde übwahren Zustand Sodoms und Gomorras werde. In diesem Bsollte sich aber offenbaren, ob sich Sodoms und Gomorras Volzu einer inneren Wendung entschließen könne oder nicht. Wso „zoili ich gern einzelne erkennen",d. h. die einzelnen bestrafendamit das Ganze vor weiterer Zersetzung und Vernichtung b

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bleibe. Wenn jedoch nein, so muß ich das Gericht gewähren das sich als letzte Frucht von Sodoms Leben auswirken willeines Tages empört sich selbst die Natur gegen tierische Gem

und sodomitische Lasterhaftigkeit, und der Boden selbst speientarteten Bewohner aus.

Diese Worte, die soeben sein Ohr vernommen, hatten in Ahams Seele ein entsprechendes Mitleid geweckt, wie das göaus dem sie geflossen waren. Während zwei der Boten sichSodom begaben, blieb Abraham vor dem Herrn stehen. Got

aus seiner Barmherzigkeit heraus über Sodom mit Abraham, Freunde, geredet. Nun muß dieser in verwandter Liebe über dSodom mit Gott reden. So sehr es auch aus dem nun Mitgeden Anschein hatte, als ob die Barmherzigkeit des VermittlersAbrahams, größer wäre als die des Allmächtigen, so floß Fürbitte doch einzig und allein aus jener Liebe, die zuvor aAbrahams Seele eine verwandte Liebe geweckt hatte.Jede heiligeVermittlung zwischen Mensch und Gott war niemals größer aLiebe Gottes, die zunächst eine solche Vermittlung der Liebe wAlles wahre Mittlerrum, in welcher Form es auch vor Gott trMenschen vor dem Gericht zu bewahren, floß immer aus dem Gottes.

Wohl nie hätte auch Abrahamdie Freimütigkeit und den Inhalfür seine priesterliche Fürbitte gefunden, wenn sie nicht durSprache Gottes und deren Offenbarung in seiner Seele geweckden wäre. Zwei Möglichkeiten der kommenden Gerichtskatasthatte Abraham aus dem Worte Gottes herausgehört. Ent„völlige Vernichtung'7 oder „Bestrafung der Schuldigen beim Fobestand des Ganzen". Da ringt sein priesterliches Mitleid nac

Form und findet zuletzt den Ausdruck in einer sechsmal wiedeFürbitte, die sich nach jeder Zusage Gottes mit neuer Kühnhden Gott aller Barmherzigkeit wendet.

„Da trat Abraham hin und sprach: Solltest du denn auch mden Untergang hineinreißen den Gerechten mit den Schuldigen?leicht sind fünfzig Gerechte inmitten der Stadt, solltest du d

mitstrafen wollen und nicht der Gegend verzeihen zum Bestefünfzig Gerechten, die sich in ihr befinden?"In diesen Worten ver*

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körperte sich zunädist, was Gottes Offenbarung in Abrahamrechter Seele gezeugt hatte. Gott wußte, von weldi entscheBedeutung es für Abraham selbst sein würde, wenn sein Wo

Geist in ihm das wecken konnten, was in seinem eigenen Gherzen lebte. Eine priesterliche Gesinnung, wie sie in Abrahabitte Fleisch wurde, ist nur ein Beweis, wie sehr Gott Abradie Mitarbeit seines eigenen Geistes hineinzuziehen suchte. die zukünftige Mission Abrahams doch nur darin bestehenMit=arbeiter Gottes zu sein,d. h. das an die Welt weiterzugeben, wGott selbst an Heil für die Welt in seinem Herzen trug.Das war jeund je wahres Prophetentum, wenn durch den Propheten dasGottes sprach..

Wenn Abraham nun fragte, ob der Herr wirklich die Germit den Schuldigen in den Untergang hineinreißen wolle, dieser Frage niemals der Gedanke zugrunde, als ob Gott zu unsein könne, die Gerechten mit dem gleichen Gericht zu bedem die Gottlosen anheimfallen mußten. Wie oft haben zwaGerechte das Gericht der Ungerechten mit durchleben müssNoah das Flutgericht! Sie durchlebten als Gerechte aber die Gimmer anders, als die Welt sie durchlebte.Wer zuvor innerlich dementrückt war, was zum Gericht führte, für den bedeutete es vweit mehr Erlösung als Gericht.Gerechte können ein Weltgeric

durchleben und doch nicht gerichtet werden. Es war gewiß aAbraham nicht Zweifel an Gottes Gerechtigkeit, was ihn diese Frage an den Herrn zu richten. Denn er sagte: „Zutöten denGerechten mit dem Schuldigen, daß der Gerechte wie der Schsei, ein solches zu tun, das— weiß ich— wäre Entweihung dir. Enweihung wäre es dir; wie sollte der Richter der ganzen Erde

Recht ausüben!"(V. 25.)Wenn wir den Geist der Fürbitte Abrahams richtig versdann lag doch der Schwerpunkt in der Frage:„Solltest du nicht derGegend verzeihen zum Besten der fünfzig Gerechten?"Denn findensich in der Stad t noch fünfzig Gerechte, die der Geist der Zenicht anstecken konnte, die bisher auch in ihrer ganz andere

stesrichtung und Lebenseinstellung geduldet wurden,die noch nichtmit untergegangen waren im Strudel des öffentlichen Sünden

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sollte dann das Maß der Sünden der ganzen Stadt bereits ssein, daß du sie samt den Gerechten untergehen läßt? Ließegerade das Vorhandensein der fünfzig Gerechten die Hoffnu

daß sie mit ihrem Einfluß eines Tages doch so stark sein ködie ganze Stadt vor einem völligen Untergang zu bewahren?DennAbraham konnte sich keine Gerechten denken, die nicht allEinfluß aufbieten sollten, der Stadt, in der sie wohnten, so zu daß sie vor ihrem Untergang bewahrt bliebe.

„Da sprach Jahve: F inde ich in Sodom fünfzig Gerechte inmder Stadt, so verzeihe ich der ganzen Gegend um ihretwillen."W ieverstand Gott durch die ganze Zwiesprache dem Abraham zuwußtsein zu bringen, daß seine Gerichte niemals WillkürakHärten sind, die zugelassen werden, wo noch ein Rest berecHoffnung ist, daß die Gerechten inmitten einer sodomitischeartung dem Ganzen zum Heil werden dienen können! Neinfünfzig Gerechte mitten in Sodom noch nicht untergegangenist auch für Gott noch nicht die Möglichkeit verloren, durch dizig zu dem ganzen Volke zu kommen, um es durch seine Einwgen zur Buße zu führen. Es ist alsdann für ihn noch nicht die gekommen, sich völlig zurückzuziehen und die Stadt ihrem eGeiste und ihrem Schicksal zu überlassen.

Als Abraham sah, daß der Herr auf seine Bitten einging,

er von der Zahl fünfzig fünf und wieder fünf und dann zehwieder zehn und noch einmal zehn herunter, so daß Jehovah Sodom, sofern auch nur zehn Gerechte sich darin finden, niverderben".Abraham ging in seiner Fürbitte bis an die Grenze, Gott es noch möglich machte, seine Hilfe dem Ganzen werdlassen.Findet er auch nur zehn Gerechte in der Stadt, so will e

durch diese zehn die Stadt weiter so zu beeinflussen suchen, dZukunft ihr nicht zum Verderben, sondern zum Leben germöge. So groß diese Freimütigkeit Abrahams vor Gott einauch war, so fühlte er andrerseits doch den vollen Abstand zwsich und Gott.„Siehe",spricht er,„ich habe nun einmal angefangenzu meinem Herrn zu reden, und ich bin doch Staub und AsJe freimütiger der Umgang der Gerechten mit Gott wurde, je osie über das Weh ihrer Zeit mit Gott redeten, desto tiefer kam

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ihre eigene Nichtigkeit und Unwürdigkeit zum Bewußtsein.Männer,die wie Elia und Jeremia im öffentlichen Leben und im Kamder Welt als unerschrockene und unbeugsame Persönlichkeiteden, an denen sich alle feindlichen Wellen brechen mußten, lihrer Ohnmacht im Staub, wenn sie im Allerheiligsten die NöVolkes mit Gott besprachen.

Aber so sehr der Mensch, der den inneren Umgang migefunden hat,auch „Staub und Asche"ist, so lebt in ihm dennocein Leben, das unendlich mehr als nur„Staub und Asche"ist. Durch

Gottes Offenbarung selbst ist in ihm ein Leben, ein MitleRechtsempfinden, eine Freimütigkeit gewirkt worden, in denwagt, vor Gott zu treten. Als solch eine Persönlichkeit stanAbraham vor dem Herrn und redete mit ihm nicht über eiseiner Seele oder seiner Zelte und Herden, sondern über dieIichkeit der Rettung Sodoms und Gomorras.Wer wie Abraham füreine Weltmission berufen worden ist, lernt mehr und mehr auWeltweh auf seinem Herzen zu tragen.Die Welt öffentlich zu segnevermag nur, wer im Verborgenen für die Welt beten kann. WProphetendienst floß daher immer aus einer mitleidenden Pund Prophetenseele und begann mit einem der Welt verboStehenbleiben vor dem Herrn.

11. Lots Rettung und Sodoms Gericht1.Mose 19

Gottes letzte Versuche, einem Volke Gelegenheit zu eineliehen Erneuerung zu geben, waren vielfach mit sehr alltäDingen verbunden. In Sodom und Gomorra sollte an dem Veder Bürger den Fremdlingen gegenüber kundwerden,ob die beidenStädte noch zu einer sittlichen Wiedergeburt fähig wären oderWenn nicht, dann müßte mit innerlicher Notwendigkeit jenes einsetzen, das sich als letzte Frucht einer sodomitischen Lebeund einer antigöttlichen Geistesentwicklung auswirkte. In denund kleinen Gerichtskatastrophen innerhalb der Geschichte

ein Volk letzthin nur die letzten Auswirkungen und Ergeseiner Geistesschöpfungen. In diesen verkörperte sich, w

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Familie ist, das sollte das Tor den Bürgern der Stadt sein. „soll jeder einzelne das finden, was ihm fehlt: die Waise ihrender Vereinsamte seine Brüder, der Blinde sein Auge, der Elend

Hilfe", die Übervorteilten ihr Recht, die Streitenden ihren FWie Lot zu dieser Ehrenstellung in Sodom gelangt war, tedie biblische Überlieferung nicht mit. Wenn Sodom je und jeauf ihren ersten Posten Raum auch für die „Gerechten" hageschah es in der Regel um einen hohen Preis. Nur wenn Auserwählte erst selbst Welt wurden und ihre Prophetenmissder sie berufen worden waren, verloren, fürchtetendie BürgerSodoms sich nicht mehr, auch Lot einen Ehrenplatz im ToStadt zu gewähren.Schweigt Lot erst als Prophet zu Sodoms Sündann kann er eines Tages auch zum Volke Sodoms als Richter Nachdem sein Leben aufgehört hat, ein unbestechliches Geinmitten der herrschenden Staatsmoral zu sein, laßt auch SVolk sich Lots Rechtsprechung gefallen. Denn wer erst angwidergöttlicher Weltsitten die innere Separation des Glaubensdem bot sich gar bald auch die Gelegenheit zur öffentlichen Wmählung. Und wahrscheinlich ist Lot diesen Weg gegangeWeisen Israels nehmen einfach an, daß Lot zu all der tierVersunkenheit und zu der zu Recht bestehenden sodomitVolksmoräl geschwiegen hat, so daß man ihn sogar zum R

über die Bürger der Stadt gemacht hatte.Denn daß Sodom Lot in seiner allgemeinen Not gerufenist auf Grund der Schilderung des Gesamtzustandes Sodomanzunehmen. Es hat zwar später in der Geschichte öfter Zeitgeben, wo die Welt in ihrer Not die Gerechten suchte und faihnen in schicksalsschwerer Stunde die höchsten Dienste anve

Man suchte sie nicht, weil die Gerechten ihr Zeugnis und ihr sen verloren hatten, sondern weil sie beides besaßen und mavon ihnen jene Rettung erwartete, die man sich selbst nichzu geben vermochte. So kam es, daß Männer wie Joseph, Nehemia u. a. in die höchsten Dienste der Staaten ihrer Zeit gwurden, wo sie gerade infolge ihrer klaren Einstellung zu Geiner Weise zum Segen des Ganzen wirken konnten, wie esohne eine solche hohe Beamtenstellung nie möglich gewese

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Wie oft ist dasselbe später auch im Lauf der christlichen Jahrtausendegeschehen, und zwar bis in unsere jüngste Zeit hinein!

Lot war jedenfalls aber nicht infolge allgemeiner Not und innerer

Ratlosigkeit der Bürger Sodoms zum Richter ihrer Stadt berufenworden, sondern weil sie in dem öffentlichen Verhalten Lots unddem ihrigen keinen Unterschied mehr gefunden hatten. So sehr Lotinnerlich auch unter manchen Erscheinungen des öffentlichen Lebensgelitten haben mag, äußerlich hatte er sich ganz dem herrschendenGeistesleben angeschlossen. Trotz seiner hohen Ehrenstellung hatteer sich unfähig erwiesen, im öffentlichen Leben eine Wandlung zumGuten herbeizuführen. Lot besaß zwar noch göttliches Leben genug,daß er selbst im entscheidenden Augenblick errettet werden konnte.Er besaß aber nicht mehr die Kraft, die Städte vor dem Untergangzu bewahren. Um selbst wie ein Brand ans dem Feuer errettet zuwerden, genügt es, ein Lot zu sein; wer aber auch andere retten undihnen zum Segen werden will, muß ein Abraham werden. Laue haben

nie die Welt warm gemacht, innerlich gebrochene Persönlichkeitenhaben nie die Sprache zum Heil ihrer Zeit gefunden.

b) Sodoms Verhalten den Fremden gegenüber

Daß in Lot noch etwas vom Geiste Abrahams lebte, zeigte diefreundliche Aufnahme, die er den beiden Gottesboten bereitete. Zwar

blieb er bei der Bewirtung der Gäste allein. Selbst die eigenen Fami=lienglieder konnten von ihm nicht in seinen Dienst hineingezogenwerden. Die Beweglichkeit in der Gastfreundschaft, wie sie sich inden Zelten Abrahams zeigte, suchen wir vergeblich im Hause Lots.Während die Aufnahme der Fremdlinge in die Zelte Abrahams denEindruck machte, daß aus allen Schritten und Handlungen die Wärme

des Herzens, der reine Dienst der Liebe, die tiefe Hochachtung demFremden gegenüber flössen, fehlten diese anmutigen Züge bei derAufnahme durch Lot. Der höheren Sitte entsprechend handelte aucher korrekt und freundschaftlich. Dem Ganzen fehlte jedoch der Hauchheiliger Gesinnung, die Weihe einer mit Gott wandelnden Persön=lichkeit.

Der biblische Bericht erzählt uns nun, wie die den Staat ver=tretenden Bürger diese Aufnahme der Fremdlinge durch Lot beurteil*

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ten. „Kaum wollten sie sich(d. h. die beiden Gottesboten)nieder«legen,so hatten die Männer der Stadt, die Männer von Sodomsich,um das Haus zusammengetan, von jung und alt, das ganze

von jedem Ende und riefen Lot zu und sagten ihm: ,Wo siMänner, die diese Nacht zu dir gekommen; gib sie uns herauwir sie erkennen!'"Soeben war durch eine Handlung etwas dem Geiste Abrahams im Leben Lots offenbar geworden, ubald darnach erfolgte der einmütige Protest Sodoms. „Es waetwa fremdes Gesindel, es waren Einheimische, und zwar dStaat vertretenden Bürger, die dem unerhörten Angriff auf dherkömmlichen Gesetze und Gerechtsame der Stadt entgegen

Audi die Welt kennt eine Einheit des Geistes, sobald diegemein=samen Interessen ihrer Bürger auf dem Spiele stehen.Unter SodomsVolk waren die Jungen und Alten, die Hohen und Niedrigeganze Volk von jedem Ende" vertreten, als es galt, den ALots abzuwehren, um die zur Macht gewordene Staatsmoral zuDie Ausübung der Gastfreundschaft Lots Fremden gegenübnämlich etwas so Unerhörtes und der herrschenden Volkssitteüber solch ein politisches Verbrechen, daß sich alle von einegeltungspsychose gepackt sahen, die vor keinem Mittel zschreckte.„Wo sind die Männer, die diese Nacht zu dir gekomgib sie heraus—/" Das war die einheitliche, von der dämonis

Leidenschaft eines Volkes getragene Forderung.„Wir wollen sieerkennen",d. h. sie der Entehrung und Schande preisgeben.Das ist die Welt in ihrer Reife.Gott wollte den Bürgern Sodom

eine letzte Gelegenheit bieten, um durch die beiden Boten eigegnung mit ihm zu haben. Er suchte noch einmal den WeHerzen des Volkes zu finden, um es vor dem Untergang zu be

und ihm eine neue Lebensrichtung zu geben. Auch Sodoms Bgegenüber bewies sich Gott als der Vater der Barmherzigkesie als seine Söhne und Töchter nicht verloren hatte, wenninnerlich auch fern vom Vaterhause und in den LeidenschafteSünde lebten. Trotz ihrer Schuld und Bosheit erhob er dennospruch auf ihr Leben, das sein Ebenbild trug. Sodoms Bürgreiften an diesem letzten Versuch Gottes aus zu einer letzteSie wollten in den Fremdlingen niàit Gott begegnen, zwangen

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mehr Gott, daß er durch die Boten in ihren ganzen unheilbarestand und in ihre moralische Verkomm enheit hinabsteigen mEine letzte Gelegenheit zur Entscheidung für Gott machten

einer Entscheidung wider Gott. Wahrlich, wiederum nur ein Ausschnitt aus der Geschichte! Wie beleuchtet er aber blitzagroßen antigöttlichen Entscheidungen, die in der Weltgesimmer wieder getroffen wurden! Bereits Sodoms Verhalten deGottes gegenüber wies daher prophetisch hin auf jene weltgesliehe Stunde,wo man in Jerusalem in Jesus, dem Propheten Nazareth, Gott selbstverwarf. Und bis heute verwarf die Welt bwüßt oder unbewußt von Fall zu Fall jene Kirche, durch die ihr kommen wollte, um ihr Leben für sich zu erlösen.

Nun verstehen wir das bereits Bemerkte, daß mit dem Bder Boten Gottes der letzte Versuch verbunden war, zu erkob Sodoms Bürger zu einer sittlichen Sinnesänderung nocwären oder nicht. Sodoms Volk fand Gelegenheit, seine innReife an moralischer Verderbtheit und Fäulnis offen zu bekEs benutzte daher diese letzte Gelegenheit, jede höhere Moschutzlosen Fremden gegenüber zu verleugnen. Man sah seikunft und den Bestand des öffentlichen Volks= und Staatslebin der weiteren Pflege der Unmenschlichkeit und in dem Aviehischer Wollust jedem Fremden gegenüber. So zeigte sich

eine Höhe und allgemeine Ausdehnung das Verderben in erreicht hatte. Man suchte vergeblich nach den zehn Gerechdenen man noch hätte die Hoffnung verbinden können, daß„Salz der Erde" das Ganze vor einer völligen Fäulnis und Zerhätten bewahren können.

In Lot sprach zwar noch eine schwache Gewissensstimme

Volk, sie sprach aber vergebens.Denn „Lot ging zu ihnen hinauzum Eingang, die Tür hatte er aber hinter sich geschlossensprach: ,Handelt doch niait, meine Brüder, soschlecht!' " Dies warder letzte Appell an Sodoms Bürger. Innerlich war die Entscaber bereits gefallen. Nun mußte sie auch äußerlich fallen. SeOpfer, das Lot in der Preisgabe seiner zwei Töchter zu bbereit war, nützte nichts mehr. Man schritt zur Tat. Die versaten Bürger sprachen:/,,Rückt weiter hinan!' und sprachen fern

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,Der eine ist zum Aufenthalt gekommen und hat sich da schon zumRichter aufgeworfen. Nun, dir wollen wir noch Übleres tun alsihnen/ Da drängten sie mit aller Gewalt in den Mann, in Lot, und

rückten hinan, die Tür zu erbrechen." Man hatte die Wahrheit ver=worfen, nun verwarf man auch den Träger der Wahrheit. Das warje und je die letzte Tat, die ein Volk in seiner Ausreifung zumGericht vollzog. Wer erst nicht mehr die Sprache jener Wahrheit zuertragen vermag, die das öffentliche Leben und die herrschendeVolksmoral zu richten wagt, der kennt gegen den Träger der Wahr=heit nur noch die brutale Gewalt. Von Kains Brudermord an bis inunsere jüngsten Tage hinein ist die Welt nie einen anderen Weggegangen. Sie schuf dem Gerechten das Kreuz, sich selbst aber dasGericht. Erschlug man aber erst im Bruder das redende Gewissen,dann trug man hinfort das Brandmal des Fluches und des Todesauf dem Antlitz seines Lebens. Anstelle des Gewissens redete danndas Gericht.

c) Lots R et t un g

Lot rettete sich nicht, er wurde gerettet, und zwar durch dasEingreifen jener Boten Gottes, die er im Geiste Abrahams in seinHaus aufgenommen hatte. „Da streckten die Männer ihre Handhinaus und brachten Lot zu sich ins Haus, die Tür hatten sie aber

geschlossen. Und die Leute, welche am Eingang des Hauses sichbefanden, hatten sie von klein bis groß mit Blindheit geschlagen;sie mühten sich vergebens ab, den Eingang zu finden." Das war jeund je das Geheimnisvolle in der Geschichte, daß Gott die herrschendeGewalt, sobald sie sich in den Dienst der Brutalität stellte, mit Blind=heit schlug. Welche Dummheiten und Verrücktheiten sind nicht von

den mächtigsten Regierungen im Lauf der Geschichte zur Beschleu=nigung ihres eigenen Untergangs begangen worden, wenn Gott sieerst um ihrer Ungerechtigkeit willen preisgegeben hatte! Daß diesso war, darin lag das Heil der Zukunft. Wäre es anders gewesen,dann hätte eines Tages die brutalste Gewalt über die ganze Weltgeherrscht und sie in ihr Gericht hineingezogen. Eintretende Blind"heit einer bestehenden Macht leitete noch immer den Anfang ihresUntergangs ein.

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Gottes Boten wollten aber nicht nur Lot allein in die Reaus dem Untergang Sodoms hineinziehen. Sie suchten auch jerfassen, die bisher unter dem Einfluß Lots gestanden hatten.

sprachen sie zu Lot:„Wen hast du sonst nodi hier? Schwiegersohdeine Söhne und Töchter und alle, die in der Stadt dir angehörführe sie aus der Gegend heraus!"Mit dieser Aufforderung zogedie Fremdlinge den Kreis so groß, wie es ihnen nur möglich wder Rettung sollten alle Anteil haben, die sich durch das Wowürden bestimmen lassen. Dieser Kreis war jedoch sehr kleinhatte sich Lot durch Sodoms Reichtum segnen lassen, aber enicht auf Grund seiner reichen Erfahrungen an der Seite AbrSodom gesegnet. Und als er nun mit der Botschaft zu seinen Ehinaustrat, die seine Töchter geheiratet hatten, und sprach: „Macheteuch auf und gehet aus dieser Gegend hinaus; denn Jahve verndie Stadt', da war er wie ein Spaßmacher in den Augen seSchwiegersöhne." So wertete man die Worte eines Lot, der iletzten Stunde Prophet sein wollte, aber im Leben nicht Prgewesen war.So ernst die Augenblicke und die Botschaft auch wselbst von Lots Eidamen wurde Lots Dienst nur als ein Schergenommen. Und war es später in der Geschichte und selbst imder Kirche Christi je anders? Mag eine Kirche im letzten Augnoch wie ein Gottesprophet reden, hat sie aber bis dahin a

Gottesprophet geschwiegen, wird sie in den Augen ihres Vtrotz des Ernstes der Stunde wie ein „Spaßmacher" erscheinden Untergang ihres Volkes miterleben.Hat sie sich nicht durch ihrLeben das Vertrauen ihrer Zeit erworben, dann glaubt man ihr nicht in der Stunde der Not, so wahr ihre Botschaft auch imsein mag.

Lots Mission blieb vergeblich; selbst in seinem eigenen löste sie keinen Entschluß aus. Am nächsten Morgen„drängten dieEngel in Lot: ,Auf fetzt, nimm deine Frau und deine beiden Tdie bei dirsind; du könntest sonst mit hineingerissen werden in Sünde der Stadt.' Und da er noch zögerte, ergriffen die Männerseine Frau und seine beiden Töchter bei derHand; da fahve sichüber ihn erbarmte, führten sie ihn hinaus und ließen ihn außeder Stadt."So gestaltete sich selbst Lots Rettung fast zu einem

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waltakt. Ihm fehlte der innere Gehorsam des Glaubens, den wir beiAbraham nach jeder empfangenen Gottesoffenbarung finden. Abra=harn ließ sich in den einzelnen Entscheidungen und Handlungen

seines Lebens bestimmen durch die ihm werdende Offenbarung.Daher floß sein Leben aus dem Innern heraus, wurde getragen durchden freien Entschluß seines Willens. Lot zögerte, obgleich die BotenGottes drängten. Er mußte durch das Eingreifen der Engel in seinemEntschluß und Handeln bestimmt werden, wenn er nicht in dernahenden Katastrophe umkommen sollte. Wie oft mußte Gott in

seinem Erbarmen im Leben einzelner in irgendeiner Form hart ein=greifen, um sie im letzten Augenblick noch vor dem Verderben rettenzu können!

d) Das Schicksal von Lots Weib

Wie verhängnisvoll es aber werden kann, wenn die Errettungnicht mit der freiwilligen Hingabe des Menschen verbunden ist, dassehen wir an Lots Weib. Die Boten hatten ausdrücklich gesagt, nach=dem sie Lot, sein Weib und seine beiden Töchter, die noch im Hausewaren, aus der Stadt geführt hatten: „Jetzt rette dich selbst! Schauniait zurück! Steh nicht still in der ganzen Gegend!" Sie nanntenLot auch die Richtung, wohin er fliehen sollte: „Zum Gebirge hinanrette dich!" Als er sich jedoch anstatt des Gebirges die Stadt Zoar

als Zufluchtsort erbat, wurde er auch in diesem Wunsche erhört. Daschaute aber seine Frau hinter sich und „ward zu einer Salzsäule".Gewiß war es für sie als Mutter schwer, Kinder und Enkelkinder inSodom zurückzulassen. Sie hatte aber ihre Kinder in Sodom verloren,längst bevor sie in Sodoms Gericht mit untergingen. So wurden diezurückgelassenen Kinder und die zurückgelassene Habe für Lots

Weib im letzten Augenblick noch zum Verhängnis. Die Rettung ausdem Gericht der Welt ist in der Regel mit einem Ernst verbunden,der keine Kompromisse mit der Welt zuläßt: entweder völlige Lösungvon Sodom oder Untergang mit Sodom! So schwer es auch war, Kin=der und Habe zurückzulassen, jetzt konnte auch das Zurückbleibender Mutter Kinder und Habe nicht mehr retten. Weltgerichte könnenungemein hart, konsequent und unerbittlich sein.

Das war die erschütternde Tragik, die selbst noch mit der Ret=

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rung Lots verbunden war. Alles ging in Sodom unter, nur emit seinen zwei Töchtern sah sich wie ein Brand aus demerrettet. Der Ertrag eines ganzen Lebens, der Gewinn aller S

gen an der Seite eines Abraham, das Glück seines bisherigenlienlebens — alles ging verloren in jener W elt, in der Limmer seine Zukunft zu finden glaubte. Sodom wurde zur W üJordanaue zum Salzmeer. Ja, selbst seine zwei geretteten Twurden ihm noch zum Verhängnis. Wohl waren sie äußerliGericht Sodoms entronnen,den Geist Sodoms hatten sie aber migenommen.Ihr moralisches Vergehen, das sie mit ihrem Vatergingen, zeigt, wie tief auch sie bereits mit ihrer Seele und iLebensauffassungen in dem sodomitischen Lasterleben wu(V. 30—38). Sie empfanden offenbar keine Scham darüberVater trunken zu machen und sich von ihm im trunkenen Zbefruchten zu lassen. Die moralischen Grenzen von ErlaubtNichterlaubtem waren auch ihnen völlig verlorengegangen. diesen entscheidenden Fragen des Lebens kannten sie nur ntierischen Instinkt. So kam es, daß beide Töchter von ihremschwanger wurden. Als die Ältere gebar, nannte sie ihrenMoab1, und als die Jüngere einen Sohn empfing, nannte sie ihnAmmi2, der später der Stammvater der Ammoniter wurde.

Welche unabsehbaren Folgen könnendoch mit einer Entscheidun

der menschlichen Seele verbunden sein!Abraham entschied sich fdie göttliche Offenbarung, und mit dieser Entscheidung wardie Zukunft mit einer Weltmission verbunden. Lot entschied die gartenreiche Jordanaue, und sein Zelten bis nach Sodom für ihn und seine Familie mit der erschütterndsten TragikLebens verbunden. Beide zogen aus, aber wie verschieden w

Zukunft! Der eine war ein Wrack, das sich noch im letzten blick aus der Brandung des Gerichts gerettet sah; der anderaus zu einem Freund Gottes und Propheten des Glaubens, desein Leben zu einem Programm und Zeugnis für alle Glauder Zukunft wurde.

1 Moab = Samen des Vaters, d. h. vom eigenen Vater erzeugt, ulich mit der übertragenen Bedeutung: Erwünschter, Ersehnter.2 Ben-Ammi = Sohn meines Blutsverwandten.

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12.Die Geburt Isaaks

1. Mose 20,1—21,21

a) A br aha ms Ver sa gen in Gerar

Nach dem erschütternden Gericht an den beiden Städten Sodomund Gomorra mit ihrer so überaus fruchtbaren Umgegend zog Abra=harn mit seinen Zelten weiter ins Südland. Hier ließ er sich zwischenKadesch und Schur nieder. Dies war eine der verkehrsärmsten und

ödesten Ortschaften im Mittagslande. Nur gelegentlidi suchte er auchGerar, die alte Hauptstadt der Philisterkönige, auf. Offenbar glaubteer, dies ohne Gefahr für sich und sein Weib Sarah tun zu können.Denn er hatte sein schweres Erlebnis in Ägypten noch nicht ver=gessen. Auch mußte vor seiner Seele das erschütternde Ereignisstehen, das Lot soeben in Sodom durchlebt hatte. Wahrscheinlich

glaubte Abraham aber, daß er nach all den vielen Segnungen, dieer seit seinem bitteren Erlebnis in Ägypten empfangen hatte, starkgenug sein würde, auch in Gerar leben zu können. Jede erlebteNiederlage kann zur Warnung vor einer neuen Niederlage werden.Wer sich jedoch über die Stimme der Warnung hinwegzusetzen sucht,muß zu seinem Schmerz erleben, daß auch die größten Segnungen

der unmittelbaren Vergangenheit über eine neue Gefahr und Ver'suchung nicht hinweghelfen können. Nur wer sich nach jedem Ver=sagen des Glaubens um so abhängiger machen läßt vom Herrn, ge=winnt die Kraft, sich auch in einer neuen Prüfungs= und Versuchungs»stunde zu bewähren.

Bald zeigte es sich, daß Abraham in Gerar dieselbe Gefahr drohte

wie einst in Ägypten. Daß der Bericht über Abrahams Versagen inGerar so ähnlich ist dem, der uns sein Versagen in Ägypten erzählt,darf uns nicht bestimmen, anzunehmen, daß es sich um ein und den=selben Vorgang handle, der uns verschieden wiedergegeben wordensei. Wie oft erlebte der Mensch erneut ganz verwandte Niederlagen,sobald er nicht im Gehorsam des Glaubens blieb und seine Kraft in

Stützen sah, die nicht der Herr selbst waren! Als der Blick Abime»lechs, des Philisterkönigs zu Gerar, auf Sarah fiel, mußte Abraham

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wiederum von ihr sagen:„Sie ist meine Schwester"1. Als solche holteer sie zu sich. Jedoch Gott griff auch diesmal wieder ein undSarah. Entsprechend dem inneren Lichte, das Abimelech hat

er offenbar ein gerechter und edelmütiger Fürst. Denn als Gihm nachts im Traume um Sarahs willen sprach, antwort„Herr, wirst du denn auch ein gerechtes Volk umbringen? Hatnicht er selbst gesagt: ,Sie ist meine Schwester', und hat nicauch sie mir gesagt: ,Er ist mein Bruder'? In Unschuld meines und in Reinheit meiner Hände habe ich dies getan."(Kap. 20,4ff.)Das war auch Abimelech klar, daß Sodom und Gomorra ihrengang um ihrer Ungerechtigkeit willen erlebt hatten, und derschütternden Ereignisse ein Gottesgericht gewesen waren. die warnende Sprache Gottes verstanden, die im Gericht Sodofür die Nachbarstädte lag. Sodoms Gerichtssprache hatte aeinen tiefen Eindruck gemacht. Daher seine Frage:„Herr, wirst dudenn auch ein gerechtes Volk umbringen?"Er mit seiner Staats» unVolksmoral hatte sich von dem sodomitischen Leben bewußt ziert. Im Unterschied zu Sodoms Bürgern glaubte er mit Untertanen ein gerechtes Volk zu sein.

In bezug auf Sarah, die Abimelech als Weib zu sich genhatte, empfand er keine Schuld. Nach der herrschenden Sitte besaß er zu solch einer Handlung ein moralisches Recht. D

Wert einer äußeren Handlung jedoch allein durch eine reine nung bedingt wird — das hatte er noch nicht erkannt. Da zu der Tat durch das bestehende Recht berechtigt sah, so hnicht nach den Motiven gefragt, aus denen seine Handlung gwar.Denn eineschlechte und daher Gott mißfällige Tat wird dadunoch keine gerechte, wenn sie in Unschuld der Gesinnung

worden ist.Jede Handlung ist nur insoweit gut,als,sie im Einklangmit dem Willen Gottes steht. So stark Abimelech sich daher

1 Das war eine beabsichtigte Irreleitung. Sarah war zwar AbSchwester gewesen, bevor sie dessen Weib wurde. Die Weisen Israelsnämlich an, daß Sarah identisch mit Jiska. der Tochter des früh versHaran, sei, dessen Kinder nach1. Mose11, 31 offenbar im Hause des Grovaters Tharah erzogen wurden. Somit war Sarah im Geiste seinelichen Hauses mit erzogen worden und mit Abraham in einem geslichen Geiste herangewachsen.

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Lichte seiner Zeit vor Gott zu rechtfertigen suchte und sein Volkals ein „gerechtes Volk" bezeichnete, im Lichte Gottes war er nichtgerechtfertigt. Solange ein Volk durch seine Sitten und Lebensauf=fassungen noch solche Vorgänge heiligt, die an sich in Gottes Augenund dem Nächsten gegenüber ein schreiendes Unrecht sind, kann esauch nicht ein Volk von wahren Gerechten sein.

