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Das Mukoviszidose-Logbuch für Erwachsene

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DasMukoviszidose-Logbuch

für Erwachsene

Herausgeber: Chiesi GmbH, Hamburg

Projektagentur: CARE-LINE GmbH, Neuried

Projektleitung: Sven Timm (Chiesi GmbH)

Ute Behr (CARE-LINE GmbH)

Autoren: Dipl.-Soz.-päd. Gabriele Becker

RA Anja Bollmann

Sibylle Felt

Dr. Holger Köster

Dipl.-Psych. Christine Lehmann

Thomas Malenke

Dr. Carsten Schwarz

Layout/Satz: Carsten Klein

Bildnachweis: Medizinische Themen:

Grafik modifiziert nach Kuebi (Wikipedia: Autosomal-rezessiver Erbgang),

zuletzt aufgerufen am 01.06.2012, S. 1

Grafik modifiziert nach Seward Hung, S. 3 (http://carolguze.com)

fundacionio.org, S. 9 und S. 10

Pari GmbH, S. 11

Rob Byron (fotolia.de), S. 15

Psychosoziale Themen:

ccvision.de, S. 8, 12 und 16

A.R. (fotolia.de), S. 14

Gina Sanders (fotolia.de), S. 14, 16 und 18

Heike Janz, S. 15

ccvision.de, S. 16

Jeanette Dietl (fotolia.de), S. 22

Martina Milthaler, S. 24, 25

Illustrationen: Maren Amini

Druck: Simson Graphix GmbH, Hamburg

1. Auflage 2012, © Chiesi GmbH, Hamburg und CARE-LINE GmbH, Neuried

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der

Chiesi GmbH und der CARE-LINE GmbH

IMPRESSUM

1

Leitfaden

2

Ansprechpartner, Jahresplaner

3

Medizinisches Wörterbuch

4

Diagnosen und Befunde, Impfkalender

5

Tagebuch, Medikationsplan, Trainingsplan

6

Selbsthilfegruppen, Weblinks

7

CF-Einrichtungen Deutschland

8

CF-Einrichtungen Europa

9

Reha-Zentren

10

Physiotherapie

11

Informationen und Publikationsliste des Mukoviszidose e.V.

12

Platz für weitere persönliche Informationen

INHALT

Quelle: Internet

einleitung

Dieses Buch richtet sich sowohl an Erwachsene mit Mukoviszidose, bei denen die Diagnose gerade erst neu gestellt wurde, als auch an die, die bereits seit vielen Jahren mit der Diagnose leben und seit frühester Kindheit eine Dauertherapie durchführen.

In letzterem Fall, der viel wahrscheinlicher ist, wurde bereits in einem Alter, als Sie selbst noch Kind waren und die Zusammenhänge nicht ausreichend verstehen konnten, die Krankheit »Mukoviszidose« oder »Zystische Fibrose« (CF) bei Ihnen diagnostiziert und damals mit Ihren Eltern ausführlich besprochen. Sie haben sich darum gekümmert, dass Sie sich regelmäßig in der CF-Ambulanz vorstellen oder im Krankenhaus stationär behandelt werden, dass Sie Ihre notwendigen Medikamente verordnet bekommen und die Dauertherapie gewissenhaft durchführen. In den letzten Jahren haben Sie diese Aufgaben zunehmend selbst in die Hand genommen, auch wenn Sie die Unterstützung Ihrer Eltern trotzdem noch gerne in Anspruch nehmen.

Wahrscheinlich haben Ihre Eltern in der Vergangenheit auch wiederholt Anläufe unternommen, Ihnen das Krankheitsbild und die Notwendigkeit der Behandlungsmaßnahmen zu erklären. Eventuell haben Sie sich auch Informationen über CF aus Zeitschriften, Informationsbroschüren, Büchern oder aus dem Internet besorgt und sich mit anderen Betroffenen über das Krankheitsbild ausgetauscht.

Vielleicht gab es aber auch Phasen in Ihrem Leben, in denen Sie gar nichts von Ihrer Krankheit wissen wollten und CF-Belange ganz weit von sich weg geschoben haben. Das waren Momente, in denen Ihnen auch Ihre Eltern als Ratgeber nicht willkommen waren und Sie Ihr Wissen um die Krankheit und die Therapie vernachlässigt haben.

Möglicherweise haben Sie aber zwischenzeitlich festgestellt, dass Sie gerne mehr zur Mukoviszidose wissen möchten und dass Sie insbesondere gern weiterführende Informationen zur Krankheit im Erwachsenenalter bekommen würden. Oder es haben sich mit dem Erwachsenwerden neue Fragen ergeben, die Sie so noch nicht gestellt haben oder die vorher für Sie noch gar nicht aktuell waren.

Wir wollen versuchen, mit diesem Buch Informationslücken zu schließen und Ihnen die Besonderheiten der Mukoviszidose im Erwachsenenalter und die sich daraus für Sie ergebenen Konsequenzen näher zu bringen.

Ihre Chiesi GmbH

EINLEITUNG

1 Mukoviszidose – Ein Überblick

1.1 Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.2 Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.3 Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.4 Diagnosestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.5 Verlaufsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.6 CF-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Mikrobiologie und Hygiene

2.1 Erreger im Erwachsenenalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2 Hygiene-Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3 CF im Erwachsenenalter

3.1 Vorsorgeuntersuchungen bei Mukoviszidose . . . . . . . . 13

3.2 Bauchspeicheldrüse

Pankreasinsuffizienz und Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . 14

CF-Diabetes (CFRDM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3 Magen-Darm-Trakt

Stomatitis und Pilzinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Gastroösophagealer Reflux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Verstopfung und DIOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Kolitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Sonstige Darmerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.4 Lunge

Fortgeschrittene Lungenerkrankung . . . . . . . . . . . . . . . 18

ABPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Respiratorische Insuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Lungentransplantation (in Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.5 Leber/Galle

Schädigung der Galle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Schädigung der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Folgeerscheinungen für andere Organe . . . . . . . . . . . . . 25

Vorsorgeuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Vorbeugende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Behandlungsoptionen

bei Leber-/Galleproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Lebertransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.6 Niere

Verlauf und Folgen einer Nierenerkrankung . . . . . . . . . 26

Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Früherkennung, Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Nierensteine – Behandlung, Prophylaxe . . . . . . . . . . . . 27

3.7 Herz

Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

CF-spezifische Folgeerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Altersbedingte Erkrankungen des Herzens . . . . . . . . . . 29

3.8 Skelett

Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel . . . . . . . . . . . . . . 30

CF-Arthropathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Medikamenten-assoziierte Gelenkprobleme . . . . . . . . . 30

Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.9 Nasennebenhöhlen

Aufbau und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Erkrankungen der Nasennebenhöhlen . . . . . . . . . . . . . . 32

Therapieoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.10 Augen

Trockenes Auge, Konjunktivitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.11 Medikamenten-assoziierte Probleme

Unbedenkliche Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Nebenwirkungsreiche Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kortison . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Immunsuppressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3.12 Reproduktion und Sexualität

Medizinische Vorbedingungen beim Mann . . . . . . . . . . 38

Methoden zur Samengewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Künstliche Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Klärung der Genträgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Medizinische Vorbedingungen bei der Frau . . . . . . . . . 39

Zusätzliche CF-Vorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Fortführung der Basistherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Inhalt

Medizinische Themen

Inhalt

1 Junge Erwachsene

Der Weg in die Selbständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Zwischen Außenseiterrolle und Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Lebensplanung contra Leben auf der Überholspur . . . . . . . . . . 2

Der Umgang mit Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Exkurs: Späte CF-Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 Die Erkrankung kommunizieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

3 Bedeutung des sozialen Netzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

4 Gesundheit erhalten

4.1 Work-Life-Balance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

4.2 Aufbau und Pflege eines

Gesundheitsnetzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

4.3 Reha für Erwachsene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

4.4 Langfristige Lebensplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

5 Familienplanung

5.1 Kinderwunsch und Therapiemotivation . . . . . . . . . . . . 11

5.2 Gesundheitliche Risiken/

mit Energien haushalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

6 Berufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

6.1 Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . 13

6.2 Gleichstellung, Schwerbehinderung . . . . . . . . . . . . . . . . 13

6.3 Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . 14

6.4 (Teil-) Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

6.5 Grundsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

6.6 Leistungen aus der Pflegeversicherung . . . . . . . . . . . . 16

6.7 Widerspruch und Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

7 Gesundheitliche Entwicklung

7.1 Verschlechterung des Allgemeinzustands . . . . . . . . . . 19

7.2 Notwendige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

7.3 Versorgungssituation Alleinstehender . . . . . . . . . . . . . . 20

7.4 Thema Lungentransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

7.5 Umgang mit Sterben und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

7.6 Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . 22

8 Reisen mit CF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Inhalt

Psychosoziale Themen

1 Mukoviszidose – Ein Überblick1.1 GenetikMukoviszidose ist genetisch bedingt. Da der Gendefekt in allen Zellen des Körpers verankert ist, ist die Krankheit derzeit nicht heilbar.

Mukoviszidose wird unabhängig vom Geschlecht vererbt und tritt daher bei Männern und Frauen gleich oft in Er-scheinung. Mit einer Häufigkeit von 1:2.500, d. h. einem an CF erkrankten Kind auf ca. 2.500 Neugeborene, ist die Krankheit zwar insgesamt selten, aber doch eine der häufigsten schweren Erbkrankheiten.

Jedes Lebewesen hat einen doppelten Satz an Erbinfor-mationen (Genen), einen vom Vater, den anderen von der Mutter.

Autosomal-rezessiver Erbgang

VaterMutationsträger

MutterMutationsträgerin

gesundes Kind Mutationsträger Mutationsträger krankes Kind

Wahrscheinlichkeit 1:4 2:4 1:4

Beide Elternteile von Mukoviszidose-Betroffenen sind – in den meisten Fällen unwissentlich – Träger einer fehlerhaf-ten Erbanlage (Mutation), des sog. CFTR-Gens, die jeweils durch ein gesundes Gen ausgeglichen wird, sodass die El-tern gesund sind, während sich beim kranken Kind die bei-den krank machenden Mutationen der Eltern kombiniert haben. Diesen Erbgang bezeichnet man als autosomal-re-zessiv. Die Art der Mutationen an den beiden CFTR-Genen entscheidet darüber, ob die Krankheit einen »klassischen« oder einen »atypischen« bzw. milden Verlauf nimmt. Die häufigste in der europäischen Bevölkerung vorkommen-den Mutation, die sog. Delta-F-508-Mutation, ist, wenn

beide zusammenpassenden Gene (Allele) betroffen sind, mit einem typischen Verlauf der Mukoviszidose verbun-den. Trotzdem kann die Krankheitsschwere sehr variieren. Das hängt u. a. von individuellen Erbanlagen ab, aber auch von anderen Gegebenheiten, wie der Ansteckung mit bestimmten Krankheitserregern, der Entwicklung eines zusätzlichen Diabetes, der Gewichtssituation und natür-lich auch der Qualität der Dauertherapie.

Welchen Einfluss eine gute und regelmäßig durchgeführ-te Behandlung hat, kann man daran ermessen, dass die Lebensqualität und die Lebenserwartung der CF-Betrof-fenen mit den Fortschritten der Medizin in den letzten Jahrzehnten immens angestiegen sind.

1.2 PathophysiologieDie Folge des Gendefektes ist, dass ein wichtiger Körper-baustein, das CFTR-Protein, nicht oder nur fehlerhaft ge-bildet werden kann.

Seine Hauptfunktion besteht darin, den Salzgehalt von verschiedenen Körperflüssigkeiten, wie Schweiß und Drü-sensäften, zu regulieren. Ist das CFTR-Protein defekt, ist z. B. der Schweiß zu salzhaltig. Die Folge ist ein erhöhter Salzverlust über die Haut, der insbesondere bei starkem Schwitzen ausgeglichen werden muss. Man nutzt dieses Phänomen bei der Diagnosestellung, indem man beim sog. Schweißtest den Salzgehalt des Schweißes misst. Ist dieser zu hoch, ist eine Mukoviszidose sehr wahrschein-lich.

Bei anderen Körperdrüsen ist das Drüsensekret dagegen zu salzarm, enthält dadurch (»Salz bindet Feuchtigkeit«) auch zu wenig Wasser und wird zu zäh. Mukoviszidose heißt übersetzt »Krankheit mit zu zähem Schleim«. Je nachdem, welche Funktion das Drüsensekret hat, ergeben sich daraus unterschiedliche Probleme.

Die wichtigsten sind:

Der Saft der Bauchspeicheldrüse ist in seiner Zusam-mensetzung gestört. Die Folge ist eine schwere Verdau-ungsstörung und die Zerstörung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) selbst. Die festgestellten feingeweblichen Ver-änderungen im Pankreas in Form einer »zystischen Fib-rose« gaben der Krankheit ihren zweiten Namen, CF, der in anderen Ländern wesentlich gebräuchlicher ist. Die Be-troffenen müssen zeitlebens die fehlenden Verdauungs-enzyme durch die Einnahme von Enzymkapseln ersetzen.→ Kap. Bauchspeicheldrüse

1

Medizinische ThemenMukoviszidose – Ein Überblick

Die Gallenflüssigkeit hat eine veränderte Zusam-mensetzung. Besonders die Fettverdauung ist dadurch beeinträchtigt, vor allem, wenn auch die fehlende Lipase der Bauch speicheldrüse nicht ausreichend ersetzt wird. Es können sich Gallensteine bilden. Längerfristig kann sich eine chronische Leberschädigung (Leberzirrhose) entwickeln.→ Kap. Leber/Galle

In der Lunge hat der Schleim die wichtige Funktion, die Atemwege von eingeatmeten Keimen oder Schmutz-partikeln zu reinigen. Ist der Schleim zu zäh, bleibt er in den Atemwegen kleben, und die Reinigungsfunktion ist gestört. Bakterien und andere Krankheitserreger können sich in den Bronchien und der Lunge ausbreiten, was zu Bronchitis oder Lungenentzündung führen kann. Langfristig kommt es dadurch zur Aussackung der Bronchien (Bronchiekta-sen) und fortscheitenden Lungenschädigung mit Beein-trächtigung der Atemfunktion.→ Kap. Lunge

In den inneren Geschlechtsorganen ist ein normaler Schleim für die Wanderung von Eizelle und der Spermien wichtig. Weibliche CF-Patienten können prinzipiell schwan-ger werden, allerdings mit einer erhöhten Komplikations-rate, während männliche CF-Patienten in der Regel nicht auf natürlichem Wege Kinder zeugen können.→ Kap. Reproduktion und Sexualiät

1.3 SymptomeMukoviszidose ist eine lebenslange Erkrankung mit fort-schreitender Krankheitsschwere.

Bereits bei Geburt kann es durch zu zähen Darminhalt zum Darmverschluss, dem sog. Mekoniumileus, kommen.

Auch später sind CF-Betroffene gefährdet, ein vergleich-bares Krankheitsbild zu entwickeln, das sog. distale intes-tinale Obstruktionssyndrom (DIOS), das mit krampfarti-gen Bauchschmerzen und ausbleibender Stuhlentleerung verbunden ist. Behandelt wird diese CF-typische Notfall-situation mit oraler Flüssigkeitszufuhr in großen Mengen, stuhlaufweichenden Medikamenten und Einläufen.→ Kap. Magen-Darm-Trakt

Die Verdauungsstörung ist unbehandelt mit fehlendem Gedeihen im Kindesalter und drohendem Gewichts-verlust sowie Mangelerscheinungen in jedem Alter ver-bunden. Häufig bleiben CF-Patienten kleiner als der Altersdurchschnitt. Der Body-Mass-Index (BMI) liegt im Vergleich niedriger als bei der Normalbevölkerung. Dies macht sich aufgrund des fortschreitenden Verlaufs der CF

meist erst im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter be-merkbar. Aufgrund des Enzymmangels kommt es häufig zu Blähungen mit Bauchschmerzen und schmerzhaften Entleerungen voluminöser, übelriechender Stühle. → Kap. Magen-Darm-Trakt

Es können auch Mangelerscheinungen auftreten, z. B. an Eisen mit nachfolgender Blutarmut, an Vitamin D und Kal-zium mit Knochenerweichung (Rachitis) oder Knochen-schwund (Osteoporose), an Vitamin A mit Sehstörungen sowie an Vitamin K mit Blutungsneigung. Nicht selten können sich Gallensteine ausbilden, die sich durch kolik-artige Schmerzen bemerkbar machen. → Kap. Skelett → Augen → Leber/Galle

Eine Besonderheit bei Mukoviszidose ist der gesteigerte Stoffwechsel, der nicht nur eine erhöhte Kalorienzufuhr notwendig macht, sondern auch eine höhere Dosierung von Medikamenten, z. B. von Antibiotika, erfordert.

Bei etwa einem Drittel der Erwachsenen mit CF entwi-ckelt sich eine besondere Form der Zuckerkrankheit, der CF-Diabetes (CFRDM). Dieser wird mit zuckersenkenden Tabletten oder mit Insulin behandelt.→ Kap. Bauchspeicheldrüse

Typische Symptome der Lungenerkrankung sind ein zä-her, festsitzender Husten, eine wiederkehrende oder dau-erhaft bestehende Verengung der Atemwege mit Atemnot und eingeschränkter körperlicher Belastbarkeit sowie eine Neigung zu schweren Infektionen bis hin zur Lungenent-zündung. Üblicherweise kann wiederholt viel zäher, eitriger Schleim abgehustet werden, vor allem in den Morgen-stunden oder nach Bewegung. → Kap. Lunge

Als Komplikation der Verstopfung der Atemwege mit zä-hem Schleim kann ein schlecht belüfteter Abschnitt der

2

Medizinische ThemenMukoviszidose – Ein Überblick

CFTR-Defekt normal I II III IV V

CFTR-Protein

Folge des Gendefektes

Synthese-defekte des

CFTR-Proteins

Reifungs-störungen des CFTR-Proteins

Regulations- störungen des CFTR-Proteins

Leitfähigkeits- störungen des CFTR-Proteins

Verminderte Synthese oder

verstärkter Abbau des

CFTR-Proteins

Häufigste Mutationen

G542X, R553X

F508 G551DR117H, R347P

A445E

Siehe Seite 4 – b) Genuntersuchung

Lunge auch in sich zusammenfallen (Atelektase) oder Lungenbläschen können platzen (Pneumothorax). Bei et-wa der Hälfte der erwachsenen CF-Patienten kommt es zu Bluthusten durch Zerreißen kleiner Blutgefäße in den Atemwegen. Ein Blutsturz (Abhusten größerer Mengen von Blut) ist selten. Insgesamt treten die genannten Not-fälle der Atemorgane bei CF relativ selten auf, erfordern aber rasches ärztliches Handeln.→ Kap. Lunge

Neben den unteren Atemwegen sind meist auch Nase und Nebenhöhlen mit betroffen. Neben einem eitrigen Dauer-schnupfen kann sich auch eine chronische Nebenhöhlen-entzündung mit in den Nasengang wuchernden Polypen ausbilden. Diese machen sich durch eine dauerhaft ver-legte Nasenatmung, Stirnkopfschmerzen und Einschrän-kungen des Geruchssinns bemerkbar.→ Kap. Nasennebenhöhlen

Spätfolgen der chronischen Lungeninfektion und der hochdosierten Medikamentenbehandlungen, zu denen es bei Mukoviszidose leider keine Alternative gibt, kann eine chronische Nierenschädigung in Form einer Amyloidose oder eines zunehmenden Nierenversagens sein. Diese Komplikationen sieht man meist erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium im Erwachsenenalter.→ Kap. Niere

1.4 DiagnosestellungDa es in Deutschland bisher kein flächendeckend einge-setztes Früherkennungssystem (Neugeborenen-Scree-ning) gibt, wurde in der Vergangenheit die Diagnose oft erst im Verlauf der Kindheit, z. T. sogar erst im Erwachse-nenalter gestellt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Krankheitsdiagno-se bei Verdacht zu sichern. Die wichtigsten Verfahren sind: der Schweißtest, die Genuntersuchung und Elektrophysio-logische Verfahren.

Jede Methodik hat ihre Stärken und Schwächen.

a) Schweißtest

Die preiswerteste, am einfachsten durchzuführende und daher als »Goldstandard« geltende Diagnosemethode ist nach wie vor der Schweißtest. Dabei wird der Salzgehalt des Schweißes ermittelt, der bei Mukoviszidose typischer-weise erhöht ist. Der Test ist allerdings störanfällig. Daher sind zur sicheren Diagnosestellung manchmal mehrere Messungen notwendig. Erwachsene weisen grundsätzlich höhere Salzkonzentrationen im Schweiß auf. Bei typi-schen Symptomen der Krankheit und eindeutig erhöhten Salz- bzw. Chlorid-Werten kann die Diagnose aber als ge-sichert gelten.

3

b) Genuntersuchung

Bei der molekulargenetischen Untersuchung wird geprüft, ob sich Mutationen am CFTR-Gen finden lassen. Beim Nachweis zweier Mutationen oder zweimal derselben Mu-tation, z. B. der Delta-F-508-Mutation, gilt die Krankheit als bewiesen. Da aber nicht alle krankmachenden Mutationen bekannt sind – zurzeit sind ca. 90 Prozent identifiziert – andererseits mit gängigen Labortests nur die 25 bis 35 häufigsten (von mehr als 1.900 bekannten) Mutationen untersucht werden können, lässt sich die Krankheit, v. a. bei einem relativ milden Verlauf, mit dem Gentest nicht mit Sicherheit diagnostizieren.

Eine genetische Untersuchung wird aber in der Regel durchgeführt, einerseits da sie eine Abschätzung der zu erwartenden Krankheitsschwere erlaubt, andererseits weil sie neuerdings auch für die Behandlung mit neuen Medi-kamenten von Bedeutung geworden ist, die speziell auf bestimmte Mutationen (z. B. G551D) zugeschnitten sind.

c) Elektrophysiologische Verfahren

Zu den elektrophysiologischen Messmethoden zählen die nasale Potentialdifferenzmessung (nPD) und die intestina-le Kurzschlussstrommessung (ICM). Bei ersterer werden am Patienten selbst über einen in die Nase eingeführten kleinen Schlauch die elektrischen Ströme an der Nasen-schleimhaut gemessen. Dies ermöglicht eine Aussage über die Funktion des CFTR. Ähnliches gilt für die intesti-nale Kurzschlussstrommessung, bei der ein kleines Stück Schleimhaut aus dem Enddarm entnommen wird, das dann in einer speziellen Messkammer untersucht wird.

Diese schmerzfreien Methoden erlauben relativ sicher Diagnosestellung oder Ausschluss einer Mukoviszidose, sind allerdings aufwendig und daher nur wenigen Zentren vorbehalten.

1.5 VerlaufsdiagnostikSteht die Diagnose fest, werden im Verlauf der Erkran-kung in regelmäßigen Abständen verschiedene Routine-untersuchungen durchgeführt. Diese sind notwendig, um einerseits festzustellen, wie weit der Krankheitsverlauf fortgeschritten ist und welche Organe besonders betrof-fen sind und andererseits, um Komplikationen rechtzeitig erkennen und die Therapie optimal steuern zu können. Idealerweise erfolgen die Untersuchungen, ohne die eine optimale Behandlung nicht denkbar wäre, in vierteljähr-lichen Abständen.

• Die Krankheitsschwere und der allgemeine Verlauflassen sich mit den Angaben der Patienten zum zwi-schenzeitlichen Verlauf (Anamnese), mit einer körper-lichen Untersuchung sowie Messungen von Größe und Gewicht erfassen. Daraus lässt sich der Body-Mass-Index errechnen, mit dem der Ernährungszustand be-urteilt werden kann.

• Zur Beurteilung der Lungensituation werden regel-mäßig Lungenfunktionsmessungen und eine Pulsoxy-metrie (Bestimmung der Sauerstoffsättigung im Blut) durchgeführt, seltener oder wenn erforderlich, auch Röntgenuntersuchungen der Lunge sowie Blutgasana-lysen. Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium ist eine Mituntersuchung des Herzens mittels EKG (Echokardi-ographie) und Ultraschall notwendig. Die Leistungsfä-higkeit der Betroffenen kann mit einem Gehtest oder einer Ergospirometrie abgeschätzt werden.

→ Kap. Lunge → Herz

• AlsEntscheidungshilfefürdieBehandlungmitAntibioti-ka sind regelmäßige mikrobiologische Untersuchun-gen erforderlich: Idealerweise werden dazu Sputum, d. h. abgehusteter Schleim, alternativ ein tiefer Rachen-abstrich oder bronchoskopisch gewonnene Spülflüssig-keit (Lavage) auf Bakterien, Pilze und andere Krank-heitserreger untersucht. Nicht nur die Behandlung, sondern auch das Ausmaß und die Art hygienischer Vorkehrungen hängen davon ab.

→ Kap. Lunge

4

Medizinische ThemenMukoviszidose – Ein Überblick

• UmfrühzeitigeineZuckerkrankheit (CFRDM)zuent-decken, die unbehandelt einen ungünstigen Verlauf der Mukoviszidose zur Folge hat, sollte auch regelmä-ßig, z. B. jährlich, ein Zuckerbelastungstest (oGTT = oraler Glucosetoleranztest) durchgeführt werden.

→ Kap. Bauchspeicheldrüse

• Eine Ultraschalluntersuchung des Bauches er-möglicht Aussagen über die Leber (vergrößert, Fett-leber, Leberzirrhose), die Gallenwege (Gallenstau, Gal-lensteine), über die Bauchspeicheldrüse (degenerative Veränderungen bei chronischer Pankreasinsuffizienz, akute Entzündungszeichen bei noch funktionsfähigem Pankreas) und des Darms (Darmwandentzündung, drohender Darmverschluss, DIOS).

→ Kap. Leber/Galle → Bauchspeicheldrüse → Magen-Darm-Trakt

• In Blutkontrollen wird nach Entzündungszeichen (Ausmaß der Lungeninfektion), nach Allergien (z. B. Schimmelallergie), nach einer Leberbeteiligung sowie nach der Funktion von Niere und Bauchspeicheldrü-se geschaut. Die Bestimmung verschiedener Vitamine und Spurenelemente bzw. damit verbundener Stoff-wechselwerte erlaubt es, Mangelzustände zu erfas-sen. Mit der Messung von Wirkstoffspiegeln im Blut (z. B. Tobramycinspiegel bei der i.v.-Therapie) kann die Dosierung der Medikamente gesteuert werden.

→ Kap. Lunge → Leber/Galle → Niere → Bauchspeicheldrüse

• WiederholteKnochendichtemessungen ab dem Ju-gendlichenalter mittels Röntgenverfahren (DXA, Q-CT) sind wünschenswert, um Knochenschwund (Osteopo-rose) frühzeitig erkennen und behandeln zu können, sind aber nicht überall in gleichem Umfang verfügbar.

→ Kap. Skelett

Während einige Untersuchungen wie Größe, Gewicht, Lungenfunktion, Sputum und Sauerstoffsättigung unab-hängig vom Verlauf routinemäßig, idealerweise bei jeder Vorstellung in der CF-Behandlungseinrichtung oder auch öfter, durchgeführt werden, erfolgen andere in größeren Abständen, z. B. jährlich, oder in Abhängigkeit vom Bedarf und von den Vorergebnissen.

1.6 CF-Therapie

Grundsätzlich haben alle Behandlungsmaßnahmen bei Mukoviszidose folgende Ziele:

a) den aktuellen Gesundheitszustand zu erhalten (vorbeugende Dauertherapie)

b) eingetretene gesundheitliche Verschlechterungen, z. B. sog. infektbedingte Exazerbationen, wieder zu verbessern bzw. rückgängig zu machen (interventionelle Therapie)

c) mit der Krankheit verbundene und den Krankheitsverlauf erschwerende Sonderprobleme, z. B. einen CF-Diabetes, zu kontrollieren

d) akute, möglicherweise lebensbedrohliche Komplikationen, z. B. einen Darmverschluss, notfallmäßig zu behandeln

Dabei ist unverzichtbar, dass Mukoviszidose-Betroffene in einem Behandlungsnetzwerk betreut werden.

Dazu gehören neben dem wohnortnahen Haus- oder Lungenfacharzt vor allem eine regionale CF-Ambulanz, je nach Bedarf auch andere Fachärzte (z. B. Gynäkologe, HNO-Arzt, Chirurg), die Physiotherapiepraxis, eine Ernäh-rungsberatung, eine kooperative Apotheke und bedarfsab-hängig andere medizinische Versorger, z. B. Sauerstoffver-sorger oder ein PEG-Sondenservice (PEG = percutane endoskopische Gastrostomie). Nicht zuletzt spielen die Kostenträger, d. h. Krankenkassen, Rentenversicherungs-anstalten, Versorgungsämter etc. eine erhebliche Rolle für die Versorgungsqualität.

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Die Mitbehandlung in einer speziellen Einrichtung für Mu-koviszidose hat sich in der Vergangenheit als günstig und wichtig für den Krankheitsverlauf, die Langzeitprognose und die Lebensqualität der Patienten erwiesen. Im CF-Zentrum haben die Behandler durch den täglichen Um-gang mit der Erkrankung die notwendige Expertise bei der Therapie dieser komplexen Multiorganerkrankung. Das ist auch deshalb möglich, weil hier meist mehrere ärztliche Fachgruppen und Behandler unterschiedlicher Berufs-gruppen in einem »CF-Team« zusammenarbeiten. Dazu gehören neben den Ärzten das Pflegepersonal, mancher-orts sogar eine spezialisierte »CF-Schwester«, die Physio-therapeuten, eine Ernährungsberatung, der psychosoziale Dienst und andere Facheinrichtungen.

