Das lebendige Wort - Band 13 - Die Psalmen 1-72

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    n s B r a r i

    D EP S A L M E NPsalm 1 - 7 2

    L D A S LEBENDIG E W O R T J

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    Hans BrandenburgDie Psalmen I

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    Jakob Kroeker/Hans BrandenburgDas lebendige Wort

    Eine Einfhrung in die gttlichen Gedankengnge undLebensprinzipien des Alten Testaments

    Insgesamt 3992 Seiten. KartoniertBand 1 Schpfung - Noah (1 . Mose 1-11)Band 2 Abraham - Isaak - Jakob (1. Mose 12-50)Band 3 Israel (2.-5. Mose / Josua / Richter / Samuel / Knige)BandBandBandBandBandBand

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    Amos und HoseaJesaja I (Jesaja 1-39)Jesaja II (Jesaja 40-6JeremaHesekielDaniel

    Band 10 Die kleinen Propheten I(Joel / Obadja / Jona / Micha / Nahum / H abakuk / Zephanja)Band 11 Die kleinen Propheten II(Haggai / Sacharja / Maleachi mit Esra und Nehemia)Band 12 Das Buch H iobBand 13 Die Psalmen I (Psalm 1-72)Band 14 Die Psalmen II (Psalm 73-150)Band 15 Sprche, Prediger und Hohelied

    Jeder Band ist in sich abgeschlossen und kann auch einzeln bezogenwerden.

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    Hans Brandenburg

    Die PsalmenI. Teil: Psalm 1-72Das Gebetbuch des Volkes Gottes

    B R U N N E N VERLAG GIESSEN/BASEL

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    Das lebendige Wort, Band 13

    CIP-Titelaufnahme der Deutschen BibliothekBrandenburg, Hans:Die Psalmen : das Gebetbuch des Volkes Gottes /Hans Brandenburg. -Giessen ; Basel : Brunnen-Verl.;Bad Liebenzell : VLM1. Aufl. als: Das lebendige Wort ; Bd. 121. Aufl. u .d.T .: Brandenburg, Hans: Der PsalterISBN 3-7655-5400-6 (Gesamtw.)

    Teil 1. Psalm 1-72. - 3. Aufl. - 1989(Das lebendige Wort ; Bd. 13)ISBN 3-7655-5413-8 (Brunnen-Verl.) kart.ISBN 3-88002-213-5 (VLM) kart.3. Auflage 1989

    1967 Brunnen Verlag GieenHerstellung: St.-Johannis-Druckerei, Lahr

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    5 VorwortEin Vorwort, das zugleich eine Einleitung ist

    Mit groer Freude empfing ich den Auftrag, auch den Psalter frdieses Bibelwerk zu bearbeiten. Aber je lnger, je mehr merkte ich,da gerade diese Aufgabe ihre besonderen Schwierigkeiten hat. Nichtnu r der Reichtum der Psalmen m it der Mannigfaltigkeit ihres Inhalts,auf den schon einst Luther in seiner bekannten Einleitung zum.Psalter hinwies, erschwert eine solche Arbeit auerordentlich. Es istauch in alter wie in neuester Zeit eine solche Flle von wichtigenArbeiten ber die Psalmen erschienen, da viele Jahre dazu gehrten,wenn man sich in diese Literatur hineinarbeiten wollte. Es war frmich ein schmerzliches Erkennen, da meine Kraft nur dahin aus=reicht, einen kleinen Teil der vorhandenen Literatur zu benutzen.Der Kenner wird daher im Literaturverzeichnis vieles vermissen,worauf ich aus zeitlichen und anderen Grnden verzichten mute.Dazu gehren auch unzhlige Aufstze und wichtige Spezialarbeiten,die in den Fachzeitschriften verffentlicht sind, und ebenso alleLiteratur in fremden Sprachen.Um so dankbarer aber erwhne idi hier die Bcher, die mich beimeiner Arbeit stndig begleitet haben. Da ist vor allem der zwei=bndige Kommentar von Professor Hans=Joachim Kraus. Ohnemich sklavisch an diesen guten Kenner der Psalmen und der einschl=gigen Literatur zu halten, habe ich doch mit Dankbarkeit und stei=gendem Interesse sein Werk Seite um Seite durchgearbeitet. Ausdiesem Werk bringe ich fters kurze prgnante Zitate. Ich habe ver=sucht, manche der Krausschen Gedanken der Gemeinde und ihrenBibellesern, denen meine Arbeit gilt, zu bermitteln. Von lterenKommentaren las ich mit gleicher Dankbarkeit die heute noch frjeden Theologen wichtigen Auslegungen von Franz Delitzsch. Seinegrammatikalischen und lexikalischen Kenntnisse sind kaum zu ber=treffen. Diese beiden Kommentare lesen das Alte Testament als Vor=bereitung zum Neuen Testament, wobei Kraus, wie zu erwarten ist,auf die modernen Fragestellungen grndlich eingeht. Als drittes Buchnenne ich die Psalmenerklrung von Helmut Lamparter. Seine ber*Setzung liest sich so flssig, da man merkt: Hier schreibt einer, derselbst den Lobpreis Gottes oft genug in Verse fat. Fr die Bibel=

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    Vorwort 6freunde in der Gemeinde wte ich keine bessere Psalmenerklrungals diese. Mir kam beim Lesen der Gedanke: Warum schreibst dudenn auch noch eine Psalmenauslegung?Darum bin ich mit Absicht einen etwas anderen Weg gegangenals in meinen Prophetenauslegungen (Jesaja II, Kleine Propheten Iund II, Hesekiel). Nicht ein Buch zum schnellen, wenn auch aufmerk=sam en D urchlesen sollen diese Psalm enerklrung en sein, sondern einArbeitsbuch. Ich habe versucht, den Leser in die Studierstube mitzu=nehmen, lasse ihn teilnehmen an den Schwierigkeiten der ber=Setzung, an der Sinndeutung der Ausdrcke und je und dann auchan der Eigenart der hebrischen Sprache des Alten Testaments. Weilso das Buch keine hohe Gelehrsamkeit der Zunft zeigt, sondern m ehrdie Bemhung eines alten Studenten, so hoffe ich, da nicht nurPfarrer, Prediger, Missionare, Seminaristen usw. in ihm eine be=scheidene Hilfe haben werden, sondern da auch die besagten Bibel=freunde, die das Denken nicht scheuen und nicht zu schnell einebillige Erbaulichkeit suchen, das Buch benutzen werden.ber die genannten drei Bcher hinaus nenne ich mit besondererFreude Emil Taubes, des weiland Generalsuperintendenten in Dan=zig, Praktische Auslegung der Psalmen", die seit vielen Jahrenmeine Liebe haben. Auch Riegers kurze Erklrungen vermitteln einegeistvolle und tief fromme Erkenntnis. Da ich immer gern LuthersErklrung ergriff, drfte selbstverstndlich sein. An bersetzungenschtze ich Ludwig Albrecht sehr, der sich in seinen trefflichen kurzenFunoten meist an Delitzsch hlt. Dazu bevorzuge ich als berset=zungshilfe Schlachters Miniaturbibel, die immer noch jeden Vergleichmit neuen bersetzungen aushlt. Im brigen verweise ich auf dasLiteraturverzeichnis. Es gilt auch diesmal, da ich von den ange=gebenen Bchern und Schriften einiges nur flchtig und gelegentlichzur Hand nahm.Da der Verlag in seinem Bibelwerk zum Alten Testament diePsalmen und die anderen Lehrschriften nicht missen wollte, ist be=greiflich. Die theologische Haltung dieses Werkes brauche ich wohlkaum neu zu umschreiben. Auch ohne Jakob Kroekers originelle Artkopieren zu knnen, glaube ich doch meinem lngst heimgegangenenFreunde treu geblieben zu sein, wenn ich alle historischen und gram=

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    7 Vorwortmanschen Hilfsmittel nach Krften heranholte, die irdisch=mensch=liehe Seite der Textberlieferung nicht verschwieg und dennoch voneiner inspirierten Offenbarung Gottes im Ganzen der Bibel rede.Damit meine ich gewi keine mechanistische Inspiration, die zu einerversklavenden Gesetzlichkeit fhrt. Eine solche gewinnt leider heutein der Abwehr gegen die relativierende Theologie unserer Tage wie=der Einflu unter den schlichten Lesern der Bibel. Ich mchte unsereAuffassung der Inspiration der Bibel durch Gottes Geist zum Unter=schied von einer mechanistischen Inspiration eine dynamische nen=nen. Alles in der Bibel, jeder Abschnitt, ist ernst zu nehmen. Abersie ist unserer Arbeit und unserem Flei bergeben und darum auchder Sichtung und geistlichen Beurteilung von der Mitte der Bibel von Jesus Christus her zugewiesen. Die Bibel gleicht nicht einemTopf mit Brei, der so gut durchgekocht ist, da es gleich wre, wowir unsern Lffel hineinstecken. Der Glaube an Jesus gibt demBibelleser ganz bestimmte Akzente. Insofern lesen wir die Bibel ge=wi kritisch" im Sinne von 1. Kor. 2, 1416. Eine blo histo=rische Kritik gengt uns nicht. Die historische Sicht ist vollerZweifel und Ungewiheiten. Ihr Wissen ist in stetem Flu. Es gibtnach unserer berzeugung Tiefenschichten in der Bibel, an die wirnoch nicht mit lexikalischen, grammatikalischen oder religionsge=schichtlichen Mastben herankommen. Wir frchten uns nicht ein=mal vor Allegorien, wenn sie zuchtvoll und zurckhaltend benutztwerden. Erst dem Glaubensauge tun sich Reichtmer auf, die keinenoch so hohe Gelehrsamkeit erreicht. Darum sind wir nie am Endeund Ziel der Bibelarbeit. Das gilt selbstverstndlich auch fr dieseAuslegung. Die Aufgabe, die wir uns mit unserer Auslegung gestellthaben, ist aber erreicht, wenn viele Leser Lust gewinnen mitzuarbei=ten. Solch einem betenden Bibelleser kommt die Freude an GottesWort, von der schon der erste Psalm spricht. Insofern tut dieses Buchnur einen vorbereitenden Dienst. Es bleibt bei Johann Albrecht Ben=gels Rat: Applica te ad textum et applica textum ad te!" (Rcke dichselbst an den Text heran, und la den Text an dich selbst heran=kommen !)

    Die bersetzung ist keineswegs vorbildlich. Wir wiederholen dasschon oft Gesagte: Jede bersetzung ist ein Stck Auslegung. Trotz

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    Vorwort 8vieler guter Vorbilder habe ich eine selbstndige bersetzung ver=sucht, weil sie zu r E rklrung geh rt. Sie will weder schn " sein,noch ist sie immer wortwrtlich, aber sie sucht den Sinn des Texteswiederzugeben, wie ich ihn zu verstehen vermag. Wo mein Verstandnicht ausreichte, habe ich es offen zugegeben. Ich bekenne gern, daich fr meinen persnlichen Gebrauch entweder den hebrischenGrundtext oder Luthers bersetzung lese, die in ihrer Kraft unddichterischen Schnheit noch von niemand bertroffen wurde ganzbesonders im Psalter.Ich habe in diesem Buch die hebrische Sprache einige Male opa=lisierend" genannt. Ein Opal schillert in verschiedenen Farben, jenach der Beleuchtung oder dem Stand des Beschauers. hnlich hatdie hebrische Sprache die Eigenart, mit der gleichen Wortform vie=lerlef auszudrcken. So kann etwa der erste Satz des 23. Psalms ge=lesen werden: M irw ird nichts m ang eln" oder: M ir m angelte nichts"oder: Mir mangelt nichts." Der 72. Psalm wird von den meisten inWunschform bersetzt; man kann ihn aber auch, wie ich es tat, alsZukunftsaussage lesen. Der Leser darf aber nicht fragen: Ja, wasist nun richtig?" Formal richtig ist eben jede der genannten ber=Setzungen. Es gehrt zur Lebendigkeit der Sprache, die Gott zu un=serer Anrede benutzt, da sie bald so, bald so klingt". Die lateini=sehe Sprache mit ihrer kalten Logik wre dazu vllig ungeeignet.Wir sehen auch hier ein Stck gttlicher Providenz (Vorsehung). DieAufgabe dieser Erklrung ist also einfach die, den Bibelleser mg=liehst nahe an den Text heranzubringen, damit er diesen aus demGanzen der Bibel verstehen lerne. Deshalb sind viel biblische Paral*Ielstellen gebracht. Wer sie fleiig nachschlgt, wird auf diese Weiseseine Bibelkenntnis mehren. Er wird bald in der Lage sein, weiterepassende Stellen zu finden, was zur Freude des Bibellesers gehrensollte. Gewi ist dabei eine gute Bibelkonkordanz ein praktischesHilfsmittel.Viele interessante Fragen mute ich weglassen, nicht nur ausRaumgrnden, sondern auch um den Leser nicht mit zu viel Proble=men zu belasten. So etwa die Frage der Metrik der einzelnen Psal=men. Manchen Leser wird es auch befremden, da ich auf die ber*Schriften der Psalmen kaum eingegangen bin. Die Vermutung der