Auf Gottes Geheiß hin entließ Abimelech jedoch gleich Sarah,und zu Abraham selbst sprach er: „Was hast du uns getan, und washabe ich dir gesündigt, daß du über mich und mein Reich eine so

große Sünde gebracht hast? Dinge, die nicht geschehen sollten, hastdu gegen mich verübt." (Kap. 20, 9.) Es ist ungemein bitter unddemütigend, wenn eines Tages das Gewissen der Welt zarter ist alsdas der Gerechten und Abimelech dem Abraham sagen muß: „Dinge,die nicht geschehen sollten, hast du gegen mich verübt/' Weit mehr,als man zu ahnen vermag, empfindet die Welt, was sich in dem

Verhalten der Gerechten und der Kirche Christi zu dem öffentlichenLeben und den bestehenden Volkssitten schickt und was nicht. Wieoft geschah es bis in unsere Tage, in Volksversammlungen und Paria*mente hinein, daß die Welt mit ihrem rein menschlichen Empfindender Kirche Christi und deren Gliedern zum Gewissen werden mußte,anstatt daß die Kirche mit ihrem Leben und Zeugnis zum Gewissender Welt wurdet Abraham entschuldigte sich zwar vor Abimelechund sprach: „Ich sagte mir: es ist keine Gottesfurcht in dieser Gegend,und man wird mich um meines Weibes willen töten." Wie falschhatte er Abimelech und dessen Volk in Gerar eingeschätzt! Die Folgewar, daß er selbst versagte und eines Tages eine so demütigendeZurechtweisung durch Abimelech erfahren mußte. Sobald die Be=rufenen aufhören, ihre Mission an der Welt zu erfüllen, hat eines

Tages die Welt eine Mission an den Berufenen zu erfüllen, soschmerzlich und demütigend es für sie auch immer sein mag.

b) Endlich der Erbe!

„Und Jahve hatte Sarah bedacht, wie er es gesagt, und Jahvevollbrachte Sarah nun, wie er gesprochen." Nur Gott kann die Dinge

im Leben des Menschen so ausführen, wie er es versprochen hat.Alles Vorgreifen und jede selbständige Handlung des Menschen

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führte immer wieder nur zur Geburt Ismaels, nicht aber zu dverheißenen Isaak. Alles menschliche Eingreifen in Gottes jeder Einsatz eigener Kräfte, Verheißenes geschichtliche Wirk

werden zu lassen, wirkte sich immer weit mehr als Verzögerunals Förderung für Gottes Gedanken und Ziele aus. Auch der VAbrahams, selbst die Spannung zwischen der empfangenen Vßung und deren wahren Erfüllung zu durchbrechen, schuf nuHindernisse, die von Gott wieder hinweggeräumt werden mUm Verheißenes vollbringen zu können, bedarf es von Fall der besonderen Begnadigung von Gott aus. Sarah konnte ersfangen und gebären, als Gott sie „bedachte". In dem Au„bedenken" liegt im Hebräischen der Sinn: jemanden in Bezmit seiner eigentlichen Bestimmung setzen oder mit einem Aeiner Vollmacht bekleiden. Gottes Vorsehung hatte bestimmder Erbe Abrahams nur von der Sarah geboren werden könnebezeichnet hier der Ausdruck „bedacht":Gottes spezielles Eingreifenin aas bisherige unfruchtbare Leben Sarahs, um sie fähig zu mdie Aufgabe zu erfüllen, wozu sie durch die Verheißung bworden war.

So kam es, daß auch die Unfruchtbare in ihrem Alter nochfing und dem Abraham einen Sohn schenkte, und zwar„zur be=stimmten Zeit, welche Gott ausgesprochen hatte".Gott stand noch

nie am Ende seiner göttlichen Möglichkeiten, wenn der Mensauch längst in seinen natürlichen Kräften ausgegeben hatte . NGesetzen des natürlichen Entstehens und Werdens hatte Gott seinem Handeln und Eingreifen in dem Leben Sarahs verspätentgleiten aber nicht die Möglichkeiten, wenn eine Sarah aund grau geworden ist.Er verspätet sich nie.Zur bestimmten Zeit,

die Gott ausgesprochen hatte, konnte Sarah dem AbrahamIsaak schenken, den sie in ihrem jugendlichen Alter ihm nicbaren konnte. Der Mensch kann Gottes Zeiten nie beschleuer kann aber die Stunde Gottes innehalten. Will er Göttlichefangen, so muß er Gottes Handeln abwarten können und Hingabe an Gottes Handeln stehen.

Und doch handelt Gott wiederum nicht ohne den Menschbenutzt das Hoffnungslose und macht es zum Mittel, durch

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Absicht habe, dem Hause und dem Geiste Abrahams eine Zzu geben. Das mit Abraham begonnene Glaubens» und Geistsollte in Isaak einen Träger und eine Fortsetzung finden. Ab

mußte alles, was doch so eng mit der Geburt und dem spWerden eines Isaak an Hoffnung und Erwartung verbundefür die übrige, danebenstehende Welt als ein „Gelächter" erscMußte man nicht vom Standpunkt der Geschichte und des völGeschehens aus sagen, daß das Wollen und die Absichten Abraham=Familie viel größer seien, als das Vollbringen je

könne? Waren doch alle Hoffnungen für die Zukunft aufs mit einem zarten, im hohen Alter erst geborenen Kinde verb„Ein Stoß, und die ganze Hoffnung ist auf ewig in ihrem Anfang begraben."

Aber wem von den Zeitgenossen das ganze Geschehen udamit verbundenen Erwartungen in der Familie Abrahams alächter erschienen, der sah nicht, daß Gott dieses „GelächtSarah bereitet hatte.Gott band seine größten Dinge für die Zukuje und je an sehr sdiwadie und zarte Anfänge.Bereits beim erstenSohne eines zukünftigen Israel sollte vor aller Welt sichtbar wdaß es sich im Werden und Bestehen dieses Volkes nicht umhistorische Anmaßungen, sondern um eine Schöpfung des lebGottes handle. Israels Sein wurde durch Gott begründet, Werden durch Gott gestaltet, Israels Zukunft durch Gott veWelches Gespött die Völker in ihrer Macht später auch mit Volke trieben, Israel wuchs trotz dieses Gespötts, sah sich gtrotz seiner Aussperrung, ging nicht unter trotz seiner Leidees kommt ganz gewiß die Zeit, wo Israel einmal aufhören wGelächter der Völker zu sein. Wenn wieder„zur bestimmten Zeit

weldie Gott ausgesprodien"hat, Gottes „Bedenken" beginnen wdann wird der Mund Zions voll Jubel1 und die Zunge Israels voRühmens sein, und unter den Völkern wird es heißen:„Der Herrhat Großes an ihnen getan."So stark man auch innerhalb der Gschichte Zions Volk zur Tränensaat zwang— „die mit Tränen säen,werden mit Freuden ernten".

Von dieser Heils= und Zukunftserwartung war einst die 1 Ps. 126.2 ff.

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und die Sehnsucht der Propheten erfüllt. Und was die Prophetenim Blick auf ihr Volk erflehten und herbeisehnten, ist auch Inhaltder Eschatologie der Kirche Christi geworden. Ist Christus auch bis

heute für die Welt ein „Gelächter" geblieben, teilt auch die Kircheselbst in ihrer geschichtlichen Erscheinung mit ihm als ihrem Hauptedasselbe Schicksal, sie weiß, daß mit Christus ein Einbruch in dieZeit geschehen ist, dessen Zukunft einmal eine vollendete Gottes*herrschaft auf Erden sein wird. Mag auch noch so viel dem wider*sprechen, der Verheißung Gottes gilt der Triumph und die Zukunft.

Daher schämt sich die Kirche dieser Zukunftserwartung nicht. Siezweifelt nicht an ihrer Verwirklichung. Ihre Hoffnung ist fundiertin Gott, der über alles Erwarten des Fleisches hinaus zu seiner Stundeeinzulösen vermag, was er im Sohn und durch den Sohn ver=heißen hat.

c) Ismaels A us s t oß un g

Mit all der Hoffnung, die durch Gottes Verheißungen im Blickauf den wahren Erben geweckt worden war, wurde nun Isaak vonder Liebe Abrahams und der Sarah in ihren Zelten gepflegt underzogen. Am Tage, da der Knabe entwöhnt war, machte Abrahamsogar seinen Knechten und Mägden ein großes Gastmahl, um allengegenüber der Freude Ausdruck zu geben, die er angesichts seines

Erben empfand.Eines Tages jedoch sah Sarah „den Sohn der Ägypterin Hagar,

welchen sie dem Abraham geboren hatte, mit ihrem Sohne Gespötttreiben. Da sagte sie zu Abraham: Entlasse diese Magd und ihrenSohn; denn es soll nicht der Sohn dieser Magd mit meinem Sohne,mit Isaak, erben." Sarah hatte wohl, rein menschlich geurteilt, an

Hagar die schwersten Enttäuschungen erlebt. War sie es als WeibAbrahams doch selbst gewesen, die das schwere Opfer gebracht undAbraham die Magd gegeben hatte, damit ihr durch sie ein Sohn undErbe geschenkt werde. Aber seit der Stunde, wo die Ägypterinmerkte, daß sie schwanger geworden war, hatte Sarah nur Verdrußund Herzeleid mit Hagar erlebt. Nun mußte sie außerdem noch

sehen, wie auch Ismael als halberwachsener Knabe Gespött mit Isaaktrieb. Mütterliche Leidenschaft und dunkle Vorahnung erregten

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Sarahs Seele und ließen in ihr den Entschluß ausreifen, daß Hagar als auch Ismael aus den Zelten Abrahams entlassen müßten. Ob ihr bereits klar bewußt oder nicht, sie sah im

daß essich, in den beiden Knaben um zwei so verschiedene Wfür die Zukunft handle,daß sie nie auf die Dauer zusammengeund Träger eines gemeinsamen Erbes sein könnten. Vielleichsie seinerzeit geglaubt, daß ihr Einfluß stark genug sein Ismael ganz im Geiste Abrahams und entsprechend den götVerheißungen erziehen zu können. Galt Ismael doch als ihrwenngleich er auch von der Hagar dem Abraham geboren war. Dies war ihr nicht gelungen. Auf Grund von Erziehungkann Ismael nie ein Isaak und damit ein Erbe und Träger deliehen Verheißungen werden.

Im Sohne der Ägypterin rangen nämlich jene zwei ganzschiedenen Naturen, die Ismael auf Grund seiner Geburt ererbDas wilde und ungebundene Temperament, das im Blute dertischen Ahnen seiner Mutter lag, war offenbar das überwiegenbeherrschende in Ismaels Verhalten und Wesen. In ihm lebteAbrahams Geist, sondern hamitischer Freiheitsdrang und ÜbIsaak gegenüber äußerte sich dies eines Tages in einem GIsmael spottete, Isaak litt: zwei Typen innerhalb der Zelte Ahams, die keine spätere Zeit je aus der Geschichte hinwegzuw

vermochte.Es darf wohl angenommen werden, daß diese Beobachtung

in der Erkenntnis mitbestimmte, daß der Sohn dieser Magd nIsaak zusammen Erbe der Berufung und der Aufgaben Abrahdie Zukunft sein könne. Wie so oft das Weib für gewisse Dinzarteres und richtigeres Vorempfinden und Verstehen hat a

Mann, so auch hier Sarah. Daher bat sie auch Abraham:„Entlassediese Magd und ihren Sohn!"Im Begriff „entlassen" liegt hier ninur der Sinn eines räumlichen Entfernens, „sondern ein Entldurch das hinfort jeder Zusammenhang mit dem Hause aufhöBitte war hart; dennoch war sie die einzige Konsequenz, ddem Verhalten Ismaels und auf Grund der bestehenden Verhägezogen werden mußte. Das rechtliche Verhältnis Ismaels zumAbrahams mußte gelöst werden, damit ein freundschaftlich

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Ismael für die Zukunft gerettet werden konnte.Es gibt nicht seltenBindungen im Leben, die in Zukunft unbedingt mit einer Katasenden müssen, wenn nicht rechtzeitig ein Bruch mit ihnen vol

wird. Hat Ismael erst nichts rechtlich zu fordern, so kann sich hams Verhältnis zu ihm so freundschaftlich und freigebig wielieh gestalten. Aber Ismaels Einfluß auf Isaak und auf die Zder Zelte Abrahams muß völlig aufgehoben werden. Das wder ganzen inneren Einstellung Ismaels hier das EntscheidendeBruchbedeutete für die Zukunft hier weit mehr Heil als Härte; das war nicht Verlust, sondern Gewinn.

„DieSache mißfieljedoch sehr in den Augen Abrahams um seinSohnes willen. Da sprach Elohim zu Abraham: ,Laß es in dAugen nicht böse sein um den Knaben und um deineMagd, alles,was dir Sarah sagt; gehorche ihrer Stimme, denn in Isaak wirSamen genannt werden.' "Abrahams Stellung in dieser Frage bezeichnend, wie schwer es auch Menschen des Glaubens kann, sich innerlich von jenen fleischlichen Dingen zu lösen, in ihrer Ungeduld in den Aufbau des Reiches Gottes hineinghaben. Wer festhalten will, was zunächst unbrauchbar für Gmuß eines Tages durch Gericht von dem gelöst werden, was eopfernwollte, fallser nicht selbst zugrunde gehen soll. Daher spGott auch zu Abraham:„Laß es in deinen Augen nicht böse sein

Mit der Frage der Lösung hing die ganze Zukunft der höBerufung Abrahams zusammen. Hier war nicht das augenbliGespött Ismaels und das innerliche Gekränktsein Sarahs dascheidende,entscheidend war die innere Gesinnung des SohnesMagd und die Zukunft der Berufung Isaaks.Wenn Ismael auchmanches Materielle und Geistige von Abraham als seinem

hatte, Sohn im Sinne der göttlichen Verheißung und Erbe imder göttlichen Berufung konnte er bei seiner Gesinnung und Grichtung niemals werden.

Die Weisen Israels nehmen an, daß Gott dem Abraham wollte:„Laß es dir nicht allzuschwer und hart fallen, einen Sauszuscheiden; auch von Isaak werden nicht alle deinem geiErbe verbleiben."Wie stark das in der späteren Geschichte Isrder Fall war, davon legenallePropheten und Apostel ein Zeugnis

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Wie sehr es sich also in der ganzen Frage um das Tiefste Berufung Abrahams handelte, geht auch aus den weiteren des Herrn hervor:„Undauch den Sohn der Magd werdeich zu einemVolke machen; denn er ist dein Same."Rein völkisch und wirtschaftlieh sollte auch Ismael teilhaben an dem Segen Abrahams. Vgeistlichen Mission des Glaubens mußte er jedoch auf GrundGesinnung ausscheiden. Damit durch seinen Einfluß nicht diesion auch bei Isaak für die Zukunft gefährdet werde, mußtedem rechtlichen Verband der Familie Abrahams ausgewiesen Es gibt immer wieder innere Lebensnotwendigkeiten um deFort=

bestandes des Glaubens und des Reiches Gottes willen, die sicdurch Halbheiten und durch Kompromisse lösen lassen.

Nachdem Gott gesprochen hatte, gehorchte Abraham, so es seiner Seele auch im Augenblick wurde. Er stand am nMorgen frühe auf,„nahm Brot und einen Wasserschlauch, gab's Hagar, legte es auf ihre Schulter, und auch dasKind, und schickte

sie fort. Sie ging und verirrte sich in der WüsteBeer=Seba."Wieganz anders hätte sich die fernere Zukunft Hagars und womauch die ihres Sohnes gestaltet, wenn Hagar sich als Magd imder Zeit ganz dem Geiste in den Zelten Abrahams erschlosseDaß ihr dazu die Gelegenheit geboten werden sollte, geht auErlebnis hervor, das sie seinerzeit auf der Flucht vor Sarah g

hatte. Als der Bote Gottes sie damals an einem Quell auf demnach Schurtraf, sprach er zu ihr:„Kehre zu deiner Gebieterin zurücund demütige dich unter ihre Hände!"Wieviel Weh und Herzeleiwäre ihr erspart geblieben, wenn im Laufe der Zeit ihre Sin den Zelten Abrahams sich so gewandelt hätte, daß aupflichtmäßigen Unterordnung eine freiwillige Hingabe unglaubensvolle Mitbeteiligung an der Berufung Abrahams erwwäre! Hätte sie in dieser Gesinnung dann auch Ismael beeund erzogen, dann hätte vielleicht nie diese Demütigung unrechtung für sie und ihr Kind erfolgen müssen.

Daß sie aber nur wenig vom Geiste des Glaubens in sicauf*genommen hatte, zeigte nun ihr Verhalten in der Stunde der sten Not. Als ihr das Wasser auf dem Wege ausging, da gingihrer Verzweiflung hin und„warf das Kind unter ein Gewächs, gi

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und setzte sich fern gegenüber, stài entfernend wie ein Bogendenn sie hatte gesagt: ,lch will nicht das Sterben dieses Kindansehen', darum setzte sie sich fern gegenüber und erhub

Stimme und weinte".Das war nicht eine Tat des Glaubens, die sin der Not „dennoch" dem Herrn vertraut. Es war vielmeHandlung einer Seele, die jeden Halt im Leben verloren hatdie darob selbst der allernächsten Mutterpflichten vergaß.

Und doch sah sie sich von Gott nicht preisgegeben. Wensie auch nicht in die Berufung Abrahams hineinziehen kon

blieb auch sie ein Objekt seiner Barmherzigkeit und Liebe. I„hörte er die Stimme des Knaben, und ein Engel Elohims riefvom Himmel zu und sagte zu ihr: ,Was ist dir, Hagar? Fürchnicht! Denn Elohim hat schon die Stimme des Knaben erhört,er ist. Erhebe dich, nimm den Knaben auf und kräftige deinean ihm; denn zu einem großen Volke werde ich ihn macheöffnete Elohim ihr die Augen, und sie sah einen WasserbrSie ging und füllte den Schlauch mit Wasser und tränkteKnaben.''

Wahrlich, wiederum leuchtet an einem kleinen, wenn aucso tragischen Schicksal zweier Personen, an Mutter und KiEnde aller jener Wege in der Geschichte auf, die nicht auGlauben flössen! Das Kind, dem Untergang preisgegeben, uMutter, von der Verzweiflung zerrissen, innerlich hadernd dem Erlebten in der Vergangenheit— das war die trostlose Lage dÄgypterin und ihres Ismael, den sie dem Abraham geborenVon der Hagar aus gab es keinen Ausweg aus dieser seelischeund aus diesem Zusammenbruch ihres Lebens. Gott aber inBarmherzigkeit und Treue war größer als Hagars Leid und

Sterben.„Was ist dir, Hagar?"fragte er die Ringende in der Wüs„Fürchte dich nicht! Gott hat die Stimme des Knaben schon und zwar da, wo er ist."Hatte auch ein Mutterherz sich in seiVerzweiflung und Zukunftslosigkeit von seinem Kinde geGottes Ohr hatte den Schrei eines Ismael gehört. Er wußte,dem Verderben preisgegeben war.„Stehe auf, nimm den Knabeund kräftige deine Hand an ihm!"

Auf solch einem düsteren Hintergrunde menschlicher Ges

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Geschichte. Es kann niemals verborgen bleiben. Wenn Gott mist und wir mit Gott sind, so ist das immer eine Erscheinunvon dem gewöhnlichen Lauf der Welt abweicht. Es war eins

dem Philisterkönig Abimelech zu Gerar nicht entgangen,daß Gottmit Abraham war. „Es war in dieser Zeit, da sprach Abimelechsein Feldherr Pichol zu Abraham: Elohim ist mit dir in allemdu tust." Seit dem Tage der ersten Begegnung mit Abraham der Philisterfürst Gelegenheit gehabt, das Leben dieses Fremzu beobachten, dessen Verhalten im Verkehr zu prüfen, desserückgezogenheit und Stellung zu verfolgen und jene Segnunsehen, von denen Abrahams Zelte und Herden begleitet wDiese Beobachtung hatte auf ihn einen tiefen Eindruck geSie ließ in ihm die Gewißheit ausreifen:„Elohim ist mit dir in allemwas du tust."Es konnte ja auch nicht anders sein. Denn bei eiwahren Gottespropheten spricht ja nicht allein der Altar, dseinem Gott erbaut, nicht allein sein Separatismus, in dem erWelt lebt, da spricht alles: sein Familienleben und seine ZelteKnechte und seine Herden, seine Zurückgezogenheit und seinkehr— alles spricht von einem Umgang mit dem Gott, der sicdurch Offenbarung kundgetan hat. Zwar waren mit diesem Geindruck auch sehr unangenehme Erinnerungen an Abraham zgeblieben. Unmöglich hatte Abimelech die dunkle Geschich

Sarah vergessen. Nicht als ein Mann, der mit seinen Handlvor Gott steht, hatte sich Abraham ihm gegenüber in kritStunde benommen. Der Gesamteindruck jedoch, den er von ham s Leben und Ergehen bisher gewonnen hatte, war so übermdaß in ihm die Gewißheit ausreifte:„Gott ist mit dir in allem, wasdu tust."Mit wem aber Gott ist, dem gehört die Zukunft. M

augenblicklich auch der Fremdling und Schwächere im Landwie leicht kann er unter dem Segen des Allmächtigen zum Stäund zum Besitzenden des Landes werden! Denn je länger Abimit Abraham zusammen war, so stark beide sich mit ihren Hauch berührt hatten, um so mehr waren sein Vertrauen undinnerliche Hochachtung Abraham gegenüber gewachsen. Abwar ihm nun das Bild eines Gesegneten Gottes.

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b) Der Bundesschl uß

Mit dieser Überzeugung kam Abimelech eines Tages in Beglei=tung seines Feldherrn Pidiol zu Abraham und teilte ihm offen seinegewonnenen Eindrücke mit. Darnach sprach er: „Und nun schwöremir bei Elohim, daß du mir, meinen Nachkommen und meinem Enkelnicht falsch werden wolltest; die Güte, die ich an dir geübt, wol=lest du an mir und an dem Lande üben, in welchem du geweilt/'Diese Bitte war vom menschlichen Standpunkt aus eigentlich etwasUnerhörtes. So sehr Abraham auch an Knechten und Mägden, anZelten und Herden von Gott gesegnet worden war, wie machtlos undklein war er jedoch im Vergleich zu dem Philisterfürsten Abimelech!Bei Abraham verriet nichts das Vorhandensein einer äußeren Machtoder einer versteckten Leidenschaft nach Heldenhaftem. Es gibt ein=zelne Ausleger, die annehmen, daß Abimelech offenbar eine Zukunftvon Abrahams Nachkommen vorschwebte, „in der diese als Volk

seinem Volke freundlich oder feindlich gegenüberstehen könnten —kurz, es läßt sich dies alles gar nicht anders denken als unter derVoraussetzung, Abimelech habe eine Kunde von den abrahamitischenVerheißungen und Erwartungen gehabt und wollte für diese Zukunftauf Grund der Verpflichtung, die der Stammvater gegen ihn hatte,sich und seinem Lande die Gunst dieses einstigen Volkes sichern".

Oder sollte solch ein Leben mit Gott, wie Abimelech es bei Abra=harn gesehen, ohne eine Zukunft sein? War es denkbar, mit demGott der Ewigkeiten im Umgang zu stehen, ohne etwas von dessenEwigkeit in die Geschichte zu tragen? Sollte das Programm derGottesoffenbarung sich mit dem Leben eines Mannes erschöpft habenund nicht in dessen Nachkommen eine Fortsetzung erleben? Über«lieferte Kunde sowie persönliche Beobachtungen mußten mithin inAbimelech und in seinem Feldherrn die Überzeugung wecken: solcheinem Leben gehört die Zukunft!

Rein äußerlich und vom Standpunkt der Geschichte anderer Völ=ker aus sprach zwar vieles dagegen. Abraham selbst war ein Greisgeworden. Ismael, der manches Heldenhafte und Mutige in sich trug,das für das Entstehen eines mächtigen Volkes Bedeutung habenkonnte, war mit seiner Mutter aus dem Verband der abrahamitischen

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Zelte ausgewiesen worden. Isaak, den Einzigen, hatte man ervon der Brust seiner Mutter entwöhnt. Er war ein zarter Knaderin sich nichts Heroisches und Weltüberwindendes verriet.

künftige Volk wird noch in der Wiege geschaukelt, und schoAbraham eine Verwirklichung der Verheißung. An Isaaks schon war der Landesfürst herangetreten, um in der Erwartukünftigen Volksgröße ein Bündnis für die spätere Zukunft langen — da tritt Gott an Abraham hinan und spricht: Opfdiesen einzigen Sohn und mit ihm die ganze Zukunft1!"

Was war auf solch einer Grundlage aus der GlaubensfAbrahams heraus für eine kommende Volksgröße zu erwartees nicht auch wieder eine „Lächerlichkeit", mit diesem nocfraglichen Volksgebilde schon für Generationen im vorausBund der Freundschaft und des Friedens zu schließen? Diewägungen bewiesen nur, welch einen tiefen Eindruck Abimeldem Leben Abrahams erhalten hatte. Hier liegt eine Zukunft— dasstand ihm fest. Sein Wunsch war nun, daß diese Zukunft seiner eigenen Geschlechter nicht zu einer Gefahr werden mö

Denn daß solch eine Gefahr entstehen könne, dem konntAbimelech trotz seines tiefen Eindrucks von Abraham nicziehen. Wie treulos hatte sich Abraham ihm gegenüber seibenommen! Nun will Abimelech durch einen Bund Abraham

Zukunft verpflichten, daß weder er selbst noch seine Nachktreulos an Abimelech, an seinem Hause und an seinem Landdein werden. Daher seine Bitte um ein Bündnis.

Für Abraham selbst war jedoch das ganze Erlebnis eine Glaubensstärkung. So klein und unscheinbar zunächst die vdenen Anfänge der Erfüllung der verheißenen Zukunft an sic

waren, sie wurden jedoch von dem Philisterfürsten bereithöchste gewertet. Daher zögerte Abraham auch keinen Augund antwortete:„Idi schwöre!" Denn auch, für Abraham lag diegewordene Berufung und W eltmission nicht etwa in einer Befung der Völker, sondern im Segnen der Völker.Er wußte sich alsGottes Prophet berufen, als Gesegneter zu segnen, als Erleuchdolmetschen, als Begnadeter priesterlich zu dienen. Wenn nun

i NadiS. R. Hirsch.

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seinen Schwur für Generationen der Friede zwischen den Gestern Abimelechs und seinen eigenen Nachkommen gesichert konnte, so lag das ganz in seiner prophetischen Mission, zusich berufen wußte.

Während des Bundesschlusses wurde auch eine Angelegbesprochen, die das Verhältnis Abrahams zu Abimelech stark hatte. Abimelechs Hirten hatten ohne Wissen ihres Fürsten Aeinen Brunnen geraubt. Solch eine Beraubung der herumzieHerdenfürsten durch die Einheimischen und Landesbürger wnichts Seltenes. Sie gehörte mit zu den Leiden der nomadisieFremdlinge, die mit ihren kleineren oder größeren Herden undüberall nurdie Geduldeten, nicht aber die Besitzendenim Landewaren. In den Nutzrechten der freien Weideländer waredauernd abhängig von der mehr oder weniger edlen Gesinnusich ihrer Stärke und ihrer Besitzrechte bewußten LandesbürgEntdeckung einer lebendigen Quelle auf dem Ländergebiet A

lechs mußte fast zwangsläufig zu einem Streit zwischen dendes Philisters und den Hirten Abrahams führen.Daß Abraham als Halbnomade und als der Schwächere

solch einem Zustand der Rechtlosigkeit innerlich gelitten hataus den Worten hervor, mit denen er die BrunnenangelegenhAbimelech zur Sprache brachte. Und je mehr seine Seele littdesto

stärker mußte wiederum in ihm die Spannung des Glaubens wdie zwischen einer ihm gewordenen Verheißung und deren Erflag. Über seinem Leben und über seiner Fremdlingschaft staVerheißung:„Dies Land will ich dir und deinem Samen gebenewig=lieh." In Wirklichkeit lagen die Besitzrechte dieses ihm verheLandes immer noch bei den alten, seßhaften Landesbürgern. Eein Fremdling, und zwar in jenem Lande, das nach der Verheinmal seine Heimat werden sollte.

Als Abraham die Brunnenangelegenheit berührte, sprach AIech:„Ich habe nicht gewußt, wer dieses getan, auch du hast enicht gesagt, und ich habe es auch heute erst vernommen."Da er-kannte Abraham, daß Abimelech an der Sache völlig unbeteilDaher erfüllte er gleich die damals übliche Form des Bundesscund gab Abimelech die Zahl von Schafen und Rindern, die er

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Schwächere zur Errichtung des Bundes zu schenken hatte. Unannte den Ort hinfort zur Erinnerung an den soeben vollzweihevollen Akt: „Beer=Seba", d. h. Schwurbrunnen.

c) A b r a h a m s n e u g e w o n n e n e G o t t e s e r k e n n t n iNachdem nun Abimelech mit seinem Feldherrn Pichol h

kehrt war, schuf Abraham noch eine Urkunde von dem augeliehen Erlebnis für die kommenden Geschlechter. Er pflanzte Seba einen Baum„und verkündete dort den NamenJahves als EU

Olam",d. h. den Gott der Ewigkeit oder der Zeitalter. DenGrund der ganzen Verhandlung mit Abimelech und desselangen, einen dauernden Friedensbund mit ihm zu schließeAbraham eine neue, tiefe Erkenntnis von Gott empfangen. Nher war es ihm so stark zum Bewußtsein gekommen wie beBegegnung mit Abimelech,daßder Gott, der ihnaus Haran gerufenihn inKanaan gesegnet, ihm den Isaakgeschenkt hatte, audi einGott der kommendenZeitalter sei.Hatte er in all seinen bisherigLebensführungen erkannt, daß Gott die Bürgschaft für die Eder ihm gewordenen Verheißungen geworden war, so ging ihdie Erkenntnis auf, daß Gott dieselbe Garantie auch für die tigen Zeitalter sein wolle, sooft und so stark auch die Welt vwürde, die Verwirklichung der einzelnen Verheißungen zuhindern.

Es gehört wiederum zur Eigenart des Glaubens,daß ihm jedestiefereErlebnis im Lauf derGeschichte zu einertieferen ErkenntniGotteswird. Ein Glaube, der wächst, gelangt von Klarheit zuheit. Ja, wahrer Glaube muß wachsen, nicht, weil er die Krafträgt, sondern weil er durch Gottes fortschreitende OffenbaruKlarheit, neuen Weitblick und neue Zuversicht gewinnt. Ist dder wunderbaren Vergangenheit auch der Gott der Zukunmußte dann das Vertrauen Abrahams zu der Gewißheit werddaßdieser Gott groß genug seinwird, auch in den kommenden Zeitdas zu erfüllen, waser ihmverheißen hatte!Daher verkündete Abharn hinfort Jahve auch als El=Olam, als den Gott der Z

d. h. als den, der da war, und den, der da sein wird. Die nwonnene Gewißheit dieses Glaubens fand darin einen gre

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Ausdruck, daß er diesem Gott der Offenbarung einen AltaStätte der Anbetung errichtete. War er selbst zunächst auch nFremdling im verheißenen Lande, sein Altar sollte kommend

schlechtem bezeugen, daß der Herr als El=Olam zu seinemheißungswort in jedem Zeitalter stehen werde.Wie eng vermehrte Gotteserkenntnis und wachsender Glaub

gehorsam zusammenhängen,das geht aus den verschiedenen Gottenamen hervor, mit denen Abraham bisher vertraut gemacht Nicht sein Glaube schuf sich etwa je länger, desto bewußter ei

Gottesschau. Gott offenbarte sich neu seinem Freunde Abrahain ihm wurde alsdann eine entsprechende Glaubenshingabe gEs ist von grundlegender Bedeutung, daß es in der Heilsgesnie hieß:Glaube und Offenbarung,sondern immererst Offenbarungund alsdann Glaube.In den ersten Zeiten seines Glaubenslebkannte Abraham den Herrn nur als„Jahve", als den Gott derOffenbarung, der da ist, was er ist, oder der da sein wird, sein will. Durch dessen Offenbarung sah er sich berufen; duwußte er sich ins Land Kanaan geführt; durch ihn wurde er Gefahr in Ägypten gerettet; durch dessen sichtbaren Segen veten sich seine Zelte und Herden. Daher baute er ihm von Fall einen Altar und verkündete ihn als den Herrn,„der ihm erschienenwar". InJahve ha tte Abraham im Gegensatz zu den polytheist

Völkern seiner Zeit einen lebendigen, sich offenbarenden Gfunden, der nicht fernab vom Menschen und dessen Schickssondern bei denen wohnt, die zerschlagenen Herzens und getigten Geistes sind.Gottes Offenbarung hatte ihn hineingezogenGottes Gemeinschaft und seinem Leben den Stempel der götBerufung und Erwählung gegeben.Kein Heiligtum und keine Kul

tusstätte seiner Zeit hätten seiner Seele das erschließen und Leben jene Wendung und Bestimmung geben können, wie sdurch Gottes Offenbarung gegeben wurde. Und weil AbrahUnendliches von Jahve erschlossen wurde, hatte er seiner Zeso viel von ihm zu sagen.

Nach dem Sieg über Kedor=Laomer hatte Abraham eine

nung mit Melchisedek, dem König von Salem, gehabt. Bei dlegenheit lernte er Jahve verstehen als„EUEljon",als Gott, den Aller»

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höchsten. Diesem Gott war das Leben Melchisedeks als Priesweiht. Abraham erkannte: wo der Allerhöchste zu gebieten uLeben zu bestimmen hat, da wird gegenwärtig schon die Steinem Bereich des Friedens und zu einer Wohnung des Heidas Leben der Menschen zu einem Dienst der Gerechtigkeit uVersöhnung. Melchisedek konnte als König der GerechtigkHerr einer Friedensstadt und Priester des Allerhöchsten seiihm sah sich nun Abraham ebenfalls demselben Allerhöchstfür dieselben Aufgaben auf Erden geweiht. Denn Melchisedenete Abraham und sprach:„Gesegnet sei Abraham dem EUEljodem Eigner von Himmel und Erde, und gesegnet sei EUEljodeine Feinde in deine Hand gegeben1!"

