Das Magazin des Knorr-Bremse Konzerns...Wie man im Open Space alte Grenzen über windet und höchste...

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DRIVING RESPONSIBILITY Warum Knorr-Bremse strategisch auf Ökologie, Ressourcenschutz und soziale Standards setzt. Seite 14 97 % Wie man im Open Space alte Grenzen überwindet und höchste Nachhaltigkeits- anforderungen erfüllt. Seite 24 WIEDERGEBURT Wo Knorr-Bremse durch Remanufacturing von Altprodukten jede Menge Energie, CO 2 und Material einspart. Seite 38 Das Magazin des Knorr-Bremse Konzerns

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  • D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T YWarum Knorr-Bremse strategisch auf Ökologie, Ressourcenschutz und soziale Standards setzt. Seite 14

    97 %Wie man im Open Space alte Grenzen über windet und höchste Nachhaltigkeits -anforderungen erfüllt. Seite 24

    W I E D E R G E B U R TWo Knorr-Bremse durch Remanufacturing von Altprodukten jede Menge Energie, CO2 und Material einspart. Seite 38

    Das Magazin des Knorr-Bremse Konzerns

  • G E S C H Ä F T S B E R E I C H EKnorr-Bremse hält im Bereich Bremssysteme für Schienenfahrzeuge weltweit einen Marktanteil von rund 50 % und bei pneumatischen Brems-systemen für Nutzfahrzeuge 42 %. Auch bei ande-ren Systemen wie Tür- oder Klimasystemen für Schienenfahrzeuge oder Fahrerassistenzsystemen für Nutzfahrzeuge nimmt das Unternehmen füh-rende Marktpositionen ein.

    Auf einen Blick

    U M S AT Z W A C H S T U MIm Geschäftsjahr 2019 erhöhte sich der Umsatz des Knorr-Bremse Konzerns um 4,8 %.

    + 4,8%in Mio. Euro

    6.6162 0 1 8

    6.9372 0 1 9

    6.154 2 0 1 7

    F O R S C H U N G U N D E N T W I C K L U N GKnorr-Bremse hält mehr als 12.000 erteilte bzw. angemeldete Patente weltweit und investiert durchschnittlich 5 – 6 % des Umsatzes in Forschung und Entwicklung.

    5,7%in Mio. Euro

    2 0 1 8 364

    2 0 1 9 397

    2 0 1 7 359

    Knorr-Bremse ist Weltmarktführer für Brems- und weitere Systeme für die Schienen- und Nutzfahrzeugbranche. Wir treiben Innovationen für nachhal-tige Systemlösungen in der Mobilität voran. Jeden Tag und weltweit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sicherheit, E� zienz und Zuverlässig-keit auf Schiene und Straße.

    30I N M E H R A L S D R E I S S I G L Ä N D E R N

    100 A N Ü B E R H U N D E R T S T A N D O R T E N

    29.000 M I T A R B E I T E R

  • B E R N D E U L I T Z V O R S I T Z E N D E R D E S V O R S TA N D S , K N O R R - B R E M S E A G

    driving responsibility: Für Knorr-Bremse spielt Nachhaltigkeit eine herausragende Rolle – und das nicht erst seit der aktuellen politischen und wissenschaftlichen Debatte um die Folgen des Klimawandels. Das Thema „verantwortungsvoller Umgang mit Menschen und natürlichen Ressourcen“ ist seit zehn Jahren fest in unsere Un-ternehmensstrategie eingebunden. Unser Ziel ist es dabei, sowohl nachhaltig als auch profitabel zu wirtschaften – im Interesse unserer Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre.

    1D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T Y

  • K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 92

  • Die Herausforderungen unserer Zeit sind enorm: Gesundheitliche, ökonomische, soziale und öko logische Krisen auf dem gesamten Globus machen deutlich, wie groß unser aller Verantwortung für den Schutz der Umwelt, des Klimas und des Menschen ist. Knorr-Bremse schafft als weltweit agieren-der Konzern Produkt- und Systemlösungen für die Mobilität der Zukunft. Wir haben die Chance, unseren Lebensraum aktiv nach-haltig mitzugestalten und wollen unsere Möglichkeiten nutzen, einen positiven Bei-trag für Menschen, Umwelt und Gesell-schaft zu leisten.

    3F O K U S S I E R T H A N D E L N

  • S T R A T E G I E U N D M A N A G E M E N T

    Feste Leitlinien für die unternehmerische Verantwortung sind heute ein großer Vorteil auf dem Kapitalmarkt. Aktien und Anleihen von Unternehmen, die ihre Ein-nahmen aus Geschäften wie emissionsarmem Verkehr, Recycling oder nachhal-tiger Wasserwirtschaft erzielen, werden verstärkt nachgefragt. Der größte Anteil der Erlöse aus klimabezogenen Anleihen etwa floss 2018 mit 44 % in den Ver-kehrssektor. Knorr-Bremse verfolgt eine klare Corporate-Responsibility-Strategie. Sie prägt neben der ressourcenschonenden Wertschöpfung auch unser Verhalten als fairer Geschäftspartner und Arbeitgeber, der seine menschenrechtliche Sorg-faltspflicht ernst nimmt – und damit auch den eigenen, nachhaltigen Erfolg.

    Wie unsere Nachhaltigkeitsstrategie im Kapitalmarkt wahrgenommen wird, lesen Sie ab Seite 46 in der Geschichte „Das Prinzip Verantwortung“.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94

  • Billionen US-Dollar betrug der Wert der klimabezogenen Anleihemärkte weltweit im Jahr 2018. Tendenz steigend.

    1,45

    5F O K U S S I E R T H A N D E L N

  • P R O D U K T E U N D P A R T N E R

    Bis 2050 werden zwei Milliarden Menschen mehr als heute auf der Erde leben. Das bedeutet wachsenden Verkehr, Überlastung von Infrastruktur und Umwelt sowie steigende Gefahren im Straßenverkehr. Deshalb machen wir den Schienen- und Nutzfahrzeugverkehr durch unsere Produkte und Systeme sicherer und nachhal-tiger: mit unserem EcoDesign-Ansatz für innovative Technologien und Produkte, die über den gesamten Lebenszyklus Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht werden. Diese gewaltigen Herausforderungen lösen wir gemeinsam mit unseren Partnern. Mit Lieferanten, die ihre soziale und ökologische Verpflichtung ernst nehmen und mit Partnern in der Entwicklung hochkomplexer Systeme für das hochautomati-sierte und autonome Fahren.

    Wie wir unsere Produkte nachhaltig machen, lesen Sie ab Seite 24 in der Geschichte „97 %“ oder ab Seite 38 in der Werksreportage „Wiedergeburt“.

    Billionen Tonnenkilometer wurden 2017 welt- weit im Güterverkehr auf Straßen und Schienen bewältigt.

    30.579 K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 96

  • 7F O K U S S I E R T H A N D E L N

  • M I T A R B E I T E R U N D F Ü H R U N G

    Unsere Mitarbeiter sind die Basis und der Grund für unseren Erfolg. Deshalb ent wickeln wir unsere Unternehmenskultur kontinuierlich weiter, geprägt von Höchstleistung, gegenseitigem Vertrauen und Verantwortung. So finden und binden wir die besten Fach-, Führungs- und Nachwuchskräfte – im Rahmen unserer globalen Personalstrategie 2025. Geprägt von einem klaren Bekenntnis zu Chancenreichtum und ganzheitlicher Personalentwicklung ge stalten wir damit attraktive Beschäftigungsbedingungen und garantieren höchste Arbeits-sicherheit und hochwertigen Gesundheitsschutz. Denn als weltweit tätiges Unternehmen sind wir uns unserer Vielfalt bewusst und fördern die persön-liche Entwicklung eines jeden.

    Wie wir Verantwortlichkeit in unsere Unternehmenskultur bringen, lesen Sie ab Seite 14 in der Geschichte „Driving Responsibility“.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 98

  • unter den akuten Risiken für Unternehmen weltweit belegt der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs.

    Platz 19F O K U S S I E R T H A N D E L N

  • Prozent betrug der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieend-verbrauch der EU-Staaten im Jahr 2018.

    U M W E L T U N D K L I M A

    Knorr-Bremse will dazu beitragen, die globale Erwärmung auf maximal 1,5 °C zu beschränken – gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen. Zehn Jahre konsequentes ESG-Engagement von Knorr-Bremse münden deshalb jetzt in der neuen Klimastrategie 2030, die sich die Halbierung der CO2- Emissionen an allen Standorten zum Ziel gesetzt hat. Das entspricht einer durchschnittlichen CO2-Reduktion von 4,2 % pro Jahr im Vergleich zu 2018. Wichtige Hebel zur Zielerreichung sind dabei die energieeffiziente Produk-tion sowie der Bezug und die Erzeugung von Energie aus erneuer baren Quellen. Darüber hinaus verpflichtet sich Knorr-Bremse bereits ab 2021 zur Klimaneutralität seiner Standorte.

    Was wir für den Klimaschutz tun, lesen Sie ab Seite 20 in der Geschichte „Verantwortung leben“.

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    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 91 0

  • 18

    1 1F O K U S S I E R T H A N D E L N

  • InhaltInhalt

    2

    20

    14F O K U S S I E R T H A N D E L N

    Wenn Unternehmen aktiv Verantwortung übernehmen – vier Handlungsfelder von

    Knorr-Bremse.

    V E R A N T W O R T U N G L E B E N Welche UN-Nachhaltigkeitsziele für

    Knorr-Bremse Priorität haben, berichtet Stefan Bräuherr, Head of

    Corporate Responsibility.

    D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T YWarum Knorr-Bremse strategisch auf Ökologie, Ressourcen-

    schutz und soziale Standards setzt.

    30D I E M O B I L I T Ä T

    V O N M O R G E N Wie sieht ein nachhaltiges Transportökosystem aus?

    Denkanstöße von Uwe Clausen, Professor für Logistik, Umwelt

    und Verkehr.

    249 7 %

    TGV der Zukunft: Wie SNCF, Alstom und Knorr-Bremse in einem Open Space Grenzen

    überwinden und höchste Nachhaltigkeits-anforderungen erfüllen.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 91 2

  • 50

    46

    56

    36

    38

    Ü B E R U N V E R Ä U S S E R L I C H E S

    Wie Menschenrechte geschützt werden können. Ein Gastbeitrag

    von Laura Curtze vom Deutschen Global Compact Netzwerk.

    D A S P R I N Z I P V E R A N T W O R T U N GWelche Kriterien ein Portfolio-Manager anlegt, wenn er nachhaltig investieren will, erklärt Danny van Doesburg

    vom niederländischen Finanzdienstleister APG.

    N A H D R A NWo und weshalb Knorr-Bremse

    Global Care für Bildung und sauberes Trinkwasser sorgt.

    D A S K N O R R - B R E M S E

    A B CVon A wie Abfall bis Z wie Zero Defect

    Philosophy – eine Übersicht.

    W I E D E R G E B U R T Wie alte Bremskomponenten im

    tschechischen Liberec dank Pfand-System und Remanufactu-

    ring aufbereitet werden.

    52M A N L E B T N U R Z W E I M A L

    Vom Diesel- zum Hybrid- oder vollelektrischen Antrieb – wie die Umrüstung bei Bussen und

    Zügen ad hoc gelingt.

    1 3I N H A LT

  • Als Ausrüster für Fahrzeuge auf Schiene und Straße steht Knorr-Bremse im Zentrum einer nach-haltigen Mobilität, die sich weltweit durchsetzt. Hohe Ansprüche bei Ökologie, Ressourcenschutz und sozialen Standards kennzeichnen deshalb die Strategie des Konzerns. Die vier Mitglieder des Vorstands erläutern, warum das Unternehmen diesen Kurs vorantreibt.

    T E X T / / H E I M O F I S C H E RF O T O / / A N D R E A S P O H L M A N N

    Driving responsibility

    B E R N D E U L I T Z Vorsitzender des Vorstands

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 91 4

  • D R . P E T E R L A I E R Vorstand Division Systeme für Nutzfahrzeuge

    D R . J Ü R G E N W I L D E R ( L I N K S ) Vorstand Division Systeme für Schienenfahrzeuge

    R A L P H H E U W I N G ( R E C H T S ) Vorstand Finance, Controlling und IT

    1 5D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T Y

  • Für ein besseres Klima gehen Schulkinder auf die Straße, Regierungen erlassen strengere Umwelt-gesetze, Investoren mahnen Industriekonzerne. Was bedeutet bei Knorr-Bremse genau „noch verant-wortungsvoller und noch nachhaltiger“?

