Das Lebenswerk Von Dr Clemens Pagenstert Von Georg Reinke Mit Abb

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    Oldenburger Jahrbuch des Vereins fr Landesgeschichte und Altertumskunde

    Oldenburger Verein fr Landesgeschichte und Altertumskunde

    Oldenburg, 1934

    Das Lebenswerk von Dr. Clemens Pagenstert t. Von Georg Reinke [Mit Abb.]

    urn:nbn:de:gbv:45:1-3217

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  • Das Lebenswerk von Dr. Clemens Pagenstert f .

    Von G e o r g R e i n k e .

    Am 25. Dezember 1932 verschied zu Vechta der Oberstudienrat i. R. Prof. Dr. C l e m e n s P a g e n s t e r t . Geboren am 15. Nov. 1860 in Bokern bei Lohne, hatte er das Gymnasium in Vechta besucht, darauf in Innsbruck, Mnster und Berlin Theologie und Philologie studiert und war nach mehrjhriger Ttigkeit an preuischen Anstalten im Herbst 1896 dauernd nach Vechta bergesiedelt. Als Oberlehrer, spter Professor und Oberstudienrat hat er am dortigen Gymnasium erfolgreich gewirkt, bis er Ostern 1924 in den Ruhestand trat.

    Aber nicht nur als Lehrer und Erzieher hat sich Prof. Pagen-stert groe Verdienste erworben, er war auch einer der bekanntesten und beliebtesten Heimatforscher des oldenburgischen Mnsterlandes.

    Wer Heimatgeschichte schreiben will, mu seine Heimat kennen und lieben. Beides war bei Prof. Pagenstert in hohem Mae der Fal l . E r kannte das oldenburgische Mnsterland wie kein zweiter. Hatte er es doch in ausgedehnten Fuwanderungen immer und immer wieder nach allen Richtungen durchstreift, aber nicht flchtig durcheilt, son-dern mit forschendem Blick studiert. Nicht blo die Schnheiten der Landschaft waren ihm aufgegangen, ihm war auch ein tiefer Einblick in das Entstehen und Werden der Heimatscholle zuteil geworden. Wo andere achtlos vorbergehen und ahnungslos weitereilen, da vermochte sein geschultes Auge Zusammenhnge zu erschauen, die den meisten verborgen bleiben.

    Wer Heimatgeschichte schreiben will, mu seine Heimat aber auch lieben. Wo die herzliche Zuneigung, das innige Verbundensein mit der Heimaterde fehlt, da kann auch kein richtiges Verstndnis, kein liebe-volles Versenken in die wahre Natur und die Eigenart der heimatlichen Scholle aufkommen. Jede Beschftigung mit der Heimatgeschichte wird ohne aufrichtige Heimatliebe an der Oberflche haften bleiben und allzu leicht in historische Phantasterei ausarten, die nicht nur ohne Nutzen fr die Erforschung ist, sondern auf Abwege fhrt und so manchen Schaden anrichtet.

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  • Georg Reinke, Das Lebenswerk von Dr. Clemens Pagenstert f . 1 0 9

    Prof . Pagenstert aber liebte seine Heimat und darum konnte er ihre Geschichte wirklich erforschen. Als Spro eines alteingesessenen Bauerngeschlechtes, das seinen Ursprung bis ins 15. Jahrhundert zurckverfolgen kann und das in der Bauernbewegung um 1534 bereits eine fhrende Rol le spielte, hatte er einen tiefverwurzelten Heimalsinn gewissermaen von seinen Ahnen ererbt und von seinen Vorfahren bernommen. Ein Dasein fern der Heimat htte seinem inneren Wesen wenig entsprochen, zu ihr zog ihn sein ganzes Sinnen immer wieder hin, auch in jener Zeit, als die Berufsausbildung und andere Verhlt-nisse ihn zwangen, jahrelang auerhalb der Grenzen der geliebten Heimat zu weilen. Und als sich ihm Gelegenheit bot, eine Beschftigung in der Heimat zu finden, da zgerte er keinen Augenblick, dem Rufe zu folgen, und kein noch so verlockendes Angebot htte ihn veran-lassen knnen, sie jemals wieder zu verlassen. In der Heimat wollte er leben und sterben.