Die Dauertherapie bei Mukoviszidose wird direkt nach Di-agnosestellung begonnen und ist lebenslang notwendig. Sie hat, wie bereits erwähnt, vor allem das Ziel, den Ge-sundheitszustand der Betroffenen im Allgemeinen sowie die Gewichtssituation und Lungenfunktion im Speziellen möglichst lange zu erhalten und damit die Lebensquali-tät und Lebenserwartung der Betroffenen zu verbessern. Dazu muss die Behandlung konsequent und regelmäßig durchgeführt werden.

Diese Basistherapie beinhaltet ein Paket verschiedener Maßnahmen:

a) Optimierung von Ernährungsstatus und Gewichtssitu-ation

b) Verbesserung der Bronchialreinigung und der Lungen-funktion

c) Vorbeugung und Bekämpfung bakterieller Infektionen

a) Ernährungsstatus und Gewichtssituation

Die Gewichtssituation hängt mit der Lungenfunktion eng zusammen und steht in Wechselbeziehung zu ihr.

Bei Untergewicht verschlechtert sich häufig die Lungen-funktion, umgekehrt kommt es oft bei Einschränkungen der Lungenfunktion zu Untergewicht, sodass ein Teu-felskreis entstehen kann. Ein normales Gewicht ist daher wichtig. Regelmäßige Gewichtskontrollen und Ernährungs-beratungen gehören bei CF dazu.→ Kap. Lunge

CF-Betroffene sollten sich auch bei normalem Gewicht hochkalorisch ernähren. Da Fett der beste Kalorienträger ist, wird vor allem eine fettreiche Nahrung empfohlen. Da andererseits aufgrund der fehlenden Pankreasenzyme

insbesondere die Fettverdauung gestört ist, ist gleichzei-tig auf eine ausreichende Enzymdosierung zu achten, die dem Fettgehalt der Nahrung angepasst ist und nach Li-pase-Einheiten pro Gramm Nahrungsfett berechnet wird. Die richtige Einnahme der Enzyme ist für ihre optimale Wirkung unverzichtbar. → Kap. Bauchspeicheldrüse

Oft wird bei CF-Patienten zu viel Säure im Magen gebildet, was zu Refluxbeschwerden, z. B. Sodbrennen, führen kann sowie die Enzymwirkung im Darm beeinträchtigt. Daher ist oft die Einnahme eines Säureblockers in der Dauertherapie notwendig und hilfreich. Auch die Gallenflüssigkeit ist an der Fettverdauung beteiligt. Sie ist bei CF häufig krankhaft verändert und kann zu Leberproblemen führen. Es kann daher auch die Einnahme von Bärengallensäure (Ursode-oxycholsäure, UDCA) erforderlich sein, um Leberfunktion und Fettverdauung zu optimieren.→ Kap. Magen-Darm-Trakt → Leber, Galle

Auch bei optimaler Ernährung droht bei CF ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen (Vitamine A, D, E, K), an Spu-renelementen (Eisen, Zink, Selen) und an Calcium mit entsprechenden Folgeerscheinungen. Es gibt hierzu kei-ne einheitlichen Empfehlungen, die meisten Behandler raten jedoch zu regelmäßiger Einnahme von Nahrungs-ergänzungsmitteln. In diesem Bereich können allerdings Probleme bei der Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen auftreten.Reicht eine »normale« Ernährung nicht aus, um das Ge-wicht stabil zu halten, empfiehlt sich das tägliche Trinken

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Medizinische ThemenMukoviszidose – Ein Überblick

hochkalorischer Zusatz-Flüssignahrungen. Bei deutlichem Untergewicht kann es notwendig werden, nachts über eine sog. perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) direkt durch die Bauchwand in den Magen gelegte Magensonde Flüssignahrung mit einer Pumpe in den Magen einlaufen zu lassen.Eine gute Gewichtssituation ist bei schwer erkrankten CF-Betroffenen auch im Hinblick auf eine spätere Lungen-transplantation wichtig.

b) Bronchialreinigung und Lungenfunktion

Wichtiger Teil der Lungentherapie ist die Unterstützung des Herausbringens und Abhustens von Schleim aus den Atemwegen (Expektoration).

Hierzu kann man durch regelmäßige Feuchtinhalatio-nen mit Schleim verflüssigenden Medikamenten wie hy-pertoner (konzentrierter) Kochsalzlösung, Acetylcystein oder eines gentechnisch hergestellten Enzympräparates (RhDNAse) versuchen, den Schleim fließfähiger zu ma-chen. Auch die Inhalation von bronchialerweiternden Medikamenten, entweder als Feuchtinhalation, alternativ auch als Spray oder Pulver, gehört zur Standardtherapie.

Mittels Atemgymnastik und speziellen Drainagetechniken, wie der autogenen Drainage, kann die Sekret-Expektorati-on zusätzlich verbessert werden. Dabei kommen, je nach individueller Wirksamkeit und Neigung der Betroffenen, auch Physiotherapie-Hilfsmittel wie das PEP®-System, der VRP1

®-Flutter oder das RC-Cornet® zum Einsatz.

Alles, was der Brustkorbbeweglichkeit dient, wie auch the-rapeutische Lagerungen, Thoraxmobilisation, Muskel- und Konditionstraining sowie sportliche Aktivitäten jeglicher Art, v. a. Ausdauersportarten, steigert die Belastbarkeit und Funktion der Atemwege und der Lunge und trägt zur Verbesserung des Gesamtbefindens und der Langzeitpro-gnose bei.

Dieser Teil der Dauertherapie – Inhalationen und Atem-gymnastik – sind in ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschät-zen, obwohl sie wegen des damit verbundenen Zeit-aufwands oft nicht beliebt sind und dementsprechend vernachlässigt werden.

c) Infektionsverhütung und -bekämpfung

Da die Lunge langfristig durch im zähen Schleim angesie-delte Krankheitserreger zerstört wird, kommt der Infek-tionsverhütung und -bekämpfung eine wichtige Aufgabe zu.

Hygienemaßnahmen dienen dazu, dass die Atemwege möglichst gar nicht erst in Kontakt mit den bei CF gefähr-lichen Krankheitserregern kommen. Auf entsprechende Vorkehrungen oder Schutzmaßnahmen wird im Kapitel »Mikrobiologie und Hygiene« noch konkreter eingegan-gen.

Trotzdem lässt sich nicht verhindern, dass die Atemwege immer wieder mit Krankheitserregern in Kontakt kom-men. Man sollte daher die Möglichkeit nutzen, sich durch Impfungen zu schützen. Dies gilt für verschiedene Bakte-rien, wie Hämophilus influenzae, Keuchhusten (Pertussis) oder Streptokokkus pneumoniae (Pneumokokken), aber auch für Viren, wie die der klassischen Grippe (Influenza). Während andere Impfungen nach einem bestimmten Zeit-plan verabreicht bzw. wieder aufgefrischt werden, ist die Grippeschutzimpfung jährlich im Herbst (vor der nächsten Grippesaison) notwendig.

Gegen die meisten bakteriellen Keime, die bei CF Proble-me bereiten, gibt es aber leider keine Schutzimpfungen. Hier hat sich in unzähligen Studien und Einzelfällen eine hochdosierte Behandlung mit Antibiotika bewährt. Heut-zutage steht eine Vielzahl an antibakteriellen Präparaten in unterschiedlichen Darreichungsformen (oral, intravenös, inhalativ) zur Verfügung. Welche Medikamente in wel-cher Form, wie lange, wie hoch dosiert und in welcher Kombination eingesetzt werden, hängt von der Krank-heitsschwere, den aktuellen Krankheitssymptomen sowie den nachgewiesenen oder vermuteten Erregern und der

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Resistenzlage der Keime ab. So lassen sich z. B. Staphy-lokokken und Haemophiluserreger gut auf oralem Wege, Pseudomonaskeime dagegen besser durch eine intrave-nöse Antibiotikumtherapie (i.v.-Therapie) oder durch Anti-biotikainhalationen behandeln.

Darüber hinaus gibt es Unterschiede der konkreten Be-handlungsempfehlungen zwischen verschiedenen CF-Zen-tren. Manche empfehlen routinemäßig eine orale und/oder inhalative Dauertherapie mit Antibiotika und bei akuter Verschlechterung auch eine zeitlich begrenzte i.v.-Thera-pie. Andere favorisieren regelmäßige i.v.-Therapien, unab-hängig vom Erkrankungszustand. Beide Seiten haben gute Argumente für ihr Vorgehen.

Schwierig wird das Vorgehen bei multiresistenten Pro-blemkeimen, die auf die meisten Antibiotika nicht mehr ansprechen, Pilzinfektionen oder tuberkuloseartigen Krankheitserregern. Dann ist oft ein Ausweichen auf nebenwirkungsreichere Reservemedikamente, spezielle Pilzmittel oder Tuberkulose-Medikamente notwendig.

Prinzipiell lässt sich sagen, dass Antibiotika bei CF relativ großzügig eingesetzt werden. Auch primär virusbedingte Atemwegsinfektionen, wie Erkältung oder Grippe, werden, da sie die Infektion mit Eiterbakterien begünstigen können, immer mit Antibiotika für mehrere Wochen behandelt, insbesondere, wenn sie mit hohem Fieber, produktivem Husten oder Schleimauswurf, Ent-zündungszeichen im Blut und Auffälligkeiten im Lungen-Röntgenbild verbunden sind.

Aufgrund der Stoffwechselbesonderheiten bei CF sind für viele Antibiotika höhere Dosierungen als bei nicht von CF-Betroffenen erforderlich, um einen ausreichenden Wirk-spiegel im Blut und Bronchialschleim zu erreichen. In der Regel wird auch eine längere Behandlungsdauer als üblich empfohlen (mindestens 2 Wochen). Wundern Sie sich al-so nicht, wenn sowohl Dosierung als auch Behandlungs-dauer vom Beipackzettel abweichen. Manchmal entsteht diesbezüglich auch bei Apotheken Klärungsbedarf.

Oft trifft man gegenüber der antibiotischen Behandlung als »schwere Geschütze« der Schulmedizin auf Vorbe-halte. Antibiotika sind tatsächlich sehr wirkungsvolle Mittel zur Bekämpfung von Bakterien, schaden aber dem menschlichen Organismus nur wenig. Verglichen mit dem Behandlungswert handelt es sich dabei um eine relativ ne-benwirkungsarme Medikamentengruppe. Gängig, aber be-herrschbar können Magen-Darmprobleme (Bauchschmer-zen, Durchfall), Pilzprobleme (an den Mundschleimhäuten

oder im Genitalbereich) oder Allergien sein.→ Kap. Medikamenten-assoziierte Probleme

Die Wirkung auf einen bestimmten Erreger kann zwar nachlassen, man spricht dann von der sog. Resistenz des Erregers gegenüber dem Antibiotikum. Durch regelmäßige Sputum-Untersuchungen lassen sich Resistenzentwick-lungen jedoch erkennen. Man kann dann ein Präparat durch ein anderes, noch gut wirksames ersetzen. Um der Entwicklung von resistenten Keimen vorzubeugen, werden häufig, z. B. bei der i.v.-Therapie, zwei Antibiotika mitein-ander kombiniert. Selten sprechen die Erreger überhaupt nicht auf das Antibiotikum an, sodass auch bei nachgewie-sener Resistenz die Behandlung mit diesem Medikament – vor allem in Kombination – weiterhin sinnvoll sein kann.

Antibiotika sind eine wichtige Lebensversicherung für Be-troffene mit CF. Im Hinblick auf banale Infekte, bei denen man sonst mit Antibiotika zurückhaltend ist, gelten für CF-Kranke andere Maßstäbe als bei Lungengesunden.

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Medizinische ThemenMukoviszidose – Ein Überblick

2 Mikrobiologie und Hygiene2.1 Erreger im ErwachsenenalterHauptproblem der Mukoviszidose ist die fortschreitende Schädigung der Lunge durch Krankheitserreger.

Bei der chronischen Infektion spielen folgende Erreger ein Hauptrolle:

• Staphylococcus aureus: in allen Altersgruppen, Eitererreger

• Pseudomonas aeruginosa: im Erwachsenenalter bei über 80 Prozent der Patienten, chronischer Eitererreger

• Aspergillus fumigatus: ab Schulalter gehäuft auftretender Pilz

• Burkholderia cepacia: bisher glücklicherweise in Deutschland relativ seltener Problemkeim

• MRSA (multiresistenter Staphylococcus aureus) und MRPA (multiresistente Pseudomonas aeruginosa): zunehmende Häufigkeit im Erwachsenenalter, multiresistente Problemkeime

Bei der Bekämpfung der chronischen Lungeninfektion gibt es mehrere Interventionsebenen:

a) Vorbeugung der Infektion: Vermeidung des Kontak-tes mit den Erregern durch Hygienemaßnahmen

b) Frühtherapie bei erstem Nachweis: Verhinderung des Übergangs in eine chronische Infektion durch Ver-such einer Ausmerzung der Bakterien (Eradikations-therapie)

c) Dauertherapie: Unterdrückung der bereits erfolgten chronischen Infektion mit Krankheitserregern durch regelmäßige Behandlung (z. B. oral, inhalativ oder mit regelmäßigen i.v.-Zyklen)

d) Akutbehandlung: Zeitlich begrenzte Intensivierung der keimreduzierenden Therapie bei infektbedingter Krankheitsverschlechterung (Exazerbation)

In diesem Abschnitt soll es vor allem um die Vorbeugung gehen. Dies bedeutet, dass man schon den Kontakt zu den Keimen zu vermeiden oder wenigstens auf ein Min-destmaß zu reduzieren versucht. Dazu ist es hilfreich, die Eigenschaften der Keime zu kennen.

Normal sensible Staphylokokken (Staphylococcus aureus, SA) treten überall auf und sind häufig auch bei Gesunden wenig schädliche Begleiter der normalen Bak-terienflora in den Atemwegen.

Ihr Vorkommen lässt sich durch Hygienemaßnahmen nicht wesentlich beeinflussen. Man konzentriert sich stattdessen auf eine antibiotische Behandlung bei Erre-gernachweis oder einer Exazerbation. Der Nachweis von »normalen« Staphylokokken erfordert keine besonderen Hygienemaßnahmen.

Ganz anders stellt sich die Situation beim oxacillinresis-tenten Staphylococcus aureus (ORSA) bzw. methicillin-resistenten oder multiresistenten SA (MRSA) dar.

Diese gelten als Problemkeime, da sie einerseits mit schlechteren Krankheitsverläufen der CF assoziiert sind, andererseits durch das fehlende Ansprechen auf Antibio-tika schwerer zu behandeln sind. Man möchte daher eine Übertragung unbedingt verhindern, sodass bei Nachweis dieser Problemkeime strenge Hygienevorkehrungen not-wendig werden:

1) Behandlung in von anderen Patienten getrennten Räu-men und evtl. auch mit gesonderten Geräten

2) bei Betroffenen: besondere Behandlungszeiten und Hygienemaßnahmen wie Mundschutz

3) beim Personal: Mundschutz, Handschuhe und Schutz-kittel

Wurde einmal der Erreger nachgewiesen, gilt der Betrof-fene für ein Jahr nach dem letzten Keimnachweis als »po-sitiv«, d. h. mit dem Erreger besiedelt, und kann danach erst bei wiederholt »negativen« Befunden als MRSA-frei deklariert werden.

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Medizinische ThemenMikrobiologie und Hygiene

Pseudomonas aeruginosa ist ein Feuchtkeim, der übli-cherweise aus Umweltquellen erworben wird.

Da eine chronische Infektion mit diesem Erreger als un-günstig für den CF-Verlauf gilt, die meisten Patienten je-doch irgendwann chronisch mit diesem Keim infiziert sind, ist das Hauptziel der Behandlungsmaßnahmen, eine Dau-erinfektion möglichst lange hinauszuzögern. Alle Situati-onen, in denen bakterienhaltige Nebel (Aerosole) entste-hen, die potentiell über Einatmen die Atemwege infizieren können, sollten gemieden werden. Dies gilt insbesondere für den Sanitärbereich und für medizinische Behandlun-gen. Da die Keime unterschiedlich aggressiv sein können, empfiehlt sich eine Fortsetzung der Schutzmaßnahmen auch dann, wenn man schon mit Pseudomonas aerugino-sa besiedelt bzw. chronisch infiziert ist. Die Übertragungs-möglichkeit von Patient zu Patient ist gering, allerdings gibt es Berichte zu Keimübertragungen in medizinischen Behandlungseinrichtungen und bei langem Kontakt von Betroffenen untereinander, z. B. in Feriencamps.

Burkholderia cepacia. Unter diesem Begriff wird eine ganze Keimgruppe zusammengefasst, die als besonders gefährlich bei Mukoviszidose gilt.

Die Keime sind deutlich leichter von Patient zu Pati-ent übertragbar als andere und können mit akuten und schweren Krankheitsverläufen (Cepacia-Syndrom) ver-bunden sein. Darüber hinaus sind sie typischerweise ge-gen die meisten gängigen Antibiotika resistent und daher schwerer zu behandeln.

2.2 Hygiene-ImplikationenUm das Infektionsrisiko zu minimieren, werden folgende Vorkehrungen zur Prävention empfohlen:

Badezimmer und Toilette

In Abflussrohren halten sich nachgewiesenermaßen oft Pseudomonaden auf. Trifft beim Waschen, Duschen oder beim Toilettenspülen der Wasserstrahl direkt in die Abfluss- öffnung, können keimhaltige Nebel (Aerosole) aufsteigen. Daher ist ein Waschbecken mit verlängertem Wasserhahn (Strahl trifft nicht direkt in den Abfluss) und ohne Über-lauföffnung sinnvoll.

Ein Sieb über der Abflussöffnung hilft, aufgewirbelte Was-sertröpfchen aus dem Siphon zurückzuhalten.

Fachleute raten auch, vor dem Zähneputzen, Waschen oder Duschen für mehrere Minuten heißes Wasser laufen zu lassen, um so die Bakterienzahl im Siphon zu reduzie-ren.

Eine chemische Desinfektion des Abflusses wird aus Um-weltgesichtspunkten abgelehnt. Es werden jedoch speziel-le Heizapparaturen zur Abtötung der Keime im Abflussrohr angeboten. Toilettenspülungen sollten bei geschlossenem Deckel vorgenommen werden.

Luftbefeuchter

Von Luftbefeuchtern ist prinzipiell abzuraten, da sie ein hohes Risiko der bakteriellen Kontamination bergen. Kli-mageräte, auch im Auto, entziehen der Luft die Feuchtig-keit und sind daher als eher unproblematisch anzusehen. Allerdings müssen die antibakteriellen Filter regelmäßig erneuert werden.

Schwimmbad

Auch in der Nähe von Whirlpools, in Dampfbädern oder bepflanzten Badelandschaften entstehen bakterienhaltige Nebel, die von CF-Betroffenen gemieden werden sollten. Dagegen wird das Baden in gechlorten oder meerwasser-haltigen Schwimmbädern, im Freibad, in offenen (auch stehenden!) Gewässern oder am Meer als unbedenklich angesehen. Unter sporttherapeutischen Gesichtspunkten ist Schwimmen sogar generell zu empfehlen. Das Ver-schlucken möglicherweise bakterienhaltigen Wassers ist unproblematisch, da verschluckte Keime sofort im Magen unschädlich gemacht werden.

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Medizinische ThemenMikrobiologie und Hygiene

Feuchtinhalation

Ein schlecht gereinigter Vernebler von Feuchtinhalatoren birgt ein hohes Risiko für eine Infektion mit potentiell ge-fährlichen Erregern. Die sorgfältige Reinigung des Inhalati-onsgerätes ist daher ein absolutes Muss! Vor der Zuberei-tung der Inhalation sind die Hände gründlich zu waschen. Nur frisch geöffnete und sterile Inhalationslösungen sind zu verwenden. Nach dem Inhalieren muss die Vernebler-einheit vollständig zerlegt, die Teile gut durchgespült und ausreichend (mindestens 4 Stunden) getrocknet werden. Anschließend sollten die Teile trocken gelagert (z. B. im Geschirrhandtuch) und erst unmittelbar vor dem nächs-ten Inhalieren zusammengesetzt werden.

Es wird empfohlen, mindestens 1 bis 2 Mal in der Woche die Teile durch Auskochen (5 Minuten) oder Dampfbe-handlung im Vaporisator oder Eierkocher (15 Minuten) zu desinfizieren. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, die Verneblerteile, wie vielerorts praktiziert, jedesmal nach Gebrauch zu desinfizieren. Dies ist zeitaufwendig und führt auch zum rascheren Verschleiß der Teile. Chemi-sche Desinfektionsmittel werden heutzutage nicht mehr empfohlen. Vom Gebrauch des Verneblers durch andere Personen ist in jedem Fall abzuraten.

Zahnarztbesuch und Zahnpflege

Zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen und Behandlun-gen bergen die Gefahr, dass durch eine bakterielle Besied-lung des Schlauchsystems der Behandlungseinheit eine Bakterienübertragung stattfindet. Natürlich sind regel-mäßige zahnärztliche Behandlungen notwendig. Es emp-fiehlt sich daher, diese Hygieneaspekte beim Zahnarzt zu thematisieren. Bei gängigen Hygienevorkehrungen sollte die zahnärztlichen Versorgung kein Risiko darstellen. Zu Hause wird für das Zähneputzen die Benutzung mehrerer

Zahnbürsten empfohlen, damit jeweils ausreichend Zeit zum Trocknen bleibt. Vom Gebrauch von Mundduschen wird abgeraten.

Soziale Kontakte zwischen Betroffenen

Problematisch ist vor allem die mögliche Keimübertra-gung durch andere CF-Betroffene – natürlich abhängig von deren Erregern. Hauptübertragungsweg ist das Hän-deschütteln. Daher ist dies grundsätzlich zu meiden und auf eine regelmäßige Händedesinfektion zu achten. Da nicht überall Desinfektionsmittel-Spender vorhanden sind, empfiehlt sich das Mitführen eines kleinen Fläschchens mit Desinfektionsmittel. Über den korrekten Gebrauch der Händedesinfektion sollte man sich informieren.

Von engen sozialen Kontakten mit Benutzung gemeinsa-mer Sanitäranlagen, wie in Feriencamps oder bei gemein-samen Freizeiten mit anderen Betroffenen, ist abzuraten. Zumindest sollte man sich ein mögliches Übertragungs-risiko bewusst machen und entsprechende Vorkehrungen treffen.

Patientenkontakte, z. B. im Rahmen von Selbsthilfetref-fen oder Patientenfortbildungen, bieten kein solch großes Kreuzinfektionsrisiko. Auch hier sollte man allerdings evtl. notwendige Handlungskonsequenzen (Händeschütteln vermeiden, Händedesinfektion, ggf. Mundschutz) beden-ken und umsetzen.

Medizinische Behandlungseinrichtungen

In den meisten CF-Ambulanzen, Physiotherapiepraxen oder Mukoviszidose-versierten, stationären Behandlungs-einrichtungen (Akutkrankenhäuser, Rehakliniken) wird darauf geachtet, eine Kreuzinfektion von einem auf den anderen Patienten zu vermeiden.

Drei Vorbeugemaßnahmen spielen hier die entscheidende Rolle:

1) Regelmäßige Untersuchung des Patienten auf seinen Keimstatus mittel Rachenabstrich, besser Sputum oder, selten notwendig, bronchialer Spülflüssigkeit

2) Trennung der Patientengruppen in Abhängigkeit von ihrem Erregerbefund, meist in drei Gruppen: Pseudomonas-negativ, Pseudomonas-positiv und Problemkeime

3) Hygienevorkehrungen abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und den lokalen Hygiene-Richtlinien

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Der Patient sollte über seine aktuell nachgewiesenen Erreger informiert sein, da diese möglicherweise bereits bei der Anmeldung für einen nächsten Termin erfragt werden. Als »pseudomonas-frei« gelten die Patienten, bei denen noch nie oder (bei vorherigem Nachweis) seit mindestens einem Jahr und in drei oder mehr mikrobio-logischen Proben kein Pseudomonas aeruginosa nachge-wiesen wurde. Eine Zwischengruppe stellen die Patienten dar, bei denen intermittierend, d. h. nicht regelmäßig, aber innerhalb des letzten Jahres Pseudomonaden nachweis-bar waren. Wenn Sie sich nicht sicher sind, sprechen Sie Ihren Ambulanzarzt auf dieses Thema an. Auch Ihre Physiotherapiepraxis sollte über Ihre aktuellen Erreger in-formiert sein, um entsprechende Vorkehrungen treffen zu können.

Beim Betreten und Verlassen der Ambulanz oder Praxis sollten die Hände desinfiziert werden. Auch hier ist Hän-deschütteln zu vermeiden. Versuchen Sie bei Hustenreiz in ein Einmaltaschentuch zu husten und dieses anschlie-ßend zu entsorgen. Fragen Sie bei Verschmutzung der Hand mit abgehustetem Schleim nach einem Waschbe-cken zum Händewaschen. Enger Kontakt zu anderen Be-troffenen in der Wartezone ist zu vermeiden.

NOHAND

SHAKE

Abhängig vom Keimstatus der Betroffenen und vom Hygienemanagement der Klinik wird in einigen Ambu-lanzen vom Patienten erwartet, dass er in den Sozial- bereichen oder bei Ortswechsel immer einen Mundschutz trägt. Bitte haben Sie Verständnis für diese Maßnahme, die zunächst andere, vor allem aber auch Sie selbst schüt-zen soll.

Träger von Problemkeimen, zu denen MRSA, Burkholderia cepacia und multiresistente Pseudomonas aeruginosa ge-hören, haben besondere Hygienevorkehrungen zu beach-ten, d. h. sie müssen in jedem Fall einen Mundschutz tragen

(außer im Behandlungszimmer), werden strikt isoliert und meistens auch gesondert (an letzter Stelle oder an Extra-Untersuchungsgeräten) untersucht. Leider sind Träger die-ser schwer behandelbaren und z. T. besonders aggressiven Keime auch von Rehabilitationsbehandlungen weitgehend ausgeschlossen. Diese verschärften Hygienevorkehrungen dienen der Patientensicherheit und sind meist Teil des Hy-gieneplans der Behandlungseinrichtungen. Sie sollten nicht, auch wenn dies bisweilen so empfunden wird, als Schika-ne gegenüber dem Patienten oder Eigenmächtigkeit der Behandler verstanden werden. Allen Beteiligten muss das Thema Hygiene ein Herzensanliegen sein!

Früh- oder Eradikationstherapie

Eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa oder Pro-blemkeimen ist häufig – trotz intensiver Vorbeugemaß-nahmen – nicht vollständig zu verhindern. Die Früherken-nung durch regelmäßig durchgeführte mikrobiologische Untersuchungen ist dementsprechend wichtig. Bei früher Entdeckung der Keime kann so zeitnah eine Behandlung eingeleitet und der Übergang vom Keimnachweis über ei-ne chronischer Besiedlung bis hin zur chronischen Infek-tion (= Besiedlung + Krankheitssymptome) unterbrochen werden.

Eine solche Frühtherapie ist als Teil des vorbeugenden Hygienemanagements und der vorsorgenden Langzeitbe-handlung zu sehen. Sie richtet sich daher weniger nach dem Befinden des Betroffenen, sondern vielmehr nach den mikrobiologischen Befunden.

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Medizinische ThemenMikrobiologie und Hygiene

3 CF im Erwachsenenalter3.1 Vorsorgeuntersuchungen

bei MukoviszidoseIm Erwachsenenalter spielen neben der Mukoviszidose auch Erkrankungen, die nicht direkt mit der Grunder-krankung zusammenhängen, eine zunehmend wichtige Rolle. Gerade durch das erfreulicherweise immer hö-here Alter der Patienten mit Mukoviszidose sind me-dizinische Vorsorgeuntersuchungen ein wichtiger Be-standteil der vorbeugenden Maßnahmen. Diese werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen und sind daher kostenlos. Vorsorgeuntersuchungen unterscheiden sich von den jährlichen CF-Check-up’s (z. B. Computertomographie des Thoraxes oder Röntgen-Thorax).

Folgende Vorsorgeuntersuchungen werden empfohlen und stehen dem Versicherten zu:

a. Früherkennung von Krebs

Gynäkologie

Jährliche Genitaluntersuchung auf Gebärmutterhals-krebs bei Frauen ab dem Alter von 20 Jahren. Jährli-che Brustuntersuchung bei Frauen ab dem Alter von 30 Jahren. Alle zwei Jahre Mammographie-Screening bei Frauen ab 50 Jahren.

Urologie

Jährliche Prostatauntersuchung, Genitaluntersuchung und Tastuntersuchungen der Lymphknoten bei Män-nern ab dem Alter von 45 Jahren.

Dermatologie

Ganzkörperuntersuchung der gesamten Haut bei Frauen und Männern ab 35 Jahren. Alle zwei Jahre Hautkrebs-Screening ab dem Alter von 35 Jahren für Frauen und Männer.

Proktologie

Jährliche Dickdarm- und Rektumuntersuchung bei Frauen und Männern. Jährlicher Test auf verborgenes Blut im Stuhl bei Frauen und Männern. Ab dem Alter von 55 Jahren zwei Darmspiegelungen im Abstand von 10 Jahren oder Test auf verborgenes Blut im Stuhl alle zwei Jahre bei Frauen und Männern.

b. Gesundheits-Check-up

Der Gesundheits-Check-up beinhaltet eine Ganzkörper-untersuchung mit Blutdruckmessung, Blutproben zur Ermittlung der Blutzucker- und Cholesterinwerte, Urin-untersuchung und ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt. Er wird immer im Rahmen des jährlichen CF-Check-up’s durchgeführt und muss nicht gesondert erfolgen.

c. Zahnvorsorgeuntersuchung

Eine Zahnvorsorgeuntersuchung wird mindestens einmal pro Kalenderjahr empfohlen. Auch bei zwei zahnärztli-chen Vorsorgeuntersuchungen werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen.

d. Schutzimpfungen

Im Erwachsenenalter sind vor allem Auffrischimpfungen notwendig. Dabei handelt es sich um Diphtherie und Teta-nus, die alle 10 Jahre wiederholt werden sollten.