    Bernd Eulitz: Für Knorr-Bremse spielt Nachhaltigkeit eine herausragende Rolle – und das nicht erst seit der aktuellen politischen und wissenschaftlichen Debatte um die Folgen des Klimawandels. Unser Ziel ist es, so-wohl nachhaltig als auch profitabel zu wirtschaften und dabei die Interessen unserer Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre gleichermaßen zu wahren. Seit mehr als zehn Jahren ist der Nachhaltigkeitsgedanke fest in unsere Unternehmensstrategie eingebunden. In eigenständi-gen Nachhaltigkeitsberichten informieren wir jährlich über unsere Fortschritte. Jürgen Wilder: Der Geschäftsbereich Rail steht per se für nachhaltige Mobilität. Bei der Fortentwicklung unserer Produkte und Prozesse ist neben Sicherheit und Kundennutzen die Nachhaltigkeit zentral. Unsere Kunden in beiden Divisionen fordern diese stetige Weiterentwicklung. Peter Laier: Ebenso wichtig für unsere Zukunft: Junge Talente suchen sich heute Unternehmen, die verant-wortungsbewusst mit Menschen und natürlichen Res-sourcen umgehen. Nachhaltigkeit wird damit zu einem wichtigen Merkmal als Arbeitgeber, um uns vom Wett-bewerb abzusetzen. Ralph Heuwing: Investoren sehen das genauso. Für sie ist nachhaltiges Handeln ein Kriterium für langfristi-ges Engagement. Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch – Klimaschutz kann ein hochprofitables Geschäft und Investment sein. Das haben viele Inves-toren erkannt, richten ihre Portfolios danach aus und fordern von Unternehmen mehr Transparenz und nach-vollziehbare Ziele beim Thema Klimaschutz. Bernd Eulitz: Ich sehe uns hier auf einem sehr guten Weg, was Nachhaltigkeit betrifft. Nur in einem Punkt sehe ich Handlungsbedarf: Wir müssen unser Engagement in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz besser kom-munizieren.

    Frage: Wir wollen uns über das Thema Verantwortung und Nachhaltigkeit unterhalten. Beides hat in den letzten Monaten durch die Pandemie Covid-19 eine neue Dimension erhalten. Was bedeutet das für Knorr-Bremse?

    Bernd Eulitz: Die Verflechtungen in unserer globalisier-ten Welt werden uns durch die Verbreitung von Covid-19 eindrücklich vor Augen geführt: Eine Abschottung oder Isolation ist nicht möglich. Das gilt in gleichem Maße für die aktuelle Herausforderung der Pandemie wie auch für den Klimawandel. Dabei übernehmen wir die Verantwor-tung für unser Handeln. Für uns bei Knorr-Bremse hat die Gesundheit unserer Mitarbeiter höchste Priorität – hier übernehmen wir unmittelbar Verantwortung. Wir setzen alles daran, in unserem Einflussbereich unsere Mitarbei-ter und das Unternehmen möglichst unbeschadet durch diese schwierigen Zeiten zu steuern. So ergeben sich in der aktuellen Pandemie täglich neue Sachstände, mit denen wir umgehen müssen. Auf längere Sicht betrach-tet bedeutet Verantwortung übernehmen aber auch, dass wir unser Handeln grundsätzlich noch transparenter und nachhaltiger ausrich ten – für unsere Mitarbeiter und Anteilseigner, unsere Umwelt und Geschäftspartner. Wir müssen achtsamer mit uns und unserer Umwelt umgehen.

    B E R N D E U L I T Z V O R S I T Z E N D E R D E S V O R S TA N D S

    Für Knorr-Bremse spielt Nach-haltigkeit eine herausragende Rolle – und das nicht erst seit

    der aktuellen Debatte um die Folgen des Klimawandels.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 91 6

  • klassischen Produkten wie Bremssystemen leistet un-sere innovative Systementwicklungen einen wesent lichen Beitrag, damit unsere Kunden ihre Geschäfts modelle nachhaltiger und ressourcenschonender betreiben kön-nen. Unsere Branche wird immer mehr Teil eines glo -balen Systems, für das ökologische Aspekte der entschei-dende Erfolgsfaktor sind.Jürgen Wilder: Der Bereich Schiene ist hier besonders stark gefordert. Denn Eisenbahnen, Straßenbahnen oder Metros leisten einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur klimafreundlichen Mobilität. Es geht aber nicht nur dar-um, neue Systeme für Fahrzeuge zu entwickeln, sondern auch die bestehende Infrastruktur besser auszunutzen. Da zeigt sich noch viel Potenzial. Verkürzt kann man sagen: Jeder Euro Umsatz unserer Division Rail verbes-sert die weltweite Klimabilanz. Peter Laier: Die Themen unserer Kunden sind auch un-sere Themen. Im Fokus stehen die Emissionsreduzierung zum Beispiel von CO2 und Stickoxiden und die Senkung des Energieverbrauchs. Der technologische Fortschritt bringt hierfür die Lösungen, um die neuen vernetzten Verkehrssysteme aus Schiene und Straße zu realisieren. Doch die dafür notwendigen Investitionen sind hoch. Einzelkämpfer können die Forschungs- und Entwicklungs-kosten kaum schultern. Deshalb sind wir über die Bran-chengrenzen hinweg offen für neue Partner – und neue Produkte.

    Es geht also um Transparenz. Warum muss Knorr-Bremse nachhaltiges Handeln heute mehr erklären als früher?

    Ralph Heuwing: Nachhaltiges Handeln war früher einer von vielen Faktoren, die unser Außenbild geprägt haben. Heute kann aber kein Unternehmen auf Dauer Bestand haben, wenn es Ziele wie Ökologie, Klima schutz oder Sozialstandards nicht mit Überzeugung lebt und das auch öffentlich zeigt.Peter Laier: Nachhaltiges Handeln ist kein kurzfristiger Trend. Das zeigt nicht zuletzt die Umweltdebatte in der Automobilbranche. Nachhaltigkeit sichert die Zukunfts-fähigkeit eines Unternehmens – auch, weil sie neue Ge-schäftsmodelle ermöglicht. Denken Sie an die innovativen Produkte in den Bereichen Sicherheit oder auto nomes Fahren, die auch einen Nachhaltigkeitsaspekt beinhalten. Aber wir dürfen auch Risiken nicht verschweigen. Denn besonders in Zeiten des Umbruchs muss man sorgfältig überlegen, auf welche Technologien und Lösungen man langfristig setzt.

    Wie nachhaltig ist denn das Geschäft von Knorr-Bremse?

    Bernd Eulitz: Wir rüsten die Transportbranche mit Sys -temen für Schienen- und Nutzfahrzeuge aus. Damit nehmen wir direkt Einfluss auf die Gestaltung einer nach-haltigen Logistik zum Transport von Gütern und Men-schen – eine Ökologistik, die sich weltweit durchsetzt und die immer mehr geprägt ist von umweltgerechten und ressourcenschonenden Prozessen. Neben unseren

    Ökologie und Öko-nomie sind kein Wider-spruch – Klimaschutz

    kann ein hochprofitables Investment sein. Das

    haben viele Investoren erkannt und fordern

    nachvollziehbare Ziele beim Klimaschutz.

    R A L P H H E U W I N G V O R S TA N D F I N A N C E ,

    C O N T R O L L I N G U N D I T

    1 7D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T Y

  • Knorr-Bremse hat eine eigene Klimaschutzstrategie beschlossen. Was war der Grund dafür?

    Bernd Eulitz: Der Klimawandel ist die dringendste ge-sellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Als produ-zierendes Unternehmen mit globalen Wertschöpfungs-ketten ist Knorr-Bremse in der Lage, den Klimaschutz aktiv voranzutreiben. Deshalb haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Sie orientieren sich an den wissenschaftlich gesicherten Wegen, die globale Erwärmung auf höchs-tens 1,5 Grad zu begrenzen – so wie es auch das Pariser Klimaabkommen vorsieht. Unsere Klimaschutzstrategie besteht aus zwei Zielen: Erstens verpflichtet sich Knorr- Bremse zur Klimaneutralität ab 2021 und zweitens wol-len wir unsere CO2- Emissionen bis 2030 halbieren.

    Der Bereich Schiene ist besonders stark gefordert. Denn Eisenbahnen,

    Straßenbahnen oder Metros leisten einen wichtigen Beitrag auf dem Weg

    zur klimafreundlichen Mobilität. D R . J Ü R G E N W I L D E R

    V O R S TA N D D I V I S I O N S Y S T E M E F Ü R S C H I E N E N FA H R Z E U G E

    Wie wollen Sie das erreichen?

    Ralph Heuwing: Wir wollen die Halbierung unserer CO2-Emissionen auf drei Wegen erreichen: durch die effiziente Nutzung von Energie, die Eigenerzeugung von Strom sowie den Einkauf von erneuerbarer Energie für unsere eigene Produktion. Um die Klimaneutralität zu ver wirklichen, wollen wir den Anteil der eingekauften erneuerbaren Energien über unsere jährlichen Ziele hinaus ausbauen. Was wir an Treibhausgasausstoß nicht vermeiden können, werden wir durch den Kauf hoch-wertiger Ausgleichszertifikate kompensieren, wobei wir aktuell auch den Aufbau eigener Klimaprojekte prüfen. Und: Wir wollen unsere Klimaschutzstrategie auch auf unsere Wertschöpfungsketten ausdehnen und unsere Zulieferer zu Nachhaltigkeitskriterien verpflichten.

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  • Wie stärken Sie nachhaltiges Handeln im Tagesgeschäft von Knorr-Bremse?

    Bernd Eulitz: Wegweisend ist vor allem die zielgeri ch-tete Koordination der Aktivitäten durch unsere Abtei-lung Corporate Responsibility. Sie setzt unsere Selbst-verpflichtung zu unternehmerisch verantwortlichem Handeln um – was weit über Klima- und Umweltschutz hinausgeht. Die Werte beinhalten auch Prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, wie die Vereinten Na-tionen sie vorgeben. Ralph Heuwing: Als weltweit tätiges Unternehmen sind wir uns unserer Vielfalt bewusst. Deshalb fördern wir die persönliche Entwicklung eines jeden und haben dieses Jahr das gesamte Thema Vielfalt und Chancengleichheit bewusst nochmal höher priorisiert. Unseren Kurs in Sachen Nachhaltigkeit justieren wir mit Hilfe der Wesentlichkeits-analyse. Mit diesem seit langem bewährten Instrument bestimmen wir, welche Nachhaltigkeitsthemen für Knorr- Bremse besonders bedeutend sind und im Mittelpunkt unseres Nachhaltigkeitsmanagements stehen sollten.

    Welche Lösungen bietet Knorr-Bremse für die nachhaltige Mobilität?

    Bernd Eulitz: Unser Anspruch ist es, unseren Kunden Produkte und Systeme anzubieten, die den Verkehr auf Schiene und Straße sicherer, zuverlässiger und nachhal-tiger machen. Dabei lassen wir uns von den Trends leiten, die die Gesellschaft beschäftigen: Die Megatrends Urba-nisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Mobilität. Jürgen Wilder: Auch wenn der Schienenverkehr grund-sätzlich eine klimafreundliche Alternative zum Individu-alverkehr ist, kann hier noch viel weiterentwickelt wer-den. Ein Beispiel ist die Modernisierung von Stadtbussen und Regionalzügen, die normalerweise mit Dieselan-trieb fahren. Wir haben Wege gefunden, diese Fahrzeuge kostengünstig auf Hybrid- oder vollelektrischen Antrieb umzurüsten. Für den neuen französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV 2020 setzen wir mit unserem Kunden Alstom durch die Lieferung von Brems- und Klimasystemen neue Stan-dards. Die französische Bahngesellschaft hatte als Auf-traggeber sehr hohe Anforderungen gestellt, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Diese Anforderungen konn-ten wir voll erfüllen.

    Peter Laier: Mit Blick auf die weltweiten Technologie-trends haben wir auch im Bereich Truck unsere gesamte Produktentwicklung früh auf niedrigen Energieverbrauch und Effizienz ausgelegt – mit sichtbaren Ergebnissen. So tragen beispielsweise eine leichtere Bauweise von Sys-temen und Komponenten zu einem geringeren Sprit-verbrauch bei. Die Elektromobilität bietet bei Systemen für Nutzfahrzeuge zum Beispiel enormes Potenzial.