Als später Abraham vom Herrn die Zusicherung empfing„Idibin dir Schild, dein Lohn ist ungemessen2!", da hatte er die Frei»mütigkeit gewonnen und gefragt:„Was willst du mir, Herr, nodi

geben? Idi gehe kinderlos dahin."Bei der Gelegenheit verhieß dHerr dem Abraham einen Erben von seinem eigenen Sameerschloß ihm, daß die Geschlechter seines eigenen Samens in das verheißene Land in Besitz nehmen sollten3. Als aber nach dieserVerheißung dem Abraham der Erbe trotzdem nicht geboren nahm er auf den Rat seines Weibes seine Zuflucht zu Hagagebar ihm den Ismael. Dreizehn Jahre nach der Geburt dieseben, in dem Abraham die Erfüllung seiner Hoffnungen sah,der Herr ihm wieder sichtbar und sagte ihm:„Idi bin EUSdiaddai,wandle vor meinem Angesidite und werde vollendet!"Nun lernteAbraham Jahve verstehen als den„Allgenugsamen"und „Allver=mögenden".Er mußte erkennen, daß nicht Ismael bereits diefüllung der gegebenen Verheißung sei, sondern daß dieserzunächst noch ausstehe und allein von Jahve als dem Allvermden gegeben werden könne.

Als dann später Abraham eines Tages um die Mittagszeder Tür seines Zeltes unter den schattigen Bäumen Mamres ser drei Männer vorübergehen. Er lief ihnen entgegen und er

1

Kap. 14,19 ff.2 Kap. 15,1.3 Kap.15, 8 ff.

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in dem einen„Adonai",d. h. seinen Herrn, von dem er sich bishso wunderbar geführt und gesegnet sah. Und indem er sich dseinem Herrn zur Verfügung stellte, wurde er von ihm in dtiefstes Vertrauen hineingezogen.. Abraham erhielt Kunde vobevorstehenden Untergang Sodoms und Gomorras. Die FruchtBegegnung war,daß Abraham zu jenem Priester wurde, der über Rettung Sodoms mit Gott redete, bevor Sodom selbst auch nuAhnung von dem bevorstehenden Gericht hatte.

Was will uns jedoch dieser kurze Rückblick in Verbindun

der letzten gewonnenen Gotteserkenntnis Abrahams mit„EUOlam"sagen? Doch nichts Geringeres,als daß Abrahams Erkenntnis nugewonnen werden konnte auf Grund bestimmter vorangeganGottesoffenbarungen.Abrahams immer reicher werdendes Gottbild war nicht die Frucht der Spekulationen und MeditationenGeistes, sondern der geistige Niederschlag empfangener Offengen in seiner erschlossenen Seele. Er erlebte Gott; daher schautin der Mannigfaltigkeit seiner Größe und Majestät, seines HeKönnens. Nur das gab Abrahams Leben immer wieder neuemachten, dauernd Neues von Gott zu verkündigen, daß er dneu Gott erlebte und mit den Herrlichkeiten seines Wesenseiner Wirkungen vertraut wurde. So war es ihm möglich, angall der bestehenden Rätsel in der Welt, ihn doch als El=Olamals den Regierer und Lenker aller Geschicke und Kräfte im des einzelnen und der Völker zu verkündigen. Abraham gdaher mit jeder neuen Gotteserkenntnis einen neuen, unerschliehen Felsen mitten im Gewoge der Zeit. Er gelangte in deder sich bekämpfenden Ereignisse je länger, desto mehr in Gotzur Ruhe. Das machte ihn in seiner Weltanschauung und Bot

in seinen Entschlüssen und Handlungen unabhängig von deund band ihn dauernd an Gottes Selbstmitteilung, d. h. Offenb

Von welch einer entscheidenden Bedeutung diese gewoGotteserkenntnis mit der daraus entstandenen Glaubensgewfür die nächstliegenden Prüfungen und Erlebnisse Abrahamsollte, das wird uns erst im nächsten Kapitel erzählt. Vor Ab

lagen in der Zukunft Glaubenswege,die er ohne die Gewißheit,daß Gott auch der Gott der zukünftigen Zeitalter sein werdenie

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hätte gehen können. Es zeigte sich auch hier wieder, wie dnie vom Glauben einen Gehorsam oder ein Opfer verlangihm nicht vorher die Kraft geworden wäre. Gottes Aufträgden Menschen nicht drücken und unglücklich machen, sie sovielmehr Gelegenheit geben, im Leben jene höheren Kräftetätigen, die ihm zugleich mit der göttlichen Offenbarung gwerden. Bevor Jesus von Martha erwartete, daß sie ihm vwenn es sich darum handeln würde, den verstorbenen Lazdem Grabe zu führen, sprach er zu ihr:„Ich bin die Auferstehun

unddas Leben1

/' Das unterscheidet das Evangelium Gottes jedvom Gesetz und von aller gesetzlichen Frömmigkeit,daß es erstsegnet und dann segnen heißt, ersterleuchtet und dann Wege deGlaubens gehen heißt, erst höhere Kräfte mitteilt undalsdann er=wartet,Handlungen zu vollbringen, dieaußerhalb des gewöhnlichKönnens desMenschen liegen.

14.Der Opferweg des Glaubens1. Mose 22,1—19

Morija=Wege sind die Opferwege des Glaubens.Sie führen idie allertiefsten und schwersten Seelenkonflikte und GlaubErst unlängst hatte Abraham Gott als El=Olam erkannt. ganzen Art, wie der Philisterfürst Abimelech einen Bundemit ihm gesucht hatte, war ihm die Offenbarung geworden, Gott, durch den er sich einst berufen sah, und durch den eso sichtlich gesegnet und geleitet worden war, auch der Gkommenden Zeitalter sei.

a) D e s G l a u b e n s s c h w e r s t e P r ü f u n g s s t u n d e„Nach diesenBegebenheiten geschah es, daß der Elohim dAbrahamversuchte.Er sprach zu ihm: ,Abraham!', und erantwortete: ,Hier binich1/ " Der Herr hatte dem Leben Abrahams seitTage der Berufung einen außergewöhnlich reichen Inhalt gDas Geheimnis, daß Abrahams Leben unvergleichlich reiche

seiner Väter und Zeitgenossen geworden war, lag in dem1 Joh. 11,25.

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können. Der Auftrag lautete:„Nimm deinen Sohn, den einzigden du Hebst, den lsaak, und geh nach dem Lande Morijbringe ihn dort hinauf für ein Ganzopfer auf einem Berge, ddir sagen werde!"Nun stand vor der Seele Abrahams Offenbagegen Offenbarung. Alles, was Gott bisher mit Abraham hatte, alles, worauf dessen Hoffnungen sich bisher zu stützmochten, schien mit diesen Worten des Herrn umgeworfen den. Wort Gottes stand gegen Wort Gottes, eine Offenbarungdie andere auf.Das mußte— und muß auch heute noch— eine aufGottes Offenbarungswort eingestellte Seele in die allertiefstenliehen Konflikte führen. Vor den Glaubensblicken Abrahams Nacht, wie sie nicht dunkler sein konnte. Der EmpfangeEinzige, lsaak, sollte geopfert werden. Abraham sah sich tder ihm gewordenen Verheißungen wieder allein stehen, allein war, als er sich in Ur in Chaldäa oder in Haran vo

berufen sah. LechJ'cha, „Geh für dich allein!", hatte Gott am Anfang seines Glaubenslebens zu ihm gesprochen. Er spwieder, wo Abraham am Ende seines Lebens stand. Ja, wie ständlich und voller Konflikte und Rätsel kann ein auf Gottstelltes Leben werden, das zwischen diesem Anfang und Ende liegt!

Aber Offenbarung hebt Offenbarung niemals auf.Hat es zu=nächst auch den Anschein, erblickt der Glaube zunächst aucLösung, sie folgt um so herrlicher und überwältigender, je barer die Situation zu sein scheint. Auch für Abraham kLösung, wenn auch erst am Ende des schweren OpferwegGlaube mußte auch diesen Weg gehen, ohne zu sehen, wo ewürde, und ohne zu wissen, wie Gott die Prüfung lösen Erst als er den Weg ging, wurde er schließlich licht und enHerrlichkeit. Erst mußten — in w eit späteren Zeiten — die im Glauben mit der Bundeslade in den Jordan treten, bevFluten standen und Israel trockenen Weges in sein Erbe eikonnte.Nicht etwa, was der Glaube sieht, vielmehr das Wortihn inspiriert, ist das Geheimnis seiner Kraft.Daher kann er handeln

ohne zu sehen, erlebt er Gottes Herrlichkeit, indem er handeles ist die Kraft Gottes, die durch ihn handelt. Er weiß aber n

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her, wann und wie diese Herrlichkeit Gottes zum Durchbrucmen wird. Das einzige, das ihn trägt und ihm Kraft zum Hangeben vermag, ist Gottes Auftrag: Lech=l'cha, d. h. gehe f

allein ins Land M ori ja und bringe ihn dort hinauf für ein opfer"! Nur zweimal finden wir dieses bedeutsame Lech=rLeben Abrahams. Das erste Mal bedeutete es die ScheiduseinenEltern,das letzte Mal die von seinemSohne.Dort die Los=lösung von der Vergangenheit, hier von der Zukunft.

Gewiß war es einst schwer gewesen, das Vaterland mit reichen Vergangenheit, die Freundschaft mit all ihren Bezieund das Vaterhaus mit all seiner Tradition und Familiensiverlassen. Gewiß war es schwer gewesen, sich, eines Tages veinzigen Neffen, von Lot, zu lösen, der den Mut aufgebrachmit Abraham den Weg des Glaubens zu gehen und mit ihUngewisse Zukunft zu teilen. Gewiß war es schwer gewesenmit Hagar, seiner Mutter, für immer zu entlassen und ohne sieht aus dem Familienverbande auszuscheiden. War er doch hin Abrahams Sohn, wenn auch von einer Ägypterin geboreendlich schwerer war jedochder Weg nach Morija,auf dem Abrahamauch von Isaak, der höchsten und letzten Frucht un d HoffnunLebens, gelöst werden sollte.

Nun wird verständlich, welch eine entscheidende Bedeut

für Abraham haben mußte, daß er vorher Gott als El=Olam, Gott auch der ferneren Zukunft erkannt hatte. Ohne diese ErkGottes wäre er vielleicht nie zu dem Gehorsam für den Opdes Glaubens fähig gewesen.Zur höchsten Tat des Gehorsams ider Glaube erst immer nach entsprechender, vorhergegangener ster Erkenntnis Gottes fähig.An eine Zukunft seiner Berufung

glauben, wenn ihm alle greifbaren Stützen und Mittel fürgenommen werden, vermag er nur, wenn er den Gott der Zerkannt hat. Denn Gottes Zukunft ist nicht gebunden an dawaser gab,sondern an das,was er gebenwird; nicht an das ,was erschuf,sondern an das,was er schaffenwird. Opfert in Gottes Auftrag deGlaube Gegenwärtiges, dann liegt für ihn hinter diesem Opso gewisser die Auferstehung mit ihrer Zukunft.

Und Gott gegenüber muß alles zum Opfer werden, auc

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Liebste.Nicht in Isaak, in El=Olam sollte Abraham auch im auf die Zukunft völlig zur Ruhe kommen. Nicht in einer wärtigen Gabe, in Gottes ewigem Wirken sollten Abrahamsnungen ruhen. Soll Gegenwärtiges und Empfangenes nicht mGegenwart untergehen, dann muß es vom Glauben aus der Zekeit herausgehoben und der Ewigkeit als ein Opfer dargewerden. In dem jüdischen Begriff „Ganzopfer" drückt sich dederbare Gedanke aus, daß das Irdische, Materielle als Opfdem Opfernden aus seiner Niedrigkeit herausgehoben und z

hin erhoben wird. Es ist das Opfern, das Hinwegheben des aus „den irdischen Existenzen und die Hingebung an eine Bestimmung".Sollte Gottes Zukunft auch lsaaks Zukunft werdann mußte Isaak in dieser „Erhebung" zu Gott hin vor Abrstehen. Denn nicht Abrahams, sondern nur Gottes AnspruchIsaak konnte diesem eine Zukunft geben. Wohl empfängt der

die Gabe als ein göttliches Geschenk, jedoch allein zu dem damit sie zur rechten Stunde wieder ein Opfer für Gott wDenn selbst ein Isaak bleibt für die Welt ohne jede Bedeutuvergeht mit den vergänglichen Zelten Abrahams, wenn seinnicht als ein vom Glauben dargebrachtes Opfer dauernd zuwirklichen Erhebung zu Gott hin wird.

Daß der Auftrag Gottes lauten würde, Isaak als ein Gannach Morija zu bringen, wußte Abraham zunächst nicht. Fbedeutete er völlige Abgabe der höchsten Gabe, Hingabe defangenen Segens an Gott für einen ihm verhüllten Zweck. Dmutung Gottes an den Glauben Abrahams kann überhaupt nustanden werden, wenn sie unter dem einen Wort steht: „ersuchte", „prüfte" den Abraham. Zweck solcher Prüfung des bens war nicht etwa die Prüfung selbst. Durch sie sollte nur owerden, zu welch einer Glaubenshingabe Gott Menschen erkann.Ist Gott solchen Glaubensmenschen letzte Autorität oder n— vor diese Frage wurden sie je und je durch solch eine Z umgestellt. Gott gegenüber darf auch die größte Gabe des Glnicht zurückgehalten werden. Unter der schöpferischen Gnad

mithin in solchen Opfern der Glaube zu einem seiner hödistschönsten Bekenntnisse heran.

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Sohn. Darauf spaltete er Opferholz, machte sich auf und gingOrte zu, welchen ihm Gott gesagt hatte. Am dritten Tage, als harn seine Augen aufhob, sah er den Ort von ferne."

Es gibt Kämpfe der Seele, die der Glaube in ihrer ganzen Snur allein auszukosten vermag. Jedes Sprechen darüber würan sich fast unerträgliche Last nur noch vermehren. Und woGlaube sprechen, so fände er doch kein Verständnis für Morija=Weg. Nicht Sarah, auch nicht die ihn begleitenden Kkonnten Verständnis für den Auftrag haben, der auf Abr

Seele brannte. Sie hatten nicht Gottes zweites Lech=rcha anharn vernommen. Mithin konnten sie auch nicht seinen Opteilen.Morija=Wege sind einsame Wege.Als der Eine ihn gingder in seiner Person der Opfernde und das Opfer zugleich wverließen ihn auch seine treuesten Jünger.

Als Abraham erst Morija sah, da sprach er zu seinen L„Bleibet ihr hier bei dem Esel; ich und der Knabe, wir wollenbis dahin gehen; wir beten dort an und kehren dann zueuch zurück."Am Fuße des Morija scheiden sich die Wege zwischen dem Oden, hinter dem ein höherer Auftrag steht, und den Knechtnur mitfolgen. Nach Morija selbst kann der Glaube mit sOpfer nur allein gehen. Nur eine Brust, in welcher der ROffenbarung das „Siehe, hier bin ich!" geweckt hatte, vermaim schwersten Schritt des Glaubens, im Opfern, die Anbetfinden. Denn wir wollen uns dort nur „bücken", beugen, ahatte Abraham zu seinen Knechten gesagt. Damit hatte er sprachen, was er in diesem Opfer sah. Der Opfernde sah siseinem Opfer als eine Einheit an. Abraham spricht seine Azu opfern mit dem Begriff „niederwerfen", „niederbücken" a

nennt das „Anbetung". Denn nicht das Opfer, „sich" opfert eLeben, seine Kraft, sein Auge, seine Brust, seine Hand, seinesein ganzes lebendiges Wesen legt er im Opfer auf Gottes sich wirft er ganz vor Gott hin als ein Opfer. Ein Bileam läßBalak aufrecht stehen neben seinem Opfer1. Sein Opfer ist keinesittliche Tat, keine Sprache der Seele, die ihrer Hingabe einen

1 4. Mose23, 3: „Und Bileam sprach zu Balak: Tritt zu deinem Bopfer!"

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druck zu geben sucht.Es ist nur der menschliche Versuch, durchgeschlachtetes Opfer die Gottheit in ihren Entschlüssen undlungen magisch zu bestimmen.

So war Abraham mit Isaak zuletzt ganz allein gebliebe„beide so zusammen gingen",da fragte Isaak plötzlich:„Wo ist dasLamm zum Brandopfer? Da sprach. Abraham: Elohim wird sLamm zum Opfer ersehen, mein Sohn!"Abraham fühlt, daß ihmdort oben so oder so die höchste Offenbarung zuteil werdeund so will er mit seinem Opfer und Gott ganz allein sein.Opfer=

wege des Glaubens lösen sich dem Opfernden immer nur insals er sie geht und ihm von Gott eine letzte Lösung gegebenwird.Abraham vermochte zunächst auch Isaak keine Antwort zu wie Gott die Frage nach dem Opferlamm lösen werde. AbGlaubensgehorsam an den ihm gewordenen Auftrag erbaute Altar. Die göttliche Lösung der Frage nach dem Opferlamm er erst während seines Handelns.„Da rief ihm ein Engel Jahves vomHimmel zu und sprach: Abraham! Abraham! Er sprach: Hieich!Da sprach er: Strecke deine Hand nicht an den Knaben unihm nicht das Geringste; denn jetzt habe ich erkannt, daß du gfürchtig bist und hast mir deinen Sohn, deinen einzigen Sohn,verweigert."

Das war eine Lösung der Spannungen und Konflikte, einehebung der Gegensätze innerhalb der Offenbarung, wie alleinsie zu geben vermag.Jetzt begriff auch Abraham, daß es von GoSeite nur eine Prüfung, von seiner Seite jedoch eine erlebte Hgewesen war. Diese hatte Gott erreichen wollen.Nicht ein Menschen*opfer, nicht den Isaak als blutiges Opfer verlangte Gott.Daß Gottnicht Isaak als wirkliches Opfer haben wollte, ging bereits au

Auftrag hervor, den er indirekt dem Abraham durch einen himmlischen Diener geben ließ. Im Auftrage fehlt nämlich dascheidende Wörtchen „mir". Der Text lautet nur: „...und bringeihn dort hinauf für ein Ganzopfer auf einem der Berge!"Gott hättesolch eine Prüfung nie zulassen können, wenn er nicht gewußAbraham wird meinem Worte unbedingt gehorchen. „Hier bi

hatte er gesprochen, als ihm der Auftrag wurde. „Hier binsprach er, als durch einen zweiten Auftrag der erste aufge

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wurde. Welch ein Unheil wäre geschehen, wenn Abraham nsolcher unbedingten Glaubenshingabe an die göttliche Offengestanden hätte, und zwar auch da, wo eine zweite Offendie erste aufheben mußte!Nicht etwa das Blut Isaaks, Gehorsaan sein Wort wollte Gott als reifste Frucht im Glaubensleben hams erzielen.Ging dem ersten Menschen auf Grund seines Uhorsams gegen das Wort seines Schöpfers die Gemeinschaft mverloren, so fand Jesus als der zweite Adam seine Gemeinmit dem Vater allein im vollendeten Gehorsam gegenübeWillen seines Vaters. Jedes freiwillige Eingehen auf den Gottes bedeutete daher für den Menschen eine Rückkehr zuineinschaft mit Gott als seinem Schöpfer und seinem Vatedieser Linie liegt die Erlösung, zu der wir Menschen des Gldurch Jesus begnadet werden sollen.

Als Abraham erst den sichtbaren Erweis erbrachte,daß derGlaube auch das Letzte und Teuerste Gott als Ausdruck der H

gung und Anbetung zu bringen vermochte, da sorgte Gott selbdas eigentliche Opferlamm.Als Abraham nach diesem göttlichEingriff in seine Opferhandlung seine Augen aufhob, sah eWidder, der durch ein Dorngestrüpp an seinen Hörnern festgwuide. Da ging er hin und opferte das Tier an seines SohneIsaak empfing er jedoch wieder, und zwar als eine Gabe,die er hin*

fort nicht mehr selbst besaß, die für immer Gott geopfert warUnddie Geschichte Israels wird nicht eher zur Ruhe kommen, bdieses Ziel auch mit dem ganzen Volk erreicht haben wirHingabe des Höchsten und Letzten stand am Ende der GlaubeAbrahams. Sie steht auch am Ende der Geschichte Israels. EAbraham verstanden hat, versteht auch Gottes Absichten mit Volk. Wohl irrt es heute. Was wird es sein, wenn Gott wieddiesem Volk beginnen und es so erlösen wird, daß es auch denach Morija geht und in der Opferung seiner letzten und höGaben einen Ausdruck der Anbetung sieht! So steht die OpIsaaks am Ende der Geschichte Abrahams und wirft ihr prophlicht über die dunklen Jahrtausende des jüdischen Volkes unam Ende seiner Geschichte jenen Tag sichtbar werden,wo das ganzeVolk sich selbst Gott als ein Ganzopfer darbringenwird.

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Denn wozu Völker erlöst werden sollen, dazu wird IsraErstgeborener zuvor erlöst worden sein. Wenn die Offenbdavon spricht:„In ihrem Lichte1 werden die Völker wandeln, undie Könige der Erde werden ihr die herrlichsten Geschenke brTagsüber — denn Nacht wird es dort nicht geben— sollen ihre Torenie geschlossen werden, so daß man fort und fort die kostbaSchätze der Völker in ihre Mauern bringen kann",so muß Israelals Erstgeborener und als von Gott zunächst Berufener dazuwerden. Was wird das für eine Finanzverwaltung der Völke

wenn ihre Schätze und Kostbarkeiten nicht mehr dem MolocMachtgelüste und dem Wahn ihrer Selbstvergötterung geopferden, sondern in ihrer Hand auch zu einem Opfer gewordenin dem sich ihre Anbetung und Hingabe an Gott ausdrückt!

Was Wunder, wenn die Kirche des Neuen Bundes je unddiesem Opfer ein Vorbild auf das größte aller Opfer gesehe

Jesus als das Opferlamm schlechthin Gott dargebracht hat.seinem Kommen, Dienen und Leiden stand das Wort Abra„Siehe, hier bin ich!"Und als er erkannt wurde, wies der groGottesbote an den Ufern des Jordans auf ihn hin mit den W„Siehe, das ist Gottes Lamm!" In seinem Leben war alles Hian den Vater, alles Dienst unter den Brüdern, alles Leiden füWelt. Ohne sichtliches Eingreifen in den Verlauf der Geschichteer doch ein so völlig Neues, legte er den Anfang zu einem nicht von dieser Welt, wie es durch das Eingreifen NebukadXerxes' und Alexanders in das geschichtliche Geschehen ihrniemals erreicht worden war. Die Wirkungen dieser Größedam aligen Weltgeschichte verliefen „horizon tal", die W irkung„vertikal", bemerkt sehr treffend Paul Jäger in seinem Buch zu Christus". Bei Jesus handelte es sich um „eine VerfassunSeele", um eine völlige neue Stellung allem Geschehen gegenükam von Gott aus zum Menschen und führte daher den Menschder zurück zu Gott. Er sprach vom Vater, daher sahen die Meauch in Gott einen Vater, und zwar„voller Gnade und Wahrheit"Und um diese seine prophetische Heilandsmission ganz zu er

1 Nämlidb im Lichte des neuen Jerusalems, dessen Leuchte Gott uLamm sein werden (Offb.21,24 ff.).

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konnte er leiden und sterben, um der Welt die frohe BotsdiafErlösung bringen zu können. Die Welt, die ihn kreuzigte, vermit den W orten:„Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was tun!" Zum Propheten wurde er durch sein Wort, zum Priester sein Leiden, zum Heiland der Welt durch seine Auferstehung

„Da nannte Abraham den Namen dieses Ortes: ,Jahve schwelches heute also auszusprechen ist: ,Auf Jahves Berg wirdgeschaut.'" In diesem neuen Gottesnamen drückte Abrahamganze Tiefe und Fülle des von ihm Erlebten aus. Er hatteneuen Wesenszug in der Majestät seines Gottes entdeckt:„Auf

Jahves Berg wird man geschaut."Keine Tiefen unseres Seelenlebenkeine Beweggründe unserer Handlungen, keine Äußerungen Liebe und Hingabe bleiben hier dem Auge des Allmächtigeborgen. Wer sich auf Morija mit seinem Opfer meldet, wer daist, das Teuerste seiner Seele als Opfer Gott zu bringen, desich hinfort in seinem Leben von Gott verstanden wie nie

Wie hinfort die Welt das Opfer auch beurteilen mag, welcSprache selbst im engsten Jüngerkreise über solch ein Nardeiner Mariaseele geführt wird— man ist von Gott geschaut wordDer Glaube steht mit seiner Handlung im Frieden des götUrteils. Man zittert nicht vor Gott ob zurückgehaltener, ggebliebener Lebensgebiete. Denn man kann vor seinem Augeverbergen, und man hat nichts zu verbergen.Wer sich in seinerteuersten Gabe selbst geopfert, solch einer Seele ist es weit voller, daß Gott sie besitzt, als daß sie bestimmte Gaben vonbesitzt.Von Christus ergriffen, sucht sie Christus selbst zu ergrweil hinfort der Seele keine Gabe seine Person ersetzen kanGaben schwinden, ohne ihren Wert und ihre Bedeutung fWelt zu verlieren; Gott selbst aber wird größer und größer ganzen Majestät seiner sich offenbarenden Persönlichkeit.

15.Das Abendrot des Glaubenslebens1. Mose 23,1—25,18

Der Opferweg des Glaubens war die köstlichste und reifstein Abrahams Glaubensleben.Alles Empfangene von Gott wurde

Opfer zu einer Hingabe an Gott.Zwar sahen wir, in welche Seelen

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konflikte solch ein Opferweg auch die Glaubenden führenSchien doch mit dem Opfer der Zusammenbruch aller empfaVerheißungen und der ganzen Zukunft verbunden zu sein.Aber

Gottes Zukunft ist nie an eine Gabe gebunden,sondern an seindauerndes Geben und Wirken. Das Können Gottes erschöpftnicht mit der Geburt Isaaks, es reichte hinein in die AufersIsaaks. Heimkehrend mit Isaak als einer von Gott erneut emgenen Gabe begann für Abraham das Abendrot seines Glaulebens. Was hinfort noch den Tag beleuchtete, war der Abendder Erinnerungen an hinter ihm liegende Erlebnisse mit Gottfür das Glaubensleben Neues trat nicht mehr hinzu. Was sseinem Leben hinfort noch begab, waren bereits die Schattennahenden Nacht.

a) D e r To d S a r a h s

„Es war das Leben Sarahs hundert Jahre und zwanzig Jahresieben Jahre. Da starb Sarah in Kirjath Arba, das ist ChebronLande Kanaan, und Abraham zog sich zurüde, um um Saraklagen und sie zu beweinen."Bei der Hervorhebung der durch GotOffenbarung geweckten Grundsätze des Glaubens im Leben hams ist Sarah sehr stark zurückgetreten. Und doch war sie igroßen Entscheidungen und Handlungendie sich voll und ganz Mit=

beteiligende. Ohne Sarah wäre auch Abraham nicht der VatGlaubenden und Ahnherr des berufenen Volkes geworden. Desuch, ohne Sarah göttliche Ziele zu erreichen, führte in Ismeinem Geschlecht, das kein Verständnis für den Geist Abrhatte. Auch die Kinder der Ketura, die dem Abraham noch naTode Sarahs geboren wurden, konnten später von Gott nicht

geistige Erbe seines Berufenen hineingezogen werden.Diese einzigartige Stellung Sarahs als Weib in den Zelten hams ward begründetdurch ihr inneres Einssein mit dem Geisdes Glaubens ihres Mannes.War Abraham auch immer der zuerEmpfangende, so war Sarah doch stets die innerlich Mitemgende. Ihr Mitgehen war unendlich tiefer als das eines Lot. war sie auch mitbeteiligt an den Verheißungen, wie Lot esseiner Einstellung nie hätte sein können.

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Überaus feinsinnig spricht daher die jüdische Weisheit vo„Solange Sarah lebte, schwebte eine Wolke der Gottesgegüber dem Zelte; sobald sie gestorben war, wich diese WolkRebekkas Eintritt kehrte sie wieder." In den Worten kommdie Wertschätzung des Weibeszum Ausdruck, wenn dieses wirkliGenossin der Berufung und Mitträgerin der göttlichen MissioMannes ist. Wie manche Berufung eines Mannes scheiterteTages an seinem Weibe, weil es nicht eine Sarah, sondern nuHagar oder eine Ketura war! Mutter zu werden vermag aucHagar; dem Abraham aber einen Isaak zu gebären, vermag nSarah, die im Geiste der Berufung ihres Mannes lebt.

Zwar war Sarah die Schwächere,aber dodi die stets MitbeteiligteGelegentlich erfaßte sie die einzelnen Situationen weit richtiAbraham, so z. B. bei der Ausstoßung Ismaels. So hart diesan sich zunächst auch war, so hing doch die Zukunft Isaaksab. Dieses Leben erlosch nun mit hundertundsiebenundzw

Jahren. Der biblische Bericht nennt uns die Zahl getrennt einzelnen Stufen:„Es war das Leben Sarahs hundert Jahre unzwanzig Jahre und sieben Jahre."Von hinten beginnt der Berichund bezeichnet zunächst das Frauen= und Greisenalter, dies uhundert Jahre; dann das reife Jungfrauenalter, dies zählte zJahre, und zuletzt das zarte Kindesalter von sieben Jahren.

Das macht doch erst ein Leben reich und inhaltsvoll, wein der Vergangenheit gewonnene Segen als bleibendes undwirkendes Gut mit in die Zukunft hinübergenommen wirdsind die einzelnen Lebensphasen kein verrauschender Traunichts zu hinterlassen hat. Dann beweint man nicht das veunschuldige Kindesalter, wenn die reiferen Jahre mit dem Erden Pflichten eines Weibes und einer Mutter kommen. Dann man nicht im Greisenalter um die Unschuld der Jugendjahman als Weib und Mutter etwa verloren hätte. Denn jede sLebensstufe war an sich rein, an sich heilig und an sich schöerst alle zusammen machten die„Jahre des Lebens Sarahs"aus.

Es ist verständlich, daß Abraham den Verlust seiner Sarschwer empfand. Es gab für ihn nur eine Sarah, und es auch nur eine für ihn geben. Und schaut die jüdische Nation

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nodi mit soldier Hodiaditung auf den Stammvater ihres Gessie darf es mit nidit geringerer auf Sarah, die Mutter des jüVolkes, tun. Ein Volk, das soldie Mutter hat, wird im Verla

Gesdüdite niemals Gelegenheit haben, sidi ihrer zu sdiämetief Abraham den Tod Sarahs empfand, erkennen wir ausKlage um sie:„Und Abraham zog sich zurück, um um Sarahklagen und sie zu beweinen/'Es gibt Klagen, die auf der Straße nzu hören sind. Denn wahrer Schmerz sudit nidit die öffenter zieht sidi zurück, um mit Gott allein zu sein.Die tiefsten Lösun*gen seines inneren Wehs erlebt der Mensch nur in der StillGott. Hier lernt er audi das Sdiwerste in einem Lidite seheMenschenworte es niemals beleuchten konnten. Hier gewiSeele das innere Gleichgewicht wieder, eine neue Glaubenszu den unabwendbaren Geschehnissen, in der sie mit Paulus zdien vermag:„Denen, die Gott liebhaben, müssen alle Dinge Guten, d. h. zum Heil, mitwirken."

Offenbar erst, nachdem er sich von Gott getröstet sah,„erhobAbraham sich aus der Gegenwart seines Toten und sprach zSöhnen Chets also: Fremdling und Beisasse bin ich bei eucge-währt mir ein Grabeigentum bei euch, damit ich meinen Totemeinem Anblick begrabe!"Gottes Berufung hatte Abrahams Lemit dem Ledi=I'cha, dem Gehe=für=dich=allein, für immer de

rakter eines Fremdlings und Beisassen gegeben. Der Grund innerlicher. Solange Abrahams Glaube nicht auch den Boder bebaute, und die Umgebung mit ihren Verhältnissen, inlebte, mit in den Geist des Glaubens hineinziehen konnte, bein Fremdling unter seinen Zeitgenossen. Wer selbst in einemlebt, alles Empfangene im Opfer zu einer Anbetung vor Gott

zu lassen,kann niemals in einem Geschlecht und in einem Zeiheimisch werden, wo sich der Mensch in seinen HandlungeKulturschöpfungen bestimmt sieht durch den Geist der Selbund der Selbstverherrlichung.

Da ließen die Söhne Chets dem Abraham sagen:„Höre uns,mein Herr, ein von Elohim Geadelter bist du in unserer Mitdem erlesensten unserer Gräber begrabe deinen Toten; keineuns wird dir sein eigenes Grab entziehen wollen, deinen Tot

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begraben."Das jahrelange Zelten Abrahams neben den Hethwar nicht ohne tiefen Eindruck auf diese geblieben. Man hainnerliche Hochachtung vor dem Fremdling gewonnen, der imden neben ihnen seine Herden auf den freien und unbenWeideplätzen gehütet hatte. Sie nannten Abraham einen „GeGottes" und sprachen damit eine tiefe Wahrheit aus, wennihrem Munde vielleicht auch nur eine morgenländische Höflicform war. Denn bald stellte es sich während der ganzen Verhaheraus, daß man doch nicht ohne eine entsprechend hohe Kaudas von Abraham erbetene Erbbegräbnis abtreten wolle.schlaue Hethiter sagt der Form nach ,ja', in der Sache ,neinnur um einen sehr hohen Preis."

Auch Abraham wollte sich um keinen Preis das Erbbegschenken lassen. Seine Annahme als Geschenk hätte ihmRespekt, den er bei den Hethitern besaß, wieder genommendurfte man nicht, wie David später sagte, als der Tempel

werden sollte, mit Geschenktem opfern1. Und das Grab war so

heilig wie der Altar. Außerdem war es auch Liebe zu Sarah, bewog, das Grundstück als Erbbegräbnisstätte zu erwerben. Sauf eigenem Besitz begraben werden. Neben ihr wollte aspäter seine Ruhestätte finden, und zu Sarah und zu ihm solltIsaak und seine Söhne versammelt werden. Als endlich der K

den Söhnen Chets vor den Augen aller, die sich vor dem Sversammelt hatten, abgeschlossen war,„begrub Abraham seine FrauSarah in der Höhle des Feldes des Madipela vor Mamre, daHebron, im Lande Kanaan".

So ging das Höhlenpaar Machpela über in den Besitz AbrEs wurde hinfort als Erbbegräbnis der abrahamitischen Familvon den Hethitern heilig gehalten. Denn eine durch Kauf erwGrabstätte wurde von ihnen wie ein Heiligtum respektiert uhandelt. Und hier in seinem rechtmäßigen Eigentum, im Erbezukünftigen Geschlechter, bestattete Abraham das Liebste, ddas Leben hatte geben können: Sarah, die Genossin seiner Bedie Freundin seines Lebens, die Mutter des verheißenen Gescdem die Zukunft gehören sollte. Abraham verband mit dem

1 2. Sam. 24,2 4.