Die so genannten Indikationsimpfungen werden nur bei bestimmten Risiken oder vor Lungen-, Leber- oder Nie-rentransplantation empfohlen. Die einzige Ausnahme stellt die jährliche Influenza als Grippeschutzimpfung dar. Zu den Indikationsimpfungen gehören:

Influenza, Pneumokokken-Infektion, Frühsommermenin-go-Enzephalitis (FSME), Haemophilus influenza Typ B (Hib)-Infektion, Infektion-Hepatitis A und B, Tollwut, Meningokokken-Infektion, Poliomyelitis (Kinderlähmung), Varizellen, Röteln, Pertussis (Keuchhusten).

e. Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft

Der Bereich Schwangerschaft stellt ein eigenes Thema dar, welches gesonderte Aufmerksamkeit verdient.

Die Vorsorgeuntersuchungen sind für Patienten mit Mu-koviszidose eine Orientierung und können bei begründe-tem Verdacht auch in einem früheren Alter durchgeführt werden. Ob bestimmte Krebsarten bei Patienten mit Mu-koviszidose häufiger auftreten als bei anderen Menschen, ist aktuell noch ungeklärt.

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

3.2 BauchspeicheldrüseDie Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist neben der Lunge das am häufigsten und schwersten betroffene Organ bei CF. Sie besteht aus zwei Anteilen:

1) dem exokrinen Drüsengewebe, aus dem normalerweise der Bauchspeichel mit den Verdauungsenzymen in den Darm abgegeben wird

2) dem endokrinen Gewebe, in dem das wichtige Stoff-wechselhormon Insulin gebildet wird

Pankreasinsuffizienz und PankreatitisDie Mukoviszidose verursachenden CFTR-Mutationen ent-scheiden mit darüber, wie schwer die Bauchspeicheldrüse von der Krankheit betroffen ist.

Bei typischer Ausprägung der Krankheit liegt bereits ab Geburt eine exokrine Pankreasinsuffizienz vor, d. h. es werden keine Bauchspeicheldrüsenenzyme gebildet,

wodurch die Verdauung nachhaltig gestört ist. Das Fehlen der Verdauungsenzyme lässt sich durch die regelmäßige Einnahme von Pankreas-Enzymkapseln ausgleichen.

Bei einer atypischen oder milden Verlaufsform, die 10 bis 15 Prozent aller Mukoviszidose-Kranken betrifft, arbeitet die Bauchspeicheldrüse noch ausreichend. Die Einnahme von Enzymkapseln ist nicht notwendig. Es be-steht aber die Neigung zu einer immer wiederkehrenden, möglicherweise mit starken Oberbauchschmerzen verbun-denen Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis).

Bei sich häufig wiederholenden Pankreatitiden kann sich auch im Verlauf noch eine exokrine Pankreasinsuffizienz entwickeln.

CF-Diabetes (CFRDM)Der Insulin bildende Teil der Bauchspeicheldrüse ist bei Geburt und im ersten Lebensjahrzehnt in der Regel un-beeinträchtigt. Nach dem zehnten Lebensjahr und mit

endokrines Gewebe

(Langerhans-Inseln)⟶ Insulin

⟶ Verdauungsenzyme

exokrines Gewebe

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

fortschreitendem Krankheitsverlauf steigt die Wahrschein-lichkeit, dass sich bei jugendlichen oder erwachsenen Be-troffenen ein sog. CF-Diabetes (CFRDM), eine Sonderform der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), entwickelt. Dabei ist einerseits die Bildung und Freisetzung des lebenswich-tigen Hormons Insulin in die Blutbahn gestört, anderer-seits ist auch dessen Wirkung beeinträchtigt.

Ein Drittel der Erwachsenen mit Mukoviszidose entwickeln einen CF-Diabetes.

Symptome und Diagnostik

Die Störung des Zuckerstoffwechsels bei Mukoviszido-se hat unbehandelt zur Folge, dass lange vor typischen Diabetes-Symptomen, wie starkem Durst und häufigem Wasserlassen, die Betroffenen an Gewicht verlieren, und sich bei ihnen die Lungenfunktion, auch ohne sonst er-kennbare Gründe, verschlechtert. Man weiß, dass ein nicht rechtzeitig erkannter oder unbehandelter CF-Diabetes die Prognose, d. h. den Verlauf der Erkrankung und die Le-benserwartung, deutlich verschlechtert.

Daher führt man zur Früherkennung ab dem 10. Lebens-jahr jährlich – auch im Erwachsenenalter – einen oralen Glucosetoleranztest (oGTT) durch, bei dem eine Zucker-testlösung getrunken und vorher sowie zwei Stunden danach die Blutzuckerwerte (Glucosewerte) gemessen werden. Ausdruck eines gestörten Zuckerstoffwechsels oder einer bereits manifesten Zuckerkrankheit können ein erhöhter sog. Nüchternwert (Glucosewert vor Trinken der Zuckerlösung) oder ein zu hoher 2-Stunden-Wert sein. Da der Test störanfällig ist, ist die korrekte Durchführung (morgendliche Messung, vorher ausreichend lange Nah-rungspause, keine körperliche Aktivitäten während der Messzeit, Infektfreiheit) wichtig. Bei Auffälligkeit wird der Test meist mindestens einmal wiederholt.

Behandlung und Therapie

Ein diagnostizierter CF-Diabetes ist in der Regel gut the-rapierbar, auch wenn der Behandlungsaufwand dadurch deutlich ansteigt.

Zur Behandlung gehören:

a) diätetische Maßnahmen, z. B. das Vermeiden stark zu-ckerhaltiger Nahrungsmittel

b) eine Diabetesberatung durch eine geschulte Fach-kraft, in der allgemeine Verhaltensregeln, die Selbst-kontrolle der Blutglucosewerte in Form regelmäßiger Messungen mit Teststreifen und Messgerät sowie die

korrekte Anwendung der Medikamente, einschließlich des Spritzens von Insulin geschult werden und

c) die Einnahme oder das Spritzen von Diabetesmedika-menten

Für die Behandlung sind prinzipiell zwei Wege möglich:

a) die Einnahme von Insulin verstärkenden Tabletten, wodurch zunächst auf die Gabe von Insulin verzichtet werden kann, aber nur in einem Teil der Fälle eine voll-ständige Kontrolle des CF-Diabetes erreicht wird

b) das Spritzen von kurz- oder langwirksamen Insulinprä-paraten unter die Haut (subkutan) mittels Einzelinjekti-onen oder einer Insulin-Pumpe. Beide Therapieformen haben Vorteil und Nachteile. Oft ist am Anfang eine Tablettenbehandlung möglich, später aber ein Über-gang auf Insulininjektionen notwendig

Die Dosierung wird individuell nach einem vom Diabeto-logen oder CF-Arzt vorgegebenen Schema ermittelt und errechnet sich aus den gemessenen Blutzucker werten, der Schätzmenge an Nahrung mit Kohlenhydraten in sog. Kohlenhydrateinheiten (früher auch Broteinheiten = BE genannt) und äußeren Einflussfaktoren.

Bei letzteren sind Infekte zu nennen, die die Blutzucker-werte vorübergehend ansteigen lassen, oder Medikamente wie Kortison, die ebenfalls einen Blutzuckeranstieg bewir-ken, aber auch starke körperliche Aktivitäten, mit denen ein Abfall der Blutzuckerwerte einhergeht.

Gefährlich werden kann eine zu starke Erniedrigung des Blutzuckers (Hypoglykämie), die sich mit Stresszeichen wie Schwitzen, Unruhe, Zittrigkeit andeutet und von Un-wohlsein bis zu lebensbedrohlicher Bewusstlosigkeit rei-chen kann. In der Diabetesschulung lernt man, wie man frühzeitig auf solche »Hypos« reagieren kann und muss.

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3.3 Magen-Darm-TraktUnabhängig von der Bauchspeicheldrüse sind bei Mu-koviszidose auch andere Teil des Magen-Darm-Trakts betroffen, der vom Mund über Speiseröhre, Magen und Dünndarm bis zum Dickdarm mit Enddarm und Anus reicht, und Leber sowie Gallenwege funktionell mit ein-bezieht.

Stomatitis und PilzinfektionenIn der Mundhöhle und in der Speiseröhre sind primär kei-ne Mukoviszidose-Veränderungen anzutreffen. Probleme können sich aber hier aus der Therapie ergeben. So kann eine antibiotische Behandlung, z. B. eine i.v.-Therapie, die

Mund- und Rachenflora stören, was mit Schleimhautver-änderungen, wie vermehrter Empfindlichkeit auf Säuren, pelzigem Gefühl oder Rötung im Sinne einer Entzündung (Stomatitis) einhergehen kann. Insbesondere bei einer gleichzeitigen Behandlung mit inhalativem oder oralem Kortison wird auch das Wachstum von Pilzen, wie dem Hefepilz Candida albicans (Soor), begünstigt.

Es ist fast die Regel, dass Candida in Kulturen aus Ra-chenabstrich und Sputum nachweisbar sind, ohne dass dies Anlass zur Sorge geben muss. Auch eine mit weiß-lichen Belägen auf der Zunge oder in den Wangentaschen einhergehende Soorstomatitis führt in der Regel zu einer nur geringgradigen Beeinträchtigung.

Stomatitis

Gastroösophagealer Reflux

DIOS

Kolitis

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

Man muss aber an die gleichzeitige Möglichkeit eines Speiseröhren-Soors denken. Unangenehmer bei Frauen ist eher eine nach i.v.-Therapie auftretende Pilzinfektion im Scheidenbereich. In der Regel lässt sich ein Candida-befall der Schleimhäute gut mit Pilzmitteln behandeln.

Gastroösophagealer RefluxEin sehr häufiges Problem ist der gastroösophageale Re-flux, d. h. der Rückfluss von Magensäure in die Speise-röhre. Er entsteht durch einen unvollständigen Verschluss zwischen Magen und Speiseröhre. Ursachen bei CF sind das häufige Husten mit Steigerung des Drucks im Bauch-raum, aber auch Medikamente, die den Schließmuskel erschlaffen lassen. Der Reflux äußert sich neben den typischen Zeichen, wie Sodbrennen und Schmerzen hinter dem Brustbein, durch Hustenreiz und verstärkte Verschleimung, insbesondere nach den Mahlzeiten und nachts. Behandeln kann man den Reflux mit Magensäure hemmenden Medikamenten, die ein Teil der Mukoviszido-se-Betroffenen dauerhaft einnehmen muss.

Verstopfung und DIOSAuch der Darm selbst ist bei CF betroffen. Durch ein zu zähes Sekret der Schleimhautdrüsen neigen Mukovis-zidose-Kranke zur Andickung des Darminhalts, was zur Aufstauung von Stuhl im unteren Dünndarm oder zur Ver-stopfung im Enddarm führen kann. Während eine akute Verstopfung mit hartem oder ausbleibendem Stuhl zwar schmerzhaft, aber in seltenen Fällen bedrohlich ist, kann sich die Verstopfung im Dünndarmbereich zur Notfall si-tuation entwickeln.

Diese als distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) bezeichnete Sonderproblem kann jederzeit, besonders bei mangelnder Flüssigkeitsaufnahme oder nachlässiger En-zymeinnahme auftreten und zum kompletten Darmver-schluss führen. Erstes Zeichen dieser Komplikation, die als sog. Mekoniumileus schon bei Säuglingen mit CF be-obachtet werden kann, ist ein dumpfer Schmerz im rech-ten Unterbauch, der sich bei Drücken auf die Bauchwand verstärkt. Der Arzt kann dann oft eine druckempfindliche, walzenartige Struktur im Bauch tasten, die man im Ultra-schall als mit zähem Darminhalt gefüllte Darmschlinge identifizieren kann.

In der Regel lässt sich der Darmverschluss mit großen Mengen Flüssigkeit, die den Stuhlweichmacher Macrogol enthalten und auch sonst zur Dickdarmreinigung bei

Darmspiegelungen eingesetzt werden, wieder freispülen. Hilfreich ist auch die orale Einnahme von Macrogol-Prä-paraten, des Schleimlösers Acetylcystein sowie von Rönt-genkontrastmitteln. Unterstützend werden Einläufe zur Darmräumung von Dickdarmseite eingesetzt. Bisweilen kommt es trotzdem, insbesondere bei fehlender Kennt-nis dieses CF-Notfalls, zur Operation unter dem Verdacht einer Blinddarmentzündung, die sich sehr ähnlich äußern kann. Konsultieren Sie bei zunehmenden Schmerzen im rechten Unterbauch Ihre CF-Ambulanz zur weiteren Ab-klärung!

KolitisAuch die sog. pseudomembranöse Kolitis, eine durch das anaerobe Bakterium Clostridium difficile ausgelöste, schwere bakterielle Entzündung des Dickdarms, stellt eine Notfallsituation dar. Sie ist zwar bei CF sehr selten, kann aber in ihrer vollen Ausprägung lebensbedrohlich wer-den. Ursache ist meist eine vorangegangene Behandlung mit Breitspektrum-Antibiotika, wie sie bei Mukoviszidose häufig zur Anwendung kommen. Dadurch wird auch die natür liche Darmflora geschädigt und der Ausbreitung von Clostri dien Vorschub geleistet. Das Krankheitsbild äußert sich in einem aufgeweiteten berührungsempfindlichen Bauch, massiven wässrigen Durchfällen und ansteigen-dem Fieber (trotz Antibiotika). Bei diesen Symptomen ist eine rasche ärztliche Vorstellung zur weiteren Abklärung notwendig.

Sonstige DarmerkrankungenWeitere Darmerkrankungen, die mit Mukoviszidose zwar nicht direkt zu tun haben, aber im Vergleich zur Normal-bevölkerung gehäuft auftreten können, sind:

•einechronischeentzündlicheDarmerkrankung,z.B.Mor-bus Crohn

•eine Unverträglichkeit gegen den GetreidebestandteilGluten, die sog. Zöliakie

•eine chronische Infektion mit Durchfallerregern, sog.Lamblien

•UnverträglichkeitengegenüberFrucht-oderMilchzucker,eine sog. Fruktosemalabsorption, respektive Laktose-intoleranz

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3.4 LungeDas Organ Lunge ist bei CF am häufigsten betroffen und steht damit bei Therapie und Prophylaxe im Vordergrund.

Fortgeschrittene LungenerkrankungDurch die Mukoviszidose tritt auch in der Lunge bzw. in den Atemwegen ein Ungleichgewicht im Salzhaushalt auf. Konkret gesagt ist zu wenig Wasser und Salz außerhalb der Zellen vorhanden. Dies führt zu einer Verdickung der Bronchialschleimhaut und einer Eindickung des Bronchialsekrets.

Die Bronchialschleimhaut ist mit mikroskopisch kleinen Härchen, den sog. Flimmerhärchen, ausgekleidet, die sich hin und her bewegen und dafür sorgen, dass der Schleim aus den Bronchien abtransportiert wird. Da dieser aber zäh und fest ist, kann er nur schwer mobilisiert werden. Die Folge ist eine Verschlechterung des Abtransports auch von Bakterien, die sich im Schleim befinden. Zusätzlich sind durch die Verdickung der Bronchialschleimhäute die Bron-chien (Atemwege) eingeengt. Hierdurch erschwert sich das Abhusten des zähen Schleims, in dem sich Bakterien ver-mehren können, was zu Entzündungen und Infektionen der Atemwege führt. Diese schädigen das Lungengewebe und die Atemwege so stark, dass die Bronchien ihre norma-le Struktur verlieren und Aussackungen der Bronchien, sog. Bronchiektasen entstehen. In ihnen bleibt der Schleim hartnäckig liegen, das Lungengewebe hingegen versteift sich. Medizinisch wird dies als Lungenfibrose bezeichnet.

Therapieoptionen

Die verfügbaren Therapieoptionen zielen auf die Verflüssi-gung und Mobilisation des zähen Schleims ab. Dies dient vor allem der Prophylaxe von Atemwegsinfekten. Zusätz-lich sind immer wieder Therapien von akuten und chro-nischen Infektionen und Entzündungen der Lunge notwendig. Akute Infektionen, auch Exazerbationen ge-nannt, werden mit Antibiotika behandelt. Je nachdem, wie schwerwiegend diese sind, werden oral oder intravenös (i.v.) verabreichte Antibiotika verordnet.

Der Arzt bespricht mit Ihnen, welche Bakterien bei Ih-nen vorliegen und welche Therapien sinnvoll als Tablette oder als Infusion gegeben werden können. Die meisten CF-Zentren führen i.v.-Therapien stationär durch. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen Teil der Therapie zuhau-se zu absolvieren. Dies ist von Zentrum zu Zentrum unter-schiedlich.

Neben akuten Exazerbationen bestehen aufgrund der häufigen Dauerbesiedlung der Atemwege mit Bakterien chronische Infektionen und Entzündungen. Hierfür wird ei-ne Basistherapie empfohlen. Liegt z. B. eine Dauerbesied-lung mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa vor, so werden langfristige Antibiotikainhalationen und regelmä-ßige intravenöse Antibiotikatherapien empfohlen. Ergänzt werden diese durch antientzündliche, antiob struktive und sekretolytische Maßnahmen.

Neben den genannten medizinischen Maßnahmen sind für den Erhalt oder die Verbesserung der Lungenfunktion das Training von Ausdauer- und Kraftsport sowie die Durchführung von physiotherapeutischen Maßnah-men mit am wichtigsten. Um das Sekret besser abhusten zu können, wird jedem Patienten mit Mukoviszidose das Durchführen von Atemtherapie empfohlen, insbesondere das Erlernen von autogenen Drainagetechniken durch geschulte CF-Physiotherapeuten.

Steigende Therapieintensität

Trotz intensiver Therapien schreitet die Lungenerkran-kung bei Patienten mit CF häufig fort. Deshalb wird der Aufwand, um den aktuellen gesundheitlichen Zustand zu erhalten, nicht selten immer höher. Oft gelingt es sogar nur, eine Verschlechterung aufzuhalten. Dies führt dem-entsprechend zu einem höheren Zeitaufwand für die The-rapie und kann dann Schwierigkeiten bei der Ausübung eines Berufes oder einer Ausbildung mit sich bringen. Die steigende Therapieintensität bei sich verschlechterndem Gesundheitszustand kann sogar zu einer Frühberentung führen. Da dies ein wichtiges Thema ist, wird darauf im psychosozialen Teil dieses Leitfadens gesondert einge-gangen.

Komplikationen

Hämoptysen Eine der häufigsten Komplikationen der Atemwege bzw. der Lunge bei Patienten mit Mukoviszidose ist das Blut-husten (Hämoptyse). Die dauerhafte Besiedlung mit Bakterien und die chronische Entzündung führen, wie be-reits oben beschrieben, zu Schäden am Lungengewebe und an den Atemwegen. Bronchialschleimhaut und Lun-gengewebe sind dann verletzbarer und es kann zu Blu-tungen kommen. In Abhängigkeit von der Schwere dieses Ereignisses kann eine Inhalationstherapie ausreichen, es kann aber auch ein Verschluss des Blutgefäßes durch einen Katheter (Embolisation) notwendig werden. Das

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

Vorgehen bei auftretendem Bluthusten sollten Sie mit Ih-rem zuständigen CF-Arzt besprechen. Gerade wenn dies häufiger vorkommen sollte, kann es unter Umständen sinnvoll sein, bestimmte Medikamente gegen Bluthusten zuhause zu haben, um diese beim Beginn von Hämopty-sen selbst einnehmen zu können.

Pneumothorax Die Schädigung der Lunge aufgrund chronischer Infekti-onen und Entzündungen macht das Lungengewebe an-fälliger für einen Defekt, z. B. durch starkes Husten. Der erhöhte Druck beim Husten kann zu einem Riss in der

Lunge und zum Zusammenfall der Lunge führen. Dies nennt man Pneumothorax. Um die Lunge wieder zum Ausdehnen zu bringen, wird dann ein Drainageschlauch zwischen Lunge und Brustwand im Rippenfellraum (Pleu-ra) eingelegt. Hat sich die Lunge wieder vollständig ausge-dehnt, wird die Drainage entfernt. In ganz seltenen Fällen kann es notwendig sein, eine Verklebung der Lunge mit der Brustwand (Pleurodese) durchzuführen.

Pulmonaler Hypertonus (PHT) und Cor pulmonaleDer Lungendruck (Pulmonalisdruck), d. h. der Blutdruck in der Pulmonalarterie (Lungenarterie), kann mit dem

gesunde

Bronchialschleimhaut

gesunder Bronchus

im Querschnitt

Bronchus bei CF:

vermehrter Schleim, Schwellung der Schleimhaut, Einengung der Atemwege (bronchiale Obstruktion)

Bronchial- schleimhaut bei CF:

Bronchialsekret verdickt, Funktion der Flimmerhärchen gestört

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Ultraschall (Herzecho) oder mit dem Herzkatheter und auch neuerdings mit dem MRT (Magnetresonanztomo-gramm) gemessen werden. Lungenhochdruck (pulmo-naler Hypertonus) entsteht durch die Schädigung des Lungengewebes und der Atemwege und ist Ausdruck einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung. Neben dem Lungenhochdruck kann zusätzlich ein Cor pulmonale entstehen. Übersetzt heißt das soviel wie »Lungenherz«. Die fortgeschrittene Lungenerkrankung führt dazu, dass sich die rechte Herzhälfte aufgrund eines erhöhten Wider-stands in den Blutgefäßen der Lunge vergrößert.

Meist ist es zu diesem Zeitpunkt der Erkrankung notwen-dig, Sauerstoff über eine Nasenbrille einzuatmen.

ABPADefinition

Die Abkürzung ABPA steht für allergische bronchopulmo-nale Aspergillose. Übersetzt bedeutet dies eine allergische Reaktion der Atemwege (Bronchien) und der Lunge (Pul-mo) auf Schimmelpilze. Schimmelpilze sind Fadenpilze, die in der Umwelt und in Innenräumen vorkommen können. Für ihr Wachstum benötigen die Pilze Wasser, weshalb vor allem bei vermehrter Feuchtigkeit, z. B. in Hauswän-den, Schimmelpilze entstehen. Ein Teil der Schimmelpilze, die sog. Sporen, können bei erhöhter Konzentration in die Luft gelangen. Dann besteht die Gefahr einer Aufnahme über die Atmung beim Aufhalten in der Nähe dieser Spo-renbelastung. Nur bei Patienten mit Mukoviszidose und bei Patienten mit Asthma bronchiale tritt die ABPA auf. Bis zu zehn Prozent der Patienten mit Mukoviszidose sind von der ABPA betroffen. Häufiger sind dies junge Erwach-sene, Männer und Jugendliche.

Unterschieden werden muss jedoch zwischen einer Be-siedlung mit Aspergillen, die meistens keiner Therapie bedarf und der allergischen Reaktion auf Aspergillen, der ABPA.

Symptome und Diagnostik

Die Symptome sind denen der Mukoviszidose sehr ähn-lich. Aus diesem Grund bemerkt man die ABPA oftmals nicht sofort. Im Vordergrund stehen dabei:

•Husten •Giemen •Vermehrtesundevtl.dunkleresSputum •VerminderteBelastbarkeit •Lungenfunktionsverschlechterung

Wie bereits erwähnt, ist die Symptomatik sehr unspezi-fisch und schwierig von den normalen Beschwerden einer Mukoviszidose oder von einer bakteriellen Exazerbation zu unterscheiden. Aus diesem Grund werden mehrere Parameter zur Diagnosestellung hinzugezogen:

•Gesamt-IgE>500kU/l

•spezifisches IgE oder IgG aufAspergillen erhöht oderangestiegen

•positiverHauttestaufAspergillen

•rekombinanteAspergillus-Antigen(rAspf4undf6)er-höht oder angestiegen

•EosinophilieimBlutbild

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

•neueInfiltrateimRöntgen-oderCT-Thorax

•Symptome, die nicht auf andere Ursachen zurückge-führt werden können

Therapie

Die Therapie der ABPA ist einerseits gegen die allergische Reaktion gerichtet, andererseits gegen den Schimmelpilz an sich. Kortisonpräparate als Tabletten wirken gegen die Entzündung und die Schwellung der Atemwege, antimy-kotische Medikamente bekämpfen den Aspergillus direkt. Diese Kombinationstherapie aus Kortison und Antimyko-tikum ist über mehrere Monate notwendig. Die Dosis und Dauer der Therapie ist aber sehr stark von dem indivi-duellen Ansprechen des einzelnen Patienten abhängig. Hierfür werden regelmäßig Lungenfunktions-, Blutwert- und auch Röntgen-Thoraxkontrollen durchgeführt.

Respiratorische Insuffizienz

Definition

Unter respiratorischer Insuffizienz versteht man eine Stö-rung der Atmung, die eine Minderbelüftung der Lungen-bläschen (Alveolen) und damit einen Mangel an Sauerstoff im Blut zur Folge hat. Fehlt dem Körper nur Sauerstoff, lautet der medizinische Fachbegriff dafür respiratori-sche Partialinsuffizienz. Ist zusätzlich der Kohlendioxid-gehalt erhöht, spricht der Mediziner von respiratorischer Globalinsuffizienz.

Die respiratorische Insuffizienz kann im fortgeschrittenen Stadium der Mukoviszidose auftreten, wenn aufgrund der Lungenschädigung beim Einatmen über die Lunge nicht mehr genug Sauerstoff aufgenommen werden kann.

Dieser Sachverhalt tritt zu Anfang in zwei Situationen auf: nachts und bei Belastung. Nachts ist dies durch eine insgesamt flachere Atmung begründet, da wir beim Schla-fen unbewusst und weniger tief atmen. Dadurch kann automatisch weniger Sauerstoff aufgenommen werden. In Belastungssituationen benötigt der Körper mehr Sauer-stoff, um die Muskeln damit zu versorgen. Bei fortgeschrit-tener Lungenschädigung kann daher eine Sauerstoffgabe notwendig werden.

Im Falle einer respiratorische Globalinsuffizienz ist neben der Sauerstoffarmut auch eine Erhöhung des Kohlen-dioxidgehalts im Blut vorhanden. Hier reicht es dann meist nicht mehr aus, nur Sauerstoff zu nehmen. Die Erhöhung des Kohlendioxidgehaltes im Blut ist vielmehr Ausdruck einer Atemmuskulaturschwäche. Der Körper

schafft es nicht mehr ausreichend, das Kohlendioxid ab-zuatmen. In diesem Fall gibt es heutzutage die Möglich-keit, die Atemmuskulatur mit einer sog. Maskenbeatmung zu unterstützen.

Symptome und Diagnostik

Erste Zeichen einer respiratorischen Insuffizienz können eine Leistungsminderung beim Sport oder beim Treppen-steigen sein. Häufig färben sich die Lippen blau. Zusätz-lich ist auch schnelles Atmen (Tachypnoe) bei geringer Anstrengung ein Indikator für Sauerstoffarmut im Blut. Mit einem Sensor am Finger kann ein Sauerstoffmessge-rät (Oxymeter) die Sauerstoffsättigung im Blut messen.

Über eine kleine Blutabnahme, z. B. am Ohr, können mit Hilfe der Blutgasanalyse (BGA) der Sauerstoffparti-aldruck und der Kohlendioxidpartialdruck sowie zu-sätzliche Parameter gemessen werden. Um den Sauer-stoffgehalt im Blut bei Belastung festzustellen, gibt es die Möglichkeit, einen 6-Minuten-Gehtest oder eine Fahr-radbelastungsuntersuchung (Spiroergometrie) durch-zuführen.

Therapieoptionen

Bei einer Sauerstoffarmut muss dem Patienten Sauerstoff über Geräte, z. B. eine Nasenbrille, zugeführt werden.

Für die Versorgung steht flüssiger, normaler und gasförmi-ger Sauerstoff zur Verfügung. Dieser kann zuhause über ein Standgerät oder unterwegs über ein mobiles, tragba-res Gerät eingeatmet werden.

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Wie bereits beschrieben, kommen unterschiedliche Situa-tionen vor, bei denen ein Patient Sauerstoff benötigt, spe-ziell nachts oder bei Anstrengung. Im fortgeschrittenen Stadium kann es auch notwendig sein, über einen län-geren Zeitraum eine Sauerstofftherapie durchführen zu müssen. Wann und wie lange dies notwendig ist, bespricht der Arzt anhand der Testergebnisse mit dem Patienten.

Im Rahmen einer fortgeschrittenen Lungenbeteiligung bei Mukoviszidose kann es zu einer ausgeprägten Schwäche der Atemmuskulatur kommen. Um in dieser Situation die Aufnahme von Sauerstoff und die Abatmung von Kohlen-dioxid zu unterstützen, gibt es noch die Möglichkeit einer Maskenbeatmung.

Hierbei atmet der Patient normal weiter, wird aber zu-sätzlich durch ein Beatmungsgerät mit Druck unterstützt (druckunterstütze Beatmung). Im Gegensatz zu der in-vasiven Beatmung auf einer Intensivstation, ist dies eine nicht-invasive Beatmung und wird auf der Normalstati-on oder zuhause durchgeführt.

