Das Problem der Moral 31.01.2012 (Anika Lutz)

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Anika Lutz Vorlesung „Das Problem der Moral“, 31.01.2012 Philosophisches Seminar Emotionen als affektive Wahrnehmungen Wie mit Hilfe von Emotionen das internalistische Dilemma gelöst werden kann…

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Anika Lutz Vorlesung „Das Problem der Moral“, 31.01.2012

Philosophisches Seminar

Emotionen als affektive Wahrnehmungen

Wie mit Hilfe von Emotionen das internalistische Dilemma gelöst werden kann…

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2 | Anika Lutz: Emotionen als affektive Wahrnehmungen© 2010 Universität Tübingen

Übersicht

1. Was ist das internalistische Dilemma?

2. Emotionen als affektive Wahrnehmungen

3. Emotionen zur Lösung des internalistischen Dilemmas

Übersicht

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Internalismus und Externalismus

Externalismus (vgl. Brink und Railton):Normative Urteile darüber, dass etwas die richtige Handlung

in einer gegebenen Situation ist, motivieren den Akteur nicht notwendigerweise dazu, die Handlung zu wählen. Für Motivation ist immer noch ein entsprechendes externes Motiv notwendig.

„Anti-Rationalismus“:Wenn es richtig ist, in einer gegebenen Situation eine bestimmte Handlung zu wählen, dann gibt es nicht notwendigerweise einen normativen Grund, die Handlung zu wählen.

Das internalistische Dilemma

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Internalismus und Externalismus

Internalismus:Normative Urteile darüber, dass etwas die richtige Handlung in einer gegebenen Situation ist, motivieren den Akteur notwendigerweise dazu, die Handlung zu wählen.

Rationalismus:Wenn es richtig ist, in einer gegebenen Situation eine bestimmte Handlung zu wählen, dann gibt es notwendigerweise einen normativen Grund, die Handlung zu wählen.

Das internalistische Dilemma

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Internalismus und Externalismus

Zusammen:Wenn es richtig ist, eine bestimmte Handlung in einer gegebenen Situation zu wählen, und es damit notwendigerweise einen normativen Grund gibt, die Handlung zu wählen, dann ist der Akteur – wenn er den Grund erkennt – notwendigerweise dazu motiviert, die Handlung zu wählen.

→ Identitätsthese: Normative Gründe, die Handlungen rechtfertigen, sind motivierende und potentiell handlungserklärende Gründe.

→ Sie sind praktische Gründe.

Das internalistische Dilemma

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Internalismus und Externalismus

Problem der ontologischen Differenz:Nach Smith gehören normative und motivierende Gründe unterschiedlichen ontologischen Kategorien an und können daher nicht identisch sein.Normative Gründe: „Wahrheiten“ ((wahre) Propositionen)Motivierende Gründe: psychologische Zustände

Lösung?Wir erfassen normative Gründe über psychologische Zustände. Dadurch können normative Gründe zu motivierenden Gründen werden.

Das internalistische Dilemma

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Normatives Selbstverständnis als animal rationale/Rational-Guidance-Condition

Wir sind Wesen, die über normative Gründe verfügen und zumindest manchmal auch aus diesen Gründen handeln.

Problem des Externalismus:Es gibt kein Handeln aus Gründen, sondern immer nur Handeln in Übereinstimmung mit Gründen.

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Internalismus-Problem

Wie kann ein normativer, eine Handlung rechtfertigender Grund, zugleich ein motivierender Grund sein, der aus der Perspektive des Subjekts für die Handlung spricht – d.h. diese rationalisiert – und sie in dem Fall, dass das Subjekt aus dem Grund handelt, zugleich erklärt?

Das internalistische Dilemma

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Das internalistische Dilemma

„With both the Humean and the Kantian view of practical reason normative and motivating reasons come to be seen as mutually exclusive. While the Humean cannot account for the normativity of practical reasons but commits himself to the incoherent claim that arational desires are capable of rationalizing actions, the Kantian fails for the opposite reasons. Though the latter rightly points out that only states with a certain kind of content can enter into practical reasoning, he clings to the psychologically dubious postulate that pure reason has motivational force.”

Döring (2007), S. 369.

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Die Humesche Seite des Dilemmas

Fokussierung auf Wünsche, verstanden als funktionale Handlungsdispositionen.

Humesche Theorie der Motivation:motivierender Grund besteht in einem Wunsch-Meinungspaar

→ Motivation (und Erklärung) kann gut Rechnung getragen werden.