    Die Schonung natürlicher Ressourcen steht im Zentrum des Nachhaltigkeitsgedankens. Welche Fortschritte plant Knorr-Bremse im Hinblick auf eine Kreislaufwirt-schaft und das Recycling?

    Ralph Heuwing: Zweifellos hört Nachhaltigkeit nicht am Werkstor auf. Unsere Produkte sollen über den gesamten Lebenszyklus nachhaltig sein – und sogar darüber hinaus. Deshalb fühlen wir uns der Idee der Kreislaufwirtschaft – oder Circular Economy – verpflichtet. Ein wesentlicher Teil ist das Remanufacturing, also die Wieder aufbereitung gebrauchter Teile. Konkret arbeiten wir Bremskompo-nenten auf, die anschließend neumontiert und wiederver-wendet werden können. Das spart wertvolle Rohstoffe und Energie. Unser Standort in Liberec ist hierauf spezia-lisiert.Bernd Eulitz: Diese Beispiele zeigen, wie ernst wir den weltweiten Ruf nach Nachhaltigkeit nehmen. Dass wir auf dem richtigen Weg sind, belegen übrigens Rankings von renommierten Bewertungsinstituten wie ISS-oekom und EcoVadis, die unser Engagement für mehr Nachhal-tigkeit zum wiederholten Mal ausgezeichnet haben.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    D R . P E T E R L A I E R V O R S TA N D D I V I S I O N S Y S T E M E F Ü R

    N U T Z FA H R Z E U G E

    Einzelkämpfer können die Forschungs- und Entwicklungskosten kaum schultern. Deshalb

    sind wir über die Branchengrenzen hinweg offen für neue Partner – und neue Produkte.

    1 9D R I V I N G R E S P O N S I B I L I T Y

  • Herr Bräuherr, Sie sind Head of Corporate Responsibility einer großen Aktiengesellschaft. Was bedeutet Nachhal-tigkeit für Sie persönlich?Ich bin Vater von drei Kindern und in einer großen Fami-lie aufgewachsen. Mir ist wichtig, zukünftigen Genera-tionen eine lebenswerte Umgebung zu hinterlassen, die den gleichen Lebensstandard zulässt, den ich selbst genießen durfte. Und zwar auf allen Ebenen.

    Knorr-Bremse ist schon im Jahr 2010 dem UN Global Compact beigetreten, der weltweit größten und wich-tigsten Initiative für verantwortungsvolle Unterneh-mensführung. Seit wann steht Nachhaltigkeit auf der Agenda von Knorr-Bremse?Ja, wir haben das Thema schon sehr lange auf der Agen-da und dessen Bedeutung ist mit dem Börsengang weiter gestiegen. Verschiedene Stakeholder, jetzt auch Investoren, stellen hohe Anforderungen an unsere Nachhaltigkeitsorganisation. Doch im Kern bleiben wir ein Familienunternehmen und handeln noch heute in dieser Tradition und nach deren Werten. Das schließt eine starke Bindung zu unserem direkten Umfeld ein. Deswegen haben wir von Anfang an Verantwortung übernommen, egal ob für soziale oder ökologische Themen. Mit der Gründung der Corporate-Responsibili-ty-Abteilung 2009 hat Knorr-Bremse dem Ganzen eine Organisationsform gegeben. Seit dem Beitritt zum Glo-bal Compact 2010 berichten wir jährlich von den Fort-

    schritten unseres Unternehmens in der Nachhaltigkeits-leistung. Mit der Börsennotierung 2019 sind wir sogar gesetzlich zu einem geprüften Nachhaltigkeitsbericht verpflichtet.

    Sie unterstützen auch die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.Ja, die Sustainable Development Goals, kurz SDGs. Sie wurden 2015 von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet als zentraler Teil eines Plans, extreme Armut zu beenden, Ungleichheit und Unge-rechtigkeit zu bekämpfen und unseren Planeten zu be-wahren. Sie sind die Nachfolgeziele der Millennium Goals der UN, die eher an Staaten gerichtet und für Un-ternehmen nur schwer umzusetzen waren. Die SDGs richten sich nun mit konkreteren Forderungen auch an Unternehmen. Das macht es uns leichter, unser Han-deln an eindeutigen Zielen auszurichten. So können wir unsere Wirtschafts- und Innovationskraft nutzen, um den ökonomischen, sozialen und ökologischen Heraus-forderungen zu begegnen.

    Von diesen insgesamt 17 Zielen konzentriert sich Knorr-Bremse auf fünf. Warum?Wir wollen lieber fünf Themen richtig angehen als 17 nur oberflächlich. Außerdem ist es vernünftig, dass sich Unternehmen diejenigen Felder vornehmen, in denen sie den größten Beitrag leisten können. Hier liegt das

    Verantwortung lebenKnorr-Bremse hat sich einer nachhaltigen Unternehmensführung verpflichtet. Besonders im Fokus: die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Weshalb Nachhaltigkeit nicht erst seit der Unterzeichnung des UN Global Compact ein Thema im Unternehmen ist und wie die UN-Ziele mit der Corporate-Responsibility-Strategie von Knorr-Bremse zusammenpassen, erklärt Stefan Bräuherr, Head of Corporate Responsibility der Knorr-Bremse AG.

    T E X T / / T O B I A S R O H EI L L U S T R A T I O N / / S Ö R E N K U N Z

    2 0 K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 9

  • S T E F A N B R Ä U H E R R ist seit 2014 Head of Corporate Responsibility bei Knorr-Bremse weltweit. Der Maschinenbau-ingenieur war zuvor als Bereichs-leiter Quality und Health/Safety/Environmental für die Division Rail tätig.

    2 1V E R A N T W O R T U N G L E B E N

  • größte Potenzial für Verbesserungen. Wir tragen durch unsere bestehenden, langfristig angelegten CR-Maß-nahmen und -Projekte bereits zu den SDGs bei. Aber wir möchten mehr tun und haben uns deswegen für fünf SDGs entschieden.

    Welche sind das und wie haben Sie sie ausgewählt?Es sind die SDGs Geschlechtergleichheit, Menschen-würdige Arbeit, Innovation, Nachhaltiger Konsum und Klimaschutz. Wir haben sie 2018 in einem zweistufigen Verfahren ausgewählt: „Top-down“ durch ein Voting der 160 weltweiten Topführungskräfte und „Bottom-up“ durch eine globale Mitarbeiterabstimmung. Anfang 2019 haben wir dann für unsere fünf SDGs globale Initiativen ins Leben gerufen. Übrigens fördert Knorr-Bremse Global Care unabhängig von der Knorr-Bremse AG weltweit Projekte zu zwei weiteren SDGs, nämlich den Zielen in den Bereichen Bildung sowie Wasser- und Sanitärver-sorgung.

    je ein Geschäftsführer aus den beiden Unternehmens-divisionen, Frau Thiele-Schürhoff und ich als Leiter der Nachhaltigkeit bei Knorr-Bremse. Mindestens dreimal im Jahr treffen wir uns, entscheiden über die künf tige Stra-tegie und vereinbaren konkrete Ziele. Inwieweit wir un-seren Zielen mit unseren Maßnahmen näher gekommen sind, überprüfen wir regelmäßig.

    Wie muss man sich die Integration der CR-Strategie in die Geschäftsstrategie konkret vorstellen?Beispiel eins: der Einkauf. Hier stehen Kriterien wie Qua-lität, Preis, Liefertreue und Pünktlichkeit natürlich im Vordergrund, noch nicht aber im ausreichenden Maße die Nachhaltigkeit. Deshalb vereinbare ich gemeinsam mit den Einkaufsleitern unserer beiden Divisionen, wie sie noch nachhaltiger vorgehen sollen. Mit unseren direkten Lieferanten haben wir einen Supplier Code of Conduct formuliert. Die Einhaltung kontrollieren wir durch Assessments und Audits vor Ort.

    Durch die SDGs nutzen wir unsere Wirt schafts- und Innovationskraft, um öko-

    nomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen zu begegnen.

    S T E F A N B R Ä U H E R R H E A D O F C O R P O R AT E R E S P O N S I B I L I T Y

    Wie wirkt sich das auf die Geschäftsstrategie aus?Über unsere CR-Strategie. Diese entwickelt sich immer mehr zum integralen Teil unserer Geschäftsstrategie. Wir formulieren keine Theorie, die sich gut kommunizieren und dann vergessen lässt. Wir gehen lieber pragmatisch vor. So stellen wir sicher, dass das, was wir uns vorneh-men, tatsächlich auch in unserem Handeln ankommt. Für das Klimaschutzziel zum Beispiel laufen bereits ganz konkrete Maßnahmen.

    Das bedeutet, das Topmanagement ist eng eingebunden?Richtig. Jeder der vier Vorstände und Frau Thiele-Schür-hoff, Mitglied im Aufsichtsrat der Knorr-Bremse AG und Vorsitzende des Vorstands von Knorr-Bremse Global Care e.V., hat die Patenschaft für ein SDG übernommen. Alle sorgen dafür, dass „ihre“ SDGs im Unternehmen Beach-tung finden und in konkreten Maßnahmen münden. Darüber hinaus haben wir unser CR-Council. In dem sitzen der für Corporate Responsibility zuständige Vorstand,

    Beispiel zwei: EcoDesign. Damit integrieren wir CR-Krite-rien bereits in die Produktentwicklung. Für die Veranke-rung der SDGs in unserer Unternehmenskultur ist unser weltweiter Wertetag, der „Knorr-Bremse Day“, beispiel-haft. 2019 stand das SDG 12 im Zentrum: „Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion“. In Vorträgen, Spielen, Wettbewerben und Aktionen an Standorten auf der ganzen Welt haben die Mitarbeiter das SDG zum Leben erweckt. Das ist wichtig, schließlich sollen die SDGs im Arbeitsalltag gelebt werden und so in die DNA un-serer Kultur übergehen.

    Wie vereinbart sich diese integrierte CR-Strategie mit den SDGs?Die CR-Vorgaben, die wir in unsere Produkte und Prozesse einbauen, folgen den SDGs. Wenn wir beispielsweise EcoDesign betreiben, dann geschieht das im Zusammen-hang mit dem Ziel „Industrie, Innovation und Infrastruk-tur“, SDG 9. Mit unseren Lieferanten-Audits verfolgen wir

    2 2 K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 9

  • G E S C H L E C H T E R G L E I C H H E I TKnorr-Bremse als international tätiges Unternehmen fördert berufliches Fortkommen unabhängig von Geschlecht, Alter und Herkunft. Der Fokus liegt hier darauf, qualifizierte Frauen zu gewinnen und sie verstärkt in Führungspositionen einzusetzen. Emp-fehlungen zu konkreten Maßnahmen basieren auf einer Status-quo-Analyse durch IMPG (International Management Potential Group).

    I N D U S T R I E , I N N O V AT I O N U N D I N F R A S T R U K T U RKnorr-Bremse setzt auf umweltverträgliche Techno-logien und investiert jährlich einen hohen Betrag in Forschung und Entwicklung. So finden EcoDesign- Aspekte in Entwicklungs- und Innovationsprozessen ihre Berücksichtigung. Im Rahmen der Anwendung neuer Innovationsmethoden soll ein Akzelerator-Pro-gramm mit Startups genutzt werden, um nachhal-tige Technologien zu identifizieren.

    M A S S N A H M E N Z U M K L I M A S C H U T ZKnorr-Bremse stellt die Vermeidung von CO2-Emissio-nen verstärkt in den Fokus und legt hierzu Ziele fest. Die Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen auf Standortebene ist dabei geboten. Knorr-Bremse folgt in der Klimastrategie 2030 dem gegenwärtigen Über-einkommen der Klimawissenschaften im Sinne des Pariser UN-Klimaabkommens (2015) und will seinen Beitrag dazu leisten, die globale Erwärmung auf max. 1,5 Grad zu beschränken. Hierzu hat sich Knorr- Bremse zwei Ziele gesetzt.

    Erstens will Knorr-Bremse bis 2030 die CO2-Emissio-nen seiner Standorte halbieren. Dies entspricht einer durchschnittlichen CO2-Reduktion von 4,2 % pro Jahr im Vergleich zu 2018. Die Umsetzung basiert auf drei Eckpfeilern: Maßnahmen zur Energieeffizienz sowie die Eigenerzeugung als auch der Einkauf erneuerbarer Energien. Im Rahmen unserer Klimastrategie orientie-ren wir uns für Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 an den Anforderungen der Science Based Targets Initiative.