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mithin auch die Erwartung, daß das Land einmal EigentumNachkommen werden würde. Seinem Glauben und seiner Erwgehörtees bereits jetzt, und zwarauf Grund einer empfangenenVerheißung, seinen Nachkommen jedoch erst nach vielen Jaderten.Welchen Inhalts eine göttliche Verheißung auch immeist,ihre Erfüllung sieht die Geschichte immer erst dann, wenn GStunde gekommen ist.Für Abraham und seine unmittelbaren Nakommen konnte diese Verheißung noch nicht ihre Erfüllung denn „nochist nicht voll die Schuld des Amoriters".

b) Abrahams hohes Alter„Abraham war alt geworden, war hineingekommen in die

und Jahve hatte Abraham in allem gesegnet."Selten schön faßt hierder biblische Bericht das Gesamtergebnis von dem GlaubenAbrahams zusammen. Er war alt geworden, war in die Tage h

gekommen und warin allem gesegnet. Die hebräische Sprache zwei Ausdrücke für den Begriff „alt",die jedoch ganz verschiedenevom Alter aussagen. Das zweite Wort: „jaschan" bezeichneAbnutzung der Kräfte, ein Erschlaffen und Dunkelwerden".sind auch aus dieser Wurzel die beiden Substantive gebildderSchlaf und das Dunkel. Das erste Wort dagegenfür alt: „ßaken"bezeichnet „den durch die Lebensarbeit errungenen Gewinn, dder Persönlichkeit". Dieser Begriff ist hier zur Bezeichnung deAbrahams gebraucht.

Denn es gibt ein Leben, das altert nicht.Dies ist das Leben desGlaubens. Der Sänger des 92. Psalms kann daher von den Gebezeugen, d. h . von denen, die „gepflanzt sind im Hause des H„Noch im Alter tragen sie Frucht, sind saftig und frisch,zu verkün=digen, wie treu Jahve ist, mein Fels, und daß nichts Unrechteanihm sei1." Obgleichin der gegenwärtigen Schöpfung geboren, soes doch nicht Leben der gegenwärtigen Schöpfung. Wahres bensiebensah sich von Fallzu Fall durch göttliche Offenbarungeweckt, wurde in seinen Handlungen von göttlicher Kraft gund wußte sich in seinem Ziel für die Ewigkeit bestimmt. Leb

aus der Ewigkeit gewirkt wurde, so zeitlich und menschlich e1 Ps.92,13 ff.

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in seinen Erscheinungen war, für die Ewigkeit sich aber bweiß,das altert nicht. Schon die alten Weisen Israels sagtenist, wer beide Welten erobert."

Wahrlich, der hat nicht vergeblich gelebt, „der mit seinem wärtigen Dasein beide Welten erworben,die diesseitige fürdie zu=künftige, indem er der hieniedigen oder gegenwärtigen WStempel des Göttlichen aufdrückte". Ein Leben, das wie daAbraham in Gott selbst zur Ruhe gekommen und im UmgaGott seine verborgenen Kraftquellen gefunden,ist durch die Zeitnicht verbraucht worden, hat im Dienst seine Kraft nicht eingist im Kampf nicht zusammengebrochen.Was in solch einem Lebeim Alter erschlafft, oder was dunkel werden will, das sind dphysischen Kräfte, das ist der stoffliche Organismus, in deigentliche geistige Persönlichkeit des Menschen sich auswirdas Leben auch reich an Dienst undKampf, brachen in ihm auchmanche Stützen und Hoffnungen zusammen, ging es auchmanche Irrungen und Entmutigungen hindurch— alles trug nur mitdazu bei, daß die im Umgang mit Gott stehende Persönlichjenem Alter ausreifte, das zwei Welten gewonnen hat.

Solchen „Alten" wird nicht erst der Tod zu einer PforteEwigkeit, bereits das Leben war ihnen zu einer solchen Pforworden. Ihnen bricht im Tode nicht alles Gewonnene zusam

sie nehmen das Unvergängliche mit, das ihnen bereits im durch den Verkehr mit Gott wurde. Nicht das Leben brichtbeim Sterben zusammen, nur das irdene Gefäß, die stofflichwohnung, mit der das Leben in der diesseitigen Welt zusahing, erliegt dem Tode. Eine liebe alte Freundin, die ihre Jahre noch in den Franckeschen Stiftungen in Halle verlebte

uns durch ihre sie pflegende Schwester von ihrem Sterbebeden Gruß: „Grüße mir die Sterbenden, ich gehe heim zu den den!" Ihr mit Christo in Gott verborgenes Leben hatte nicht ges brach nicht im Tode zusammen. Es verließ nur das Unvomene, um in das Vollkommene und Vollendete einzutreten. WLeben durch Offenbarung wie das eines Abraham in den Chdes ewigen Lebens hineingezogen werden konnte, dem wurddie Erde zu einer Stätte des Göttlichen, zu einem Tempel des

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sten, in dem er die Gegenwart und Herrlichkeit des unsichtbarenGottes sah. Daher bezeugt der Sänger des 92. Psalms von den Ge=rechten, die „gepflanzt sind im Hause des Herrn": „Nodi im Altertragen sie Frucht, sind saftig und frisai, zu verkündigen, wie treuJahve ist, mein Fels, und daß nidits Unrechtes an ihm sei 1."

Es ist daher auch in unserem Bericht sehr bezeichnend, daß esvon Abraham nicht heißt: er ging aus den Tagen seines Lebenshinaus, sondern „war hineingekommen in die Tage". Die Tagehatten nicht ihn überwunden, er hatte sie durchschritten, sie waren

ihm „die Meilenzeiger zur Ewigkeit", die Erntetage seiner Segriun*gen, die zeitlichen Hüllen für Gottes Herrlichkeiten. Was er in Gottgefunden, war ihm durch die einzelnen Tage geworden; was ihnin seinem Leben so reich gemacht hatte, waren die einzelnen Seg*nungen, die mit jedem Tage verbunden gewesen waren.

Abraham schaute nicht auf verlorene Tage zurück. Ihm war das

Leben nicht ohne bleibenden Gewinn gewesen. Er hatte vielmehr ausallem einen Segen von Gott gewonnen. Das machte sein Alter reichund schön, voller Friede und Reife. Denn der wahre Segen einesLebens besteht nicht in dem, daß einem Menschen alles gelungenist, er viel geschaffen und gewonnen hat, von körperlicher Gesund»heit und von Lebensmut getragen wurde, sondern daß ihm in allemErlebten ein Segen von Gott werden konnte. Mancher lebt scheinbarim äußeren Glück und fühlt sich doch wie in einer Hölle. Manchemscheint alles gelungen zu sein, und er beweint doch sein Leben alsverlorene Tage. Was jedoch die Gerechten an Segen besitzen, dasdrückt sie nicht, sondern erfreut sie und gibt ihrem Herzen immerwieder die Inspiration zur Anbetung Gottes im Geist und in derWahrheit: „Gepriesen sei der Herr! Er trägt uns Tag für Tag, derGott unseres Heils! Dieser Gott erwies sich stark zu unserem Heil;Jahve, der Herr, hat Auswege aus dem Tode 2."

c) Die Miss ion Eliesers

In dieser Mission handelte es sich um die Werbung eines Weibesfür Isaak. Abraham wußte, was ihm Sarah gewesen war, und daß

1 ?s. 92,13 ff.2 Ps.68,20 ff.

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nur von ihr ihm ein Sohn hatte werden können, der der geiErbe der göttlichen Verheißungen für die Zukunft werden kSollte sich Gottes Berufung weiter auswirken, dann müsse auc

nicht nur irgendein Weib haben, das ihm Söhne und Töchter ken könnte. Auch ihm müsse eine Genossin seiner Berufunschenkt werden, die begnadet sei, im Geiste einer Sarah dienungen und Pflichten zu teilen, die mit dem Leben Isaaks versein würden. Abraham behandelte daher auch diese Frage alleStandpunkt des Glaubens aus. Er tat es, damit Gott mit der F

Isaaks zum Heil der Welt fortsetzen könne, was er mit seiner begonnen hatte.Welch einen heiligen Ernst Abraham dem Suchen nach

Braut für Isaak beilegte, geht aus dem ausführlichen Bericht der uns die Brautwerbung durch Elieser, den ältesten Knecht Zelten Abrahams, schildert.„Da sprach Abraham zu seinem Knechtdem ältesten seines Hauses, der über alles Seine waltete: Legedeine Hand unter meine Hüfte! Ich will dich bei Jahve, demdes Himmels und dem Gott der Erde, schwören lassen, daß dmeinen Sohn keine Frau von den Töchtern des Kanaaniters nein dessen Mitte ich wohne; vielmehr sollst du zu meinem Lanmeiner Verwandtschaft gehen und eine Frau für meinen SohnIsaak, nehmen ... Jahve, der Gott des Himmels, der mich von m

Vaters Hause und von dem Lande meiner Geburt genommenüber mich ausgesprochen und der mir geschworen hat also: DeSamen gebeich diesesLand, der wird seinen Engel vor dir hersendeund du wirst ein Weib von dort für meinen Sohn nehmen. aber die Frau nicht einwilligenwird, dir nachzufolgen, so bist dufrei von diesem meinem Eide, nur meinen Sohn bringe dorthin

zurück!"Diese Worte Abrahams an den ältesten Knecht seines H

beweisen, wie ernst Abraham seine göttliche Berufung und diverbundenen Segnungen und Aufgaben erfaßt hatte. Als Efragte, was er tun solle, falls ihm das Weib nicht würde fwollen, antwortete Abraham mit großer Entschiedenheit:„Hüte dich,

daß du meinen Sohn dorthin zurückbringst!" Das ist Radikaldes Glaubens, Einseitigkeit der Berufenen, Treue einer vollzo

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Hingabe:Auf dem Wege der Rüdekehr konnte nie die Zukunft liegen. Berufene kehren nicht zu der Welt zurück, die sie aufgöttlicher Berufung verlassen haben. Sie haben eine höhere A

Sie wissen sich begnadet, die Welt auf den Boden ihrer Berufziehen.Nicht die Kirche kann Welt werden; denn dann hört sieKirche zu sein; die Welt soll vielmehr durch ihre Mission Kwerden.Denn Abraham sah sich nicht etwa nur vorübergehendem Geiste seiner Umgebung herausgeführt, sondern innerlicWesen nach. Eine Rückkehr Isaaks wäre ein Verlassen der bish

Offenbarungslinie und ein neues Sich=Erschließen. dem GeiWelt gewesen. Auf dieser Ebene konnten sich jedoch niemagegebenen Verheißungen erfüllen. Falls die Frau nicht demEliesers folgen wolle, so soll der Knecht frei sein von demden er Abraham gegeben hatte.Das ist entweder Fanatismus inhöchster Ausprägung oder Entschiedenheit des Glaubens, heraboren aus tiefstem Verantwortungsbewußtsein Gott gegenübe

Elieser schwor dem Abraham, zog nach Mesopotamienunter Gottes sichtlicher Führung ins Haus Bethuels, des SohnMilka, und warb um Rebekka1, die Tochter des Hauses. Denn asie bei seiner Ankunft die Kamele tränkte, da hatte Elieser gedaß diese Jungfrau die sei, die Gott für den Sohn seines erkoren habe. Nachdem er dem ganzen Hause erzählt hattdem Reichtum und dem Segen Abrahams, und wie Isaak der Erbe sei, und welch eine Mission ihm geworden war, da antwalle in Bethuels Hause:„Von Jahve ist die Sache ausgegangen, wkönnen dir nichts Böses oder Gutes sagen. Hier ist Rebekka vonimm sie und gehe, sie werde Frau dem Sohne deines HerrnJahve gesprochen!"

Als daraufhin Rebekka gerufen und ihr die Frage vorwurde:„Willst du mit diesem Manne gehen?",antwortete sie in gro=ßer Entschlossenheit:„Ich will mit ihm gehen."Darauf nahm Eliesersie und ihre Mägde und zog mit seinen Kamelen zu seinem zurück. Eines Abends, als Isaak hinausgegangen war aufs Fe„dahob er seine Augen auf und sah, siehe da, kommende Kamel

hob auch Rebekka ihre Augen auf und sah Isaak, da Heß sie1 Die Fesselnde (durch ihre Schönheit).

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vom Kamel hinab." Als nach dieser Begegnung Elieser die wunder*bare Führung Gottes während seiner ganzen Reise erzählt hatte,da brachte Isaak sie ins Zelt seiner Mutter Sarah. „Er heiratete

Rebekka, sie ward ihm zum Weibe, und er liebte sie, und da ersttröstete sich Isaak um seine Mutter."

Welch ein zarter Hauch ist über die ganze Begebenheit ausge=gössen! Wo es unter so sichtbarer Gottesführung zu einer Ehekommt, „da ist die Hochzeit nicht Blütengipfel, sondern Wurzelkernder Liebe". Und erst mit dem Eintritt Rebekkas in das Zelt Sarahs

sah sich Isaak getröstet ob des Verlustes seiner Mutter. Wer in solcheiner Liebe die Mutter schätzt, wird auch sein Weib schätzen undseine Liebe auf sie übertragen. Abraham jedoch sah in allem wunder=bar die Frage gelöst, die ihn in bezug auf die Zukunft Isaaks tiefbewegt hatte. Der Geist und die Willigkeit Rebekkas, dem Mannezu folgen, war ihm eine Garantie, daß sie sich unter dem EinflußIsaaks auch in jene Berufung würde hineinziehen lassen, der dasLeben und die Zukunft Isaaks gehörte.

d) Abrahams zweite Ehe und Tod

„Abraham nahm wieder eine Frau, und die hieß Ketura 1." Mitdieser Wiederheirat Abrahams sind verschiedene Schwierigkeitenverbunden, die nicht einfach zu lösen sind, die man vielmehr inihrem Umfang stehenlassen muß. Nach Kap. 17,17 fiel Abrahamauf sein Angesicht und lachte und sprach in seinem Herzen: „Sollmir, dem Hundertjährigen, ein Kind geboren werden und Sarah, dieNeunzigjährige, gebären?" Der vorliegende Bericht erzählt nun, daßAbraham noch fünfunddreißig Jahre mit der Ketura gelebt habe undsie ihm noch sechs Söhne schenkte. Man hat nun in Fachkreisen

darauf aufmerksam gemacht, daß: „nahm wieder eine Frau" nichtheißen kann: „er heiratete wieder nach dem Tode der ersten Frau",sondern voraussetzt, daß Sarah noch lebte. Der Abschnitt liegt alsozeitlich vor Kap. 23 und selbst vor Kap. 17 oder schon vor Kap. 14.Wie es undenkbar ist, daß sich unter den siebzig Seelen Jakobs nureine Tochter und nur eine Enkelin (Kap. 46,17: Serach) befunden

habe, so wäre es höchst unwahrscheinlich, daß Abraham bei der1 Der Wohlgeruch, die Duftende, der Weihrauch.

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schenke und schickte sie, noch während er lebte, fort von sSohne Isaak, ostwärts zum Lande des Ostens",d. h. in die syrisch=arabische Wüste.

Wohl in der klaren Erkenntnis, daß der Einfluß der Keturanicht zum Segen für Isaak sein würde, entschloß Abraham sdiese räumliche Scheidung. Es war eine seiner letzten Taten, seiner Berufung in Verbindung standen. Sein Dienst war getFortsetzung mußte im Leben Isaaks liegen. Als Abraham hfünfundsiebzig Jahre alt war, starb er, und seine beiden Söhnund Ismael begruben ihn in der Machpela=Höhle, wo auchbegraben lag.

Selten reich und selten groß war das Leben geworden, din Haran oder bereits in Ur in Chaldäa von Gott berufen sWeg des Glaubens und Gehorsams zu gehen, um ein Segen Welt zu werden. Abraham war gefolgt, und Offenbarung umbarung war ihm geworden.Sie hatten ihn in seinen Entschlüssbestimmt und ihn in seinen Handlungen geleitet.Das Ergebnis warein Wandel mit Gott, der aus einer untergehenden Weltohinausführte und eine neue für die Zukunft einleitete. Wie tidie Kirche Christi je und je fühlte, was sie diesem Leben debens mit seinem Zeugnis verdankt, kommt darin zum Audaß in der späteren Geschichte Gott als „der Gott Abraham

nannt wurde. Alle Glaubenden der bisherigen Jahrtausendesich nie geschämt, Abraham als den Vater der Gläubigen zu bnen. W en n sein Leben auch auf Erden mit hundertfünfundJahren schloß, der geistliche Ertrag seines Lebens wirkt sichnoch aus, selbst in unserer allermodernsten Zeit und KulturAbra=harn stand mit der Ewigkeit in Verbindung, daher hinterli

unvergängliche Werte Und wies die kommenden Zeitalter unGe»schlechter über sich selbst hinaus zu dem Gott der Offenbarunzu ihm gesprochen hatte: „Ich will dich segnen! Werde dSegen!"

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III.Isaak oder der Segen der Verheißung und der Kindsc(1. Mose 25,19—27,40)

1. Isaak und seine zwei Söhne1.Mose 25,19—34

Von dem reichen Glaubensleben Abrahams kommend, trittmanmit hohen Erwartungenan das Leben Isaaks heran.Man glaubt,berechtigtzu sein,in ihm die Fortsetzungvon dem geistigen Höhen*flug des Glaubens seines Vaterszu finden.In dieser Hinsicht wird

man jedoch enttäuscht.In Isaak setzte sichnur in Ruheund unterdem Segen Gottes fort,was bereits Abraham erschlossen wordwar. Wesentlich Neuem begegnetder Leser in dem GlaubenslebenIsaaks nicht. Isaaks Leben tritt daher auchin der Erzvätergeschichtevor dem seines Vaters Abrahamund vor dem seines Sohnes Jakobstark zurück. Seinem Leben fehlendie schöpferischenund selbstän=digen Charakterzügedes Glaubens Abrahamsund die schwerenundwechselvollen Erlebnisse eines Jakob.

Wäre es dem ersten Buch Moses darumzu tun gewesen,vonjedem der drei Erzväterein erschöpfendes Lebensbildzu geben,sowäresie auch viel näherauf das Leben Isaaks eingegangen.Was sieim Blickauf die Gesamtgeschichte Israels festzuhalten suchte,warenaber nur die großen entscheidenden Aufgaben,die jeder der Väterim Gesamtplanzu erfüllen hatte.„Die Ecksäulen sind AbrahamundJakob,Isaak sollals verbindendes Mittelgliedvon einem zum andernfuhren. Sein Leben verläuft gleichmäßig ohne Bruchmit der Vergan=genheit."Er genießtden Segen einer reichen Kindschaftund einerdie Zukunft umspannenden Verheißung.„Er ist in Kanaan geborenund auch gestorbenund brauchtenie auszuwandernwie die beiden

anderen. Auch sein Nameist nicht geändert wordenwie der seinesVaters Abrahamund der seines Sohnes Jakob."Und dennochwar auch Isaaks Lebenein unentbehrliches Glied

im Blickauf die kommende Gesamtgeschichte Israels.Im WirkenGottesist auch jedes kleinere Leben wertvoll.Er begnadetund adeltes zu einem unentbehrlichen Beitragzur Vollendungdes Ganzen.

Wie oft erhöhten innerhalbder Reichsgottesgeschichte erst kleineDingeden überragendenund entscheidenden Wert der großen!Denn

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alle drei Glaubensväter verkörperten in ihrem Charakter und inihrer Lebensführung prophetisch das, was Israel in seinem Gesamt=bestand in der Welt sein sollte. Abraham mit seinem Offenbarungs=

leben sollte Israel in der Völkerwelt zu einem Offenbarungsträgermachen. Isaak in seinen reichen Segnungen ließ erkennen, daß Israeltrotz allem Neid der Völker doch der von Gott Gesegnete werdenwürde. Jakob in seinen schweren Dienstjahren zeigte im voraus, daßIsrael zeitweilig ein Knecht der Völkerwelt sein werde. Joseph, Jakobszweitjüngster Sohn, mit seinen dunklen Leidenswegen, beschriebwiederum prophetisch Israels schwere Leidenszeiten. Es gibt nichtsEntscheidendes und Charaktervolles in dem Leben dieser Väter, dasnicht in weit größerem Ausmaße in der Geschichte und im LebenGesamt=Israels wiederkehrte. Ihr Leben war eine Prophétie von derkommenden Geschichte des berufenen und begnadeten Gottesvolkes.

a) Isa aks se lb st änd i ges Glauben sl eben

Wir haben gesehen, welche Sorge Abraham erfüllt hatte, als erfür Isaak ein Weib suchen ließ. Nur eine vom Geist des Glaubenserfüllte Gattin konnte Mutter jenes Geschlechts werden, das Trägerund Dolmetscher der großen Verheißungen Abrahams für die Zu=kunft werden sollte. Trat nun in Isaaks Glaubensleben auch nichtetwas unerwartet Neues ein, so begegnet uns in ihm doch von An=

fang an eine bestimmte Selbständigkeit der einzelnen Glaubens*handlungen. Nicht allein in der Tradition, im Geiste seines Vaterslebte Isaak. Das machte auch sein Leben zu einem Original. Unterder Pflege der Tradition allein fehlt dem Leben das Schöpferische.Ohne die Kraft eines schöpferischen Geistes fehlt aber jeder Gegen*wart die Vollmacht zur Schaffung einer neuen Zukunft. Geschieht"

liehe Offenbarung muß erlebte Offenbarung werden, wenn sie in derGegenwart dasselbe bewirken soll, was sie in der Vergangenheitbewirkte. Isaak konnte nicht von den Segnungen Abrahams leben.Sie mußten von ihm neu erlebt werden, wenn sie als Erbe seingeistiges Eigentum werden sollten, um es alsdann der Zukunftweiterzuvererben.

Sein erstes Erlebnis war eine sehr klare Gebetserhörung. Isaakwar vierzig Jahre alt, als er Rebekka, die Tochter des Aramiten

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Bethuel aus Padan=Aram, zur Frau erhalten hatte. Allein trgöttlichen Verheißungen an Abraham war auch Rebekka unfruZwanzig Jahre ließ Gott Isaak auf einen Samen warten. Den

die Fortsetzung der israelitischen Geschichte sollte auf Erberuhen.Israel ist nicht eine natürliche Selbstverständlichkeit inVölkergeschichte, sondern eine alle Welt überraschende GSchöpfung.

„Da flehte Isaak zu Jahve in betreff seiner Trau; denn sieunfruchtbar1/' Das ist stets die Art des Glaubens, daß er in seOhnmacht seine Zuflucht zu Gott nimmt und seine Nöte zum stand des Gebets macht. Er weiß, daß, wo er nicht mehr kanimmer noch kann, und daß er seine Angelegenheiten zu Angheiten Gottes machendarf. Im Leben der Glaubenden gibt es keso kleinen Dinge, daß sie in Gottes Augen wertlos wären. Angelegenheit hatte jedoch einen sehr schweren Inhalt. Er daß er berufen sei, die von Abraham empfangene VerheißungSohn von der Rebekka weiterzugeben.

Gott antwortete Isaak auf sein anhaltendes Flehen. Rewurde schwanger.„Da stießen sich die Kinder heftig in ihremMut=>terschoße. Und sie sprach: ,Wenn dem so ist, warum bin ichUnd sie ging hin, Jahve zu befragen/'Die Entdeckung, daß sieZwillinge in ihrem Schöße trug und diese sich heftig stießen, Rebekka schwere innere Not. Nach damaliger Vorstellung wein schlimmes Vorzeichen vom späteren Streit der Kinder. Außkannte sie ihre Bestimmung, Mutter eines Erben der Verheißwerden. „Wozu bin ich dann das Weib Isaaks geworden? Waich dann noch für einen Lebenszweck?" Um aus diesem iKonflikt herauszukommen, entschloß sie sich, hinzugehen, u

Herrn zu fragen. Denn Isaak lebte damals mit seinen ZelteHerden in der Nähe jenes Hagar=Brunnens, der auf Grunbekannten Erlebnisses der ägyptischen Magd auf ihrer FlucSarah den Namen trug:„Brunnen des Lebendigen, der nach mschaut2." Der Name legte dauernd Zeugnis davon ab, wie wundGott in Hagars Not eingegriffen hatte. Warum sollte diese

i Kap.25,21.* Kap. 24,62.

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nicht auch ihr helfen, die sie unter der Frage innerlich litt, wZukunft aus den beiden Kindern unter ihrem Herzen werden wDiese Zuversicht hatte offenbar Rebekka bestimmt, hinzugehGott zu fragen.

„Da ließ Jahve.ihr sagen: Zwei Völker in deinem Schößezwei Nationen, von deinem Innern an werden sie sich scheideeine Nation wird mächtiger werden als die andere, und der Stäwird dem Schwächeren dienen."Rebekkas Sorgen wurden für Gozu einer Gelegenheit der Offenbarung. Ohne diese Grundlage

Seele der Rebekka wäre das, was Gott ihr enthüllen wolltekaum verstanden worden. Die Ewigkeit wird es einst enthülleGottes Offenbarungen in der Regel erst dann erfolgen konntendie Seele des Menschen zu deren Empfang vorbereitet wordeEs war ein sehr gewöhnliches und natürliches Erlebnis einer an das Gott seine Offenbarung knüpfen konnte. Unzählige vor Rebekka und nach ihr haben unter gleichen Umständen derlebt. Wie wenige haben aber gefragt, was sie fragte! Daherauch so wenige von einer ähnlichen Gottesantwort zu sagenmocht, wie sie sie erlebte.Nicht das unterscheidet die Glaubendevon anderen Menschen, daß sie sich anders und besser durchWelt geführt sehen, sondern daß sie die Dinge des Alltags mitdurchleben, und daß durch diese Gott ihnen etwas zu sagen ve

Rebekka fragte:„Warum bin ich da?"Aus Gottes Antwort tretenzwei große Zukunftsbilder vor ihre mütterliche Seele. Das vgeborene Leben der Zwillinge wird in der Zukunft „zwei verdene soziale Gestaltungen repräsentieren": eine Nation, diGröße auf das Göttliche im Menschen erbaut; eine andere, dGröße in Schlauheit und Macht suchen wird.Geist und Macht, Sitt*

lichkeit und Gewalt werden einander gegenüberstehen.Eine Nationwird immer mächtiger sein als die andere. Die Schale wirdwährend schwanken zwischen Gemeinde und Staat. Die ganzschichte ist nichts als einKampf, ob Geist oder Schwert, ob— wiedas Wort der (jüdischen) Weisen diesen Gegensatz später ausd— Jerusalem oder Cäsarea das Herrschende sein soll1.

1 Es ist das Casarca in Juda, das der Sitz der römischen MaPalästina war.

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Nach dem hebräischen Texte heißt es nicht:„Der Ältere wirddem Jüngeren dienen."Denn der Ausdruck für „Ältere" bedeunicht „der Ältere", sondern „der an Zahl und Macht Größeredennoch wird dieser in Zukunft eines Tages dem SchwächerGeringeren untergeordnet werden. Der Glaube sieht hier wie iFernschau,daß in der Geschickte niàit die mit Schlauheit vermäbrutale Gewalt, sondern die vom Geist getragene und geleitetelidie Kraft den endlichen Sieg davontragenwird. Nicht der Gewalt,dem Geiste gehört die Zukunft; nicht der Schlauheit, der Erk

beugt sich das Leben; nicht der ungebundenen Sinnenlust, deliehen Kraft gehört der Aufbau der Völker. Aus diesem Kamdie Welt auch heute noch nicht herausgekommen:Esau und Jakobringen im Schöße der Gegenwart um die Vorherrschaft in dekunft. Der Kampf wird nicht schweigen, bis der in seiner Liebedem gegeben worden ist alle Gewalt im Himmel und auf Erd

b) Esaus und Jakobs Geburt

Dieser Kampf ist nicht äußerlich, er ist innerlich begründeist durch das spätere Leben und die damit verbundene Entwivon Esau und Jakob offenbar geworden.„Als nun ihre Tage vollwaren zum Gebären, siehe, da waren Zwillinge in ihrem ScEs kam der erste hervor, rotwangig, ganz wie ein haariditer Msie nannten ihn Esau. Nachher kam sein Bruder hervor, seine Esaus Fersehaltend, den er Jakob nannte; Isaak war sechzig Jahalt, als sie sie gebar."Rotwangig, d. h. im Zeichen gesunder Lebefrische und am ganzen Körper mit weichem Haar bedeckt, train die Welt. Da reiches Haar bei Neugeborenen immer ein Zvon einem reichen Überfluß im Kinde schlummernder Kräftenannten ihn alle, die bei der Geburt zugegen waren, „Esau".wollte man eigentlich andeuten, daß das Kind das „Leben" u„abwehrende Kraft" in Fülle gleich mit zur Welt gebracht hab

Als Zwillingsbruder wurde nach Esau Jakob geboren. Daßder Geburt mit seiner Hand Esaus Ferse hielt, war Isaaks Blickeentgangen, und er nannte ihn daher „Jakob", d. h. der Hintekommende. Er ließ Esau zwar den Vortritt, kam aber nach, wenals der Schwächere und Geringere. Es ist ja bekannt, wie erst

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listiger Betätigung.Er war ein Mann ,„der den Fang verstand",undin dieser Hinsicht ganz verwandt mit Nimrod. „Der Jäger verstehen, äußerlich ganz unschuldig zu erscheinen und den Gken des Verderbens still im Herzen zu verbergen/' Von dCharakterzug wurde die ganze Lebenshaltung und Zukunftbestimmt. Aber das war überhaupt das Bestimmende und Tin der damaligen alten Welt. Es war das geistige Erbe, das Lamech und Nimrod übernommen und zur Grundlage ihrer Eihrer Kultur und ihrer Staaten gemacht hatte. Aus dieser G

Sphäre war Abraham aber herausgerufen worden. Er sah sich auf einer völlig neuen Lebens= und Zukunftsbasis seine Zaufzubauen, auf der der Offenbarung und des Glaubens.Esaus Geistund Abrahams Glaube waren zwei ganz verschiedeneWeltanschau*ungen, die in der Geschichte nie zu einer Einheit verschmolzeden konnten.

Weiter machte seine Gesinnung ihnzu einem Manne ungebundener Freiheit.Als „einen Mann des Feldes"bezeichnet ihn hier deBericht. Die ungebundene Freiheit galt ihm mehr als die Gebheit in einem geordneten Zelt= und Familienleben. Und es ist um charakteristisch für die ganze Welt* und KulturgeschichVölker, die ohne das Licht der Offenbarung und den Geist debens auszukommen suchen.Bei ihnen geht listige Selbstbehauptumeistens Hand in Hand mit einem ungebundenen FreiheitsUnd in geordneten Staaten durchbrach man unter dem SchrFreiheit vielfach in den Revolutionen der Geschichte die Fessstehender, gesetzlich geordneter Gebundenheiten, um dem bliehen Individualismus ein freies Betätigungsfeld zu verschaffwenn man erkannte, daß jede Gesetzlosigkeit auch die Gesemitbegräbt, war man nach und nach bereit, auch das neue Frleben neuen gesetzlichen Bestimmungen zu unterstellen.

Welch eine innere Gebundenheit atmete dagegen der GeiGlaubens eines Abraham! Je länger, desto mehr machte eLeben abhängig von der göttlichen Offenbarung.Gebundenheit Gottgegenüber macht den Menschen aber auch gebunden dem Nägegenüber.Niemals hätte Esau wie Abraham jahrzehntelang ndem Philisterfürsten zu Gerar mit seinen reichen Herden a

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schränkten Weideplätzen zelten können, ohne mit Abimeledanzufangen. Ist doch Esaus späteres Heldentum ein Beweis, wer versuchte, die ganze Gegend des Gebirges Seir zu seinem geschränkten Herrschaftsgebiet zu machen.In Esaus Freiheitsdrangund in Abrahams Gebundenheit tritt eine so verschiedene Lethik in Sicht, die in der Geschichte dem Wesen nach niemalsöhnt werden konnte.Wenn christliche Staaten in den verflosseJahrhunderten es dennoch versucht haben zu tun, so starb unHerrschaft der einen immer der Geist der andern.

Völlig anders lautet der Bericht über Jakob. Dies geschiehetwa aus Sympathie zum Jüngeren und Schwächeren. Die verschweigt Jakobs Sünden nicht. In seiner Grundeinstellungaber Wesenszüge in Sicht, die so völlig anders waren als dieälteren Bruders. Jakobs Gesinnung zeigt ihn uns zunächst aleinenMann der innerlichen Hingebung.Nicht auf dem Felde, im häusliehen Zelte fand er seine Betätigung und seine Lebensauf

Ihm war der Familienkreis, der Umgang mit Menschen, wesolcher auch Beschränkung und Pflichten mit sich brachte, liedie Wildnis der Steppe mit ihrer Freiheit und Ungebundenhewahrlich, die prophetische Weltmission seines Vaters und Großvaters A braham gehört dem M enschen, der Familie, demHier liegt ihr Betätigungsfeld, hier hat sie ihre Zukunft im der Erlösung.Denn Hingebung an Gott führt zum Dienst Nächsten.Wessen Ohr für die Sprache Gottes erschlossen isthört auch die Sprache des Menschen. Denn es ist unmöglich,Gott zu kommen, ohne von Gott aus auch wieder zum Mezu kommen. Im Umgang mit den Menschen, im Dienst des sten, in der Hingabe an die Not des Volkes, im Leiden für diewerden Werte gewonnen, wie sie ein Jagdleben Esaus in dernis nie einbringen kann.

Der „in Zelten wohnt",heißt es im Bericht über Jakob. In dieseiner Gesinnung war er auchein Mann äußerlicher Zurückgezogenheit. Ein Leben, das aus innerlichen Gründen nicht an allemnehmen kann, worin das Trachten und Suchen der Zeit bwird immer einen gewissen Separatismus betätigen. Es wareganz verschiedene geistige Höhenlagen, in denen sich die

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Brüder bewegten. Das kam auch in ihrem äußeren Leben zum Aus=druck. Ein Leben der Innerlichkeit, des Horchens auf Gott, desSinnens über die Verheißungen Abrahams liegt nicht auf EsausWegen und Esaus Gefilden. Auf diesen wird die Seele von ganzanderen Segnungen erfüllt. Esan will jagen und gewinnen, Jakobhorchen und segnen.

