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Das Myon- und das Tau-Neutrino Emanuel Jacobi Ein Vortrag im Rahmen des Seminars "Neutrinos" an der RWTH-Aachen, WS03/04 10.11.2003 Contents 1 Einleitung 2 2 Die Entdeckung des 3 2.1 Die Idee der Familienstruktur .................... 3 2.2 Versuchsaufbau: ............................ 4 2.3 Abschirmung ............................. 5 2.4 Ergebnis ................................ 6 3 Die Entdeckung des 8 3.1 Aufbau ................................ 8 3.2 Auswertung .............................. 11 4 Wieviele Neutrinoarten gibt es? 15 5 Bibliographie 17 5.1 Literaturnachweis ........................... 17 5.2 Bildnachweis ............................. 17 1

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Das Myon- und das Tau-Neutrino

Emanuel Jacobi

Ein Vortrag im Rahmen des Seminars "Neutrinos"an der RWTH-Aachen, WS03/04

10.11.2003

Contents

1 Einleitung 2

2 Die Entdeckung des �� 32.1 Die Idee der Familienstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Versuchsaufbau: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3 Die Entdeckung des �� 83.1 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4 Wieviele Neutrinoarten gibt es? 15

5 Bibliographie 175.1 Literaturnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175.2 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

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1 Einleitung

Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik unterscheidet man Fermionen,Teilchen mit halbzahligem Spin und Bosonen, Teilchen mit ganzzahligem Spin.Die Fermionen, zu denen auch die Neutrinos gehören, sind wiederum in Quarksund Leptonen aufgeteilt. Sowohl Quarks, als auch Leptonen teilen sich in dreiFamilien auf, jede Familie hat zwei Mitglieder. Die folgende Tabelle [i] zeigteine Übersicht über die Quarks und Leptonen:

Flavor Masse Ladung

u up 2,3 MeV 2/3d down 6,7 MeV -1/3

c charm 1,79 GeV 2/3s strange 130 MeV -1/3

t top 175 GeV 2/3b bottom 4,2 GeV -1/3

Flavor Masse Ladung

�e e-Neutrino < 3 eV 0e Elektron 0,511 MeV -1

�� �-Neutrino < 0,2 MeV 0� Myon 106 MeV -1

�� � -Neutrino < 18,2 MeV 0� Tauon 1777 MeV -1

Die Quarktheorie wurde erstmals 1964 vorgeschlagen. Damals waren das u,dund s Quark bekannt. Zehn Jahre später, 1974 wurde das c Quark entdeckt.Die Theorie schien vervollständigt, da man mit u,d und c,s zwei abgeschlosseneQuarkfamilien hatte. 1977 wurde im Fermilab das b Quark entdeckt, auf-grund der Familienstruktur wurde das t Quark postuliert, nachgewiesen hates schliesslich 1995 wiederum das Fermilab.Nachdem das Elektron schon lange bekannt war, wurde das Myon 1937 vonC.Anderson (*1905 y1991) und S.Neddermeyer (*1907) aus Nebelkammerauf-nahmen kosmischer Strahlung entdeckt. Das Myon hat eine durchschnittlicheLebensdauer von 2; 2 � 10�6s [i]. Dann zerfällt es in ein Elektron und zwei Neu-trinos. Figure (1 ) zeigt auf der linken Seite ein Pion, welches in ein Myon undein nicht sichtbares Neutrino zerfällt. Nach etwa 600�m zerfällt dann das Myon.

Figure 1: Myonenspur

Das Tau Lepton wurde 1975 am SPEAR Collider bei e+e� Kollisionen ent-deckt. Es hat eine durchschnittliche Lebensdauer von 2; 9 �10�13s [i]. Aufgrundder geringen Zerfallslänge misst man nicht das Tau direkt, sondern dessen Zer-fallsprodukte. Die deutlichste Signatur für ein Tau Ereignis zeigt Figure (2 ).Durch eine e+e� Kollision entsteht ein �+�� Paar. Das eine Tau zerfällt inein Elektron und zwei Neutrinos, das andere in ein Myon und zwei Neutrinos.Gemessen werden also genau ein Elektron und ein Myon.