Lungentransplantation Dank modernster Therapien und optimaler Medikation hat sich die Lebensqualität und Lebenserwartung von Pa-tienten mit CF deutlich verbessert. Dennoch stellt sich bei vielen langfristig eine Verschlechterung der Lungenfunkti-on und Belastbarkeit ein, die die Betroffenen so sehr ein-schränkt, dass eine Lungentransplantation als Möglichkeit zur Verbesserung der Lebensqualität in Erwägung gezo-gen wird.

Indikation

Neben dem subjektiven Empfinden geringer Belastbarkeit oder Schwäche gibt es objektive Parameter, die über die Indikation des Eingriffs entscheiden. Hierbei spielen vor allem der FEV1-Wert der Lungenfunktion und die CO2-Werte eine wichtige Rolle. FEV1 = das absolute forcierte exspirierte Volumen der ersten Sekunde (engl.: Forced Expiratory Volume in 1 second) bzw. das in einer Sekun-de ausgeatmete Volumen (Einsekundenkapazität). Auch andere Faktoren, z. B. die Zunahme an Exacerbationen, werden herangezogen.

Entscheidungsfindung, Kontakt zum Transplantationszentrum

Wichtig in dieser Situation ist das Gespräch mit dem be-handelnden Arzt und ggf. dem zuständigen Psychologen. Erfahrungsgemäß braucht die Entscheidungsfindung ihre Zeit und es gehen Gespräche voraus, die die Betroffenen möglichst frühzeitig anbahnen sollten. Ist der Entschluss für eine Lungentransplantation gefasst, so muss sich der Patient im Transplantationszentrum vorstellen. Dort er-folgt nochmals eine ausführliche Aufklärung des Betroffe-nen bzw. seiner Angehörigen. Die Einverständniserklärung ist dann vom Patienten persönlich zu unterschreiben.

LAS-Organvergabesystem, Listung

Im nächsten Schritt wird anhand verschiedener klinischer Daten des Patienten der so genannte Lung Allocation Score (LAS) erhoben, der seit Ende 2011 das Organver-teilungssystem mit den Dringlichkeitsstufen high urgent (HU) und urgent (U) abgelöst hat. Mithilfe des LAS-Sys-tems wird eine Punktzahl zwischen Null und 100 ermit-telt, die zusammen mit den Patientendaten zentral bei Eurotransplant, der Vermittlungsstelle von Organspenden in Leiden (Niederlande) gespeichert wird. Eurotransplant organisiert europaweit die Vergabe von Organen, z. B. für die Länder Deutschland, Österreich, Belgien, Kroatien, Holland, Luxemburg und Slowenien. Kinder unter zwölf

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

Jahren bekommen automatisch 100 Punkte zugeteilt. Bei erwachsenen Patienten richtet sich die Höhe der Punkt-zahl nach der Schwere der Erkrankung. So erhält ein CF-Betroffener z. B. umso mehr Punkte, je höher sein Sauer-stoffbedarf bzw. die ermittelten CO2-Werte sind oder je kürzer die Gehstrecke ist, die er noch absolvieren kann. Bei Verschlechterung des Gesundheitszustands kann je-derzeit vom Transplantationszentrum eine erneute Daten-eingabe erfolgen.

Vorbereitende Maßnahmen

Nach der Listung zur Lungentransplantation ist es aus medizinischer Sicht wichtig, sich trotz des angegriffenen Allgemeinzustandes möglichst fit zu halten. Je besser der körperliche Zustand vor der Transplantation ist, desto leichter fällt der Muskelaufbau danach. Da in Deutsch-land in der Regel mehr Anfragen vorliegen, als Organe vorhanden sind, können Wartezeiten von einigen Monaten entstehen. Wenn es der Gesundheitszustand zulässt, kön-nen Betroffene nach dem neuen LAS-System diese Zeit auch zuhause verbringen, müssen aber stets telefonisch erreichbar sein.

Sobald ein passendes Spenderorgan vorliegt, wird der Patient schnellstmöglich zum Transplantationszentrum gebracht.

Durchführung der OP

Im Falle von CF wird die Technik der Doppel-Lungen-Transplantation angewandt. Dabei werden beide Lun-genflügel entnommen und durch Spenderlungenflügel ersetzt. Die Nahtstellen der „neuen“ Lunge befinden sich am linken und rechten Hauptbronchus. Die Lungen-flügel werden nacheinander eingesetzt. Hierfür werden im Unterschied zu einem großen Schnitt, wie es früher üblich war, zwei kleinere links und rechts durchgeführt. Mit dieser Technik bleibt der Brustkorb stabiler.

Nach der Operation wird versucht, den Patienten so früh wie möglich wieder selbstständig atmen zu lassen. Nicht immer gelingt dies, sodass eine Beatmung für einige Tage notwendig ist. Kann der Patient innerhalb dieser Zeit nicht von der Beatmung entwöhnt werden, erfolgt ein Luftröh-renschnitt, der das eigenständige Atmen erleichtert. Der Patient kann dann mobilisiert werden und Essen zu sich nehmen. Sobald der Zustand es zulässt, erfolgt die Verle-gung in eine Rehabilitationseinrichtung.

Nachsorge

Wieder zuhause müssen täglich Selbstmessungen erfol-gen und diese regelmäßig mit dem Transplantationszen-trum besprochen werden. Zusätzlich ist lebenslang eine medikamentöse Immunsuppression notwendig, um eine Abstoßung des Spenderorgans zu verhindern. In den ers-ten Monaten nach dem Eingriff finden kurzfristig Kon-trollen im Transplantationszentrum statt, die im weiteren Verlauf in größeren Abständen erfolgen. Da aufgrund der Immunsuppression Infektionen entstehen können, die oh-ne wesentliche Symptome einhergehen, besteht oftmals die Indikation einer Bronchoskopie. Das dabei gewonnene Material kann speziell auf Bakterien und Pilze untersucht werden, was eine gezieltere Behandlung der Infekte mög-lich macht.

Insgesamt ist es das Ziel, lungentransplantierte Patienten wieder so normal wie möglich am Leben teilnehmen zu lassen. Die meisten von ihnen genießen es, sich nach dem Eingriff ausgiebiger bewegen und ohne Sauerstoff laufen zu können. Ein Teil der Patienten kann sogar wieder einer Berufstätigkeit nachgehen.

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3.5 Leber/GalleDie Gallenwege und die Leber gehören ebenfalls zu den von der Mukoviszidose betroffenen Organen.

Das CFTR-Protein hat in den Gallenwegen die Funktion, die Zusammensetzung der Galle zu regulieren. Bei Mu-koviszidose ist dementsprechend die Gallenflüssigkeit, ein Drüsensaft der Leber, krankhaft verändert, wodurch in der Folge auch die Leber fortschreitend geschädigt wird.

Schädigung der GalleDiese Veränderungen führen bei manchen Betroffenen zunächst zu einer Schrumpfung der Gallenblase. Zurück bleibt eine sogenannte Mikrogallenblase. Bereits früh kann sich ein chronischer Gallestau oder eine Entzündung der Gallenwege entwickeln. Gallensteine können sich bil-den, die, wenn sie in der Gallenblase liegen, unbemerkt

bleiben. Durch eine Verlagerung in die Gallengänge kann es jedoch zu einem Gallestau kommen und in dessen Fol-ge zu Beschwerden bis hin zu krampfartigen Schmerzen im Oberbauch und Gelbsucht.

Schädigung der LeberSchwerwiegender ist eine fortschreitende Schädigung der Leber durch den chronischen Rückstau der Gallenflüssig-keit. Eine sonographisch nachweisbare Fetteinlagerung in der Leber kommt bei einem Drittel der CF-Betroffenen vor. Die vermehrte Einlagerung von Bindegewebe in die Leber (Leberfibrose) ist eine mögliche Vorstufe zum fort-schreitenden Umbau der Leber, bei dem sich neben Nar-bengewebe knotige Veränderungen ausbilden. Die End-stufe, von der etwa 5 Prozent der CF-Patienten betroffen sind, ist die sogenannte grobknotige Leberzirrhose. Die Folge ist eine Beeinträchtigung der Leberfunktion: eine

Leberzirrhose:Bei CF-Patienten kann sich aufgrund einer chronischen Verschließung (Obstruktion) der Gallengänge eine Leberzirrhose entwickeln. Durch die Störung des Gallenflusses können sich diese entzündlich verändern.Es kommt zu einem Rückstau der in den Leberzellen gebildeten Galle, der zu einer Veränderung des Lebergewebes führt. Die Leber vernarbt, schrumpft und ihre Oberfläche wird knotig.

Gallenblase mit Gallensteinen:Patienten, bei denen Gallensteine in der Gallenblase nachgewiesen werden, bleiben häufig beschwerdefrei.

Gallenstau:Gallensteine entstehen in der Regel in der Gallenblase und können dann auf Wanderschaft gehen. Setzen sich diese in einem Gallengang fest, kommt es zu einem Gallenstau und u. U. zu kollikartigen Schmerzen.

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

eingeschränkte Bildung von lebenswichtigen Körperbau-steinen und eine gestörte Entgiftung des Körpers.

Folgeerscheinungen für andere OrganeDurch die Narbenbildung in der Leber kann sich auch das Blut, das durch die Pfortader aus dem Darm und der Milz der Leber zufließt, stauen. Es entwickelt sich ein Pfort-aderhochdruck, der zur Ausbildung von Krampfadern in der Magen- und Speiseröhrenwand führt. Diese soge-nannten Ösophagusvarizen sind ernst zu nehmen, da es zu einer Blutung kommen kann, die eine sofortige medizi-nische Behandlung erfordert. Bluterbrechen und schwar-zer Stuhl sind Warnzeichen für den drohenden Blutverlust. Der Pfortaderhochdruck führt im Spätstadium auch zur Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum, einem soge-nannten Aszites. Eine starke Milzvergrößerung schließlich kann das Risiko eines Milzrisses vergrößern und zum be-schleunigten Abbau von Blutzellen führen.

VorsorgeuntersuchungenUm solche Gefahren frühzeitig erkennen und behandeln zu können, werden bereits ab Diagnosestellung regelmä-ßige Untersuchungen durchgeführt:

a) Die Leberenzyme, deren Anstieg Ausdruck einer Le-berschädigung sein kann, und Stoffe, die Aufschluss über die Syntheseleistung der Leber geben, z. B. Gerin-nungsfaktoren, werden regelmäßig durch Blutkontrol-len überprüft.

b) Strukturelle Veränderungen der Leber und der Gallen-wege oder Gallensteine können in einer Ultraschallun-tersuchung erfasst werden.

c) Bei Verdacht auf oder bei nachgewiesenen Ösopha-gusvarizen werden regelmäßige Spiegelungen der Speiseröhre und des Magens (Ösophago-Gastroskopi-en) durchgeführt.

Vorbeugende MaßnahmenDie Behandlung einer Gallenwegs- und Leberbeteiligung hat zunächst vor allem vorbeugenden Charakter. Wichtig ist eine Ernährung, die mit vielfach ungesättigten Fettsäu-ren angereichert ist, eine großzügige Zufuhr der fettlös-lichen Vitamine A, D, E und K und eine optimale Pank-reasenzymsubstitution. Leberschädigende Medikamente sind zu vermeiden. Bei unverzichtbaren, bekanntermaßen leberschädlichen Substanzen sind regelmäßige Kontrollen durchzuführen.

Behandlungsoptionen bei Leber-, Galle-problemenBei Auffälligkeiten von Leber oder Gallenwegen ist eine medikamentöse Behandlung mit Bärengallensäure (Ur-sodesoxycholsäure, kurz UDC) sinnvoll, die mitunter über einen langen Zeitraum oder sogar lebenslang eingenom-men werden muss. Circa ein Drittel der CF-Betroffenen werden mit diesem Medikament behandelt.

Als schwieriger erweist sich die Behandlung bei fortge-schrittener Leberzirrhose:

Mit einer eiweißreichen, salzarmen Ernährung und der Einnahme von ausscheidungsfördernden Medikamenten (Diuretika) versucht man den Aszites unter Kontrolle zu halten. Je nach Ausmaß und Gefährlichkeit von Ösopha-gusvarizen in Hinsicht auf das Blutungsrisiko müssen diese wiederholt verödet werden. Eine Ösophagusvarizen-blutung stellt eine akute Notfallsituation dar. Die Blutung muss umgehend mittels einer Ösophago-Gastroskopie zum Stillstand gebracht werden. In seltenen Fällen ist es nötig, den Pfortaderhochdruck durch eine Umleitungs-operation zu entlasten.

LebertransplantationLetzte Maßnahme bei drohendem Leberversagen oder zunehmenden Problemen mit der Leberzirrhose ist die Lebertransplantation. Diese ist im Vergleich zur Lungen-transplantation auch hinsichtlich der Verfügbarkeit des Organs weniger komplikationsbeladen und bietet Betrof-fenen die Chance, langfristig wieder ein Leben mit deut-lich besserer Lebensqualität führen zu können. Aber wie auch bei der Lungentransplantation sind mit der Organer-satztherapie Konsequenzen verbunden, insbesondere die danach notwendige regelmäßige Einnahme von immun-suppressiven Medikamenten, um eine Organabstoßung zu verhindern.

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3.6 NiereErkrankungen der Niere sind bei Patienten mit CF eher selten und treten häufig im Zusammenhang mit Blut-hochdruck oder Diabetes mellitus in Erscheinung.

Die Niere ist ein paarig angelegtes Organ, dessen wichtigs-te Aufgabe in der Entfernung von Flüssigkeit und Giftstof-fen aus dem Körper besteht, die mit dem Urin aus dem Körper ausgeschieden werden. Bezogen auf den Blutfluss gehören die Nieren zu den am besten durchbluteten Organen.

Verlauf und Folgen einer NierenerkrankungWährend das Fortschreiten einer Nierenerkrankung oft-mals mit Leistungsminderung und Müdigkeit beim Er-krankten einhergeht, verlaufen die frühen Phasen fast

immer symptomlos. Aus diesem Grund ist die Kontrolle der Niere im Erwachsenenalter sehr wichtig, auch wenn noch keine Anzeichen für eine Erkrankung vorliegen. Bei stark eingeschränkter Nierenfunktion lässt die Fähigkeit zur Flüssigkeitsausscheidung nach, was zu Wasseran-sammlungen im Körper führen kann. Zusätzlich zum Blut-hochdruck können Nierenschädigungen zu Blutarmut und einer Störung des Mineralstoffhaushalts führen. Ist die Niere so stark geschädigt, dass ihre Funktion nicht mehr ausreicht, besteht die Möglichkeit eines Nierenersatzver-fahrens (Dialyse).

UrsachenNeben Diabetes mellitus und Bluthochdruck können auch andere seltene Erkrankungen wie z. B. die IgA-Nephritis (= entzündliche Erkrankung der Nierenkörperchen mit

Das Blut wird im Nieren- körperchen filtriert.

Nierenbecken mit gesammeltem Urin

Harnleiter

Harnblase

Diabetes mellitus:Als Folge eines langjährig schlecht ein-gestellten Diabetes Mellitus können sich Verdickungen im Bereich der Nierenkör- perchen ergeben, so dass sie ihrer Filter-funktion nicht mehr nachkommen können.

Nebenniere

Niere

Harnröhre

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

Ablagerung von Immunglobulin A in den Nieren) oder eine Amyloidose (= Ablagerung von veränderten Proteinen im Gewebe zwischen den Zellen) Ursachen für Einschränkun-gen der Nierenfunktion sein. Hinzu kommt die Medika-menteneinnahme von potentiell nierenschädigenden Prä-paraten. Die im Zusammenhang mit der CF regelmäßig notwendigen Antibiotikatherapien bei pulmonalen Exacer-bationen spielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle.

Früherkennung, DiagnostikDa Nierenveränderungen in den frühen, symptomlosen Stadien bereits negative Auswirkungen auf den Gesund-heitszustand und weiteren Krankheitsverlauf des Patien-ten haben können, sind regelmäßige Abklärungsuntersu-chungen umso wichtiger. Zur Früherkennung empfehlen sich Blut- und Urinuntersuchungen, in denen die so ge-nannten Nierenretentionswerte (auch: harnpflichtigen Substanzen Kreatinin und Harnstoff) bestimmt wer-den. Der Urin wird mittels eines Streifen-Tests oder per Mikroskop untersucht. In weiteren Verfahren wird auch die Urineiweißkonzentration bestimmt. Eine wichtige Methode ist der 24 Stunden Sammelurin, der genaue Auskunft über die Filterfunktion der Niere gibt und mit dem sich die Kreatinin-Clearance bestimmen lässt.

Zusätzlich können die Nieren durch bildgebende Verfahren dargestellt werden. Im Vordergrund steht dabei die Sono-graphie, mit der sich die Größe, äußere Form und Binnen-struktur der Nieren darstellen lassen. Mit dieser Untersu-chungsmethode kann auch eine Beurteilung von An- und Abfluss des Blutes erfolgen. In seltenen Fällen, wenn die Ursache der Nierenschädigung unklar bleibt, muss eine Gewebeprobe (Nierenbiopsie) entnommen werden.

Nierensteine – Behandlung, ProphylaxeNeben den o. g. Problemen treten bei Patienten mit CF gehäuft auch Nierensteine auf. Bei der Zusammensetzung dieser Steine findet man meist Calciumoxalatsteine. Sie können von allein „abgehen“ und werden dann auf natürli-chem Wege mit dem Urin ausgeschieden. In seltenen Fäl-len geht dies mit starken Schmerzen einher, die mit einer adäquaten Schmerztherapie behandelt werden müssen.

Kommt es gleichzeitig zu einer Nierenbeckenentzündung, muss zusätzlich eine Antibiotikatherapie erfolgen. Bei ge-häuftem Auftreten ist eventuell die Indikation zu einer Lithotripsie (= Steinzertrümmerung durch Stoßwellen) gegeben.

Für alle Patienten mit Nierensteinen gilt jedoch, Nah-rungsmittel, die Oxalate enthalten (z. B. Spinat, Mangold, Rhabarber, aber auch Nüsse, Kakao und schwarzer Tee), möglichst zu meiden. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um das Harnvolumen zu erhöhen und so der Bildung von Harnsteinen entge-genzuwirken. Um ein gewünschtes Harnvolumen von ca. 2,5 Litern in 24 Stunden zu erreichen, müssen 2,5 bis 3 Liter an Flüssigkeit pro Tag zugeführt werden.

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3.7 HerzErkrankungen des Herzens bei CF-Patienten sind eher sel-ten. Sie können in Zusammenhang mit der Mukoviszidose stehen, aber auch unabhängig davon auftreten, weil Pa-tienten mit CF glücklicherweise immer älter werden und wie andere Menschen auch altersbedingte Herzprobleme bekommen können.

Zusätzlich ist das Herz aber häufig in Folge des Fort-schreitens der Lungenerkrankung mitbetroffen, da Herz und Lunge fast als ein gemeinsames Organ betrachtet werden können.

Das Blut fließt direkt vom Herzen in die Lunge und von dort aus direkt zurück zum Herzen. Aus diesem Grund ist bei Patienten mit Mukoviszidose ein erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf zu finden, der direkt die Funktion des Herzens beeinflusst und verschlechtern kann.

DiagnostikUm Herzerkrankungen bei Patienten mit CF erkennen bzw. ausschließen zu können, gibt es eine Vielzahl von Unter-suchungen. Am gängigsten sind das Abhören (Auskulta-tion) und das Abtasten (Palpation). Des Weiteren kann die Funktion des Herzens mittels EKG (Elektrokardiogramm), Blutdruckkontrolle und Sonographie geprüft werden. Diese Untersuchungen sollten routinemäßig durchgeführt werden. Eine Herzkatheteruntersuchung (Angiographie) ist nur bei speziellen Indikationen vorgesehen, z. B. vor einer Lungentransplantation oder bei Verdacht auf eine Herzkranzgefäßerkrankung.

Anhand der Spiroergometrie kann neben der Lungen-leistung unter Belastung auch die Herzleistung sehr gut untersucht werden. Es ist daher sinnvoll, dies in regelmä-ßigen Abständen, z. B. im Rahmen des jährlichen Gesund-heits-Check-up durchzuführen.

Aorta:Es gibt in Ihrem Körper 2 Blutkreisläufe. Der Lun-genkreislauf führt das Blut zur Lunge und wieder zurück zum Herzen. Über die Aorta wird das nun mit Sauerstoff angereicherte Blut dem Körperkreislauf zugeführt, der die Organe des Körpers versorgt.

Herzklappen:Die vier Herzklappen wirken im Herz als Ventile und verhindern einen Rückstrom des Blutes in die falsche Richtung.

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CF-spezifische FolgeerkrankungenDas Fortschreiten der Lungenerkrankung, eine einge-schränkte Nierenfunktion, Gefäßveränderungen sowie notwendige Medikamentengaben bedingen Folgeerkran-kungen des Herzens. Eine der häufigsten ist dabei der Bluthochdruck, der im Erwachsenenalter regelmäßig kon-trolliert werden sollte.

Bluthochdruck

Der Blutdruck eines gesunden Herzens liegt bei 120/80 mmHg. Der erste Wert beschreibt das Geschehen vom Herzen zu den Schlagadern, der zweite nimmt Bezug auf die Blutfüllung des Herzens bis zur Erschlaffungsphase. Ab Werten um 140/90 mmHg spricht man von Bluthoch-druck. Wichtig hierbei ist jedoch, dass ein einziger zu hoch gemessener Wert nicht allein dazu berechtigt, von einem Bluthochdruck zu sprechen. Es ist vielmehr sinnvoll, wie-derholte Messungen vorzunehmen und bei erhöhten Wer-ten eine 24-Stunden-Langzeitmessung durchzuführen. Dabei lassen sich die Blutdruckwerte in Ruhe bzw. unter Belastung prüfen und beurteilen. Zusätzlich ist eine Aussa-ge über die sog. Tag-Nacht-Rhythmik möglich. Dabei wird kontrolliert, ob der Blutdruck nachts im Schlaf sinkt. Falls das nicht der Fall ist, ist dies als krankhaft einzustufen.

Lungenhochdruck

Neben einem Bluthochdruck kann bei Patienten mit CF aufgrund des Fortschreitens der Krankheit auch ein sog. Lungenhochdruck (Pulmonaler Hochdruck) entstehen.

Er stellt keine direkte Schwäche des Herzens dar, son-dern ist Ausdruck einer fortgeschrittenen, schweren Lun-genschädigung. Der Körper kann über die Lunge nicht mehr ausreichend Sauerstoff aufnehmen. Während ei-ner pulmonal-arteriellen Hypertonie verengen sich die Lungengefäße. Die Gefäßmuskulatur verdickt, was dann zu einem weiteren Anstieg des Lungenhochdrucks führt. Die wichtigste Therapie in diesem Zusammenhang ist die Sauerstofflangzeittherapie.

Rechtsherzinsuffizienz

Bei längerem Fortbestehen eines Lungenhochdrucks kann sich eine Rechtsherzinsuffizienz entwickeln, die eventuell mit einer Vergrößerung der rechten Herzkammer einher-geht. Ein Zeichen dafür können geschwollene Unterschen-kel sein, in denen sich Wasseransammlungen (Ödeme) bilden.

Tachykardie

Zusätzlich tritt bei CF-Patienten, die unter Sauerstoffar-mut leiden, das Phänomen eines sehr schnellen Pulses auf (Tachykardie). Das Herz versucht den Mangel auszu-gleichen, indem es schneller schlägt. Man spricht deshalb auch von „Bedarfstachykardie“.

Um abzuklären, ob darüber hinaus eine Herzrhythmusstö-rung vorliegt, erfolgt in solchen Fällen ein Elektrokardio-gramm (EKG) oder sogar ein 24-Stunden-EKG. Eventuell ist dann eine medikamentöse Therapie notwendig.

Altersbedingte Erkrankungen des HerzensZu den altersbedingten Erkrankungen zählen der Herzin-farkt und die koronare Herzerkrankung, bei der sich die Herzkranzgefäße aufgrund der Ablagerung von Blutfetten und weißen Blutkörperchen verengen. Dies kann langfris-tig eine Verstopfung der Blutgefäße verursachen und zu einem Infarkt führen.

Aus den oben genannten Gründen ist daher anzuraten, neben der Diagnostik der Lunge auch regelmäßig die Funktion des Herzens überprüfen zu lassen.

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3.8 SkelettObwohl der Bewegungsapparat bei Mukoviszidose primär nicht betroffen ist, können sich sekundär mit fortschrei-tendem Krankheitsverlauf Veränderungen an Skelett und Weichteilgeweben entwickeln.

Trommelschlegelfinger, UhrglasnägelAusdruck der chronischen Erkrankung der Lunge kann die Entwicklung von Trommelschlegelfingern und/oder Uhrglasnägeln sein. Nicht jeder CF-Patient ist davon in gleicher Weise betroffen. Auch ist nicht immer ein chro-nischer Sauerstoffmangel erkennbar, der als Ursache ver-antwortlich gemacht wird. Aus diesem Phänomen, das mit der Krankheitsschwere korreliert, ergibt sich meist keine zusätzliche gesundheitliche Beeinträchtigung. Bisweilen können aber begleitend Gelenkschmerzen oder schmerz-hafte Auswüchse an den langen Röhrenknochen auftre-ten.

Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel

CF-ArthropathieAb dem Jugendalter treten bei ca. jedem zehnten CF-Patienten wechselnde Gelenkschmerzen oder -schwellun-gen mit Bewegungseinschränkungen auf. Betroffen sind bei dieser sogenannten CF-Arthropathie vor allem größe-re Gelenke, z. B. Schulter, Ellenbogen und Kniege. Aber auch kleinere, z. B. am Finger, können schmerzhaft ent-zündet sein. Diese Beschwerden nehmen mit dem Alter zu, treten schubweise auf und klingen meist nach einer gewissen Zeit spontan wieder ab. Sie werden auf zirku-lierende Immunkomplexe im Blut zurückgeführt, die aus Bakterienbruchstücken und körpereigenen Abwehrstoffen bestehen, und sich in den Gelenken absetzen können.

Anders als beim Rheuma hinterlassen die schmerzhaften Gelenkentzündungen keine bleibenden Gelenkschäden. Die Gelenkbeteiligung lässt sich gut mit entzündungs-hemmenden Medikamenten, wie den sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR), z. B. Ibuprofen und Diclofenac, oder vorübergehend auch mit der Einnahme von Kortisontabletten behandeln.

Medikamenten-assoziierte GelenkproblemeAuch Medikamente können Gelenkprobleme hervorru-fen. So kann die Antibiotikumgruppe der Chinolone, zu der z. B. die Substanzen Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin gehören, und die wegen ihrer Pseudomonas-Wirksamkeit gerne bei CF eingesetzt werden, Gelenk- und Muskelbeschwerden hervorrufen. Auch allergische Reak-tionen auf Antibiotika, die im Rahmen einer intravenösen pseudomonas-wirksamen Kombinationstherapie, der so-genannten i.v.-Therapie, eingesetzt werden, können mit Gelenkschmerzen vergesellschaftet sein.

Osteoporose Bisweilen schwerwiegende Langzeitfolge der Stoffwech-selstörung bei Mukoviszidose kann ein Knochenschwund, die sogenannte Osteoporose, sein. Darunter versteht man eine Verringerung der Knochenmasse und eine dadurch verstärkte Knochenbrüchigkeit.

Ursachen, Symptome, Folge

Ursachen sind ein gestörter Knochenaufbau in der Pu-bertät und später ein verstärkter Knochenabbau durch eine Unterversorgung mit den fettlöslichen Vitaminen D und K sowie eine gestörte Aufnahme von Calcium aus der Nahrung. Auch mangelnde Bewegung, Appetitmangel und Gewichtsabnahme, eine verspätete oder ausbleibende Pubertätsentwicklung, ein CF-Diabetes sowie bestimmte Medikamente, z. B. Kortison, können die Entwicklung einer Osteoporose fördern. Dementsprechend ist diese Störung bei CF, v. a. bei Erwachsenen mit fortgeschrittener Lun-generkrankung, häufig anzutreffen.

Zunächst verursacht die Osteoporose keine Symptome. Oft ist ein Knochenbruch durch ein minimales Trauma, manchmal auch ohne erkennbare Ursache, das erste Zei-chen. Betroffen sind vor allem Wirbelkörper und Rippen. Folgen sind schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule oder atemabhängige Schmerzen mit Atemnot. Da diese Komplikationen sehr unangenehm sind

Quelle: Internet

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und sich ungünstig auf den Krankheitsverlauf auswirken, z. B. dadurch, dass über Wochen auch Physiotherapie nur eingeschränkt möglich ist, kommt der Vorbeugung große Bedeutung zu.

Prophylaxe

Jeder CF-Betroffene sollte von früh an eine ausreichende Grundversorgung mit Calcium und Vitamin D erhalten, die über die Einnahme von Medikamenten, auch als Kombi-nationspräparate, gewährleistet werden kann. Leider wer-den derzeit ohne Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren die Kosten dafür bei Erwachsenen von den Krankenkassen nicht übernommen. Eine gute Ernährungssituation, eine optimierte Diabetestherapie und regelmäßiger Sport wir-ken ebenfalls vorbeugend. Kortison, v. a. in Tablettenform, sollte möglichst sparsam eingesetzt werden.

Um eine Osteoporosegefährdung im Vorfeld zu erkennen, empfehlen sich regelmäßige Knochendichtemessungen,

die entweder als Screening mittels Sonographie oder di-agnostisch aussagekräftiger als Röntgenuntersuchung, (Dual-Röntgen-Absorptiometrie = DXA) oder Computerto-mographie (Quantitative CT = QCT) durchgeführt werden. Leider werden auch dafür die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen erst nach Auftreten einer ersten Fraktur übernommen. Ein Hinweis auf einen gestörten Knochen-stoffwechsel kann auch eine Erhöhung des Knochenen-zyms Alkalische Phosphatase im Blut sein.