    Aber noch etwas anderes ist von Wichtigkeit, wenn man Prof . Pagenstert als Heimatschriftsteller wrdigen will. Das ist die lautere Absicht, die ihn bei allen seinen Arbeiten im Dienste der Heimat-geschichte leitete. Nicht aus bloer Liebhaberei, geschweige denn aus Ruhmsucht, trat er mit seinen Heimatschriften an die ffentlichkeit, sondern Heimatdienst war ihm Gottesdienst. Liebe zur heimatlichen Schol le , Achtung vor den verehrungswrdigen Familienberlieferungen wollte er wecken, um die Bevlkerung, besonders die lndliche, enger mit der Heimaterde zu verknpfen, sie der Heimat zu erhalten und ein Abstrmen in die Stdte zu verhindern; er wollte sie dort festhalten, wo ihre Vorfahren Bume gepflanzt und die Heide gebrochen hatten". Dem Schwinden des konservativen S innes" wollte er entgegenwirken. Es mehren sich die F l l e " , klagt er in der Einleitung zu seinen Bauernhfen" , wo die Bauern die Bewirtschaftung ihres Hofes Pch-tern berlassen, whrend andere sogar ihren von den Vorfahren oft unter den grten Schwierigkeiten erhaltenen Hof unter den Hammer bringen. E s wre zu bedauern, wenn diese Erscheinung weitere Kreise zge." Man mu mit Prof . Pagenstert persnlich verkehrt haben, um zu sehen, wie ihm das Herz blutete, wenn er hrte, da wieder ein Hof, der jahrhundertelang im Besitze einer bestimmten Familie ge-wesen war, in andere Hnde berging oder gar verstckt wurde; jeder Bauernhof, der unterging, ri ihm ein Stck vom Herzen. Ein krftiger mittlerer Bauernstand", sagt er an der obengenannten Stelle, ist und bleibt die sicherste Sttze fr Kirche und Staat , fhrt den anderen Stnden immer neue Krf te zu, ist das einzige stetige Element in dem Gewoge des Bevlkerungsstromes." Viel leicht" , so fhrt er

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  • 110 Oldenburger J a h r b u c h 1934

    fort, werden diese Bltter, welche den Bauernhfen des Amles Vechta gewidmet sind, dazu beitragen, bei den Hofbesitzern die Liebe zur heimatlichen Scholle zu wecken und zu befestigen." Damit spricht Pagenstert deutlich aus, was den sonst so stillen und zurckhaltenden Mann veranlate, seine Feder immer wieder in den Dienst des Heimat-gedankens zu stellen.

    Als sich Pagenstert um die Wende des Jahrhunderts der Heimat-geschichte zuwandte, waren schon bedeutende Vorarbeiten geleistet. Nieberding, Niemann, Willoh und andere hatten die politische und kirchliche Entwicklung Sdoldenburgs bereits in groen Zgen klar-gelegt. Es fehlte aber noch vielfach an Einzelforschung und vor allem an Popularisierung der Heimatgeschichte. Die umfangreichen Werke der genannten Verfasser waren zu teuer, als da sie allgemeine Ver-breitung htten finden knnen, auch setzten sie zum Teil hheres ge-schichtliches Verstndnis voraus, als sie der einfache, historisch nicht-geschulte Leser zu besitzen pflegt. Hier hat Prof. Pagenstert mit an erster Stel le bahnbrechend gewirkt, indem er Werke schuf, die zu einer allgemeinen Verbreitung geeigneter sind. So hat er in hohem Mae zur Verallgemeinerung der heimatkundlichen Wissenschaft beigetragen.