    Als zweiten, zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz hat sich Knorr-Bremse ab 2021 zur Klimaneutralität der Standorte verpflichtet. Hierzu werden wir über die oben ausgeführte Zielsetzung hinausgehen, indem wir zusätzlich den Anteil beim Bezug von erneuerba-ren Energien erhöhen und restliche CO2-Emissionen kompensieren.

    das SDG 12, „Nachhaltiger Konsum und Produktion“, und wenn wir auf gleiche Bezahlung für alle Geschlechter achten das SDG 5, „Geschlechtergleichheit“. Für das Ziel Maßnahmen zum Klimaschutz, das SDG 13, versuchen wir sukzessive unsere Standorte auf die Erzeugung und den Bezug erneuerbarer Energien umzustellen. In Deutschland sind wir derzeit bei ca. 80, in Ungarn und Österreich sogar bei 100 %. Natürlich aber müssen alle Unternehmen der Welt noch viel mehr in dieser Richtung machen, auch Knorr-Bremse. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, unsere Verantwortung zu operationa-lisieren.

    All dies ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Wie nehmen das die Führungskräfte und Mitarbeiter bei Knorr-Bremse auf?Das Schöne in unserem Unternehmen ist, dass die meis-ten Lust auf das Thema haben und bereit sind, weit zu gehen, ob im Einkauf, in der Entwicklung, der Logistik oder der Personalabteilung. Viele haben Familie und merken, es wird Zeit, etwas zu tun. Sie sind motiviert und es macht sie stolz, wenn Knorr-Bremse etwas zum Posi-tiven verändert. Eine sehr schöne Arbeitsumgebung für einen Nachhaltigkeitsverantwortlichen wie mich.

    D I E S U S T A I N A B L E D E V E L O P M E N T G O A L S D E R V E R E I N T E N N AT I O N E N F Ü R K N O R R - B R E M S E

    M E N S C H E N W Ü R D I G EA R B E I T U N D W I R T S C H A F T S -W A C H S T U MBei der Schaffung von Arbeitsplätzen achtet Knorr- Bremse auf die Rechte der Arbeitnehmer. Dazu erwei-tern wir die Maßnahmen in der Personalentwicklung und gestalten das Arbeitsumfeld innovativ. Derzeit prüfen wir unter dem Namen „Knorr-Bremse Lernkul-tur 4.0“ den Einsatz von orts- und zeitunabhän gigen E-Learning-Maßnahmen und einer App für das Ideen-management. Um menschenrechtlichen Verletzun-gen in der globalen Lieferkette vorzubeugen, haben wir eine vertiefte Risikoanalyse mit dem Fokus „Ethi-cal Recruitment“ erarbeitet.

    N A C H H A LT I G E / R K O N S U M U N D P R O D U K T I O NAn allen Produktionsstandorten von Knorr-Bremse weltweit gibt es zertifizierte Umweltmanagement-systeme. Das Ziel ist Abfallvermeidung und die grund-sätzliche Förderung der Kreislaufwirtschaft von Mate-rialien. Im Unternehmen senken lokale Initiativen wie das Abfallmanagementprogramm „Zero Waste“ bei Bendix, USA, die Abfallarten und -mengen, die bisher auf Deponien gelandet sind. Und bei den Mitarbei-tern stärken Veranstaltungen wie der weltweite KB Day 2019 zum Thema SDG 12 das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum.

    V E R A N T W O R T U N G L E B E N 2 3

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  • %T E X T / / D I R K B Ö T T C H E R

    Der Bahntechnikkonstrukteur Alstom entwickelt für den französischen Bahnbetreiber SNCF einen der nachhaltigsten Hochgeschwindigkeits-züge weltweit. Konstrukteur und Zulieferer praktizieren mit ihren Part-nern dabei auch eine neue, kollaborative Form der Zusammenarbeit. Knorr-Bremse ist Teil dieses erfolgreichen Konzepts.

    2 59 7 %

  • 2023 soll er über die französischen Gleise rauschen: der Avelia Horizon™. Der französische Bahnbetreiber SNCF nennt ihn „den TGV der Zukunft“. Entwickelt und gebaut wird er von Alstom und zahlreichen Partnern, wie Knorr- Bremse und der Tochtermarke Merak als Zulieferer um-weltfreundlicher und moderner Brems systeme und Klima-anlagen. Die Ansprüche des Auf traggebers SNCF an die neue Generation von Hochgeschwindigkeitszügen sind ambitioniert und zukunfts weisend. Die Antwort darauf ist ein höchst innovativer Hochgeschwindigkeitszug mit beeindruckenden Leistungsmerkmalen: Die Anzahl der Sitzplätze nimmt von 556 (TGV der 2. Generation) auf 740 zu, was einer Erweiterung der Kapazität um 20 % entspricht – bei gleichem Komfort und unveränderter Zuglänge. Geringere Anschaffungskosten (-20 %), weni-ger Energieverbrauch (-20 %), deutlich reduzierte War-tungskosten (-30 %) und dafür mehr Flexibilität, Modu-larität und Interoperabilität.

    D E R A V E L I A H O R I Z O N ™ ist einer der nachhaltigsten Hochgeschwindig keits züge weltweit.

    E I N F A C H E R E A R C H I T E K T U R D E S B R E M S S Y S T E M S Um die Wartungskosten zu senken, wurden die Menge der Ausrüstung und die Anzahl der Drehgestelle optimiert, bei gleichbleiben-den Leistungs- und Sicherheitsvorgaben.

    97 %

    Der neue Avelia Horizon™ wird zu den nachhaltigsten Hochgeschwindigkeitszügen weltweit gehören und genau darauf zahlen auch die neuesten Knorr-Bremse Technologien ein. Der Zug ist vollständig vernetzt, was nicht nur die Angebote für Kommunikation und Unterhal-tung verbessert, sondern auch die Übermittlung und Aus wertung technischer Daten in Echtzeit und damit die Steuerung und Fernwartung auf einem bisher nicht dagewesenen Niveau ermöglicht. Eine innovative Meister-leistung „a la française“, wie Pascal Désaunay, Directeur du Matériel für SNCF und Directeur Programme TGV 2020 (siehe Interview Seite 29), sagt – und die in seinen Wor-ten auch mit einem Abenteuer in den Köpfen aller Betei-ligten begann.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 92 6

  • Samuel Perrin erinnert sich bis heute an „den herrlichen Blick auf Paris“. Für ihn war dieser Ort auch „eine Quelle der Inspiration, der stolz machte, an diesem Projekt mit-wirken zu dürfen“. Im „Plateau“ herrschte eine freundli-che und moderne Startup-Atmosphäre, mit Kaffeemaschi-ne, Besprechungsecke und Stehtischen, die man für informelle Workshops nutzte. Perrin fungierte als zentra-ler Ansprechpartner von Knorr-Bremse für Alstom und SNCF rund um das neue Bremssystem für die neue TGV- Plattform und koordinierte zudem das technische Team, das für diese Entwicklung zuständig war. Für die Klima-anlage verantwortete Maite Larraya Irigoyen die Kom-munikation zwischen dem Plateau und Merak.

    L A G E R D E N K E N A U F B R E C H E NJean-Marc Tessier, Projektleiter bei Alstom, sagt, dass für den Avelia Horizon™ „die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert wurde – hin zu einem partnerschaft-lichen Modell, bei dem Auftraggeber, Konstrukteur und Zulieferer sich als Team verstehen.“ Das sagt sich leichter als es umzusetzen ist. Dafür habe man von allen Beteilig-ten sehr viel verlangt, so Tessier, „vor allem die Bereit-schaft, eine neue Art der Zusammenarbeit anzugehen, mit den Überzeugungen unserer jeweiligen Unterneh-men zu brechen, und sich auf neue Ideen, einschließlich technologischer Entwicklungen, einzulassen“.

    Neben der unbestrittenen technologischen Kompetenz war auch diese Bereitschaft für die neue Art der Kollabo-ration ein Grund dafür, dass Knorr-Bremse im Jahr 2017 – und damit vom Start weg – als Projektpartner in den Open Space einziehen durfte. Insgesamt arbeiteten fast 800 Experten von SNCF, Alstom und Lieferanten wie Knorr-Bremse in diesem Innovation Lab, darunter Maite Larraya Irigoyen, Key Account Mana gerin bei der Knorr- Bremse Tochter Merak und Ansprech partnerin für HVAC- Systeme: „Ich habe mich mit den Kol le gen der anderen Unternehmen vom ersten Tag an gut verstanden. Wirk-lich neu waren die Brainstormings, bei denen wir nicht als Kunde und Lieferant auftraten, sondern wie Kollegen

    Wir haben von allen Beteiligten sehr viel verlangt, vor allem die Bereitschaft, eine neue Art der

    Zusammenarbeit anzugehen, mit den Überzeugungen unserer jeweiligen Unternehmen zu brechen,

    und sich auf neue Ideen, einschließlich technologischer Ent wicklungen, einzulassen.

    J E A N - M A R C T E S S I E R P R O J E K T L E I T E R B E I A L S T O M

    I N N O V AT I V E S S Y S T E M Die HVAC-Klimatechnik von Merak ist ein innovatives und hochintegriertes System mit verbessertem Wartungszu-gang und reduziertem Energiever-brauch.

    N A C H H A LT I G E S K O N Z E P T Der neue TGV ist zu 97 % wiederverwertbar. Die CO2-Bilanz wird um 37 % im Vergleich zur Vorgängergeneration verbessert.

    Darauf ließen sich die Mitarbeiter von SNCF, Alstom und Knorr-Bremse in einem experimentellen Open-Space- Konzept ein. Anstatt, wie üblich, jeder für sich, arbeitete man am Avelia Horizon™ zusammen. Im „Plateau“, so hieß der Open Space in der Nähe des Pariser Bahnhofs Montparnasse, trafen sich Betreiber, Konstrukteur und Zulieferer auf Augenhöhe und in bisher unbekann-ter Offenheit.

    2 79 7 %

  • Der gemeinsame Fokus lag auf der Entwicklung eines zukunftsweisenden Transportmittels, das Maßstäbe in den Bereichen Nachhaltigkeit, Flexibilität und Komfort setzt und dessen Lebenszykluskosten dennoch deutlich unter denen der Vorgängergenerationen liegen sollte – oder wie es Jean-Marc Tessier ausdrückt: „Wir haben einen Zug geschaffen, der die Ansprüche vieler Betrei-ber befriedigen kann.“ Alstom liefere in seinen Worten außerdem „ein extrem flexibles Produkt, das sich in kürzester Zeit in der Länge, aber auch in der Segment- Zusammensetzung, also den Bereichen der 1. und 2. Klasse, verändern lässt.“

    Dass diese Vorgaben wie Flexibilität sowie geringerer Energieverbrauch und weniger Wartungsaufwand trotz höherer Passagierzahlen erfüllt werden konnten, daran habe Knorr-Bremse einen entscheidenden Anteil, sagt Tessier. „Knorr-Bremse liefert die Bremssysteme und die Klimaanlage, also üblicherweise sehr wartungsintensive Bauteile. Die Wartungskosten drastisch zu reduzieren, war ein wichtiger Schritt hin zur Reduzierung der Lebens-zykluskosten.“ Durch eine intelligente Energierückge-winnung bei Bremsvorgängen und eine extrem effiziente Klimaanlage wird zudem weniger Strom verbraucht.