Liegt eine manifeste Osteoporose vor, werden neben ei-ner intensivierten Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr auch Knochenaufbaupräparate, sogenannte Bisphosphonate, verordnet. Frakturbedingte Schmerzen werden sympto-matisch mit Schmerzmitteln behandelt.

CF-Arthropathie (episodische Arthritis):Man vermutet, dass die Gelenkschmer-zen durch Immunreaktionen ausgelöst werden, die auf der Grundlage der chronischen Entzündung der Lunge entstehen.

Osteoporose:Bei der Mukoviszidose kann der Vitamin- und Mineralstoffmangel zu einem Substanz- und Strukturverlust des Knochengewebes führen. Knochendichte und -festigkeit gehen zurück, wodurch das Risiko für Knochenbrüche steigt.

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3.9 NasennebenhöhlenNase und Nasennebenhöhlen sind Bestandteile der Atemwege und bedingt durch die CF ebenso von zähem Schleim betroffen wie die Bronchien und die Lunge.

Aufbau und Funktion Die durch Mund oder Nase eingeatmete Luft strömt über den Rachen und Kehlkopf mit den Stimmbändern in die Luftröhre und weiter zu den Bronchien. Von dort gelangt die Atemluft in die kleinen Bronchien (Bronchiolen) und schließlich in die Lungenbläschen (Alveolen).

Dort wird Sauerstoff (O2) ins Blut aufgenommen und Kohlendioxid (CO2) über die Alveolen wieder abgegeben, sprich: ausgeatmet.

Die gesamten Atemwege – also auch Nase und Nasenne-benhöhlen – sind mit derselben Schleimhaut ausgekleidet.

Auf ihr befinden sich die kleinen Flimmerhärchen (Zilien), die für den Abtransport des Schleims und der darin ent-haltenen Bakterien, Viren und Staubpartikel zuständig sind. Ihre Funktion ist bei Patienten mit CF eingeschränkt, da durch den Basisdefekt der Chlorid-Kanal nicht rich-tig funktioniert und dadurch Entzündungen und zäher Schleim entstehen (vgl. 1.2 Pathophysiologie).

Erkrankungen der Nasennebenhöhlen Eine Folge davon ist die chronische Besiedlung der Schleimhaut mit Bakterien und wiederkehrende auf-flammende Infektionen der Atemwege mit starken Ent-zündungsreaktionen, die auch in den Nasennebenhöhlen auftreten können.

Entzündungen, Sinusitiden

Dies kann zu Schleimhautschwellungen der Nase und Nasennebenhöhlen führen, wodurch die Zugänge der

Nasennebenhöhlen:Bei der Mukoviszidose sind die Nasennebenhöhlen sehr häufig mit Sekret angefüllt, was zu Infektionen und Entzündungen führen kann.

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Nebenhöhlen eingeengt oder sogar komplett verschlos-sen werden können. Schmerzhafte Entzündungen (Sinu-sitiden) sind die Folge, die häufig auch den Geruchssinn beeinträchtigen.

Nasenpolypen

Daneben treten bei Patienten mit CF auch Nasenpoly-pen auf. Dies sind lokale Ausstülpungen, die aufgrund der Schwellung der Schleimhaut entstehen und sich bis in die Nase vorwölben können und dabei Nasenatmung und Ge-ruchssinn einschränken. Nasenpolypen sind durch eine In-spektion der Nasenöffnung mittels Spaltlampe einfach zu diagnostizieren. Die Durchgängigkeit der Nase lässt sich durch Messung des Luftwiderstands (Rhinomanometrie) ermitteln. Meist geben die betroffenen Patienten aber auch schon klinisch eine eingeschränkte Nasenatmung an. Veränderungen der Nasennebenhöhlen hingegen kön-nen nur radiologisch dargestellt werden (Computer-, Mag-netresonanztomografie oder Sonografie).

Sinnvoll ist in jedem Fall, das Sekret aus den Nasenne-benhöhlen mikrobiologisch im Labor zu untersuchen, da hier Bakterien, Pilze oder sonstige Erreger oft schon auf-tauchen, bevor sie im Bronchialsystem nachweisbar sind.

TherapieoptionenDie Atemwegsproblematik in den Bronchien steht in der CF-Therapie absolut im Vordergrund, da sie für die Pro-gnose der Patienten am wichtigsten ist. Veränderungen in den Nasennebenhöhlen werden leider oftmals vernach-lässigt. Nicht selten beginnen Infektionen der Atemwege aber in den oberen Atemwegen und „wandern“ erst im weiteren Krankheitsverlauf in die Bronchien.

Um dort wiederkehrende Infektionen zu verhindern und dem Fortschreiten von Infektionen von den oberen in die unteren Atemwege vorzubeugen, sollte frühzeitig gezielt behandelt und vorbeugend therapiert werden.

Folgende Therapien können dabei zum Einsatz kommen:

Nasensprays

Nasensprays, speziell mit dem Wirkstoff Kortison, bewir-ken langfristig eine Abschwellung der Schleimhäute. Die Wirkung tritt nicht sofort ein, sondern kann bisweilen zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen, weshalb die Thera-pie jedoch nicht vorzeitig abgebrochen werden sollte.

Zusätzlich werden kurzfristig bei akuter Nasennebenhöh-lenentzündung (Sinusitis) auch abschwellende Nasentrop-fen oder -sprays eingesetzt, die die (Wieder-)Belüftung

von Nase und Nebenhöhlen ermöglichen. Aufgrund einer potentiellen Schädigung der Schleimhaut sollten diese al-lerdings nicht länger als 7 Tage eingesetzt werden.

Nasendusche

Um den zähen Schleim zu mobilisieren, kann der Einsatz einer Nasendusche hilfreich sein. Die Nasennebenhöhlen werden mit Flüssigkeit frei gespült und vom Schleim be-freit.

Nasale Inhalation

Mit dem Inhalationsgerät Pari Sinus®, das eine Vibration in Form von Druckwellen erzeugt, können unterschiedliche Medikamente nasal inhaliert werden. Dies sind z. B. Kor-tisonpräparate, Antibiotika, physiologische und hochpro-zentige Kochsalzlösungen etc., die zur Vorbeugung und Therapie von Nasennebenhöhlenproblemen zum Einsatz kommen und helfen, Symptome zu lindern.

Operation

Wenn die vorhandenen Therapien nicht (mehr) greifen, kann es notwendig sein, operativ vorzugehen. Dabei ist meist nicht ausreichend, vorhandene Polypen zu entfer-nen, da diese sehr rasch wieder neu entstehen können. Um langfristig gute Ergebnisse zu erzielen, wird bei einer Operation versucht, die Nasennebenhöhlen frei zu räumen und den Eingang zu vergrößern, um eine bessere Belüf-tung zu gewährleisten. Danach ist eine nasale Inhalations- therapie, vor allem mit Kortisonpräparaten mit abschwel-lender Wirkung auf die Schleimhaut, sinnvoll. Der eigentli-che Eingriff wird durch den HNO-Arzt vorgenommen. Die enge Zusammenarbeit mit den CF-Ärzten ist allerdings sehr zu empfehlen, da die Operation in Begleitung einer intravenösen Antibiotikatherapie durchgeführt werden sollte, um zu verhindern, dass Bakterien aus den Nasen-nebenhöhlen im Zuge der Operation zu einer Infektion führen.

Ob und welche Diagnostik sowie Therapie bei Ihnen per-sönlich in Frage kommt, sollten Sie in Ruhe mit Ihrem CF-Arzt besprechen.

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3.10 AugenDas Sehen gehört neben dem Schmecken, Riechen, Hö-ren und Tasten zu den fünf Sinnen, die wir als Menschen nutzen können. Das Auge und damit das Sehvermögen sollten bei CF-Patienten ebenso wie bei allen anderen Menschen regelmäßig überprüft werden.

Trockenes Auge, Konjunktivitis Aufgrund des Basisdefekts bei Mukoviszidose (vgl. 1.2 Pathophysiologie) ist bei Patienten mit CF häufig zu we-nig Tränenflüssigkeit vorhanden, da die Sekrete im Au-ge, ähnlich wie in den Bronchien, eingedickt sind. Häufig entstehen dadurch Entzündungen an den Bindehäuten

(Konjunktiven) oder die Augen fühlen sich trocken an.

Darüber hinaus können aufgrund von Vitaminmangel Probleme mit dem Sehvermögen auftreten, weil die fett-löslichen Vitamine E, D, K und A nur bedingt resorbiert werden. Für das Sehvermögen besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang das Vitamin A.

Bei einem starkem Vitaminmangel kann es sogar zu einer Konjunktivitis xerosis (xerosis = trocken) oder Nachtblind-heit kommen. Dieser Fall ist allerdings eher selten, da der Status der Vitamine bei Patienten mit CF routinemäßig kontrolliert wird. Ein möglicher Mangel fällt daher früh-zeitig auf, sodass die Vitamine im Bedarfsfall substituiert werden können.

Tränendrüse:Verminderte Tränenmenge und veränderte Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit, dadurch häufiger das Erkrankungsbild des „trockenen Auges“.

Tränennasengang:Der Tränennasengang leitet über die Tränenwege die Tränenflüssigkeit in die Nase ab.

Ziliarkörper

vordereAugenkammer

hintere Augenkammer

Ziliarkörper

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GlaukomAndere Erkrankungen des Auges hängen damit zusam-men, dass Patienten mit Mukoviszidose immer älter wer-den und über lange Zeiträume auf Medikamente angewie-sen sind, die u. a. den Augeninnendruck verändern können. Dies kann zu einem „grauen Star“ (Glaukom) führen. Es ist daher anzuraten, den Augendruck regelmäßig unter-suchen zu lassen, vor allem aber auch kurzfristig dann, wenn Medikamente wie z. B. Kortisonpräparate über eine längere Zeit eingenommen werden müssen.

Leider gibt es beim Glaukom keine Frühsymptome wie bei anderen Augenerkrankungen, bei denen die Augen gerö-tet sind oder stark jucken. Die Erkrankung läuft vielmehr zu Beginn für die Patienten unbemerkt und schmerzfrei ab. Aus diesem Grund sollte auch ohne Symptomatik der Augeninnendruck regelmäßig kontrolliert werden.

Welche Medikamente im Einzelnen das Auge und seine Funktionen beeinträchtigen können, sollten Sie im Be-darfsfall mit Ihrem CF-Arzt besprechen.

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3.11 Medikamenten-assoziierte Probleme

Die Behandlung der Mukoviszidose verfolgt zwei Ziele:

Zum einen sollen das Fortschreiten der Erkrankung und dadurch bedingte gesundheitliche Verschlechterun-gen aufgehalten werden. Zum anderen geht es darum, infektbedingte Einbrüche, Sonderprobleme oder Kompli-kationen zu behandeln. CF-Betroffene müssen daher ab Diagnosestellung ihr Leben lang regelmäßig Medikamente einnehmen. Diese können auch unerwünschte Auswirkun-gen haben, die im Verlauf der Behandlung oder als blei-bende Spätfolgen in Erscheinung treten.

Unbedenkliche StoffeWeitgehend unbedenklich sind die Stoffe, die dem Körper durch die Krankheit fehlen und ersetzt werden müssen, wie Pankreasenzyme, Vitamine, Spurenelemente oder sonstige Nahrungszusätze. Auch die Inhalationsbehand-lungen mit schleimlösenden oder bronchialerweiternden Medikamenten und mit inhalativen Antibiotika sind bei hygienisch korrekter Durchführung meist gut verträglich und nebenwirkungsarm, wenn man von einer möglichen Reizung der Atemwege absieht.

Nebenwirkungsreiche StoffeBei CF häufig eingesetzte Medikamente, die mit nicht un-erheblichen Nebenwirkungen einhergehen können, sind Antibiotika, Antimykotika (Pilzmittel) und Kortison. Nach einer Lungentransplantation ist i. d. R. eine Behandlung mit Medikamenten wie Immunsuppressiva (abwehrhem-mende Substanzen) und Virustatika (virusabtötende Mit-tel) erforderlich, die mit einem höheren Nebenwirkungsri-siko verbunden sind.

AntibiotikaDie bei der CF-Therapie im Vordergrund stehende Medi-kamentengruppe sind die Antibiotika. Sie wirken keimab-tötend und verhindern ein Fortschreiten der Lungenschä-digung. Sie werden daher großzügig eingesetzt und sind eine wichtige Lebensversicherung für die CF-Betroffenen. In der Regel sind sie auch gut verträglich, können aber trotzdem in individuell unterschiedlicher Ausprägung Ne-benwirkungen verursachen.

Wirkungen auf den Magen-Darm-Trakt

Die häufigsten unverwünschten Wirkungen von Antibiotika sind Magen-Darm-Probleme wie Durchfall, Bauchschmer-zen und Erhöhung des Enzymbedarfs. Dies kann auf ei-ner Eigenwirkung der eingesetzten Substanzen, aber auch auf einer Störung der physiologischen Darmflora beruhen. Meist sind die Nebenwirkungen tolerabel und treten vor allem am Anfang der Behandlung auf. Als Komplikation kann aber auch eine schwere Störung der Darmflora mit starker Vermehrung des Bakteriums Clostridium difficile entstehen. Die Antibiotika-assoziierte Dickdarmentzün-dung oder pseudomembranöse Kolitis äußert sich in Sym-ptomen wie Fieber, starken Bauchschmerzen und zuneh-menden wässrigen Stuhlentleerungen, bei deren Auftreten im Rahmen einer Antibiotikumbehandlung umgehend der Arzt oder die CF-Ambulanz kontaktiert werden muss.

Allergische Reaktionen, allergischer Schock (Anaphylaxie)

Eine weitere mögliche Begleiterscheinung von Antibiotika sind Allergien. Eine allergische Sofortreaktion des gesam-ten Körpers, die direkt nach Einnahme des Antibiotikums auftritt, wird zum Glück sehr selten beobachtet, ist aber dann ein medizinischer Notfall und sofort behandlungs-bedürftig. Natürlich ist die Medikamentengabe, z. B. bei einer intravenösen Antibiotikumtherapie, in einem sol-chen Falle sofort zu unterbrechen. Viel häufiger kommt es dagegen, z. B. im Rahmen der i.v.-Therapie, zu einer verzögerten allergischen Reaktion, die meist erst nach mehrtägiger Behandlung auftritt und sich mit zunehmen-dem Hautauschlag, Gelenkschmerzen oder Fieber äußern kann. Meist reicht es, in diesem Fall das Antibiotikum zu wechseln oder die Behandlung zu beenden. Selten ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich.

Substanzspezifische Besonderheiten

Antibiotika weisen bisweilen auch substanzspezifische Be-sonderheiten auf. So können das häufig bei i.v.-Therapien eingesetzte Antibiotikum Tobramycin, wie auch andere

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Stoffe aus der Gruppe der Aminoglykoside, Schäden an den Nieren oder am Innenohr zur Folge haben. Zur besse-ren Wirksamkeit bei gleichzeitig geringerer Toxizität wird Tobramycin mittlerweile meist nur noch einmal am Tag intravenös verabreicht. Mit Blutspiegelkontrollen kann man zusätzlich eine Überdosierung erkennen. Bei wieder-holter Anwendung empfehlen sich regelmäßige Kontrollen der Nierenwerte aus dem Blut sowie die HNO-ärztliche Überprüfung des Gehörs. Die ebenfalls häufig eingesetz-ten Chinolone, z. B. Ciprofloxacin, können schmerzhafte Entzündungen an Sehnen und Sehnenansätzen verursa-chen. Schließlich können einige Antibiotika wie Tetrazy-kline, z. B. Doxyzyklin, und die bereits angesprochenen Chinolone auch eine vermehrte Empfindlichkeit gegen-über UV-Strahlen verursachen. Ein guter Sonnenschutz ist dann wichtig.

Die Aerosoltherapie mit Antibiotika ist eine attraktive Op-tion für die Behandlung von Infektionen.

Inhalative Antibiotika liefern hohe Dosen direkt an den Ort der Infektion, nämlich die Atemwege, während nur ein geringer Anteil des Medikaments ins Blut aufgenommen wird. Körperliche Nebenwirkungen können dadurch redu-ziert werden.

Neben der Niere ist auch die Leber an der Ausschei-dung bzw. dem Abbau von Medikamenten beteiligt. Bei bestimmten Substanzen, wie z. B. Antimykotika, ist auch eine Leberschädigung möglich, sodass hier regelmäßige Kontrollen der Leberwerte notwendig werden (vgl. dazu auch 3.5).

KortisonSystemisches Kortison, d. h. Kortison zur Einnahme in Ta-blettenform oder zur i.v.-Gabe über die Vene, ist zur Be-handlung von Entzündungen oder Allergien im Körper er-forderlich. Die allergische, bronchopulmonale Aspergillose, eine häufige Begleiterkrankung bei CF, wird z. B. in erster Linie mit Kortisontabletten behandelt, ggf. unterstützt mit einem Pilzmittel.

Nebenwirkungen, Folgeschäden

Bei längerer Behandlungsdauer kann Kortison abhängig von der Dosis deutliche Nebenwirkungen und Folgeschä-den hinterlassen. Sichtbarstes Zeichen ist eine Gewichts-zunahme vor allem im Gesichts- und Stammbereich, ein sogenanntes Cushingsyndrom, mit der Ausbildung eines „Vollmondgesichtes“. Im Verlauf kann auch eine Zucker-krankheit, ein CF-Diabetes, ausgelöst oder verstärkt wer-den. Im Kindes- und Jugendlichenalter kann Kortison zur Wachstumsverzögerung oder zum Minderwuchs führen. Bei Erwachsenen besteht die Gefahr einer vermehrten Knochenbrüchigkeit (Osteoporose). Auch die Haut kann pergamentartig dünn werden.

ImmunsuppressivaSchwere Nebenwirkungen können vor allem die Medika-mente haben, die nach einer Lungentransplantation zur Immunsuppression verabreicht werden. Das Auftreten eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist die Regel. Auch Nierenschäden und Bluthochdruck sind häufig. Die Folge der Unterdrückung der körpereigenen Abwehr, die notwendig ist, um die drohende Transplantatabstoßung zu verhindern, ist eine erhöhte Infektanfälligkeit, die ei-ne komplette Umstellung des täglichen Lebens nach sich zieht. Dazu gehören notwendiger Weise das Meiden so-zialer Kontakte, das Tragen eines Mundschutzes in der Öffentlichkeit, verschärfte Hygienevorkehrungen und eine eingeschränkte Reisetätigkeit. Zusätzlich müssen Medika-mente zur Infektverhütung, wie z. B. Antibiotika, Antimy-kotika und Virustatika eingenommen werden.

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3.12 Reproduktion und SexualitätD ie Tatsache, dass mittlerweile mehr als 50 Prozent der Patienten mit CF das Erwachsenenalter erreicht haben, führt natürlicherweise vermehrt zum Gedanken nach ei-nem Kinderwunsch. Schließlich sind Familiengründung und Kinder für viele Menschen wichtiger Bestandteil des Lebens. Es gilt jedoch beim Thema „Kinderwunsch mit CF“ einige grundlegende Punkte zu berücksichtigen.

Medizinische Vorbedingungen beim Mann98 Prozent der männlichen Patienten sind unfruchtbar, was aber nicht heißt, dass diese Männer keine Kinder zeu-gen können. Vielmehr bedeutet dies, dass es ihnen nicht möglich ist, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen.

Die Ursachen hierfür liegen darin, dass entweder der/die Samenleiter von Geburt an fehlen, verklebt bzw. nicht durchgängig oder aber unterbrochen sind (Ductus defe-rens-Aplasie), wobei letzteres am häufigsten vorkommt.

Dies führt dazu, dass im Sperma keine Samenzellen vor-handen sind, worüber das sog. Spermiogramm Auskunft gibt, das vom Urologen oder an einem Kinderwunschzen-trum erstellt werden kann. Unbeeinflusst davon bleibt je-doch die Spermienproduktion. Die Samenzellen können nur nicht transportiert werden. Dennoch produzieren Män-ner mit CF einen Samenerguss (Ejakulat) beim Orgasmus, da neben der Spermienflüssigkeit auch Flüssigkeit aus den Samenbläschen dafür verantwortlich sind. Insgesamt ist die Menge des Ejakulats und der darin enthaltenen Spermien geringer als bei gesunden Männern.

Samenstau:Bei vielen männlichen CF-Patienten ist der Samenleiter verschlossen oder fehlt vollständig. Dies führt dazu, dass im Ejakulat keine Samenzellen zu finden sind, obwohl die Spermienproduktion in den Hoden völlig normal abläuft.

Prostata

Samenleiter

Nebenhoden

Hoden

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Methoden zur SamengewinnungLässt sich unter dieser Voraussetzung ein Kinderwunsch nicht realisieren, besteht die Möglichkeit, aus dem Hoden (Testis) oder Nebenhoden (Epididymis) Spermien zu gewinnen. Prinzipiell ist auch ein operatives Vorgehen möglich, um den/die Samenleiter wieder herzustellen. Der einfachere Weg ist die Entnahme, die dementsprechend auch von den meisten CF-Ärzten vorgeschlagen wird.

MESA

Die Methode zur Gewinnung der Spermien aus den Nebenhoden heißt MESA (engl.: Microsurgical Epididymal Sperm Aspiration = mikrochirurgische Spermienaspiration aus dem Nebenhoden). Bei diesem Verfahren wird, meist in lokaler Anästhesie oder seltener auch in Vollnarkose, der/die Samenleiter aufgesucht und freigelegt. Hieraus erfolgt dann mit einer Mikrokanüle die Entnahme von Spermien durch Ansaugen (Aspiration). In der Regel ge-schieht dies ambulant, sodass kein Aufenthalt über Nacht im Krankenhaus notwendig ist.

TESE

Die zweite Möglichkeit Samen zu gewinnen, ist die Methode TESE (Testikuläre Spermien-Extraktion). Die Spermien werden durch eine Gewebeprobe (Biopsie) des Hodens gewonnen. Bei diesem Verfahren erfolgt der Zugang über einen Hodensackschnitt, in seltenen Aus-nahmefällen auch über einen Schnitt in der Leiste. Wenn Biopsien von beiden Hoden entnommen werden sollen, ist auch dafür nur ein Schnitt erforderlich, und zwar entlang der Mittellinie des Hodensacks (Raphe), von wo aus beide Hoden erreichbar sind. Die gewonnenen Spermien werden anschließend tiefgefroren (kryokonserviert).

Künstliche BefruchtungUm bei einer künstlichen Befruchtung möglichst gute Chancen auf Erfolg zu haben, wird die sog. intracytoplas-matische Spermieninjektion (ICSI) durchgeführt. Dabei wird die Eizelle mit einer Kanüle fixiert und mit einer dün-nen Nadel das Spermium in die Eizelle eingebracht. Das gleiche Prinzip wird bei der In Vitro Fertilisation (IVF) an-gewandt, bei der zuvor der Frau eine Eizelle entnommen wird, die dann direkt mit einem Spermium beimpft wird.

Klärung der GenträgerschaftBevor diese Maßnahmen eingeleitet werden, ist es für Paa-re mit Kinderwunsch allerdings empfehlenswert, den je-weils CF-Betroffenen auf eine eventuelle Genträgerschaft

für Mukoviszidose zu testen. Sollte der Merkmalsträgertest positiv sein, besteht beim Kind eine 50 %-ige Wahrschein-lichkeit, auch an CF zu erkranken. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden können oder müssen, sollte im Gespräch mit dem CF-Arzt erörtert werden.

Neben allen medizinischen Aspekten ist aber ganz wich-tig zu betonen, dass Sexualität und Lustempfinden bei Patienten nicht durch die Mukoviszidose eingeschränkt werden, sondern ebenso gelebt werden können, wie von gesunden Menschen auch.

Medizinische Vorbedingungen bei der FrauBei der Frau sind es weniger die fehlenden anatomischen Voraussetzungen für eine Schwangerschaft als die Tatsa-che an sich, die ausführlicher Beratung bedarf. Zum einen geht es um den körperlichen Zustand der Patientin, zum anderen ist die Einnahme bestimmter Medikamente zu besprechen.

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Eine gute gesundheitliche Konstitution ist schon allein deshalb wichtig, weil im Verlauf einer Schwangerschaft die Lungenfunktion schlechter werden und dies die Prognose der Patientin langfristig verschlechtern kann. Die Lun-genfunktion sollte größer als 50 Prozent sein, wenn eine Schwangerschaft geplant wird. Denn allein das Wachstum des Embryos bedingt, dass die Lunge nach oben gedrückt wird und dadurch weniger Lungenvolumen vorhanden ist.

Zusätzliche CF-VorsorgeWährend der Schwangerschaft sind regelmäßige Unter-suchungen in kürzeren Abständen sinnvoll, um z. B. einen Schwangerschaftsdiabetes oder Bluthochdruck auszu-schließen. Dies tritt häufiger als sonst auf, weshalb der CF-Arzt am besten alle 4 Wochen Kontrollen durchführen sollte.

Fortführung der BasistherapieHinsichtlich der notwendigen Medikamente sollte in jedem Fall die Basistherapie fortgeführt werden, wobei möglichst mit Medikamenten pausiert werden sollte, die das Unge-borene schädigen könnten. Besonders wichtig bleibt aber auch in der Schwangerschaft, pulmonale Exacerbationen frühzeitig zu behandeln, um einen insgesamt stabilen All-gemeinzustand erhalten zu können.

Fazit und AusblickIm Zusammenhang mit Familienplanung und Kinder-wunsch gibt es für männliche und weibliche Patienten mit CF viele Themen mit dem CF-Arzt zu besprechen. Aus medizinischer Sicht sollten die notwendigen Therapien während und nach der Geburt eines Kindes weiterhin kon-sequent durchgeführt werden. Daneben muss die Versor-gung des Kindes während eines Krankenhausaufenthaltes eines CF-betroffenen Elternteils gewährleistet sein. Zu-dem ist auch zu beachten, dass Kinder im Kleinkindalter häufig Infekte haben, die meist viraler Herkunft sind und an denen sich Eltern schnell anstecken können. Für den Elternteil mit CF besteht dadurch eine erhöhte Gefahr für eine bronchopulmonale Exacerbation. Schon aus diesen Gründen ist Paaren bei der Familienplanung sehr zu emp-fehlen, einen möglichst breiten Unterstützungsapparat aufzubauen, um das gemeinsame Glück in Ruhe genießen zu können.

Über die vielfältigen Veränderungen im Alltag, die notwen-digen Vorbereitungen sowie die positiven und beglücken-den Aspekte, die mit der Geburt eines Kindes einherge-hen, gibt Kapitel 5 „Familienplanung“ im Psychosozialen Teil dieses Logbuchs detailliert Auskunft (s. S. 11 ff.).

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Medizinische ThemenCF im Erwachsenenalter

1 Junge ErwachseneMukoviszidose ist eine Erkrankung, die in vielfältiger Weise den Alltag und die Lebensumstände der Betroffenen be-stimmt. Sie sollte allerdings nicht der alleinige Inhalt des Lebens sein, auch wenn jeder Mukoviszidose-Patient seit der Diagnosestellung den hohen Zeitaufwand und die er-forderliche Disziplin für die Therapie kennt. Dies ist selbst- verständlich notwendig, um nach Möglichkeit keine Ver-schlechterung des Krankheitsverlaufs zu erhalten. Dane-ben bleiben aber der Wunsch nach Liebe, Geborgenheit und Partnerschaft sowie nach gesellschaftlicher Teilhabe im beruflichen und sozialen Bereich.

So ergibt sich neben der Erkrankung viel Raum für ein selbstverantwortliches, selbstständiges und selbstbewuss-tes Leben, das mit und nicht für die Mukoviszidose ge-führt werden sollte.

Mit dem Erwachsenwerden gehen viele existenzielle Ent-scheidungen einher. Ganz wesentlich ist die Wahl einer geeigneten Ausbildung und die damit angestrebte beruf-liche Tätigkeit. Dies ist oft schon für Gesunde eine große Herausforderung, gilt es doch, einen Kompromiss zwi-schen persönlichen Interessen und Wünschen und den verfügbaren Angeboten zu finden. CF-Betroffene müssen darüber hinaus auch die Erfordernisse ihrer Krankheit be-rücksichtigen und in ihre Entscheidung einfließen lassen.

Ein weiterer bedeutender Schritt ist die Loslösung vom Elternhaus. Sie bedeutet einen Zuwachs an Freiheit und Selbstständigkeit, z. B. in Bezug auf die erste eigene Woh-nung und den Haushalt, aber auch ein Mehr an Verant-wortung für das eigene Leben, respektive den Umgang

mit der Mukoviszidose. Für junge Erwachsene mit CF ist dies ein großer Schritt, haben doch bisher in der Regel die Eltern mit für die Einhaltung der erforderlichen Therapien gesorgt – eine Aufgabe, die sie nun selbst übernehmen müssen.

Es gibt viele Faktoren, die in dieser Entwicklungsphase zu berücksichtigen sind. Vor allem aber hängt die persönli-che Lebensführung von der Krankheitssituation ab, in der sich der Mukoviszidose-Betroffene gerade befindet. Jeder CF-Patient hat einen individuellen Krankheitsverlauf, die Erkrankung ist unterschiedlich weit fortgeschritten und erfordert entsprechend abgestimmte Therapieansätze und auch -umfänge, die nicht nur täglichen Aufwand bedeu- ten, sondern ggf. zusätzlich ganze Wochen, z. B. für Reha-bilitationsaufenthalte, in Anspruch nehmen. Wie ist dies mit den Wünschen und Träumen Betroffener für sich selbst und ihr Leben in Einklang zu bringen? Wo sind die durch die Mukoviszidose aufgezeigten Grenzen und wo die individuellen Spielräume?