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    9 VorwortTheologen, da diese verhltnismig spt von den synagogalenBearbeitern beigefgt sind, wird auch dadurch wahrscheinlich, dadie Septuaginta, die alte griechische bersetzung aus dem viertenJahrhundert vor Christus, in den berschriften weithin abweicht.Vielleicht wollen die berschriften berhaupt nicht die Entstehungs=zeit der Psalmen aussagen, sondern jene Geschichtsabschnitte er=whnen, bei deren Lesung die betreffenden Psalmen gesungen wer=den sollten. Das gilt von jenen berschriften, die einen Psalm in einebestimm te Situation des Lebens D avids stellen (z. B. Ps. 5 4 ; 5660u. a.). Doch kann es sein, da wir in dieser Frage noch groe ber=raschungen erleben w erden. In der berschrift werden oft auchMusikinstrumente angegeben, die nicht immer eindeutig beschriebenwerden knnen, oder auch Melodien, die dann den Anfangeines offenbar sonst bekannten Liedes nennen (z. B. Ps. 45; 46;$6; 60 u. a.). Auch das im Text oft erscheinende Selah" gehrtoffenbar zu den Musikzeichen, auf das der Spieler der Begleitinstru=mente zu achten hat. Ganz sicher ist diese Erklrung jedoch nicht.Sehr schwierig ist die Frage nach den Verfassern. In alter Zeitwar es selbstverstndlich, den Psalter als Ganzes auf David zurck=zufhren. Es ist aber ohne weiteres deutlich, da viele Psalmen aufAsaph (50; 7383) oder auf die Korachiten (4249; 84; 85; 87; 88)zurckgefhrt sein wollen. Genannt werden in den berschriftenauch Jeduthun (39; 62; jy), Heman (88) und Ethan (89). Alle dieseNamen, auch Asaph und die Korachiten, finden wir unter den so=genannten Sangmeistern in der Chronik aufgezhlt. Es bleibt aberundeutlich, ob Text oder Melodie auf sie zurckgefhrt wird oderob die Lieder ihnen gewidmet sind, bzw. aus ihren Sammlungenstammen. Das gilt auch von der groen Zahl Psalmen, die DavidsNamen in der berschrift tragen. Einst galt es als positiv", mg=liehst viele Psalmen auf David zurckzufhren, wohingegen dieLiberalen" eine mglichst groe Zahl der Psalmen der Makkaber=zeit zuschrieben. Heute ist die Theologie sachlicher geworden undlt sich auch in dieser Frage nicht von Parteircksichten bewegen.Geblieben aber ist eine seltsame Scheu, einen Psalm ausdrcklichDavid zuzuschreiben. Wir wollen in diese schwere Problematik nichteinsteigen, wenngleich uns nicht deutlich geworden ist, woher diese

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    Vorwort ioScheu kommt. Uns scheinen die Grnde, auch die meisten Frh=psalmen David abzusprechen, nicht stichhaltig. Aber man ist heut=zutage immer noch aller Tradition gegenber mitrauisch.Wem die Bibel auch die Psalmen zur Quelle gttlicher Offen=barung wurde, der ist an der Verfasserfrage nicht in erster Linieinteressiert. Wer die einzelnen Psalmen auch geschrieben haben mag ob David oder Asaph oder ein Korachit oder ein Namenloser ,sie sind doch alle nur Werkzeuge des ewigen Urhebers, der sndigeund irrende Menschen benutzte, um uns sein ewiges Wort zu ver=mittein. So knnen wir ohne Erhitzung der Gemter den weiterenWeg dieser Untersuchung abwarten. Aber niemand kann uns wehren,hinter Psalmen wie etwa dem 18. oder 23. den kniglichen Sngerzu erkennen. Ganz von ungefhr wird die Tradition ja nicht gekom=men sein, da David nicht nur ein Knig, sondern auch ein Dichterwar.Eine Besonderheit der modernen Psalmenexegese ist es auch, diePsalmen mglichst kultisch" zu verstehen. Nun besteht gewi keinZweifel darber, da erstens viele Psalmen als Kultlieder fr denGottesdienst geschrieben wurden und da zweitens schlielich derPsalter das Gesangbuch der Gemeinde wurde, sptestens nach derRckkehr aus dem Exil. Damit ist aber nicht gesagt, da der Tempel=kult die Geburtssttte der meisten Psalmen sein mte.Wer die Geschichte Israels kennt, wei von dem Gegensatz zwi=sehen Prophtie und miverstandener Kultfrmmigkeit. Wir glau=ben gute Grnde dazu zu haben, den greren Teil der Psalmen derprophetisch begrndeten Frmmigkeit zuzuschreiben. Bei einigenPsalmen versuchten wir das zu betonen und zu erweisen (etwa Ps.4 5 ; 46; 72). Es wre ja auch seltsam genug, wenn aus dem Kreiseum einen Jesaja, Micha, Joel, Jerema oder anderen Propheten keinePsalmen erwachsen wren.Gewi ist es interessant und wichtig, bei einem Psalm den Sitzim Leben", d. h. den Anla seiner Entstehung zu kennen. Unwillkr=lieh fragt ja der Bibelleser und soll es auch: Wie kommt der Psalmistzu diesem Gebet? In welcher Situation befindet er sich: auf demKrankenbett in der Fremde im Tempel? Bei der Antwort spieltein subjektives Moment eine Rolle. So gibt es heute eine ganze Rich=

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    i l Vorworttung der Alttestamentier, die nach dem Vorbild des norwegischenProfessors Mowinckel ein Thronbesteigungsfest Jahves" in Israelvermutet und nun einen unverhltnismig groen Teil der Psalmendiesem Fest zuschreibt. Dabei wei das Alte Testament von solcheinem Fest nichts. Professor Kraus weist daher diese Hypothese ein=drucksvoll zurck.Einen weiten Umfang nimmt in der Theologie unserer Zeit auchdie Frage nach der Gattung der einzelnen Psalmen ein. Schon demschlichten Bibelleser fllt auf, da etwa der Psalm i in seiner le{ir=haften Art eine andere Gattung von Psalm ist als etwa der drama=tisch aufgebaute Psalm 2. Die sogenannten Knigspsalmen (9399)beweisen sich in Inhalt und Form als hymnische Lieder gleich unsernfeierlichen Kirchenchorlen. Wie anders klingt das Bekenntnis desPsalmisten etwa in Psalm 40 oder gar 51! Es ist hilfreich, beimLesen auf solche Unterschiede zu achten. Aber es ist nicht dringendntig, jeden Psalm unter einer Rubrik unterzubringen. Wer in seinemLeben verschiedene deutsche evangelische Gesangbcher bentzte,wei, wie oft auch unsere Lieder unter sehr verschiedenen Rubrikenzu finden sind. Solch eine Einteilung ist oft willkrlich. Der Psalterist das Gesangbuch der alttestamentlichen Gemeinde. Er erwuchs ausihrem Leben mit Gott. Jedes Leben ist bunt und mannigfaltig. Es istder Reichtum dieser 150 Psalmen, da der Leser in ihnen alles findet,was ihn selbst bewegt an Schmerz und Angst, an Beugung und Reue,an Vertrauen und Lob Gottes. Hier siehst du allen Heiligen insHerz", sagt Luther so treffend. Gleich einer gewaltigen Orgel mitzahllosen Flten tnt der Psalter in der Geschichte der Kirche vonder zartesten H irtenflte bis zu den drohenden Batnen des Gerichts.Es ist kein Zufall, da die Bibelgesellschaften dem Neuen Testa=ment meist die Psalmen hinzufgen, obwohl sie ein Teil des AltenTestam ents sind. Vielleicht wre manch ein anderer Abschnitt aus demAlten Testament auch wert, dem Leser des Neuen Testaments schnellgreifbar zu sein. Wir denken etwa an die Kapitel 4066 des Jesaja=buches. Aber hier sind die Gebete, die auch Jesus in seinem Gebets=leben leiteten. Man denke etwa an Ps. 22; 31; 42; 69 und viele an=dere! Lukas erzhlt, Jesus htte als Auferstandener auch die Psalmenherangezogen, um seinen Jngern seinen Leidensweg als Weg Gottes

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    Vorwort 12zu bezeugen (Luk. 24, 44). Wir braudien die Psalmen, um das NeueTestament recht zu verstehen. Gewi gilt das vom ganzen AltenTestament. Wer dieses ablehnt, dem bleibt im Neuen Testamentvieles dunkel. Aber auch umgekehrt: Wir verstehen das Alte Testa=ment erst richtig vom Standort des Neuen Bundes. Hier sind uns diePsalmen eine groe Hilfe. Von ihnen aus finden wir Zugang zu denPropheten wie zu den Geschichtsbchern. Es geht nicht darum, dawir einzelne Worte finden, die auf Jesus als den kommenden Mes=sias passen. Vielmehr ist die ganze Haltung der Psalmen auf denKommenden ausgerichtet. Gewi haben wir Psalmen, die wir un=mittelbar messianisch verstehen sollen. Siehe etwa die Auslegungenvon Ps. 2 ; 72 ; 110! A ber darb er hinaus zeigen die Psalm en denunberwindlichen Gegensatz von Gottesfeindschaft und Vertrauen aufGott. Manchen Leser mag es anfangs ermden, wenn immer wiederin den Psalmen die Notrufe zu Gott erklingen, da er gegen dieFeinde helfe. Hier bereitet sich der Passionsweg Jesu vor der tiefbegrndete Gegensatz der Welt in ihrem Abfall gegenber der Ge=meinde in ihrem Wissen um die Zugehrigkeit zu Gott. Das Rtselder Leiden des Gerechten wird auch in den Psalmen nicht gelst(siehe Ps. 3 7 ; 4 9 ; 73). Dieses R ingen w arte t frmlich auf den Tagvon G olgatha, o hne selbst schon dav on zu wissen. Auch der Gerechte,d. h. der Gottwohlgefllige, erkennt im Umgang mit Gott seineSnde. Nicht nur die in der Kirche sogenannten Bupsalmen" (6;3 2 ; 3 8 ; 5 1 ; 10 2; 130; 143) kennen das Them a von R eue, Bekenntnisund Bitte um Vergebung. Auch sonst bricht immer wieder die Er=kenn tnis durch: Auch ich bin schuldig vor G ott! selbst w enn derPsalmist sich gegen ungerechte Vorwrfe verwahrt. Doch diese Sn=denerkenntnis treibt nicht in den Widerspruch gegen Gott, sondernins Gebet, in die Bue, in die Bekehrung. Und diese Linie wiederumfhrt im Neuen Testament zu dem, bei dem wir die Vergebung derSnden haben durch sein Blut. Erst recht gilt von allen eschatolo=gischen Psalmen und von den Knigspsalmen, da sie auf den Chri=stus hinw eisen (z. B. Ps . 4 6 ; 7 2 ; 97 99). H ier w ird vom EndsiegGottes ber seine Feinde geredet. Wer den wiederkommenden Chri=stus erwartet, liest diese Psalmen mit besonderer Freude.

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    13 VorwortGewi gibt es fr den Psalmenleser auch Anste, die zeigen,

    da hier Grenzen des Alten Bundes vorliegen, die nur durch Jesusberschritten und berwunden werden. Mgen die Selbstrechtferti=gungen der Beter sich auf falsche Anklagen der Feinde beziehen viel peinlicher wirken auf den Glaubenden die furchtbaren Verwn=schungen, die der Psalmist oft gegen seine Feinde ausspricht. Mannennt sie oft Rachepsalmen, doch ist dieser Ausdruck falsch. DiePsalmen 7; 35; 69 und 109 zeigen in ihrem Vergleich untereinandereine furchtbare Steigerun g. W ie hab en w ir uns dazu zu stellen? Auchdas Alte Testament kennt das Gebot der Feindesliebe. Darber abersteht der Eifer um Gott un d seine Ehre. W er G ottes Gebote verachtet,gilt im Alten Testament auch als persnlicher Feind und Gegner.Und weil die Snde unter dem richtenden Nein Gottes steht, giltdas auch fr den Snder. Gerade hier haben wir zu erkennen, wiereich wir durch Jesus und sein Kreuz geworden sind. Erst diesesmacht es mglich, da die Snde verdammt, aber der Snder gerettetwird. Darber ist in der Auslegung wiederholt gesprochen. Insofernsind auch diese so anstigen" Psalmen heimliche Verheiungenauf den Heiland.

    Im brigen bringen die Au slegungen h in und w ieder exkursartigelngere Erklrungen zu solchen Problemen und einzelnen biblischenBegriffen. W eil dam it zu rechnen ist, da der Leser meistens nicht allePsalmen von 1150 nacheinander lesen wird, sondern nach der Er=klrung ihn besonders bewegender Psalmen greift, sind gewisseWiederholungen nicht zu vermeiden gewesen. Ein stetes neues Ver=weisen auf andere Psalmen is t dem Leser bekanntlich nicht an genehm .In unseren Tagen wird die betende Gemeinde mehr als in denfriedlichen Zeiten im Anfang unseres Jahrhunderts daran erinnert,da die Letztzeit angebrochen sein knnte. Auch der Psalter solltemehr, als es gewhnlich geschieht, als Buch der Hoffnung, der pro=phetischen Schau und der Erwartung des Endsieges Gottes gelesenwerden. Kennt die Psalmenfrmmigkeit auch nur an ganz wenigenStellen A ndeu tunge n einer Auferstehungshoffnung (z. B. 4 9 , 1 6 ; 7$,24 u. .), so denken die Frommen doch auch vom Ziele her. Insofernhat der Psalter auch eine Theologie der Hoffnung".