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Figure 2: Tau Signatur

2 Die Entdeckung des ��2.1 Die Idee der Familienstruktur

Bis Ende der 50er Jahre ging man davon aus, daßnur eine Neutrinosorte ex-istiert. Der damals bereits in der Sowjetunion forschende, italienische PhysikerBruno Pontecorvo (*1913 y1993) beschäftigte sich mit der Frage, warum sich dasbeim �-Zerfall auftretende Neutrino und das ebenfalls entstehende Antineutrinonicht annihilieren.

�! e+ �e + �� (1)

Es war bekannt, daßTeilchen und Antiteilchen sich gegenseitig vernichten, ihreMasse in Energie konvertieren und in Form eines Photons abstrahlen, wenndas Teilchen und das Antiteilchen in allen Eigenschaften identisch sind. Alsmögliche Lösung seiner Frage äußerte Pontecorvo die Idee, daßdie beiden Neu-trinos sich unterscheiden, es also verschiedene Arten von Neutrinos gibt. Wenndas Neutrino und das Antineutrino nicht vom gleichen Typus sind, dann kön-nen sie sich auch nicht annihilieren. Aber inwiefern könnten sie sich unterschei-den? Am vielversprechendsten war es, eine neue Erhaltungsgröße einzuführen.Angenommen das beim �-Zerfall auftretende Neutrino trage eine Eigenschaftdes � mit sich, eine Art "Myonenhaftigkeit". Das Antineutrino dieses Zerfallshingegen trage eine "Elektronenhaftigkeit" mit sich, die sich mit der "Elektro-nenhaftigkeit" des entstehendem Elektrons ausgleicht. Diese Eigenschaft kannnicht erzeugt oder vernichtet werden. Wenn z.B. ein Myon vernichtet wird,so geht dies nur mit einem Antimyon (welches dann ja die umgekehrte "My-onenhaftigkeit" trägt), oder es entsteht ein anderes Teilchen, welches die "My-onenhaftigkeit" weiterträgt. Dieses Konzept paßte auch zu dem Betazerfalln ! p + e + �e , das Antineutrino gleicht die "Elektronenhaftigkeit" mit demElektron aus. Die Idee der Leptonen�avourzahl war geboren. [ii]Um dieses Konzept zu überprüfen schlug Pontecorvo vor, Neutrinos aus demPionenzerfall � ! �+ �� auf einen Detektor zu schießen, der nach dem selbenPrinzip funktionierte, wie der von Cowan und Reines beim Nachweis des Neutri-nos. Die Frage war, ob wie bei Cowan und Reines, Elektronen erzeugt werden.

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Wenn das Neutrino des Pionenzerfalls sich von dem Neutrino des Betazerfallsunterscheiden sollte, dann dürften keine Elektronen in inversen Betazerfällenproduziert werden.

� + n! p+ e (2)

Der Beschleuniger mit dem Pontecorvo die Experimente durchführen wolltewurde jedoch nie gebaut, so daßdie Theorie zunächst nicht überprüft werdenkonnte. Doch unabhängig davon hatte Melvin Schwartz (*1932) im Jahr 1960dieselbe Idee. Er forschte im Rahmen seiner Arbeiten zur Untersuchung derschwachen Wechselwirkung mit Neutrinos. Ihn interessierte das Verhältnis

�! e+

�! e+ � + �(3)

Für den Fall, daßnur eine Neutrinoart existiert, hatte G. Feinberg (*1933 y1992)1958 ein Verhältnis der Zerfallswahrscheinlichkeiten in der Größenordnung von10�4 [iii] errechnet. Doch schon damalige Messungen ergaben einen Wert von. 10�8 [iii]. Für den Fall, daßes verschiedene Neutrinos gäbe, sollten garkeine Elektronen entstehen. So kam Schwartz auf dieselbe Idee wie Pontecorvo.Doch im Gegensatz zu Pontecorvo hatte Schwartz Zugri¤ auf einen geeignetenBeschleuniger, das AGS (Alternating Gradient Synchrotron) in Brookhaven,den leistungsfähigsten Beschleuniger seiner Zeit mit einer maximalen Energievon 30GeV .