Diese Innerlichkeit und Zurückgezogenheit Jakobs wurde vonRebekka viel tiefer erfaßt als von Isaak. Es heißt im biblischenBericht: „Da Hebte Isaak den Esau, denn Wildbret war in seinemMunde; Rebekka aber liebte den Jakob/' Man hätte erwarten dürfen,daß gerade Isaak, der vom Opfertode Wiedererstandene, der sich aus„der Nähe des bewegten Menschenverkehrs" mit seinen Zeltenzurückgezogen hatte und in öder Gegend am Brunnen „des Leben=digen, mich Schauenden" lebte, besonderes Verständnis für Jakobhaben würde. Das war jedoch nicht der Fall. Er liebte Esaus Wesenmehr denn Jakobs, wahrscheinlich auch um des schönen Wildbrets

willen, das Esau heimbrachte. Anders war Rebekka. Ihr trat offenbarin Jakobs Wesen ein Bild entgegen, und sie sah in ihm ein Lebenaufblühen, wie sie es in den Zelten ihres Vaters und an ihremBruder Laban nicht gesehen hatte. Ihre Seele stand offen für dasHöhere, das in Jakob sichtbar wurde.

c) Der Handel um die Erstgeburt

Wie wenig Verständnis Esau für das geistige Erbe und die gött=liehe Berufung hatte, die auf seinem Vater Isaak von Abraham herruhten, das zeigte auch seine leichtsinnige Art, mit der er eines Tagesseine Erstgeburt verschacherte. Er kam müde vom Felde und rochdas rote Linsengericht, das Jakob bereitet hatte. Da sprach er zu

Jakob: „Laß miài dodi von diesem so Roten essen; denn idi binmatt! ... Da spradi Jakob: ,Verkauf e mir dodi heute deine Erst"geburt!' Esau erwiderte: ,Siehe, idi gehe zum Sterben; wozu ist mirda die Erstgeburt?' Da sagte Jakob: ,Sdiwöre mir aber erst!' Dasdiwur er ihm und verkaufte seine Erstgeburt dem Jakob." Das Ent-scheidende in dieser Mitteilung ist nicht, wie dieser Verkauf derErstgeburt geschah, sondern daß er überhaupt geschehen konnte.Es wurde in dem Verlauf der Verhandlung wieder die gänzlich

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voneinander verschiedene innere Einstellung und Gesinnungbar. So viel Knabenhaftes und Unüberlegtes dem Ganzen auhaftete, so zeigte sich doch,wie leicht Esau um eines augenblicklichGenusses willen seine höchsten Güter verkaufte.Er wußte, welcheine Verheißung mit der Erstgeburt verbunden war. Der ablidcliche Genuß des Linsengerichts war ihm aber wertvoller geistliche Aufgabe, die mit der göttlichen Berufung verbundSolch ein Charakter kann nie Erbe höherer Güter, nie ProphHöchsten werden. Sein Leben steht unter stets wechselndenmungen, nicht aber unter der Leitung und Führung der götOffenbarung.

Zwar zeigte die Art, wie Jakob die Gelegenheit ausnutztedas Erstgeburtsrecht von seinem Bruder zu erhandeln, ebenfaeinem Charakter,von dem Gott ihn erst durch schwere Führunlösen mußte.Sein Sehnen nach der Erstgeburt floß aber aus seVerständnis für die göttliche Berufung und die damit verbu

Verheißungen. Sein Ohr hatte von dem Segen und der Zvernommen, die auf der Linie des Glaubens seines Großvatersharn lagen und nun auf einen Träger warteten.Jakobs Mittel warenverwerflich, seine Sehnsucht jedoch aus seiner GlaubensstellunVerheißungen gegenüber geboren.Ihr konnte Gott daher auch zseiner Stunde antworten. Denn in Wahrheit besaß er erst da

Erbe und die Verheißungen, die mit dem Erstgeburtsrecht Zelten Abrahams und Isaaks verbunden waren, als Gott ihn mSegen des Erstgeborenen begnadigen konnte. So waren Esauwerfung und Jakobs Annahme für die Berufung Abrahameine Tat göttlicher Machtbestimmung, sie waren sittlich begdurch die Verschiedenheit der inneren Stellung der beiden der göttlichen Offenbarung gegenüber. Esau folgte der SpracWildnis, Jakob horchte auf die Offenbarung, die durch alles in den Zelten Abrahams und Isaaks auch zu ihm sprechen

2. Gottes Warnung in der Versuchungsstunde1. Mose 26,1— 11.34; 36

Auch einem Isaak konnten die Proben des Glaubens nicht bleiben, die bereits Abraham durchlebt hatte. So reich die V

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er nichts zu befürchten. Das Bundesverhältnis, das AbimeleAbraham gesucht hatte, schützte ihn vor jeder Befehdungoffenbar hatte Isaak die Absicht, noch weiter nach Ägypziehen. Denn es heißt:„Da erschien ihm Jahve und sprach: ,Genicht nach Ägypten hinab; wohne in dem Lande, das ich dirwerde! Gaste in diesem Lande, so werde ich mit dir sein unsegnen.' "

Ähnlich wie Abraham wollte auch Isaak sich in der StunPrüfung einen eigenen Ausweg suchen. Ein Leben des Glaubeträgt jedoch keine Abweichungen von der göttlichen OffenEigene Wege lösten niemals bestehende Schwierigkeiten undnungen des Lebens. Sie brachten nie Rettung aus eingetrNöten und Konflikten. Sieht der Glaube sich ohne eigene Vedung in Verhältnisse und Nöte versetzt, wie sie mit einer Hunot verbunden sind, dann darf er damit rechnen, daß sie fnicht zum Untergang, sondern zu einer Gelegenheit werden neue Gottesherrlichkeit in Gottes erneuten Handlungen zu Und steht der Glaube in solchen Probezeiten und Prüfungsin der Gefahr, ungewollt eine Torheit zu begehen, dann Gott ihm durch sein Wort der Warnung zu Hilfe.

Das geschah auch hier. Das Erlebnis seines Vaters Abgenügte nicht, um Isaak von der Absicht, hinab nach Ägyp

ziehen, abzubringen. Es gehört ja das mit zur großen TragGlaubensmenschen, daß die Söhne oft so wenig zu lernen veaus den Fehlern ihrer Glaubensväter. Gott ist aber um seinrufenen besorgt, und zwar weit mehr, als sie um sich selbst sind. „Gehe nicht nach Ägypten!"sprach daher der Herr zu IsaaEr will sie vor dem Fall bew ahren, der in einer nahenden Vers

für sie liegen kann. Mit sehr klaren Worten bezeugte der Hdieser Gelegenheit, daß er auch mit Isaak dasselbe Bundesveund dessen Verheißungen aufrechterhalten werde, wie er Abraham getan hatte.„Gaste in diesem Lande, so werde ich mit sein und dich segnen."

Ganz verwandt ist hier die dem Isaak werdende Gottesvßu ng der, die auch Abraham zu Beginn seines GlaubenslebensDurch sie wurde Abraham aufgefordert, sein Heimatland z

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lassen. Isaak wird jedoch gebeten, in dem Lande weiter zu in das sein Vater sich einst nach dem Auszuge geführt sah. Sohn Jakob dagegen wird später aufgefordert, nach Ägyptziehen1. Das Geheimnis wahrer Glaubenswege liegt mithin inAbhängigkeit des Menschen von der göttlichen Offenbarung.Jedemder Erzväter wurde zur rechten Stunde eine göttliche WegwAllein im Gehorsam gegen die empfangene Offenbarung lag der Segen der Zukunft.

Das an Isaak gerichtete Jahvewort enthielt zwei sehr weseZusicherungen. Mag das Wohnen im Philisterlande als Fremauch mit manchen Spannungen und schweren Erlebnissen versein, Gott wird Isaak und dessen Zelte schirmen, und er widas Land ein Segen sein. Denn mit Gott muß auch die Husteppe zu einem Gartenland für die Berufenen werden. Ohnwird selbst die Kornkammer Ägyptens zu einem Gerichtsbodauch die Begnadetsten wie Lot den Segen der Vergangenhei

lieren. Der Berufenen Segen und Zukunft liegen mithin allder schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott. Jede Abweichuihr führt in jene Welt zurück, aus der sie sich zu ihrem HeilOffenbarung herausgerufen sahen.„Es werden sich durât deinenSamen alle Völker der Erde segnen als Folge davon, daß Abrauf meine Stimme gehört und wahrte mein zu Wahrendes, nä

meine Gebote, meine Satzungen und meine Weisungen."In diesen Worten faßt Gott zusammen, was in seinen Ader wahre Ertrag des Glaubenslebens Abrahams war. Dies Isaak ermutigen und stärken, mit derselben EntschlossenheEinseitigkeit den Weg der Abhängigkeit von der göttlichen barung zu gehen. Denn wenn Gott hier von „Geboten", „S

gen" und „Weisungen" spricht, die er Abraham zu hüten anvhabe, so waren es nur drei verschiedene Seiten derselben GOffenbarung, und zwar für die verschiedenen Aufgaben des LAlle Gottesoffenbarung will weit mehr uns dienen, als wir ihr können. Ihre Mission war nie eine andere, als den MenschenWesen ihres eigenen Ursprungs hineinzuziehen. Das bedeutefür den Menschen immer eine bestimmte Seite seiner Erl

1 Kap.46,5.

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Gebot oder Auftrag geht sowohl auf ein Einmaliges als Dauerndes.Satzung ist ein Gesetz, das für jede Zeit Geltung hat. „Es hat seinenGrund lediglich in dem Willen des Gesetzgebers und den von ihmstammenden Ordnungen der Schöpfung/' Ebendeswegen ist es un=verbrüchlich. Es bezieht sich mehr auf die Bestimmungen des leib=liehen Lebens. In ihm treten die göttlichen Normen in Sicht, durchdie das gesamte Sinnenleben mit seinen natürlichen Trieben undNeigungen in einer gottgewollten Zucht gehalten werden soll. Denneine Heiligung des Geistes ohne eine entsprechende Heiligung desLeibes war auf der Linie des Glaubens niemals denkbar. HeiligesInnenleben wohnt nur in einem heiligen Leibesleben. AbrahamsGeist pflegen und in Sodoms Sünden leben — das hat bisher keinSterblicher zu tun vermocht.

Das dritte Wort „Weisung" geht auf die Weisungen Gottes, dieaus einem besonderen Verhältnis zu ihm fließen. Es steht daher imGegensatz zu den Sitten und Rechten der heidnischen Umgebung.

Auch bezieht es sich sowohl auf das sittlich=soziale wie auch auf daskultische Leben. Seine Wurzel bedeutet: „einen Keim in sich auf*nehmen"; in der Hiphilform: „einen Keim in jeden hineinlegen".Die „Thora" will als Gottesoffenbarung mithin Kraftmitteilung undniait Forderung, Samenkorn eines neuen Lebens und nicht äußereGesetzesvorschrift sein. Sie will Gottes Gedanken zur innerlichen

Norm unseres Lebens, Gottes Kraft zur Energie unserer Seele, GottesSegnungen zu den Quellgebieten unseres Heils, Gottes Zukunft zumInhalt unserer Sehnsucht und Hoffnung machen. Durch die Thorawill Gott zunächst in den Menschen hineinlegen, was er aus demMenschen machen will. Wie eine Blume ihren Duft und ihr Lebendem erschließt, der Geschmack an ihrer Schönheit gefunden, so willsich die Thora mit der ihr innewohnenden Gotteskraft dem erschlie»ßen, der in seiner seelischen Verarmung in der Welt schreit nachGott, dem lebendigen Gott.

b) Isaaks Niederlage in Gerar

Gott hatte nicht vergeblich gesprochen. Isaak zog nicht nachÄgypten, er blieb in Gerar. Aber auch Gerar war nicht ohne Ver=suchung für ihn. Für Menschen des Glaubens gibt es in der Welt

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am Fall seiner Berufenen und Begnadeten.Lassen sie sich aber nichtvon dem lösen, was ihrer göttlichen Berufung widerspricht, dannmuß er sie zu ihrem Heil auf den Weg der Versuchung führen. In

ihr kommt alsdann auch ihnen zum Bewußtsein, was in ihrem Lebenwider Gott und dessen Offenbarung spricht. Mithin nicht zum Tode,sondern zur Gesundung und zum Leben soll die Versuchungsstundeden Berufenen dienen.

c) Esaus Hei rat und seine Geschlecht er

Der biblische Bericht setzt hier bereits mit einer Mitteilung ein,die ihre eigentliche Fortsetzung erst in Kapitel 36 findet. Er erzähltEsaus Heirat mit den Hethiterinnen. An jeder Handlung und an derZukunft Esaus sollte offenbar werden, warum er trotz seiner Erst=geburt dennoch der Verworfene und Jakob der Berufene blieb. Diesgeschah nicht, weil etwa Gottes Vorherbestimmung Esau verworfenhatte. Die Erwählung hatte ihn von Anfang an verworfen, weil sieim voraus wußte, daß er sich nie für die Glaubenshingabe einesAbraham begnadigen lassen würde. Nicht Gott, Esau selbst be=stimmte seinen Weg. Er entschied auch über die Wahl seiner Weiber.„Und Esau war vierzig Jahre alt, da nahm er ein Weib Judith (Jehu=dith, Tochter des Hethiters Beeris) und Basmat (Basemat, Toch*

ter des Hethiters Elon)/' Von beiden wird am Schluß des nächstenKapitels gesagt, daß sie Töchter des Landes wären. Esau konnte esbei der sorgfältigen Tradition, die damals das Buch und die schrift=liehe Chronik ersetzen mußte, nicht unbekannt geblieben sein, wiesich sein Großvater Abraham bemüht hatte, seinem Sohne Isaak eineihm geistesverwandte Rebekka zuzuführen. In den Zelten des Glau=

bens kann keine Fremde Mutter eines Sohnes werden, der der Erbeder Glaubensgemeinschaft Abrahams und der damit verbundenenVerheißungen werden soll. Für solche geistlichen Zusammenhängeinnerhalb der Geschichte zeigte Esau jedoch kein Verständnis. Erkonnte auch Töchter des Landes als Weiber in seine Zelte nehmen.Bald zeigte es sich aber, wie fremd in Sitten, Leben und Verhaltendie Hethiterinnen dem Geiste in den Zelten Isaaks waren. „Sie ma<h=ten beide Isaak und Rebekka eitel Herzeleid."

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Ein Sich=gegenseitig=Finden war unmöglich. Die WegHethiterinnen waren von denen des Glaubens in Isaaks Zeltenur verschieden, sie waren direkt entgegengesetzt. Rebekka

daher eines Tages zu Isaak:„Mir ekelt vor meinem Leben wegder Töchter Heths. Wenn Jakob ein Weib nimmt von den TöHeths wie diese, von den Töchtern des Landes, was soll mLeben1?" Alles trug nun mit dazu bei, daß Jakob mit dem seines alten Vaters nach Padan=Aram zum Hause Bethuerls z

Auch Esau war es nicht entgangen, wieviel Bitterkeit seinber seinen alten Eltern bisher bereitet hatten.„Als er nun sah, daßIsaak Jakob gesegnet hatte und abgefertigtnach,Mesopotamien, daßer daselbst ein Weib nehme ... auch sah er, daß Isaak, sein nicht gern die Töchter Kanaans hatte, so ging auch er hin zu Iund nahm zu den Weibern, die er zuvor hatte, Mahalath, die ter Ismaels, des Sohnes Abrahams, die Schwester NebajotsWeibe2/' Auch Esau konnte sich nicht ganz dem Geiste entzder in seines Vaters Zelten herrschte. Ein zweiter Schritt sollversöhnend auf seine Erben legen. Aber auch eine Tochter konnte nicht Mutter von Söhnen werden, die heimisch im GeVerheißungsbundes sein würden. Das zeigt die GeschlechtStammesgeschichte Esaus.

Im Kapitel36 tragen die genannten Frauen Esaus und auch d

Väter andere Namen als in den vorangegangenen Berichten. ist nicht zu schließen, daß Esau noch weitere Töchter des geheiratet hätte. Im36. Kapitel werden uns jene Namen genadie Esaus Frauen nachher erhielten.„Und Esau nahm seine Frauenund seine Söhne und seine Töchter und alle Personen seines Hund seine Herden und all sein Vieh und all seinen Besitz, den

Lande Kanaans gewonnen hatte, und ging davon in ein Lanseinem Bruder Jakob ... Und Esau ließ sich nieder auf dem GSeir, das ist Edom?."Der Name Edom als Volksbegriff wurde Gebirge Seir erst durch die Söhne und Frauen Esaus gegebenin den nächsten Generationen setzte sich die Vermischung m

* Kap. 27,46.2 Kap.28,7 ff.3 Kap.36,6—8.

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Einheimischen vom Gebirge, den Horithern oder Höhlenbewohne innere Hemmungen weiter fort. Esaus Sohn Eliphas navon den Ureinwohnern auch ein Kebsweib, das ihm einen

gebar, dem er nach den Ureinwohnern den Namen Amale1

.Im Leben der Nachkommen Amaleks wurde später besondersbar, welch einen heimtückischen Charakter sie besaßen. NachWort des Herrn, das Mose in der Wüste wurde, soll Amalekausgerottet werden.„Schreibe dies zum Gedächtnis in ein Buch schärfe es Josua ein: Ich will das Andenken Amaleks ganz uaustilgen unter dem Himmel2." Andererseits wurde Israel angewsen, die Söhne und Nachkommen Esaus, also die Edomiterzu beeinträchtigen noch zu hassen oder aber für einen Grehalten3.

Die schwere und komplizierte Geschlechtslinie Esaus schliemit einer ausführlichen Aufzählung der Könige, die in Edomten. Es waren derselben bereits acht, während aus den GeschJakobs noch kein König hervorgegangen war.

Von der Gesamtoffenbarung der Schrift her kann nur werden,daß zu allen Zeiten das Fleisch sich in der Geschichtschneller zur Herrschaft entwickelte als der Geist des GlauDieser mußte dauernd auf die Stunde Gottes warten, um sseinem Leben und mit seinem Einfluß stärker zu erweisen

Fleisch. „Esau=Edom hat früher Könige gehabt als Jakob=Israsie waren nicht von Gott verheißene aus dem Samen AbrahaSarahs." Reichsgottesgeschichte war in ihrem Werden in jedealter abhängig von der Selbstoffenbarung Gottes in der Ges

3. Isaak, der Gesegnete des Herrn

1. Mose26,12—33;27Es war zu allen Zeiten entscheidend für den Menscheseine Grundhaltung zu Gott war. Menschen des Glaubens in Stunden der Versuchung gelegentlich versagen, wie Abund auch Isaak versagte. Gott aber wird in ihrem Leben die

1 Kap. 36,12 .2

2. Mose 17,14 ff.3 5. Mose2, 5;23,8.

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lichkeit haben, sie aus ihrem Fall wieder herauszuheben. trotz ihres Versagens empfänglich geblieben für seine wiestellende Gnade.IhreGrundeinstellung blieb Gemeinschaft mit Go

nichtWiderspruch gegen Gott.In dieser Gemeinschaft haben siOhr gewonnen für das Sprechen Gottes. Daher kann Gott auch in ihrem Fall hinabsteigen und sie zurechtweisen. Dasden Gefallenen alsdann zur Wiederaufrichtung.

Auch Isaak erlebte es. Nach dem für ihn so demütigendlebnis mit dem Philisterfürsten Abimelech säte er in jenemund erntete hundertfältig. So segnete der Herr ihn. Gott seine Berufenen nicht um eines Falles willen, falls ihr Lebensätzlich auf ihn gerichtet ist. Hat er sie erst wieder in die Stellung zu ihm bringen können, so sehen sie sich mit neuebegnadet. Von Isaak erzählt der Bericht:„Und der Mann vergrößertesich und wurdegrößer, bis er sehr groß war."Bildet Gottes Segden Inhalt eines Lebens, dann wird es immer inhaltsvolreicher. Zwar waren es im Leben Isaaks irdische Güter, Segen bildeten. Sie erwiesen sich aber als ein Segen Gottezeugten sie von der Gnade, die hinter Isaaks Leben stand.„Es wur=den ihm Herden von Schafen und Herden von Kindern unreiches Gesinde. Esbeneideten ihn aber diePhilister."

a) Die E i fe r su ch t de r P h i l i s t e rAls Isaaks Reichtum unter Gottes Segen immer mehr z

und zwar an Zelten, Herden und auch an Ackerbau, da erzuletzt sehr stark die Eifersucht Abimelechs. Man verstopftBrunnen, die noch sein Vater Abraham gegraben hatte. Abselbst sagte zu Isaak:„Gehe von uns fort; denn du bist uns viemächtig geworden

1

." Isaak ging, aber Gottes Segen ging mitDenn wohin er später auch kam, seine Knechte entdecktenneue Quellen und gruben neue Brunnen. Zunächst fanden sBrunnen im Tale zu Gerar, aber Abimelechs Knechte er„Unser ist das Wasser!"Darum nannte Isaak um des entstandStreites willen den Brunnen Eszak2. Auch um einen zweiten, d

* Kap. 26,16.2 Eszak = Händel.

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Isaaks Knechte gruben, stritten die Knechte Abimelechs, unnannte Isaak ihn Sitna2. Erst den dritten überließ man ohWiderspruch und Zank den Hirten Isaaks. In seiner Freude nannte er ihn Rechoboth2; denn er sprach:„Jetzt hat Jahve unsRaum geschafft, nun können wir in dem Lande gedeihen."

Wie bezeichnend ist auch diese Erfahrung für die Erlebnisder Glaube je und je in der Geschichte erlebt hat!Segen von seitenGottes sdiuf ihm Leidenszeiten von seiten der Welt.Die Welt kannes nicht ertragen, wenn Menschen als Träger der göttlichenheißung von Gott auf ihren Wegen des Glaubens und der Abhkeit mehr gesegnet werden als sie. Um ihren Unwillen kundzgreift sie dauernd zu den Mitteln der Gewalt. Wo ihr Geist vsuchte sie sich durch ihre Faust zu rechtfertigen. Daher scWelt den Gesegneten des Herrn auch immer wieder einenLeidensweg. Sie erhob Anspruch auf jene Segensgebiete, ddem Glauben aus dem Erbe der Väter und in seinem Wand

Gott erschlossen hatten.Wenn aber die Welt um unseres Glaubens willen wider udann ist Gott für uns.Denn nachdem Abimelech mit Isaak geschen hatte, sprach Gott mit ihm:„Ich bin der Gott deines VaterAbraham, fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir und werdsegnen und deinen Samen vermehren um meines Knechtes

harn willen. Da baute er dort einen Altar und rief den Namen an und schlug sein Zelt auf, und die Knechte Isaaks grubeneinen Brunnen3". Müde des Streites, hatte Isaak auch den BruRechoboth und die Umgebung von Gerar verlassen und wBeer=Seba gezogen. Hier sprach Gott mit ihm. Abimelechs Vihm gegenüber hatte sich trotz des Bundesverhältnisses sehr lieh gestaltet. Isaak war nicht ohne Sorge. Da rief Gott i„Fürchte dich nicht! Ich bin mit dir, und ich werde dich segne

Bewegen sich die Gesegneten des Herrn in der Welt aufgöttlichen Linien, auf die sie sich von Anfang an durch Offegestellt sahen, dann ist im Laufe der Geschichte Gott sel

1 Sitna = Hinderung.2

Redioboth = Räumlichkeit, W eite, d. h. freie Plätze .3 Kap. 26,24.

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Anwalt. Nimmt ihnen die Welt auch vorhandene Quellgebieführt sie auf weit reichere. Sie hätten diese vielleicht nie ewenn nicht Vorhandenes ihnen genommen worden wäre.Noch hatdie Welt jene Machtmittel niàit erfunden, um Menschen desbens dauernd die Quellgebiete ihrer Segnungen zu nehmenAufneuen Lebensgebieten entstanden plötzlich auch neue Altredeten von dem reichen Segen, der dem Glauben aufs neschlossen worden war.„Da baute er dort einen Altar und spanndort sein Zelt aus, und die Knechte Isaaks gruben dort nach Brunnen."

Dies war auch dem Philisterfürsten Abimelech nicht entEr hatte Isaaks Ergehen verfolgt und kam nun unerwartet zum mit ihm den Bund mit Abraham zu erneuern. Isaak spihm und seinen Begleitern:„,Warum seid ihr zu mir gekommeIhr habt mich doch gehaßt und schicktet mich von euch forsprachen: ,Wir haben doch wiederholt gesehen, daß Jahve m

ist; da sagten wir: möge doch ein Eid zwischen uns sein, zwuns und dir; so möchten wir ein Bündnis mit dir schließen: duns nichts Böses tust, wie wir dich nicht berührt haben, unwir dir nur Gutes erzeigt und dich doch in Frieden haben lassen; du bist fürwahr ein Gesegneter Jahves!'1" Ohne Isaak mitseinem reichen Segen auszuplündern, hatte ihn Abimelechlassen. Das rechnete er sich nun als besonderes Verdienst ander damals herrschenden Moral war es auch etwas Ungewöhdaß der Schwächere seinen Segen vor der Raublust des Stzu behaupten vermochte. Abimelech war offenbar, wie frühebemerkt wurde, einer der edelsten Fürsten jener Zeit. Auch erkannt, daß Isaaks sichtbarer Segen auf eine höhere Ursachegeführt werden müsse:„Wir haben doch wiederholt gesehen, d

Jahve mit dir war."Wie oft konnten der Welt erst LeidenswegeGerechten das künden, was Worte und Altäre ihr nicht hattekönnen! Auch von der Kirche Christi sind die entscheidendstenisse des Glaubens immer wieder erst dann abgelegt wordeihr in der Welt von allen Seiten widersprochen wurde.

Isaak fiel es nicht schwer, den Bund des Friedens zu er1 Kap.26,27 ff.

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Er hatte versucht, den Frieden zu wahren audi ohne Bund. Menschendes Glaubens bedürfen nicht eines Bundes, um die Ordnung in derWelt und den Frieden mit dem Nächsten zu sichern. Daher bereiteteIsaak ihnen, d. h. Abimeledi und seinem Feldherrn Pichol, auch ohneweitere Verhandlungen und Auseinandersetzungen ein Friedens=mahl. Am nächsten Morgen schwuren sie gegenseitig und schiedenalsdann in Frieden voneinander. Das Erlebnis mit Abimelech warwohl mit der schönste Höhepunkt im Glaubensleben Isaaks. Gottfügte es, daß Isaaks Leidenszeiten nur mit dazu beitragen mußten,Abimelechs Blick dafür zu öffnen, daß Isaak ein Gesegneter Gottes

sei. Mithin sei es weit besser, mit ihm in Frieden zu leben, als ihnzu befehden.

b) Isaak segne t se ine beiden Söhne

Nach dem großen Erlebnis mit Abimelech trat in die Zelte Isaaksund Rebekkas schweres Herzeleid ein. Esau heiratete zwei Hethi=

therinnen, die nichts von dem wahren Geist des Glaubens in sichtrugen. Sie erwiesen sich daher bald als ein „vollendetes Widerspielgegen den Geist, der in Isaak und Rebekka lebte". Mit seiner Heiratbewies Esau wiederum, wie ungeeignet er war, der geistige Trägerund Dolmetscher jener Berufung Gottes für die Zukunft zu sein,die von Isaak auf einen neuen Erben übertragen werden sollte.

Aber trotz dieser Erscheinung hatte Isaak dennoch die Absicht,nicht Jakob, sondern Esau zu segnen. Als er alt geworden war, riefer seinen ältesten Sohn zu sich und sprach: „ ,Mein Sohn!' Er sprachzu ihm: ,Hier bin ich!' Er sprach: ,Siehe, ich bin ja doch bereits altgeworden, weiß nicht den Tag meines Sterbens. Und nun ... geheaufs Feld und jage mir einmal ein Wildbret! Und bereite mir einSchmeckendes, wie ich es liebe, und bringe es mir, damit ich es esse,damit dich meine Seele segne, bevor ich sterbe!' "

Das war schwerstes Versagen des Glaubens im Alter Isaaks. Einenoch so gesegnete Vergangenheit vermag die Berufenen nicht vordem Versagen zu schützen, wenn sie nicht von Fall zu Fall in deneinzelnen großen Entscheidungen ihres Lebens abhängig bleiben vonder göttlichen Offenbarung. Gott hatte bisher in allem sehr klar

geredet, daß Esau als Erstgeborener nicht Erbe der Verheißungen

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des Glaubens sein könne.Denn wo es sich um das Erbe derBe=rufung und des Glaubens handelt, entscheidet nicht die ZeGeburt, dort gilt allein die Empfänglichkeit des Herzens.Wenn nichtalles andere, so hätte wenigstens Esaus Heirat Isaak die dafür öffnen müssen, daß der Erstgeborene völlig unwürdig künftige Träger und Führer des abrahamitischen Hauses zu

Als Rebekka von dem Entschluß Isaaks erfuhr, da wurdin ihrer Seele ein falscher Schritt geboren.Unrecht erzeugt Unrechtund der Fall des Stärkeren führt in der Regel auch zum FaSchwächeren.Es wäre Aufgabe Isaaks als des Stärkeren gew

in dieser Frage ein offenes Ohr für die Sprache Gottes zu beEr verschloß sich jedoch in seiner fleischlichen Liebe zu Esau vwas er gesehen und was er gehört hatte. Seine Absicht, Esegnen, verriet, wie wenig Sorge es ihm innerlich machte, dbisherige Segen Abrahams auch im Geiste Abraham s der Welüberliefert werde. Sah auch er vielleicht bereits, wie es späte

auch in der Kirche Christi geschehen ist, die Garantie für die weit mehr im Segen des überlieferten Erbes als in dem GeiGlaubens, der den Segen Abrahams immer neu zu empvermag?

W enn auch die M otive richtig waren , die Rebekka dazu beJakob den Rat zum Betrug seines Vaters zu geben,so waren der Ratund die erwählten Mittel dennoch verwerflich.Das Erbe Abrahamsläßt sich nicht durch fleischliche oder rein menschliche Mitwinnen. Es ist geistiger Natur und kann nur vom Geiste werden. In dem Versuch selbst, auf einem betrügerischen WeSegen der Erstgeburt von seinem Vater zu erlangen, war Jakoder leidende als der schuldige Teil. Er sprach zu seiner M utte r:„Siehe,Esau, mein Bruder, ist ein haarichter Mann, und ich bin ein gMann, vielleicht wird mein Vater mich betasten, so werde seinen Augen ein Betrüger sein, und so werde ich auf michund keinen Segen bringen."

Aus diesen Worten Jakobs spricht klar die Erkenntnis, wer es als ein Unrecht vor seinem erblindeten Vater empfanihm seine Mutter zu tun empfohlen hatte. So stark sein Ver

nach dem Segen der Verheißung auch war, auf solch einem

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wollte er ihn nicht gewinnen. Er ging jedoch hin und tat> wbefohlen ward, als seine Mutter zu ihm sprach:„Über midi kommedein Fluch, mein Sohn; nur gehorche meiner Stimme und gehhole mir!"Jakobs kindliches Rechtsempfinden mußte sich demmütterliche Autorität gestützten Unrecht beugen. So kam ezu seinem Vater mit dem von seiner Mutter zubereiteten Masprach:„,Mein Vater!' Er antwortete: ,Hier bin ich! Wer bistmein Sohn?' Da sagte Jakob zu seinem Vater: ,Ich bin Esau,Erstgeborener, ich habe getan, wie du zu mir gesprochen; stehund setze dich und iß von meinem Wildbret, damit mich deinsegne!' "

Isaak wunderte sich, daß Esau so schnell vom Felde zurüund .nun mit dem zubereiteten Wildbret vor ihm stand. Jakoberklärte ihm, daß Gott es so gefügt habe, daß er so schnell eierjagen konnte. Daraufhin bat Isaak den Jakob, doch näher zudamit er erkennen möge, ob er wirklich Esau sei. Als Jak

näher trat und Isaak Jakobs Hände betastete, sprach er:„Die Stimmeist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände/'In dieserinnerlichen Ungewißheit fragte Isaak daher noch einmal den„ ,Du bist's, mein Sohn Esau?' Er sprach: ,lch bin's!' "

Die Stimme und auch die Redeweise erkennt Isaak als Stimme und läßt sich doch durch eine solche einzelne Äußer

wie die haarichte Hand täuschen. So mag es wohl auch im Leben gewesen sein. Der Totaleindruck Esaus auf Isaak warauch kein günstiger, und dennoch ließ er sich durch einzelne stehe Äußerlichkeiten irreleiten. Isaak hatte mit sehenden nicht gesehen. Nun wurde er mit Blindheit gestraft, damit blinden Augen das täte, was er mit sehenden nicht getan hät

Nachdem nun Isaak gegessen und getrunken hatte, spra„ ,Tritt doch näher und küsse mich, mein Sohn!' Da trat er hiküßte ihn. Da rodi er den Duft seiner Kleider und segnete ihsprach: ,Siehe, der Duft meines Sohnes ist wie der Duft eines welches Jahve gesegnet! So gebe dir Elohim von dem Tau demels und von den Fettigkeiten der Erde und eine Fülle von und Most! Völker werden dir dienen und Nationen sich dir b— werde aber ein Mann deinen Brüdern, daß deiner Mutter

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Nicht seine bisherige innere Stellung, sondern den VerluSegens beweinte Esau. Jedoch jetzt blieb Isaak fest und hobauf, was er getan hatte. Jakob kam, wenn auch mit List, u„er

soll gesegnet bleiben",sprach Isaak zu seinem Erstgeborenen. Dganze Erlebnis hatte Isaak offenbar das innere Auge geöffneübersah er die ganze eingetretene Situation und erkannte im Geschehen letzthin Gottes Fügung. Denn als er auch Esau sda zeigte sich in seinem Segen weit mehr der Blick eines Gpropheten als vorher. Isaak war erwacht, und nun konnte er wie es dem Charakter und der Zukunft seines Sohnes ents„Da antwortete sein Vater Isaak und sprach zu ihm: ,SieheErde Fettigkeiten wird dein Wohnsitz sein, und von des HimTau von oben; auf deinem Sdiwerte wirst du leben, und deBruder wirst du dienen; erst wenn du dich demütigst, löst duJoch von deinem Halse/ "

Das war prophetisch geredet. Esaus Segen liegt nicht auLinie des Glaubens. Auch Isaak sah keine Stellung mehr füim Hause Abrahams. Sein Segen kann nur auf der Linie „derliehen Ordnung der Dinge" liegen, nämlichin materiellem Reichtumund in der Macht der Waffe.Sein Schwert soll der Schöpfer seinGeschickes sein. Das war seit Lamechs Tagen der gewöhnlichlauf der Weltgeschichte gewesen. In diesem Kreislauf des Gesc

konnte auch Esau Erbe werden. Die natürliche Veranlagungbesaß er. Und bei der inneren Einstellung Esaus konnten Wünsche für die Zukunft auch letzthin nur die sein, die iSegen seines Vaters ausgesprochen wurden.

Bei allem Segen der Erde muß jedoch ein Neues im Lebeneintreten:die Beugung.Diese war ihm bisher fremd geblieben. Ewenn sie eintreten wird, wird er als Gleichgestellter und Gberechtigter begnadet werden, das Joch seines jüngeren Brudsich abzuwerfen. Der wahre Ausgleich zwischen Bruder und liegt nur auf der Linie einer wahren Beugung. Wie fremd sie zunächst dem Herzen Esaus war, bezeugen seine Worte nachfangenem Segen:„Laß nur die Trauertage um meinen Vater herakommen, so werde ich schon meinen Bruder Jakob erschlagen

Mag Esau auch noch so oft beabsichtigen, seinen Brud

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Träger einer göttlichen Berufung und Segnung zu erschlageSegen des Erstgeborenen findet er auf diesem Wege nicht. Delauf der bisherigen Weltgeschichte war nur die Exegese dazenthüllte stets neu, was sich bereits in den beiden Söhnen in so typischer Weise abschattete. Jakobs Segen läßt sich ebemit Machtmitteln gewinnen, er kann nur im Glauben erlebt wGott sorgte dafür, daß in Esaus Seele zunächst Hemmungen bdie ihn von seiner dämonischen Absicht zurückhielten. AucJakob als Berufener Gottes nicht einfach ein Freiwild, über Leben oder Tod Esau bestimmen durfte. Sein Leben stand in Hand. Es lag nicht in der Hand eines Bruders, der da glaubtseine Handlungen selbst bestimmen zu können.

