Das Oberste Wirtschaftsgericht der Russischen Föderation

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Das Oberste Wirtschaftsgericht der Russischen Föderation Deutsch-russisches Seminar zum Insolvenzrecht 18.11.2013 Moskau Prof. Dr. Heinz Vallender , Köln

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Das Oberste Wirtschaftsgericht der Russischen Föderation. Deutsch-russisches Seminar zum Insolvenzrecht 18.11.2013 Moskau Prof. Dr. Heinz Vallender , Köln. Insolvenzverfahren und Arbeit der Insolvenzgerichte in Deutschland. § 2 InsO Amtsgericht als Insolvenzgericht - PowerPoint PPT Presentation

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Das Oberste Wirtschaftsgericht der Russischen Föderation

Deutsch-russisches Seminar zum Insolvenzrecht

18.11.2013

Moskau

Prof. Dr. Heinz Vallender , Köln

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Insolvenzverfahren und Arbeit der Insolvenzgerichte in Deutschland

§ 2 InsO

Amtsgericht als Insolvenzgericht

(1) Für das Insolvenzverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen und die Bezirke der Insolvenzgerichte abweichend festzulegen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

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Insolvenzverfahren und Arbeit der Insolvenzgerichte in Deutschland

§ 18 RpflG

(1) In Verfahren nach der Insolvenzordnung bleiben dem Richter vorbehalten:

1. das Verfahren bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag unter Einschluß dieser Entscheidung und der Ernennung des Insolvenzverwalters sowie des Verfahrens über einen Schuldenbereinigungsplan nach den §§ 305 bis 310 der Insolvenzordnung,

2. das Verfahren über einen Insolvenzplan nach den §§ 217 bis 256 und den §§ 258 bis 269 der Insolvenzordnung,

3. bei einem Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung die Entscheidungen nach den §§ 289, 296, 297 und 300 der Insolvenzordnung, wenn ein Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt, sowie die Entscheidung über den Widerruf der Restschuldbefreiung nach § 303 der Insolvenzordnung,

4. Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 der Insolvenzordnung.

(2) Der Richter kann sich das Insolvenzverfahren ganz oder teilweise vorbehalten, wenn er dies für geboten erachtet. Hält er den Vorbehalt nicht mehr für erforderlich, kann er das Verfahren dem Rechtspfleger übertragen. Auch nach der Übertragung kann er das Verfahren wieder an sich ziehen, wenn und solange er dies für erforderlich hält.

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Insolvenzverfahren und Arbeit der Insolvenzgerichte in Deutschland

Die Insolvenzzahlen für Deutschland im Jahre 2012

Die günstige Konjunkturlage hat sich weiterhin positiv auf die Insolvenzzahlen sowohl bei Unternehmen als auch bei Verbrauchern ausgewirkt.

Die Zahl der Gesamtinsolvenzen betrug 156.200.

Mit 29.500 Unternehmensinsolvenzen ist die Zahl der Insolvenzverfahren gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (30.120 Fälle) um 620 Fälle zurückgegangen.

Dies entspricht einem Rückgang um 2,1 Prozent – etwas weniger als in den beiden Vorjahren (2011: minus 6,1 Prozent; 2010: minus 2,6 Prozent).

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren ist mit 101.500 Verfahren ebenfalls rückläufig (minus 1,7%).

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Kontrolle über die Tätigkeit des Insolvenzverwalters

§ 58Aufsicht des Insolvenzgerichts

(1) Der Insolvenzverwalter steht unter der Aufsicht des Insolvenz-gerichts. Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen.

(2) Erfüllt der Verwalter seine Pflichten nicht, so kann das Gericht nach vorheriger Androhung Zwangsgeld gegen ihn festsetzen. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünfundzwanzigtausend Euro nicht übersteigen. Gegen den Beschluß steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Durchsetzung der Herausgabepflichten eines entlassenen Verwalters.

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Kontrolle über die Tätigkeit des Insolvenzverwalters

§ 59 InsOEntlassung des Insolvenzverwalters

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung erfolgen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Verwalter, dem Gläubigerausschuß oder, wenn die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt hat, jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

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BGH v. 19.1.2012 – IX ZB 25/11

Leitsatz

Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berech-tigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen.

Problemstellung:

Wichtiger Grund für Entlassung aus dem Amt gem. § 59 InsO

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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Sachverhalt

A wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zum Treuhänder bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte ihn nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit seinem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte A dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers vor, dem er die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und der je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete. Er kündigte an, diese Rechnung aus der Masse zu begleichen. Das Insolvenzgericht bestellte A auch für die Wohlverhaltens-periode zum Treuhänder, äußerte aber Bedenken bezüglich der Erstattungsfähigkeit der eingereichten Rechnung. Im Folgenden stellte sich heraus, dass A die Rechnung bereits vollumfänglich aus der Masse beglichen hatte, obwohl von den abgerechneten zwölf Zustellungen nur drei Zustellungen von dem Drittunter-nehmer, die übrigen aber von A selbst ausgeführt worden waren.

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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Der Aufforderung des Insolvenzgerichts, den bezahlten Betrag bis auf einen Betrag von 2,70 € je Zustellung zu erstatten, kam der weitere Beteiligte zu 1 nicht nach. Das Insolvenzgericht hat daraufhin A entlassen und B zum Treuhänder bestellt. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass A seine Amtspflichten verletzt habe. Dessen sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich A – ohne Erfolg - mit der Rechtsbeschwerde.

BGH:

Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht (BGH WM 2007, 842 Rn. 8). Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeih-liches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint.

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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Ein Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Verwalters auf Berufsausübung nach Art. 12 GG (BGH WM 2009, 1662 Rdn. 6) ist in der Regel nur dann als verhältnismäßig gerechtfertigt, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen.

Auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren kann die Entlassung rechtfertigen, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masse-schädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH WM 2011, 663 Rn. 20).