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    Vorwort 14Es bleibt noch daran zu erinnern, da der Psalter nicht nur das

    Gesangbuch der Synagoge wurde. Auch die erste Christenheit sangdie Psalmen (Eph. 5, ig ; Kol. 3 ,1 6 ) . In den Klstern des Mittelalterswurde der Psalter viel gesungen. Und die vielbedrngte Hugenotten=kirche wollte bekanntlich keine anderen Lieder singen als die Psalmenunseres Psalters. Als Luther das evangelische Gesangbuch schuf,bersetzte er eine Anzahl Psalmen fr den Gemeindegebrauch: AchGott, vom Himmel sieh darein" (Ps. 12), Es wolle Gott uns gndigsein" (Ps. 6j), War' Gott nicht mit uns diese Zeit" (Ps. 124), Austiefer Not schrei ich zu dir" (Ps. 130) u. a. Ihm folgten viele Dichterunseres Gesangbuches. Und wo nicht ganze Psalmen singbar gemachtwurden, da wurden doch ihre Sprache und ihre Bilder weithin frdas evangelische Lied benutzt.Pascal sagte einmal: Irdische Dinge mu man kennen, um siezu lieben; himmlische mu man lieben, um sie zu kennen." Fr denPsalter gilt beides. Er ist ein von Menschen gebetetes Wort; darumsollten wir es kennenlernen, um es zu lieben. Er ist aber nicht ohneGottes Geist entstanden; darum sollten wir ihn lieben, um Gott auchin den Psalmen kennenzulernen. Mchte diese Auslegung ein kleinerBeitrag dazu sein, da die Gemeinde aufs neue Freude an den Psal=men bekomme!

    Hans Brandenburg

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    15 Psalm iERSTES BUCH

    Psalm 1(i) Selig ist, wer sein Leben nicht in der Art der Frevler fhrtund niait wie die bertreter handelt und sich nicht finden ltin der Gesellschaft der Sptter, (2) sondern der am Worte Gottessein Gefallen hat und immerfort darber nachsinnt. (3) Darumgleicht er dem an den Wasserstrmen gepflanzten Baum, der zurrechten Zeit Frucht bringt und dessen Laub nicht welkt. Alles,was er tut, das gelingt. (4) So sind die Frevler nicht, sondernwie die vom W inde verwehte Spreu. (5] Deshalb bleiben sie imGericht nicht stehen und die bertreter auch nicht in der Ge=meinde der Gerechten. (6) Denn Jahve erkennt den Weg derGerechten; der Weg der Gottentfremdeten aber fhrt in denUntergang.Die beiden ersten Psalmen tragen keine berschrift. Das ist auf=fallend. Wir drfen annehmen, da sie beide wie ein Motto vor diePsalmensammlung gesetzt sind. Psalm 1 spricht von der Freude amWorte Gottes und von ihrer Wirkung, Psalm 2 von der Knigsherr=Schaft des kommenden Christus. Psalm 1 preist das Gesetz als Wil=lenskundgebung und Lebensanweisung Gottes, Psalm 2 ruft zurHuldigung des Christus. Gesetz und Evangelium, Anspruch und Ver=heiung darum geht es im Psalmengebet un d im Lobgesang derGemeinde.Der erste Psalm beginnt mit einer Seligpreisung: Selig ist . . . "

    Der zweite Psalm schliet mit einer Seligpreisung: Selig sind alle,die ihm vertrauen." Mag im Psalter manch Jammer und Klage lautwerden, mgen Angst oder gar Verzweiflung zu Worte kommen schlielich mndet doch alles in das groe Halleluja des 150. Psalms:Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!"V. 1. Seligpreisungen lesen w ir im Psalter oft ( 3 2 ,1 .2 ; 4 0 , 5 ; 4 1 , 2 ;8 4 , 5 . 6 . 1 3 ; 1 1 2 ,1 ; 1 1 0 ,1 u. a.). H ier wird allerdings die Seligpreisungverneinend unterbaut. Wer Gemeinschaft mit Gott sucht, mu sichlsen knnen. Es geht nicht ohne Separation. Der wahrhaft glck=liehe Mensch tr en nt sich vom gottfeindlichen W ese n" (Kraus, 3 ).

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    Psalm i 16Es geht nicht ohne Bruch. Auf dieser Erde gib t es nu r e inen Dennoch=Glauben. Das Ja zu Gott findet nur, wer ein Nein zur Welt findet.Es weiset darauf, da in dieser allgemeinen und grundverderbtenWelt niemand ein Gerechter ist, sondern es durch die unwandelbareGnade erst wird", schreibt Emil Taube (10). In dreifacher Weisewird die gottfeindliche Welt charakterisiert: Ihre Gesinnung ist gott=fremd, sie bertritt Gottes Gebote, und sie spottet mit dem Munde.Aus der frevelhaften Gesinnung folgt die ungebundene Handlungs=weise. Sie fhrt schlielich dazu, das Heilige zu verhhnen. Wer Ge=meinschaft mit Gott sucht, bekmpft in sich jene Sinnesart, htetsich vor dem Irrweg der bertreter und meidet die Gesellschaft derer,die fr Gottes Sache nur Spott haben.V. 2. Das alles tut er aber nicht aus Weltflucht oder Lebensvernei=nung. Im Gegenteil: Der Gottesmensch hat eine Quelle der Lebens*freude gefunden, die er gegen nichts eintauscht. Er hat Gefallengefunden am Worte Gottes. Die Thora (das Gesetz) ist ihm nichteine Sammlung von Vorschriften, die das Leben einengen, sonderndie Offenbarung des guten und heiligen Willens Gottes. Hier sprichtGott. Hier bringt er das Leben der Seinen in eine gttliche Ordnung.Seine Stimme zu hren, seine Absichten und Verheiungen zu er=kennen, ist reine, hohe Lebenslust. Tag und Nacht kann der Gerechte,wie er in V. 5 und 6 genannt wird, ber Gottes mitteilendes Wortsinnen und im Zwiegesprch mit Gott verweilen. Von dieser Freudean Gottes heiligem Wort singen auch andere Psalmen (etwa 19, 8ff.und das Hohelied des Wortes Gottes 119, besonders in den Versen24, jj, 92, 143, 162 u. a.). Es geht hier nicht um das Reden berGottes Gesetz. Der Ausdruck spricht vielmehr vom Sinnen undMeditieren, zu dem jede Zeit recht ist.V. 3. Im Worte Gottes fand der Fromme das Lebenswasser, indas er seine verborgenen Wurzeln senkt. Hier ist er festgepflanzt.Er ist nicht als Wildling hier gewachsen, sondern in diesen Gnadenboden erst eingepflanzt. Er wankt nicht und tastet auch nicht nachanderem Lebensinhalt. Wie der gut getrnkte Baum seine Fruchtbringt, wenn die Zeit der Lese, der Ernte, da ist, so bleibt auch solchLeben, das sich aus Gottes Wort nhrt, nicht ohne Sinn und Ertrag.Das hnliche Bild finden wir oft in der Bibel (z. B. Jer. 17, 8; Hesek.

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    17 Psalm i17, 5fr".; Ps. 92 ,13 .)- Sein Laub vertrocknet n icht. U nter der Gnadeist kein Verfall" (Emil Taube, 11). Ein solcher bleibt geschmckt vomSegen Gottes. Ohne Bild gesprochen: Was er anpackt, das gelingtihm." Ein Mann der gesegneten Hand! hnlich wird von Josephgesprochen. Ob er als Sklave in Potiphars Haus oder im Gefngnisinhaftiert ist alles, was er tat, dazu gab Jahve Gelingen" (1 . Mose39, 3f. und 21). Gottesfurcht und Umgang mit Gottes Wort machentchtig zum Leben.V. 4. Sind die Gerechten von Gottes Wort befruchtet und gesegnetwie tragende Obstbume, so sind die Gottentfremdeten wie Strohund Spreu. Auf der hochgelegenen Tenne worfelt der Bauer Pal=stinas sein Korn. Was Inhalt und Gewicht hat, fllt nieder; die leereSpreu verweht der Wind. Das Bild von der Spreu ist nach allenSeiten hin treffend und eindrucksvoll. Ohne Gewicht und Inhalt unddoch in groer Menge liegt sie in Haufen da. Die Spreu ist haltlosund ohne Wert, leere Hlsen ohne Leben. Sptestens am Gerichtstagwird offenbar werden, ob unser Leben einen Inhalt hatte, den Gottanerkennen kann. Das Bild nahm Johannes, der Tufer, in seineBupredigt auf.

    V. 5. Vom Gerichtstag spricht der vorletzte Vers. Die Frevlerwerden im Gericht nicht bestehen. Das knnte heien, da derAngeklagte vor dem Richter am Boden liegt oder kniet und keinVerurteilter aufstehen darf. Er hat also nicht nur keinen Bestand,sondern ist im Gericht niedergeworfen gewogen und zu leichtbefunden" (Dan. 5, 27). Am Gerichtstag wird die verborgene Naturdes Menschen offenbar. Der freche bertreter ist aus der GemeindeGottes ausgeschlossen. Sind die Gerechten, auf denen Gottes Wohl=gefallen ruht, auch nur die kleine Herde gegenber der Masse derSpreu, so sind sie doch nicht allein. Dieser Psalm kennt kein Eremi=tentum. Es gibt eine Gemeinde der Gerechten. Wir werden ihr in denPsalmen noch oft begegnen. Es ist die Herde des Guten Hirten.

    V. 6. Den Lebensweg des Gerechten, den Wandel und seineRichtung, kennt Jahve. Das heit hier mehr als: Er wei darumBescheid. Gott anerkennt vielmehr dieses Leben und gibt ihm seinWohlgefallen. Der Lebensweg aber dessen, der sich von Gott lste

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    Psalm 2 18und ihn nicht sucht, verliert sich ins Verderben. Mit der Entschei=dung bringt das Ende zugleich die Scheidung" (Emil Taube, 12).Der Psalm spricht im Stil der Weisheit. Hier redet ein abgeklr*ter Frommer, der seine reiche Erfahrung der Gemeinde der Treuenweitergibt. Wie Jesus seine Bergpredigt mit den Seligpreisungenbeginnt, so bezeugt auch hier Gottes Volk: Es ist ein glckseligerWeg durchs Leben, wenn dieses am Worte Gottes orientiert ist.Hier findet es Halt und Lebenskraft. Hier ist Freude und Zuversicht.Auf diesem Weg wird das Ziel erreicht. Wer aber auf Gottes Wortverzichtet, dessen Leben verfliegt und verweht und endet im Ver=derben. Das Neue Testament verkndigt, da Jesus Christus, deruns von Gott zur Gerechtigkeit gemacht ist (1. Kor. 1, 30), das demalttestamentlidien Psalm vorschwebende und bereits freudig ergrif=fene Urbild erfllt hat. Seine Speise war es, den Willen dessen zutun, der ihn gesandt hat (Joh. 4, 34). Durch ihn und in ihm erkenntund erfhrt die Gemeinde des Neuen Bundes jenes allein in dermitteilenden und schenkenden Kraft Gottes begrndete freudigeLebensverhltnis zur Bibel, wie es in Psalm 1 geschildert wird."(Kraus, 10.)

    Psalm 2(1) Warum murren die Vlker und weshalb planen die Nationenso Sinnloses? (2) Die Knige der Erde versammeln sich, und dieGroen verbnden sich gegen Jahve und seinen Christus. (3)Lat uns ihre Fesseln zerreien und ihre Stricke von uns abwer=fenl" (4) Der im Himmel Thronende lacht, der Allherr spottetihrer. (5) Einst wird er mit ihnen in seinem Zorn reden, und inseinem Grimm wird er sie erschrecken. (6 ) Ich selbst weihte mei-nen Knig auf Zion, dem Berge meines Heiligtums." (j) Idi willdas Dekret Jahves kundtun. Er sprach zu mir: M ein Sohn bistdu. Ich selbst habe dich heute gezeugt. (8) Bitte von mir, und ichwerde dir die Nationen zum Erbteil geben und zu deinem Besitzdie Enden der Erde. (9) Du wirst sie mit einem eisernen Zepter

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    19 Psalm 2zerschlagen, wie Tongefe sie zertrmm ern/' (10) Und nun, ihrKnige, nehm t Vernunft an! Lat euch zurechtweisen, ihr Richterder Erde! (11) Dienet Jahve mit Furcht! Jubelt, (aber) mit Zittern!(12) Kt den Sohn [oder: Kt ihm die Fe], da er nicht zrneund ihr auf dem Wege untergeht, denn in Krze wird sein Zornentbrennen. Selig sind alle, die ihm vertrauen!Whrend der erste Psalm in groer Schlichtheit uns zur Einfaltdes Glaubens ruft, der sich der Anrede Gottes freut und durch dasWort Gemeinschaft mit Gott findet, gibt uns der zweite Psalm nichtgeringe Rtsel auf. Es ist schwer zu bestimmen, in welcher Zeit erentstand; nicht einmal der Anla seiner Entstehung ist erkennbar.Wir wissen, da das Neue Testament den Psalm messianisch versteht

    und wie sollte man daran vorberhren? Doch auch die Prophetensprachen ihre Verheiungen nicht ohne Bezug auf ihre Gegenwart.Delitzsch sagt: Das Alte Testament kennt kein Knigtum, dem dieWeltherrschaft verheien und die Sohnschaft zugesprochen (2. Sam.7, 13. 14; Ps. 89, 28), als das davidische" (73f.). Die Sprache desPsalms klingt aber jnger als die Sprache aus Davids Zeit. WelcheZeitereignisse diese Prophtie auslsten, wissen wir nicht. Wir glau=ben nicht, da hier ein bestimmter geschichtlicher Knig vom Dichterverherrlicht wird. Wohl aber geschieht es in den Psalmen, da berdem Lob eines irdischen Knigs der Blick des Psalmdichters sichprophetisch erweitert und den zeitgeschichtlichen Raum verlt. Wirgewinnen einen eschatologischen Horizont. Wie sollten wir vonProphtie sprechen, wenn wir dieses nicht anerkennen wollten?Darum ist in solch einem Fall die Frage nach dem Sitz im Leben"nicht wichtig. Wir suchen vielmehr solch ein Psalmwort als Kinderdes Neuen Bundes zu verstehen, fr die es durch Jesus ein neuesLicht bekam. Zugleich stimmen wir Rudolf Stier (gest. 1862), jenemgelehrten und kampffreudigen Pfarrer aus Frankleben bei Merse=brg, bei. In seiner Auslegung ausgewhlter Psalmen sagt er, dader Geist den Propheten auszusprechen verlieh, was zuweilen weitber ihren eigenen Begriff hinausreichte" (I, VII). Ob und wieweitder damalige Verfasser sich das, was wir so im Geistesworte finden,schon dabei gedacht habe oder nicht, darber enthalten wir uns allen