    Dr. Pagenstert begann seine schriftstellerische Ttigkeit mit zwei kleineren, mehr fr Unterrichtszwecke bestimmten Werken: H e i m a t -k u n d e f r V e c h t a " , 2. Aufl. 1905, und G r u n d r i d e r G e s c h i c h t e d e s G r o h e r z o g t u i p s 0 1 d e n b u r g " , 2 . Aufl. 1905. Beide Schriften sind in ihrer Art vorzglich und werden noch jetzt in Schulen und zum Selbstunterricht vielfach benutzt. Da sie Neuauflagen erlebt haben, ist ein Beweis fr ihre weite Verbreitung. Gleichzeitig verffentlichte er verschiedene Abhandlungen in dem O I d e n b u r g e r J a h r b u c h des Vereins fr Altertumskunde und Landesgeschichte", und zwar: Z u d e n L e i s t u n g e n d e s M n s t e r l a n d e s im S i e b e n j h r i g e n K r i e g e " , im Jahr-buch 9, D e r E i n f l u d e s D r e i i g j h r i g e n K r i e g e s a u f d e n V i e h b e s t a n d d e r G e m e i n d e L o h n e " , im Jahr -buch 13, E i n Z o l l k r i e g z w i s c h e n O l d e n b u r g u n d d e m K n i g r e i c h W e s t f a l e n i n d e n J a h r e n 1809 u n d 1810", im Jahrbuch 15, E i n S o l d a t e n e x z e in O y t h e im J a h r e 1744", im Jahrbuch 18. Es mag hier bemerkt werden, da Prof. Pagenstert lngere Jahre dem Vorstande des genannten Vereins ange-hrt hat.

    Die erste grere Verffentlichung, die Pagensterts Ruf als Heimat-schriftsteller in erster Linie begrndet hat, ist das bereits erwhnte, 1908 erschienene Werk D i e B a u e r n h f e im A m t e V e c h t a "

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  • Georg Reinke, Das Lebenswerk von Dr. Clemens Pagenster t 1 1 1

    (Kommissionsverlag von H. Koch, Vechta). Nur ein genauer Kenner der einzelnen Besitzungen, ihrer Lage und ihrer Geschichte konnte ein solches Werk zustande bringen. Wie Pagenstert es wnschte, hat es in reichem Mae dazu beigetragen, das Interesse fr die einzelnen Hfe zu wecken und zu frdern. In sehr vielen Bauernfamilien hat es zur Familienforschung angeregt und so Frchte gezeitigt, die sptere Ge-schlechter noch dankbar genieen werden.

    Gleichen Zwecken dienstbar und von hnlichem Inhalte und hn-licher Gestaltung sind die K a m m e r g t e r i n d e n m t e r n C l o p p e n b u r g u n d F r i e s o y t h e " , erschienen 1912 (bei Koch). Was die Bauernhfe" fr das Amt Vechta sind, bedeuten die Kammer-gter" fr jene Bezirke.

    Um die Familienforschung noch besonders anzuregen, lie er im J a h r e 1927 die L o h n e r F a m i l i e n " erscheinen (Vechtaer Druckerei und Verlag) und schuf damit ein Vorbild, wie ein ganzes Kirchspiel in einem einzigen Sammelwerke gewissermaen wie eine groe Familie vereinigt werden kann. Der Verfasser wnschte, da jede Gemeinde ein solches allgemeines Familienbuch bese, und wollte dazu die Anregung geben. Dieser Wunsch lie ihn die gewal-tigen Schwierigkeiten berwinden, die mit der Sammlung, Sichtung und Bearbeitung eines so umfangreichen Materials naturgem ver-bunden waren. Was er noch im besonderen damit bezweckte, darber sagt er in der Einleitung: Wer sieht, was diejenigen vor ihm waren, die mit ihm durch Bande des Blutes verbunden waren, was sie an Werten besaen, wird auch bestrebt sein, in sich selbst diesen Schatz zu wahren und weiterzugeben." Auch kann nach seiner Meinung die Familienforschung wesentlich dazu beitragen, die Gegenstze zwischen den einzelnen Stnden zu berbrcken, indem sie die verwandt-schaftlichen Beziehungen der Glieder des einen Standes mit denen der anderen Stnde aufdeckt und damit das Gefhl der Zusammengehrig-keit weckt und belebt".

    Da Pagenstert auch ein eifriger Mitarbeiter der H e i m a t -b l t t e r , Zeitschrift des Heimatbundes fr das Oldenburger Mnster-land" war, soll hier nur kurz erwhnt werden. Gerade derartige Zeitschriften hielt er fr besonders gut geeignet, den Heimatgedanken mehr als Bcher es vermgen in weite Kreise zu tragen. Seine Abhandlungen bezogen sich auf die verschiedensten Gebiete heimat-kundlichen Wissens: Erlasse der ehemaligen Landesherrschaften, ver-fassungsgeschichtliche Verhltnisse frherer Zeiten, kirchliche und politische Einrichtungen der verschiedenen Gegenden, bemerkenswerte Nachrichten ber einzelne Bauernhfe und Familien, ber Sitten und

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  • 1934 Oldenburger Jahrbuch 1938

    Gebruche der Vorfahren, kurz alles Wissenswerte zog er in den Be-reich seiner Betrachtungen. Besonders seitdem er in den Ruhestand ge-treten war, enthielt fast jede Nummer wenigstens einen Beitrag von ihm.