    B L I C K I N D I E Z U K U N F TEinen neuen Zug zu bauen, „davon träumt jeder Ingeni-eur“, so Tessier. Das Produkt kommt erst in einigen Jah-ren auf die Schiene, es wird fortan 30 Jahre in Betrieb sein und muss auch dann noch eine avantgardistische Performance zeigen, vor allem bei nachhaltig wirken-den Themen wie Wartung und Energieeffizienz. Damit verlangt die Entwicklung einer neuen Generation von Zügen immer den Blick in die Zukunft. Tessier sagt: „Wir dürfen uns nicht an heutigen Bedürfnissen orientieren, sondern müssen den künftigen Bedarf antizipieren.“ Die Reduktion von CO2 etwa war im Jahr 2014 schon eine wichtige Ambition, steht doch der Schienenverkehr per se für nachhal tige Mobilität. Heute sei dies ein wichtiger Marktvorteil, so Tessier: „Wenn wir der Konkurrenz voraus sein wollen, müssen wir im Vergleich zu anderen Ver-kehrsträgern einen Mehrwert bieten. Nachhaltigkeit und geringe Lebenszykluskosten sind dafür wichtige Argu-mente.“

    Beim TGV der Zukunft bleibt zudem die Art und Weise, wie er entstand, für alle Beteiligten in positiver Erinne-rung. Die zu Projektbeginn formulierten Innovationsziele und die Vorabverpflichtung der Partner zu deren Errei-chung bedeuteten einen echten Durchbruch in der Ent-wicklung einer neuen Generation von Hochgeschwin-digkeitszügen. Samuel Perrin wünscht sich, dass die neue Art der Zusammenarbeit im Open Space auch für künfti-ge Projekte genutzt wird – für das Projekt TGV 2050 wür-de er sich dann schon mal anmelden wollen.

    zusammenarbeiteten. Bereits zu Beginn des Entwick-lungsprozesses des neuen TGV der Zukunft waren die verschiedenen Gewerke mit an Bord. So zum Beispiel die Kollegen der Instandhaltung, die sich einen Eindruck über den gesamten Produktlebenszyklus verschafften. Auch dass wir zu so einem frühen Stadium auf die Be-dürfnisse und die Sichtweise des Betreibers eingehen konnten, war neu.“

    Die Arbeit in den Teams war nicht nur von technischer Expertise, sondern auch echter Leidenschaft für das Produkt geprägt. „Es wurden sehr schnell alle Hierarchien vergessen, wir waren alle Experten, egal auf welcher Ebene wir im Unternehmen agieren“, sagt Larraya Irigoyen und fügt an: „Für mich war es das erste Mal, dass ich direkten Kontakt mit den Projektleitern auf Seiten des Konstrukteurs und Betreibers hatte. Das würde ich mir für die Zukunft öfter wünschen, es ist für die gemein-same Arbeit zielführend.“

    Alstom und Knorr- Bremse stärken mit

    diesem Erfolg ihre sys-temübergreifende

    Kooperation und defi-nieren dabei

    effiziente Projektreali-sierung und hohe

    Kundenzufriedenheit neu. Wir sind stolz,

    unser Produktportfolio einbringen zu können.

    D R . J Ü R G E N W I L D E R V O R S TA N D D I V I S I O N S Y S T E M E

    F Ü R S C H I E N E N FA H R Z E U G E

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 92 8

  • Ü B E R P A R A D I G M E N W E C H S E L U N D W A R U M D E R N E U E T G V E I N E R F O L G R E I C H E S E X P E R I M E N T F Ü R S N C F W A R .

    Herr Désaunay, der TGV ist seit fast vier Jahrzehnten erfolgreich auf der Schiene – welche Erwartungen haben Sie an die nächste Generation des Zuges? Früher war der TGV eine Attraktion, die Menschen waren bereit, einen hohen Preis für ihre Fahrkarte zu zahlen. Heute ist der TGV ein alltägliches Verkehrsmittel, die Leute wollen mehr Kom-fort zu einem niedrigeren Preis. Der Wettbewerb ist größer ge-worden, wir konkurrieren mit Bahngesellschaf ten aus anderen EU-Ländern, mit Alternativen wie Carsharing, Fernbussen oder den Billig fluglinien. Wir müssen also mehr Leistung zum besten Qualitätspreis anbieten.

    Bei der Entwicklung der neuen Züge mit Alstom und Knorr-Bremse haben Sie eine neue Form der Kooperation angewendet. Wie haben Sie das erlebt?Bisher haben wir unseren Auftragnehmer zu Beginn des Projek-tes ein Tausende Seiten dickes Spezifikationsdokument vorge-legt. Diesmal haben wir nur sieben Innovationsziele vorgegeben und die Spezifikationen dann gemeinsam mit den Lieferanten geschrieben. Wir fragten sie, was sie tun könnten, um diese Ziele zu erreichen.

    Warum haben Sie sich für einen Open Space entschieden? Es war der einzige Weg, wenn wir innovativ sein und einen Zug „à la française“ bekommen wollten, der zu den besten der Welt gehören würde. Wir haben alle Ingenieure und Techniker davon überzeugt, dass wir die Dinge anders machen müssen. Es war ein großes Abenteuer in unseren Köpfen.

    Wie erlebten Sie die Zusammenarbeit mit Knorr-Bremse?Wir sind glücklich darüber, wie Sie uns bei diesem Projekt be-gleitet haben, und wir glauben an Ihre Lösungen. Für die nächs-ten Phasen des Projekts wünschen wir uns, dass wir noch offener mit Problemen umgehen. Je früher auf die Pro bleme hingewiesen wird, desto geringer sind die Kosten für Korrekturen und die Konsequenzen für die Unternehmen. Knorr-Bremse soll Probleme schnell lösen, zum Beispiel betrifft das den Umgang mit den In-formationen, die das intelligente Bremssystem sendet. Wir wollen industrielle Partner, die bereit sind, mit uns in dieses System der Daten ökonomie einzusteigen, da es für alle – die Lieferanten und die SNCF – großes Poten zial bietet.

    P A S C A L D É S A U N AY D I R E C T E U R D U M AT É R I E L F Ü R S N C F U N D

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    Ein Open Space war der einzige Weg, wenn wir innovativ sein und einen Zug

    ‚à la française‘ bekommen wollten, der zu den besten der Welt gehören würde.

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  • MobilitätDie

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 93 0

  • T E X T / / T O B I A S R O H E

    Unvorstellbare Mengen von Gütern und Menschen werden täglich rund um den Globus bewegt. Die globalen Transportströme nehmen zu. Der Preis: die Überlastung natürlicher Ressourcen, der Städte und Verkehrswege. Was muss und wird sich ändern, um das Transport-ökosystem nachhaltig zu gestalten? Gedanken im Gespräch mit Prof. Uwe Clausen, Experte für Logistik, Umwelt und Verkehr.

    vonmorgen

    Das Phänomen „Transport und Verkehr“ durchdringt sämtliche Bereiche unseres täglichen Lebens. Es umfasst so unterschiedliche Elemente wie soziale Zusammen-hänge, Verkehrsinfrastruktur, Personen, Güter, Politik, Fahrzeuge oder IT-Systeme: Wir pendeln zu unserer Arbeitsstelle, besuchen unsere Eltern oder bekommen Besuch, wir verreisen, bestellen Waren von anderen Kontinenten oder verschicken sie selbst. Dabei nutzen

    wir Pkw, Züge oder Fahrräder, befolgen Verkehrsregeln und die Anweisungen eines Navigationssystems. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Die Komplexität dieser Zusammenhänge ist immens – sogar für Ex-perten: „Je mehr man es durchdringt, desto weiter ver-zweigt zeigt sich das Transportökosystem“, sagt Prof. Clausen, international renommierter Spezialist für den Zusammenhang von Logistik, Umwelt und Verkehr.

    3 1D I E M O B I L I T ÄT V O N M O R G E N

  • K A M E R A S E N S O R erkennt die Schienen und berechnet den Verlauf des Fahrwegs. Außerdem erfasst er Fahrzeuge und Personen.

    K O L L I S I O N S W A R N S Y S T E M E Diese Fahrerassistenzsysteme helfen, Unfälle zu vermeiden. Sie werden heute schon in Schienenfahrzeugen und Nutzfahrzeugen eingesetzt. Solche Kollisionswarnsysteme werden mit Hilfe verschiedener Sensoren und künstlicher Intelligenz hinsichtlich Objekterkennung weiterentwi-ckelt, bis hin zum fahrerlosen Betrieb. Das System warnt den Fahrer vor einer drohenden Kollision. Greift dieser nicht oder zu spät ein, bremst das System selbstständig. Das bedeutet: reibungsloser Betrieb und we-niger Schäden an Mensch und Fahrzeugen.

    R A D A R S E N S O R erkennt wetterunabhängig potenzielle Hindernisse vor der Bahn und misst Geschwindigkeit und Abstand zu Objekten auf dem Fahrweg.

    hinterfragt werden. Und das ist zwingend nötig, um Nachhaltigkeit dauerhaft im System zu implementieren. „Die heutige Gesetzgebung ist da noch nicht wirksam genug“. Die zweite zwingende Voraussetzung für ein nachhaltiges Transportökosystem: mehr Effizienz, sowohl in der Warenlogistik als auch im Personenverkehr. „Ver-netzte Mobilität ist hier das Stichwort“, sagt Prof. Clausen.

    VERNETZTE MOBILITÄT DURCH DIGITALISIERUNGEin zentraler Punkt bei der Umsetzung des vernetzten Verkehrs ist eine ganzheitliche, intelligente Verkehrs-steuerung, meint die Deutsche Akademie der Technik-wissenschaften. Ihr gehört auch Prof. Clausen an. In-telligente Verkehrssteuerung, das bedeutet konkret: aus motorisiertem Individualverkehr, Güter- und Lieferver-kehr – ob auf der Straße, auf der Schiene, zu Wasser oder in der Luft –, aus dem ÖPNV, Fußgängerinnen und Fuß-gängern oder Fahrrädern ein aufeinander abgestimmtes Verkehrssystem zu schaffen. Die Voraussetzung dafür

    „Das Transportsystem funktioniert gut“, sagt er. Täglich werden von vielen Unternehmen beachtliche Transport-leistungen erbracht. „Aber das heißt nicht, dass das Sys-tem schon gut genug ist. Das meine ich sowohl in logis-tischer Hinsicht als auch aus der Nachhaltigkeitsperspektive. Wir müssen unsere Vorstel-lungen davon, wie wir Verkehr besser gestalten wollen, konsequenter in die Realität umsetzen. Der Nachhaltig-keitsgedanke zum Beispiel hat noch zu wenig Einfluss auf die Gestaltungs- und Kaufentscheidungen.“

    ZUNÄCHST: BEWUSSTSEIN UND POLITIKWas sich ändern müsste, damit der Wandel hin zu einem nachhaltigen Transportökosystem gelingt? Zuerst sollten die Anforderungen, die wir daran stellen, auf den Prüf-stand gestellt werden, sagt Prof. Clausen. Heute werde der Transport als rein ausführende Funktion verstanden. Wünsche, was Termin und Sendungsgröße angeht, wür-den nicht hinterfragt, auch wenn sie ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll seien. „Der Transport muss zu einem System werden, das nicht nur physisch ausführt, sondern auch den Fluss von Gütern und Personenströ-men zwischen Orten und Regionen nach ökonomischen und ökologischen Zielkriterien steuert.“Um ein solches System zu realisieren, sind zwei Dinge nötig: einerseits die richtigen politischen Voraussetzun-gen. „Unternehmen brauchen längerfristige Planungs-sicherheit“, erklärt Prof. Clausen. Erst dann können die Anforderungen, die wir heute an den Transport stellen,

    S T E U E R G E R ÄT führt Daten aus Kamera- und Radarsensor zu einem detaillierten Bild der Umgebung zusammen und wertet sie in Echtzeit aus.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 93 2

  • Wir müssen unsere Vorstellungen davon, wie wir Verkehr nachhaltiger

    gestalten wollen, konsequenter in die Realität umsetzen.

    P R O F. U W E C L A U S E N L E I T E R D E S I N S T I T U T S F Ü R T R A N S P O R T L O G I S T I K A N

    D E R T E C H N I S C H E N U N I V E R S I TÄT D O R T M U N D

    R A D A R - U N D K A M E R A S E N S O R E N erfassen Umweltdaten

    I N T E L L I G E N T E L E N K -U N T E R S T Ü T Z U N G die Querführung des Fahrzeugs für das assistierte und automatisierte Fahren wird durch aktive Lenk-systeme ermöglicht

    V 2 X - M O D U L Kommunikation mit der Umwelt, wie z. B. Fahrzeug-zu-Infrastruktur.

    A K T U AT O R E N liefern wie die Bremssteuerung ent-scheidende Informationen für die Fahrstrategie und setzen gewünschte Befehle auf die Straße um.

    Das Hochautomatisierte Fahren von Lkw wird ermöglicht durch Sensoren zur Umwelterfassung, Hochleistungsrechner zur Trajektorienberechnung und durch Redundanzsysteme, um die Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Die Vorteile sind sicherere Straßen, nachhaltigere Transportlösungen und Stauvermeidung durch intelligentes Routenmanagement.

    H O C H A U T O M AT I S I E R T E S FA H R E N

    ist die Digitalisierung. Sie macht eine intelligente, vor-ausschauende Verkehrssteuerung möglich, beispiels-weise durch die Bündelung von Lieferungen, energiespa-rendes Platooning oder den Transport von A nach B bei flexibler Transportmittelwahl. Ganz andere Lösungen, an die wir heute noch nicht denken, werden durch die in-telligente Analyse von Daten möglich. Alles in allem ver-spricht der vernetzte Verkehr so eine immense Steige-rung der Effizienz – und damit auch der Nachhaltigkeit.Eine wichtige Voraussetzung für diese durchdringende Vernetzung ist eine umfassende Sensorik zur Erfassung der aktuellen Verkehrslage an Straßen oder Bahnstre-cken und in den Fahrzeugen. In Nutz- und Schienenfahr-zeugen hält sie bereits mit Assistenzsystemen Einzug.