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Verwalters und Befugnis zur Delegation

Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 S. 2 InsO, § 4 Abs. 1 S. 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen. BGH geht von 2,80 Euro aus.

Pflichtwidrig war es in concreto, dass Verwalter die Beauftragung des Drittunternehmers mit der Durchführung der Zustellungen nicht sogleich dem Insolvenzgericht anzeigte. Vorstand des beauftragten Unternehmens war die Ehefrau und Mitgesellschafterin der Anwaltssozietät des Verwalters.

Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzuzeigen, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist.

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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Pflichtwidrig war es, dass Verwalter verschwieg, dass der Drittunternehmer zu dem überhöhten Preis auch Zustellungen abrechnete, die nicht von jenem, sondern von ihm selbst ausgeführt worden waren.

Pflichtwidrig und möglicherweise strafbar war ferner, dass Verwalter die zu Unrecht berechneten Zustellungen an den Drittunternehmer bezahlte.

BGH: Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverlet-zungen geeignet, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören.

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters- Delegationsbefugnisse eines (vorl.) Insolvenzverwalters

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BGH v. 26.4.2012 – IX ZB 31/11, WM 2012, 1127

Leitsatz

Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenz-masse zu erteilen beabsichtigt (Fortführung von BGH v. 24.1.1991 – IX ZR 250/89, BGHZ 11, 262).

Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem GrundEntlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund

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Ein Insolvenzgläubiger, der im Insolvenzverfahren auf seine Forderung eine Quote aus der Insolvenzmasse erhalten möchte, muss sie nach Maßgabe des § 174 InsO beim Insolvenzverwalter anmelden. Forderungen können bis zur Schlussverteilung angemeldet werden. Bei der Anmeldung sind gemäß § 174 Abs. 2 InsO der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben.

Beim Insolvenzverwalter können nur erstrangige Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO angemeldet werden. Es spielt keine Rolle, ob sie bedingt oder fällig sind. Nach Verstreichen der in § 189 Abs. 1 InsO enthaltenen Ausschlussfrist ist eine Forderungsanmeldung als unzulässig zurückzuweisen.

Die Forderungsanmeldung hat schriftlich zu erfolgen. Eine Vollmacht ist durch den Vertreter beizufügen. Eine Ausnahme gilt für Rechts-anwälte (§ 88 Abs. 2 ZPO).

Die Forderungsanmeldung bewirkt nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB die Hemmung der Verjährung. Allerdings tritt diese Folge nur dann ein, wenn die Forderung tatsächlich zur Insolvenztabelle angemeldet wird. Im Übrigen tritt sie nur in Höhe des angemeldeten Betrages ein.

ForderungsanmeldungForderungsanmeldung

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Die angemeldeten Forderungen werden im Prüfungstermin geprüft. Im Verbraucherinsolvenzverfahren kann die Prüfung auf Anordnung des Gerichts auch im schriftlichen Verfahren stattfinden.

Zum Bestreiten einer angemeldeten Forderung sind die Insolvenzverwaltung, Schuldnerin oder Schuldner sowie

jede Insolvenzgläubigerin oder jeder Insolvenzgläubiger berechtigt. Die Forderungen können ganz oder teilweise nach ihrem Betrag oder ihrem Rang bestritten werden.

Haben Gläubigerinnen oder Gläubiger vorgetragen, die Forderung stamme aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Schuldnerin oder des Schuldners, so hat die Schuldnerin oder

der Schuldner im Widerspruch zusätzlich anzugeben, ob dieser Vortrag bestritten wird.

Das Insolvenzgericht wird im Termin lediglich die abgegebenen Erklärungen beurkunden. Für eine Entscheidung, ob ein Widerspruch begründet ist, ist das Insolvenzgericht nicht zuständig.

ForderungsanmeldungForderungsanmeldung

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Die Feststellung einer ganz oder teilweise bestrittenen Forderung ist auf dem Rechtsweg zu betreiben, den die allgemeinen Gesetze hierfür vorsehen (vgl. § 184 InsO).

Wird eine Forderung nicht oder nur von der Schuldnerin oder vom Schuldner bestritten, so gilt sie für das weitere Insolvenzverfahren entsprechend der Anmeldung als festgestellt (§ 178 InsO).

Der wirksame Widerspruch gegen eine angemeldete Forderung hat folgende Wirkungen (vgl. §§ 178 -185 InsO):

- Liegt für die Forderung bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel vor (Urteil, notarielles Anerkenntnis,Steuerbescheid u. ä.), so ist es Sache der oder des Bestreitenden, den Widerspruch mit den allgemein zulässigen rechtlichen Mitteln weiterzuverfolgen.

- Liegt ein solcher Schuldtitel noch nicht vor, so obliegt es der vermeintlichen Gläubigerin oder dem vermeintlichen Gläubiger, die Feststellung der Forderung auf dem hierfür allgemein vorgesehenenRechtsweg zu betreiben.

ForderungsanmeldungForderungsanmeldung

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Verfügt ein Gläubiger über Sicherungsrechte an beweglichen Sachen oder an Rechten des Schuldners, hat er auch diese gegenüber dem Verwalter anzumelden und die besicherte Forderung zu bezeichnen (§ 28 Abs. 2 InsO). Den Insolvenzver-walter trifft nämlich die Pflicht, die absonderungsberechtigten Gläubiger in dem Gläubigerverzeichnis aufzuführen, § 152 Abs. 2 S. 1 InsO. Allerdings werden die Absonderungsrechte nicht zur Tabelle angemeldet, weil die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger nicht im Rahmen der Verteilung der Insolvenzmasse, sondern grundsätzlich vorweg erfolgt (§§ 50, 51 InsO).

ForderungsanmeldungForderungsanmeldung

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Bei Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gilt die Besonderheit, dass die Gläubiger nicht nur den Grund und Betrag ihrer Forderung anzugeben haben, sondern auch die Tatsachen, aus denen sich nach ihrer Einschätzung ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt (§ 174 Abs. 2 InsO).