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    Psalm 2 20unntzen Streites und jeder unmglichen Entscheidung" (I, VIII).Vgl. dazu Joh. 11, 51!Wir sehen also hier an zweiter Stelle des Psalters einen drama=tisch aufgebauten Psalm, der uns in die messianische Zeit versetzt.Geht vom ersten Psalm ruhige Gewiheit und Zuversicht aus, sofhrt der zweite mitten in den Kampf zwischen Gottesreich undWeltstaat .V. 1. Mit einem erstaunten Warum" beginnt der Vers und ltuns sofort teilnehmen an einem mit wenigen lebendigen Stzen geschilderten Geschehen. Wir stehen mit dem Psalmisten auf hoherWarte. Wir hren das grollende und drohende Murren der Vlkerwie eine Meeresbrandung. Wir werden eine hnliche globale Unruhein Psalm 46 wiederfinden. Die Vlker der Erde sind in Wallunggeraten, und die Nationen scheinen einen Aufstand gegen den zuplanen, der Herrschergewalt ber sie hat. Sie sinnen Sinnloses",mu man wrtlich bersetzen. Was sie wollen, ist aussichtslos. Wiraber hren sie flstern und verhandeln untereinander.V. 2. Das Bild wird in V. 2 deutlicher. Es scheint eine Weltkon-ferenz aller Regierungen stattzufinden. Die Knige der irdischenStaaten versammeln sich. Die Groen der Welt, Frsten und Machthaber, verbnden sich und ratschlagen. Nun hren wir auch, gegenwen sie rebellieren: gegen Jahve und seinen Gesalbten, den Christus.Es geht offenbar um die antichristliche Emprung der Letztzeit, vonder viele Pro phe ten reden (Micha 4, n f . ; Joel 4, 9ft.; Sach. 14 , 2ff.;Offb. 16, 14. 16 u. a. ). Im Ha gegen Jahve und seinen Christuswerden sich die Vlker der Erde einigen. D ie K nige der Erde gegen den Knig Gottes!V. 3. Jetzt werden gar laute Rufe hrbar. Wir wollen niait, dadieser ber uns herrsche!" (Luk. 19, 14.) Wir wollen sein Joch nichttragen. Wir wollen an ihn nicht gebunden sein. Lat uns alle Fesselnzerreien und die Stricke wegschleudern! Vielleicht wird damit einverchtlicher Seitenblick getan zu den wenigen, welche dem MessiasGottes gehorchen: Wir wollen uns nicht binden lassen wie jene!"(Stier I, 205.) Autonomie heit das Schlagwort unserer Zeit. Wirwollen uns selbst das Gesetz sein und keine Autoritt ber unsdulden.

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    21 Psalm 2V. 4. Im starken Gegensatz zur brodelnden Unruhe auf Erden

    schauen wir den Allherrn, der in unnahbarer Erhabenheit" (De=litzsch) im Himmel thront. Der Psalmist scheut sich nicht, in diesemSatz vom heiligen Gott in sehr menschlichem Bilde zu sprechen. Erwill uns den Gegensatz zeigen: dort die planenden, verhandelnden,drohenden Vlker, hier der Ewige, der seiner Gegner spottet undihrer lacht. Er ist der allmchtige Gebieter. Diese Vision vom lachen=den und spottenden himmlischen Herrn ist eine Botschaft von uner=hrter prophetischer Wucht", schreibt Kraus (17).

    V. 5. Doch wird der Spott ber seine Feinde sich in grollendenZorn und schrecklichen Grimm wandeln. Delitzsch sagt: 5a ist wieein rollender Donner, 5b wie der einschlagende Blitz" (76). DasEinst" ist nicht datiert. Es ist Gottes Stunde. Es ist der Tag Jahves,von dem die Propheten sprachen und von dem Jesus sagt, es gebhreuns nicht zu wissen Zeit und Stunde, welche der Vater seiner Machtvorbehalten hat (Apg. 1, 7), selbst der Sohn wisse sie nicht (Mark.13/ 32)-V. 6. Und doch ist damit kein Aufschub gegeben. Wir hren Gottselbst reden. Man knnte bersetzen: Whrend dodi idi meinenKnig eingesetzt habe." Ich selbst! Mit Betonung ist es gesagt. AusZion geht das Lidit Gottes auf", werden wir in Psalm 50 lesen. Mitdieser Einsetzung des Knigs Gottes ist alles geschehen, um jeneKnige der Erde abzuwehren, die vergessen, wem sie ihre Kronenverdanken. Im Gegensatz zu allen Erdenmchten sagt Gott: meinenKnig". Dieser Vers ist der Mittelpunkt des ganzen Psalms. DerChristus Gottes ist da wer kann, wer wollte ihm widerstreben?V. 7. Und nun spricht der von Gott geweihte Knig selbst. Ertut Jahves Dekret oder Manifest kund. Er bekennt, was Gott ihmgesagt hat. Er ist das Sprachrohr Gottes und eingesetzt, Gottes hei=ligen Willen auszufhren. Er kndet Gottes Festsetzung als erstesReichsgrundgesetz." Mein Sohn bist du!" Mit dieser Erklrungist dem Gesalbten Gottes die Vollmacht gegeben, an Gottes Statt zuhandeln, in seinem Namen das Weltregiment zu fuhren. Der er=whlte Knig wird auf die Seite Gottes gezogen, er wird zum Erbenund Reprsentanten seiner Herrschaft" (Kraus, 19).

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    Psalm 2 22V. 8. Und weil er der Sohn ist, ist er der Erbe (Rom. 8,17; Gal.3 , 16. 29; 4, 7; Matth. 2i, 38). Er kann nun den Antritt seines er=

    erbten Besitzes erbitten und heischen: Vater, ich will . . . " ( Joh .17, 24). Und dieses Erbe umfat den ganzen Erdkreis.V. 9. Mit einem unzerbrechlichen Zepter wird er sein Knigreichregieren. Wer ihm widerstrebt, wird zum Scherbenhaufen (vgl. Jer.18 ,16; 1 9 , 1 1 ; Jes. 30,14). Von diesem eisernen Zepter wei auchdie Offenbarung des Johannes, wenn sie vom Kommen des Christuszum Gericht sagt (19, 15). Heil und Gericht sind bei der biblischenProphtie stets beieinander. Es gibt kein Heil ohne Gericht ber dieWiderstrebenden. Freilich auch kein Gericht, ohne da zum Heilgerufen wird. So auch hier.V. 10. Die prophetische Stimme des Psalmisten ruft zur Bue.Nehmt Vernunft an!" Die Einsicht des Denkenden knnte ihmzeigen, da Widerstand Torheit ist. Auch die irrenden Galater nenntPaulus unverstndig" (Gal. 3, 1). Wer sich zurechtweisen und rich=ten lt, dem kann geholfen werden. Noch ist Zeit zur Besinnung.Selbst das Zerschlagenwerden mit dem Hammer des Wortes kannzur Rettung fhren (Jer. 23, 29).V. 11. 12. Doch kommt das Heil nur durch Unterwerfung unterden Christus Gottes. In heiliger Furcht dienen ihm die Seinen. AuchKnige werden zu Dienern Christi das ist ihre hchste W rde .Vielleicht werden wir hier mit Kraus bersetzen mssen: M it Zit=tern kt seine Fe!", was nur durch eine einfache Umstellung derWorte zu lesen wre. Der Sohnestitel ist unserem Psalm nicht fremd(V. 7), aber hier stnde ein aramischer Ausdruck fr Sohn, derkaum zu erwarten wre. Der Fuku ist im Orient als Zeichen derUnterwerfung bekannt.Das Gericht lt nicht lange auf sich warten. Das Ultimatum desSohnes sollte beherzigt werden, da sonst unerwartet noch unter=wegs der Untergang droht. Aber: Selig sind die Trauenden! Nochwird jedem die Tr zum Leben offengehalten. Es gibt einen Glauben,der rettet.

    Unser Psalm ist im Neuen Testament mehrfach auf Christus ge=deutet: Hebr. 1,5; 5, 5; Apg. 4, 25fr".; 13, 33; Offb. 2, 27; 12, 5;1 9 , 1 5 ; auch Matth. 21, 38; 28,18. Fr die biblische Schau der Welt

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    23 Psalm 3und der Menschheitsgeschichte und ihren Ausgang ist der zweitePsalm von groer Wichtigkeit. Die Welt ertrgt Gottes Anspruchnicht. Gott aber setzt seinen Christus als Herrn der Welt ein. Er istHeiland und Richter der Welt zugleich. Er wird das Fundament einesneuen Lebens, oder man fllt sich an ihm zu Tode. An der Stellungzu ihm Unterwerfung oder W iderstand entscheidet sich alles.Doch sind wir zum Glauben gerufen.

    Psalm 3(1) Ein Davidslied. Als er vor seinem Sohn Absalom floh.(2) Jahve, wie zahlreich sind meine Bedrnger! Viele erheben sichgegen midi. (3) Viele reden gegen mii: Fr ihn gibt es keinHeil bei Gott!" (4) Aber du, Jahve, bist ein Schild um mich her,du bist meine Ehre und erhebst mein Haupt! (5J Laut rufe ichzu Jahve, und er antwortet mir von seinem heiligen Berge. (Selah) (6) Ich habe mich gelegt, schlief ein und bin erwacht,denn Jahve htete mich. (7) Ich frchte mich nicht vor Zehntau=senden Kriegsvolks, die mich umzingeln. (8) Auf, Jahve! Hilfmir, m ein Gott! W ahrlich ja, du schlugst alle meine Feinde aufdie Backe, du zerbrachst die Zhne der Gottlosen. (9) Bei Jahveist Hilfe. Auf deinem Volk ruht dein Segen.M it Psalm 3 beginnen die berschriften bei den Psalmen. W ie imVorwort angegeben, ist ihre Entstehung nicht eindeutig zu erklren.Fr das Verstndnis der Psalmen sind sie nicht dringend ntig. ZuVerfasserfragen nehmen wir hier nicht Stellung. Da auch die lte=sten Psalmen David abzusprechen seien, dafr sehen wir keinengengenden Grund. Andererseits kann mit der berschrift auch nurgesagt sein: Nach Davids Art" oder sogar: Dem David gewidmet".In diesem Psalm betet sich der Psalmist in grter Gefahr hin=durch zu g lubiger Zuversicht.V. 23. W ir werden es in den Psalmen oft beobachten, wie der

    Betet seine Lage vor Gottes Augen ausbreitet. Er ist von Feindenrings umgeben. Zahlreiche Gegner bedrngen ihn so sehr, da andereseine Lage fr aussichtslos halten. Auch bei Gott habe er nicht auf

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    Psalm 3 24Hilfe zu rechnen, sagt man vielerorts. So kommt zu seiner uerenBedrngung auch die innere Anfechtung. Vielleicht sind es Gegnergewesen, die ihn gehhnt haben, wie ein Rabsake, der Assyrer, denKnig Hiskia in seinem Glauben ve rh hn te (Jes. 36,4 ff. ). Es knn=ten auch Nahestehende sein, die seinen Glauben anfochten, wie jenesWeib des Hiob, die dem schwer Leidenden zurief: Hltst du nodifest an deiner Frmmigkeit? Ja, sage Gott ab und stirb!" (Hiob 2, 9.) Es sind sehr giftige W orte , da einer auch G ott verloren habensoll", sagt Luther zu diesem Vers. Er nennt solch Wort ein rechtteuflisches Bubenstck". Der Ausdruck Jeschuah" he it uere H ilfe,aber auch Heil und Sieg. Im Buche Jesaja und in den Psalmen ist esder klassische Ausdruck fr das Heil Gottes. Aus ihm entstand derVorname Jehoschuah, Josua, Jesus (vgl. Matth. 1, 21). Gott ist derGrund des Heils; kein Heil mehr in ihm haben, ist soviel als ausGottes Gnade entwurzelt sein" (Delitzsch, 84).V. 4. Mit einem Aber du" schlgt der Beter alle Anfechtung voninnen und auen nieder. Bemerkenswert ist, da die Stze des Ver=trauens nicht mit einem Ich, sondern mit einem Du begonnen wer=den", sagt Kraus (26). Der Vertrauende verschliet sein Ohr vordqn Stimmen der Lsterer und ffnet es der Verheiung Gottes. Erschaut auf ihn allein und sieht weg von der Gre der Gefahr undder Menge seiner Bedrnger. Schild ist ihm Jahve. Wrtlich: DerSchild, der von hinten vorwrts deckt." Es ist die Erfahrung vonPsalm 139, 5: Von allen Seiten umgibst du midi und hltst deineHand ber mir." Du bist meine Ehre." Die Ehre kommt nur demKnig der Ehren" zu (Ps. 24, 7). Dann ist sie seine Herrlichkeit.Aber wer ihn ehrt, bekommt an seiner Ehre teil. Die Ehre, die Gotterwiesen wird, ist zugleich die Ehre, in der man selber steht",sag t Thimm e im Biblisch=Theologischen Handw rterbuch (S. 100,Spalte 1). Ps. 84, 12: Jahve gibt Ehre." Das Schenken Gottes, seineGabe, lt sich von seiner Person nicht trennen. Darum heit eshier: Du bist meine Ehre. So sprechen die Psalmen gern, weil Gottin seiner Gabe sich selber schenkt (Jahve ist mein Liait" [Ps. 27,1]) .Weil Gott seine Ehre ist, braucht sich sein Haupt nicht in Schmachzu senken.