    Dazu zählen Notbremsassistent, Abstandsregeltempo-mat, Verkehrszeichenerkennung, Abbiegeassistent und Kollisionswarnsystem. Ihre Daten werden auf digitale Plattformen zusammengeführt. So können aktuelle Rei-sezeiten und der Status der Logistikketten flächende-ckend exakt bestimmt werden, wodurch eine Vorhersage der Verkehrslage möglich wird – und damit letztlich eine umfassende Verkehrsplanung und -Steuerung in Echt-zeit. Schon heute sorgen digitale Plattformen für mehr Effizienz, in Busflotten, beispielsweise das Flottenma-nagementsystem Smart Fleet Management von Kiepe Electric oder die iCom Plattform für den Schienenver-kehr von Knorr-Bremse. Über eine Lagebestimmung hin-aus erlaubt diese Vernetzung sogar eine Vorhersage von

    D I E M O B I L I T ÄT V O N M O R G E N 3 3

  • Auswirkungen einzelner Vorkommnisse auf die Verkehrs-lage – kleinerer Störungen, wie das Parken in der zwei-ten Reihe etwa, oder auch größerer, die eventuell durch Großveranstaltungen oder Streckensperrungen entste-hen. Und das System könnte darauf durch Routenemp-fehlungen oder Kapazitätssteuerungen reagieren. Wie das ginge? Mit koordinierter Ampelsteuerung oder An-passung der Anzahl der Fahrstreifen pro Richtung etwa – im morgendlichen Berufsverkehr drei Spuren stadtein-wärts, abends drei stadtauswärts. Auch Einsatzkräfte und öffentlicher Verkehr wären direkt in diese vorhersa-gebasierte Gesamtverkehrssteuerung integriert – die auf Basis von Simulationen und realen Messungen stetig weiter lernen und sich verbessern könnte.

    MEHR EFFIZIENZ IM GÜTER- UND PERSONENVERKEHRIm Bereich des Güterverkehrs können mit der digitalen Vernetzung Logistikprozesse besser in das gesamte Ver-kehrsmanagement integriert werden. „Das bietet mehre-re Vorteile: besser planbare Ankunftszeiten auf der

    Schiene oder auf der Straße, die effiziente Organisation großer Hafen- oder Industrieareale sowie automatisiert fahrende Lkw“, sagt Prof. Clausen. Auch das Logistiknetz könnte effizienter betrieben werden: mit regionalen Hubs, die über automatisierte Verladeterminals an das Fernbahnnetz angeschlossen sind und lokalem Verteil-verkehr, der beispielsweise durch automatisierte Elektro-fahrzeuge erfolgt, die leise und verstärkt nachts Waren anliefern – das Schlagwort „Letzte Meile“ kennt inzwi-schen jeder. In urbanen Umgebungen könnten neben Lieferfahrzeugen auch Lastenräder genutzt werden. Im Personenverkehr zeichnet sich eine mögliche intelli-gente Mobilitätssteuerung insbesondere durch neue Geschäftsmodelle und neue Angebotsformen im öffent-lichen Verkehr aus. „Mobilitätsabos“ anstatt verkehrs-mittelgebundener Monatskarten erlauben die beliebige Nutzung mehrerer Mobilitätsformen, um von A nach B zu kommen. „Wir werden andere Formen des öffentlichen Nahverkehrs kennenlernen. Ergänzend zu den Massen-systemen des S- und Stadtbahnverkehrs könnte man statt Bus-Takten Rufbussysteme einsetzen und mehrere Gäste nach Fahrwünschen bündeln“, sagt Prof. Clausen. „Speziell im Schienenverkehr, ohnehin Hoffnungsträger im Hin-blick auf eine klimafreundliche Umgestaltung des Trans-portwesens, geht es darum, die Kapazität und Qualität zu optimieren.“ Das könnte durch automatisierte Straßen- und U-Bahnen mit innovativen Bremssystemen gelin-gen. Solche Fahrzeuge könnten in kürzeren Taktzeiten fahren und damit in der gleichen Zeit mehr Menschen transportieren.

    MOBILITÄTSWANDEL – CHANCE ODER RISIKO?Der Wandel der Mobilität geht in Richtung Effizienz-steigerung und größere Nachhaltigkeit. Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung sind dabei die Schlagworte. Die Folgen sind weitreichend, auch für Fahrzeughersteller und -zulieferer. Ob das eher eine Chance oder eine Herausforderung darstellt? Prof. Clausen antwortet mit einem entschiedenen „sowohl als auch“. „Natürlich werden durch die Transformation manche Pro-dukte weniger nachgefragt werden.“ Ein autonom fah-render Lkw zum Beispiel muss keine menschlichen An-forderungen bei Ausstattung und Fahrverhalten mehr berücksichtigen. „Zur Chance wird der Wandel aber für denjenigen, der seine Komponenten in Systemlösun-gen integriert und so an der Entwicklung der neuen Ver-kehrssysteme und -technologien mitwirkt.“ Denn in einem digitalen Transportökosystem geht es auch um Kompatibilität. Und dazu ist mehr denn je Offenheit gefragt für Kooperationen, Technologiepartnerschaften und für das Denken über alte Systemgrenzen hinweg.

    P R O F. U W E C L A U S E N ist in Personalunion Leiter des Instituts für Transportlogistik an der Technischen Universität Dortmund und des Fraunhofer- Instituts für Materialfluss und Logistik. Hier steht er dem Bereich für Logistik, Verkehr und Umwelt vor. In der Privatwirtschaft war er als European Operations Director bei Amazon in einem innovativen Umfeld tätig. Beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist er Mitglied des runden Tisches Schienengüterverkehr.

    D I G I T A L E B R E M S S T E U E R U N G beschleunigt die Taktung des Linienverkehrs

    E N E R G Y M A N A G E M E N T S Y S T E M E optimieren den Energieverbrauch von Antrieben oder Klimaanlagen der Fahrzeuge

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 93 4

  • Der Transport muss zu einem System werden, das nicht nur physisch ausführt,

    sondern auch die Waren- und Personen-ströme zwischen Orten und Regionen

    nach ökonomischen und ökologischen Kriterien steuert.

    P R O F. U W E C L A U S E N L E I T E R D E S I N S T I T U T S F Ü R T R A N S P O R T L O G I S T I K A N D E R T E C H N I S C H E N U N I V E R S I TÄT D O R T M U N D

    Digitale Plattformen vernetzen Straßen- und Schienenfahrzeuge untereinander. Eine Vielzahl von Sensoren und Systemen sammelt Daten aller Teilnehmer, wertet sie aus und optimiert den Betrieb oder greift steuernd ein. Daten zu Verbrauch, Route und Leistung der Fahrzeuge werden zur automatischen und vorausschauenden Steuerung oder War-tung genutzt. Aber auch der Passagierfluss beim Ein- und Aussteigen oder der Energie-verbrauch der Fahrzeuge werden optimiert. So erhöhen die digitalen Sys teme Zuverläs-sigkeit, Netzkapazität und Nachhaltigkeit des Linienverkehrs. Das bedeutet: höhere Fahrzeugverfügbarkeit, Transportleistung und Energieeffizienz sowie weniger Betriebs-kosten, Verschleiß und CO2-Emissionen.

    D I G I T A L E P L AT T F O R M E N

    F A H R E R A S S I S T E N Z S Y S T E M E ermöglichen sichereren Verkehr durch u. a. Spurassistent, Abstandstempomat, Abbiegeassistent und Notbrems-assistent inklusive Kollisionswarnung

    L Ö S U N G E N F Ü R O P T I M I E R T E N P A S S A G I E R F L U S S erhöhen die Schienennetzkapazität

    F L O T T E N M A N A G E M E N T sammelt Daten zu Verbrauch, Route und Leistung und ermöglicht die automatische und vorausschauende Steuerung

    C Y B E R S E C U R I T Y schützen die digitalen Systeme vor Angriffen

    Z U S T A N D S - Ü B E R W A C H U N G erhöht die Fahrzeug-verfügbarkeit durch vorausschauende Wartung

    3 5D I E M O B I L I T ÄT V O N M O R G E N

  • Das Knorr-Bremse Nachhaltigkeits-ABC

    E C O D E S I G NSo nennt sich das ökologische Pro-

    duktdesign bei Knorr-Bremse. Es lei-tet uns bei der Gestaltung von

    Produkten und Systemen, um deren negative Auswirkungen auf die

    Umwelt in allen Lebensphasen mög-lichst gering zu halten.

    E C O V A D I S R AT I N GIm Januar 2020 konnten wir im

    EcoVadis-Rating, das die Nachhaltig-keitsperformance eines Unter-

    nehmens einstuft, unseren 2019 erstmals erlangten Gold-Status

    bestätigen.

    K B D AYDer weltweite Wertetag für die Knorr-Bremse Kollegen findet

    A B F A L LDas Abfallmanagementprogramm

    „Zero Waste“ treibt Bendix, die nord-amerikanische Tochtergesellschaft

    von Knorr-Bremse, seit Jahren voran. 2019 konnten 96 % des Abfalls

    recycelt werden – unter anderem durch Verwertung zur Energie-

    gewinnung oder Kompostierung von Abfällen aus Cafeteria und Büro.

    C O D E O F C O N D U C T Unser Verhaltenskodex definiert auf

    Basis der Unternehmenswerte von Knorr-Bremse und der Prinzipi-

    en des UN Global Compact die Grundsätze für eine verantwortungs-

    volle Gestaltung des Tages-geschäfts. Lieferanten müssen dem

    Code of Conduct für Lieferanten zustimmen, um für Knorr-Bremse

    tätig werden zu können.

    D I G I T A L D AY SKünstliche Intelligenz, virtuelles

    Testing, automatisiertes Fahren – wie macht sich Knorr-Bremse

    die digitale Transformation zunutze? Zur Ergreifung der Chancen der

    Digitalisierung fördert Knorr-Bremse eine agile Unternehmens- und Füh-rungskultur. Ein jährliches Zeichen

    setzen dabei die Knorr-Bremse Digital Days mit Teilnehmern des weltwei-

    ten Knorr-Bremse Managements und externen hochkarätigen Experten.

    T E X T / / I N G O W O E L KI L L U S T R A T I O N / / R O S E S C H W A R Z

    G L O B A L C A R EKnorr-Bremse Global Care unter-stützt soziale Projekte weltweit:

    Seit 2005 mit dem gemeinnützigen Verein Knorr-Bremse Global Care

    e.V., München, und seit 2019 zudem mit Organisationen in den USA und

    Hongkong. Die Förderschwerpunkte bilden WASH (Wasser, Sanitär-

    versorgung, Hygiene) und Bildung.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 93 6

  • jährlich statt. Ursprünglich Tag der Knorr-Bremse Unternehmenswerte,

    wird an den weltweiten Standorten ein Schwerpunkt-SDG mit Work-

    shops, Vorträgen und Themenmarkt-plätzen vermittelt und gefeiert.

    K L I M A S T R AT E G I E 2 0 3 0Sie löst das 2015 gesetzte Klima-schutzziel ab. Knorr-Bremse hat

    sich ab 2021 zu einer Klimaneutralität an allen weltweiten Standorten

    verpflichtet. Die Klimastrategie zahlt auf das SDG 13 „Klimaschutz“ ein

    und ist ein Beitrag dazu, die globale Erwärmung auf max. 1,5 Grad zu

    beschränken.

    P R O D U K T - U N D S Y S T E M S I C H E R H E I T

    Mit Bremssystemen und zahlreichen weiteren sicherheitskritischen Pro-

    dukten im Portfolio, ist Produkt- und Systemsicherheit für Knorr-Bremse

    L O C A L C A R EDie Initiative Local Care bündelt alle

    sozialen Aktivitäten der Knorr-Bremse Standorte. So unterstützt das Pro-

    gramm „GET INVOLVED“ finanziell und ideell weltweit soziale Initiativen, in

    denen Beschäftigte von Knorr-Bremse ehrenamtlich tätig sind. Sie gestalten

    das kommunale Leben dort positiv mit, wo die Produkte produziert und

    verkauft werden.