Der Eintrag in die Tabelle, die Forderung stamme aus einer unerlaubten Handlung, wirkt nach § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern, wenn der Schuldner dem Vortrag des Gläubigers nicht widerspricht.

ForderungsanmeldungForderungsanmeldung

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung Mit der Insolvenzanfechtung wird der Grundsatz der Gläubigergleich-behandlung

(par condicio creditorum) auf den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung erweitert.

Vermögensverschiebungen, die die Gläubigergemeinschaft benachteiligen, können nach den Vorschriften der §§ 129 ff. InsO rückgängig gemacht werden.

Damit lassen sich bis zu 10 Jahre zurückliegende und gesetzlich missbilligte Rechtshandlungen, die zu Lasten des schuldnerischen Vermögens vorgenommen wurden, revidieren.

Dadurch tritt eine Massemehrung ein.

Den für die insolvenzrechtliche Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtshandlung bestimmt § 140 InsO.

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung Grundnorm des insolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts ist § 129 InsO.

Die Anfechtungstatbestände sind in den §§ 130 bis 137 InsO geregelt.

Daneben finden sich in den §§ 138 bis 143 InsO allgemeine Vorschriften über alle Anfechtungstatbestände.

Prüfungsaufbau:

1. § 129 InsO a) Rechtshandlung b) Gläubigerbenachteiligung2. Anfechtungsgrund (§§ 130 bis 137 InsO)3. Kein Ausschluss auf Grund der allgemeinen Regelungen (Bargeschäft, § 142 InsO, Verjährung, § 146 InsO)

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Die insolvenzrechtliche Anfechtungzu b) Gläubigerbenachteiligung

Die anfechtungsrelevante Rechtshandlung muss eine Gläubiger benachteiligende Wirkung haben.

Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger muss hierbei objektiv benachteiligt werden, d.h. es ist zu prüfen, ob sich die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger ohne diese Handlung günstiger gestaltet hätte.

Danach kann bei jeglicher Verringerung der Aktiva bzw. in jeder Vermehrung der Passiva eine Benachteiligung vorliegen.

Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung:- Veräußerung einer Sache unter Wert- Kauf einer Sache zu einem überhöhten Preis- Schuldner als Sicherungsgeber stimmt z.B. Veräußerung von Sicherungsgut unter dem erzielbaren Erlös zu.

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung- Gewährung eines Darlehens an Dritten zu einem geringeren als dem marktüblichen Zinssatz

Mittelbare Benachteiligung der Gläubiger- ein etwaigere Gegenanspruch des Schuldners (z.B.) Kaufpreis erweist sich als nicht werthaltig- Veräußerung erfolgte zwar zu einem angemessenen Preis, Erlös steht jedoch nicht mehr zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungAnfechtungstatbestände

Fristen

§ 130 InsO (kongruente Deckung) bis 3 Monate vor Antragstellung

§ 131 InsO (inkongruente Deckung) bis 3 Monate vor Antragstellung

§ 132 InsO (unmittelbar nachteilige bis 3 Monate vor Antragstellung

Rechtshandlung)

§ 133 Abs. 1 InsO (Vorsatzanfechtung) bis 10 Jahre vor Antragstellung

§ 134 InsO (Anfechtung unentgeltlicher bis 4 Jahre vor Antragstellung

Leistungen)

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungPrüfungsschema § 130 InsO

1. § 129 InsO2. Anfechtungstatbestand des § 130 InsONr. 1 Befriedigung oder Sicherung eines Gläubigers in den letzten 3 Monaten vor Antragstellung+ im Zeitpunkt der Handlung Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 17 InsO) sowie Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit oderNr. 2 Befriedigung oder Sicherung eines Gläubigers nach dem Insolvenzantrag+ Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit oder der Antragstellung3. Kein Bargeschäft4. Keine Verjährung (§ 146 InsO, §§ 195, 199 BGB)

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungPrüfungsschema § 131 InsO

1. § 129 InsO2. Anfechtungsgrund nach § 131 InsONr. 1 Befriedigung oder Sicherung eines Gläubigers im letzten Monat vor Antragstellung oder nach diesem Antrag, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, oderNr. 2 Befriedigung oder Sicherung eines Gläubigers innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Insolvenzantrag, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, + Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Zeitpunkt der Handlung, oder Nr. 3 Befriedigung oder Sicherung eines Gläubigers innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Insolvenzantrag, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte+ Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung3. Keine Verjährung (§ 146 InsO, §§ 195, 199 BGB)

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungPrüfungsschema § 133 InsO

1. § 129 InsO2. Anfechtungsgrund nach § 133 InsOa) Abs. 1: Rechtshandlung des Schuldners in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag oder nach dem Antrag + Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners+ Kenntnis dieses Vorsatzes durch den Anfechtungsgegner z.Zt. der Handlungb) Abs. 2: Entgeltlicher Vertrag des Schuldners mit nahe stehender Person + unmittelbare Gläubigerbenachteiligung- Ausschluss, wenn Vertragsschluss früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag- oder bei fehlender Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Vorsatz des Schuldners3. Keine Verjährung (§ 146 InsO, §§ 195, 199 BGB)

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Die insolvenzrechtliche Anfechtungzu 2a) Zur Beweislast des Insolvenzverwalters

Verwalter trägt Beweislast für anspruchsbegründen TatsachenAber: Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungs-vorsatz des Schuldners wird widerleglich vermutet, wenn der Gegner die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Gläubigerbenachteiligung kannte.Die Benachteiligung ist so zu denken, dass die anderen Gläubiger keine volle Deckung für ihre Forderungen erhalten.Der Schuldner handelt dann mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (BGHZ 155, 72, 84). Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder aber sich diese Folge als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen.