2.2 Versuchsaufbau:

Das AGS beschleunigt Protonen auf 15GeV [iii]. Diese werden auf ein dünnesBeryllium Target abgelenkt. Dort entstehen Pionen, die einen leicht aufge-fächerten Strahl bilden, der in 21m Entfernung vom Target auf eine Stahlab-schirmung tri¤t. Auf diesem Weg zerfallen etwa 10% der Pionen zu Myonenund �-Neutrinos.

�+ ! �+ + �� �� ! �� + �� (4)

Die Abschirmung schützt den Detektor vor den Pionen und den Myonen, nur dieNeutrinos können nahezu ungehindert passieren. Somit war es möglich einenNeutrinostrahl zu erzeugen. Den Versuchsaufbau zeigt Figure (3 ). Die Ab-schirmung wurde aus der Panzerung eines alten Schlachtschi¤es gebaut, welchegünstig erworben wurde, da die Nevis Laboratorys, an denen Schwartz forschteder US Navy gehören. Mit einer Dicke von 13; 5m reicht die Abschirmung bis zueiner Protonenenergie im Beschleuniger von etwa 17GeV , es konnte also nicht diemaximale Energie des Beschleunigers genutzt werden. Hinter der Abschirmungwerden die Neutrinos schließlich in einer Funkenkammer detektiert. Diese be-stand aus 10 Modulen mit einer Masse von jeweils 1 Tonne. Jedes Modul war aus9 Aluminiumplatten aufgebaut, deren Zwischenräume mit Neon gefüllt waren.Die Neutrinos reagieren mit den Neutronen des Aluminiums nach dem Prinzipdes inversen Betazerfalls. Es wurde sowohl nach der Reaktion � + n ! p + e,als auch nach der Reaktion � + n ! p + � gesucht. Wenn nur Myonen, aber

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Figure 3: Aufbau des Experimentes

keine Elektronen detektiert werden, dann sollte dies die Theorie der verschiedenNeutrinos beweisen. Die in der Funkenkammer entstehenden geladenen Partikelhinterlassen Spuren ionisierten Neons. Ein Szintillator triggert eine Hochspan-nung, die zwischen den Platten angelegt wird und somit die Spuren als eineReihe von Funken sichtbar macht. Elektronen und Myonen hinterlassen in derFunkenkammer eine charakteristische Signatur: Die Elektronen verlieren schnellan Energie, die in Form von Photonen abgestrahlt wird, welche wiederum spon-tan ein Elektron-Positron Paar bilden, die ihrerseits Spuren hinterlassen. Esentsteht ein Schauer, die Spur fächert sich auf. Die typische Signatur zeigtFigure (5 ). Myonen hingegen strahlen aufgrund ihrer höheren Masse wenigerEnergie ab und hinterlassen eine längere, gerade Spur, wie in Figure (6 ) zusehen.

2.3 Abschirmung

Von oben kommend können pro Sekunde einige hundert kosmische Partikel dieFunkenkammer triggern. Deshalb wurden an allen Seiten Veto Szintillatorenangebracht um ungewollte Teilchen zu kennzeichnen. Ist ein geladenes Teilchenin die Kammer sowohl eingetreten, als auch aus der Kammer ausgetreten, dannwurde die Hochspannung nicht getriggert. Nur wenn ein geladenes Teilchendie Kammer verlassen hat, ohne daßein geladenes Teilchen in die Kammereingetreten ist, dann ist das Teilchen in der Kammer entstanden und somitinteressant für diesen Versuch. Weiterhin machte man es sich zu Nutze, daßNeutrinoereignisse nur für einen sehr kurzen Zeitraum zu erwarten sind, nach-dem Protonen den Beschleuniger verlassen haben. Die Zeitintervalle in denenProtonen austreten wurden auf 20nsec reduziert und ein Cerenkov Zähler imPionenstrahl machte die Funkenkammer jeweils für 30nsec scharf, wenn Neutri-

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Figure 4: Melvin Schwartz vor der Funkenkammer

nos erwartet wurden. Somit konnte durch eine Verkürzung der "on time" derkosmische Untergrund minimiert werden.