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    25 Psalm 3V. 5. Der Beter steht im Gesprch mit Gott. Mgen seine Freunde

    ihn verlassen und die Welt ihn aufgeben Gott gibt ihm Antwortaus seinem Heiligtum. Man knnte sogar bersetzen: Idi pflegeJahve laut anzurufen." Denn dies ist seine dauernde Stellung vorGott.V. 6. Darum konnte er getrost schlafen. Auch Schlaf kann Aus=druck des Glaubens sein. Jesus konnte im Sturm schlafen, whrendseine Jnger um ihr Leben frchteten. Vgl. auch Ps. 4, 9! Jahvehtete mich", wrtlich: Er sttzte mich, er ist mein Kopfkissen. Stattvon Sorgen und Angst wach gehalten zu sein, kann der Vertrauendein Gottes Schutz schlafen.V. 7. Ob auch die ungezhlte Menge der Gegner ihn umgibt er braucht sie nicht zu zhlen, weil Jahve bei ihm ist. Von John Knoxstammt das Wort: Ein Mann mit Gott ist immer die Majoritt."V. 8. Sein Hilferuf ist kein Verzweiflungsschrei, sondern gleicheinem mutigen Kampfruf zum neuen Tage, denn auf Jahves Hilfekommt alles an. Solche Gebetsrufe in der Not lesen wir in den Psal=men oft (z. B. 10,12; 1 7 , 1 3 ; 44,27). Es ist der Anruf des Glaubens,ein Gebetsseufzer im Alltag, der uns oft aus dem Herzen auf dieLippen kommen sollte. Denn Jahve hat sich als Sieger erwiesen. Er

    hat die Feinde wie mit einem Backenstreich gedemtigt und ihreMacht zerbrochen. Denn was ist ein Lwe ohne Zhne? Wer Jahveund seinem Erwhlten widersteht, ist gleich einem reienden Tiermit zahnlosem Maul. Welch ein groteskes, aber einprgsames Bild!V. 9. Das letzte Stzlein gleicht einem Amen des Gebets: BeiJahve ist Hilfe." Das ist die Erfahrung und bleibende Erkenntnis.Schenkend, bewahrend, bleibend ruht sein Segen auf seinem Volk.Der Psalm gleicht einer Auslegung des letzten Verses aus Psalm 2 :Selig sind, die ihm vertrauen!" Wir knnen mit ihm rechnen. Wohldem, der sich zu seinem Volke hlt! Es ist die gleiche Gewiheit,die Rom. 8, 31 in die Worte fat: Ist Gott fr uns, wer mag wideruns sein?"

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    Psalm 4 26Psalm 4

    (1) Dem Sangmeister. Mit Saitenspiel. Ein Davidslied.(2) Antworte mir, Gott meiner Gerechtigkeit, wenn idi ruf el Inder Drangsal hast du mir weiten Raum gemacht. Sei mir gndigund erhre mein Gebet! (3J Ihr Mannen, wie lange wird meineWrde gesaimht, die ihr Trug liebt und Lge sucht? (Selah) (4) So wisset, da Jahve sich einen Frommen ausgesondert hat!Jahve hat mir eine wunderbare Gnade erwiesen. Jahve hrt, wennidi zu ihm rufe. (5) Erbebet und sndigt nicht! Redet miteurem Herzen auf eurem Ruhelager und schweigt! (6) BringtOpfer der Gerechtigkeit und vertraut auf Jahve! (j) Viele sagen:Wer lt uns Gutes sehen?" Erhebe ber uns das Licht deinesAntlitzes, Jahve! (8) Du hast mir mehr Freude ins Herz gegeben ,als jene hatten, als sie reich an Korn und Most waren . (9) ImFrieden will ich mich legen und gleich einschlafen, denn du, Jahve,lt mich Einsamen sorglos wohnen.Rudolf Abramowski, der leider frh abgerufene Ausleger derPsalmen, nen nt diesen Psalm einen m erkwrdigen Psalm mit seinemschlecht erhaltenen Text und seinen abgerissenen Stzen". Damit istdie uere Form gu t beschrieben, der Inha lt aber noch nicht umrissen.

    Dieses sogenannte Abendgebet Davids " ist bei aller Originalittder Form von einem beglckenden Vertrauen auf Gott erfllt.In seinem ueren sehen wir gewisse Kennzeichen der Psalmenberhaupt. Etwa der Wechsel in der Anrede: bald zu Gott, bald zuden Gegnern, bald meditierend im Selbstgesprch. Das Beten derPsalmen ist darum so lebensnah, weil sie nicht zu einem predigt=artigen Vortrag an Gottes Adresse werden, wie unsere Gebete soleicht. Es geht um ein Erleben mit Gott, das alles umschliet, wasunser Leben ausmacht: eigenes und fremdes Unrecht, Gefahr,Triumph, Angst, Freude, Hoffnung usw. Oft beginnen die Psalmenmit einem Gebetsruf, mit dem der Beter sich erst zum Herzen Gotteshinbewegt. Erst nach solch einem heiligen Prludium beginnt seinThema", oft unterbrochen von Gebetsseufzern und ebensooft be=schlssen mit einem Abgesang, der einem ausfhrlichen Amen gleich=kommt.

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    27 Psalm 4Hier hat der Psalmist es mit hhnenden Feinden und mit kleinglubigen Freunden zu tun. Ehe er sie anredet, redet er mit Gott.Und nachdem er sie angeredet hat, spricht er wieder mit Gott. MitMenschen und sonderlich mit seinen Widersachern so handeln undreden, wie man es vorh er m it Go tt abgeredet ha t, ist weislich g eta n" ,sagt dazu C. H. Rieger (4).V. 1. Zur berschrift siehe wieder die Einleitung!V. 2. Es ist dem Beter nicht selbstverstndlich, von Gott Antwortzu bekommen. Auch darum mu er zuerst bitten. Er nennt ihn Gottmeiner Gerechtigkeit". Abramowski bersetzt sinnvoll: Gott meinesHeils". Denn Gerechtigkeit Gottes steht in den Psalmen oft fast imSinn von Gnade. Auf jeden Fall ist Gottes Gerechtigkeit ein helfen=des Tun . Es ist seine S iegeskraft gegen alles Unrecht. Der Psalmiststtzt sich bei seiner Bitte auf schon erfahrene Hilfe Gottes. Er hat

    im Gedrnge erlebt, wie Gott ihm Raum schuf. Jede uere undinnere Not gleicht einem Engpa. Dann kann uns das Atmen schwerwerden. Wo aber Gott hilft, da gibt es einen Ausweg. Elihu, der BoteGottes, sagt zu Hiob: Audi dich lockt er ans dem R achen der Angstin weiten Raum, da keine Bedrngnis mehr ist" (Hiob 36 ,16) . Werso seinen Gott kennenlernte, betet zuversichtlich.V. 3. Nun hat der Beter den gttlichen Rckhalt gefunden, und erwendet sich an seine Gegner. In der Anrede (Mannen") wird deut=lieh, da es angesehene Leute sind, zu denen er spricht. Sie mtenSinn fr Ehre und Wrde haben. Aber doch werden diese durch ihrelgenhaften Nachreden geschmht. Auch angesehene Leute sind umMittel nicht verlegen, wenn der Ha und die Migunst das Urteiltrben. Es wird dann in der Welt mit der Wahrheit nicht so ernstgenomm en. W enn es den eigenen Zwecken ntzt, liebt man den Trugund sucht die Lge. Wie lange?" fragt der Psalmist. Solchen Fragenwerden wir noch oft begegnen. Dem, der leidet, wird die Zeit lang.Aber Gott hat seine Termine sowohl zur Hilfe wie zum Gericht.V. 4. Der Psalmist verteidigt sich nicht. Aber er bezeugt seinVerhltnis zu Jahve. Er wei etwas von der Erwhlungsgnade. Erwei, da Gott sich zu ihm bekennt. Kraus bersetzt (nach einerhnlichen W endun g in Ps. 3 1 , 22) : Erkennet doch, da groe Gnademir Jahve erwiesen!" Inhaltlich ist es fast das gleiche. Es geht um

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    Psalm 4 28Gottes Schenken: Ich habe in Jahve einen Gott, der meine Gebetehrt. Johannes schreibt: W ir haben einen Frsprecher beim V ater"(1. Joh. 2, 1). Allen, denen durch bse Zungen Wunden gerissenwerden, ist solch eine Erkenntnis ein unsagbar groer Trost.V. 5. Rechte Sndenerkenntnis fhrt immer zum Erschrecken.Darum: Erbebet", zittert und gebt nicht der Snde Raum! Geht indie Stille! In schlafloser Stunde in der Nacht hat manch einer Ein=sichten gefunden, die er in der Un ruhe des Tages nicht fand. Schzuei*get!" Schweigen ist die Voraussetzung fr Hren und Verstehen.V. 6. Aller Streit geschieht unter Gottes Augen. Letztlich ist jedesUnrecht, das wir andern antun, eine Beleidigung des heiligen Gottes.Sucht m it Gott wieder in O rdnu ng zu kom m en!" D arum geht es beiden Opfern der Gerechtigkeit. Gerecht, d. h. ohne Heuchelei. Es gehtum Opfer, die Gott recht sind. Wo Beugung vor Gott ist, da erwachtauch echtes Gottvertrauen.V. 7. Neben den offenen Gegnern und den heimlichen Verleum=dem stehen im eigenen Lager die Kleinmtigen. Wer lt uns Gutesschauen?" So seufzt der Zweifler. Der Beter aber bittet um denSegen, den Gott einst durch den Hohenpriester Aaron auf sein Volklegen lie (4. Mose 6, 2426). W o Jahves A ntlitz g ndig aufleuchtet,da schwinden Sorge und A ngst (vgl. Ps. 80, 4. 8. 20).

    V. 8. Und nun kommt es zu dem echten Zeugnis neuer Gnaden=erfahrung. Sie gibt in der Tiefe unseres Lebens eine Freude, dergegenber materielle Freuden gering werden. Mgen andere sichihres Reichtums und ihres Genusses freuen, nie reicht ihre Freudean die Freude an Jahve, dem Herrn.V. 9. Und aus dieser frohen Gewiheit quillt der Friede. Nunschweigen alle Stimmen der Erregung. Der Beter legt sich, um wieein mdes Kind gleich einzuschlafen. M ag er von allen verlassen sein,selbst in der Einsamkeit legt er sich sorglos in Gottes Hand.Dieser kurze Psalm umfat ungemein viel Gotteserfahrung unddementsprechend vielseitige Folgerungen. Von Bed rngnis und A ngstspricht der erste Vers, von Freude in Gott und vom Frieden zeugendie letzten. Den Gegnern wie den Kleinmtigen gegenber beruftder Psalmist sich auf das reale Nahesein seines Gottes und tut darumbeiden mit seinem Zeugnis einen guten Dienst.

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    29 Psalm 5Psalm 5

    (1) Dem Sangmeister. Auf Flten (?). Ein Davidslied.(2) Vernimm meine Worte, Jahve! Achte auf mein Seufzen!(3) Horch auf mein lautes Schreien, mein Knig und mein Gott;denn zu dir bete ich. (4) Jahve, des Morgens hre auf meineStimme! Des Morgens richte ich dir (ein Opfer) her und schaueaus (nach dir). (5) Denn du bist nicht ein Gott, der an FrevelGefallen htte; ein Bser bleibt nicht vor dir /oder: ein Bserhat bei dir kein Gastrecht]. (6) Die Prahler drfen nicht vordeine Augen treten, du hat alle beltter, (j) Lgenredner rich=test du zugrunde. Gewaltttige und Betrger verabsdieut Jahve.(8) Ich aber gehe in dein Haus dank dem Reichtum deiner Gnade.Idi will in deiner Furcht in deinem heiligen Tem pel anbeten., (9) Jahve, leite mich in deiner Gerechtigkeit um meiner Feindewillen, ebne meinen W eg vor dir! (10) Denn ihr Mund ist un=aufrichtig, und ihre Gesinnung ist Verderben. Ihre Kehle gleichteinem offenen Grabe. Ihre Zunge schmeichelt. (11) Sprich sieschuldig, o Gott, da sie von ihren Plnen fallen! Verstoe sieum der Menge ihrer Frevel willen; denn sie sind gegen dichwiderspenstig. (12) Aber alle, die dir vertrauen, sollen sich freuenund ewig jubeln beschirme sie! ; jauchzen sollen alle, diedeinen Nam en lieben. (13) Denn du segnest den Gerechten, Jahve,du umgibst ihn mit deiner Gunst gleich einem Schilde.Fast ein Drittel aller Psalmen sind Klagepsalmen ein Zeichendafr, wie tief das volle Heil in Jesus Christus, dessen Offenbarungdem Neuen Bunde vorbehalten blieb, den Frommen des Alten B undesnoch verborgen war", schreibt Helmut Lamparter (16). Ganz ge=wi werden wir uns hten mssen, im Psalter des Alten Testamentsden entfalteten Reichtum des Neuen Testaments zu suchen. Aber auchdie Gemeinde Jesu Christi hat noch viel Grand zum Seufzen (Rom.8, 23) und wird gerade darin vom Heiligen Geist vertreten (Rom.8, 26). Sie wei auch von viel Trnen und Traurigkeit (2. Kor. 2, 4;Phil. 2, 27.; 2. Tim . 1, 4 ; A pg. 2 0 ,1 9 . 3 1 u. a.) und m u sich immerneu in Geduld ben (z. B. 1. Petr. 1, 6) und den Trost Gottes inChristus neu ergreifen. Deshalb hat auch sie den Klagepsalm ntig.