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungIst der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung bereits zahlungsunfähig, handelt er folglich nur dann nicht mit dem Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann. Starke Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Anfechtungsgegners sind- die Gewährung einer inkongruenten Deckung- die Beihilfe zur Vermögensverschleuderung- erhebliche Zahlungsrückstände des Schuldners- die Rückbuchung von Lastschriften- häufige Mahnungen und Zahlungsaufforderungen des Anfechtungsgegners- (Teil-) Zahlungen unter dem Druck eines (angedrohten) Insolvenzantrages

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungDer Verwalter muss die Kenntnis des Gegners von Tatsachen nachweisen, die auf drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen.Erhebliche Beweisanzeichen für drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sind- Scheckrücklastschrift- schleppende Teilzahlungen- Entgegennahme von Ratenzahlungen auf Grund eines Stillhalteabkommens Entgegennahme von Ratenzahlungen nach Insolvenzantragstellung- Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner werden über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen und jenem war den Umständen nach bewusst, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH ZIP 2009, 2253). Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass es sich dabei um Beweiszeichen i.S. eines Erfahrungssatzes handelt. Es muss eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorgenommen werden. .

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung.

Nach Ansicht des BGH (ZInsO 2008, 850) besteht eine Vermutung dafür, dass ein Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt.

Inkongruente Deckungen können grundsätzlich als Beweisanzeichen für eine Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners gewertet werden. Dies macht eine Gesamtwürdigung aber nicht entbehrlich.

Nicht ausreichend für die Widerlegung der Vermutung ist die feste Überzeugung des Anfechtungsgegners, der Schuldner werde "wieder auf die Füße kommen„.

Die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast.

Ist der Vermutungstatbestand gegeben, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis.

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungZur Widerlegung der Vermutung (Gegenbeweis) bedarf es der Darlegung und des Beweises konkreter Umstände, die es nahe liegend erscheinen lassen, dass dem Anfechtungsgegner der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war (BGH ZIP 2007, 1511).

OLG Brandenburg v. 30.4.2009 – 5 U 72/07 -„Die Beklagte hätte also substantiiert dartun und beweisen müssen, dass ihr zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt gewesen sei. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Empfang einer inkongruenten Deckung den Gegenbeweis des Anfechtungsgegners erheblich erschwert. „

OLG Stuttgart v. 21.1.2009 – 9 U 109/08

„Der Gegenbeweis hat sich auf die Vermutungsfolge zu beziehen, also die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung. Der Anfechtungsgegner muss darlegen und beweisen,

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung,dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste. Ist der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung bereits zahlungsunfähig, handelt er folglich nur dann nicht mit dem Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGHZ ZIP 2007, 1511). Entsprechende Anforderungen sind an die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO zu stellen.“

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Die insolvenzrechtliche AnfechtungZusammenfassung

1. Die vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO setzt kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger oder irgendeine Art von Treu- oder Sittenwidrigkeit voraus. Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist nur der in einer verantwortungsgesteuerten Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen.2. Gewährt der Schuldner dem Anfechtungsgegner nur eine kongruente Deckung, sind an den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes zwar erhöhte Anforderungen zu stellen, da in einem solchen Fall der Schuldner in der Regel nur seine Verbindlichkeiten erfüllen will. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schuldner die angefochtene Rechtshandlung jedoch dann mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen, wenn er zur Zeit ihrer Wirksamkeit gemäß § 140 InsO zahlungsunfähig war und seine Zahlungsunfähigkeit kannte (vgl. BGH, 5. Juni 2008, IX ZR 17/07=ZIP 2008, 1291).

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Die insolvenzrechtliche Anfechtung3. Es ist regelmäßig von einer Zahlungsunfähigkeit des späteren Insolvenzschuldners auszugehen, wenn im Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung gemäß § 140 InsO fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind (vgl. BGH, 12. Oktober 2006, IX ZR 228/03=ZIP 2006, 2222). 4. Die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des anderen Teils wird gemäß 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (vgl. BGH, 24. Mai 2007, IX ZR 97/06=ZIP 2007, 1511).5. Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO muss in Umkehr der Beweislast der Anfechtungsgegner darlegen und beweisen, dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste.

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Vollstreckung außerhalb der Krise - Vorsatzanfechtung, § 133 InsO

§ 133 InsOVorsätzliche Benachteiligung

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

BGH vom 10.12.2009 – IX ZR 128/08, ZIP 2010, 191

Leitsatz

Teilzahlungen des Schuldners, die dieser nach fruchtloser Zwangsvollstreckung im Rahmen einer vom Gerichtsvollzieher herbeigeführten Ratenzahlungsvereinbarung erbringt, sind wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar (Ergänzung zu BGHZ 155, 75=ZIP 2003, 1506; BGHZ 162, 143=ZIP 2005, 494).

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern als solche unterliegen regelmäßig nicht der Anfechtung gem. § 133 InsO, weil diese Norm eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt. Zahlungen, die einem Proto-koll des Gerichtsvollziehers (§ 762 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 110, 135 GVGA) als Folge einer Pfändung bzw. eines Pfändungsversuchs verzeichnet sind, unterliegen nicht der Vorsatzanfechtung.

Nach § 133 InsO ist der zahlungsunfähige Schuldner nicht berechtigt, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger vorsätzlich zu bevor-zugen, soweit die ihnen gegenüber bestehenden Verpflichtungen gleich-rangig sind. Voraussetzung der Vorsatzanfechtung ist in Abgrenzung zu unanfechtbaren einseitigen Gläubigerbehandlungen, ob ein willens-gesteuertes Handeln des Schuldners zur Befriedigung des Gläubigers beigetragen

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

Leistet der Schuldner zur Abwendung einer ihm angedrohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung, ist eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben.

Hat der Schuldner dagegen nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden, ist jede Möglichkeit zu einem selbst-bestimmten Handeln ausgeschaltet. Dann fehlt eine willensgeleitete Rechtshandlung des Schuldners.