2.4 Ergebnis

An den 25 "guten" Tagen in dem Zeitraum von einem knappen Dreivierteljahr indem das Experiment lief, war der Detektor insgesamt nur 5,5 Sekunden scharf.Dies reichte jedoch für 440 kosmische Ereignisse trotzdem den Zähler auszulösen.In derselben Zeit passierten 1014 Neutrinos den Detektor von denen 29 in derFunkenkammer reagierten. Alle reagierenden Neutrinos produzierten Myonen.Gäbe es nur eine Neutrino-Sorte, hätten etwa gleichviel Elektronen wie Myonenentstehen sollen. [viii] Der erste Beweis war erbracht, die Neutrinos aus demPionenzerfall sind andere Teilchen als die Neutrinos aus dem Betazerfall, dasKonzept der Leptonen�avourzahl hatte seine Bewährungsprobe bestanden. Fürdiesen Nachweis bekamen Melvin Schwartz, Leon M. Ledermann (*1922) undJack Steinberger (*1921) im Jahre 1988 den Nobelpreis für Physik.

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Figure 5: Signatur eines Elektrons

Figure 6: Signatur eines Myons

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3 Die Entdeckung des ��3.1 Aufbau

Nach der Entdeckung des Tau-Leptons wurde schnell das Tau-Neutrino pos-tuliert. Der Nachweis des Tau Neutrinos gelang schließlich im Jahr 2000 durchDONUT (Direct Observation of NU Tau), einer Japanisch, US-Amerikanisch,Griechisch, Koreanischen Zusammenarbeit am Fermilab in Illinois. Der Nach-weis erwies sich als schwierig, da Neutrinos nicht direkt, sondern nur durch ihregeladenen Leptonenpartner nachgewiesen werden können.

�� + n! �� + p (5)

Die Lebensdauer des Tau-Leptons beträgt aber nur 291f sec [i]. Weiterhin sindTau-Neutrinos selten. So waren von den 104 bei DONUT nachgewiesenen Neu-trinos nur 4 Tau Neutrinos.Das DOUNT Experiment wurde am TeVatron Beschleuniger durchgeführt.

800GeV Protonen wurden auf einen Wolframblock geschossen. In diesem BeamDump entstehen DS Mesonen sowie andere Charm-Partikel. Diese zerfallen in� und �� . Die mittlere Energie der �� beträgt 56GeV . Im Gegensatz zu demExperiment des �� Nachweises, bei dem das Target dünn war, damit die Pio-nen entweichen konnten, ist das Target diesmal ein dicker Block, indem die hierunerwünschten Teilchen, insbesondere � und K wechselwirken, bevor sie zer-fallen und somit andere Neutrinos erzeugen. Die �� aus dem DS Zerfall werdendurch den Block nicht aufgehalten. Die �� passieren dann eine Abschirmein-heit um schließlich auf den Detektor zu tre¤en. Figure (7 ) zeigt den Aufbauschematisch.Die Abschirmung besteht aus drei Teilen, zu sehen in Figure (8 ): Zuerst werdendie meisten geladenen Teilchen mit einem Dipolmagneten, SELMA herausge-�ltert. Nur noch hochenergetische Myonen durchdringen diesen ersten Filter.Deshalb passiert der Strahl anschließend einen torodialen Magneten, MuSweep2,der die Myonen seitlich ablenkt und somit am Detektor vorbei lenkt. Zuletztmußder Strahl noch durch eine 17m dicke Stahlabschirmung, wo verbleibendePartikel ausge�ltert werden sollen. Dennoch scha¤en es pro Protonenpuls von1013 Protonen noch etwa 2000 Myonen durch die Abschirmung und tre¤en aufden Detektor. Der Detektor besteht aus 4 Hauptteilen. Zunächst aus einemMyonenidenti�zierer mit dessen Hilfe man unterscheiden kann ob ein � -Leptonin Elektronen oder Myonen zerfallen ist. In 17% aller � Zerfälle entstehen �[v]. Mit Hilfe dieser Myonen kann man so die Vertices rekonstruieren. Der My-onenidenti�zierer besteht aus mit Ar und CO2 gefüllten Proportionalzählrohren,in denen geladene Teilchen durch ein elektrisches Feld beschleunigt werden undin Wechselwirkung mit dem Gasgemisch eine Kaskade geladener Teilchen erzeu-gen, die leicht gemessen werden können. An den Stellen des höchsten My-onen�usses be�nden sich statt dessen Szintillatoren, um die hochenergetischenMyonen aus dem Strahl zu detektieren, die das Proportionalzählrohr überlastenwürden. An nächster Stelle im Detektor kommt ein Kalorimeter, welches dieEnergie von Elektronen aus � Zerfällen und �e Events mißt. Dies funktioniert