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    Psalm 5 30Beim Lesen solcher Psalmen sollten wir nicht ber sie hinwegeilen,als kmen sie uns nicht zu. Der Psalter ist eine einzigartige Schuledes Gebets, weil er uns im Alltag mit seinen Kmmernissen ebensobegegnet w ie in der festlichen Stunde der Freude. Nu r wer die Klage=psalmen ehrlich mitbetet, wird den Reichtum der Lob= und Dank=lieder recht mitsingen knnen. Die Psalmen verbieten uns alle fal=sehen Stelzen einer unnatrlichen Frmmigkeit und machen uns ehr=lieh in unserem Gebet.

    Ernsthaftere Schwierigkeiten machen dem Leser die Drohwortegegen die Feinde. Wie verhalten sich solche Verse zu Jesu Berg=predigt? Grundstzlich ist dazu folgendes zu sagen: 1. Die Feindedes Beters sind zugleich Feinde Jahves. Der Psalmist hat sich frGottes Freundschaft entschieden und steht daher in der Feindschaftder Welt (Jak. 4, 4). Die militanten Bekenner stehen in Gottes Heerund streiten gegen seine Gegner. 2. Dazu gehrt auch, da es sichvielfach um die heidnischen Gegner des V olkes G ottes handelt.Gegnerschaft gegen Israel aber ist stets zugleich Gegnerschaft gegenJahve, den Vater Jesu Christi. 3. Damit sind gewi nicht alle Aus=brche von heiligem" oder auch unheiligem" Ha entschuldigt.Da dieser sich oft allzu menschlich vollzieht, davon sind die Psalmengewi Zeugnis. Nur sollten wir nicht so tun, als wre uns das fremd.Auch diese so menschliche Seite der Psalmen zeigt, wie sehr hierGottes Wort sich herabneigt in unsern Staub. 4. Entscheidend aberist, da wir beim Lesen des Alten Testaments nie vergessen drfen,da hier noch keine Scheidung vollzogen ist zwischen Snde undSnder. Gott hat die Snde und vernichtet sie. Damit wird auch derbertreter vom vernichtenden Zorn getroffen. Davon enthlt dasGesetz eine Flle von Beispielen. Die Vergebung der Snde ist dasgrte aller Wunder. Erst das Leiden und Sterben Christi macht denWeg frei zur vollen Begnadigung und Vershnung des Snders.Da rum gilt auch im N euen Testam ent: N ur w er seine Zuflucht nim m tzu dem, der als das Lamm Gottes der Welt Snde hinwegtrgt (Joh.l, 29), dem geht die Paradiesestr auf (Luk. 23, 43). Der Gott desAlten Testaments ist nicht heiliger als der des Neuen Testaments.Sein Zorn bleibt ber der Snde. Diese Unerbittlichkeit ist uns

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    31 Psalm 5Menschen unheimlich. Doch wird sie auf allen Blttern der Bibelbezeugt.V. l. Zur berschrift siehe wieder die Einleitung!V. 2. 3. Wie im 4. Psalm lesen wir auch hier zu Beginn die vor=bereitende Bitte, mit der der Beter sich an das Herz seines Gottesheranbewegt. Siehe da, wieviel Namen er dem Gebet gibt: meineWorte, meine Rede, mein Schreien, meine Stimme, mein Anbeten",sagt C. H. Rieger (9). Die hebrische Sprache ist erstaunlich reich inallen Ausdrcken des Umgangs mit Gott, auch in der Bezeichnungunserer V erschuldungen. Mein Knig und mein Gott/' Seit Jahve,der Bundesgott, sein Volk am Sinai sein priesterliches Knigreich"nannte, war Israel eine Theokratie. Wer es ernst nahm mit seinemGott, der wute von Jahves Knigsherrlichkeit. Ich habe den Knig,Jahve der Heerscharen, gesehen mit meinen Augen", bekennt Jesajain der Stunde seiner Berufung (Jes. 6, 5). Das knnen wir auf vielenBlttern der Bibel lesen. Unerhrt khn erscheint die Formulierung,mein Knig und mein Gott'; sie zeigt, da der einzelne dessen gewiist: Jahve in seiner Herrschermacht kann von mir angerufen werden,er ist fr mich da" (Kraus, 38).V. 4. Tglich wird im Tempel das Morgenopfer dargebracht(2. Mose 29, 39). Solch Opfer in der Frhe will der Beter zurstenund sphen. Das heit doch wohl: Er wartet auf Gottes Antwort.Ob diese aus dem Munde des Priesters kommt oder dem Beter un=mittelbar gewi wird, ist nicht entscheidend. Sein Gebet ist auf jedenFall ein Zwiegesprch mit seinem Gott.V. 5. Mit Gott reden drfen, zu Gott hinzutreten und seineGegenwart suchen, ist groe Gnade. ber dem Beten erkennt derBeter, wie sehr solch Vorrecht verpflichtet. Auch Johannes auf Pat=mos erkennt, da in Gottes Heiligtum nichts Gem eines oder gar LgeZutritt hat (Offb. 21, 27). Das wei auch der Beter des Alten Testa=ments. Die Bibel kennt keine Gemeinschaft mit Gott ohne Trennungvon der Snde. Das oder der Bse hat kein Gastrecht bei Gott. Einsolcher wird in Gottes Nhe nicht geduldet.V. 6. Gromuler sind gleichfalls ausgeschlossen. Dem Hoffrti=gen widersteht Gott. Jahve hat die Snde, und dieser zrnende Hatrifft auch den beltter.

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    Psalm 5 32V. 7. Der Lgner verfllt dem Untergang, und wer Gewalt bt,hat mit Gottes Abscheu zu rechnen. Diese Aufzhlung erinnert angewisse Abschnitte in den Briefen des Paulus (etwa 1. Kor. 6, 9.;Gal. 5, i9f.; 1. Tim. 1, 9L u. a.). Auch im Neuen Testament gibt eskeinen Bund des Vaters Jesu Christi mit der Bosheit.V. 8. Nur der Gerechte findet bei Gott eine offene Tr und darf imHeiligtum Gottes Angesicht suchen. Vgl. dazu Ps. 15 ! Die Gerechtig=keit Gottes kennt der Psalter auch schon im Sinne der gttlichen Zu=

    rechtbringung und Gnade. Der Gerechte ist derjenige, der Gott rechtist. Er liebt Gottes Gesetz und Weisung (Ps. 1), er sucht Gottes An=gesicht und wei doch, da er dank reicher Gnade" den Zugangzu Gott hat. Deshalb ist das Kennzeichen dieser Gerechtigkeit nichtdie Selbstsicherheit, sondern die Furcht Go ttes (z. B. Ps . 2 , 1 1 ; 3 4 , 1 2 ;111,10u.a.).

    V. 9. Erst jetzt kommt es zur eigentlichen Bitte. Der Beter hatviele G egner, die ihm belwollen. Er kann sich auf sie nicht verlassenund m u sich vor ihn en h ten nicht nu r vor ihrer Gew alttat,sondern auch vor ihrer Verfhrung. Deshalb sucht er Gottes Fh rungin seinem Leben. Dieses Anliegen kennen wir aus vielen Psalmen(z. B. 25, 8ff.; 32, 8; 37, 5). Um der einde willen" nicht nur,damit sie ihn nicht irrefhren, sondern auch, damit sie beschmtwerden. Der Weg ist geebnet, wenn Hindernisse schwinden, Trensich ffnen, Brcken geschlagen sind. Leite mich in deiner Gerechtig=keit!" Wie in Ps. 4, 2 ist die Gerechtigkeit Gottes nicht das drohendeRichtschwert, sondern die siegende Kraft Gottes gegen alles Unrecht.Auch hier wird deutlich, da die Gerechtigkeit Gottes ganz nahe beiseiner Gnade steht (vgl. Ps. 31, 2; 55, 2 4 ; 65, 6; 71, 16. 19 u. a.).Die in V. 9 ausgesprochene Bitte ist das entscheidende Gebet, Jahvemge sich zu seinem Knecht bekennen und ihm durch den Erweisder Hilfe eine neue, in Gottes wegweisendem Rechtsbeistand liegendeExistenzmglichkeit schenken" (Kraus, 43).V. 10. Der Beter unterbaut seine Bitte mit dem Hinweis auf dieUnzuverlssigkeit und Unlauterkeit der anderen. Ihr Mund ist un-aufrichtig" nichts Festes ist inihren Worten. Man kann ihnennicht trauen und sich nicht auf sie verlassen. In ihrem Herzen lauertheimlich Verderben. Aus ihrer Kehle kommen Worte wie aus einem

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    33 Psalm 5Grabe. Todesmchte gehen von ihren Worten aus, auch wenn ihreZunge aalglatt ist und zu schmeicheln versteht.V. 11 . Sprich sie schuldig1/' oder wrtlich: La sie schuldigwerden!'', d. h., das Verborgene ihrer Bosheit soll offenbar werden.Vielleicht liegt der Sinn darin: La sie ihre Schuld erkennen! Weilsie gegen dich rebellieren, verstoe sie! Dem Nachfolger Jesu scheintdiese Bitte unertrglich, aber dem Beter hier liegt daran, da Gott inseiner Heiligkeit offenbar werde. Gott und der Frevel sind unverein=bar. Im Neuen Testament bezeugt diese Wahrheit das Kreuz Jesu.V. 12. Auf diesem dunklen Hintergrund wird die Freude imHerrn um so leuchtender. Alle, die Gott vertrauen, haben keinenGrund zu T rauer und A ngst. Freude! Jubel! Jauchzen! Das sindihre Kennzeichen. Vgl. auch den Schlu von Ps. 2! Das StzleinBeschirme sie!" ist textlich etwas fragwrdig und gehrt vielleichtin den letzten Vers: Beschirme sie gleich einem Schilde!" Die Freudegilt allen, die Gottes Namen lieben. Der Name Gottes ist allezeitseine offenbarte, den Menschen zugewandte Seite. Ohne die Offen*barung seines Namens wre Gott ein undurchdringliches Rtsel. Wirmten auf die Altre schreiben: Dem unbekannten Gott". W eraber sein Wort hrt, seine Gnade schmeckt (Ps. 34, 9), auf seineGerechtigkeit hofft, der liebt seinen Namen, liebt ihn, wie er sichuns offenbart. Darum sind wir Liebhaber Jesu Christi, in dem sichGott uns als Vater auftat.V. 13. Er wei sich gesegnet mit dem ganzen Volke Gottes. DieGnade krnt" ihn (Ps. 103, 4) und deckt ihn gleich einem Schilde.Hier ist der Ausdruck benutzt, der fr die mannshohen Schilde deralten Krieger gilt, hinter denen eine volle Deckung" mglich ist.Das ist ein Beispiel, wie aus einem Klagepsalm ein lautes LobGottes wird. D er Einsame von viel heimtckischen Verfhrernumgeben findet sich in der Gemeinde derer, die Gott lieben undvon ihm gesegnet sind. Gott neigt sich zur Erde, richtet den Beterauf und stellt ihn in seine Gemeinschaft.