    R E M A N U F A C T U R I N G Dies ein relevanter Geschäftszweig

    für Knorr-Bremse. Beim Remanu-facturing für Nutzfahrzeuge arbeitet

    Knorr-Bremse TruckServices unter der Marke EconX® Produkte wie

    Bremssattel und Bremssteuermodule auf. Das „Overhaul“ in der Divi sion

    Schienenfahrzeuge umfasst nahezu alle Systeme von Knorr-Bremse wie

    Bremsen, Türen oder Klima anlagen.

    S D G s2018 haben wir für Knorr-Bremse wesentliche Sustainable Develop-

    ment Goals (SDGs) identifiziert, deren Erreichen durch unser Geschäftsmodell und unsere

    Geschäftsprozesse maßgeblich be einflusst wird. Diese lauten: SDG 5: Geschlechtergleichheit; SDG 8: Men-

    schenwürdige Arbeit und Wirt-schaftswachstum; SDG 9: Indus trie,

    Innovation und Infrastruktur; SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion; SDG 13: Maßnahmen

    zum Klimaschutz

    W E S E N T L I C H K E I T S A N A LY S EIn der Wesentlichkeitsanalyse haben

    wir 13 priorisierte Sachverhalte festgelegt, die signifikante Auswir-kungen auf die Geschäftstätigkeit

    und den Geschäftsverlauf von Knorr-Bremse haben. Dazu zählen „Produkt- und Systemsicherheit“,

    „Ökologisches Produktdesign“, „Ener-gie und CO2-Emissionen“ sowie

    „Beschäftigungsbedingung“.

    Z E R O D E F E C T P H I L O S O P H YAls Hersteller von sicherheitsrele-

    vanten Systemen ist sich Knorr- Bremse seiner Verantwortung hin-sichtlich maximaler Sicherheit und Qualität voll bewusst. Mit unserer

    ambitionierten Zero Defect Philoso-phy streben wir deshalb bei allen

    unseren Produkten, Systemen und Dienstleistungen „Null Fehler“ an.

    V I E L F A LT U N D C H A N C E N -G L E I C H H E I T

    Wir bekennen uns zur Vielfalt in un-serer Gesellschaft und fordern alle

    Arbeitnehmer dazu auf, ihren aktiven Beitrag zu einem benachteiligungs-

    freien Miteinander zu leisten. Diskri-minierung jeglicher Art ist mit den

    Werten und der Unternehmenskultur von Knorr-Bremse nicht vereinbar.

    von höchster Relevanz. Diesem Anspruch werden wir mit Produkt-innovationen und -weiterentwick-lungen gerecht, die auf die Mega-

    trends unserer Zeit einzahlen, wie in Bremssysteme integrierte Fahrer-assistenzsysteme oder Kollisions-

    vermeidungssysteme.

    3 7D A S K N O R R - B R E M S E N A C H H A LT I G K E I T S - A B C

  • Wieder- geburt

    T E X T / / H E I N Z - J Ü R G E N K Ö H L E RF O T O / / S V E N D Ö R I N G

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 93 8

  • Beim Remanufacturing werden Alt-produkte industriell aufgearbeitet. Das spart Energie, CO2 und Material und bietet dem Kunden ein attrak-tives Angebot für die Reparatur äl-terer Nutzfahrzeuge. Knorr-Bremse verhilft im tschechischen Liberec Bremskomponenten zu einer Wie-dergeburt. Ein aufwendiger Pro-zess, in dem Spezialisten die Bautei-le in einen technisch neuwertigen Zustand für volle Sicherheit bringen.

    Schwarz, schmierig und mit Fett, Rost und Staub über-zogen ist das eine Teil; sauber, metallisch grau und mit einer angenehm rauen Oberfläche das andere. Beide Teile, die Lukas Vokurka in den Händen hält, sind Zu-spanneinheiten, auch Bremssättel genannt. Beide sind Altprodukte und haben schon hunderttausende Kilo-meter und zahllose Bremsmanöver auf dem Buckel.

    L U K A S V O K U R K A Seit August 2018 leitet er das Re-manufacturing-Werk in Liberec. Seit 15 Jahren arbeitet der Maschi-nenbauingenieur, Schwerpunkt Werkstoffkunde, im Automotive- Bereich. In Liberec installierte er unter anderem ein Trainingscenter im Bereich Produktionsoptimie-rung und hatte seit April 2017 die Leitung des Anlagenbetriebs inne.

    3 9W I E D E R G E B U R T

  • 400°Cwerden verunreinigte Bremssättel

    in einem sogenannten Pyrolyse-Ofen von Verunreinigungen befreit.

    B E I B I S Z U

    A N K O M M E N D E A LT P R O D U K T E werden in mehreren Reinigungsschritten von Verunreinigungen befreit.

    D I E T R U C K - B R E M S EDer Bremssattel ist ein zentraler Bestandteil der Truck-Bremse. Er gibt den pneumatischen Druck über den Aktuator an die Bremsschei-ben weiter und sorgt so für eine Verzögerung des Lkw.

    B R E M S S AT T E L

    B R E M S B E L A G

    B R E M S T R Ä G E R

    B R E M S S C H E I B E

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94 0

  • W A R E N E I N G A N G : Geschulte Spezialistinnen und Spezialisten befunden die Altprodukte. Was zu stark beschädigt ist, landet im Materialrecycling.

    Doch die Einheit in Vokurkas rechter Hand ist aufge-arbeitet worden, Remanufacturing heißt der Fachbegriff dafür.

    Liberec, Tschechien. Über die sanften Hügel Nord-böhmens, durch Mischwälder geht es zum Werk von Knorr-Bremse. Besucher und Mitarbeiter werden am Eingang von einer Hinweistafel begrüßt: Mehr als 1,9 Millionen Kilogramm CO2 hat das Unternehmen im Jahr 2019 durch Remanufacturing eingespart. Dazu knapp 7,9 Millionen Kilowattstunden Energie und über eine halbe Million Kilogramm Material.

    Remanufacturing bedeutet die industrielle Aufarbeitung von Altprodukten nahe an den qualitativen und tech-nischen Vorgaben des Originals. „Unter der Marke EconX®hat Knorr-Bremse sie als Ersatzteile für ältere Nutz-fahrzeuge im Aftermarket-Angebot“, berichtet Alexander Wagner, der das Aftermarket-Geschäft EMEA der Knorr- Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge verantwortet.

    E N D K O N T R O L L E : Vor der finalen Freigabe werden die Einsteller der pneumatischen Bremsen getestet.

    4 1W I E D E R G E B U R T

  • Statt nur das Material von Altprodukten stofflich zu recy-celn, werden die noch funktionstüchtigen Teile aufge-arbeitet, neumontiert und wiederverwendet. Gegenüber der Neuproduktion spart das deutlich an Material und Energie und damit auch CO2. Neben den Zuspanneinhei-ten werden weitere Komponenten des Bremssystems wie Kompressoren, elektronische Luftaufbereiter, Kupp-lungssteller und Brems steuermodule, allesamt von Lkw, Anhängern oder Bussen, in Liberec aufgearbeitet. „Was bei uns fertig ist, geht dann zum Großteil ans zentrale Distri-bution Center in Berlin“, erklärt Werksleiter Lukas Vokurka.

    Es spart nicht nur Ressourcen ein, auch für die Entwickler von Neuteilen bei Knorr-Bremse ist das Remanufacturing hilfreich: Die Untersuchungen der Altteile liefern wertvolle Rückschlüsse für Forschung & Entwicklung. Wann und warum fiel ein Teil aus? Welchen Schaden hat es genom-men? Was sind Verschleißbilder aus dem realen Betrieb? „Solche Feldinformationen sind eine Goldmine“, betont Wagner.

    P F A N D A U F B R E M S E NUm Teile aufarbeiten zu können, muss man natürlich erst einmal die Altprodukte zurückbekommen. Dafür gibt’s ein Pfandsystem. Wer bei Knorr-Bremse eine Bremse kauft, zahlt Pfand, das er bei der Rückgabe erstattet be-kommt. Die Altteile werden von einem Logistiker einge-sammelt und in Holz- oder Gitterboxen nach Liberec gebracht. „Es ist immer eine Überraschung, was wir darin vorfinden“, erzählt Vo kurka. In einer Eingangskontrolle werden eintreffende Komponenten gesichtet. Was nicht mehr aufzuarbeiten ist, kommt zum Materialrecycling. „Wenn ein Stück zu alt ist oder schon einmal remanufac-tured wurde, ist das ein K.o.-Kriteri um“, so der Werksleiter.

    Die anderen landen in Stapelboxen, die in Hochregalen gelagert werden. Nicht alle Teile werden sofort aufgear-beitet. Warum nicht? Zum einen werden nicht immer alle Teile nachgefragt, zum anderen müssen für manche Teile neue Prozesse des Remanufacturing erst entwickelt wer-den. Dafür sind verschiedene Bedingungen zu klären: Wie werden die alten Objekte demontiert und gereinigt? Welche Komponenten können wiederverwendet, wel-che müssen ersetzt werden? Welche Beschädigungen an einem Teil sind sicherheitsrelevant, welche nur kosmeti-scher Natur? Diese Fragen müssen von den Experten in Liberec zusammen mit den Kollegen in den Entwicklungs-bereichen für jede Modellgeneration der Bremskompo-nenten beantwortet werden. Die Sicherheit des Produkts ist dabei oberster Maßstab.

    Nach der Eingangskontrolle durchläuft eine Zuspann-einheit fünf weitere Prozessschritte. Bei der Demontage wird das Teil per Hand in seine Einzelteile zerlegt. Verschleißteile wie Dichtungen werden weggeworfen. Komponenten, die nicht aufgearbeitet werden können,

    Was bei uns auf-gearbeitet wird, geht

    zum Großteil ans zentrale Distribution Center nach Berlin.

    L U K A S V O K U R K A W E R K S L E I T E R K N O R R - B R E M S E W E R K I N L I B E R E C

    A L E X A N D E R W A G N E R Bereichsleiter TruckServices / Aftermarket EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) der Knorr- Bremse Systeme für Nutz-fahrzeuge. Zu seinem Verant-wortungsbereich gehört auch das Remanufacturing. Wagner ist seit über 20 Jahren für Knorr-Bremse tätig.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94 2

  • kommen ins Materialrecycling. „Die wertvollsten Kom-ponenten können wir retten“, sagt Alexander Wagner, „den eigentlichen Bremssattel, die Brücke, den Hebel und den Nachsteller.“

    Z W E I R E I N I G U N G S S C H R I T T EIn zwei Reinigungsschritten wird der Bremssattel dann von Verunreinigungen befreit. In einem sogenannten Pyrolyse-Ofen werden Dichtmittel, Öl, Fett und Lack bei etwa 400 Grad Celsius zu unbedenklichen Kohlenstoff-verbindungen umgewandelt, wie man es aus den selbst-reinigenden modernen Backöfen zu Hause kennt. Anschließend geht’s für den Sattel in eine sogenannte Hänge baumstrahlanlage, in der er mit hochbeschleu-nigtem Edelstahlpulver „beschossen“ wird. Das so gerei-nigte Teil kann nun gemessen werden. Überschreitet es die im Tausendstel-Millimeter-Bereich liegende Toleranz wird es auch aussortiert. „Fast ein Drittel der Altteile

    I N D E R H Ä N G E B A U M S T R A H L A N L A G E werden die Bremssättel mit Edelstahlpulver beschossen, um so feste Verunreinigungen abzulösen.

    fliegt an dieser Stelle raus“, erklärt Vokurka. Letzter Schritt für die Zuspanneinheit ist die Vormontage. Hier wird sie mit Brücke und Bodenblech zusammengebaut. Die eigentliche Montage erfolgt in der Serienfertigung. „Für die Wiedermontage gelten die gleichen Qualitäts-standards sowie Prüf- und Messschritte wie bei Original-teilen“, betont Wagner.