CF-Betroffene werden sehr früh mit der Tatsache konfron-tiert, dass die Mukoviszidose möglicherweise auch der ins-gesamt verfügbaren Lebenszeit eine Grenze setzen kann. Daher fließt in viele Entscheidungen auch das Bewusstsein über die eigene Endlichkeit oder ein frühes Sterben mit ein und nimmt Einfluss auf die Lebensführung, die entspre- chend darauf abhebt, lebenswert, erfüllt und selbstbe-stimmt zu sein. Dieser Prozess wird schon in der Jugend angelegt und in den Gesprächen mit Eltern, Therapeuten, Ärzten und Freunden richtungsweisend bearbeitet.

Der Weg in die SelbstständigkeitJeder Mensch setzt sich in der Pubertät mit sich selbst und den durch die Eltern und die Gesellschaft gesetzten Grenzen auseinander. Im Gegensatz zu Gesunden jedoch werden Mukoviszidose-Betroffenen viele zusätzliche Gren-zen aufgezeigt, die den Prozess des Erwachsenwerdens erschweren.

Von daher ist es verständlich, dass manche junge Er-wachsene früher oder später eine Phase des Auspro-bierens oder der Rebellion in Bezug auf die Therapie durchleben. Dieses »Ausprobieren und Zu-sich-finden« ist zwar im Hinblick auf die Therapie aus ärztlicher Sicht nicht empfehlenswert. Für junge CF-Betroffene kann dies aber eine wichtige Erfahrung sein, um die durch die Mukoviszidose bedingten Grenzen zu erkennen und sich darauf einzustellen.

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Psychosoziale ThemenJunge Erwachsene

Die in der Pubertät erlebten Grenzerfahrungen, ob nun gesellschaftlich oder gesundheitlich, legen die Weichen für den weiteren Lebensverlauf und vermitteln auch, ab welchem Punkt Hilfen in Anspruch genommen werden müssen. Glücklich ist, wer in dieser Entwicklungsphase umfängliche Unterstützung aus dem Elternhaus erfährt. Darüber hinaus ist die Erkenntnis wichtig, dass das »Sich-einstellen« auf die Krankheit ein Prozess ist, der nie ab-geschlossen ist, sondern sich kontinuierlich durchs Leben zieht.

Hieraus leitet sich die Erkenntnis ab, wie die Balance zwi- schen Therapieanforderung und täglichem Leben aus-sehen kann, in welchen Bereichen Unterstützung Dritter benötigt wird, und wie die Signale des Körpers zu inter-pretieren sind, um sich nicht selbst zu überschätzen. Dies führt aufgrund der sich immer ändernden Krankheitssitu-ation zu einem stets neu einzustellenden Prozess der An-passung, der auch die nähere Umgebung im privaten und beruflichen Umfeld tangiert und eine außergewöhnliche Belastung darstellen kann.

Zwischen Außenseiterrolle und Integration

So müssen CF-Kranke auch mit Widerständen rechnen, die aus der Außenseiterrolle resultieren, die ihnen seitens der Gesellschaft oder aus dem beruflichen Umfeld zuge-wiesen wird. Ständige Rücksichtnahme oder Ausgrenzen aus körperlichen Tätigkeiten führt zu einer Sonderstellung, in der sich viele Mukoviszidose-Betroffene unwohl fühlen und lernen müssen, damit zurecht zu kommen.

Dies gipfelt in Diskussionen über die Kosten erforderlicher Behandlungen oder über den Wert des Lebens, da über vorgeburtliche Untersuchungsmöglichkeiten Erberkran-kungen selektiert werden könnten . . .

Über persönliche Netzwerke, Vereine, Eltern, Ärzte und öf-fentliche Institute finden Menschen mit CF die notwendi-gen Informationen über medizinische und wirtschaftliche Hilfsangebote, um ein möglichst selbstständiges Leben innerhalb der gesetzten Grenzen zu führen. Hierzu gehört auch eine ausgefüllte Sexualität, die zumeist in einer Part-nerschaft gesucht wird. Viele der Betroffenen finden einen gesunden Partner.

Es gibt mittlerweile aber vereinzelt auch Paare mit der gleichen Erkrankung, die in dieser Partnerschaft per se Verständnis und Rücksicht auf die Krankheit erfahren.

Lebensplanung contra Leben auf der Überholspur

Partnerschaft, Haushaltsführung, Arbeitsleben, Sozialkon-takte und Therapie in Einklang zu bringen, ist ein großes Ziel. Trotz der Mehrfachbelastung zeigt sich ganz eindeu-tig, dass viele Erwachsene mit Mukoviszidose ihren Le-bensmut nicht verlieren und ihr Leben sinnvoll und erfüllt gestalten möchten.

Hierher gehört die bewusste, oft frühe Entscheidung für Kinder, auch wenn der Wunsch als eine Folge der Muko-viszidose vielleicht nicht in Erfüllung geht.

CF-Betroffene erkennen die Kostbarkeit des Lebens ausgeprägter als gesunde Menschen, da sie in der Re-gel früher mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert werden. Dies alles führt zu einer bewussten, intensivierten und kontrollierten Lebensplanung, die von Außenstehen-den oft fälschlicherweise als Leben auf der Überholspur gedeutet wird.

Der Umgang mit BehördenZur Selbstständigkeit im Erwachsenenalter gehört auch die Selbstsicherheit im Umgang mit Behörden, Kranken-häusern und Ärzten.

Nicht selten zählen in unserer Gesellschaft wirtschaftliche Kriterien mehr als soziale Aspekte. Daher werden Sonder-urlaube oder die Einrichtung flexibler Arbeitszeiten, Kuren oder Rentenanträge oftmals zunächst abgewiesen. Ähn-liches gilt für Medikamente und notwendige Hilfsmittel, wie z. B. Inhalatoren. Hier gilt es konsequent die geltenden Ansprüche anzumelden und einzufordern.

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Psychosoziale ThemenPsychosoziale ThemenJunge Erwachsene

Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient

Die Wahl des behandelnden Arztes, der Ambulanz oder der Klinik ist eine Herausforderung, der sich der Betroffe-ne stellen muss.

Dazu sollte man sich entsprechend informieren und als mündiger Patient auftreten, der sich traut, Fragen zu stellen, Therapien und Medikamente mit den Ärzten zu diskutieren oder im Zweifelsfall eine zweite Fachmeinung einzuholen.

Das ist legitim und sollte schon aus reinem Eigeninte-resse geschehen, da für Mukoviszidose-Betroffene jede Verschlechterung des aktuellen Gesundheitszustandes als Minimierung der verbleibenden Gesamtzeit gesehen werden kann. Gleiches gilt selbstverständlich auch für vorhersehbare Folgeschäden der Erkrankung und daraus resultierende Fragen, wie z. B. die Option einer Lungen-transplantation.

Exkurs: Späte CF-DiagnoseDie Diagnosestellung im Erwachsenenalter kann ver-schiedene Ursachen haben. Möglicherweise bestehen nur leichte bzw. periodisch auftretende Symptome oder aber lange bestehende Symptome wurden als »untypische« Lungenerkrankung oder Verdauungsprobleme behandelt, ohne dass die Verdachtsdiagnose Mukoviszidose gestellt worden ist.

Die Diagnoseeröffnung kann starke Gefühle wie Schock, Angst und Depression, aber auch Ärger oder Nichtwahrha-ben-Wollen nach sich ziehen. Viele Patienten sind auf den zweiten Blick erleichtert, dass ihre vielfältigen Beschwer-den einen krankheitsbezogenen Zusammenhang haben und CF-assoziiert sind. Oft hat damit eine Behandlungso-dyssee ein Ende, und man fühlt sich im CF-Zentrum gut behandelt und verstanden. Viele Patienten sind auch froh, dass die eigene Kindheit nicht von dem Wissen um die chronische Erkrankung überschattet war.

Die Diagnose stellt ein einschneidendes Lebensereignis dar, das mit bedeutsamen Veränderungen für viele Di-mensionen des Lebens einhergeht: das Selbstverständnis, partnerschaftliche, berufliche und Zukunftsperspektiven sowie Lebensstil und Alltagsführung sind betroffen. Die-ser Prozess der Umwälzung des Lebenskonzepts und der Anpassung an die neue Identität als chronisch kranker Mensch mit CF braucht seine Zeit.

Wichtig ist, dass krankheitsbezogene Informationen an die individuelle CF-Symptomatik angepasst werden, die oft keinen »typischen« Verlauf hat. Für spätdiagnostizierte Erwachsene ist meist kein spezielles Aufklärungsmaterial vorhanden. Aus den Broschüren für Kinder mit CF oder der Internetrecherche trifft nicht alles auf die eigene Si-tuation zu. Daher ist das ausführliche Gespräch mit dem CF-Behandler die beste Grundlage, um Wissen über den Umgang mit der Erkrankung zu erwerben.

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2 Die Erkrankung kommunizieren

Wenn Sie im Privat- oder Berufsleben in Situationen kom-men, in denen es darum geht, über Ihre Erkrankung zu sprechen, ist es hilfreich, sich darüber bewusst zu sein, dass Sie selbst es sind, der entscheidet, in welcher Weise dies geschehen soll. Sie legen Zeitpunkt, Ort und Umfang des Gespräches fest. Auch die Art und Weise, wie Sie mit Ihrem Gegenüber reden – sachlich, vertrauensvoll oder eher beiläufig – will wohl überlegt sein.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, welches Ziel man mit seiner Information erreichen will. Die Mitteilung einer schweren Erkrankung kann, unüberlegt vermittelt, Sorgen und Ängste beim Gesprächspartner auslösen, die das wei-tere Miteinander erheblich beeinträchtigen können.

Hilfreich ist auch, darüber nachzudenken, wie Sie Ihr Ge-genüber einschätzen. Haben Sie es mit einem verständ-nisvollen, hilfsbereiten oder eher einem neugierigen oder geschäftsmäßig nüchternen Menschen zu tun?

Wer kommuniziert, möchte verstanden werden und wünscht sich möglichst »normale« Reaktionen seiner Mit-menschen. Die Erfahrungen beim Thema Mukoviszidose können diesbezüglich recht unterschiedlich sein:

Die Mitmenschen reagieren

• entsetzt, wenden sich ab und meiden zukünftig den Kontakt

• betroffen und haben Mitleid

• normal und bieten Unterstützung an

• desinteressiert und wechseln schnell das Thema

• interessiert bis neugierig, fragen nach und erzählen das Erfahrene möglicherweise weiter

Daneben sind natürlich viele andere Reaktionen denkbar. Auch Ihr persönlicher Gesundheitszustand hat Einfluss auf die Art und Weise der Kommunikation über Ihre Erkran-kung. Manchen Betroffenen fällt es leichter, angemessen zu informieren, andere tun sich schwer damit und müssen dies vielleicht sogar vorher »üben«. Ein Rollenspiel vor ei-nem wichtigen Bewerbungsgespräch kann hier z. B. sehr nützlich sein.

Informationen können schriftlich (z. B. per Faltblatt, Zeitungsartikel, Sachbuch) oder mündlich gegeben werden. Sie können inhaltlich allgemein gehalten sein oder ganz

konkret die eigene Krankheitssituation, grundsätzlich oder aktuell, beschreiben. Im Privat- wie im Berufsleben gilt: Sie sollten Ihr Gegenüber mit der Information, die Sie geben, nicht überfordern. Je näher Sie Ihrem Gesprächspartner stehen und je besser Sie ihn kennen, desto mehr Ver- ständnis können Sie erwarten.

Weniger ist oft mehr – dies gilt vor allem im Berufsleben, wenn es z. B. um eine Bewerbung geht. Hier gilt es sach-lich nur darüber zu berichten, was für die Ausbildung oder die angestrebte Arbeitsstelle hinsichtlich der Mukoviszido-se relevant ist.

Es gibt viele Möglichkeiten, über CF zu sprechen. Wir wün-schen Ihnen, in allen Lebenslagen den »richtigen«, zu Ih-nen passenden Weg zu finden.

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Psychosoziale ThemenDie Erkrankung kommunizieren

3 Bedeutung des sozialen NetzesNeben einem gut funktionierenden medizinischen Netz-werk ist für Menschen mit Mukoviszidose vor allem auch ein tragfähiges soziales Netz wichtig, das aus ganz un-terschiedlichen Personen besteht. Dazu gehören Eltern, Geschwister, der Ehepartner, Freunde und Bekannte, aber auch andere Betroffene, die man in Klinik, Reha oder auf CF-Veranstaltungen kennengelernt hat. Sie alle helfen da-bei, den Alltag mit der Mukoviszidose besser zu meistern.

Die Erfahrung zeigt, dass sich mit der Erkrankung leichter leben lässt, wenn man den Austausch mit anderen sucht, die ebenfalls Mukoviszidose haben. Neben einem grund-legenden Verständnis füreinander kann jeder daraus viel für sich und seinen Lebensalltag mitnehmen und von an-deren lernen.

Allerdings gibt es hier oft Vorbehalte, die solchen Begeg-nungen entgegenstehen:

1) Da ist einmal die Angst vor Ansteckung. Diese Sorge ist grundsätzlich unbegründet, da in CF-Zentren (stati-onär wie ambulant), in Reha-Kliniken und bei CF-Ver-anstaltungen wirksame Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden. Wer den Kontakt zu anderen CF-Kranken mei-det, nimmt sich selbst die Möglichkeit, von deren Er-fahrung zu profitieren, wenn es z. B. um Partnersuche, Berufswahl oder Rechtsansprüche geht.

2) Manche Betroffene haben auch Angst vor Verun-sicherung, wenn sie möglicherweise mit schweren Krankheitsverläufen anderer konfrontiert werden. Erfahrungsgemäß ist gerade das Gegenteil der Fall. Es kann sehr ermutigend sein zu sehen, wie positiv auch schwerst betroffene Patienten ihr Leben gestalten.

3) Im Extremfall meiden Patienten mit CF jeglichen Kon-takt zu anderen Betroffenen und versuchen alles aus-zublenden, was mit der Erkrankung zu tun hat. Das kann soweit gehen, dass man sich lieber beim Haus-arzt »um die Ecke« als in der CF-Ambulanz betreuen lässt. Auf lange Sicht birgt dies, auch bei momentan stabilem Gesundheitszustand, erhebliche Risiken. Denn gerade die Kompetenz der CF-Zentren in der Behandlung der Mukoviszidose verbessert langfristig die Lebensqualität und -prognose.

Alternativ zu persönlichen Kontakten bietet auch das Internet viele Möglichkeiten des Informationsaustausches, z. B.:• Diskussionsforen• Expertenrat zu medizinischen Fragen• Mailinglisten• Internetseiten von Betroffenen• Facebook, StudiVZ und ähnliche Internet-Portale• Chatrooms (mit oder ohne Webcam)• Online-Ausgaben von Erfahrungsberichten, z. B. aus

Zeitungen, Illustrierten u. v. m.

Die zwischenmenschliche Begegnung mit anderen Betrof-fenen ist dadurch allerdings nicht zu ersetzen.

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Psychosoziale ThemenBedeutung des sozialen Netzes

4 Gesundheit erhaltenDer Begriff »Work-Life-Balance« beherrscht schon seit einiger Zeit die Medien. Er wird als erstrebenswertes Ziel dargestellt, um besser durch den Alltag zu kommen.

4.1 Work-Life-BalanceGemeint ist damit, dass die verschiedenen Säulen des Lebens in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollten.

Das sind z. B.:

• Beruf

• Partnerschaft

• Hobbys

• Freundschaften

• Bekanntschaften

• Familie (außerhalb der Partnerschaft)

• Entspannungsphasen

• Bewegung (»Sport«)

Es wird davon ausgegangen, dass es nicht gut ist, wenn eine Säule ein zu starkes Übergewicht bekommt und zu viel Zeit in Anspruch nimmt. So kann beispielsweise für Singles die Gefahr bestehen, dass diese sich zu stark in den Beruf stürzen und dadurch Sozialkontakte, sprich Freundschaften und Familie, vernachlässigen.

Im Grunde gilt dies für Erwachsene mit Mukoviszidose genauso wie für alle anderen. Wenn hier nun von Gesund-heits-Life-Balance gesprochen wird, soll damit die Bedeu-tung einer stabilen Gesundheit für CF-Betroffene betont werden. Die Gesundheit kommt somit als weitere Säule hinzu.

Ein Beispiel soll veranschaulichen, wie wichtig eine Ge-sundheits-Life-Balance ist (siehe Kasten, rechts):

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie »riskant« der Lebensstil von Max ist, auch wenn man ihn gut nachvollziehen kann. Wie lange wird er dieses 14-Stunden-Tagesprogramm durchhalten? Schon in jungen Jahren gleicht Max’ Alltag dem eines Managers.

In der Kindheit haben sich die Eltern darum gekümmert und – idealerweise – darauf geachtet, dass Gesundheits-maßnahmen, Schule, Hobbys und Freundschaften in ei-nem guten Gleichgewicht standen. Zum Erwachsenwer-den gehört, diese Aufgabe nun selbst zu übernehmen.

Max ist 20 Jahre alt, hat Mukoviszidose und vor zwei Jahren sein Abitur gemacht. Nun macht er eine Aus-bildung als Informatiker und ist begeistert von diesem Beruf. Denn EDV hat ihn schon von Kindesbeinen an fasziniert. Und jetzt kann er damit sogar sein Geld verdienen. Natürlich hat er gesundheitliche Einschrän-kungen und muss circa viermal am Tag inhalieren. Die gesamte Therapie dauert drei Stunden pro Tag.

So bleibt kaum Zeit für Freundschaften und andere Hobbys. Natürlich ist Max Single. Wie soll er auch ei-ne Frau kennenlernen? Sein Leben besteht aus Essen, Schlafen, Ausbildung und Therapie. Bei Schulfreunden kann er sich kaum noch melden. Selbst seine Eltern sind beunruhigt. Max möchte aber diese Ausbildung machen, und zwar genauso wie Gesunde. Ganz normal eben . . .

Erschwert wird dies dadurch, dass übliche Lebensaufga-ben, wie die Abnabelung von zuhause, die Berufsfindung und Berufsausübung, Studienwahl und -beginn sowie der Auszug aus dem Elternhaus ebenfalls in dieser Lebens-phase anstehen und bewältigt werden wollen.Für alle CF-Betroffenen gilt: Es muss viel Zeit für die Gesundheit (-serhaltung) aufgewendet werden, zum Teil sogar so viel, das für die anderen Säulen deutlich weniger Zeit zur Verfügung steht.

Bei CF-Betroffenen ist die Säule »Gesundheit« eindeutig am wichtigsten, da sie bei Vernachlässigung massiven Einfluss auf alle anderen Lebensbereiche hat, und dort zu erneuten »Kürzungen« bzw. Erschütterungen der Balance führt.

Eine gesundheitliche Veränderung hat zugleich zur Folge, dass noch mehr Zeit als sonst in die Therapie investiert

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Psychosoziale ThemenGesundheit erhalten

werden muss, um wieder fit zu werden, z. B. wenn eine i.v.-Therapie nötig wird.

Genauso aber wie eine Gefahr darin bestehen kann, zu wenig Zeit für die Therapie einzuräumen, besteht eine andere möglicherweise darin, zu viel Zeit darauf zu ver-wenden und schließlich das Gefühl zu haben, man lebe nur noch für die CF. Natürlich wird eine Gesundheits-Life-Balance für jeden Erwachsenen mit CF anders aussehen. Was ist also konkret zu tun?

Generell gilt es, sich bewusst zu machen, welche Säulen aktuell zu viel »gelebt« werden, und welche deshalb ver-nachlässigt werden. Daraus folgt, Überlegungen anzustel-len, wie die Balance wiederhergestellt werden kann, z. B. wie Freundschaften, die eingeschlafen sind, neu belebt werden können.

Zugleich geht es um eine Prioritätensetzung: Was ist mir, neben der Therapie, noch wichtig? Vielleicht sollte ich um-denken, nicht alle meine Kräfte auf den Beruf konzentrie-ren und mich mehr um meine Gesundheit kümmern? Es gibt z. B. die Option, die Stundenzahl im Beruf zu redu-zieren. Denn auch die Zeit für Therapie ist genau genom-men Arbeitszeit.

Eine solche Entscheidung kann schwer werden, da jeder Mukoviszidose-Betroffene ja gern so normal wie möglich

leben möchte. Eine Stundenreduzierung wird oft als »Nie-derlage« empfunden, so als habe die CF gewonnen. Dass aber die gesundheitliche Belastbarkeit im Laufe des Le-bens sinkt, geht Gesunden genauso. Auch die Angst vor geringer Rente kann z. B. dazu führen, dem Beruf eine zu starke Rolle einzuräumen. Aber ist nicht ein funktionieren-des, soziales Netz aus Partnerschaft und Freundschaften im Alter wichtiger?

Ein CF-Betroffener drückt es so aus:

»Im Bild gesprochen ist mein Lebens-Auto ein Trabbi oder VW und eben kein Ferrari. Mit dem Trabbi oder VW kann ich wunderbar vorankommen, wenn ich ihn nicht überlaste und mich an seinen Möglichkeiten orientiere: Ich kann eben nur 100 km/h fahren und nicht 250. Es geht alles gemütlicher. Aber die Chance liegt ja auch darin, mehr zu erleben und wahrzuneh-men, als nur atemlos (!) durchs Leben zu hetzen.«

4.2 Aufbau und Pflege eines Gesundheitsnetzwerks

Wer Mukoviszidose hat, wird im Laufe seines Lebens mit vielfältigen gesundheitlichen Problemen konfrontiert. Na-hezu alle Organe können betroffen sein. Zudem hat die Erkrankung durch den immensen Zeitaufwand für die Therapien massiv Einfluss auf den Alltag und die konkrete Lebensgestaltung.

Ein soziales Netz, idealerweise aus Partner/in, Eltern, Fa-milie, Freunden und Bekannten ist wichtig, um die Her-ausforderungen des Lebens zu bewältigen.

Das gilt für Gesunde und Mukoviszidose-Kranke gleicher-maßen. Für Letztere spielt allerdings auch ein gut funk-tionierendes »Gesundheitsnetzwerk« eine wichtige Rolle. Dieses umfasst alle zur Bewältigung der Krankheit not-wendigen Einrichtungen und Fachleute, von denen der Betroffene kontinuierlich Unterstützung erfährt.

Das ist vor allem die Mukoviszidose-Ambulanz, die fach-kundig und in erreichbarer Nähe sein sollte. Es ist erfreu-lich, dass immer mehr kleinere und mittlere Ambulanzen mit sehr großen eng kooperieren. So kann für die Grund-versorgung die kleinere Ambulanz in der Nähe genutzt wer-den, die vielleicht auch noch den Vorteil der persönlicheren Betreuung bietet.

Für Sonderprobleme steht dann der große Kooperations-partner zur Verfügung, der bei eher seltenen Auffälligkeiten

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mehr Erfahrung hat. Vor dem Hintergrund der manchen-orts schwierigen Situation einer separaten Erwachsenen-versorgung scheint es wichtiger zu sein, dass es überhaupt eine gute Versorgung gibt, egal, wo sie nun stattfindet, ob in Kinderklinik oder Erwachsenenklinik. Bewährt hat es sich auch, einen Hausarzt vor Ort zu haben.

Ob dieser neben schulmedizinischer auch naturheilkundli-che Erfahrung hat, ist »Geschmackssache«, ebenso, ob er als Internist auch Lungenfacharzt ist. Es ist nur zu beach-ten, dass es nützlich ist, wenn die Aufgabengebiete der Ärzte vor Ort und in der Ambulanz gut abgesteckt sind und das Miteinander reibungslos klappt.

Zum Gesundheitsnetzwerk gehört auch die »Apotheke Ih-res Vertrauens«. Es empfiehlt sich hier, mit einer festen Apotheke zusammenzuarbeiten, damit auch kurzfristige Medikamentenbestellungen problemlos bewerkstelligt wer- den können.

Neben der Ambulanz ist meist auch eine Praxis für Phy-siotherapie vonnöten, die speziell in CF-Atemtherapie geschult und möglichst in der Nähe sein sollte. Weite Wegstrecken lassen sich mit der Berufstätigkeit oft nur schwer vereinbaren.

Wichtig ist auch, dass die erhöhten Abrechnungssätze für Mukoviszidose durch die Praxis abgerechnet werden können. In diesem Logbuch und auf der Homepage des Mukoviszidose e. V. findet sich eine Liste CF-erfahrener Physiotherapeuten.

Selbstständig mit Mukoviszidose zu leben ist eine große Herausforderung. Es kann daher hilfreich sein, in Krisen-situationen des Lebens eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Dies kann z. B. die Vorbereitung des Auszugs von zuhause sein, dramatische Veränderungen des Gesundheitszustands, ein Berufswechsel, das Ende einer Partnerschaft oder auch der Tod der Eltern. Solche

Ereignisse können die mühsam gefundene Lebensbalan-ce nachhaltig aus dem Gleichgewicht bringen und auch zu gesundheitlichen Einbrüchen führen. Der Erfahrungsaus-tausch mit Partner/in, Geschwistern oder Freunden kann stabilisierend wirken, reicht aber vielleicht nicht aus, um die Krise zu überstehen.

Hier kann psychologische Begleitung hilfreich sein. Kon-taktadressen erhält man über die CF-Ambulanz oder auch über Beratungsstellen wie Diakonie, Caritas oder Pro Fa-milia.

Wie wichtig der Aufbau des Gesundheitsnetzwerkes ist, wird besonders dann deutlich, wenn ein Mensch mit CF den Ort wechselt. Dies betrifft vor allem junge Leute, die von zuhause ausziehen, um zu studieren, einen Arbeits-platz in einer anderen Stadt anzutreten oder mit einem Freund/einer Freundin zusammenzuziehen. Dann ist ein völliger Neuaufbau des Gesundheitsnetzwerkes nötig, der viel Zeit beansprucht und neben all den anderen Heraus-forderungen des Lebens bewerkstelligt werden muss.

4.3 Reha für ErwachseneMukoviszidose-Betroffene haben die Möglichkeit, alle vier Jahre, in Ausnahmefällen auch öfter, eine Rehabilitations-maßnahme zu beantragen. Die Reha gilt heute als fest etablierte Therapiesäule. Ziel ist die gesundheitliche Sta-bilisierung.

Die Reha umfasst sowohl medizinische Aspekte, z. B. die Intensivierung der Therapie, insbesondere der Phy-siotherapie und des Sports, als auch psychosoziale As-pekte, z. B. die Teilnahme an Gesprächsrunden anderer Patienten mit CF. Sie bietet Gelegenheit, neue Therapie - optionen auszuprobieren, die eigene Therapie zu opti-mieren und noch effektiver in den Alltag zu integrieren. Gerade beim Übergang von der Schule in den Beruf oder in ein Studium kann das nützlich sein, da dies oft mit grundlegenden Veränderungen im Wohnumfeld (durch Umzug), aber auch im Hinblick auf den gesamten Tages-rhythmus einhergeht.

Die Wahl der Reha-Einrichtung ist von verschiedenen Fra-gestellungen abhängig:

Welches Klima vertrage ich am besten? Nordsee, Ostsee oder eher Mittel-/Hochgebirge? Wer z. B. an der See aufgewachsen ist oder dort schon öfter Urlaub gemacht hast, weiß, dass ihm dieses Klima gut bekommt.

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Psychosoziale ThemenGesundheit erhalten

Welche Jahreszeit bietet sich an? Ob Frühjahr, Sommer oder Herbst hängt auch davon ab, wo die Reha stattfin-det. An der Nordsee z. B. ist das Klima im Herbst meist anders als im Frühjahr oder Sommer.

Soll die Reha eher wohnortnah sein oder bewusst räumli-chen Abstand bieten? Viele können besser abschalten, wenn sie fern vom häus-lichen Umfeld ihre Reha machen.

Wie ist die Reha-Einrichtung gelegen – abseits oder stadt-nah? Zu bedenken ist, dass am Wochenende das Therapiean-gebot der Reha-Einrichtungen eingeschränkt sein kann. Eine nahe gelegene Stadt bietet Möglichkeiten für Ausflü-ge oder auch kulturelle Angebote, die man nutzen kann.

Möchte ich in eine altersübergreifende Einrichtung oder eine, die ausschließlich erwachsene Patienten betreut? Für beides gibt es gute Gründe. In der letzteren sind oft-mals mehr Patienten untergebracht. Und auch die Atmo-sphäre ist anders als in einer Einrichtung mit Kindern.

Welche Termine bietet die Einrichtung an? Welche sind noch frei? Wichtig zu beachten: Es gibt ge-trennte Reha-Maßnahmen für Pseudomonas-positive und Pseudomonas-negative Patienten.

Besteht Interesse daran, auch andere CF-Betroffene ken-nenzulernen oder möchte ich in der Reha eher mit Men-schen zusammenzutreffen, die andere gesundheitliche Probleme haben? Auch dies gilt es abzuwägen. Es sei jedoch darauf hingewie-sen, dass es sehr hilfreich sein kann, von den Erfahrungen anderer CF-Patienten zu profitieren.

Welche persönlichen Ziele setze ich mir? Möchte ich meine Physiotherapie intensivieren oder lieber eine Sozialberatung bezüglich Rente oder Schwerbehin-dertenausweis nutzen? Manche Einrichtungen haben ein besonderes Profil und besondere Schwerpunkte, die Ihren speziellen Interessen möglicherweise entgegenkommt.

In jedem Fall ist es wichtig, während der Reha Eigeniniti-ative zu entwickeln. Oft gibt es einen festen Therapieplan für Mukoviszidose. Wenn dieser individuell angepasst und auf Ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sein soll, ist es ratsam, frühzeitig das Gespräch mit dem zuständi-gen Arzt zu suchen.