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    Psalm 6 34Psalm 6

    (1) Dem Sangmeister zum Saitenspiel auf dem Achtsaiten=Instru=ment. Ein Davidslied.(2) Jahve, strafe midi nicht in deinem Zorn und zchtige midinidit in deinem Grimm! (3) Sei mir gndig, Jahve; denn idi% welke dahin. Heile midi, Jahve; denn meine Gebeine beben,(4.) und meine Seele zittert Adi du, Jahve, wie lange? (5) Kehre

    wieder, Jahve, rette meine Seele, hilf mir um deiner Gte willen!(6) Denn im Tode gedenkt niemand deiner wer w ird dich imTotenreidi preisen? (j) Idi bin ermdet vom Seufzen, die ganzeNadit feudite idi mein Lager, mit meinen Trnen schwemme idimein Bett. (8) Mein Auge ist trbe vor Kumm er, matt ob allermeiner Gegner. (9) Weicht von mir, all ihr falschen Gesellen!Denn Jahve hat mein lautes Weinen gehrt. (10) Jahve hat meinFlehen gehrt, Jahve nimmt mein Gebet an. (11) Alle meineFeinde werden zusdianden und zu Tode ersdireckt, zusdianden,ja zusdianden im Nu.Die alte Kirche zhlte sieben Bupsalmen (6; 32; 38; 51; 102;130; 143). Diese Aufzhlung erscheint uns heute willkrlich, weil

    die Reue um getane Snde und die Bitte um Gnade sich oft in denPsalmen finden. Einige dieser Psalmen besonders 32; 51 und 130 sind allerdings besonders eindrucksvolle Bugebete, die den Beteroft im G ebet leiten werden. Der 6. Psalm h at in unserem Gesangbuchin dem schnen Liede Straf mich nicht in deinem Zorn", wahrschein=lieh von Joh. G. Albinus (+ 1679), seinen Niederschlag gefunden(Nr. 176 im Deutsch=Evangelischen Gesangbuch). Der Psalm scheintaber in erster Linie das Gebet eines Kranken zu sein, der seine Notals Zornesgericht Gottes empfindet und um Abwendung des Zornsbittet. Gleichzeitig wird er von Feinden bedroht.Die neuen Kommentare fragen viel nach dem Sitz im Leben".Darber mu grundstzlich eins gesagt werden: Alle Psalmen habeneinen konkreten Anla. Das gilt von den Festliedern und Hymnen,es gilt noch mehr von den individuellen Gebeten einzelner Frommer.Es ist kein Zweifel, da auch der 6. Psalm solch einen Beter zumVerfasser hatte. Es ist aber die besondere Eigenart der Psalmen ber=

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    35 Psalm 6haupt, da sie einerseits den lebendigen, konkreten Anla haben,andererseits aber so Allgemeingltiges aussprechen, da sie zu Ge=beten aller werden knnen. Bei unsern Gesangbuchliedern kennenwir ja oft den geschichtlichen Anla; doch tritt dieser so weit zurck,da das individuelle Gebetslied zum Gemeindegesang werden kann.Das gilt von den Psalmen in ganz besonderer Weise. Das Beten derPsalmen ist darum so bereichernd, weil nichts konstruiert ist, sondernalles lebendig und echt. Der fremde Beter nimmt uns mit, und seineWorte helfen uns zu eigenem Beten.V. i. ber die berschriften ist in der Einleitung Grundstzlichesgesagt.V. 2. Es gibt nichts Furchtbareres, als Gottes Zorn ber sich zuwissen. Der Beter will sich der Strafe, der er sich wohl wert wei,nicht entziehen; er bittet aber um Abwendung des Zornes Jahves,an dem wir Menschen vergehen (Ps. 90, 7). Er weist nicht die ZuchtGottes von sich, aber er wehrt sich doch im Gebet gegen seinenGrimm.V. 3. Es scheint, da der Beter ein schweres krperliches Leidenertragen mu. Er gleicht einem welken Blatt, und seine Glieder zit=tern. Gewi knnte dieser Zustand durch das geschlagene Gewissenhervorgerufen sein. Aber eine Bitte um Vergebung lesen wir indiesem Psalm nicht.V . 4 . W eil er in seinem no tvollen Zustand die Folge des gttlichenZorns erkennt, ist seine Seele erschrocken. Die Seele ist das Ich=bewutsein im Menschen. Er ist bis in die Tiefe seiner Existenzerschttert und kann nur aufseufzen: Ach, Jahve, wie lange?" W ielange soll dieser Zustand dauern? Wie ein kurzer Angstschrei ent=ringt sich dieser Ruf seinem Herzen (vgl. Ps. 13,1; auch jy , 8).V. 5. Kehre wieder!", wende dich um! lautet seine Bitte. Erbenutzt den gleichen Ausdruck, der sonst von der Bekehrung desMenschen zu G ott gebraucht wird (z. B. Jer. 3, 22 ; 3 1 ,1 8 ). N ur wen nJahve sich umwendet, nachdem er im Zorn dem Beter den Rckenkeh rte, nu r wenn er sich bekehrt", ka nn es zu einer helfenden neuenBegegnung m it Jahve komm en. Rette meine Seele!", wrtlich: Reiemeine Seele heraus aus ihrer Not, ihrer Verzagtheit! Wir kennen jasolche Stunden, wo uns jeder rettende Ausweg aus unserer Lage

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    Psalm 6 36versperrt scheint. Der Ruf nach oben hat allemal sein Recht und seineVerheiung. Hilf mir um deiner Gte willen!" Nicht eigenes Ver=dienst oder einen Vorzug, der dem Beter einen Anspruch auf GottesHilfe geben knnte, nennt der Psalmist. Es gibt nur einen Beweg=grand, an den wir appellieren drfen: deine Gte".V. 6. Obwohl im A lten Testam ent hier und da die Hoffnung berdie leibliche Todesgrenze greift, bleibt doch die Regel: Im Totenreichherrscht Schweigen, und dorthin sind alle Brcken abgebrochen. liesPs. 30, 10; 88, 11; 115, 17; Jes. 38, 18! Der Prophet Hosea kannwohl die Erlsung aus dem Tod und aus der Scheol, dem Totenreich,ankndigen, und eine Anzahl hnlicher Hoffnungsstrahlen werdenwir auch in den Psalmen finden. Die Auferstehungsgewiheit aberist erst ein Geschenk des Neuen Bundes. Diese Haltung des alttesta=mentlichen Frommen ist dem Christen schwer verstndlich. Israelm ute zuerst lernen, sich von den allzu billigen Ew igkeitshoffnungenseiner Nachbarn besonders gyp tens zu lsen. Das Reich derToten, mit dem die animistische Heidenwelt viel Verbindung suchte,mute zuerst unter gttlichen Verschlu kommen, um dieser Gebun=denheit an die Toten ein Ende zu machen. Zuerst Erlsung vomTotenkult, dann erst Erlsung vom Todesgeschick! Die Bindung andie Toten ist die schwerste Lhmung im Heidentum und steht imabsoluten Gegensatz zum Dienst des lebendigen Gottes. Hier muteGottes erwhltes Volk einen tiefen Schnitt tun, und auch wir mssenes noch heute. Da Gott ein Gott der Lebendigen ist und auch denFluch des Todes auflst, lernt die Gemeinde erst in der Nachfolgedes Auferstandenen.V. 7. 8. Der Beter schildert seinen erschpften Zustand, zu dembeides fhrte: leibliche Krankheit und seelischer Druck. Einen Gegen=satz zwischen beiden kennt die Bibel nicht. Sie meint stets den gan=zen Menschen. Neu ist die Erwhnung der Gegner, die die Not nochvergrern.V. 9.10. Man knnte an Leute denken, die den Beter gleich HiobsFreunden als von Gott gezeichnet ansehen. Doch ist ihre Bosheitzugleich auch Falschheit. Nun bricht aber berraschend die gttlicheHilfe ein. Sie wird so unerwartet beschrieben, da' manch ein Aus=leger diese Verse in andern Zusammenhang bringen mchte. Zu

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    yj Psalm 7Unrecht! Gottes Hilfe ist stets ein W und er der Erhrung ohnepsychologische Begrndung. Wenn die Stunden sich gefunden,bricht die Hilf mit Macht herein." Das erfhrt der Beter. Nach demWie geziemt es uns nicht zu forschen. Ob es ein Priesterwort waroder eine pltzliche Genesung oder eine im Herzen aufleuchtendeGewiheit (Ps. 30, 6. 12)? Gott liebt Verwandlungen. Das erfhrtgerade der Angefochtene.V. 11. Der Glaube bedarf keines Beweises. Er ist sich selbst Be=weis. Mgen alle meine Feinde weiter schmhen, spotten, mit demKopf schtteln, es kommt auch ihre Stunde. Wie die Erlsung imNu da war, so kommt einst das Gericht im Nu.ber seine und ihre Feinde ist der Glaubenssieg der SeinenTriumph und deren Niederlage. Lautet's bei der Niederlage der Kin=der Gottes: ,Herr, wie lange?', so verfhrt der Herr dann bei derNiederlage jener pltzlich." So sagt Emil Taube (40). Und Luthersagt: Wenn wir diesen Psalm auch nicht gnzlich verstehen knnen,so ist es doch ntzlich, ihn gut zu kennen, damit, wenn wir versuchtwerden, wir wissen, da wir nicht allein so versucht werden." NachLuthers Kleinem Katechismus gehrt die Verzweiflung fr den Glau=benden zu Schande und Laster". Die Wahrhaftigkeit der Klage ltden Beter hellhrig sein fr die Gnadenantwort seines Gottes.

    Psalm 7(1) Ein Davids=Sdiiggajon, den er Jahve sang auf die Worte desKusch hin, des Benjaminiten.(2) Jahve, mein Gott, bei dir berge ich mich. Hilf mir von allmeinen Verfolgern und rette mich, (3) da sie meine Seele nichtgleich einem L wen zerreien wegreien, und keiner hilft1.(4) Jahve, mein Gott, wenn ich solches getan htte! W enn un=rechtes Gut in meinen Hnden wre! (5) Wenn ich Gutes mitBsem vergolten htte oder den geplndert htte, der mich ohneGrund bedrngt! (6) Ja, dann mge der Feind meine Seele ver-folgen! Er erhasche und trete mein Leben zu Boden! U nd meineEhre mge im Staube liegen! (7) Stehe auf, Jahve, in deinemZorn! Erhebe dich wider das Wten meiner B edrnger! Erwache

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    Psalm 7 38mir zugut! Du hast Gericht befohlen. (8) Um dich her sei dieVersamm lung der Nationen! Und ber ihr wende dich wiederzur Hhe! (9) Jahve wird die Vlker richten. Richte mich, Jahve,nach meiner Gerechtigkeit und der Lauterkeit in mir! (10) Machder Bosheit der Frevler ein Ende und richte den Gerechten auf,der du Herz und Nieren prfst, du gerechter Gott! (11) Gott istmein Schild, der Retter derer, die aufrichtigen Herzens sind.(12) Gott ist ein gerechter Richter und tglich ein drohender Gott.(13) Frwahr, aufs neue schrft er sein Schwert, spannt seinenBogen und zielt, (14) bereitet sich tdliche Waffen und mach tseine Pfeile glhend. (15) Siehe, jener empfngt Frevel, geht mitUnheil schwanger und gebiert Lge. (16) Eine Grube grbt erund hhlt sie aus und fllt ins Grab, das er selber machte. (17) Erwendet sein Unheil aufs eigene Haupt, und sein Unrecht flltauf seinen eigenen Scheitel. (18) Ich will Jahve danken, wie esseiner Gerechtigkeit zukomm t, singen dem Nam en Jahves, desHchsten.Hier haben wir ein Klagelied besonderer Art. Der Beter wirdvon einem wtenden Feind verfolgt, flieht ins Heiligtum, beteuertseine Unschuld und ruft Jahve als den gerechten Richter an" (Kraus,56). Kraus erinnert an das Gebet Salomos bei der Einweihung desTempels. In seinen Gebetsworten rechnet der Knig damit, da einAngeklagter oder Verfolgter seine Zuflucht zum Tempel nimmt, umvor Gottes Angesicht durch einen Reinigungseid das Urteil Jahveszu erbitten (1. Kn. 8, 3iff.). hnliche Situationen werden wir unsbei manchen Psalmen vorzustellen haben. Die Beteuerung der Un=schuld meint also nicht etwa die eigene Sndlosigkeit, sondern nur

    die Unschuld in der konkreten Anklage. Luther erinnert an die Wortedes Apostels Paulus (1. Kor. 4, 3ff.), wo es auch nicht um die Fehl=losigkeit des Apostels, wohl aber um einen unberechtigten Vorwurfseiner Gegner ging.V. 1. Schiggajon heit vielleicht: ein bewegliches Klagelied. WerKusch war, wissen wir nicht. Es kann ein Vorname sein oder auchheien: der thiopier. Die Davidsgeschichte der Bibel erwhnt ihnnicht Vielleicht liegt eine auerbiblische Tradition vor. Zur ber=schrift vergleiche das Vorwort!

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    39 Psalm 7V. 2. Mein Gott" wer so sprechen k an n, ist gu t dran. Der

    Verfolgte mag in den Tempel gelaufen sein, um bei Jahve ein Asylzu finden. Man knnte auch bersetzen: In dich setzte idi meinVertrauen." Wer Gott vertraut, betet anders, als wer nur die Angstder Verzweiflung kennt. Wird hernach auch nur ein Verfolger ge=nannt, so mag es doch eine ganze Clique gewesen sein. Rette mich!" Gott ist der wahre Retter und Heiland.V. 3. Der Beter ist wie von einem wilden Tier gehetzt. MeineSeele" sagen die Psalmen oft statt mich". Keiner hilft." Je unddann mssen wir das durchkosten, um die Hilfe Gottes um so ber=zeugender zu erfahren.V. 4. Nun beginnt der Beter vor dem Angesicht Jahves sich zuverteidigen. Offenbar wird er um eines vermeintlichen Diebstahlswillen verfolgt. Aber kein unrechtes Gut ist in seinen Hnden.