    E I N H A U S F Ü R D I E E L E K T R O N I KFür verschiedene Teile gibt es verschiedene Prozesse. Um Elektronikkomponenten aufzuarbeiten, wurde ein eigenes, abgeschlossenes ESD-Haus in die Werkshalle gebaut. ESD steht für Electrostatic Discharge, elektrosta-tische Entladung. Diese Entladungen wären schädlich für die Bauteile und müssen vermieden werden. Der Be-sucher muss deshalb seine Kunststoff-Signalweste ab-legen und für seine eigene Erdung Schuhsohle und Bein mit einem Spezialstreifen verbinden. Drinnen ersetzen

    4 3W I E D E R G E B U R T

  • mehrheitlich Arbeiterinnen mit einer spektakulären Fingerfertigkeit die Bauteile auf den Platinen von ECUs, den elektronischen Steuergeräten der Luftaufbereiter. Lohnt sich diese kleinteilige Handarbeit überhaupt? „Auf jeden Fall“, erklärt Alexander Wagner. Der Wert der Steuer geräte wie auch die Rohstoffe in der Halbleiter-technik – Seltene Erden, Gold, Silber – sprechen fürs Auf-arbeiten. Außerdem ist es so möglich, Ersatzteile für den Kunden länger bereitzustellen. „Die Innovationszyklen der Elektronikkomponenten sind so kurz, dass sie häufig noch vor Abschluss des kompletten Lebenszyklus eines Produktes eine bestimmte Elektronikkomponente gar nicht mehr bekommen.“

    N A C H H A LT I G E P R O D U K T I O NEine andere Art des Remanufacturing, genannt Over-haul, betreibt Knorr-Bremse im Bereich der Schienen-fahrzeuge. Dort werden Komponenten im Rahmen von kompletten Fahrzeugüberholungen ausgebaut und überholt, dann zumeist wieder ins gleiche Fahrzeug eingebaut. Daher spielen kleinere Stückzahlen, hohe Varianz und Durchlaufzeiten eine größere Rolle, zumal Schienenfahrzeuge gerne 40 Jahre und länger in Be-trieb sind. „Wir arbeiten mit den Kollegen zusammen und tauschen uns etwa über effiziente Reinigungsver-fahren aus“, erzählt Wagner. Im Bereich Nutzfahrzeuge ist Liberec der größte Remanufacturing- Standort von

    I M E S D - H A U S werden in aufwendiger Handarbeit die elektronischen Steuergeräte der Luftauf bereiter aufgearbeitet.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94 4

  • Für die Wieder-montage gelten

    die gleichen Quali tätsstandards

    sowie Prüf- und Messschritte wie

    bei Originalteilen.

    A L E X A N D E R W A G N E R B E R E I C H S L E I T E R A F T E R M A R K E T E M E A K N O R R - B R E M S E S Y S T E M E

    F Ü R N U T Z FA H R Z E U G E

    Knorr-Bremse. Etwa 120 Mitarbeiter arbeiten dort und damit ein Großteil der insgesamt 150 Remanufacturing- Kollegen in dem Bereich in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika). „150.000 Altprodukte haben wir in Liberec im Jahr 2019 in die Hand genommen“, so Lukas Vokurka. Und der Trend zu Remanufacturing im Markt ist weiterhin stark.

    Die Nachhaltigkeit in der Ersparnis von Energie, CO2 und Material ist bei Knorr-Bremse nachgewiesen und von einem externen Institut auditiert. Das Remanu facturing-Team hat Lebenszyklusanalysen für alle re levanten Pro-duktfamilien durchgeführt und die Zahlen von Neupro-duktion und Remanufacturing ver glichen. Das Ergebnis sind die Zahlen zur Rohstoff- und Energie ein sparung am Eingang zum Werksgelände in Liberec.

    1,9Mio.M E H R A L S

    Kilogramm CO2 hat das Unternehmen im Jahr 2019 durch

    Remanufacturing eingespart.

    W I E D E R M O N T A G E : Nach der Aufarbeitung der Komponenten werden die Kompressoren zusammenmontiert.

    4 5W I E D E R G E B U R T

  • 28%Verringerung des CO2-Fußabdrucks hat die APG

    durch nachhaltige Investitionen im Vergleich zum Jahr 2014 erreicht.

    € 5,8Mrd.hat die APG bis Ende 2018 in

    erneuerbare Energie investiert.

    D I E A P GAPG verwaltet 529 Milliarden Euro im Auftrag von Unternehmen, die Altersruhegelder von Beschäftigten anlegen. Als größte Pensions-kasse der Niederlande managt der Finanzdienst-leister Renten für insgesamt 4,5 Millionen Menschen. Die Kunden kommen aus Bereichen wie Bildung, Verwaltung, Energie oder der Bau- und Wohnungswirtschaft. Bei Auswahl der Anlagen lässt sich APG von Nachhaltigkeits-kriterien leiten. Nicht alle Unternehmen oder Staaten kommen deshalb für ein Investment in Frage.

    € 69Mrd.betrugen die nach Nachhaltig-

    keitskriterien angelegten Assets under Management von APG Ende 2018.

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94 6

  • Ihr Fonds investiert in Unternehmen, die Sie nach Nachhaltigkeitskriterien bewerten. Gehört Knorr-Bremse zu Ihrem Portfolio?Ja, wir haben uns gründlich mit Knorr-Bremse befasst und uns dann entschlossen, in das Unternehmen zu investieren. Im Zuge des Börsengangs haben wir eine beachtliche Zahl von Aktien kaufen können.

    Warum haben Sie in Knorr-Bremse investiert?Das Geschäftsfeld interessiert uns. Der Transportsektor und vor allem der öffentliche Personenverkehr haben wegen ihrer nachhaltigen Ausrichtung gute Perspektiven für die Zukunft. In der Branche gibt es zudem nur weni-ge Unternehmen, in die es sich zu investieren lohnt. Knorr-Bremse ist eines davon.

    Warum trägt der Transportsektor zur Nachhaltigkeit bei?Besonders öffentliche Verkehrsmittel helfen dabei, die Herausforderungen der Urbanisierung zu meistern. In modernen Großstädten ist der Arbeitsweg kürzer und der Flächenverbrauch geringer als in kleinen Orten. Das führt zu niedrigerem Energieverbrauch, geringerem Ausstoß von Treibhausgasen und einem kleineren öko-logischen Fußabdruck.

    Der größte niederländische Pensionsverwalter APG lässt sich bei der Anlage seiner Kunden-vermögen von Kriterien der Nachhaltigkeit leiten. Portfolio-Manager Danny van Doesburg erklärt in einem Gespräch am Amsterdamer Firmensitz, wie er dabei vorgeht.

    Das Prinzip Verantwortung

    D A N N Y V A N D O E S B U R G Danny van Doesburg arbeitet seit zehn Jahren als Leitender Portfolio Manager beim niederländischen Vermögensverwalter APG. Zuvor war er bei verschie-denen Instituten als Analyst beschäftigt und ist als Berater tätig gewesen. Sein Studium absolvierte er an der Eindhoven University of Technology.

    T E X T / / H E I M O F I S C H E RF O T O / / M A R C U S P I E T R E K

    4 7D A S P R I N Z I P V E R A N T W O R T U N G

  • T I E F E R B L I C K Da er zahlreiche Nachhaltigkeitskriterien in die Bewertung einfließen lässt, schaut Danny van Doesburg bei Unternehmen nicht nur auf die Rentabilität.

    Bevor wir in ein Unternehmen

    investieren, sehen wir uns dessen

    Lieferketten sehr genau an. D A N N Y V A N D O E S B U R G

    S E N I O R P O R T F O L I O M A N A G E R E Q U I T I E S I N D U S T R I A L S , A P G

    Nach welchen Kriterien beurteilen Sie Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit?Natürlich ist auch für uns zunächst die Rentabilität wich-tig. Doch wir wollen das Geld unserer Kunden nicht nur profitabel, sondern auch verantwortungsvoll investieren. Das heißt, wir beteiligen uns nicht an Unternehmen, die unseren Prinzipien widersprechen. Dazu gehören zum Beispiel Hersteller von Streubomben oder Landminen, aber auch Anbieter von Tabakprodukten. Ebenfalls durchs Raster fallen Unternehmen, die Sozialstandards nicht einhalten oder ihren CO2-Ausstoß nicht senken wollen. Mit anderen Worten: Wir suchen Unternehmen, die mit nachhaltigen Geschäftsmodellen unsere Zukunft si-chern, denn davon profitieren alle unsere Stakeholder.

    Wie unterscheidet sich ihre Definition von Nachhaltig-keit von der, die zum Beispiel die Vereinten Nationen gebrauchen? Die UN-Nachhaltigkeitsziele geben uns Orientierung. Sie können aber nicht die einzige Grundlage einer Inves-titionsentscheidung sein. Kriterien wie Menschenrechte oder Ressourcenschutz müssen eingebunden werden in Ziele wie Produktivität oder Effizienz. Nur wenn wir alle diese Kriterien im Auge behalten, können wir erfolg-

    K N O R R - B R E M S E A G M A G A Z I N 2 0 1 94 8

  • H A N D V E R L E S E N Für die Suche nach Investments spielen bei APG Aspekte der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle.

    W E I T S I C H T Jüngere Menschen wollen ihr Geld nachhaltig anlegen.

    Wie bewerten Sie die Nachhaltigkeit eines Unter-nehmens entlang der oft verzweigten Lieferketten?Bevor wir in ein Unternehmen investieren, schauen wir uns dessen Lieferketten sehr genau an. Das kostet natür-lich Zeit, immerhin haben wir 200 Unternehmen ständig im Blick. Dabei setzen wir moderne Software ein, mit der wir Informationen sammeln, auswerten und abrufen können. Am meisten interessiert uns aber immer der Konzern an der Spitze der Lieferkette. Wenn einer seiner Zulieferer zum Beispiel Arbeitnehmerrechte verletzt, dann kommt er oft ebenfalls in die Schlagzeilen und trägt meistens den Hauptschaden.

    Unternehmen lassen ihr nachhaltiges Handeln mit Rankings und Ratings bewerten. Welche Rolle spielt das für Ihre Investitionsentscheidung? Sie sind eine von mehreren Quellen, mit denen wir un-sere Investitionsentscheidungen untermauern. Dasselbe gilt auch für Nachhaltigkeitsberichte. Sie sorgen für ein vollständigeres Bild und ergänzen unsere eigene Sicht auf ein Unternehmen.

    Wie reagieren Unternehmen darauf, wenn Sie von Ihnen zu mehr Nachhaltigkeit gedrängt werden?Unsere Erfahrungen sind positiv. Wir haben das Gefühl, dass sich unser Verhältnis zum Management verbessert, wenn wir nicht nur Fragen zur Wirtschaftlichkeit stellen, sondern auch die Bedeutung von Nachhaltigkeitsthemen ansprechen. Dabei verweisen wir übrigens gern auf Knorr- Bremse – als Vorbild, das viele unserer Kriterien erfüllt und deshalb ein attraktives Investment für unsere Kun-den ist.

    versprechende Unternehmen wirklich erkennen. Auch deshalb haben wir bei APG gemeinsam mit unserer Mut-tergesellschaft einen eigenen Katalog von Nachhaltig-keitskriterien entwickelt.

    Das Thema Nachhaltigkeit spielte für Finanz investoren bis vor kurzem noch keine große Rolle. Warum hat sich das geändert? Besonders jüngere Menschen wollen investieren, ohne späteren Generationen zu schaden. Dadurch steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzanlagen. Wir inves-tieren allerdings auch in Unternehmen, die in dieser Beziehung noch Defizite aufweisen. In solchen Fällen nutzen wir aber unseren Einfluss als Investor, um das Verhalten des Unternehmens langfristig zu verändern.

    Wie muss man sich das vorstellen? Wir setzen uns mit dem Management zusammen und schauen, wo Änderungsbedarf besteht. Darin sehen wir auch Vorteile für uns. Denn wir lernen so Bereiche des Unternehmens kennen, denen wir zuvor nicht so viel Beachtung geschenkt haben.

    Was raten Sie Unternehmen, die auf der Suche nach einem nachhaltigen Geschäftsmodell sind?Ich rate ihnen nachhaltiges Handeln zum festen Be-standteil ihrer Kultur zu machen. Unternehmen tragen hier besondere Verantwortung, denn sie können oft schneller als der Staat auf veränderte Rahmenbedingun-gen reagieren – etwa mit gezielter Forschung und Ent-wicklung. Unternehmen sollten außerdem verstehen, dass Themen wie zum Beispiel Klimaschutz oder nach-haltige Stadtentwicklung wichtige Wachstumschancen bieten. Wer zögert oder sich verweigert, riskiert Wettbe-werbsnachteile – was erhebliche Verluste für die Aktio-näre nach sich ziehen kann.

    4 9D A S P R I N Z I P V E R A N T W O R T U N G

  • Rund 3000 Unternehmen wurden 2019 von der Deut-schen Bundesregierung aufgefordert, über einen On-line-Fragebogen Auskunft darüber zu erteilen, wie sie mit menschenrechtlichen Risiken entlang ihrer Wert-schöpfungsketten umgehen. Auch 2020 soll es eine entsprechende Erhebung geben.

    Warum? Weil sich Deutschland, wie viele andere Staa-ten auch, mit einem Nationalen Aktionspla