Auf der Homepage www.muko.info des Mukoviszido-se e.V. und in diesem Logbuch finden sich Adresslisten

von Reha-Einrichtungen für Mukoviszidose. Nur wenige in Deutschland sind überhaupt auf CF spezialisiert.

Es ist zu empfehlen, die Wahl der Einrichtung mit der behandelnden CF-Ambulanz zu besprechen. Hilfreich ist auch, im Vorfeld einer Reha bereits Kontakt aufzunehmen. In einem persönlichen Telefonat mit dem zuständigen CF-Arzt lässt sich leicht klären, ob die eigenen Erwartungen und die Möglichkeiten der Einrichtung zusammenpas-sen.

4.4 Langfristige LebensplanungNoch vor wenigen Jahrzehnten wäre es undenkbar ge-wesen, dass sich CF-Betroffene bzw. ihre Eltern Gedan-ken um die Rente machen. Die damals sehr begrenzte Lebenserwartung ließ schon eine Berufsausbildung uner-reichbar erscheinen. Zu gravierend waren die gesundheit-lichen Einschränkungen.

Vor allem durch Fortschritte in der Medizin und Therapie, aber auch durch die Therapiedisziplin der Patienten hat sich dies heute entscheidend geändert. Damit stellt sich auch die Frage nach einer langfristigeren Lebensplanung, die über Ausbildung, Studium und Beruf hinausgeht.

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Für viele CF-Betroffene ist es eine große Herausforde-rung, mit den Überlegungen zur Beruf- und Studienpla-nung auch schon die Rentenplanung zu verknüpfen. Und doch ist dies wichtig. Denn es ist trotz aller positiven Ent-wicklungen eher unwahrscheinlich, dass CF-Betroffene bis zum regulären Rentenbeginn mit 67 Jahren arbeiten. Mu-koviszidose bleibt eine Erkrankung, die auf lange Sicht mit gesundheitlichen Veränderungen verbunden ist.

So sollte die Berufs- und Studienplanung nicht nur da-durch geprägt sein, was Spaß macht und den eigenen Neigungen entspricht, sondern auch ins Kalkül ziehen, was eine zufriedenstellende Berufsperspektive und damit eine möglichst gute Rente verspricht.

Solche Überlegungen fallen schwer, tun sich doch CF-Be-troffene leichter im »Jetzt« zu leben, anstatt an eine allzu ferne Zukunft zu denken. Ist denn überhaupt absehbar, wie sich die persönliche Gesundheitssituation entwickelt? Und soll man zusätzlich zu den CF-bedingten Einschrän-kungen noch auf berufliche Träume verzichten – zuguns-ten einer mehr oder weniger sicheren Rente? Wie so oft kommt es auch hier darauf an, für sich persönlich einen guten Mittelweg zu finden.

Denn es hat sich gezeigt, dass staatliche Leistungen, wie die Grundsicherung, Hartz IV oder eine kleine Rente, ge-rade für CF-Betroffene nicht ausreichen. Manche müssen daher sogar an gesundheitlich Erforderlichem sparen und kommen, wenn sie nicht mehr berufstätig sind, finanziell nur aus, wenn Eltern oder Partner sie unterstützen. Davon abhängig zu sein, kann emotional sehr belasten. Die Tat-sache, dass in manchen Fällen CF-Betroffene heute auch ihre Eltern überleben, ist ein Triumph der Medizin und ein persönlicher Erfolg der Betroffenen, wirft aber zugleich die Frage nach einer ausreichenden Alterssicherung auf, die ohne »Eltern-Sponsoring« auskommt.

Bei sich abzeichnender, eingeschränkter Berufsfähigkeit kann es sinnvoll sein, nicht sofort eine Vollrente, sondern zunächst eine EU-Rente zu beantragen.

Diese eröffnet Hinzuverdienstmöglichkeiten und kann möglicherweise höher sein als eine Vollrente nach nur we-nigen Jahren Vollbeschäftigung. Es empfiehlt sich jedoch immer, darüber mit den Rentenberatern der Deutschen Rentenversicherung zu sprechen.

Zum anderen kann eine EU-Rente gut sein, weil sie eine weitere Berufstätigkeit für einige Stunden ermöglicht. Be-rufstätig zu sein stärkt den Selbstwert. Es gibt das Gefühl,

dazuzugehören und nicht schon in jungen Jahren »zum alten Eisen« zu zählen. Zu arbeiten kann im wörtlichen Sinne sinnvoll sein.

Zugleich strukturiert eine Tätigkeit auch den Tag, gibt ihm einen Rhythmus und bietet im positiven Sinne Abwechs-lung von der manchmal eintönigen Therapie. Weiterhin schafft sie soziale Kontakte. Durch die Arbeit lernt man andere Menschen kennen. Alle diese Aspekte wirken sich in der Regel auch auf die Gesundheit positiv aus.

Wenn irgendwann der Zeitpunkt kommt, zu dem es ange-zeigt ist, eine Vollrente zu beantragen, so bietet dies die Chance, den Tagesablauf individueller zu gestalten und der jeweiligen Tagesform anzupassen. Viele Betroffene nutzen die neuen Freiräume, um sich flexibel, z. B. ehrenamtlich, zu engagieren. Wer dies tun möchte, dem stehen viele Mög-lichkeiten zur Verfügung (z. B. in Büchereien, bei Oxfam, in politischen Parteien oder beim Mukoviszidose e.V.).

So bleibt abschließend der Hinweis, dass es trotz aller Freude heute zu leben, wichtig ist, sich mit der Frage der persönlichen finanziellen Zukunft zu beschäftigen. Es ist zu empfehlen, sich darüber mit Eltern, Freunden, Bekann-ten sowie den Fachleuten in der CF-Ambulanz und bei der Deutschen Rentenversicherung auszutauschen. Eine be-sonders wertvolle Hilfe sind die Seminare des Selbsthilfe-vereins Mukoviszidose e.V. Hier lassen sich auch Kontakte zu anderen Betroffenen knüpfen, von deren Erfahrungen man profitieren kann.

Die Lebenserwartung bei CF ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und damit auch die Anzahl der erwachsenen Betroffenen. Viele von ihnen leben allein, in Partnerschaften oder haben eine Familie gegründet. Ei-ne Situation, die vor 30 Jahren bei diesem Krankheitsbild kaum vorstellbar war.

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Psychosoziale ThemenGesundheit erhalten

5 FamilienplanungDie Entscheidung, eine Familie zu gründen, ist auch ohne Mukoviszidose keine einfache Angelegenheit. Neben dem Kinderwunsch sind die Stabilität der Beziehung und eine finanziell abgesicherte Lage zentrale Entscheidungsfakto-ren. Betroffene mit CF – Frauen wie Männer – müssen weitere Dinge berücksichtigen, wie z. B. die eingeschränk-te Fruchtbarkeit, welche die Empfängnis oder Zeugung er-schweren, sowie genetische Aspekte der Vererbung, wenn der gesunde Partner/die gesunde Partnerin selbst Träger des CF-Gens ist.

Hier ist es notwendig, kompetente Gesprächspartner zu finden, z. B. Urologen oder genetische Berater, die das CF-Behandlungszentrum vermitteln kann. Über den Mukoviszidose Bundesverband stehen außerdem Ansprechpartner zur Verfügung, die als CF-Betroffene selbst Eltern geworden sind.

Wichtigstes Entscheidungskriterium für die Schwanger-schaft bei der Frau mit CF ist die Gesundheit. Es ist anzu-raten, das Thema frühzeitig und offen mit dem vertrauten Behandlungsteam zu besprechen und zu klären, ob und unter welchen Bedingungen eine Schwangerschaft emp-fohlen werden kann. Dabei spielen körperliche Aspekte,

wie die Stabilisierung des Krankheitsverlaufs, des Gewichts und der Lungenfunktion während der Schwangerschaft oder das Umgehen mit einem vorhandenen Diabetes, eine ganz wesentliche Rolle.

Aber auch psychosoziale Themen sollten im Gespräch mit dem Arzt und fachspezifischen Mitarbeiter vorkommen.

5.1 Kinderwunsch und Therapiemotivation»Ich mache alles, damit meine Gesundheit stabil genug ist für eine Schwangerschaft«, ist eine Aussage, die sich nicht immer einlöst. Es kann z. B. vorkommen, dass es die zukünftige Mutter in der Zeit vor der Schwangerschaft nicht geschafft hat, ihre Therapie regelmäßig durchzufüh-ren oder, wenn nötig, zu intensivieren. Dann ist die Sor-ge der Behandler berechtigt, ob in der Schwangerschaft und nach der Geburt das nötige Therapieniveau gehal-ten werden kann, um die Gesundheit der Mutter stabil zu erhalten. Aus Sicht des CF-Teams steht die mütterliche Gesundheit oben an.

Nutzen Sie also die Zeit vor einer geplanten Schwanger-schaft, um sich klar darüber zu werden, welche Therapie-elemente Sie optimieren können, und welche eingeschlif-fenen, ungünstigen Verhaltensmuster Sie im Bezug auf Ihre Gesundheit zum Besseren verändern können. Fangen Sie so früh wie möglich damit an, nicht erst wenn Sie schwanger sind!

Die Schwangerschaft kann einen starken Motivations-schub mit sich bringen, wenn sich bei den zukünftigen Eltern eine hohe Verantwortung für das ungeborene Kind entwickelt. Viele Väter und Mütter mit CF berichten, dass ihre Elternschaft sie auch auf Dauer in ihrer Therapiebe-reitschaft gestärkt hat, denn »seit ich Mutter/Vater bin, weiß ich, wofür ich Therapie mache«. Einem Kind das Le-ben zu schenken und für es zu sorgen, bestärkt auch die Selbstfürsorge und die Zukunftsorientierung der Eltern.

5.2 Gesundheitliche Risiken/Mit Energien haushalten

»Was wäre, wenn ...?« Sind Sie als Paar sich bewusst, wel-che gesundheitlichen Risiken für eine Mutter mit CF be-stehen und dass schlimmstenfalls ein Schwangerschafts-abbruch zum Schutz des mütterlichen Lebens oder ein dauerhafter gesundheitlicher Einbruch bei der Mutter dro-hen? Auch negative Ausgänge sollten einmal gedanklich durchgespielt werden, damit Sie wissen, was im Risikofall auf Sie zukommen kann.

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Psychosoziale ThemenFamilienplanung

»Wer kann unterstützen und helfen?« Wie anstrengend das Leben, insbesondere das erste Lebensjahr mit dem Neugeborenen sein wird, ist im Vorhinein kaum vorstell-bar. Der Alltag wird sich um die Bedürfnisse des Kindes drehen, der elterliche Rhythmus wird sich anpassen müs-sen. Auch wenn man am liebsten allein »klarkommen« möchte oder Hilfe schnell als Einmischung erlebt, ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld konkret über Unterstützungs-möglichkeiten durch den Partner, die Familie, Freunde oder externe Organisationen nachzudenken und entspre-chend zu planen.

Ziel sollte sein, Zeichen von Überlastung und Erschöpfung frühzeitig zu erkennen, ernst zu nehmen und Lösungen zu finden, damit dem von CF betroffenen Elternteil genügend Zeit und Raum für Ruhe, Therapie und Selbstfürsorge zur Verfügung bleibt.

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Psychosoziale ThemenFamilienplanung

6 Berufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

Um ein selbstständiges und finanziell von den Eltern un-abhängiges Leben führen zu können, wird es immer wich-tiger, eine berufliche Qualifikation zu haben, die den Le-bensunterhalt sichert.

Ein qualifizierter Schulabschluss bietet den größtmögli-chen Spielraum bei der Berufswahl. Bei einem stabilen Allgemeinzustand können CF-Betroffene eine Vielzahl von Berufsabschlüssen absolvieren, auch wenn heute die Ar-beitsagenturen immer noch fast ausschließlich zu Ausbil-dungen im Bürobereich raten.

Ausbildung oder Studium? Diese Frage stellt sich für Abi-turienten mit CF immer wieder. Wie bei Gesunden sollte das Interesse an einem bestimmten Berufszweig aus-schlaggebend sein. Wer leidenschaftlich gern Naturwis-senschaften studieren möchte, wäre vermutlich mit einer Ausbildung im kaufmännischen Bereich eher unzufrieden.

Tipps für ein Studium finden Sie unter:

www.studentenwerke.de/behinderung

Wichtig ist es, aktiv zu werden – Eigeninitiative ist gefragt! Weder ein Studienplatz noch ein Ausbildungsplatz wer-den auf dem Silbertablett serviert. Bewerbungen für einen Ausbildungs- oder Studienplatz sollten daher möglichst vor Ende der Schulzeit erfolgen. Man tut gut daran, nicht nur den persönlichen »Traumjob«, sondern auch alternati-ve Berufe ins Auge fassen.

Bei der Entscheidung Studium oder Beruf ist aber zu be-rücksichtigen, dass bei einer Berufsausbildung schon Ren-tenbeiträge in die Rentenkasse abgeführt werden. Man erwirbt dadurch Versicherungszeiten für eine erforderli-che Erwerbsminderungsrente. Bei einem Studium ist dies nicht der Fall.

6.1 Förder- und Qualifizierungs maßnahmen

Viele wissen oft gar nicht, für welchen Berufsweg sie sich entscheiden sollen bzw. wo ihre persönlichen Stärken lie-gen. Wichtig ist dann die Beratung bei den Fachdiensten für Behinderte in den Arbeitsagenturen.

Dort gibt es Informationen zu speziellen Qualifizierungs-maßnahmen, zu Ausbildungsmöglichkeiten und zu Be-rufsbildungswerken (BBW). In diesen BBWs kann z. B. ein fehlender Schulabschluss nachgeholt werden, eine Berufsorientierung erfolgen oder eine Berufsausbildung absolviert werden. Zuständig für Beratung und Kostenklä-rung sind die Arbeitsagenturen.

6.2 Gleichstellung, SchwerbehinderungBehinderte und chronisch Kranke mit Schwerbehinderten-ausweis haben Anspruch auf »Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben«, z. B. an Fördermaßnahmen für Betroffene und potentielle Arbeitgeber.

Auch CF-Betroffene, die in ihrem Ausweis eine Einstufung des Grades der Behinderung (GdB) unter 50, aber von mindestens 30 haben, können bei der Agentur für Arbeit einen Gleichstellungsantrag stellen, der ihnen diesen An-spruch sichert. Dies ist zu empfehlen, wenn sich aufgrund der Erkrankung kein geeigneter Arbeitsplatz finden lässt oder dieser durch die gesundheitlichen Einschränkungen in Gefahr ist. Sie erhalten dann in gewissem Umfang Leis-tungen zur Teilhabe, aber nicht voll umfänglich, wie im Fall einer Schwerbehinderung.

Muss man über eine bestehende Schwerbehinderung den Arbeitgeber informieren? Diese Frage wird immer wieder gestellt. Bei einer Einstufung mit einem GdB unter 50 be-steht keine Informationspflicht, da dies offiziell noch keine Schwerbehinderung darstellt. Erst mit einer Einstufung von GdB 50 und mehr gilt man als schwerbehindert und kann durch den Ausweis Vergünstigungen in Anspruch nehmen, z. B. mehr Urlaub, verbesserter Kündigungsschutz etc.

Im Bewerbungsschreiben muss der Besitz eines Schwer-behindertenausweises nicht erwähnt werden. Sinnvoll ist es eventuell dann, wenn bei der Einstellung Schwerbehin-derte bevorzugt werden, z. B. in Behörden. Auch im Be-werbungsgespräch muss der Besitz nur angegeben wer-den, wenn mündlich oder schriftlich nach einem Ausweis oder einer chronischen Erkrankung gefragt wird, und sich diese auf das Arbeitsleben auswirkt, z. B. bei regelmäßigen

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Psychosoziale ThemenBerufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

stationären Aufenthalten. Wird der Arbeitgeber allerdings nicht über den Schwerbehindertenausweis informiert, können auch die Vergünstigungen nicht genutzt werden.

6.3 Teilzeit- oder VollzeitbeschäftigungEine Vollzeitstelle mit Therapie, medizinischen Kontrollun-tersuchungen, ggf. stationären Aufenthalten und den per-sönlichen Freizeitwünschen unter einen Hut zu bringen, stellt erhebliche Anforderungen an die organisatorische Geschicklichkeit eines jeden Mukoviszidose-Betroffenen.

Ein Patentrezept dafür gibt es nicht, da jede Person ande-re Prioritäten setzt und eine unterschiedliche Belastungs-fähigkeit hat. Bei zu hoher Auslastung besteht allerdings die Gefahr, Gesundheit und Therapie zu vernachlässigen. Spätestens, wenn man sich völlig überfordert fühlt, und sich der Gesundheitszustand verschlechtert, sollte über-prüft werden, ob die Alltagsstruktur nicht verändert wer-den kann.

6.4 (Teil-) ErwerbsminderungIst die Leistungsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt, sollte über eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nachgedacht werden (§ 33 Abs. 3 SGB VI). Hier wird zwi-schen teilweiser Erwerbsminderung und voller Erwerbs-minderung unterschieden.

Wenn man sich aufgrund seiner gesundheitlichen Proble-me mit einer Vollzeittätigkeit überfordert fühlt, aber wei-terhin seinem Beruf nachgehen möchte, kann eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beantragt werden.

Ein Anspruch darauf besteht, wenn bestimmte versiche-rungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und eine

gewisse Anzahl von Beiträgen in die Rentenkasse einbe-zahlt wurde. Außerdem muss die Leistungsfähigkeit we-gen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit eingeschränkt sein, sodass mehr als drei Stunden und weniger als sechs Stunden täglich gearbeitet werden kann (§ 43 Absatz 1 Sozialgesetzbuch VI). Dabei sind auch berufsfremde Tätigkeiten zumutbar.

Wie geht man vor, um eine Teilerwerbsminderungsrente zu erhalten?

Ganz wichtig ist, im Vorfeld eine persönliche Rentenbe-ratung beim zuständigen Rentenversicherungsträger in Anspruch zu nehmen. Dabei kann geklärt werden, ob al-le versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, und wie hoch der Rentenanspruch der Teilerwerbsminde-rungsrente wäre. Bei Bedarf erhält man Hilfe beim Ausfül-len der entsprechenden Antragsformulare.

Weiterhin erforderlich ist, mit dem Arbeitgeber zu klären, ob in dem Arbeitsfeld, in dem der Arbeitnehmer bislang tätig war, eine Stundenreduzierung möglich ist. Schwerbe-hinderte Arbeitnehmer haben gemäß § 81 Absatz 5 Sozi-algesetzbuch IX einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die Gewährung dem Arbeitgeber zumutbar ist. Über konkrete Bedingungen im jeweiligen Betrieb können auch Personalrat, Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertre-tung Auskunft geben.

Der behandelnde Arzt muss eine Bescheinigung ausstel-len, aus der hervor geht, dass eine Vollzeittätigkeit auf-grund der gesundheitlichen Einschränkungen, z. B. durch verstärkte Therapiemaßnahmen, eine Überforderung dar-stellen würde, und daher eine Reduzierung der Arbeitszeit zwingend erforderlich ist.

Eventuell erfolgt noch eine Untersuchung bei einem unab-hängigen medizinischen Gutachter und/oder die Auflage, eine Reha-Maßnahme durchzuführen (nach dem Grund-satz »Reha vor Rente«).

Vorteil der Teilerwerbsminderungsrente ist, dass man weiterhin in sein berufliches Umfeld integriert bleibt, aber deutlich mehr Zeit für Therapie und persönliche Erholung hat, und zwar ohne wesentliche finanzielle Einbuße.

Wenn die gesundheitlichen Einschränkungen zu groß sind, um weiterhin berufstätig zu sein, muss über eine volle Erwerbsminderungsrente nachgedacht werden. Die Ent-scheidung dazu fällt gerade den Betroffenen sehr schwer, die gerne gearbeitet haben.

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Psychosoziale ThemenBerufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

Zum einen ist dies der »offensichtliche Beweis«, dass die Erkrankung schon erheblich fortgeschritten ist, eine Situ-ation, die man sich oft nur schwer eingestehen kann. Zum anderen fällt mit einer vollen Erwerbsminderungsrente eine Vielzahl an sozialen Kontakten und die geregelte Ta-gesstruktur weg, die durch die Berufstätigkeit gegeben war. Schon vor oder bei einer Antragstellung kann es hilf-reich sein, einen neuen »Tagesplan« für die freie Zeit zu erstellen.

Eine volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn man wegen Erkrankung oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, weniger als drei Stunden am Tag er-werbstätig zu sein. Um einen Anspruch zu haben, müs-sen wiederum versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Auch hier ist dringend anzuraten, eine persönliche Ren-tenberatung zu nutzen, um zu prüfen, ob die Vorausset-zungen für eine volle Erwerbsminderungsrente erfüllt sind, und wie hoch der mögliche Rentenanspruch wäre.

Ein entsprechender Antrag kann beim zuständigen Ren-tenversicherungsträger gestellt werden. Wiederum sind medizinische Atteste erforderlich und es kann vor Bewil-ligung eine Untersuchung bei einem Gutachter und/oder eine Reha-Maßnahme gefordert werden.

Bei einer dauerhaften Krankmeldung über einen längeren Zeitraum (78 Wochen innerhalb von drei Jahren) kann auf Initiative der Krankenversicherung eine quasi »Zwangsver-rentung« erfolgen, wenn von keiner Verbesserung des Ge-sundheitszustandes ausgegangen wird bzw. wenn durch eine geforderte Reha-Maßnahme keine Verbesserung er-zielt werden konnte. Da das Krankengeld oft höher ist als die zu erwartende Rente, kann dies zu erheblichen finan-ziellen Einbußen führen.

Erwerbsminderungsrenten werden gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI für jeweils längstens drei Jahre befristet geleistet. Durch eine medizinische Untersuchung wird geprüft, ob weiterhin ein Anspruch besteht.

Zu dieser Form der Rente können monatlich 400 Euro (Stand 2011) hinzuverdient werden. Eine Überschreitung dieser Hinzuverdienstgrenze führt zu einer Kürzung der Rente.

Bei Mukoviszidose gibt es aber heute leider immer noch junge Betroffene, die nicht die erforderlichen Rentenbei-träge leisten konnten, um den Anspruch auf eine Erwerbs-minderungsrente zu erfüllen.

Oder: Ihr Rentenanspruch ist zu gering, um sich finanzie-ren zu können. Wenn sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, gibt es für sie die Grundsicherung.

6.5 GrundsicherungSeit dem 01.01.2003 gibt es eine eigenständige Sozial-leistung: die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (seit 01.01.2005 § 41 ff SGB XII). Sie soll den grundlegenden Bedarf für den Lebens-unterhalt für Menschen sicherstellen, die aufgrund von Alter oder Erwerbsminderung ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend bestreiten können. Im Gegensatz zur Sozial-hilfe wird auf das Einkommen der Eltern oder Kinder nicht zurückgegriffen, sofern es nicht 100.000 Euro pro Jahr übersteigt.

Grundsicherungsleistungen erhalten nur Bedürftige!

Anspruchsberechtigt sind:

• Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben

• Altersrentner (> 65 Jahre) mit niedriger Rente oder

• Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.

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Die Grundsicherung wird nur auf Antrag gewährt und kann bei der zuständigen Kommune (meist Sozialamt) gestellt werden. Dort erhält man auch Informationen über Einkommens- und Vermögensgrenzen.

Eltern sind gegenüber ihren Kindern bis zum 25. Lebens-jahr unterhaltspflichtig, wenn sie sich noch in Schulausbil-dung befinden oder eine Erstausbildung noch nicht been-det ist. Bei dieser Altersgruppe ist daher immer zu prüfen, inwieweit die Eltern unterhaltspflichtig sind, und ob da-durch der Anspruch auf Grundsicherung eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. Wird diese bewilligt, umfassen die Leistungen den ortsüblichen Sozialhilfesatz, eine an-gemessene Aufwendung für Unterkunft, Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und eventuell Mehrbedarfszuschläge. Es erfolgt eine jährliche Überprü-fung, ob die Bedürftigkeit noch besteht.

6.6 Leistungen aus der PflegeversicherungDie Leistungen aus der Pflegeversicherung sind bei der Pflegekasse zu beantragen. Sie stehen gesetzlich und pri-vat kranken- und pflegeversicherten Menschen zu. Leis-tungen erhält, wer pflegebedürftig ist. Dazu zählt nach dem zurzeit noch gültigen Pflegeversicherungsgesetz

(SGB XI), wer bei den gewöhnlichen und regelmäßig wie-derkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens dau-ernd Hilfe in erheblichem oder höherem Maß braucht.

Ob und in welchem Umfang Hilfe erforderlich ist, stellt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung im Rahmen eines Hausbesuches fest. Die Prüfung der Pflegebedürf-tigkeit erfolgt nach einem für alle Krankheitsbilder und Altersgruppen gleichen Schema. Es ist wichtig, sich damit vertraut zu machen, denn es kommt nur auf den Hilfebe-darf bei ganz bestimmten, im Gesetz abschließend aufge-führten Verrichtungen an.

Das sind:

Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung

Diese Verrichtungen zählen zur Körperpflege.

Mundgerechte Zubereitung der Nahrung und Aufnahme der Nahrung

Diese Verrichtungen zählen zur Ernährung.

Selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung

Diese Verrichtungen zählen zur Mobilität.

Einkaufen, Kochen, Reinigen oder Beheizen der Wohnung; Spülen, Wechseln und Wa-schen der Wäsche und Klei-dung

Diese Verrichtungen zählen zur hauswirt-schaftlichen Versor-gung.

Die besonders zeitintensiven Maßnahmen zur Schleimele-mination zählen nur dann zur Pflege, wenn sie in unmit-telbarem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer der Verrichtungen aus dem Bereich der Körperpfle-ge, Ernährung oder Mobilität (sog. Grundpflege) erfolgen. Üblicherweise werden sie mit dem Aufstehen vorgenom-men. Gleichwohl ist ihre Berücksichtigung in der täglichen Pflegebegutachtungspraxis überaus unterschiedlich.

Die Hilfestellung kann in Form der Unterstützung, teilwei-sen oder vollständigen Übernahme der Verrichtung oder Anleitung und Beaufsichtigung mit dem Ziel der eigen-ständigen Übernahme der Verrichtung erfolgen.

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Psychosoziale ThemenBerufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

Es gibt drei Pflegestufen. Sie werden nach dem anerkannten Pflegeaufwand bei der Grundpflege unterschieden:

Pflegestufe I setzt einen Pflegeaufwand von mindestens 90 Minuten voraus, wobei mehr als 45 Minuten auf die Verrichtungen der Grundpflege, d. h. Körperpflege, Ernährung und Mobilität entfallen müssen.

Pflegestufe II erfordert einen mindestens 3-stündigen Aufwand, wobei mindestens 2 Stunden auf die Grundpflege entfallen müssen.

Pflegestufe III setzt 5 Stunden Pflegeaufwand voraus, von dem mindestens 4 Stunden Grundpflege sind.

Die Pflegeversicherung stellt verschiedene Leistungen zur Verfügung. Meist wird das Pflegegeld für selbst beschaff-te Pflegehilfen gewählt.

Das beträgt seit dem 1. Januar 2012 monatlich:

• Pflegestufe I: 235,00 E• Pflegestufe II: 440,00 E• Pflegestufe III: 700,00 E

Pflegt eine Pflegeperson mindestens 14 Stunden wö-chentlich, übt die Pflegetätigkeit nicht erwerbsmäßig aus und geht selbst keiner Berufstätigkeit im Umfang von mehr als 30 Stunden nach, werden für die Pflegetätigkeit Rentenversicherungsbeiträge an die gesetzliche Renten-versicherung abgeführt.

Die Pflegeperson ist bei Ausführung ihrer Tätigkeit ge-setzlich unfallversichert.

6.7 Widerspruch und Klage Egal, ob es um Leistungen der Kranken- oder Pflegeversi-cherung, Einstufungen zum Grad der Behinderung, Fest-stellung von Merkzeichen für Nachteilsausgleiche oder ähnliche soziale Rechte geht, der Bürger hat meist die Möglichkeit, sich mit Widerspruch und Klage gegen die sozialrechtliche Entscheidung zur Wehr zu setzen.

Widerspruchsverfahren

Wer eine ablehnende oder negative Entscheidung des Leistungsträgers, bspw. Kranken- oder Pflege kasse, Be-rufsgenossenschaft, Versorgungsamt etc. erhält, kann da-gegen Widerspruch einlegen.

Wichtig ist, dass der Widerspruch an eine Frist von ei-nem Monat ab Bekanntgabe des Bescheides gebunden ist. Damit die Frist nicht versäumt wird, empfiehlt es sich, zunächst nur Widerspruch einzulegen und eine Begrün-dung zu einem späteren Zeitpunkt anzukündigen. So kann bspw. formuliert werden:

»Gegen die Entscheidung vom . . . . . . . . . . . . . . . . . . lege ich Widerspruch ein. Ich bin der Ansicht, dass mir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . doch zusteht.

Die Begründung werde ich nachreichen. Ich bitte um eine Eingangsbestätigung.«

Damit wird erreicht, dass sich die Behörde noch einmal mit dem Anliegen des Bürgers befasst.

Für die Begründung können weitere medizinische Befund-berichte usw. vorgelegt werden, die den Anspruch unter-mauern. Um überzeugend begründen zu können, emp-fiehlt es sich, sachkundige Beratung, beispielsweise durch einen Sozialverband, eine Selbsthilfegruppe oder einen Anwalt in Anspruch zu nehmen.