Die Möglichkeit zu eigenem willensgesteuertem Handeln wird dem Schuldner nicht allein dadurch genommen, dass die Einzelzwangs-vollstreckung bereits begonnen hat.

Erbringt der Schuldner nach einer erfolglos gebliebenen Zwangsvoll-streckungsmaßnahme Leistungen an das Vollstreckungsorgan, unter-liegen diese der Vorsatzanfechtung.

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

Denn nach wie vor kann der Schuldner frei entscheiden, ob er Vermögenswerte, die das Vollstreckungsorgan bislang nicht aufgefunden hat oder die er noch von dritter Seite bekommen kann, zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers eingesetzt werden oder stattdessen die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung hinnimmt. Bargeldlose Zahlungen des Schuldners sind anfechtbar. Solange die Bank die Kontobelastung akzeptiert, beruht die Zahlung des Schuldners auf dessen eigenverantwortlicher Verfügung über sein Konto.Bareinzahlungen des Schuldners bei einer Bank mit anschlie-ßender Überweisung des eingezahlten Betrages auf das Dienstkonto des Gerichtsvollziehers sind willensgetragene Leistungen des Schuldners wie Ratenzahlungen, die er in bar am Dienstsitz des Gerichtsvollziehers erbringt. Ratenzahlungen legen die Anfechtung gerade nahe und rechtfertigen deren Einschränkung nicht. Sie sind willensgetragene Leistungen des Schuldners.

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

Zum Benachteiligungsvorsatz

Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nach § 133 Abs, 1 S. 1 InsO setzt kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus (vgl. BGH NZI 2003, 5979).

Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des anderen Teils können sich aus der Inkongruenz der Leistung in der Krise ergeben.

Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit kennt.

Die gesetzliche Vermutung kann nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden.

Die Voraussetzungen der Rechtsvermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO (=Vermutungsgrundlage) können unter Zuhilfenahme von Indizien bewiesen werden (tatsächliche Vermutung).

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Vorsatzanfechtung von Ratenzahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach fruchtloser Zwangsvollstreckung

Die Indizien können durch gegenläufige Indizien entkräftet werden; der Beweis des Gegenteils ist nicht erforderlich.

Indizwirkungen können sich bei Deckungshandlungen insbesondere aus der Inkongruenz der Erfüllungshandlung in der Krise oder aus der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ergeben.

Im letztgenannten Fall kann sich die Kenntnis von der objektiven Gläubigerbenachteiligung zugleich aus der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ergeben, wenn der Anfechtungsgegner – etwa wegen der gewerblichen Tätigkeit des Schuldners – von anderen Gläubigern mit offenen Forderungen weiß (sogen. Doppelte Vermutung).

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Anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners bei gezielter Kassenauffüllung in Erwartung des Vollstreckungsversuchs

BGH vom 3.2.2011 – XI ZR 213/09, WM 2011, 501

Leitsatz

Pfändet ein Gläubiger den Kassenbestand des Schuldners oder wendet der Schuldner eine sonst unvermeidliche Kassen-pfändung durch Zahlung an den anwesenden Vollziehungsbe-amten ab, liegt eine Rechtshandlung des Schuldners vor, wenn er zuvor die Kasse in Erwartung des Vollstreckungsversuchs gezielt aufgefüllt hat, um eine Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen.

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Anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners bei gezielter Kassenauffüllung in Erwartung des Vollstreckungsversuchs

Sachverhalt

Auf Antrag vom 11.5.2006 wurde am 1.9.2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Seit März 2002 kam es mangels liquider Mittel zu Zahlungsverzögerungen bei der Abführung der Steuerverbindlichkeiten. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte die Rückgewähr diverser Zahlungen aus 2005 und 2006, die teilweise durch Überweisungen bzw. durch Übergabe von Schecks oder Barzahlungen an den Vollziehungsbeamten erfolgten. Das LG gab der Klage teilweise statt. Mit der Berufung verlangte der Kläger u. a. Zahlung von weiteren 63 247,20 Euro, die die Schuldnerin von Juni bis Oktober 2005 an den Vollziehungsbeamten bar aus der Kasse leistete. Die Berufung blieb diesbezüglich erfolglos.

Die Revision hatte Erfolg. Die Sache wurde zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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Anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners bei gezielter Kassenauffüllung in Erwartung des Vollstreckungsversuchs

BGH: Das gezielte Bereitstellen der Mittel in der Kasse trotz des möglichen

Vollstreckungszugriffs des anwesenden Vollziehungsbeamten ist als selbstbestimmte Rechtshandlung zu werten.

Fördert der Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers, kann dies die Bewertung der Maßnahme als Rechtshandlung des Schuldners rechtfertigen.

Anzunehmen ist dies- bei einvernehmlichem Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger- bei Schaffung der Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vollstreckungshandlung durch Schuldner.BGH weiter: Rechtshandlung des Schuldners kann nicht damit begründet werden, dass er zahlte, ohne Vorlage einer richterlichen Durchsuchungsanordnung zu fordern.

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Anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners bei gezielter Kassenauffüllung in Erwartung des Vollstreckungsversuchs

Da Schuldner nicht bewusst war, dass er Vollstreckungszugriff durch entsprechende Vorlage hätte verhindern können, kann Unterlassung nicht Anknüpfungspunkt für eine Vorsatzanfechtung sein.

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Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen

BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, NZI 2008, 231

Leitsätze

1. Bei der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, darf eine Forderung, die früher ernsthaft eingefordert war, nicht mehr berücksichtigt werden, wenn inzwischen ein Stillhalteabkommen - das keine Stundung im Rechtssinne enthalten muss - mit dem Gläubiger geschlossen wurde (vgl. BGH WM 2007, 1796).

2. Nimmt eine Bank Ratenzahlungen des Schuldners entgegen, die sie mit diesem in einem Stillhalteabkommen vereinbart hat, so ist zu vermuten, dass sie die Absicht des Schuldners kennt, die Gläubiger zu benachteiligen, wenn sie weiß, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hat, die erfolglos zu vollstrecken versucht haben, und die Raten auch nur unregelmäßig gezahlt werden.