IV. Jakob und seine Söhne( i . Mose 28—50)

1. Jakobs Flucht nadi Aram1. Mose 28

Gott knüpft seine großen Dinge oft an sehr unscheinbarefange. Diese Wahrheit ist uns in den bisherigen Berichten söfter vor die Seele getreten. Vor ihr stehen wir auch angesich

Lebensgeschichte Jakobs und seiner Söhne. Menschlich gespbesaß Gott gerade in Jakob eine sehr ungeeignete PersönlichkGeistes, um sich aus ihr ein neues Glaubenszeugnis für die daWelt und die fernere Zukunft zu schaffen. Und dennoch bemehr als ein Jahrtausend später von der Heilswarte des NBundes aus der Apostel Paulus:„Der Ältere soll dem Jüngerendienen, wie jaauch, anderswo geschrieben steht: Jakob habe ichge=liebt, aber Esau habe ich gehaßt1." Gottes Vorsehung berief Jakound verwarf Esau:die göttliche Erwählung entschied gegen dStarke für das Schwache.

Diese Entscheidung widersprach zwar der Vernunft, warbegründet durch die innere, ganz verschiedene Herzensstellunbeide Brüder der göttlichen Offenbarung gegenüber einnahmen

1 Rom. 9,12 f.; MaL1,2 ff.

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gleicht man beide miteinander in ihrem rein äußerlichen Leben, dannkönnte uns Esau in mancher Hinsicht weit mehr gefallen als Jakob.In ihm begegnet man etwas Starkem, Schönem, Männlichem, dassich seine Wege bahnt, Schwierigkeiten überwindet und sich von

seiner Hände Werk zu nähren vermag. Es war daher einerseits ver=ständlich, wenn von Isaak gesagt wird: „Und er liebte Esau." InJakobs Leben dagegen begegnet uns etwas Schwächliches, Zurück=gezogenes und sogar Listiges, das fähig ist, sich ohne harten Kampfund besondere Mühe einen Segen zu verschaffen.

Der Mensch jedoch sieht, was vor Augen ist; Gott aber siehtdas Herz an. Bald zeigte das Leben der beiden Brüder, wie Gottsich in seiner Wahl nicht getäuscht hatte. Hinter der unsympathischenAußenseite eines Jakob schlug ein Herz, das Gott in die BerufungAbrahams hineinziehen konnte. Für Gottes Erwählung ist niàit ent=scheidend, was der Mensch zunächst an sich ist, sondern was erdurch Gnade und Offenbarung zu werden bereit sein wird. Ob ohneGott oder ob durch Gott der Mensch den Aufbau seines Lebens undden Dienst seines Geistes bestimmen will — das leitet Gott in seinerGnadenwahl und Vorherbestimmung zwischen Esau und Jakob.

a) Jakobs dunkl e Erl ebn isse im Elt er nhause

Dunkle Schatten hatten sich auf die Zelte Isaaks gelegt. Siekamen nicht von außen, sie gingen vom Leben innerhalb der Zelte

hervor. Die Art, wie Rebekka versucht hatte, dem Jüngeren denSegen des Erstgeborenen zu gewinnen, wirkte sich sehr bald unheil=voll aus. Unheilige Mittel schufen im Leben stets auch unheiligeZustände. Es entging auch Rebekka nicht, welch ein tiefer Groll sichin Esau gegen Jakob festsetzte. Zudem machten ihr die beiden Hethi=terinnen, die Weiber Esaus, viel Herzeleid. Das alles ließ in ihrer

Seele einen neuen Plan ausreifen. Sie überredete Jakob, nach Haranzu ihrem Bruder Laban zu ziehen, bis sich der Zorn Esaus gelegthabe. Zu Isaak sprach sie: „Ich habe Unlust an meinem Leben vorden Töchtern des Chittiters; wenn Jakob eine Frau von den Töchterndes Chittiters wie diese, von den Töchtern des Landes, nimmt, wozumir (dann) das Leben 1?"

1 Kap.27,46.

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Diese Motive verstand auch Isaak. Auch seine Seele litt unterdem Geiste der beiden Schwiegertöchter, die dauernd so fremd demLeben in seinen Zelten gegenüberstanden. Daher rief er Jakob zusich und sprach zu ihm: „Du sollst keine Frau von den TöchternKanaans nehmen. Madie dich auf und gehe nach Padan=Aram zumHause Bethuels, des Vaters deiner Mutter, und nimm dir dort eineFrau von den Töchtern Labans, des Bruders deiner Mutter! UndEUSchaddai (der Allgenügende) wird dich segnen und dich fruchtbarmachen und dich vermehren, daß du zu einer Versammlung vonVölkern wirst. Er wird dir den Segen Abrahams geben, dir und

deinem Samen bei dir, daß du das Land deiner Fremdlingschafterbest, welches Elohim dem Abraham gegeben."Dieser Segen Isaaks atmete weit mehr den Geist Abrahams als

der, den Jakob durch Betrug von seinem Vater empfangen hatte.Aus den Worten sprach die Sorge eines betagten Vaters, der inner=lieh um das geistliche Wohl und die Zukunft seines Sohnes rang.Bestimmt durch diesen Auftrag seines Vaters, zog Jakob hinfortnach Padan=Aram. Was er in die Zukunft mitnahm, war nichts alsder soeben vernommene Segen. Die Erinnerungen an das Erlebtekonnten ihn wenig erquicken und heben. Alles hatte sich wie einschwerer Druck auch auf seine jugendliche Seele gelegt. Die Hoff=nung, seinen greisen Vater je wieder zu sehen, konnte er kaum mit=nehmen. Den großen Reichtum seines Vaters an Zelten und Herdenmußte er seinem ältesten Bruder zurücklassen, obgleich er auf Grunddes Erstgeburtssegens nicht Esau, sondern ihm gehörte. So sah sichJakob genötigt, alles, alles zurückzulassen. Was ihm blieb, war alleinder Segen, der ihm noch unbekannt war. Dieser kam jedoch von Gottund wog schwerer als alles, was zurückblieb. Denn entscheidend fürdie Zukunft eines Menschen ist nicht der Segen, den er besaß, son=

dem der ihm werden soll. So ging Jakob von Beer=Seba nach Haran,eine dunkle Vergangenheit zurücklassend, einer Ungewissen Zukunftentgegen.

b) Jakobs O f f en ba run gs t r au m auf der L and st ra ß e

Welch ein innerlicher Kampf sich in der Seele Jakobs abspielte,

als er einsam seinen Weg ging, wissen wir nicht. Nur Gottes Offen=

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barung, die ihm in der ersten Nacht wurde, läßt ihn uns War doch je und je Gottes Offenbarung eine Antwort auf das und Sehnen der menschlichen Seele.Als Jakob sich am Abend deersten Tages an einem bestimmten Ort niederlegte, träum„Siehe da, eine Leiter, gestellt zur Erde, und ihre Spitze reicden Himmel; und siehe da, Engel Gottes steigen hinauf und shinab zu ihm; und siehe da, Jahve steht bei ihm und sprichbin Jahve, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isdas Land, auf dem du schläfst, gebe ich dir und deinem Sa... Und siehe, ich bin mit dir und werde dich schützen in

wo du gehst, und werde dich zu diesem Boden zurückbringenich werde dich nicht verlassen, bis daß ich vollbracht habe, wdir verheißen/ "

Das waren bekannte Worte, wie Jakob sie in den Zelten Mutter so oft aus dem Leben seines Großvaters Abraham unaus dem Leben seines Vaters gehört hatte. Aber bisher warihm nur Überlieferung gewesen. Sein Leben hatte sie nochvernommen. Sollte das wirklich wahr sein, was Gott durcTraum ihm versprach? Dann mußte ja auch in seinem LebeVerheißene sich so erfüllen, wie es sich im Leben AbrahamIsaaks erfüllt hatte. Diese Überzeugung mußte die Offenbarder Seele Jakobs wecken.War der ganze Traum letzthin doch nicGeringeres als eine Berufung Jakobs für dieselbe GemeinschaGott, zu der sich einst auch Abraham in Haran berufen sahDieForm der Offenbarung war zwar eine andere, ihr Wesen wardasselbe. Wenn es sein mußte, dann wurde das ewige Wort auch in einem Traum und übermittelte dem Menschen Gottrufung zum Leben. Im Falle Jakobs mußte Gott offenbar zdiesen Weg gehen, um überhaupt in persönliche Gemeinsch

ihm zu kommen. War es doch das erste bewußte Erlebnis desbens,durch das der Herr auch Jakob in die göttliche Erwählunin die prophetische Mission eines Abraham hineinzuziehen Die Offenbarung mußte zunächst auch zu ihm sprechen, beihm jener Glaube lebendig werden konnte, durch den er sich ieinzelnen Entscheidungen und Handlungen bestimmen lassen

„Da erwachte Jakob von seinem Schlaf und sprach: ,In Wah209

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Jahve ist an diesem Ort! Und ich habe es nicht gewußt!' Ufürchtete sich und sprach: ,Wie furchtbar ist dieser Ort! Nanderes ist dies als Gottes Haus! Und dies ist eine Pforte zummei!' "Gottes Offenbarung— wenn zunächst auch nur durch eiTraum — hatte nicht vergeblich geredet. In Jakobs Seele wLeben geweckt worden, das entscheidend werden sollte füganze Zukunft. Ihm war eine Erkenntnis geworden, wie er in sich getragen, eine Erleuchtung, in der er das Leben in eineneuen Lichte sah. In einer unnennbaren seelischen Vereinhatte er das Elternhaus verlassen. Die Offenbarung jedochihm: Siehe, Gott steht neben dir! Und als er erwachte, bek„In Wahrheit, Gott ist an diesem Ort!"Nun verstand Jakob ungewann den Glauben,daß der Mensch nie so einsam und so vlassen sein kann, als daß Gott nicht mit ihm sein könne.Denn esgibt keinen so öden Ort und keinen so einsamen Weg, wnicht auch wäre. Was bedeutet es aber für den Menschen, w

tatsächlich in allen Geschehnissen seines Lebens wirklich sehen beginnt! Dann lernt er auch das Schwerste seiner SeGott zu durchleben. Hinfort steht ihm alles in VerbinduGottes Führung, und sein Glaube gewinnt jene höhere Synthdie unlösbaren Widersprüche seines Lebens, die ihm kein hätte enthüllen können.

„Ich habe es nicht gewußt",erklärt Jakob nach seinem ErwachWie oft ist Gott dem Menschen gerade da am nächsten, wo am wenigsten erwartete, und sucht Gott gerade dann mitMenschen zu sprechen, wenn dieser sich vor ihm am schulfühlt! Denn noch lag die ganze Schuld der verflossenen Tage auf Jakobs Seele. Ihm war es unmöglich, sie zu ordnen unschehenes ungeschehen zu machen. Was Gott jedoch erwarseine Gegenwart und sein Heil offenbaren zu können, sind znicht reine, sondern offene Menschen, die sich durch Gnade Erwählung und in das damit verbundene Heil hineinziehen

Wenn der Mensch aber erst Gott an jedem Ort seines Lzu sehen vermag, dann erklärt er auch jeden Ort zu einem haus. Selbstdie einsame Landstraße wird ihm zu einer Pforte

Himmels. In solch einer Erkenntnis sucht der Mensch alsda

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nicht mehr an diesen oder jenen heiligen Orten.Denn das Lebenmit seinen einzelnen Erscheinungen ist ihm zu einemBeth=El, d. h.zu einem Gottestempel, geworden.Hier sieht er jene Leiter, die voder Erde bis in den Himmel hineinragt, und auf der die Gottes zum Segnen bereit auf= und niedersteigen. Eine Seesich die ganze Tiefe dieses Geheimnisses erschloß, sieht nbesonderen heiligen Handlungen die einzelnen Sprossen, ausie zu Gott hinaufsteigen kann, sie findet diese in den gewöhAlltäglichkeiten des Lebens. Hier findet sie Stufe um Stufedie alles Irdische mit dem Himmlischen vermählt werdenAlles ein Gotteshaus! Alles eine Pforte zum Himmel!

An sich war in der äußeren Lage und in der inneren Verkder Verhältnisse alles geblieben, wie es auch vor dem TraumEs hatte sich nichts geändert, nur Jakobs Erkenntnis hatte sändert. Darin aber liegt das Geheimnis der WeltüberwindunGrund der empfangenen Gottesoffenbarung sah er das Leb

seiner dunklen Zukunft und öden Umgebung in einem neuenEr hatte Gott und dessen Offenbarung und Gegenwart auf dsamen Landstraße erlebt. Nun war er begnadet, selbst den eiStein, auf dem sein Haupt während der Nacht geruht haeinem Altar des Dankes zu weihen. Denn unter dem tiefen Estehend, den seine Seele durch dies Gotterleben gewonnensetzte er diesen„zum Denkstein, und er goß öl auf dessen Spund nannte den Namen dieses OrtesBeth=El; denn früher war deName der Stadt Lus1."

So verklärt sich einer Seele auch die äußere Welt, wenn eine lebendige Verbindung mit Gott gefunden hat. Die Erfahihres Glaubens werden zu einer unübersehbaren Reihe von eiDenksteinen, von denen ein jeder ein besonderes Erlebnis mzu erzählen vermag. Im neu gewonnenen Lichte verklärt sihinfort die ganze Welt: aus einer Haselnußstadt wird für Beth=El, d. h. ein Gotteshaus. Das heißt letzthin nichts andedaß das Leben mit seinen einzelnen Erscheinungen so geweidaß alles zu einer Offenbarung der Gegenwart Gottes wird.

1 Haselnußstadt, nadi den vielen Haselnußsträudiern, von denStadt umgeben war.

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die gemeinsame Tränke. Auf seine Frage hin erfuhr er, daHirten mit ihren Herden aus Haran seien, und daß auch RahTochter Labans, mit ihren Schafen gleich zur Tränke käme. A

Rahel kam und Jakob sie sah, da küßte er sie,„erhob seine Stimmeund weinte"1. Offenbar überwältigte es ihn innerlich sotief, imAnblick der Rahel eine Tochter des Bruders seiner Mutter sedürfen, daß er zu weinen begann.

Als Laban Kunde davon erhielt, daß Jakob, der Sohn Schwester Rebekka, angekommen sei,„lief er ihm entgegen, um=armte ihn und küßte ihn und brachte ihn in sein Haus".Nunerzählte Jakob seinem Onkel Laban alle seine Erlebnisse, uer nur mit einem Stabe in der Hand angekommen sei. Ganz war einst Elieser, Abrahams ältester Knecht, bei Labans Bethuel erschienen, als er gekommen war, um Rebekka, Mutter, zu werben. Auch wußte Laban, daß Isaak sehr reiKnechten und Mägden, Zelten und Herden sei. Isaaks Sohn

aber arm vor ihm.„Dennoch bist du mein Bein und mein Fleiscsagte jedoch Laban, nachdem Jakob ihm alle Begebenheiten hatte.

Nach Verlauf eines Monats sagte Laban zu Jakob:„Wenn duauch mein Verwandter bist, solltest du mir deshalb umsonst diSage mir, was ist dein Lohn?"Diese Frage gab Jakob Gelegenhe

zu erklären, daß er bereit sei, sieben Jahre um Rahel, die jTochter Labans, zu dienen. Denn Jakob liebte die Rahel. Dantwortete Laban:„Es ist besser, daß ich sie dir als einem anderManne gebe; bleibe bei mir!"Hinfort diente nun Jakob um Rahund die sieben Jahre erschienen ihm wie einige Tage, so lieRahel.

Jedoch als die sieben Jahre um waren, gab Laban dem nicht die Rahel, sondern führte ihm nach einem großen Hocmahl Lea, seine ältere Tochter, zu. Jakob sah sich schwer beund er gab seinem Unwillen Laban gegenüber mit den WAusdruck:„Was hast du mir getan? Habe ich nicht um Rahel dir gedient? Warum hast du mich betrogen?"Laban wußte sich undseine Handlung auf Grund der herrschenden Landes= und

1 Kap.29,11.

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sitte zu rechtfertigen. In seinen Augen war es nicht ein Betrug,sondern er besaß das öffentliche Recht und die väterliche Pflicht,so zu handeln, wie er gehandelt hatte. Daher antwortete er auch

dem Jakob: „So geschieht nicht in unserem Orte, daß man dieJüngere vor der Älteren gebe." Als daraufhin Laban dem Jakob fürweitere sieben Dienstjahre auch die Rahel versprach, da beruhigtesich Jakob und erhielt nach der beendeten Hochzeitswoche 1 mit Leaauch Rahel zur Frau. So mußte Jakob auf dem zartesten Lebens=gebiet, das es für Menschen gibt, am ersten erleben, wie häßlichund verhängnisvoll jene Sünde wirkt, die er selbst gegen seinenVater begangen hatte.

b) Der K inder segen Jakobs

Am schwersten litt unter dem ganzen Geschehen aber Lea. HatteJakob sich auch dem bestehenden Recht untergeordnet und sie zur

Frau genommen, so zog er Rahel doch ihr gegenüber vor. Lea war dieMindergeliebte. Aber Gott segnete sie, und sie gebar dem Jakobeinen Sohn. In ihrer Freude über die Rechtfertigung, die ihr vonseiten Gottes wurde, nannte sie ihn „Rüben 2; denn sie sagte: ,Jahvehat in mein Leiden gesdiaut. Jetzt wird mein Mann midi lieben/"

Leas Freude war aus einer reinen Frauenseele geboren. Sie liebte

Jakob nicht weniger, als Rahel, ihre Schwester, ihn liebte. Da siejedoch nur die Mindergeliebte war, hoffte sie durch dies höchsteGeschenk, das ein Weib dem Manne zu geben hat, auch Jakobsungetrübte Liebe zu gewinnen, hatte sie ihm doch den ersten Bau=stein zum Aufbau seiner Zukunft geschenkt. Aber offenbar wurde

1 Die Hodizeitswodie wurde gewöhnlich ganz durchgefeiert, und sie heißtnoch jetzt bei den heutigen Syrern die Königswoche, weil die jungen Ehe-leute als König und Königin begrüßt werden. (Nach König.)

2 „Seht, ein Sohn!" Ruben war mithin Jakobs Erstgeborener, dem aufGrund seiner Erstgeburt das Herrscherrecht seines Stammes gehörte, derjedoch später um seiner schweren Sünde willen an dem Kebsweibe semesVaters diese Würde verlor; als Ersatz wurde Joseph in dessen Rechte ein-gesetzt. Rubens Söhne waren auch mitbeteiligt bei der Empörung der RotteKorahs.Seinen Sitz hatte später der Stamm Ruben im Ost jordanlande nörd-

lich vom Arnon, und sein Gebiet grenzte westlich vom Jordan an dasStammgebiet Dans.

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Leas Freude aufs neue getrübt. Sie sah sich in ihrer Erwartutäuscht. Dies kam zum Ausdruck, als ihr zweiter Sohn gwurde. Ihr dankerfülltes Herz nannte ihn„Simeon"1. Denn sie

sprach:„Jahve hat gehört, daß ich die Minder geliebte bin; dagab er mir diesen."Aber ihre reine, weibliche Seele, die mit der Hingabe al

Kräfte die Liebe Jakobs auch für sich gewinnen wollte, sah sineue getäuscht. Jedoch hoffte sie weiter und verriet damit,wie starkdas weibliche Gemüt im Tragen und Warten mitten unterschwersten Verhältnissen sein kann.Und wie oft haben Frauen durcdiese ihre unsichtbare Stärke den Sieg über den Mann davongen, wie auch Lea letzthin Jakob gewann! Denn als ihr derSohn geboren wurde, sprach sie:„Nun endlich wird mein Mann sidmir anschließen; denn ich habe ihm drei Söhne geboren."In dieserihrer Erwartung nannte sie ihn„Levi"2.

Als Lea später der vierte Sohn geboren wurde, da war ofihr so heißer Wunsch bereits erfüllt. Denn sie nannte ihn„Juda"3.Sie dankte durch den Namen nunmehr Gott, der ihre Sehgestillt hatte. In diesem Namen spricht nichts mehr von einemSchmerz ihrer Seele, sondern er ist nur der Ausdruck ihres tifundenen Dankes. Nun hörte sie auf zu gebären.

In bezug auf die höchste Aufgabe, die ein Weib ihrem M

und ihrem Geschlecht gegenüber hat, nicht nur Weib, sonder1 Simeon = Erhörung. Der zweite Sohn Jakobs von der Lea

seiner heißen Radie wegen (l.Mose 49, 5—7) mit Levi zusammen streuung unter Israel verurteilt. Sein Stamm ging durch schwere hindurch und lehnte sich an den starken Stamm Juda an und wurweise von diesem aufgesogen. Er besaß kein selbständig abgegrenzteund teilte sich mit Juda in den Süden; auch wird Simeon im Mos(5.Mose 33) nicht erwähnt.

2 Levi = Anhänger, Sichanschließender. Der Drittgeborene Jakoder Lea wurde der Stammvater des späteren Levitengeschlechts; umDienstes willen am Heiligtum besaß der ganze Stamm kein eigenesdenn der Herr selbst sollte Levis Erbteil sein. Vgl. Hes. 44, 28; 4. Mo

3 Jnda = Gelobter (ist Jahve), der vierte Sohn Jakobs von der Lder Ahnherr des später so bedeutsamen Stammes; seine höhere Beverdankte der Stamm den Siegen Davids und der Erhebung JerusalResidenz. Sein Stammgebiet lag im Südlande Palästinas und grenztbis ans Tote Meer, westlich bis an die Grenzen der Philister, derenstädte an der Küste des Mittelmeeres lagen.

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Mutter zu sein, trat Rahel ganz hinter ihrer Schwester Lea Sie war unfruchtbar. Jedoch anstatt sich in ihrem Schmerz diGott zu wenden, wandte sie sich an Jakob mit den Worten de

zweiflung:„Schaffe mir Kinder! Wenn niàit, so sterbe idi."Daserregte starken Unwillen in Jakobs Seele, und er antworte„Bin idi an Elohims Stelle, der dir die Frudit des Leibes vehat?" Auch Jakob machte mithin diese Angelegenheit nicht zuGebet, während er doch wußte, wie er und sein Bruder Esnach langem Flehen seines Vaters seiner Mutter Rebekka geworden waren.

In ihrer Sorge um ein Kind verfiel Rahel jedoch auf eineliehen Ausweg wie einst Sarah. Sie gab Jakob ihre Lei„Bilha"1, damit sie durch diese auch gebaut würde. Als ihrdieser tatsächlich ein Sohn geboren wurde, da sprach sie:„Elohimhat midi geriditet und hat audi mein Weinen erhört."Und sie nannteden Geschenkten „Dan""2. Aber später wurde ihr von derselbMagd noch ein zweiter Sohn geboren, und sie sprach:„KämpfeElohims habe idi mit meiner Sdiwester gekämpft und habegesiegt." Darum nannte sie ihn„Naphthali"3. Rahel nennt ihredurchlebten Seelenkämpfe ein Ringen Gottes; denn was sie erwaren göttliche Ziele. Um auch von ihrer Seite MiterbauerHauses Jakob zu werden, hatte sie das schwere Opfer gebrac

1 Bilha = die Zarte, Bescheidene.2 Dan = Gott ist Riditer oder: der Redit schafft, der fünfte Sohn

der ihm von Raheis Leibmagd geboren wurde, und Stammvater seischlechts, dessen Erbgebiet westlich von Benjamin lag, im Südosten und im Norden an Ephraim grenzte. Bereits vor der Königszeit verloder Stamm seine ursprüngliche Bedeutung und wurde weiter nacNorden des Landes verdrängt. Hier gründeten die Daniten das HeDan und stellten in ihm ein Gottesbild auf, das sie unterwegs ausephraimitischen Heiligtum geraubt hatten. Dieses Heiligtum wurde Reichsspaltung eines der großen königlichen Heiligtümer des Nord„Von Dan bis Beerseba" wurde später der stehende Ausdruck für diund Südgrenze des Erbteils der Söhne Jakobs.

8 Naphthali = mein Erkämpfter, Jakobs sechster Sohn, ebenfalBilha geboren. Naphthalis Stammgebiet war sehr quellenreich und fund lag am Westrande vom See Genezareth und nördlich an denstreifen des Jordans hinauf bis an den Merom-See. Durch das Gebiedie große Handelsstraße vom Mittelländischen Meer durch die fruEbene Jesreel bis nach Damaskus hin.

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meine Schmach hinweggenotnmen. Sie nannte ihn aber Joseph 1, umdamit zu sagen: Gott gebe mir noch einen anderen Sohn!" NachdemJakob diese so lange auch von ihm ersehnte Freude geworden war,

glaubte er, daß er lange genug in Haran gelebt und Laban gedienthabe. Er bat seinen Schwiegervater, ihn mit seinen Weibern undKindern zu entlassen. Dieser hatte aber erkannt, wie Gott ihn durchJakob im Laufe von 14 Jahren gesegnet hatte, und mit welcherTreue er ihm diente. Daher bat er ihn, noch weitere Jahre bei ihmzu bleiben. Nach längeren Lohnverhandlungen entschloß Jakob sichdazu und weilte noch länger bei Laban, indem er ihm hinfort dienteum Herdenlohn.

c) Die A us ei na nd er set zu ng en mit Laban

Die Dienstjahre bei Laban um Herdenlohn gestalteten sich jelänger, desto trüber. Immer wieder wurden die vereinbarten Lohn=

bestimmungen von seiten Labans geändert, was wiederum auchJakob durch List bei der Deckung der Schafmütter auszugleichensuchte. So entstand zuletzt eine so schwere Spannung in dem Ver=hältnis zueinander, daß Jakob die Söhne Labans eines Tages sogarsagen hörte: „Jakob hat alles, was unserem Vater gehört, sich an=geeignet; und von dem, was unserem Vater gehört, hat er all diese

Herrlichkeit geschaffen. Auch Labans Gesicht sah Jakob, und siehe,der war auch nicht mehr mit ihm wie gestern und vorgestern."

Während Jakob unter diesem innerlichen Druck stand, sprachGott zu ihm: „Kehre zu dem Lande deiner Väter und zu deinemGeburtsort zurück, und ich werde mit dir sein!" Diesen Auftrag teilteer auf dem Felde seinen Frauen mit, und diese erklärten: „Alles, wasdir Elohim gesagt hat, das tue!" So unternahm Jakob eines Tagesmit Lea und Rahel, seinen Kindern und seiner ganzen Habe dieFlucht, ohne Laban davon wissen zu lassen. Dieser befand sich ge=

1 Joseph = Er (Jahve) füge hinzu; als Erstgeborener Raheis war Josephder Liebling Jakobs und sein elfter Sohn. Josephs beide Söhne, die ihm vonder Ägypterin geboren wurden, Ephraim und Manasse, gehörten später mitzu den Stämmen Jakobs und erhielten ihre Stammgebiete an den beiden

Seiten des Jordans, nördlich von Gad im Ostjordanlande und nördlich vonBenjamin im Westjordanlande.

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rade bei der Schafschur, mit der gewöhnlich fröhliche Festlicverbunden waren.

Erst am dritten Tage erfuhr Laban, daß Jakob entflohen senahm er seine Knechte und setzte Jakob nach und erreichte Gebirge Gilead. Aber in der Nacht vor der Begegnung spraczu Laban im Traume:„Hüte dich, daß du mit Jakob nicht sprechevom Guten bis zum Bösen!"Als Laban dann am nächsten MorgJakob und seine Töchter erreichte, machte er diesem schwedoch einerseits berechtigte Vorwürfe. Aber Jakob hatte Labannengelernt und hatte nichts Gutes von ihm als einem durcdurch selbstsüchtigen Aramäer zu erwarten. Unter diesem Eihatte er den an sich verwerflichen Schritt getan. Jedoch der in der Nacht hatte auf Laban so tief eingewirkt, daß dieser zusagte:„Meine Hand ist zwar in der Kraft, auch Böses zu tun, der Gott eures Vaters hat verwichene Nacht zu mir also gesproHüte dich, mit Jakob von Gutem bis zu Bösem zu reden1!"

Aus diesem Bekenntnis Labans mußte Jakob erkennen, wHerr ihn decke und seine Heimkehr überwache. Daß Rahel dizenbilder ihres Vaters gestohlen hatte, wußte Jakob nicht. Edaher entrüstet, als Laban nach diesen suchte2. Die schweren Aus=einandersetzungen endeten jedoch zuletzt mit einem gegensBunde. Zum Gedächtnis daran wurden nun sowohl von Jako

seinen Genossen als auch von Laban und dessen Genossen zwgegenüberliegende Steinhaufen zusammengetragen. Zwischensetzte man einen Denkstein. Den Steinhaufen Labans nannt„Galed", d. h.: „Der Steinhaufe ist Zeuge", und den des J„Hamizpa",d. h.: „die Schaustätte" oder „Warte". Zum ZeichenFreude und des Dankes über diesen Bundesschluß machte Jakoauf dem Gebirge ein Mahl und lud auch alle Genossen LabanAm nächsten Morgen verabschiedete sich Laban von all seinenen und Töchtern, indem er sie küßte, segnete und alsdann inden ziehen ließ.

Manche Enttäuschungen hatte Jakob während der zwanzigin Haran durchlebt. Alles Durchlebte hatte aber nur mit daz

1 Kap. 31,24.2 Kap. 31,31—37.

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getragen, daß in ihm die Sehnsucht nach seiner Heimat nicht Denn seine Zukunft lag nicht in Haran und in der Geistesgschaft mit den Aramäern. Wohl hatte ihn Gott in Aram geAber nicht, damit er daselbst durch Weiber und Kinder, durcund Herden zurückgehalten würde. Als Erbe der Berufung Segnungen Abrahams wies alles in seinem Leben zurück nacEl und Beer=Seba.Wen aber Gott gehen heißt, dem muß auch jWeg licht werden, auf dem zunächst die dunklen Schattenruhen.

3. Jakobs Versöhnung mit Esau1. Mose 32—33

Jakob war etwas gelungen, was bisher weder AbrahamIsaak zu tun vermocht hatten. Er zog aus der Fremde zwei und zwölf Söhne mit in das Leben und in den Geist des Ghinein, in dem er selbst von Gott erzogen wurde. Jakobs Söh

alle Stammväter eines auserwählten Gottesvolkes gewordeihrer Reinigung und Läuterung willen wurden sie zwar duschwersten Gerichte geführt. Sie blieben aber in Gottes HaGefäß, das nicht wie Ismael und Esau als untauglich verwerden mußte. Gott bereitete sich in ihnen ein Volk zu, dawurde, ihm als Träger und Dolmetscher der göttlichen Offen

inmitten der Völkerwelt zu dienen.Jakob hatte mithin durch seinen Dienst bei LabanMenschen fürGott gewonnen.Mit diesem wertvollen Gut befand er sich nunseinen Zelten und Herden auf dem Heimweg. In Frieden hattihn ziehen lassen. Als er sich nun nach dem Abschied am nTage auf dem Wege befand,„da trafen ihn Elohims Engel. Da er ssah, sprach Jakob: Ein Gotteslager ist dies, und nannte den Machanajim''.1 Das sollte offenbar eine neue GlaubensstärkunJakob sein. Denn vor ihm lagen starke Proben. Er wußte nicEsau gesonnen sei, ob sich dessen Zorn gelegt habe. Seine hatte ihm noch nicht sagen lassen, daß er heimkommen solldunkle, völlig undurchsichtige Zukunft lag mithin vor iherschienen ihm Gottes Boten. Er hatte sie bereits gesehen dien

1 Kap.32,2 ff.: Madhanajim = Doppellager.

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auf einer Leiter auf= und niedersteigen, als er vor zwanzig Jahrendie Heimat und die Zelte Rebekkas und Isaaks verlassen hatte. Sieerschienen ihm auch jetzt bei dem neuen Wendepunkt seines Lebens

wieder. Er sieht sie wie ein Heerlager, d. h. wie eine HeeresmachtGottes. Machanajim, d. h. Doppellager, nennt Jakob daher den Ort.Denn es haben sich hier zwei Lager begegnet: das Lager Jakobs unddas Lager der Gottesboten, um hinfort gemeinsam den ferneren Wegzu gehen. Das ist Glaubensstärkung, wie Menschen sie zur rechtenStunde erleben, deren Seele offensteht für die Sprache Gottes.

a) Esaus bewaf fneter Aufzug

Von Machanajim aus sandte Jakob Boten zu Esau, damit dieseihm erzählen sollten, was Jakob während der zwanzig Jahre in derFremde erlebt habe. Wenn Esau ihn mit seiner reichen Familie, seinenvielen Knechten und Mägden und mit seinen großen Herden sehen

würde, so sollte er wissen, daß Jakob sich das alles durch eigenenDienst erworben hätte. Als die Boten zurückkamen, berichteten siejedoch: „Wir sind zu deinem Bruder, zu Esau gekommen, er gehtdir auch entgegen; aber vierhundert Mann sind mit ihm."

Es ist verständlich, daß Jakob sich fürchtete. Nun war noch einneues Heerlager in Sicht getreten: Esau mit seiner bewaffneten

Macht. Sie stand Jakobs Lager gegenüber. Zwei geschichtliche Grö=ßen, aber wie grundverschieden waren sie in ihrem innersten Wesenvoneinander! Dort Esau als der „Gemachte", der starke Mann, der„von seinem Schwerte" 1 lebte und über vierhundert Bewaffnete ge=bieten konnte. Hier Jakob mit seinem Familienleben als Fremdling,als Heimatsuchender, der sich zwar in seinem Dienst durch Gottgesegnet sah, schutzlos aber den Weg des Lebens ging. Dennochsollte der Kampf entscheiden, wer von beiden das Leben und dieZukunft gewinne. Wer vermag hier nicht jene zwei Prinzipien zusehen, deren Ringen miteinander der Inhalt der Weltgeschichte ge=Wesen ist! Hier in Jakob das Glück eines reichen Familienlebens,der Reichtum eines gesegneten Dienstes, der Glaube an die Gegen=wart der schützenden Heerlager Gottes. Dort in Esau der Glanz einer

1 Siehe Kap. 27,40.

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sich selbst bewußten Macht, der starke Wille zu ungebundenheit, das klare Ziel einer skrupellosen Herrschaft, der sichMenschliche und Materielle im Leben und im Aufbau untemüsse.Hier Jakobs Dienst, dort Esaus Schwert — wem soll dikunft gehören?

b) Ja ko bs Kam pf in P ni elIm Drange dieser Not teilte Jakob seine Heere und

„Kommt Esau zu dem einen Lager und schlägt es, so wirdübrigen Lager Kettung werden."Aber diese Maßnahme brachseiner erregten Seele nicht jene Ruhe und Stille, die er brauceiner Lage, wo Jakob in seiner Ohnmacht völlig der etwaigenund Willkür einer starken Übermacht preisgegeben ist,retten ihnkeine Versuche eigener Selbsthilfe.Da muß das unsichtbare Heerlager Gottes eingreifen und Geschichte machen, sonst geht ein seinem Ringen um die Zukunft.