    V. 5. Der Satz ist nicht leicht ins Deutsche zu bertragen. Freibersetzt hiee es: W enn ich meinem W ohltte r oder Freunde Bsesvergolten htte oder ohne Grund einen anderen geschdigt htte!"V. 6. Ja, wenn es so wre, dann mge die Vergeltung als Strafemich treffen. Es ist eine Beteuerung der Unschuld. Alles das kannihn ja nicht treffen, weil er zu Unrecht beschuldigt wird.V. 7. Es folgen nun bewegliche Anrufungen Jahves: Stehe auf!Erhebe dich! Wache auf!" Wohl kennt der Beter den Wchter Israels,der nicht schlft (Ps. 1 2 1 , 4 ), wie Elia es spottend von Baal behaup=tet (1. Kn. 18, 27). Aber ihm eilt es mit Jahves Eingriff. Nur vonihm kann die Rettung kommen. Er ist der Richter. Und wie einRichter mge er sich vom Richterstuhl erheben, um das Urteil zu

    sprechen.V. 8. Aber nun zeigt sich, da der Beter des Alten TestamentsGott nicht als seinen privaten Schutzherrn ansehen kann. Der Ge=sichtskreis erweitert sich ihm von den Feinden in nchster Umgebungauf die Jahve und seinem Gesalbten feindliche Welt berhaupt"(Delitzsch, 110). Weil Gott aller Welt Richter ist, darum schtzt erdas Recht allenthalben auch im Alltag. Das schlieliche Weltgerichtist nur der Abschlu des fort und fort sich vollziehenden Weltgerichtsder Weltgeschichte selbst." Gottes Gericht geschieht nie im geheimen,sondern in voller ffentlichkeit. Darum umstehen die Vlker Gottes

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    Psalm 7 40Gerichtstag. Nach gehaltenem Gericht soll er b er sie hinw eg emporschweben und wie nach dem Kampf ein Triumphator zur Himmels=hhe zurckkehren"( Delitzsch, 111).V. 9. Jahve wird die Vlker richten" das ist wie ein Satz auseinem Credo. Das Bekenntnis zum richtenden Gott ist fundamentalfr die ganze Bibel ( 1 . Sam . 2, 10 ; Ps. 75, 3 ; Jes. 3 , 1 3 ; Micha 4, 3 ;Apg . 17, 3 1 ; Rom. 2, 5 .1 6 ; 1. Kor. 4, 5 ; 2. Kor. 5 ,1 0 ; Hebr. 9, 27;Offb. 14, 7 u. a.). Von diesem ewigen Richter erbittet der Beter dieEntscheidung in der vorliegenden Sache.V. 10. Nur Gott richtet recht. Alle Menschengerichte bleibenfragwrdig, selbst bei bester Absicht. Denn nur Gott prft Herz undNieren ( 1 . Sam. 16 , 7 ; Ap g. 1, 2 4). Die Nieren sind neben dem Her=zen in der Sprache der Bibel als ein besonders schmerzempfindlichesO rgan Sitz der Gewissensregungen (Ps. 16 , 7 ; 26, 2 ; j} , 2 1 ; 1 3 9 , 1 3 ;Spr. 23, 16; Offb. 2, 23 u. a.). Die richterliche Entscheidung machtder Bosheit ein Ende und besttigt das Recht.V . u . W rtlich : M ein Schild ist auf Jahve/' Das kling t, als wreJahve der Schildtrger. Die Aufrichtigen haben Gottes Wohlgefallen.So werden sie oft in den Psalmen g ena nn t (z. B. 1 1 , 2 ; 3 2 , 1 1 ; 36,11;9j, 11). Es sind die Geraden", die keine krummen Wege gehen, dieRedlichen und Einfltigen, die nichts verstecken. Luthers bersetzungdie Frommen" entspricht nicht m ehr unserem h eu tigen Sprachgefhl.Wenn Jesus in der Seligpreisung die nennt, die reines Herzens sind,meint er die gleichen.V. 12. Einen andern Gott als den, der das Unrecht in Gerechtig=keit richtet und darum vom Snder zu frchten ist, kennt die Bibelnirgends. Nur wer ihn frchtet, ist ihm angenehm (Apg. 10, 35).Nur der Gottesfrchtige kann erfahren, was Vergebung und Gnadeist. Wo die Furcht Gottes fehlt, bleibt der Mensch blind und taub frGott. Wer wte das nicht?V. 13. 14. Der Sinn dieser Verse ist nicht eindeutig. Folgte nichtV. I5ff., k nnte n w ir wo hl bei Luthers Deutun g bleiben: Jahve selbstals Richter bedroht den Widersprecher und bertreter seiner Gebotem it tdlichen Gerichtswaff en es sei den n, er wen de um un d bekehresich. Die neuen Ausleger dagegen meinen, da hier jener Bsewichtgeschildert wird, der dem Beter so arg zusetzt.

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    41 Psalm 8V. 15. Schiller spricht vom Fluch der bsen Tat, da sie fort=

    laufend Bses mu gebren". Wer dem Frevel Raum gibt, wird vonihm beherrscht. Wie ein Todeskeim wirkt er Unheil und Lge.V . 16 . 17 . Zule tzt ist der Frevler der Gerichtete. Hufig trifftGottes vergeltende Gerechtigkeit die Snder gerade mit dem, womitsie gesndigt haben" (Lexikon zur Bibel, Spalte 1346^). Jesus Sirachaber sagt: Wer, den Stein in die Hhe wirft, dem fllt er auf denKopf; wer heimlich sticht, verwundet sich selbst" (27, 28). Mit einergetarnten Grube fngt man wilde Tiere. Wer sie grbt, achte darauf,da er nicht selber hineinfalle (Ps. 9, 16). Paulus wei, da derSnder dahingegeben" wird. Whrend er rebelliert, ist er schongerichtet (Rom. 1, 24. 26. 28).V. 18. Auch hier wie in Psalm 6 endet die Klage in Dank. Wersich zu Jahve wendet, wird nicht enttuscht.Werden wir diesen Psalm beten knnen? Es geht nicht um einepharisische Selbstrechtfertigung. Aber auch wenn wir Beistandsuchen bei ungerechter Beschuldigung, werden wir viel Mhe haben,uns von Rachegefhlen gegen unsern Gegner frei zu halten. Wohlsuchen wir Gottes Gericht, der allein dem Unrecht ein Ende bereitet.Aber dieses Gericht trifft doch stets auch uns. Der Glaube an JesusChristus macht uns willig, uns dem Gericht zu stellen. Denn nungeht es allein um die Ehre und Wahrheit Gottes.

    Psalm 8(1) Dem Sangmeister auf der Gittit. Ein Davidslied.(2) Jahve, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzenErde, der du deine Hoheit den Himm eln verliehen! (3) Durch denMund der Kindlein und Suglinge hast du eine Macht begrndetum deiner Gegner willen, damit du mit dem Feind und mit demRachgierigen ein Ende machtest. (4) Wenn ich deinen Himm elsehe, das Werk deiner Finger, den Mond und die Sterne, denendu den Platz angewiesen hast (5) was ist (doch) ein Mensch,da du seiner gedenkst, und ein Menschenkind, da du dich seiner

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    Psalm 8 42annimmst! (6) Du lt ihm zur Gottheit nur wenig fehlen, mitEhre und Herrlichkeit krnst du ihn. (j) Du lt ihn herrschenber das W erk deiner Hnde, alles hast du ihm unter seine Fegelegt; (8) Schafe und Rinder allzumal und auch das Wild, (9) dieVgel des Himm els und die Fische des Meeres, was (nur) dieWasserwege wandert. (10) Jahve, unser Herr, wie gewaltig istdein Name auf der ganzen Erde!Dieser Psalm von der Herrlichkeit des Schpfers und der darausflieenden Herrlichkeit seines Geschpfes, des Menschen, wird imNeuen Testament mehrere Male erwhnt. Jesus selber nennt ihn inMatth. 21, 16. Paulus beruft sich auf ihn: 1. Kor. 15, 27 und Eph.1, 22 (vielleicht auch Phil. 3, 21). Am ausfhrlichsten zitiert ihn derHebrerbrief (2, 69). Wer ihn nur als Naturpsalm kennt, unter=schtzt seinen Inhalt, der uns zu betendem Nachdenken lockt.V. 1. Zur berschrift siehe wieder die Einleitung! Gittit" istwahrscheinlich ein Instrument, vielleicht auch die Angabe einerMelodie.V. 2. Hier singt nicht ein einzelner Snger, sondern die Gemeinde.Sie nennt Jahve: unser Herrscher" oder unser Allherr". Die Ge=meinde Gottes wei sich von Gott beherrscht. Somit beginnt der

    Psalm mit einem eindeutigen Bekenntnis: Auf der ganzen Erde"(in aller Welt") ist dieser Jahvename gewaltig, herrlich, erhaben.Mag die Welt diesen Namen, Gottes Herrlichkeitsoffenbarung, nichtkennen oder vergessen haben seine Werke zeugen von seiner Ge=wait und Herrlichkeit. Und sein Herrschaftsanspruch darf nicht ge=strichen werden. Der Glaube bekennt den Namen staunend und freu=dig. Er wei Jahve als den Schpfer des Himmels und der Erde. Allesstrahlt die Hoheit seines Schpfers wieder.V. 3. Aus Matth. 21, 16 ist uns dieser Vers gut bekannt. Schonaus Kindermund kommt Gottes Lob und Preis. Und solch Lob istkeine kindische Spielerei, ber die wir Erwachsenen berheblichlcheln drften. Das Stammeln des Kindes begrndet eine Macht",es ist ein nicht zu verachtendes Bollwerk, gleichsam eine Festung, ander die Gegner sich mde rennen, ohne sie berwinden zu knnen.Dieser Gedanke ist einzigartig. Wohl wissen die Psalmen, da Kinder

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    43 Psalm 8Gottes Geschenk sind (127,3). Er segnet auch die Kleinen (115,Sie gleichen den lzweigen, die den Familientisch umgeben (128, 3). Der Psalm rechnet m it Feinden G ottes. Er wei vom Abfall desMenschen. Obwohl er in den nchsten Versen von dessen Grespricht, wei er doch um den W iderspruch der Menschen gegen JahvesAnspruch. Es sind jene, die durch den Segen der Erde nicht zumSegnenden gekommen sind", sagt Jakob Kroeker. Wo Gott gepriesenwird, fehlt die Stimme des Sptters selten. Wunderbar bleibt dieVerheiung, da der Feind und selbst der Rachgierige zuschandenwird vor dem Lob der Unmndigen. Luther will die Kinder undSuglinge" weit fassen und alle Niedrigkeit der Narren in Christo"mit hineinrechnen. Er sagt: Die Wahrheit ist mchtiger als dieBeredsamkeit, der Heilige Geist strker als der Menschengeist, derGlaube hher als die Bildung." Darum ist der Sieg bei der stam=melnden Wahrheit und nicht bei der verlogenen Beredsamkeit". Des=halb schreibt Luther: W enn wir den M und nicht eher auf tun drf=ten, als bis wir tchtig wren, dann wird Christus nie gepredigtwerden" (Mhlhaupt I, 127fr.). Hinter den Gegnern und Feindensteht der altbse Feind. Jesu Wort Matth. 21, 1 6 benutzt unsern Verszum Gericht ber die, die seinem Lob wehren wollen.

    V. 4. 5. W er geffnete Augen fr Gottes W erk und Tun bekom m t,lernt das anbetende Staunen. Der Snger wird im Groraum dervon Gottes Herrlichkeit und Gre zeugenden Schpfung der letztenTiefen seines Menschseins inne" (Kraus, 69). Der Verfasser benutztan erster Stelle einen Ausdruck fr Mensch (ensch"), der auf seineHinflligkeit hinweist. Menschenkind" heit soviel wie Erdgebo=rener (vgl. Ps. 103, i4f.). Obwohl der Mensch so hinfllig und ver=gnglich ist, gedenkt Gott seiner und nimmt sich seiner an. Das istgttliche Kondeszendenz, d. h. Herablassung. Dieses schwache undabhngige Wesen ist doch unvergessen bei Gott, Gott gedenkt seinerund sieht sich nach ihm um, er berlt ihn nicht sich selbst, sonderntritt in persnlichen Verkehr mit ihm, er ist sein besonderer Augen=merk" (Delitzsch, 119). Der schwache, unter dem hohen HimmelGottes verlorene Mensch ist unbegreiflicherweise der begnadigteMensch" (Kraus, 69.).V. 6. Der Schpfer hat dem Menschen seine Stellung innerhalb

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    Psalm 8 44der Schpfung gegeben. Nur ein wenig fehlt ihm zur Gottheit. DieserSatz ist gleichfalls einzigartig im Psalter, ja in der ganzen Bibel.Statt Gottheit" liest die Septuaginta, die alte griechische berset=zung, Engel". Zwar knnte der hebrische Ausdruck Elohim" dieseBedeutung auch haben. Es ist aber deutlich eine Abschwchung. Wirhaben an das Wort im Schpfungsbericht zu denken: Gott schuf denMenschen sich zum Bilde." Er haucht ihm seinen Lebensgeist ein.Nun ist der Mensch mit Gott verwandt". Er kann zu ihm beten,kann sein Wort hren und verstehen. Er kann aber auch schuldigund zum Snder vor Gott werden. Dies alles gibt ihm seine Wrde.Strahlender Glanz und majesttische Zierde ruhen auf ihm wie eineKrone" (Kraus, 70). So ist der Mensch, wie Gott ihn schuf, ehedas Bild Gottes von der Snde zur Karikatur verzerrt wurde.V. 79. Der Mensch ist ein Knig und nicht ein Knig ohneLand. Die Welt ringsum mit den Werken schpferischer Weisheit,welche sie erfllen, ist sein Knigreich." (Delitzsch, i2of.) Einst beider Erschaffung sprach Gott: Lat uns Menschen machen, ein Bild,das uns gleich sei, die da herrschen ber die Fische im Meer undber die Vgel unter dem Himmel und ber das Vieh und ber dieganze Erde und ber alles Gewrm, das auf Erden kriecht!" DieserRatschlu ist durchgefhrt. Alles, was die Erde, die Luft und dasWasser erfllt, steht dem Menschen zum Dienst zur Verfgung.Damit ist auch ihre Pflege eingeschlossen. Nicht nur jene Tiere, diezu Haustieren wurden, auch das Wild gehrt in des Menschen Herr*