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Figure 7: Aufbau des DONUT Experimentes

Figure 8: Abschirmung

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mit Hilfe von Szintillatoren und Bleiglas, in dem durch die Elektronen CerenkovLicht erzeugt wird, welches mit einem Photomultiplier registriert wird. Hinterdem Kalorimeter be�ndet sich eine Driftkammer, um die Spuren der Zerfallspro-dukte der entstehenden � zu rekonstruieren. Dort werden Ladung und Impulsbestimmt, falls ein Event registriert wurde. Die Driftkammer ist in viele kleine,mit Gas gefüllte Zellen eingeteilt, welche mit Drähten durchzogen sind, an de-nen eine Hochspannung anliegt. Senkrecht dazu be�nden sich Sensordrähte,denen gegenüber die Spannung abfällt. Tri¤t ein geladenes Teilchen auf einAtom, so ionisiert es dies. Die befreiten Elektron werden durch das elektrischeFeld beschleunigt und ionisieren ihrerseits wieder andere Atome. An den Sen-sordrähten kann schließlich ein elektrisches Signal gemessen werden. Durchdie vielen kleinen Zellen kann man den Weg der Teilchen durch die Driftkam-mer verfolgen. Mit Hilfe eines Magnetfeldes des Analysemagnetes ROSIE wirddas Teilchen auf eine Kreisbahn gezwungen, so läßt sich auch noch der Impulsder Teilchen bestimmen, welcher Proportional zu dem Ablenkungsradius, derLadung und dem Magnetfeld ist. Es gilt: p = qrB.Ob ein Ereignis stattgefunden hat wird wiederum durch Szintillatoren bestimmt,die die Datenakquise triggern, je nachdem ob ein geladenes Teilchen den Detek-tor nur durchquert oder in dem Detektor entstanden ist.

Figure 9: Aufbau des Detektors

Das Herzstück des Detektors sind die Emulsionstargets. Da � -Leptoneneine mittlere Zerfallslänge von nur 2,3mm haben ist ein sehr fein au�ösenderDetektor notwendig. Hauptsächlich aus Kostengründen gab es verschiedeneArten von Emulsionstargets. Die Bulk-Emulsionstargets bestehen aus Modulen

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gefüllt AgBr in Gelatine. Einfallende �� reagieren mit dem AgBr und erzeugen� -Leptonen. Die ECC-Emulsionstargets sind zusätzlich mit Stahlplatten durch-zogen, in denen es aufgrund der höheren Masse viel wahrscheinlicher ist, daßein �� mit einem Kern reagiert. Weiterhin gab es Kombinationen aus Bulk undECC-Targets.

�� + n! �� + p (6)

Die � -Leptonen ionisieren das AgBr auf die gleiche Art und Weise, wie Lichteinen Foto�lm belichtet. Anschließend kann, analog zu dem Prozeßder herkömm-lichen Fotogra�e, das Emulsionstarget entwickelt werden und die Spuren sosichtbar gemacht werden. Ein Beispiel eines entwickelten Emulsionstargets zeigtFigure (10 ). Zur Entwicklung wird das belichtete Target in dünne Scheiben

Figure 10: Scan eines Emulsionstargets

geschnitten und nach der Entwicklung gescannt. Das Zusammensetzen dereinzelnen Bilder geschieht mit Hilfe von Markierungen, die mit 55Fe vorherangebracht wurden. Weiterhin helfen die Spuren kosmischer Myonen beim ex-akten Zusammensetzen der Einzelbilder. Ein Nachteil der Emulsionstargetsist die fehlende Zeitau�ösung. Die Emulsionstargets sind mit szintillierendenGlasfasern durchzogen, um schon vor der Entwicklung des Targets bestimmenzu können wann und wo geladene Teilchen durchgegangen sind. 6000 Faserndurchziehen das Target in u,v und x Richtung und ermöglichen dadurch dieVertices zu berechnen.