In seiner Angst vor der Begegnung mit Esau wandte sichalsdann zu Gott. War der Weg vor ihm auch verschlossen, denach oben stand ihm offen. Dieser konnte seiner Seele durchGewalt genommen werden.Über die Sprache der Seele mit Gott vemag audi Esaus Macht nicht zu gebieten. „Daraufsprach Jakob: Gottmeines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak, Jahve

du zu mir sprachst: Kehre zu deinem Lande und deinem Gebuzurück, so werde ich dir Gutes erzeigen— ich bin zwar schon zugering gegen all die Wohltaten und all die Treue, die du beredeinem Diener geübt; denn mit meinem Stecken habe ich Jordan überschritten, und jetzt bin ich zu zwei Lagern gewordrette mich doch von der Hand meines Bruders, von EsausHand;denn ich fürchte ihn1."

Gott ha tte sich im Leben Jakobs nicht vergeblich geoffIn seiner Seele lebte im entscheidenden Augenblick fort, wain vergangenen Tagen gesprochen hatte. Dies wurde ihm Stunde der Not zu einer ungeahnten Stärkung des Glaubens. ihm den Mut,in Gott zu suchen, was er in sich nichtfand. Er ist sichseiner Ohnmacht Esau gegenüber bewußt. Er weiß aber au

1 Kap.32,10 ff.

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der Kraft Gottes, die zu retten vermag. Vom Angesicht seineskommend, ging nun Jakob hin und sonderte ein in drei Herdteiltes Geschenk für seinen Bruder Esau aus.„In getrennten Herden

übergab er es den Knechten und sprach zu seinen Knechten: vor mir her und lasset einen Zwischenraum zwischen HerdeHerde! Er befahl dem ersten also: Wenn dich mein Bruder trifft und fragt dich also:Wessen bist du, und wohin gehst du, unwessen sind alle vor dir Gehenden, so sagst du: deines DiJakob; es ist ein Esau, meinem Herrn, gesandtes Geschenk, und

auch er selbst folgt hinter uns1

/'Nach dieser wohlüberlegten Anordnung des Geschenks füführte er seine Weiber und Kinder nebst all seiner Habe nachdie Furt des Jabbok. Er selbst aber blieb diesseits des Flusses„Da rang ein Mann mit ihm, bis der Morgen heraufzog. Als edaß er ihn nicht bezwingen konnte, schlug er ihn auf das HüftgDadurch wurde Jakobs Hüftgelenk während seines Ringens mverrenkt."In diesem geheimnisvollen Kampf spiegelte sich letdas ganze bisherige Leben Jakobs wieder.Jakob glaubte mit Gott zuringen, und Gott rang mit ihm.So vieles im Leben Jakobs hatzwar den Anschein, als ob alles wider ihn wäre. Vor der DrEsaus hatte er arm das Elternhaus verlassen müssen. Währensein ältester Bruder, im Frieden uneingeschränkt den Segen vReichtum seines Vaters genießen durfte, mußte er sich durch eDienst bei Tag und Nacht, bei Kälte und Hitze, bei Entsagund Gefahren eine völlig neue Existenz und Zukunft schaffenhatte ihn nicht nur durch Lea betrogen, sondern in seiner Selbauch soundso oft den vereinbarten Herdenlohn geändert. Aeiner mehr und mehr zunehmenden Freundschaft war zwisch

Hause Labans und ihm eine Spannung eingetreten, die ihn behatte, mit seiner Familie und seiner Habe heimlich zu entfNun stand Esau mit seiner ganzen Macht vor ihm. Das Lebseinen Verhältnissen war mithin wider ihn, so klar Jakob sicandrerseits von Gott gesegnet und geleitet sah.

Offenbar haderte Jakobs Seele innerlich mit Gott, währen

Leben mit den aus der Lage sich ergebenden Verhältnissen1 Kap.32,17 ff.

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Und doch war alles nichts anderes als Gottes Ringen mit Jakoselbst stand hinter den einzelnen Begebenheiten und ordnvielfach so unverstandenen Erlebnisse in Jakobs Lebensfü

Durch alle erlittene Einsamkeit, Heimatlosigkeit, UngerechFeindschaft und Enttäuschung hindurch sollte in seinem Lebeerreicht werden,was Gott durch seine wiederholte Offenbarallein nicht erreichen konnte.Hatte Jakob doch so unendlich vieerlitten, das er durch seine eigene Kraft und durch sein eHandeln verschuldet hatte. In solch einem Zustand konnte er lieh dem Angesicht Esaus begegnen und obsiegen. Der Segenhams lag auch für ihn auf einer höheren Ebene. Diese hatte gelegentlich gesehen, sich jedoch nicht dauernd auf sie einDamit dies geschehe, dazu sollte ihm dieser nächtliche Kamdem unbekannten Manne dienen.

Der Mann jedoch überwand Jakob nicht. Erst als er ihn aHüftgelenk, d. h. auf den Sitz der männlichen Kraft, schluJakob den Kampf auf. Im Gefühl seiner gebrochenen Kraft Bewußtsein seiner Ohnmacht sprach er nun:„Ich lasse dich nicht,ehe du mich gesegnet hast!" In der Ohnmacht fand Jakob sSieg, im Gebet weltüberwindende Kraft, in der AbhängigkeiSieger die Rettung und Zukunft seines Lebens.Auf diesem Bodenstehend, durfte er hinfort auch Esau begegnen. Solange er s

derselben geistigen und innerlichen Höhenlage bewegte, aauch Esau lebte, durfte er diesen nicht sehen. Da hätte die Befür ihn Untergang bedeutet. Erst nachdem Jakob als ein voÜberwundener seinem Bruder entgegentreten konnte, war Stunde gekommen, beide Brüder miteinander so zu versöhnsie einander duldeten und sich nicht im gegenseitigen Kamp

rieben. Dies Geistesgesetz besteht bis heute in der GeschichErstwenn die Kirche Christi der Welt nicht auf dem Boden verwund gleicher Macht begegnet, sondern vom Angesicht Gottesmend nur in Demut und Schwachheit dienen und segnen wilsie ohne Furcht Esaus Angesicht sehen.Ein Stück Weltgeschichte lamithin in diesem nächtlichen Ringen Jakobs mit dem ihm unbten Manne an der Furt Jabboks.

Da sprach der Mann, der mit ihm rang:„Was ist dein Name?

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Er sprach: Jakob. Da sprach er: Nicht Jakob soll mehr dein Namegesprochen werden, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mitMenschen gekämpft und hast überwunden/' Ja, Jakob hatte mit Gott

gehadert und mit Menschen und Verhältnissen gekämpft und über=wunden. Er siegte, als er sein Ringen Gott gegenüber aufgab undsich in seiner Ohnmacht im Gebet von Gott abhängig machte. Ersiegte auch über Esau und die sich wider ihn erhebenden Verhält»nisse des Lebens, als er bewußt wirklich den Boden von Bethel zurGrundlage seiner Zukunft machte. Daher soll sein Name hinfortnicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, d. h.: Gott ist der Über*windende. Denn Israel heißt ja wörtlich eigentlich: „Gott ist derÜberragende, der alles andere an Macht und Größe Überwältigende."Das soll in Wahrheit die Bedeutung des Zustandes sein, der durchJakobs Leben und Dienst zu einem Zeugnis vor allen Völkern kund=werden soll. Gott siegt in Jakob, daher siegt Jakob in der Welt undzieht sie hinein in das Heil Gottes, in dem er selbst zur Ruhe ge*kommen ist.

Vergeblich forschte auch Jakob nun nach dem Namen dessen,der mit ihm gerungen hatte. Für Jakobs Zukunft war nicht der Mannund dessen Name wichtig. Wichtig war allein, daß er hinter demnächtlichen Kampf Gott gesehen hatte. Mögen hinfort Mann undName der Geschichte und der Vergänglichkeit verfallen, das Blei=

bende ist für Jakobs Leben und Zukunft: „Ich habe Elohim vonAngesicht zu Angesicht gesehen und bin doch am Leben geblieben."Wer erst lernt, auch im Angesicht des Unbekannten und mit ihmRingenden das Angesicht Gottes zu schauen, dem gehört die Zu=kunft, selbst wenn auf ihr zunächst auch noch der dunkle SchattenEsaus ruht. Daher nannte Jakob den Ort Pniel, d. h. Gottes Ange=

sieht, und es ging ihm die Sonne auf, als er den Ort verließ.c) Die A ussöhnung der beiden Brüder

Wer Frieden in sich trägt, entwaffnet auch den, der kampfbereitihm entgegenzieht. Als Esau am nächsten Tage den drei Herden,die ihm als Geschenk dienen sollten, und auch Jakob mit seinenWeibern und Kindern, Knechten und Mägden, Zelten und Herdenbegegnete, sah er keine bewaffnete Macht, er sah nur einen demü=

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tigen und zu jedem Frieden bereiten Brader vor sich. Er mußtefinden, daß Jakobs Segen ihm nicht zur Erwerbung und zum Auf=bau einer Macht gedient hatte, um sich einem feindlichen Brader

gegenüber behaupten zu können. Ihm galt alles nur als eine GabeGottes, die in seiner Hand auch zu einer Gabe für den Brader wer=den konnte.

Als Esau dieses Bild vor seinen Augen sah, da sprach nicht dasSchwert in seiner Hand, da sprach der Bruder in seiner Seele: „Dalief Esau ihm entgegen, umarmte ihn, warf sich um seinen Halsund küßte ihn; und sie weinten/' „Dieser Kuß und diese Tränenlassen uns auch in Esau den Nachkommen Abrahams erkennen",fügt S. R. Hirsch fein zu diesem Verse hinzu. Und wenn so unendlichvieles in der Geschichte dieser beiden Brüder typisch und prophetischfür den Inhalt der Weltgeschichte geworden, darf der Glaube dannnicht auch auf diese Stunde warten, wo der Starke dem Schwachenwaffenlos um den Hals fallen und ihn küssen wird, weil beideBrüder miteinander sind?

Nach der Begrüßung wollte einer den andern an Dienst über=bieten, und schließlich zog Esau wieder in das Gebirge Seir zurück,während Jakob in die Nähe von Sichern zog und daselbst einenAltar zum Denkstein erbaute, den er „El Elohe Israel", d. h.: „EinMächtiger ist der Gott Israels", nannte.

4. Jakobs Kummer in Sichern

I.Mose34und 35

a) Die Entehrung DinasTrotz der Beendigung der Dienstjahre bei Laban und der Aus=

söhnung mit seinem älteren Brader Esau gestaltete sich das LebenJakobs ferner voller Sorge und Kummer. Es hatte nicht das ruhige,stille und friedliche Gleichmaß des Lebens Isaaks. Jakobs Lebenwurde dadurch aber viel reicher an bewußtem Erleben Gottes als das

seines Vaters Isaak. Er mußte erfahren, daß sich Fehler und Sündenderer, die im bewußten Umgang mit Gott stehen, viel schwerer aus=

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wirken als bei denen, deren Leben an sich nichts anderes alzusammenhängende Kette von Sünden und Übertretungen hatte bei Laban in Padan=Aram von Gott den Auftrag erh„Kehre zu dem Lande deiner Väter und zu deinem Geburtsort zuund ich werde mit dir sein1!" Trotz dieser klaren Weisung ginJakob nach der Aussöhnung mit Esau jedoch hin und kaufAngesichte der Stadt Sichern von den Söhnen Chamors, derender Fürst der Ortschaft war, ein Feld2. Hier baute er für sich selbsein Haus und für seine Knechte und Herden Hütten.

Der Schritt wurde für Jakob und seine Familie zu einer schVersuchung und zu einem dunklen Verhängnis. Er führte zudazu, daß sich nicht nur sein äußeres Leben, sondern auch dasseiner Kinder ganz den herrschenden Sitten von Sichern anWenn es von Jakob heißt: , , . . .und lagerte im Angesichte der StadSichern3", so drückt das Verbum im Hebräischen, das man hiedem feinen Ausdruck „lagerte" wiedergibt, nichts Geringer

als die vollendete Harmonie und vollkommene Übereinstimdes äußeren Lebens mit dem inneren, in diesem Fall also mLeben Sichems. Das war die schwere Versuchung und konntohne entsprechend schwere Folgen bleiben. Jakob setzte seineFamilie Versuchungen aus, denen diese nicht gewachsen war.SichemsSitten gereichten Jakobs Hause zum Fall und Fluch.

Eines Tages ging Dina, Leas Tochter, in die Stadt und vermit den Töchtern des Landes. Bei solch einer GelegenheSchechem sie, der der älteste Sohn Chamors, des Fürsten des war. In Liebe entbrannte er gegen sie, ging hin und entehrDa er jedoch Dina wirklich liebte, so besprach er sich mit iging alsdann zu seinem Vater und bat ihn:„Nimm mir diesesMäd=dien zum Weibe*!"Nach der bestehenden Sitte in Sichern lag in ganzen Vorgang nichts Entehrendes.Jedoch was in den GassenSichems öffentlidie.Sittlidikeit und anerkanntes Recht war, das in den Zelten Abrahams und seiner Geisteserben Entweihung

1 Kap.31,3.2 Kap. 33,17 ff.3 Kap.33,18.4 Kap.34,4.

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b) Das Bl ut ba d der Sö hn e J ak ob sLeider lebten auch Jakobs Söhne nicht mehr in dem Geiste ihres

Ahnen Abraham. Sie atmeten bereits Sichems Geist, bevor Chamor

und dessen Sohn um eine engste Geistes= und Lebensgemeinschaftbaten. So berechtigt die innere Betrübnis der Söhne Jakobs auchdarüber war, daß ihre Schwester Dina entehrt worden war, so ver=werflich waren die Schritte und Mittel, die sie als Vergeltung unter=nahmen. Sie mißbrauchten die Beschneidung, die Abrahams GlaubenSymbol und Ausdruck der innerlichen Loslösung von allen fleisdi=liehen Mitteln gewesen war, um Macht über die Männer Sichems zugewinnen. Denn sie sprachen zu Schechem, dem Sohne Chamors:„Wir können dies nicht tun, unsere Schwester einem Manne zugeben, der eine Vorhaut hat; denn das ist uns eine Schmach. Jedochdadurch werden wir euch zu Willen werden, wenn ihr werden wolltwie wir, daß unter euch alles Männliche beschnitten werde 1." Nichtsist widerlicher in der Welt, als wenn heilige Dinge nur noch als

Umhüllung dienen müssen, die Häßlichkeit einer dämonischen Seelezu verdecken. Unter dem Vorwand, daß sie sich schämten, ihreSchwester einem Unbeschnittenen zum Weibe zu geben, bereitetensie eine Tat vor, die weit schändlicher war als die des Sohnes einesChamor. Der Sichemite besaß nicht die hohe Erkenntnis, die JakobsSöhne auf Grund der bisherigen Erlebnisse mit Gott in den Zelten

ihres Vaters besitzen mußten. Schechem sündigte ohne Gott, JakobsSöhne jedoch wider Gott. Um so verurteilungswürdiger war ihr Ver=brechen, das sie an den Männern Sichems begingen.

Denn als Schechem und die Männer von Sichern auf den Vor=schlag eingingen, sich beschneiden zu lassen, und sie alle am drittenTage in ihrem Schmerze saßen, „da nahmen zwei der Söhne Jakobs,Simeon und Levi, Dinas Brüder, jeder sein Schwert, kamen überdie in Sicherheit ruhende Stadt und erschlugen alle Männlichen.Chamor und seinen Sohn Schechem hatten sie mit dem Schwerteerschlagen, nahmen Dina aus Schechems Haus und gingen 2/'

Gewiß war es eine verbrecherische Tat an den Zelten Jakobs,daß Schechem dessen Tochter in seinem sicheren Raubverlies ge=

1

Kap.34,14 ff.2 Kap.34,25 ff.

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fangenhielt. Verständlich war daher auch die innerliche EmpörungSimeons und Levis. Niemals lassen siati jedoch, verbreàierisàie Tatendurch, heilige Motive rechtfertigen, weder im kirchlichen nodi imbürgerlichen oder politischen Leben. Nicht nur, daß Dinas BrüderChamor und Schechem erschlugen, sie töteten auch alles Männlichedes Ortes. Hernach raubten sie mit den anderen Brüdern zusammendie Stadt aus, entführten die Weiber und die Kinder als Sklavenund eigneten sich Sichems Güter und Herden als Besitz an. Um solcheiner Mission willen hätte Abraham nie aus Vaterland, Freundschaftund Vaterhaus hinauszugehen brauchen. Die kannte die Menschheit

auch ohne den Geist der Offenbarung und des Glaubens. Wer er=littenes Unrecht als Vorwand ausnutzt, ein weit größeres Verbrechenam Nächsten zu begehen, und die Gelegenheit ausnutzt, seine Be=gehrlidikeit nach fremden Gütern zu befriedigen, dem fehlt die wahreGeistesverwandtschaft mit der Berufung Abrahams und dessen Glau=bensweg innerhalb der Völkerwelt.

Als Jakob die Tat seiner Söhne erfuhr, betrübte es ihn sehr.Noch sterbend denkt er später an die Schandtat und spricht: „Fluchihrem Zorn 1!" Außerdem brachte das Verbrechen Jakob und seineSöhne vor den Bewohnern des Landes in den übelsten Verruf. Wieleicht konnte es geschehen, daß sich alle sammelten, um vereint dasHaus Jakobs zu vernichten! Simeon und Levi sprachen zwar zuJakob, der ihnen sagte, wie sehr sie ihn durch ihre Tat betrübthätten: „Soll er denn wie eine Buhlerin unsere Schwester be=handeln?" Allein kein noch so tief erlittenes Unrecht kann durchein noch weit größeres Unrecht gesühnt werden. In dieser Morallebte der Geist Lamechs, nicht aber der des von Gott zu einerhöheren Mission berufenen Abraham.

c) Benjamins Gebur t und Rahei s Tod

Um Jakob aus seiner Umgebung zu führen, die ihm und seinemHause zu solch einer schweren Katastrophe geworden war, sprachder Herr zu ihm: „Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel undweile dort, und errichte dort einen Altar dem Gott, der dir sichtbar

1 Kap.49, 7.

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geworden ist, als du vor deinem Bruder Esau flohst1!" Es ist nieratsam, im Angesichte Sichems zu wohnen, wenn man niGeiste Abrahams lebt.

Wieviel gradliniger wäre Jakobs Glaubensleben gewesenwieviel Herzeleid hätte er sich erspart, wenn er das Verspgehalten hätte, das er auf seiner Flucht vor Esau dem HerrEr hatte zwar nach der Rückkehr und der Versöhnung mitdem Herrn einen Altar gebaut, aber im Angesichte Sichems2. Werjedoch zunächst innerlich nicht stark genug ist, dem Geiste Sizu widerstehen, den deckt auch ein Altar nicht vor der innerund äußerlichen Versuchung und Katastrophe in Sichern.

Jakob verstand diese Sprache Gottes, die ihm nach all dem lebten und Schweren der letzten Wochen wurde. Er ging zu Frauen und zu allen, die in seinem Hause waren, und s„Schaffet die Götter der Fremde fort, die unter euchsind, reinigteuch und wechselt eure Kleider! Wir wollen uns aufmachen un

Bethel gehen."Das war die Glaubenssprache, wie sie nur im Geiste einer h

Berufung gesprochen werden konnte. Hätte Jakob sie doch vor Sichern geführt! Denn Lea und Rahel, die beiden mütteTrägerinnen seines Hauses, nebst ihren beiden Leibmägdensich bisher noch immer in den Augenblicken schwerwiegend

Scheidungen von Jakob leiten lassen. Sie wären bereit gewesevor Sichern zu tun, wozu sie erstnachSichern aufgefordert wurde„Sie gaben Jakob alle Götter der Fremde, die in ihrerHand, unddie Ringe3, welche in ihren Ohren waren",und Jakob vergrub sieunter einer Eiche bei Sichern. Das bedeutete Bruch mit einegangenheit, die nicht in die Zukunft einer von Gott berFamilie hineingehörte.Auf BetheUBoden ist kein Raum für Götzenbilder Arams und die Amulette Sichems.

Als Jakob nach Bethel kam und dort dem Herrn einenerbaute, erschien ihm wiederum der Herr und sprach zu

1 Kap.35,1.2 Kap. 33,20.3 Die Ohrringe hatten wie die Götterbilder irgendeine religiö

deutung; sie waren offenbar mit einem Göttersymbol verziert undals Amulette oder Zaubermittel von ihren Verehrerinnen getragen.

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„Elohim bin idi, EUSdiaddai (der Allmäditige), werde fruchtbar undvervielfältige didi; ein Volk, und zwar eine Versammlung vonVölkern, soll von dir werden; Könige sollen aus deinen Lendenstammen, und das Land, das idi dem Abraham und Isaak gegeben,dir werde idi es geben, und deinem dir nadifolgenden Samen werdeidi das Land geben 1."

Nicht nur Abraham, auch Jakob wurde nach versagter eigenerSelbsthilfe daran erinnert, daß Gott El=Schaddai, d. h. der Allesver=mögende, der Allgenügende, sei. Durch diese Offenbarung wollteGott in der Seele seines Berufenen jenes Vertrauen wecken, das vonGott die Erfüllung jeder empfangenen Verheißung erwartet. AuchJakobs Seele sollte im göttlichen Können zur Ruhe kommen, damiter von den vergeblichen Mühen und Sorgen seiner eigenen Wegeerlöst werde.

Als Jakob nach diesen Erlebnissen von Bethel weiter nach Ephrathzog, da gebar ihm Rahel noch einmal. Sie litt aber schwer bei der

Geburt. Ihre Wehemutter suchte sie, indem sie ihr das Kind nachder Geburt zeigte, mit den Worten zu trösten: „Fürdite didi nidit;denn audi dieses hier ist dir ein Sohn 2." Rahel jedoch nannte ster=bend ihr Kind „Benoni", das ist: „Sohn meiner Trauer oder meinesHinscheidens". Jakob aber in seiner Freude, von seiner Rahel nocheinen Sohn erhalten zu haben, nannte ihn „Benjamin" ', d. h.: „Sohn

der Rechte oder Sohn der Kraft". Rahel hatte dem Jakob zwar nochden Benjamin geschenkt, sie selbst wurde ihm jedoch genommen.Sie hatte viel Schweres mit Jakob geteilt; aber das noch Schwerereim Leben Jakobs, das zunächst noch im Schöße der Zukunft lag,blieb ihr erspart. Auf dem Wege nach Ephrath in Beth=Lechem(Brothaus) begrub Jakob das Liebste, was er hatte, und setzte da»selbst seiner Rahel ein Grabdenkmal.

d) Isaaks Tod und Begräbni s

Nicht allzulange nach dieser Trauer in den Zelten Jakobs starbauch Isaak, sein Vater, und zwar im Alter von einhundertachtzigJahren. All die Jahre hindurch, von dem Weggang Jakobs an bis

1

Kap. 35,11 ff.2 Kap. 35,17.

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wer einst mit Ghristus herrschen will, muß zuvor mit Christus leidenkönnen. Denn die königliche Macht wird Gott einst in die Händederer legen, die auf Erden unter den Völkern priesterlich leidenkonnten.

a) Josephs Leidensweg unter seinen Brüdern

Die ganze Schöne und Tiefe der Überlieferung erschließt sich unsauch hier erst, wenn wir Joseph und seine Brüder als zwei ganzverschiedene Typen der Gesinnung innerhalb der GlaubensfamilieJakobs verstehen lernen. Diese zwei Typen ergeben sich von selbst.

In Joseph begegnet uns je länger, desto ausgeprägter eine geistlicheGesinnung, in seinen Brüdern dagegen eine ausgesprochen fleisch.*lidie. Auch sie gehörten zwar nicht zur heidnischen Welt. Als SöhneJakobs lebten auch sie auf dem Boden der Verheißung. Auch siezählten mit Joseph zu jener Auswahl, die Gott segnen und zumSegen der Völker setzen wollte. In ihnen regierte aber zunächst nicht

der Geist, es herrschte das Fleisch. Nicht der Glaube Abrahams,Isaaks und Jakobs lebte in ihnen, sie lebten vielmehr in einer sichvon Gott unabhängig haltenden eigenen Gesinnung. Daher war auchihre Lebensführung so völlig verschieden voneinander. Fleischlicheund geistliche Gesinnungen konnten in der Gesalichte wohl einanderdulden, jedoch nie dauernd in Geistesgemeinschaft miteinandergehen, auch in der Kirche Christi nicht. Das Fleisch gelüstete zu allenZeiten wider den Geist.

So sah sich einst auch Joseph von seinen eigenen Brüdern gehaßtund schließlich ausgestoßen und verkauft. Nicht in der Welt, unterden fleischlich gesinnten Brüdern begann in der Regel der großeLeidensweg für geistlich gerichtete Menschen. Es waren wohl dreiGründe, durch die sich Jakobs Söhne in ihrem Verhalten Josephgegenüber bestimmen ließen: das innige Verhältnis, das zwischenJakob und Joseph bestand, dann das Geschenk, das Joseph vorallen anderen Brüdern empfing, und zuletzt seine geheimnisvollenTräume.

„Israel aber Hebte Joseph mehr als alle seine Söhne, denn er warihm ein Sohn des Alters; und er pflegte ihm einen verbrämten Rock

zu machen. Als nun die Brüder sahen, daß ihr Vater gerade ihn

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mehr als alle seine Brüder liebte, da haßten sie ihn, und sie knicht mit ihm in Frieden sprechen1." Daß Joseph dem Jakob iAlter geboren worden war, war offenbar nicht der einzige daß er ihn mehr liebte als seine anderen Söhne. Nach aSchweren, das Jakob mit seinen Söhnen bisher durchlebt haes verständlich, daß sich seine Seele innerlich weit mehr Gesinnung und Lebensführung Josephs verbunden fühlte der seiner anderen Söhne. So war im Lauf der Zeit zwischeund Sohn ein gegenseitiges Vertrauen und Verhältnis entsdas dazu führte, daß Joseph die bösen Geschwätze seiner Brüder dem Vater überbrachte.

Andrerseits schenkte Jakob seinem Sohn einen verbrämteDas war jedenfalls eine Auszeichnung, „die ihn als einen zbesonderen Bestimmung Auserwählten erscheinen ließ". DVerbrämung der Säume eines Gewandes galt in jenen Zeitenals eine besondere und ehrenvolle Hervorhebung der betre

Person vor allen anderen. Daß diese Handlung verderblich aanderen Söhne wirken und zu schweren Folgen für Josephmußte, damit hatte Jakob offenbar nicht gerechnet.EntgegengesetzteExtreme erzeugen und steigern sich gegenseitig:„Die Liebe desVaters erzeugte den Haß der Brüder."

Die innere Spannung zwischen den Brüdern stieg jedoc

höchste, als Joseph eines Tages seine ihm gewordenen Träuzählte.„Da sagten ihm seine Brüder: Willst du wohl König uns werden oder jetzt schon uns beherrschen? Da haßten sum so mehr wegen seiner Träume und wegen seiner Reden2." Kom=men innere Spannungen nicht auf friedlichem Wege zu einSpannung, so führen sie unbedingt zu einer Explosion undstrophe. Bei Joseph und seinen Brüdern hätte die Entspannkommen können durch einen Ausgleich der inneren GesDiese trat jedoch nicht ein. Jakobs Söhne glaubten vielmehr, Bruders Träumen dessen Gedanken und Pläne für die Zukunzu müssen. In ihrem gespannten Verhältnis wurde auch daschuldigste des Bruders falsch beurteilt und einseitig bewertet

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Kap.37,3 ff.2 Kap.37,8.

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bar waren auch durch den verbrämten Rock in Josephs Seelwandte Gedanken geweckt worden, wie sie von seinen Bvermutet wurden. Sie hatten seiner jugendlichen Seele die Ungeraubt. Denn es schien, als ob Joseph gern von seinen Trsprach. Als er sie auch seinem Vater erzählte, sprach dieser z„Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Sollen gar wir: ich, deine Mutter und deine Brüder kommen, um undir zur Erde zu beugen1?" Ein Beweis, wie stark sie ihn innerlierfüllten.

Aber auch diese ernsten Worte an Joseph führten nichEntspannung. Und gewiß wäre tatsächlich die ganze ZukunBrüder bedroht gewesen, „wenn Josephs Stellung eine solchwerden sollen, wie sie ihnen unter dem Begriff eines Könvorschwebte". Was sie bisher an Königtum in der Geschichsehen hatten, bedeutete für sie nur die Versklavung der Gesazugunsten des einzelnen. So viel begriffen jedoch auch sie v

göttlichen Berufung Abrahams, daß ihre Zukunft auf Grunüberlieferten Verheißung auf weit höherer Ebene liegen solwelch einer Verkettung des Lebens und zu welchen BindungVerschmelzung mit einem herrschenden Königtum führen konnten sie ja an dem Leben Esaus, des Bruders ihres Vaterdem Gebirge Seir sehen. Jedoch so richtig auch das Empfind

Brüder über die erzählten Träume war, so falsch war dennoHaß und ihre Feindschaft Joseph selbst gegenüber.Solange einUnrecht im Leben des Nächsten in unsrer Seele noch ein weitßeres Unrecht zu wecken vermag, sind wir zunächst unfähigStärkere den Schwächeren zu ihrem Heil zu dienen.

Nun begab es sich, daß Jakobs Söhne in die Gegend von Szogen, um dort die Schafe ihres Vaters zu weiden. Nach gerZeit sandte Jakob auch Joseph zu ihnen. Er wollte durch ihn erwie das Wohlbefinden seiner Söhne und auch seiner Schaf2.Endlich fand Joseph seine Brüder in Dothan. Als diese ihn kosahen, sprachen sie:„Siehe, da kommt der Meister der Träumeund beschlossen, ihn zu töten. Als jedoch Ruben das hörte,

1

Kap.37, 10.2 Kap.37,14 ff.

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er: „Wir werden ihn niait erschlagen ... Vergießt kein Blut, werfeihn in diese Grube, die in dieser Wüste ist, aber Hand legetan ihn!" Diesen Vorschlag gab Ruben, um Joseph aus der

seiner Brüder zu erretten und ihn zu seinem Vater zu sendenun Joseph zu ihnen kam, zogen sie ihm den umbrämten Rund warfen ihn in eine leere Zisterne. So legten sie Protest eidas, was er geträumt hatte. Damit er aufhöre, von Einfluß, MStellung und sogar Herrschaft zu träumen, raubten sie ihletzten Rest der Freiheit, des Dienstes und des Umgangsseinen Brüdern. Darnach setzten sie sich, um zu essen und zu Während Joseph weinte, konnten sie fröhlich sein.Audi dasGewis=sen derer, die des Vaters Herden hüten, kann gelegentlich sehihrem Bruder gegenüber werden.

Unterdes zogen ismaelitische Kaufleute vorüber, die miKarawane von Gilead herkamen, und deren Kamele mit Trag1,Mastig2 und Ladanum3 beladen waren. Sie wollten mit ihren Ko

barkeiten nach Ägypten hinabziehen. Da sprach Juda:„Kommt, wirwollen ihn an die lsmaeliten verkaufen; unsere Hand aber solan ihn rühren, denn er ist doch unser Bruder1." Außer Ruben, dernicht zugegen war, stimmten alle diesem Vorschlag zu. Sie vten Joseph für 20 Silberlinge. Obgleich die Söhne Jakobs vonerklären mußten:„Er ist doch unser Bruder",konnten sie ihn doch

um einen sehr geringen Preis an Fremde ausliefern. Es machtkeine Gewissensskrupel und bedeutete für sie in ihrem LebenVerlust, sich von dem Leben zu lösen, mit dem sie doch durcErziehung und Verheißung organisch verbunden waren.

Sie sahen ihren Bruder weinend ziehen.Leben, das sie mit demselben Vater verband, gaben sie ab', verfluchte Silberlinge erhsie. Das Vergängliche war ihnen wertvoller geworden alsBruderseele. Werden sie ihn wiedersehen, dessen Flehen undin ihnen keine Antwort fanden? Früher, als sie ahnten! Als sahen sie ihn ziehen; als Herrscher über das Pharaonenreich

1 Gummi vom Astragalusstrauch, in Ägypten zum Einbalsamierwendet.

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Balsamisches Harz.3 Wohlriechendes Schleimharz.

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b) Josep hs Leidens weg in Ä gy p ten

In Ägypten kam Joseph als Sklave zunädist in das Haus einesOberhofbeamten von Pharao 1. Hier umgab ihn das Wesen einer ganzanderen Welt. Gott war aber mit Joseph und gab ihm Gnade, sichauch in der völlig fremden Umwelt zu bewähren und gewissenhaftseine Sklavendienste zu tun. Potiphar, sein Herr, sah aber bald JosephsTreue, und wie Gott ihm alles, was er tat, gelingen ließ. Dahersetzte er ihn als Verwalter über sein ganzes Haus. Diese hohe Stel=lung schuf ihm jedoch eine ungeahnte, schwere Versuchung. Wenndie Welt segnete, so war ihr Segen immer mit irgendeiner neuenVersuchung für die Träger der göttlichen Offenbarung verbunden.

Joseph jedoch sprach zu Potiphars Weib, die versucht hatte, ihnzur Sünde zu verleiten: „Wie soll ich eine so große Schlechtigkeitbegehen und wider Gott sündigen 2?" Wahre Söhne des Glaubenssind wohl bereit, der Welt auf allen Gebieten zu dienen, können

sich aber niemals mit dem Geist der Welt vermählen. Ihr Dienstfindet seine Grenze an dem von Gott erleuchteten Gewissen. Ver=langt man von ihnen, daß dieses Gewissen durch einen Dienst über=hört wird, dann sprechen sie: „Nein, das können wir nicht!" Aufsolch einen Protest des Glaubens und des Gewissens vor Gott undMenschen antwortete die Welt aber noch immer mit dem Kreuz.

Auch Potiphars Weib gab vor ihrem Hause der von ihr selbst her=beigeführten Szene solch einen Schein, als ob Joseph der Schuldigewäre. Die Folge war: „Und Potiphar nahm Joseph und gab ihn indas Gefängnis, dorthin, wo die Gefangenen des Königs gefangen^gehalten wurden*."