Das Anliegen wird dann von der Behörde noch einmal geprüft. Ist sie danach der Ansicht, dass der Anspruch tatsächlich bestand, hilft sie dem Widerspruch ab. Das bedeutet, dass sie die beantragte Leistung gewährt. Über-zeugt die Behörde auch bei nochmaliger Prüfung und wei-terer Begründung die Argumentation nicht, weist sie den Widerspruch zurück. Das Widerspruchsverfahren ist durch Erlass des Widerspruchsbescheides abgeschlossen.

Klageverfahren

Jetzt kann nur noch Klage erhoben werden. Wichtig ist, dass die Klage innerhalb der Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheides beim Sozial gericht einge-gangen sein muss. Die Klage kann man selber – ohne Rechtsanwalt – führen. Dazu reicht ein formloses Schrei-ben an das Gericht. Alle Sozialgerichte haben eine sog. Rechtsantragsstelle. Sie gibt Hilfe bei der Formulierung und Begründung der Klage. Am Ende des Widerspruchs-bescheides steht, wo die Klage zu erheben ist, und welche Adresse das Gericht hat.

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Das Schreiben kann sinngemäß lauten:

»Gegen den Bescheid der . . . . . . . . . . . . . . . . . vom . . . . . . . . . . . . . .

und den Widerspruchsbescheid vom . . . . . . . . . . . . . ., mit dem mein Antrag abgelehnt wurde, erhebe ich Klage.

Ich meine, dass mir der Anspruch zusteht und bitte, den/die . . . . . . . . . . . . . .entsprechend zu verurteilen. Eine weitere Begründung werde ich nachreichen.«

Das Gericht bestätigt den Eingang der Klage und gibt der Klageschrift ein Aktenzeichen, unter dem der Vorgang ge-führt wird. Nach dem Gesetz ist das Gericht verpflichtet aufzuklären, worum es geht. Meist wird zu Anfang eines Klageverfahrens ein Fragebogen verschickt, mit dem um Angaben der behandelnden Ärzte etc. und die Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht gebeten wird.

Alternativ oder nach Erfordernis auch zusätzlich, kann das Gericht Gutachten durch einen dem Gericht bekannten Sachverständigen einholen. Die Kosten übernimmt die Staatskasse.

Hat das Gericht den streitigen Sachverhalt ausreichend ermittelt, wird das Verfahren beendet. Dazu kann ein Ge-richtsbescheid erlassen werden. Dieser Weg wird dann gewählt, wenn kein Erörterungsbedarf besteht, der Sach-verhalt geklärt ist und auch keine rechtlich problemati-schen Fragen anstehen.

Endet das Verfahren nicht auf dem schriftlichen Weg durch Gerichtsbescheid, werden alle Beteilig ten zu einem Verhandlungstermin vor Gericht geladen. In dem Termin erhält jede Partei Gelegenheit zur Äußerung. Kommt kei-ne Einigung zustande, zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Nach der Beratung wird die Entscheidung, das Urteil, verkündet. Es wird kurz mündlich begründet und später schriftlich abgefasst.

Die verlierende Partei hat die Möglichkeit, binnen Monats-frist nach Bekanntgabe des schriftlichen Urteils Berufung beim Landessozialgericht einzulegen. Führt das Verfahren nicht zu dem erstrebten Ergebnis und wird die Revision zugelassen, entscheidet das Bundessozialgericht.

Wer als Versicherter, Leistungsempfänger oder behinder-ter Mensch am Verfahren beteiligt ist, muss vor dem So-zialgericht keine Gerichtskosten zahlen. Wer im Prozess unterliegt, muss auch nur seine eigenen (Rechtsanwalts-)Kosten zahlen. Wer nicht rechtsschutzversichert ist und nicht über die finanziellen Mittel verfügt, einen Anwalt sel-ber zu bezahlen, kann Prozesskostenhilfe beantragen.

Das Sozialgerichtsverfahren ist sehr bürgerfreundlich. Die Aussichten, eine Entscheidung abzuändern, sind sehr hoch. Es besteht kein Grund, diese Chance nicht zu nut-zen.

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Psychosoziale ThemenBerufswahl, Arbeitsleben, Pflege und Rente

7 Gesundheitliche Entwicklung7.1 Verschlechterung des

AllgemeinzustandsDa Mukoviszidose eine fortschreitende Stoffwechseler-krankung ist, sieht sich jeder Betroffene trotz verbesserter Therapiemaßnahmen irgendwann mit einer Verschlechte-rung seines Gesundheitszustandes konfrontiert.

Medizinisch wird dies über die Jahre u. a. durch eine sinkende Lungenfunktion, insbesondere den FEV1-Wert, festgestellt. Liegt dieser dauerhaft unter 30 Prozent des Normalen werden CF-Betroffene in der Regel durch ihre behandelnden Ärzte auf eine Lungentransplantation an-gesprochen.

Ein Teil der Patienten ist von einer fortschreitenden Leber-fibrose betroffen und muss eventuell lebertransplantiert werden. Dadurch kann die Belastungsfähigkeit ebenfalls deutlich eingeschränkt sein, obwohl die Lungenfunktion noch nicht sehr stark beeinträchtigt ist.

Die medizinische Einschätzung einer Verschlechterung muss nicht mit der persönlichen übereinstimmen. Es gibt Betroffene, die mit sehr niedrigen Lungenfunktionswer-ten einer Vollzeittätigkeit nachgehen, während andere mit sehr guten Lungenfunktionswerten sich in ihrer Leistungs- und Belastungsfähigkeit deutlich eingeschränkt fühlen. Da es oft schwer fällt, die eigene gesundheitliche Situation realistisch einzuschätzen, kann ein Gespräch mit dem be-handelnden Arzt über den aktuellen Stand und die lang-fristige Perspektive hilfreich sein.

Sehr einschneidend ist in der Regel die Verordnung einer Sauerstofflangzeittherapie. Nicht nur für die Öffentlichkeit ist man dadurch als »Kranker« gekennzeichnet. Man kann sich dann auch selbst nicht länger einreden, dass die Ver-schlechterung nur durch einen akuten Infekt verursacht und damit vorübergehend ist – sicher ein Grund, warum viele CF-Betroffene die Nutzung von Sauerstoff möglichst lange hinauszögern.

Neben der Notwendigkeit von Sauerstoff geht eine Ver-schlechterung auch mit kontinuierlich nachlassender Leis-tungs- und Belastungsfähigkeit einher. Treppensteigen und längere Gehstrecken fallen zunehmend schwer. Akti-vitäten außerhalb des Hauses, Ausflüge, Urlaube etc. müs-sen sehr genau geplant werden, damit der notwendige Sauerstoffvorrat auch ausreicht. Infekte häufen sich, die Intervalle zwischen den stationären Aufenthalten werden immer kürzer. Soziale Kontakte sind in dieser Situation viel

schwieriger aufrecht zu erhalten als für gesunde Gleichalt-rige.

7.2 Notwendige RegelungenDa nicht alle Personen in der gleichen Lebenssituation sind (Alter, familiäres Umfeld, Arbeits- und Wohnsituation, Sozialkontakte), kann der Hilfe- und Unterstützungsbe-darf sehr unterschiedlich sein. Sinnvoll ist es daher, einen individuellen Bedarfs- und Hilfeplan zu erstellen.

Folgende Punkte sollten dabei überprüft werden:

1. Arbeitssituation – Änderung erforderlich? z. B. Reduzierung der Arbeitszeit, Rentenantrag, Ab-bruch der Ausbildung

2. Finanzielle Mittel – ausreichend? Unterstützung durch Partner/Familie möglich? Au-ßerfamiliäre Hilfen erforderlich?

3. Wohnsituation – Veränderung erforderlich? z. B. Umzug in eine behindertengerechte Wohnung, Umbaumaßnahmen

4. Soziale Kontakte – ausreichend vorhanden? Außerfamiliäre Angebote erwünscht?

5. Häusliche Versorgungssituation – Hilfe erfor-derlich? Putzen, Kochen, Einkaufen, Behördengänge

6. Steigender Hilfebedarf nicht nur bei Hauswirt-schaft – Pflegestufe beantragt? Pflegeperson vorhanden?

7. Patientenvollmacht erstellt? Wer soll sich um persönliche und geschäftliche Regelungen kümmern, wenn man dazu nicht in der Lage ist?

8. Patienten-Testament vorhanden? Welche Regelungen sind bezogen auf die medizini-sche Versorgung gewünscht?

Bei allen aufgeführten Punkten sollte jeder Betroffene Bi-lanz ziehen:

a) Gibt es einen Unterstützungsbedarf?

b) Kann ich mich selbst darum kümmern und/oder be-komme ich Unterstützung durch Familienangehörige?

c) Brauche ich außerfamiliäre Hilfe?

In großen CF-Zentren gibt es Mitarbeiter im psychosozi-alen Dienst, mit denen der Hilfebedarf ermittelt werden kann. Sie sind auch Ansprechpartner für die Einleitung

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Psychosoziale ThemenGesundheitliche Entwicklung

und Vermittlung nötiger Hilfen. In anderen Kliniken gibt es Sozialdienste, an die man sich ebenfalls wenden kann. Die Mitarbeiter dort haben eventuell keine spezifischen Kenntnisse über CF, können aber über Hilfsangebote in-formieren.

7.3 Versorgungssituation AlleinstehenderDadurch dass die Lebenserwartung bei CF kontinuierlich steigt, gibt es immer mehr CF-Betroffene, die alleinste-hend sind, und deren Eltern selbst hilfebedürftig oder verstorben sind. Wenn sich der gesundheitliche Zustand dieser Personen verschlechtert, gibt es oft keine Famili-enangehörigen, die in die Versorgung und Betreuung mit einbezogen werden könnten.

Ohne oder mit nur eingeschränkten sozialen Kontakten sind diese Menschen dann auf die Unterstützung durch soziale Dienste angewiesen.

Eines der Hauptprobleme stellt die Versorgungssituati-on im häuslichen Umfeld dar. Durch Mahlzeitendienste, Haushaltshilfen (kostenpflichtig!) und ambulant betreutes Wohnen kann versucht werden, das Leben in den eigenen vier Wänden möglichst lange aufrecht zu erhalten. Durch die eingeschränkte Mobilität kann es aber zunehmend zu einer sozialen Isolierung kommen, die für die Betroffe-nen sehr belastend ist. Kontakte per Internet oder durch ehrenamtliche Besuchsdienste sind nicht für jeden eine zufriedenstellende Lösung. Möglicherweise muss dann über den Umzug in eine andere Wohnform nachgedacht werden. Je nach Alter und Einschränkung der Leistungs-fähigkeit kommen Möglichkeiten wie Betreutes Wohnen, Wohngruppen für Körperbehinderte, Senioren- und Pfle-geheime in Betracht.

Idealerweise sollte jeder alleinstehende CF-Betroffene sich frühzeitig Gedanken machen, wie er sich bei einge-schränkter Mobilität seine Wohn- und Lebenssituation vorstellt. Selbst entsprechende Vorkehrungen nach den eigenen Wünschen zu treffen ist viel angenehmer, als bei einer akuten Verschlechterung, z. B. nach einem Kranken-hausaufenthalt, nicht mehr allein in seiner Wohnung leben zu können.

Ein zweites wesentliches Problem ist die finanzielle Si-tuation von Singles. Der gut situierte alleinstehende CF-Patient, der sich alle Wünsche erfüllen kann, ist eher die Ausnahme. Häufig ist das Einkommen durch reduzierte Arbeitszeiten, geringe Rentenansprüche oder Grundsi-cherung sehr eingeschränkt. Gibt es keine finanzielle

Unterstützung durch Partner oder Familienangehörige, ist die Finanzdecke oft so dünn, dass sie kaum bis zum Ende des Monats reicht. Für besondere Notlagen hat der Mukovizidose e.V. zwar Unterstützungsfonds geschaffen, über die bedürftige Betroffene einmalige Hilfen beantra-gen können. Kontinuierliche monatliche Zuschüsse sind aber weder darüber noch durch andere Hilfsorganisatio-nen möglich.

Daher sollte möglichst frühzeitig damit begonnen werden, Rücklagen für die finanzielle Absicherung zu bilden.

7.4 Thema LungentransplantationViele CF-Betroffene haben bereits stellvertretend bei Mit-patienten oder guten Freunden erlebt, wie die Entschei-dungsfindung für oder gegen Lungentransplantation ver-lief. Meistens ist auch der Ausgang der Transplantation bei anderen bekannt und prägt die eigene Einstellung ein Stück mit.

Diese frühe Auseinandersetzung mit der Fragestellung, ob Transplantation für die eigene Person in Frage kommt, ist wichtig. Noch bevor der eigene Krankheitsverlauf zur Entscheidungsfrage zwingt, kann eine grundsätzliche Mei-nungsbildung reifen. Dies ist ein sehr persönlicher Pro-zess, bei dem es um rationale Argumente, um Gefühle und möglicherweise auch ethische Themen geht.

Wenn der Zeitpunkt kommt, dass die eigene Belastbarkeit und Lebensqualität abnehmen und es zu Einschränkun-gen kommt, die man zunehmend als einengend erlebt,

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Psychosoziale ThemenGesundheitliche Entwicklung

macht sich die Sorge breit, wie lange sich das jetzi- ge Niveau noch halten lässt.

Hinweise kommen aus der eigenen Körperwahrnehmung, durch Rückmeldungen über objektive Werte, z. B. aus LU-FU und BGA, durch Feedbacks aus dem Behandlerteam oder auch aus dem Familien- oder Freundeskreis.

Jetzt beginnt die persönliche Auseinandersetzung Pro oder Contra Lungentransplantation noch einmal auf an-derem Niveau. Diese Entscheidungsphase verläuft oft in Wellen von Annäherung an das Thema, dann aber auch wieder von Verdrängung und Selbstschutz. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass viele Betroffene durch die Gewöh-nung an ihre eingeschränkte Belastbarkeit phasenweise weniger Leidensdruck zu haben scheinen, als sie nach der Auffassung von Behandlern und Familie schon haben müssten. Manchmal entsteht also erst durch den gut ge-meinten Druck von außen die kontinuierliche Auseinan-dersetzung mit dem Thema:

• Will ich Transplantation grundsätzlich für mich? Traue ich mir das zu?

• Welche Informationen brauche ich noch, um mich ent-scheiden zu können?

• Wer kann mich unterstützen, damit ich gut durch die Wartezeit komme?

• Mit wem kann ich meine Ängste und Ressentiments besprechen?

• Was passiert, wenn ich mich gegen eine Transplantation entscheide?

Spätestens jetzt ist es an der Zeit, gezielt Antworten auf die eigenen Fragen zu suchen. Dies kann beinhalten:

• Transplantationsseminare zu besuchen

• Erfahrungsberichte von Transplantierten in Büchern oder Filmen zu verfolgen

• Kontakte zu Transplantierten zu knüpfen

• das entscheidungsorientierte Gespräch mit dem Be-handlerteam zu suchen

Immer konkreter wird die Einschätzung, was man per-sönlich braucht, um sich auf dieses lebensrettende, aber auch risikoreiche Unterfangen einzulassen. Es gilt, einen Lebensabschnitt zu bewältigen, angefangen von oft monatelanger stationärer Wartezeit, über die inten-sivmedizinische Behandlung im Transplantationszent-rum mit einem unbekannten Behandlerteam bis hin zur

Rehabilitationsmaßnahme und Wiedereingliederung zu-hause.

Gleichzeitig sind der Ausgang der Transplantation und der Langzeitverlauf danach ungewiss. Vielleicht kommen Sie auch zu dem Entschluss, dass Transplantation Sie über-fordern und Ihre Grenzen überschreiten würde. Nehmen Sie sich ernst und besprechen Sie Ihre Gedanken mit dem Arzt oder dem psychosozialen Mitarbeiter in Ihrem CF-Zentrum.

7.5 Umgang mit Sterben und TodCF-Betroffene und ihre Angehörigen sind schon vom Kindesalter an mit dem Thema Sterblichkeit und Tod konfrontiert. Die meisten Menschen verdrängen die Ge-danken daran weitestgehend und würden, daraufhin an-gesprochen, möglichst schnell das Thema wechseln. Das menschliche Unterbewusstsein jedoch setzt sich mit die-ser Realität auseinander. Es ist daher wichtig, Betroffene und ihre Angehörigen aufzufangen, wenn sie selbst bereit sind, sich damit aktiv zu beschäftigen oder das Thema direkt oder indirekt zum Problem wird.

Dabei gilt es zu akzeptieren, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg zur Bewältigung finden und gehen muss. Es gibt hierfür nicht die »einzig wahre Lösung«. Ebenso wichtig ist auch, Unterstützung anzubieten, die Menschen dabei hilft, in dieser schwierigen Lebenssituation zurecht-zukommen. Viele registrieren ihre Ängste und Gefühle zwar, haben jedoch nicht gelernt, darüber zu kommuni-zieren. Ärzte und Behandler können diese Aufgabe nicht wahrnehmen, sondern bestenfalls Unterstützungsangebo-te aufzeigen oder Anlaufstellen nennen, wo CF-Betroffene und deren Familien Beistand und psychologische Hilfe erhalten.

Diese Hilfe kann »Hilfe zur Selbsthilfe« sein, damit Betrof-fene und Angehörige lernen, ihre Gefühle zu sortieren und offen darüber zu sprechen. Jeder wählt dabei den für sich »richtigen« Gesprächskreis – sei es innerhalb der Fami-lie, in einer Partnerschaft, im Freundeskreis oder in einer Glaubensgemeinschaft.

Spätestens dann, wenn die Lungenfunktion soweit ein-geschränkt ist, dass eine Transplantation zur Diskussion steht, ist der Zeitpunkt gekommen, wo man massiv mit dem Thema Sterblichkeit konfrontiert wird und sich einer Entscheidung »über Leben und/oder Tod« stellen muss. Die Transplantation ist in der Regel der letzte Ausweg, um aktiv weiter am Leben teilnehmen zu können, beinhaltet

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jedoch das Risiko, die Operation bzw. deren Folgen mög-licherweise nicht zu überleben. Es gibt daher auch eine Gruppe Betroffener, die bewusst eine Transplantation ablehnen und den Weg des »bewussten und natürlichen« Sterbens gehen.

Allen sollte je nach Bedarf die nötige Hilfe angeboten wer-den, um die von ihnen getroffene Entscheidung individuell gestalten zu können. Entsprechende Instanzen, wie z. B. Psychologen, Seelsorger, Sterbe- und Trauerbegleiter bzw. familienorientierte Reha-Einrichtungen und Hospize sind in der Gesundheitspolitik anerkannt und in unsere Gesell-schaft integriert. Ergänzende Aufbauarbeit wäre hier aller-dings wünschenswert.

7.6 Patientenverfügung und VorsorgevollmachtDer wissenschaftliche und technische Fortschritt macht es heute möglich, schwerstkranken Menschen in einem Umfang zu helfen, der vor einigen Jahrzehnten noch nicht denkbar war.

Patientenverfügung

Solange der kranke Mensch selbst entscheidungsfähig ist, kann er die für jede ärztliche Behandlung erforderliche Zustimmung noch selber erteilen. Was aber in Fällen der eigenen Entscheidungsunfähigkeit, z. B. im Koma?

Wer im Voraus, in guten Zeiten, die ärztlich Behandlung regeln möchte, sollte eine Patientenverfügung abfassen.

Seit dem 01.09.2009 ist die Patientenverfügung in § 1901 a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie kann von einem volljährigen Menschen abgeschlos-sen werden, muss aber nicht. Natürlich ist auch niemand ein für allemal an seine Patientenverfügung gebunden. Sie kann jederzeit formlos widerrufen werden. Genauso emp-fiehlt es sich, sie in regelmäßigen Abständen (z. B. jährlich) daraufhin zu überprüfen, ob sie noch mit dem eigenen Willen übereinstimmt.

Die Patientenverfügung regelt einen medizinischen Sach-verhalt und richtet sich daher primär an den Arzt bzw. das Behandlerteam. Dieser Personenkreis soll im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des Patienten eine Richtschnur für die gewünschte oder nicht gewünschte Behandlungs-maßnahme etc. haben.

Die Patientenverfügung kann sich zusätzlich an einen Be-vollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter richten und Vorgaben bzw. Bitten zur Auslegung und Durchsetzung der Patientenverfügung enthalten. Die Verfügung ist nur in Schriftform wirksam. Das bedeutet, dass der Ausstel-ler die Verfügung eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels eines notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet. Bei notarieller Beurkundung ist die Schrift-form ebenfalls gewahrt.

Inhaltlich werden Vorgaben für Untersuchung, Heilbe-handlungen bzw. ärztliche Eingriffe gegeben. Damit die Patientenverfügung beachtet werden kann, müssen die darin enthaltenen Erklärungen frei verantwortlich, insbe-sondere ohne äußeren Druck abgegeben worden sein.

Die Patientenverfügung ist für den behandelnden Arzt verbindlich, wenn durch die Festlegung der Wille für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Missachtet der Arzt die Bestimmungen der Patientenverfügung, kann das einen strafrechtlich relevanten Tatbestand, wie z. B. eine Körper-verletzung, darstellen.

Es empfiehlt sich, den Inhalt der Patientenverfügung, die Vorgaben für Untersuchungen, Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe im Vorfeld, bei Abfassung der Patien-tenverfügung mit einem/seinem Arzt zu besprechen. Dies stellt sicher, dass die medizinische Konsequenz diverser ärztlicher Maßnahmen etc. vollständig erfasst wurde.

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Psychosoziale ThemenGesundheitliche Entwicklung

Quelle: geliefertes Bild

Damit die Patientenverfügung im Ernstfall auch beachtet werden kann, sollte sie gut auffindbar aufbewahrt und mit einer Hinweiskarte, z. B. in der Geldbörse, auf ihre Existenz aufmerksam gemacht werden.

Vorsorgevollmacht

Von der Patientenverfügung zu unterscheiden ist die Vor-sorgevollmacht. Sie ist in § 1901 c BGB angesprochen. Mit einer Vorsorgevollmacht kann »in gesunden Tagen« die Vertrauensperson ausgewählt werden, die im Fall eige-ner Entscheidungsunfähigkeit als Stellvertreter handelt.

Um alle Angelegenheiten regeln zu können, empfiehlt sich die Bevollmächtigung, in allen vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten tätig zu werden. Zu

den vermögensrechtlichen Angelegenheiten zählt z. B. die Tätigkeit gegenüber Behörden oder vor Gerichten. Dazu gehört auch, über Vermögensgegenstände (z. B. Grund-stücke oder Bankkonten) zu verfügen und Verbindlich-keiten einzugehen. Zu den persönlichen Angelegenheiten gehören Dinge wie Fragen der ärztlichen Behandlung oder Regelungen über den Aufenthalt, etwa in einem Kranken-haus oder Pflegeheim.

Obwohl es keine Formvorschrift gibt, sollte die Vorsorge-vollmacht aus Nachweisgründen und wegen der Klarheit schriftlich verfasst werden. Sie kann jederzeit widerrufen werden. Da die Erteilung einer Vollmacht stets Vertrau-enssache ist, sollte ihre Erteilung gut überdacht werden.

Patientenverfügung

§ 1901 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

(1)

1. Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall

seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt,

ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung

noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen

seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen

oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt

(Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob

diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und

Behandlungssituation zutreffen.

2. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des

Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen.

3. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos

widerrufen werden.

(2)

1. Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die

Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf

die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu,

hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den

mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf

dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche

Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt.

2. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter

Anhaltspunkte zu ermitteln.

3. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere

mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder

religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche

Wertvorstellungen des Betreuten.

(3)

Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und

Stadium einer Erkrankung des Betreuten.

(4)

1. Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung

verpflichtet werden.

2. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung

darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses

gemacht werden.

(5)

Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte

entsprechend.

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8 Reisen mit CFEs ist unbestritten: Eines der größten Hobbys Erwachse-ner mit CF ist das Reisen! Und genauso unbestritten ist, dass es im Vorfeld einer Reise Einiges zu bedenken gibt, damit sich die Auszeit auch wirklich unbeschwert gestal-tet. Denn neben den positiven Aspekte, wie Klimaverän-derung, Entspannung, Abenteuer oder einfach Zeit und Muße für die CF-Therapie, birgt das Reisen auch Risiken.

Letztere sind abhängig von Reiseziel und -dauer, dem in-dividuellen Reisestil, vor allem aber von der gesundheitli-chen Verfassung des Reisenden. Die Veränderungen im Tagesablauf und die fremde Umgebung bedingen oft, dass die Therapie nicht wie gewohnt fortgesetzt werden kann. Hinzu kommen Ernährungsumstellung, Klimawech-sel, Zeitumstellung, fehlende Hygienemöglichkeiten u. ä., was gerade bei einer chronischen Erkrankung wie CF pro-blematisch sein kann.

Reiseprobleme allgemeinZu den gängigsten Reiseproblemen gehören Infektions-krankheiten der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts sowie Sonnenschäden, Reiseübelkeit, Höhenkrankheit, Verletzungen oder Unfälle. Bei Fernreisen muss mit Durchfall oder Tropenkrankheiten gerechnet werden. Diese können individuell zusammen mit den allgemein gültigen Schutzvorkehrungen und für die Einreise erfor-derlichen Impfungen im Internet abgefragt werden, z. B. auf der Website www.fit-for-travel.de. Für die gängigsten Gesundheitsprobleme empfiehlt es sich, eine „Reiseapo-theke“ mitzunehmen.

CF-spezifische RisikenZu den Reiserisiken, die CF-Betroffene angehen, gehö-ren insbesondere infektbedingte Verschlechterungen (Exazerbationen) und übermäßiger Salzverlust durch

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Psychosoziale Themen

starkes Schwitzen, aber auch Notfallsituationen wie aku-ter Darmverschluss (DIOS), Lungenriss (Pneumothorax), Lungenblutung (Hämoptoe) oder Osteoporose-bedingte Frakturen. Diese Ereignisse und eventuelle Vorsorge-maßnahmen sollten in der CF-Ambulanz im Vorfeld einer Reise angesprochen und entsprechende Medikamente in die Reiseapotheke mit aufgenommen werden. Es muss sichergestellt sein, dass die CF-Dauertherapie mit den unverzichtbaren Medikamenten auch unterwegs weiterge-führt werden kann.

Inwieweit sich bei der Wahl des Urlaubslandes Einschrän-kungen ergeben, hängt vom jeweiligen Gesundheitszu-stand ab. Bei stark eingeschränkter Lungenfunktion oder Sauerstoffpflichtigkeit sollte z. B. vor Reiseantritt mit der Ambulanz geklärt werden, ob die Risiken einer Flugreise vertretbar sind bzw. eine Sauerstoffversorgung während des Fluges erforderlich ist und wie diese gewährleistet werden kann. Gegebenenfalls sind gezielte Untersuchun-gen im Vorfeld erforderlich, um mögliche Risiken auszu-schließen.

Medizinische Versorgung im AuslandAuch wer wenig krankheitsbedingte Einschränkungen hat, sollte sich überlegen, ob die medizinische Versorgung im Reiseland für den Fall einer gesundheitlichen Verschlech-terung oder für konkrete CF-Notfälle gegeben ist. Die In-ternetseite www.cfww.org bietet unter der Rubrik „Member Associations“ eine Liste ausländischer CF-Organisationen. In Kapitel 8 finden Sie die Kontaktadressen europäischer CF-Einrichtungen. Es empfiehlt sich, diese auszudrucken und mitzunehmen. Hilfreich ist auch, eine Beschreibung der CF-Erkrankung in Englisch oder der Sprache des Rei-selandes bei sich zu führen. Sie ist ebenfalls auf den Sei-ten der jeweiligen ausländischen Organisation im Internet zu finden. Ins Portemonnaie oder die Reisetasche gehört zudem ein Notfallausweis: Ein Muster ist z. B. auf der In-ternetseite www.mukoland.de verfügbar.

CF-Medikamente, SauerstoffBestimmte Formalitäten sind zwar lästig, aber notwen-dig. So ist bei Auslandsreisen empfehlenswert, dass CF-Betroffene die benötigten Medikamente für den Zoll in einer Liste zusammenstellen und diese von der Ambulanz bestätigen lassen. Ob die Mitnahme von Notfallmedika-menten, z. B. bestimmter Antibiotika für den häufigen Fall einer infektbedingten Verschlechterung, sinnvoll ist, sollte vorher gemeinsam mit dem Ambulanzarzt entschieden

werden. Einfuhrregelungen, insbesondere hinsichtlich des Zubehörs für die Sauerstoffversorgung, sind mit der jewei-ligen Fluglinie rechtzeitig vor Reiseantritt zu klären.

Versicherung im KrankheitsfallAuch sollte man sich informieren, welche Leistungen die gesetzlichen Krankenkassen im Reiseland im Krankheits-fall übernehmen. Eine ergänzende private Auslandsreise-versicherung ist oft zweckmäßig. Dabei sollte geprüft wer-den, welche Versicherungsfälle diese genau abdeckt. Es ist sinnvoll, nicht nur die Kosten kostspieliger Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte, sondern auch den Reise-rücktritt oder bei schwerer Erkrankung den Rücktransport abzusichern. Im Zweifelsfalle sollte vorher mit der Versi-cherung geklärt werden, ob auch Erkrankungen, die Teil oder Folge der Mukoviszidose sind, versichert sind. Bei Rückfragen gibt es Unterstützung durch die Geschäfts-stelle des Mukoviszidose e. V. oder die Verbraucherzentra-le. Zum Thema Auslandsreisekrankenversicherungen hat auch die Stiftung Finanztest informative Artikel veröffent-licht, die im Internet abrufbar sind. Die Versicherungsun-terlagen, evtl. in Kopie, sollten mit auf die Reise genom-men werden.

Wir wünschen einen erholsamen Urlaub!

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