3.2 Auswertung

Durch die zurückberechneten Vertices ist der Ort der Reaktion grob bekannt.Zunächst wird ein 5 � 5 � 20mm3 großes Stück gescannt. In einem solchem Stück�ndet man typischerweise 105 Spuren. Von diesen werden zunächst alle ver-worfen, die nicht in dem Stückchen entstanden sind, sondern es nur durchquert

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haben. Von den in dem Stück entstandenen Vertices werden sämtliche verwor-fen, die nur eine oder zwei Spuren besitzen. Der Rest wird mit 6�m feiner Au-�ösung gescannt und ausgewertet. Bisher hat die Auswertung 5 Tau-Neutrinosnachweisen können. Abbildung (12 ) zeigt ein Zerfall � �! e. Der Vertex wurdedurch die Spektrometer-Daten entdeckt und konnte beim feinen Scan als TauEvent identi�ziert werden. Zwei nicht identi�zierte Teilchen (graue Linien) undein Tau sind in dem Punkt entstanden, wo ein Tau Neutrino mit einem Kernreagiert hat und u.a. seinen geladenen Leptonenpartner, das Tau produzierthat. Das Tau kann durch den charakteristischen "Kink" identi�ziert werden,jenen Knick an dem der Track abrupt die Richtung ändert, weil das Tau zer-fallen ist, hier neben Neutrinos in ein Elektron. Die Abbildung zeigt das selbeEvent aus verschiedenen Perspektiven. Figure (13 ) zeigt einen Blickwinkelin verschiedenen Skalen. Zunächst im Emulsionstarget im Millimeterbereichund dann im Dezimeterbereich, der die Verfolgung des Tracks mit den szintil-lierenden Glasfasern zeigt. Außerhalb des Emulsionstargets gibt es zwei Spurenvon Elektronen, die in Frage kommen das Elektron aus dem Tau Zerfall in derEmulsion zu sein. Auf der Meterskala sieht man das Event in Figure (14 ). DasElektron durchquert nach den Emulsionstargets mit den szintillierenden Glas-fasern zunächst die Ablenkmagneten, dann die Driftkammer, das Kalorimeterund schließlich den Myonenidenti�zierer. Der Nachweis war, lang ersehnt, gelun-gen. Am 21.Juni 2000 verö¤entlichte das Fermilab die Meldung, es gäbe erstedirekte Belege dafür, daßdas seit 25 Jahren postulierte � -Neutrino tatsächlichexistiert.

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Figure 11: Aufbau des Targets

Figure 12: Event 3024/30175

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Figure 13: Event 3024/30175

Figure 14: Event 3024/30175

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4 Wieviele Neutrinoarten gibt es?

Ist die Anzahl der Leptonen mit den drei Familien Elektron, Myon und Tauabgeschlossen, oder steht für die Zukunft noch die Entdeckung weiterer Lepto-nenfamilien aus? Um diese Frage zu beantworten gibt es einige Möglichkeiten,exemplarisch beschränke ich mich auf die Bestimmung der Anzahl der Lepto-nenfamilien aus dem Z0 Zerfall.Ein Z0 Boson zerfällt in ein Fermion-Antifermionpaar:

Z0 ! f + f

Die gesamte Zerfallsbreite �Z ist die Summe der Partialbreiten:

�Z =Xf

�f

Die einzelnen Partialbreiten sind die hadronischen mit

�h = �u + �d + �s + �c + �b

(Zerfälle in Top-Quarks kommen aufgrund der hohen t-Masse nicht vor), diegeladenen leptonischen mit jeweils gleicher Partialbreite für jedes Lepton

�l = �e = �� = �� ,

sowie die Partialbreiten der Zerfälle in Neutrinos, welche für alle Neutrinoartengleich sind, aber aufgrund des geringen Wirkungsquerschnittes von Neutrinore-aktionen nicht direkt gemessen werden können. Es gilt:

�invisible = N��� : (7)

Der nicht direkt meßbare Anteil der gesamten Zerfallsbreite ist also abhängigvon der Anzahl der Neutrions N� . Für die gesamte Zerfallsbreite des Z0 Zerfallsgilt somit:

�Z = N��� + 3�l + �h (8)

es folgt für Anzahl der Neutrinos:

