Das Maulwurfsherz pocht - Iris Schwaneberger

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24 Autorinnen und Autoren widmen sich in „Das Maulwurfherz pocht" einem schwierigen, aber leider zeitlosen und weltweiten Thema. Iris Schwaneberger hat als Herausgeberin dieser Lyrik-Anthologie Gedichte zusammengetragen, die von Leid und Schmerz, von Trauer und von der (sexuellen) Gewalt handeln, die Kinder angetan wurde. Ältere und jüngere AutorInnen kommen zu Wort, viele Frauen, einige Männer. Die Herausgeberin dieser Anthologie ist die 56-jährige Iris Schwaneberger, Mutter einer mittlerweile 14-jährigen Tochter. Diese wurde mit acht Jahren vergewaltigt und dabei fast ermordet. Über anderthalb Jahre saß die Neubrandenburgerin Iris Schwaneberger an dieser Anthologie, trug die Gedichte zusammen, erfasste sie, wählte sie aus. Sie schrieb selbst welche und versuchte ihren Zorn und ihrer Fassungslosigkeit in Worte zu fassen. Auch, um selbst zu überleben.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut-schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titelbild: Brigitte Gerger

Titel aus dem Gedicht ››Maulwurf‹‹ von Linni Lind.

Besonderer Dank an Dr. Gundula Engelhard und Dr. Jürgen Tremper.

1. Auflage 2010

ISBN: 978-3-86196-000-3Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Copyright (©) 2010 by TOMA-Edition ein Imprint von Papierfresserchens MTM-Verlag Kirchstraße 5, 88131 Bodolz, Deutschland

www.papierfresserchen.de [email protected]

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Gedichte an der Grenzeder Wahrnehmung

Das Maulwurfherz pocht

Iris Schwaneberger (Hrsg.)

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I.››Zuerst hatte er sich die / Adjektive weggesoffen‹‹

Marlene Geselle Heimweg Monika Miranowicz Schutzengel Christian Reiferth Wein Simone Edelberg Besuch der Zahnfee Salina Petra Thomas Ein neuer Tag Thomas Steiner Angst? doch, doch

II.››Eure Schläge machen / keine blauen Flecke‹‹

Kurt May Kinder, Kinder Ulrike Blatter Das Kind spricht Melanie Michels Erstens Ingeborg Brenne-Markner Kostümfest Kurt May Kinderstube

III.››Dieses Zimmer / hat keine Tür‹‹

Britta Avalon Kagels Das 13te Sternzeichen Monika J. Mannel Verlorene Kindheit Ulrike Bail die nacht Simone Edelberg Äquinoktium Kathrin Beckert Wenn die Nacht kommt Roland Greißl Verlorene Hände … Hanna Rein Erinnerung an eine SchülerinGabriele Reinhard jetzt

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IV.››leergeträumt‹‹

Leina Wald Flügelschlag Hans Brakhage Erinnere dich Robert Fellner leergeträumt Simone Edelberg Späte Reue?

V.››eine hauchdünne Scheibe / muss reichen‹‹

Sybille Baecker allein Kathrin Beckert Trauma Ingeborg Brenne-Markner Mobilmachung Norbert Rheindorf Abnehmender Mond Iris Schwaneberger Mein Mädchen

VI.››schattengrau lauern / noch Schwingen‹‹

Linni Lind windstill Thomas Steiner wir haben nie erfahren Linni Lind Zwielicht Iris Schwaneberger schwanz, los Norbert Rheindorf Pulverschnee Norbert Rheindorf Fenstergedicht Linni Lind Maulwurf

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Für

Laura

UteKikiRonjaA. M.JennyBeateClaraSandra…

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Vorliegende Anthologie ist nur am Rande und sehr un-merklich ein ästhetischer Genuss. Beinah jede Seite Lektüre schmerzt, man muss Atem holen und bittet heimlich darum, dass beim Umblättern das nächste Gedicht mehr verhüllt als es preis-gibt. Jedes dieser 35 Gedichte von insgesamt 24 Autorinnen und Autoren beschreibt Leid, unermessliches Leid, und zwar an den Menschen, bei denen man Leid am wenigsten ertragen kann: Es geht um Leid von Kindern verursacht durch verschiedene Arten übergriffiger Gewalt.

Die Herausgeberin hat über anderthalb Jahre an dieser Antho-logie gearbeitet, diese Gedichte über eine Ausschreibung zu-sammengetragen, erfasst und ausgewählt; sie ist selbst Autorin zweier Gedichte. Sie ist Mutter einer mittlerweile 14-jährigen Tochter, die vor sechs Jahren auf dem Nachhauseweg brutal ver-gewaltigt, misshandelt und fast erdrosselt wurde. Die Heraus-geberin hat diese Texte gesammelt, um ihrem Schmerz, ihrem heftigen Zorn und ihrer Fassungslosigkeit eine Gestalt zu geben und um zu überleben.

Für die Leser bedeutet die Lektüre der Texte eine Konfron-tation mit einem nach wie vor tabuisierten oder höchstens skan-dalisierten Thema und zwingt sie zu der Erkenntnis, dass man nicht aktiv wegsehen muss, um nichts zu sehen. In jeder Schul-klasse ist durchschnittlich eine Familie repräsentiert, in der sich schwere Misshandlungen ereignen, misshandelte Kinder werden nicht selten zu Tätern, aus der Gewaltspirale wird ein schwer zu durchbrechender Kreislauf.

Vorwort

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Fast alle der hier zu lesenden Gedichte zeichnen mit poeti-schen und eindringlichen Worten Gefühle von Ausweglosigkeit, Ausgeliefertsein, Ohnmacht und heftiger Angst. Sie vermitteln uns das Gefühl, dass möglicherweise neben uns sich ähnliche Dinge ereignen, sie beunruhigen, wühlen auf und fordern uns auf, mutiger zu sein und hinzuschauen.

Ingeborg Brenne-Marker schreibt in ihrem Gedicht ››Mobil-machung‹‹:

››Sieh nicht hin!‹‹, wisperte leise die Angst.››Es ist nicht wahr‹‹, log die Feigheit.››Du bist wehrlos‹‹, hauchte die Ohnmacht.››Welche Schande‹‹, flüsterte die Scham.Die Schuld aber zischte: ››Du bist nichts wert!‹‹…Das Größte aber war der Mut.››Schau genau hin!‹‹, forderte er.››Nimm es an, wie es ist!Es gehört zu dir!‹‹

Iris Schwaneberger will mit ihrer Anthologie dazu beitragen, dass die ausgeübte und erlittene Gewalt nicht nur zu den Op-fern gehört. Sie ist Teil von unserer Gesellschaft und von jedem einzelnen. Und das verlangt von uns allen zumindest Wahrneh-mung.

Barbara Bräutigam

Neubrandenburg, im Januar 2010

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I.

››Zuerst hatte er sich die / Adjektive weggesoffen‹‹

Christian Reiferth

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