    Um Pagensterts Erfolge in der Heimatschriftstellerei recht zu ver-stehen, mu noch eines besonders hervorgehoben werden, nmlich die ruhige, klare und sachliche Art seiner D a r s t e l l u n g . Er schrieb nichts nieder, ohne von der Richtigkeit ganz berzeugt zu sein, und was er niederschrieb, war so gehalten, da es jeder, auch der einfache Mann, verstehen konnte. Nichts hate er mehr als leichtsinnige Hypo-thesen und Effekthascherei in der Darstellung. Der sonst so ruhige und mild urteilende Mann konnte recht bittere Bemerkungen machen, wenn er Entgleisungen dieser Art wahrnahm. Wahrheit" und Klar-heit" waren seine Leitmotive; entgegengesetzte Handlungsweise ver-warf er aufs entschiedenste. Leichtsinnigen und unklaren Schreibern trat er wohl in seinen Schriften entgegen und zwang sie dadurch zur Richtigstellung oder zu einer klaren, gemeinverstndlichen Darlegung ihrer Ansichten. So hat er mehr als einmal erzieherisch auf jngere, noch etwas unvorsichtige Mitarbeiter einzuwirken vermocht.

    Alles in allem bedeutet Pagensterts Abscheiden einen Verlust fr die Heimatbewegung, der nicht so leicht ersetzt werden kann. Sd-oldenburg und darber hinaus das ganze Oldenburger Land darf und wird ihn nie vergessen.

  • Aus der oldenburgisch-dnischen Soldatenzeit.

    Zum Funde einer Grenadiermtze aus der Zeit 1750. Von K a r l F i s s e n .

    Als ich krzlich wieder einmal die Gastfreundschaft auf dem alten Vollerschen Erbhof zu Schlte bei Berne genieen konnte, durfte ich im Anschlu an unsere Gesprche ber Hof- und Familiengeschichte auch auf dem geheiligten Boden des Hauses Umschau halten. Es ist gut, wenn unsere Erbhofbauern nicht jeden Fremdling solche Rume betreten lassen; denn schon manche Wertstcke gingen auf diese Weise verloren. Aber Karl Wichmann, der alte Stedinger, und ich, wir durften uns auf diesem Hofe schon heimisch fhlen und hofften denn auch, Akten oder Urkunden ber die Geschichte dieses Erbhofes noch irgendwo aufzufinden. So standen wir wibegierig unter dem Dache vor einer verstaubten Eichentruhe. Sie war seit ber 100 Jahren nicht geffnet. Vorsichtig gingen wir zu Werke , und noch vorsichtiger prften wir den Inhalt. Wir fanden manches alte Werk ber Religion, Philo-sophie, Geschichte und Erdkunde, aus denen wir auf die hohe Bil-dungsstufe der Bewohner des 18. Jahrhunderts schlieen konnten. Auch Hof- und Familienakten waren darunter. Der Zahn der Zeit" hatte freilich berall schon arg gewirkt. Schlielich zog ich dann ein eigenartiges Stck aus dem Dunkel hervor. Form und Verzierung durch Wappen und Namenszug sagten uns, da es sich um eine hohe Soldatenmtze, nach Art der Grenadiermtzen der friderizianischen Garde handelte. Eine nhere Betrachtung ergab sofort die Lsung: Wir hatten ein U n i f o r m s t c k d e s o l d e n b u r g i s c h - d n i -s c h e n M i l i t r s aus der Zeit von 1750 gefunden.

    Die F o r m d e r M t z e i s t hnlich wie ein Zuckerhut. Die Hhe betrgt 30 cm. Die Vorderseite besteht aus Messingblech auf roter Unterlage. Von der Spitze beginnend nach unten ist folgendes dar-gestellt: Unter der Knigskrone inmitten eines Strahlenkranzes der Namenszug Knig Friedrichs V., daran der dnische Elephanten-Orden, die hchste dnische Auszeichnung. (Er wurde von Knig Christian I.