Gott war jedoch mit Joseph auch im Gefängnis. Noch hat dieWelt Gottes Auserwählte nie so isolieren können, daß er nicht immerwieder mit ihnen wäre und er nicht überall Dienst für sie hätte.Denn Joseph fand alsbald Gunst in den Augen des Vorgesetztenüber die Gefangenen, und dieser stellte sie unter die Hand Josephs.

1 Potiphar war Pharaos Hofbeamter, und zwar der erste Oberhofkoch-meister der ägyptischen Majestät.

2

Kap.39,7 ff.3 Kap.39,20 ff.

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Wer ein reines Gewissen hat und unschuldig ist, leidet immer andersals die Schuldigen. Nun begab es sich, daß auch der Oberschenk undder Oberbäcker Pharaos als Gefangene im Gefängnis waren. Beidehatten in einer Nacht einen Traum, der sie am nächsten Tage sehrbeunruhigte. Als Joseph sie so bedrückt sah, fragte er sie:„Warum sind heute eure Gesichter so trübe?" Daraufhin erzähltejeder ihm seinen Traum, und sie fügten hinzu: „Aber es ist keinDeuter für ihn da/' Das bedrückte sie; denn beide standen unterdem Eindruck, daß der Traum ihnen etwas sagen wolle. Darauferwiderte Joseph: „Sind doch Gottes die Deutungen! Aber erzählet

sie mir doch1

!"Beide Gefangenen Pharaos erzählten nun ihren Traum, und Gott

begnadete Joseph, ihnen die Träume zu deuten. Dem Oberschenkdurfte er eine Botschaft des Lebens, dem Oberbäcker jedoch eineBotschaft des Todes mitteilen. Denn wie Joseph es auf Grund derTräume gesagt hatte, so geschah es. Der Oberschenk wurde nach

drei Tagen wieder in sein altes Amt eingesetzt, während der Ober=backer an demselben Tage gehängt wurde. Hat die Welt auch je undje Gottes Lieblinge unter ihren Kehricht geworfen, sie muß sie dochin der Stunde der Not als unschätzbare Perlen wiederfinden.

Als Joseph dem obersten Mundschenk in dessen schwersterStunde mit dem göttlichen Licht gedient hatte, da hoffte er, daß auchdieser ihm dienen könnte. Er erzählte ihm seine schweren Erleb=nisse, und daß er unschuldig im Gefängnis säße, und bat ihn:„Wenn es dir gut geht, so tue Barmherzigkeit an mir und empfiehlmich dem Pharao, damit er mich aus diesem Hause entlasse!" DerObermundschenk versprach, ihm zu helfen. Als er jedoch erst wiederin seinem Dienst vor Pharao stand, da vergaß er ihn. Erst nachzwei Jahren, als auch Pharao Träume hatte und sich niemand fand,

der sie zu deuten vermochte, gedachte der Obermundschenk an Josephund an das Versprechen, das er ihm gegeben hatte.

c) Josep hs Erhöhung zum R et te r Ä gy p ten s

Weder Pharao noch seine Leute verstanden die Sprache Gottes,die durch die Träume zu ihnen reden wollte. Gottes Sprache versteht

1 Kap. 40,8 ff.

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nur, wer sie im Umgang mit Gott erlernt hat.In dieser Ohnmachtder empfangenen Gottesoffenbarung gegenüber dachte die Wden Joseph, den sie im Kerker gefangenhielt. Der Obermundsprach zu Pharao:„Ich gedenke heute an meine Sünde1" und er=

zählte seine Erlebnisse mit Joseph im Gefängnis, Nun wurdeschleunigst vor Pharao gebracht.Nie wäre Joseph von der Weltge=sucht worden, wenn er ihr nicht auch in seinem Leiden gedientHätte er sich zur Zeit, wo die Ungerechtigkeit und die MaWelt über ihn triumphierte, in sich selbst zurückgezogen und Hofbeamten im Gefängnis ihrem Schicksal und ihrer Ohnmach

lassen, er wäre nie das geworden, was er jetzt werden durfNurjener Glaube gelangte auf dem Weg der Schmach und der Lzu einer königlichen Stellung, der sich sowohl unter fleischBrüdern als auch unter der Ungerechtigkeit der Welt im DiensLiebe bewährte.

Nachdem Pharao Joseph die Träume erzählt hatte, sprachzum Herrscher Ägyptens:„Elohim hat dem Pharao angezeigt, wer zu tun gedenkt. Es werden jetzt sieben Jahre mit großemUber=fluß im ganzen Lande Ägypten kommen; aber nach diesen sieben Hungerjahre eintreten, so daß aller Überfluß im Lande ten vergessen seinwird; und die Hungersnot wird das Land vezehren2/' Mit diesen Worten kündete Joseph dem Pharao sowoGnadenzeit, alsdann aber auch Gerichtszeit an, die über daLand hereinbrechen würde. Damit nun niemand in den schwerster Heimsuchung umkomme, riet Joseph dem HeÄgyptens, während der Jahre des reichen Überflusses rechVorsorge zu treffen, damit man auch die darnach folgendeder Not überwinden könne.

Josephs Worte machten auf den Herrscher jener alten Wel

so tiefen Eindruck, daß Pharao zu seinen Hofbeamten und sprach:„Können wir einen Mann finden wie diesen, in welcheGeist Elohims ist?"Darauf wandte sich Pharao an Joseph und szu ihm:„Nachdem Elohim dir dies alles geoffenbart hat, gikeinen, der so einsichtig und weise wie du wäre. Du selber

1 Kap.4 1 ,9 ff.2

Kap.4 1 ,29 ff.2 41

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über mein Haus gesetzt sein, und deinen Befehlen soll mein ganzesHaus sich fügen; nur den Besitz des Thrones will idi vor dir voraus*haben. .. . Hiermit setze idi dial über ganz Ägyptenland/'

Darnach gab Pharao Joseph den Titel Zaphnath=Paneah, d. h.:

„der das Leben Ernährende". Audi schenkte er ihm Asnath1, die

Tochter Potipheras, des Priesters zu On, zum Weibe. Gott hattegesprodien und jenes Leben ger edit ertigt, das von den Brüdern ver=worfen und verkauft und von der Welt ausgestoßen und vergessenworden war. Nun stand es da, um durch seinen Dienst zum Retterder Welt und deren Zukunft zu werden.

6. Jakobs Zug nach Ägypten

1. Mose 45—50

a) Die Aufnahme im Lande GosenNicht nur Gott und die Welt fanden den Joseph, der im KerkerÄgyptens saß, audi seine Brüder fanden ihn. Auch sie sahen sichgenötigt, in ihrer Not den zu suchen, den sie einst in ihrer Kraftso billig verkauft hatten. Denn als die siebenjährige Teuerung ein=trat, herrschte auch im Lande Kanaan eine Hungersnot. Als nunJakob und seine Söhne hörten, daß Gott Ägypten einen großenRetter gegeben habe, da kamen auch Josephs Brüder nach Ägyptenhinab, um Getreide zu kaufen.

Die Brüder ahnten jedoch nicht, daß es ihr Bruder sei, als siedem jungen Mitregenten vom Pharaonenland gegenüberstanden.Auch Joseph gab sich nach der ersten Begegnung nicht zu erkennen.Obgleich sein Herz in Liebe zu seinen Brüdern brannte, stellte ersich doch zunächst hart ihnen gegenüber. Er wollte erkennen, ob sichihre innere Stellung gewandelt hätte. Einst war ihnen ein „Bruder"sehr wenig wert gewesen. Über das Leid ihres alten Vaters hattensie sich skrupellos hinwegsetzen können. Ihre ganze Handlungsweise

1 Asnath: der Neith, einer ägyptischen Gottheit, Geweihte.Ihr Vaterwar Oberpriester zu On, d. h. in Heliopolis,etwas nordöstlich von Memphis;durch die Ehe wurde auch Joseph in den Pricsteradel Ägyptens erhoben.

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hatte weder eine Lücke in ihrer Mitte, noch eine Wunde inSeele zurückgelassen.

Als Joseph jedoch nach manchen harten Proben, die er füBrüderschuf, erkannte, daß sie sich in ihrer Gesinnung geänhatten, gab er sich schließlich zu erkennen und sprach zu „Ich bin Joseph; lebt mein Vater noch1?" Weinend fiel er seinenBrüdern um den Hals und küßte sie. Darnach sprach er zu „Und nun betrübet euch nicht ..., daß ihr mich hierher verhabt; denn zur Lebenserhaltung hat mich Gott vor euch higeschickt..." Nach dieser Begrüßung ließ er wiederum die Sder Brüder mit Getreide füllen und gab ihnen kostbare Gesfür seinen alten Vater mit und sprach zu ihnen:„Eilet hinauf zumeinem Vater und saget ihm: So hat dein Sohn Joseph gesproGott hat mich zum Herrn über ganz Ägypten gemacht; kommzu mir herab und säume nicht2!"

Mit dieser Botschaft Josephs kamen Jakobs Söhne zu ihrem

Vater zurück. Als dieser die Kunde vernahm, sprach er:„Es ist zu°viel! Joseph, mein Sohn, lebt! Ich gehe hin und will ihn sehen,ich sterbe3." In Anbetung brachte Jakob dem Herrn in Beer=noch ein Dankopfer dar und brach alsdann auf und zog hinaÄgypten zu seinem Sohne Joseph, und zwar mit allen seinedem, Knechten und Mägden, Zelten und Herden.

Nach der herzerschütternden Begegnung mit seinem längloren geglaubten Sohne lebte Jakob mit seinen Kindern nochzehn Jahre in den reichen Gefilden des Gebietes Gosen. Dehatte er sich mit seinen Söhnen und Herden nach dem GPharaos niedergelassen. Von Gosen aus konnte er im Abenseines Lebens noch den gesegneten Dienst Josephs verfolgetiefes Herzeleid war zuletzt in Wonne verwandelt.Aus den Torheitenund Sünden seiner Söhne hatte Gott in seiner BarmherzigkeiRettung für die Zukunft geschaffen.Das ist Gottes Art, Geschichte zmachen zum Heil der Welt: seine Liebe triumphiert über die des Menschen und seine Barmherzigkeit über deren Gerichte

1 Kap . 45 ,3ff.2 K ap. 45 ,5 ff.3 Kap .45,28 ff.

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Ein selten stark bewegtes Leben lag hinter Jakob. Er haber mit Gott durchlebt. Mit seinem Wesen und Charakteer Gott zwar unendlich viel mehr Mühe gemacht als sein VateDa aber Gott durch seine Offenbarung immer wieder siegenauch in seinem Leben, so wurde es selten reich an innerer Sund prophetischem Blick. Das zeigte sein Segen, den er füSöhne in seinem Herzen trug.

Siebzehn Jahre hatte Jakob noch im tiefsten Frieden im Gosen wohnen und zu seiner Freude die Entwicklung und deseiner Söhne und deren Geschlechter miterleben können. Es wgeworden an seinem Abend. Trotzdem war ihm aber der Bdie eigentliche Berufung seiner Söhne nicht verdunkelt. Erdaß diese nicht in Ägypten liegen könne. So reich seineaugenblicklich auch durch Ägypten gesegnet wurden, ihre könne nur in jenem Lande liegen, in das Abraham sich vogeführt sah. In dieser lebendigen Hoffnung rief Jakob, als e

daß sein Ende nahe, seinen Sohn Joseph und sprach zu ihm:„Wennidi Gunst in deinen Augen gefunden habe, so lege doch deinunter meine Hüfte und übe an mir Liebe und Wahrheit: bemidi dodi niait in Ägypten! Idi werde midi zu meinen Väterndann trage midi hinauf von Ägypten und begrabe midi in iBe=gräbnis1!"

Wenn Jakob auch für sein Leben den Tod nahen sah, dienung aufdie Erfüllung der Abraham und Isaak gewordenen heißungen brach ihm nicht zusammen. Er hatte in seinen so bTagen Gott erlebt. Nun konnte er Gott vertrauen auch in denoch nicht die ersehnte Erfüllung gefunden hatte. Von diesemder Hoffnung und des Vertrauens wurden daher auch nochletzten Worte und Handlungen bestimmt und getragen.

b) Jakobs Segen für die Söhne Josephs

Bald nach diesen Ereignissen wurde Joseph mitgeteilt, daschwerkrank sei. Joseph nahm seine beiden Söhne und eiihnen ans Sterbebett seines Vaters. Als Joseph erschien, richtJakob noch einmal auf und erzählte in kurzen Zügen, wie G

1 Kap. 47,29 ff.

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kische und materielle Macht seines Hauses und Geschlechts, unddaher war er der Mund der Zeiten.

Alles in sich selbst Starke kämpft aber in der Weltgeschichte

gegen das sich offenbarende Göttliche. Es genügt sich selbst wieKain, es baut seine Zukunft auf durch eigene Kraft wie Esau. Esbedarf nicht der göttlichen Offenbarung; denn es wandelt im eigenenLichte. Es ist nicht abhängig von der Hilfe und dem Segen Gottes;denn es hilft und segnet sich durch die eigene Faust. Was jedochstark ist in den eigenen Augen, erweist sich auf die Dauer verwerf*lieh für die Erlösung und Ziele Gottes. Wohl läßt Gott das Starkeund Gewaltige immer wieder vorübergehend bestehen und herr=sehen. Die eigentliche Zukunft baute und segnete er aber durch dasSchwache, das sich in seine Offenbarung hineinziehen und durchseinen Geist inspirieren ließ. Darin liegt das Geheimnis, daß derErstgeborene in Gottes Augen zurücktreten mußte vor dem Jün=geren und diesem bei all seiner Schwachheit dennoch der Segen und

die Zukunft gehörten.

c) Jakobs Segen für seine Söhne

Nachdem Jakob Ephraim und Manasse durch Adoption und Segenmit hineingezogen hatte in seinen eigenen Familienstamm, ließ erseine Söhne zusammenkommen und sprach zu ihnen: „Sammelt euch

alle in einem! Ich möchte euch ansagen, was euch begegnen wird inkünftigen Tagen. Haltet zusammen und höret, Söhne Jakobs! Und'höret auf euren Vater Israel!" Diese Abschiedsworte waren dasgeistige Vermächtnis an alle Söhne Jakobs. Sie enthielten die Auf»forderung, sich auf ein Ziel gemeinsam einzustellen, brüderlich zu=sammenzuhalten und zu hören, was Gott und die Väter ihnen zusagen hätten. Von diesen drei geistigen Potenzen sollte die Geschichteund Zukunft Israels getragen werden. Zunächst: „Sammelt euch allein einem!" Der hebräische Ausdruck für „Sammelt euch" hat dieBedeutung: „etwas aus dem Kreise oder der örtlichkeit, wo eseigentlich nicht hingehört, dorthin aufnehmen, wohin es gehört".Es liegt darin immer die Verwandtschaft mit dem Begriff „lösen",d. h. ein Sich=Loslösen von allem Fremden und Ungehörigen. JakobsTestament forderte daher seine Söhne auf, sich dem Wesen nach von

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allem Fremden und Ungehörigen zu lösen, das niàit in AbraBerufung und prophetische Mission hineingehöre.Sie sollten sichalle aufnehmen lassen in die göttliche Bestimmung und ErwAbrahams:„Idi will dial segnen! Werde du ein Segen!"Dies sollte

ihr gemeinsames Ziel sein, trotz der charakteristischen Verscheit ihres Geistes und ihrer Anlagen. Daher lehren seitdejüdischen Weisen: „Erst mußein Sinn alle Söhne der Jakobsfamidurchdringen, ehe das Ende der Tage" und damit das zuküZeitalter komme.

Sodann:„Haltet zusammen1/' Im prophetischen Geiste sah Jak

die Gefahren,die für seine Söhne nahten: Gefahren äußerlicheinnerlicher Natur. Feindschaft der Völker würde ihre nationaheit zu zerreißen drohen, Entfremdung von Gott die geistige der Stämme untereinander auflösen. Das bedeutete jedoch ein Herausfallen aus der göttlichen Berufung und Zukunft

Daher drittens:„Und höret, Söhne Jakobs! Und höret auf euVater Israel!" „Höret!", das soll ein besonderes Merkmal Stämme Jakobs für alle Zukunft sein. Es ist das Charisma derPropheten und Lehrer. Sie „hören", daher können sie zumhorchen und zum Gehorsam ermutigen. Jederzeit war die Tder Geschichte des zukünftigen Volkes ein „Höre, Israel!" Dedauernde Einheit und ein gemeinsames Ziel gewinnt ein Vodurch eine gemeinsame Geisteshaltung. Diese sollte Israel

durch die Offenbarung, durch das lebendige, ewige Wort Gottes werden. Ohne den Geist der Offenbarung lebte auchwie die anderen semitischen Nachbarvölker im eigenen GeisteStärke und Zukunft sollte aber nicht in seiner nationalen sondern allein in seiner prophetischen Mission liegen.Ein Gottes*prophet ist aber niàit denkbar ohne ein Ohr für die Sprache G

ohne Hingabe an den Geist der Offenbarung.Daher legte Jakob ster=bend seinen Söhnen ans Herz: „Habt ein Ohr", habt SinGeistige, „dürstet nach Geistigem" und Ewigem, wie das Wseiner Tiefe heißt, „schöpfet, trinkt gern Geist", indem ihraus der euch von Gott werdenden Offenbarung! Sie spricht zauch aus den Worten eures Vaters, dessen Name Israel füeine einigende Bedeutung und „das moralische Gewicht" ha

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auch diese wollen Zeugnis davon ablegen, was Gott denen zvermag, die wie Abraham, Isaak und Jakob zu hören wagenGott spricht.Das war das gemeinsame Testament an Jakobs Sö

Nun folgte, was Jakob dem einzelnen seiner Söhne noch ders zu künden hatte. Ähnlich wie einst Noah schaute auchprophetischen Geiste in den verschiedenen charakteristischen Wzügen seiner Söhne deren Zukunft. Er wendet sich erstens anRuben:„Ruben, mein Erstgeborener bist du, meine Kraft und der meiner Habe, bevorzugt an Würde und bevorzugt an Mac—Jedodi eine dem Wasser gleiche Haltlosigkeit (deines Chara

läßt den Vorzug nicht zu; denn du hast das Lager deines Vbestiegen; damals hast du entweiht das Bett— mein Lager hat er bestiegen1/' Äußerlich besaß Ruben alle Vorzüge, der Fürst sBrüder und das geistige Oberhaupt und der Leiter der SIsraels in der kommenden Geschichte zu sein. Er war als borener bevorzugt an Würde und auch an Macht vor allen Brüdern. Ihm hätten die Stellung des Erstgeborenen, das Pturn und die Königsherrschaft zufallen müssen. Sein Charakjedoch beweglich und fließend wie das Wasser:ihm fehlte die innereFestigkeit und Zielbewußtheit.Die Stürme und Versuchungen vaußen waren stärker als seine Grundsätze und seine Kraft imEr war fähig, in der Stunde der Versuchung das Heiligste zu oum das Schandbarste zu genießen.Das hatte er bewiesen, als er völliger Pietätlosigkeit das Bett seines Vaters bestiegen hatte2. Werjedoch selbst im Sturm nicht steht, kann andere in den StürmZukunft nicht führen. Nicht äußere Vormachtstellung, sondeder Offenbarung Gottes gewordene Vollmacht und Charaktegeben die Autorität, geistiger Führer der Schwächeren zu se

Die spätere Geschichte Rubens hat Jakobs prophetische

gerechtfertigt. Rubens Stamm sah sich nie befähigt, den Gund den Geist seiner großen Ahnen zu vertreten und vorbinmitten seiner Bruderstämme zu leben. „In der mosaischen Zer sich als mißvergnügter Adel, dem die Herrschaft versagt

* Kap. 49 ,3.4 .2

Kap.35,22 ff.

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dem Demagogen Korah ins Schlepptau nehmen1." Bei der Einnahmedes Ostjordanlandes sicherte er sich seinen Besitz und erklärbereit, den anderen Stämmen zu helfen, damit auch sie zuErbteil gelangten. In der Notzeit der Richterin Debora entziehtjedoch seinen Verpflichtungen. Während seine BruderstämWesten schwer um ihre Freiheit ringen, pflegt er seine wohlgeHerden und verliert sich in Träumereien, im Plänemachen undTatenlosigkeit. Die Geschichte Israels weiß von keinem Rkeinem König, keinem Propheten, der aus Rubens Stamm hgegangen wäre. „Ein schlechter Sohn konnte von den BrüdernGehorsam verlangen, der Unbeherrschte taugte nicht zum Her

Alsdann sprach Jakob zu den nächsten zwei SöhnenSimeonundLevi: „Simeon und Levi, Brüder sind's, Werkzeuge der Gewsind ihre Bewerbungen. In ihren Rat darf meine Seele nicht koin ihrer Versammlung meine Ehre sich nicht anschließen; deihrem Zorn haben sie an Menschen Mord geübt, während sie

durch ihre Freundlichkeit deren Stiereskraft lähmten. Fluch dihrem Zorne, da er so gewalttätig, und ihrer Ausschreitung, da grausam war! Verteilen will ich sie in Jakob und sie zerstreuIsrael2." Diese Zukunftsperspektiven aus dem Munde des sterbVaters waren hart, aber sie entsprachen der Härte der Handim Leben dieser beiden Brüder.Ihre geistige Einheit hatte sich al

eine Macht erwiesen, die das Heilige(die Beschneidung)in denDienst des gemeinen Betruges und des Verbrechens stellte,um dieStierkraft, d. h. die Verteidigungskraft der Männer von Sichlähmen. Alsdann hatte ihr Zorn sie zu Ausschreitungen gefüjenes Verbrechen weit überboten, das zu sühnen sie sich als ihrer entführten Schwester berufen sahen. „Während Rubwenig Selbständigkeit, zu wenig inneren Halt hatte, war in ihBewußtsein der Kraft zu heiß und kannte, wo es das Gesagalt, keine Rücksicht3." Sie erwiesen sich daher ebenso untaugzur geistlichen Führung innerhalb ihrer Brüder wie Rubenfuhren in Israel sollte nur, wer in jenem Geiste Abrahams

1 4.Mose 16.2 Kap.49,5 ff.8 S. R. Hirsch.

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würde, dem auch im Blick auf das Gesamtleben nicht nur disondern auch die Mittel und Wege heilig und rein sein müss

Als vierter standJuda vor seinem sterbenden Vater und höihn sprechen:„Juda, du bist es, dir werden deine Brüder huldigDeine Hand sitzt im Nacken deiner Feinde. Dir beugensich die Söhnedeines Vaters. Eine Löwenbrut ist Juda, vom Raube bist du,Sohn, aufgestiegen; aber lagert er, reckt sich wie ein Leu undeine Löwin ~ wer möchte ihn aufscheuchen? Nicht wird wHerrscherstab von Juda und Gesetzesgriffel zwischen seinen hinweg, bis daß Schilo kommt, dem werden die Völker zuf1."

Vergeblich hatte Jakob bisher auf den gewartet, dem die gFührung innerhalb seiner Söhne für die Zukunft werden solnun Juda kam, da erhob sich seine prophetische Seele, und er„Juda, du bist es! Dir werden deine Brüder huldigen."„In einemGemälde, das mit so wenigen Pinselstrichen ein Bild von der samsten Dimension hinhaucht, ist man berechtigt, die leiseste zu beachten." In Juda w erden zwei Wesenszüge sich harmonieinigen,die ihm die Überlegenheit nach außen und die Achinnerhalb seiner Brüder verschaffen werden.Seine Hand wird imNacken seiner Feinde sitzen. Was ihn überlegen machen wAngesichte der anderen Völker, ist nicht die Faust am Scsondern die Hand an der Sichel. Denn die Hand ist Symbfriedlichen Dienstes, der fruchtbringenden Arbeit und des pliehen Segnens. Der Führer Israels im Geiste Abrahams lebim Geiste Lamechs, pflegt nicht Nimrods Politik, baut nicht Türme und behauptet sich nicht durch Esaus Schwert.

Zwar erscheint auch er im Bilde des Löwen, wahrscheinlicnur, um seine achtunggebietende Größe zu veranschaulichenInspirationen sind nicht jugendliche Begeisterung, leidenscha

Enthusiasmus, wilde Kampfeslust, sondern der Geist der barung, der sich in Besonnenheit und Nüchternheit auswirkAlter ist nicht Schwäche, seine Ruhe nicht Müdigkeit, seinenicht Raubbesitz, sondern der Gewinn eines starken LebenSein

1 Kap.49, 8 ff. Der riditige Sinn des Textes ist sehr schwer wizugeben, da die Ausleger je nach ihrer Stellung und Auffassung gaschiedene Begriffe mit den einzelnen Textworten verbinden.

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Lebensadel wird aus innerem Seelenadel fließen und seine sich mit Ruhe verbinden, sein Reichtum die Frucht friedlichersein.

Daher wird auch nicht der Herrscherstab und der Schreibdes Gesetzes und des Befehlshabers zwischen seinen Füßen hgenommen werden. Herrscherstab und Schreibgriffel warenein Symbol der herrschenden Macht.Das Szepter ist Bild „der ausübenden Gewalt, die die Dinge in die gehörige Ordnung bridarin erhält"; der Schreibgriffel galt als Bild der Geistesauindem er die Worte und Befehle des Führers als Gesetze in To

schrieb, damit sie dem Volke als unvergeßliche Unterweisungkonnten. Diese Thora für das Volk ist aber von der Seele Führers aus der Offenbarung Gottes gewonnen worden.

Solch eine geistige Führung soll dauern, bis „Schilo" kDenn unter Schilo versteht Jakob den letzten Sprößling, densich und seinem Sterbebette aus in dunkler Zukunft in der Ge

zukünftiger Geschlechter kommen sieht, scheinbar als ein Aufleuchten der Flamme eines untergehenden Volkes. Aber inSchwachheit wird ungeahnte Kraft, in dessen Unscheinbarkdagewesener Seelenadel und völkerbefreiende GeistesgrößeDaher werden ihm die altersschwachen und müdgetobten Vöfallen.

Alsdann kann Schilo„sein Füllen an den Weinstock, an die eRebe seiner Eselin Sohn binden; er hat in Wein sein Gewange=badet, im Traubenblut seinen Mantel; glühend sind seine von Wein, weiß seine Zähne von Milch1". Das ist ein Bild des Friedens und nicht des Kampfes und der Raublust. Der Führererscheint nicht auf stolzem Schlachtroß, wird nicht gedeckt duglänzende Leibgarde, sondern reitet auf dem Tier friedlicherWar es doch später— offenbar auf Grund dieser Jakobsworte— denisraelitischen Königen verboten, Marställe zur Pflege von rossen zu halten2. Schilos Reich ist ein Reich des Friedens unSegens, der Ruhe und der Fruchtbarkeit. Der Weinstock gesolcher Fülle, daß der Fürst sein Gewand in Wein badet und

1 Kap.49, 11. 12.2 Vgl. 5. Mose 17,16; Ps. 20, 8; Spr.21,31;Sadi. 9,10.

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Mantel färbt in Traubenblut. Seine Augen glänzen, funkeReinheit und Klarheit wie der perlende Wein, und seine Zähnweiß von Milch.

Es ist verständlich, daß sowohl von Mose und den Propheauch von der Synagoge und der Kirche diese Worte von altauf den erwartetenGesalbten des Herrn: auf den MessiaskönIsraels und den Heiland der Weltgedeutet worden sind. Denn ekann niemand anders sein, den Jakob in seiner prophetischenschau als Schilo kommen sah, als der König der Menschheit, alternden Völker durch Gerechtigkeit und Frieden erlösen wirdden doch in diesen Worten Jakobs bereits all jene Wesenszüerwarteten Heilskönigs und ersehnten Völkerheilandes angedie später von den Propheten mit klaren, anschaulichen Wbeschrieben wurden. Kann der Prophet Sacharja doch im Bldiesen von Gott gesalbten Friedenskönig seine Freudenbotscdie Worte zusammenfassen:„Frohlocke laut, Tochter Zion! Brich i

Jubel aus, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dige=recht und sieghaft ist er, demütig, und reitet auf einem Eselzwar auf einem Füllen, dem Jungen einer Eselin. Dann will iKriegswagen aus Ephraim ausrotten und die Kriegsrosse ausJerusa=lem.;auch die Kriegsbogen sollen vernichtet werden. Und er wirHeidenvölkern Frieden gebieten, und seine Herrschaft reichMeer zu Meer und vom Euphratstrom bis an die Enden der E1."Wird erst dieser Gottesgesalbte die Geschicke der Völker inHand nehmen können, dann erlöst er die Welt nicht durch BlTränen, dann unterwirft er die Seufzenden nicht zu ewigemdienst, dann färbt er seinen Mantel nicht im Blut des Nächstenseinen Geist der Gerechtigkeit und des Friedens sollen Völkund Natur so erlöst werden, daß selbst auf den Schellen der

die Prägung stehen wird:„Heilig dem Herrn2!"

Nach Juda erschienSebulon,und Jakob sprach:„Sebulon wird aneiner Hafenbucht der Meere wohnen und am Gestade der Scund sein äußerstes Gebiet wird an Sidon reichen."Jakob sieht mithinin Sebulon einen Handelsstamm entstehen, der an einer Hafe

1 Sadi.9,9ff.2 Sadi. 14,20.

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wohnen wird, um die Produkte und den Reichtum des LandesHandelsschiffe abzusetzen, die seinen Hafen aufsuchen werdeW elthandel wird er nicht gelangen, sondern seine Grenze reichüber Sidon, „diese bedeutendste Handelsgröße der Alten hinaus.

Im Gegensatz zu Sebulons Beruf steht der desIsaschar. Nach denWorten Jakobs wird er„ein starkknochiges Lasttiersein, das zwi=sehen den Geräten ruht. Er hat gesehen, daß die Ruhe das Guund daß der Acker dem entspreche; darum hat er seine Schzum Tragen geneigt und sich zum Frondienst des Ackerbaue

gegeben."1

Sebulons Seele kennt nicht den Reiz nach „Kriegerrunach „Handelsgewinn", nach Machtbesitz. Er sieht andere Gund Schätze,die durch die Kraft hingebender Arbeit gewonnenwer=den können.Daher unterstellt er seine Schulter dieser Arbeit überläßt Juda den „Führerstab" und Sebulon die „Kaufmannsund findet seinen Wohlstand im häuslichen Kreise, wo er w

der Feierzeiten zwischen seinen Ackerbaugeräten ruht.DemDan verkündete Jakob, daß er„das Recht seines Volkes ver*treten" werde wie irgendeiner der anderen Stämme Israels. Er„eine Schlange an der Heerstraße, eine Natter am Pfade"werden, dieden vorüberziehenden Rossen der Fremden in die Ferse sticht,der Reiter von dem sich plötzlich aufbäumenden Rosse rücklinunterstürzt. Seine Waffe wird nicht äußere Macht, sondern Sheit sein, und durch diese wird er sein Land zu brandschatzen Seinen Ausspruch an Dan begleitete Jakob alsdann mit demSeufzer seiner Seele:„Auf deine Hilfe hoffe ich, Jahve!"

Ähnlich wie Dan wird auchGad sich vor feindlichen Eindringlingen zu schützen versuchen; denn er wird„wie ein Keil" in siehineinfahren,ja wie„ein Keil wird er in ihre Ferse"fahren und sodie Kraft der eingedrungenen und plündernden Freischaren l

Die beiden nächsten Söhne Jakobs,Asser und Naphthali,sollenihre Eigentümlichkeit mehr in der Pflege des inneren Lebens„Asser hat Brot im Überfluß, und Königsleckerbissen lieferund „Naphthali ist ein rehgleicher Bote, und er läßt schöne R(oder Lieder) vernehmen".

1 Kap. 49,14,15.

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Josephwar dem Herzen Jakobs„eine jungeFruchtrebe,eine jungeFruchtrebe an der Quelle".„Dieser Quell, in welchem und aus wehern Joseph den Adel der Gesinnung sog, war wohl kein als seine Mutter Rahel, deren Gedächtnis ja Jakob in seinenTagen besonders erfüllte." Josephs Gesinnungs= und Geistesaso voller Kraft, daß„seine Zweige über die Mauern kroàien"und erdurch die Frucht seines Lebens auch die Ägypter segnete. Woher von feindlichen Pfeilen heftig beschossen,„sein Bogen jedoch,bleibt fest, und gelenkig sind seine Arme und Hände infolHilfe des starken Gottes Jakobs, von dort her, wo der Hirt

Felsen Israels, ist, von dem Gott deines Vaters — er helfe d—und mit dem Beistand des Allmächtigen, der dich segnen möS e gens fülle".

Mancher äußere und innere Kampf war durch Josephs Segangen. Manche Leiden, Enttäuschungen und Bitterkeiten hatLeben bedroht. Aber seine Seele war stark geblieben, da ihm

geworden war von dem starken Gott Jakobs, der ihmhalf, als seineBrüder ihn skrupellos verkauften; der ihn segnete, als er imPotiphars diente; der mit ihm war, als er im Kerker Pharader ihm den Geist der Weisheit und Besonnenheit gab, als Ägyptenland in den Jahren der Teurung zu retten hatte. JFührung und erlebte Gotteshilfe überwältigten Jakobs Seelewieder so stark, daß sie in Anbetung überfloß, und sterbend wer noch, daß alle Segnungen, die auch sein eigenes Leben sgemacht haben, kommen möchten auf „den Scheitel des Geunter seinen Brüdern".

Zuletzt wandte sich Jakob noch demBenjamin,dem Spätgebore=nen, zu und sprach:„Benjamin wird den Wolf zerreißen, am Morschon zehrt er ein Stück, aber am Abend wird er ihn zerte

Nach späterer jüdischer Überlieferung soll Amalek, dieserErzfeind der Jakobsherde, nicht durch Juda, sondern durcschwächsten und kleinsten der Söhne Raheis vernichtet werdeJakobs Worten soll dies jedoch erst am Abend, am Ende dschichte der Söhne Israels, geschehen; denn dann wird Beden erlegtenWolf, der den ganzen Tag die Herde bedrohte,

Beute unter seinen Brüdern verteilen.

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Literaturnadiweis

D.OttoProcksch:Die Genesis.Samson RaphaelHirsch:Die Genesis.Arnold B.Ehrlich:Randglossen zur hebräisdien Bibel, Band I.D.EduardKönig:Die Genesis.Dr. FranzDelitzsch:Genesis.D.HermannGunkel:Die Genesis.D.K.Barth:Römerbrief. 3. Aufl.D.PaulJäger:Festland II: Wege zu Christus.D.FriedrichGogarten:Von Glauben und Offenbarung.

D.FriedrichGogarten:

Die religiöse Entscheidung.D.WilhelmVischer: Das Christuszeugnis des Alten TestamentsBandI : Das Gesetz.

B.Jakob:Das erste Buch der Thora.D.OttoWeber:Bibelkunde des Alten Testaments.

Als Hilfsmittel dienten die bekannten hebräischen WörterbüWörtlich Übernommenes ist durch Anführungszeichen geken

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