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Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen

BGH zur Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO

„Der Schuldner bat um Stundung. Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass der Schuldner nicht in der Lage war, die Kredite innerhalb von drei Wochen nach dem … zurückzuführen. Sie hat dies auch erkannt, weil sie sich durch Abschluss des Stillhalteab-kommens auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eingerichtet hat.“

Da die Beklagte von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, oblag es ihr, darzulegen und zu beweisen, warum sie später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen (vgl. BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, S. 194). Derartige Umstände hat sie nicht dargetan. Die Beklagte wusste, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hatte; denn diese hatten versucht, die dem Schuldner aus dem Kontokorrent zustehenden Ansprüche zu pfänden.

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Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen

Dass der Schuldner jene Gläubiger bediente, konnte die Beklagte nicht annehmen, war der Schuldner doch - trotz des von der Beklagten beständig ausgeübten massiven Drucks - nicht einmal in der Lage, die ihr geschuldeten monatlichen Raten vollständig aufzubringen.

Die Beklagte hatte auch Kenntnis davon, dass die Zahlungen die weiteren Gläubiger des Schuldners objektiv benachteiligten. Wer weiß, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, dem ist in aller Regel auch bewusst, dass dieser nicht in der Lage ist, seine weiteren fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGH ZIP 2003, 1900).“

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Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen

Wer weiß, dass beim Schuldner Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist oder droht, weiß in der Regel auch, dass dessen Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt (BGH ZInsO 2009, 145).

Der begünstigte Gläubiger hat zur Widerlegung der Vermutung nachzuweisen, dass ihm der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war. Da dieser Vorsatz regelmäßig schon bei Kenntnis des Schuldners von dessen (drohender) Zahlungsunfähigkeit gegeben sein soll, hilft dem Gläubiger nur der Beweis, dass ihm diese Kenntnis des Schuldners unbekannt war.

Dieser Beweis dürfte regelmäßig nur schwer gelingen: Wenn sowohl Schuldner als auch Gläubiger wussten, dass Zahlungsunfähigkeit eingetreten war oder wenigstens drohte, wird der Gläubiger nur in Ausnahmefällen belegen können, dass ihm (der Anhalt für) die Kenntnis des Schuldners verborgen blieb.

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Ratenzahlungen OLG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 12 U 52/12, ZInsO 2013, 935

1. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, dann weiß er i.d.R., dass die Befriedigung eines einzelnen Gläubigers sich zum Nachteil der Übrigen auswirkt. Nimmt der Schuldner trotz dieses Wissens die Rechtshandlung vor, dann deutet dies in hohem Maße darauf hin, dass er mit Gläubigerbe-nachteiligungsvorsatz handelt. Bezogen auf den Gläubigerbenachteiligungs-vorsatz, ist der Beweiswert des Wissens von der Zahlungsunfähigkeit im Allgemeinen nicht geringer als derjenige einer inkongruenten Leistung.2. Der Anfechtungsgegner kennt den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und somit die (zumindest drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, wenn sich diese im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungs-gegner ersichtlichen Umstände, insbesondere der Art der Forderung, der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs ergibt. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner seine fälligen Forderungen trotz Einschaltung eines Inkassounternehmens nur teilweise und schleppend begleicht, eine Ratenzahlungsvereinbarung nicht einhält und sich aus dem gesamten Zahlungsverhalten die Zahlungseinstellung des Schuldners abzeichnet.3. Der Schuldner fördert aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme eines Gläubigers, wenn er auf einem gepfändeten Konto Geld einzahlt und damit gezielt ein pfändbares Guthaben bereitstellt.

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Zahlung durch Dritte - Gläubigerbenachteiligung LG Stuttgart v. 3.2.2006 – 18 O 619/05, ZInsO 2006, 382

„Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, es liege insoweit keine Gläubigerbe-nachteiligung vor, weil der Betrag von 7.900,00 Euro von den Verwandten der Schuldnerin zweckgebunden zum Ausgleich der Mietschulden zur Verfügung gestellt worden sei und den Gläubigern ansonsten nicht zur Verfügung gestanden hätte, geht diese Auffassung fehl, weil die Zahlungen nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Verwandten an die Beklagte oder den Gerichtsvollzieher erfolgt sind, sondern der Schuldnerin die Geldmittel in Höhe von 7.900,00 Euro von den Verwandten darlehensweise überlassen worden waren. ... Damit sind die der Schuldnerin von den Verwandten darlehensweise bzw. "leihweise" überlassenen Geldmittel zunächst in ihr Vermögen gelangt. Die Zahlung an die Beklagte erfolgte sodann aus dem haftenden Vermögen der Schuldnerin. Die darin liegende Gläubigerbenachteiligung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Geldmittel der Schuldnerin von den Verwandten zu dem Zweck zur Verfügung gestellt wurden, durch die Zahlung an die Beklagte als Gläubigerin die Zwangsräumung zu vermeiden. Ob ein Darlehen einem bestimmten Zweck dienen soll, ist anfechtungsrechtlich grundsätzlich unerheblich, so lange die Zweckvereinbarung nicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des Darlehensanspruchs und der ausgezahlten Darlehensvaluta führt. Eine derartige treuhänderische Bindung, die zur Unpfändbarkeit des Darlehensanspruchs und der Darlehensvaluta führen würde, ist jedoch weder von der Beklagten substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich (vgl. hierzu BGH ZIP 2002, 489, 490; BGH ZIP 2003, 1506, 1508). Eine Gläubigerbenachteiligung liegt daher vor. „

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Vollstreckung innerhalb der Krise - §§ 130, 131 InsO

§ 131Inkongruente Deckung

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1. wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,

2. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder

3. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

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Vollstreckung innerhalb der Krise - §§ 130, 131 InsO