N� =�Z � 3�l � �h

��(9)

Die einzelnen Partialbreiten können berechnet werden. Es gilt

�f =Nfc �p2

12��Gf �m3

Z � (gf2V + gf2A ) (10)

wobei Gf die Fermikonstante, mZ die Masse des Z0, Nfc der Farbfaktor und

gfV und gfV die entsprechenden Kopplungskonstanten sind. Mißt man nun diegesamte Zerfallsbreite, so läßt sich die Neutrinoanzahl berechen. Die Z0 Zerfalls-breite wurde in mehreren Experimenten gemessen. So wurden insebesondere im

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CERN am LEP Elektronen und Positronen aufeinander geschossen und u.a. amALEPH-Detektor der Wirkungsquerschnitt in Abhängigkeit der Schwerpunkt-senergie gemessen. In dem Energiebereich um die Masse des Z0 (91; 188GeV )[i] hat der Wirkungsquerschnitt aufgrund der Z0 Resonanz, ein Maximum. DieBreite dieser Verteilung, also die Energieunschärfe der Resonanz ist die Zerfalls-breite. Der Zusammenhang zwischen Wirkungsquerschnitt und Zerfallsbreiteentspricht der Breit-Wigner Form. Es gilt:

�f �s

(s�m2z) +

s2 � �2zm2z

(11)

Figure (15 ) zeigt den Wirkungsquerschnitt in Abhängigkeit der Schwerpunk-tsenergie im Bereich

ps � mz nach den ALEPH-Mesungen.Die schwarzen

Figure 15: Z0 Resonanz

Punkte bezeichnen die Meßwerte. Der rote Graph zeigt den Verlauf des Wirkungs-querschnittes unter der Annahme von N� = 2, der Blaue unter der Annahmevon N� = 3 und der Grüne unter der Annahme von N� = 4. Der Fit der Meßw-erte ergibt einen Wert von N� = 2; 994 � 0; 012 [i] . Laut den Meßwerten vonALEPH ist für die Zukunft also keine Entdeckung einer neuen Neutrinofamiliezu erwarten und drei Familien bilden eine abgeschlossene Einheit

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5 Bibliographie

5.1 Literaturnachweis

[i] Eur. Phys. J. C 15, (2000) 1-878[ii] C. Sutton: Spaceship Neutrino, Cambridge University Press, Cambridge(1992)[iii] G. Danby et al.: Phys. Rev. Lett. 9 (1962) 36[iv] http://www.nobel.se/physics/laureates/1988/ (Stand: 24.06.2003)[v] http://www-donut.fnal.gov (Stand: 19.11.01)[vi] K. Kodama, et.al.: Physics Letters B 504 (2001) 218-224[vii] K. Kodama, et.al., NIM A 493 (2002) 45[viii] N. Schmitz: Neutrinophysik, Teubner, Stuttgart (1997)[ix] D. Buskulic et al. (ALEPH): Z. Phys. C60 (1993) 71

5.2 Bildnachweis

[3] http://www.nobel.se/physics/educational/poster/1988/neutri_2.gif[4] C. Sutton: Spaceship Neutrino, Cambridge University Press, Cambridge(1992) 86[5] G. Danby et al.: Phys. Rev. Lett. 9 (1962) 36[6] G. Danby et al.: Phys. Rev. Lett. 9 (1962) 36[7] http://www-donut.fnal.gov/web_pages/DONUT/Design/general.jpg[8] http://www.fnal.gov/pub/inquiring/physics/neutrino/discovery/photos/beam.eps[9] http://www.fnal.gov/pub/inquiring/physics/neutrino/discovery/photos/detector.eps[10] http://science.nasa.gov/newhome/headlines/images/minos/tracks.jpg[11] http://www.fnal.gov/pub/inquiring/physics/neutrino/discovery/photos/target.eps[12] http://�ab.phys.nagoya-u.ac.jp/~nonaka/graph/3024_30175_s.ps[13] http://�ab.phys.nagoya-u.ac.jp/~nonaka/graph/3024_30175_lv.ps[14] http://�ab.phys.nagoya-u.ac.jp/~nonaka/graph/3024_30175_lv.gif[15] http://alephwww.physik.uni-siegen.de/~brandt/abend/folie83.gif

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