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

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Vollstreckung innerhalb der Krise - §§ 130, 131 InsO

Druck- und Zwangszahlungen

Anfechtbarkeit von Druckzahlungen und Zwangsvollstreckungen vor Insolvenzeröffnung

aa. Druckzahlungen zur Abwendung der angedrohten Zwangsvollstreckung

a) innerhalb der Krise = inkongruent, § 131 InsO

b) außerhalb der Krise = anfechtbar nach § 133 InsO, aber kongruent (keine Beweiserleichterung, str., dolus eventualis ist ausreichend

bb. Druckzahlungen zur Abwendung der angedrohten Insolvenzantragstellung

(1) innerhalb der Krise

inkongruent, § 131 InsO

(2) außerhalb der Krise

anfechtbar nach § 133 InsO, aber inkongruent (Beweiserleichterung)

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Vollstreckung innerhalb der Krise - §§ 130, 131 InsO

cc. Zwangsvollstreckungen

(1) innerhalb der Krise

inkongruent, § 131 InsO

(2) außerhalb der Krise

keine Anfechtbarkeit nach § 133 InsO, weil es an einer Rechtshandlung des Schuldners mangelt.

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Vollstreckung innerhalb der Krise - §§ 130, 131 InsO

Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherheit oder Befriedigung als inkongruent anzusehen (BGHZ 136, 309, 311 ff.; 157, 350, 353; BGH WM 2002, 1193, 1194).

Die Inkongruenz ergibt sich in diesen Fällen aus der zeitlichen Vorziehung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und der damit verbundenen Zurückdrängung des Prioritätsprinzips sowie aus der Erwägung, dass nach Eintritt der Krise und der damit verbundenen materiellen Insolvenz eine Ungleichbehandlung nicht mehr durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel insolvenzfest erzwungen werden soll.

Page 57: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 20.1.2011 IX ZR 8/10, NZI 2011, 140

Für die Beurteilung der Anfechtbarkeit ist es nicht wesentlich, ob die Zwangsvollstreckung im formalrechtlichen Sinne schon begonnen hat. Eine Befriedigung oder Sicherung ist auch inkongruent, wenn sie unter dem Druck unmittelbar bevorstehender Zwangsvollstreckung gewährt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003, aaO S. 612; vom 18. Dezember 2003, aaO; vom 7. Dezember 2006, aaO Rn. 8).

Der Schuldner leistet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig unter dem Druck einer unmittelbar drohenden Zwangs-vollstreckung, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass er alsbald die Mittel der Vollstreckung einsetzen werde, sofern der Schuldner die Forderung nicht erfülle (BGH, Urteil vom 11. April 2002, aaO).

Ob der Schuldner aufgrund eines unmittelbaren Vollstreckungsdrucks geleistet hat, beurteilt sich aus seiner objektivierten Sicht (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006, aaO Rn. 8

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Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 20.1.2011 IX ZR 8/10, NZI 2011, 140

Leitsatz

Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kann auch dann als inkongruente Deckung anfechtbar sein, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung zur umgehenden Leistung auffordert, ohne eine letzte konkrete Frist zu setzen (Ergänzung zu BGH ZInsO 2003, 611 Rdn. 10-12)..

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Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 23.4.2009- IX ZR 82/06, GWR 2009, 156

Leitsatz

Ein auf den Schuldner ausgeübter Druck, der nicht durch Drohung mit einer Zwangsvollstreckung oder durch Androhung der Stellung eines Insolvenzantrages erfolgt, macht eine daraufhin erfolgte Zahlung des Schuldners grundsätzlich nicht inkongruent (Festhaltung BGHZ 161, 315; Bestätigung OLG Köln ZIP 2007, 137 Rdn. 2).

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Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 17.6.2010- IX ZR134/09, NZG 2010, 980

Leitsatz

Der zur Inkongruenz führende Vollstreckungsdruck kann nicht durch Rückstandsanzeigen bezüglich der vorausgegangenen Monatsbeiträge erzeugt werden. Inkongruenz wird durch den zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang begründet.

Page 61: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH

„Der Schuldner leistet unter dem Druck einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung nur dann, wenn der Gläubiger zum Ausdruck gebracht hat, dass er alsbald die Mittel der Zwangsvollstreckung einsetzen werde, sofern der Schuldner die Forderung nicht erfülle. Dies beurteilt sich aus der objektivierten Sicht des Schuldners.

Die Schuldnerin hätte deshalb zur Zeit ihrer Leistung damit rechnen müssen, dass ohne sie die Beklagte nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung sofort beginne (vgl. BGHU 157, 242; BGH, Urt. v. 7. Dezember 2006, aaO S. 137 Rn. 9). Dies war hier nicht der Fall. Die Beklagte hatte der Schuldnerin Anfang Januar 2008 noch nicht angekündigt, dass sie unmittelbar zur Zwangsvollstreckung schreiten werde, wenn der Beitrag für den Monat Dezember 2007 nicht unverzüglich ausgeglichen werde.

Page 62: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

Die Forderung war frühestens am 21. Dezember 2007 (Freitag vor den Weihnachtsfeiertagen) fällig geworden. Bereits am dritten Bankarbeitstag im Neuen Jahr hatte die Schuldnerin für den Ausgleich gesorgt. Zu diesem Zeitpunkt war aus objektiver Sicht allenfalls mit einer Rückstandsanzeige, aber noch nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen.“

Page 63: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 20.1.2011- IX ZR8/10, NZI 2011, 140

Leitsätze

(1) Ein die Inkongruenz begründender Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung besteht noch nicht, wenn der Schuldner nach Zustellung eines Vollstreckungsbescheides die titulierte Forderung erfüllt, ohne dass der Gläubiger die Zwangs-vollstreckung zuvor eingeleitet oder angedroht hat.

(2) Der Vollstreckungsbescheid enthält noch keine Vollstreckungs-androhung, letzte Zahlungsfrist oder Zahlungsaufforderung, durch die eine entsprechende Erwartungshaltung des Schuldners erzeugt werden kann.

Page 64: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

BGH v. 7.3.2013 – IX ZR 216/12, NZI 2013, 482

Leitsätze

1. Eine die Inkongruenz begründende Drohung mit einem Insolvenzantrag kann auch dann vorliegen, wenn die Möglichkeit eines solchen Vorgehens im Mahnschreiben nur "zwischen den Zeilen" deutlich gemacht, aber dem Schuldner das damit verbunde-ne Risiko klar vor Augen geführt wird.

2. Der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen der Androhung des Insolvenzantrags und der angefochtenen Deckungshandlung ist gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung aus objektivierter Sicht die Wirkungen der Drohung noch angedauert haben

Page 65: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der Krise

Sachverhalt

Der Kläger begehrt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der W.  AG nachfolgend: Schuldnerin) im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von Zahlungen, welche die Schuldnerin zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten an den Beklagten geleistet hat. Die Schuldnerin gab seit 1999 Inhaberschuldverschreibungen aus, wovon der Beklagte zwei erwarb. Nachdem die Schuldnerin ihrer Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Beklagten nicht nachgekommen war, mahnte dieser die Schuldnerin am 12. Februar und 5. März 2006 erfolglos. Am 4. April 2006 mahnte der vom Beklagten beauftragte Rechtsanwalt die Schuldnerin. In der Mahnung wird eine Zahlungsfrist bis 11. April 2006 gesetzt. Anschließend heißt es: "Sollten Sie diese Frist verstreichen lassen, bin ich beauftragt, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um die Forderung meines Mandanten durchzusetzen, d.h., wir werden ohne weitere Mahnung Klage erheben. Mein Mandant kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass … (die Schuldnerin) nicht in der Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen (wofür in der Tat einiges spricht). Sollte sich dieser Verdacht erhärten und wir keinen Zahlungseingang innerhalb der vorgegebenen Frist verzeichnen können, so behalten wir uns ausdrücklich vor, Insolvenzantrag zu stellen.„

Page 66: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der KriseDie Schuldnerin überwies am 12. April 2006 den eingeforderten Betrag einschließlich Zinsen und Anwaltskosten, insgesamt 11.313,77 €. Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 19. Juni 2006 wurde am 1. September 2006 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei seit 11. Januar 2006 zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlung sei inkongruent, weil der Vertreter des Beklagten die Schuldnerin mit der Drohung, Insolvenzantrag zu stellen, unter Druck gesetzt habe. Dem anwaltlichen Vertreter des Beklagten sei die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin aus einer Vielzahl von Mandaten bekannt gewesen.Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Page 67: Das Oberste Wirtschaftsgericht  der Russischen Föderation

Vollstreckung innerhalb der KriseBGH:„Wo genau bei der mit einem angekündigten Insolvenzantrag „zusammenhängenden Zahlungsaufforderung die Grenze zwischen einer unbedenklichen Mahnung und einer die Inkongruenz begründenden Drohung verläuft, hat der Senat bislang allerdings offengelassen (BGHZ 157, 242, 246 ff.) ist hier überschritten. Eine zur Abwendung der Einzelzwangsvollstreckung erbrachte Leistung ist nach der Rechtsprechung des Senats inkongruent, wenn der Schuldner zur Zeit der Leistung aus seiner - objektivierten - Sicht damit rechnen muss, dass ohne sie der Gläubiger nach dem Ablauf der Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung beginnt (BGH ZIP 2003, 1304, 1305). Für die Frage, ob eine die Inkongruenz begründende Drohung mit einem Insolvenzantrag vorliegt, ist es ausreichend, wenn der Schuldner zur Zeit der Leistung aus seiner - ebenfalls objektivierten - Sicht ernsthaft damit rechnen muss, der Gläubiger werde nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist Insolvenzantrag stellen. Hierfür genügt eine Formulierung, die dies zwar nicht ausdrücklich androht, ein derart geplantes Vorgehen aber "zwischen den Zeilen" deutlich werden lässt (vgl. BGH NStZ 2009, 263).“

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Vertragsverhältnisse in der Insolvenz

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf das Bestehen von Vertragsverhältnissen. Hiervon gibt es Ausnahmen. Da die vom Schuldner erteilten Aufträge und Vollmachten sowie Geschäftsbesorgungsverträge, die sich auf massezugehöriges Vermögen beziehen, die alleinige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters beeinträchtigen, sieht das Gesetz deren automatisches Erlöschen vor. Einer gesonderten Erklärung des Verwalters bedarf es nicht. Da die Insolvenzordnung grundsätzlich alle Vertragsverhältnisse trotz der Verfahrenseröffnung bestehen lässt, musste der Gesetzgeber Regelungen treffen, wie die fortbestehenden Vertragsverhältnisse insolvenzrechtlich behandelt werden sollen. Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen unterschiedlichen Vertragstypen. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters und das Recht der Kündigung sollen sachgerechte Lösungen in der Insolvenz ermöglichen. Auf Verträge, die vom Schuldner und vom anderen Teil noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind und deshalb als “schwebend” anzusehen sind, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine besondere Wirkung.

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Vertragsverhältnisse in der InsolvenzAllein der Insolvenzverwalter ist von diesem Zeitpunkt an befugt zu entscheiden, ob der Vertrag erfüllt werden soll oder nicht. An eine bestimmte Frist ist er dabei nicht gebunden. Vereinbarungen, die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausschließen oder beschränken (sogen. „Lösungsklauseln“), sind unwirksam (§ 119 InsO). Rechtlich unbedenklich ist es aber, wenn Vertragsparteien im Vorfeld der Insolvenz vereinbaren, dass eine Partei berechtigt ist, sich von dem Vertrag zu lösen, wenn die andere in eine Krise gerät.