→ Motivierende Gründe

Das internalistische Dilemma

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Die Humesche Seite des Dilemmas

Problem 1: Wünsche können Handlungen nicht rationalisieren (vgl. Anscombes Untertasse voll Schlamm oder Quinns Radio-Man).

→ Rationalisierung und Rechtfertigung kann nicht Rechnung getragen werden.

→ Keine normativen Gründe!

Das internalistische Dilemma

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Die Humesche Seite des Dilemmas

Problem 2:Wünsche können Handlungen nicht einmal erklären, wenn die Erklärung von Handlungen an Rationalisierung gebunden wird (wie beispielsweise bei Davidson oder Smith).

→ Ob Erklärung Rechnung getragen werden kann, ist zumindest zweifelhaft.

→ Keine motivierenden Gründe?!

Das internalistische Dilemma

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Die Kantische Seite des Dilemmas

Fokussierung auf Urteile/Überzeugungen.

→ Rationalisierung und Rechtfertigung kann gut Rechnung getragen werden.

→ Normative Gründe

Problem:Seit Hume: Vernunft alleine hat keine motivierende Kraft.

→ Motivation und Erklärung kann nicht Rechnung getragen werden.

→ Keine motivierenden Gründe!

Das internalistische Dilemma

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Lösung?

Wir brauchen mentale Zustände, die sowohl rechtfertigen können – d.h. repräsentationalen Inhalt haben – als auch motivieren können.Gesucht sind Zustände, die beide Passensrichtungen haben, bzw. das Schema der Passensrichtungen überwinden.

McDowell: besires – Mischung aus Überzeugungen (beliefs) und Wünschen (desires)

Emotionen

Das internalistische Dilemma

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Emotionstheorien

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

Kognitivistische Theorien:

Emotionen haben repräsentatio-nalen Inhalt

Urteilstheorie

Wahrnehmungs-theorie

Emotionen sind analog zu

Wahrnehmungen

Emotionen sind Wahrnehmungen

Emotionen sind Wahrnehmungen

von Werten

Emotionen sind Wahrnehmungen

körperlicher Veränderungen

Mehr-Komponenten-

TheorienNonkognitivis-

tische Theorien:

Emotionen sind rein qualitative

Zustände

James-Lange

Theorie

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Emotionen

3 Merkmale, die erklärt oder weg erklärt werden müssen:

- Intentionalität, d.h. repräsentationaler Inhalt – Emotionen repräsentieren ihr intentionales Objekt in bestimmter Weise seiend und zwar evaluativ.

- Phänomenaler Charakter – Emotionen sind Gefühle (feelings).

- Motivierende Kraft – Emotionen motivieren expressive sowie zielgerichtete Handlungen.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

Argumente für die Intentionalität von Emotionen und gegen eine reine Feeling-Theorie von Emotionen:

- Alltagssprache1) Gerichtetheit lässt sich sprachlich nachvollziehen.2) Wir unterziehen unsere Emotionen rationaler Kritik.

- Differenzierung und IndividuationWie lassen sich Emotionen von anderen Gefühlen abgrenzen?Wie lassen sich Emotionen untereinander abgrenzen?

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

Argument gegen die Intentionalität von Emotionen:

- (vermeintlich) objektlose Emotionen und Stimmungen

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionaler Inhalt

Emotionen repräsentieren ihr intentionales Objekt in bestimmter Weise seiend und zwar evaluativ.

- Inhalt ist repräsentational. Er repräsentiert die Welt in bestimmter Weise seiend, d.h. er unterliegt einer Korrektheitsbedingung.

- Repräsentation ist evaluativ: Intentionales Objekt wird im Lichte der Anliegen und Interessen des Subjekts bewertet.

- affektiv (im Gegensatz zum Inhalt von Werturteilen).

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionaler Inhalt

- Beispiel: Ich fürchte mich vor dem Gorilla im Zoo. Meine Furcht repräsentiert den Gorilla als „fürchtenswert“, d.h. gefährlich.

Vielleicht ist der Gorilla aber gar nicht gefährlich. Dann ist meine Furcht unangemessen, die Repräsentation ist nicht korrekt.

Das Urteil „Der Gorilla ist gefährlich“, das ich auf Basis meiner Furcht fälle, unterscheidet sich inhaltlich von dem nüchternen, nicht-emotionalen Urteil „Der Gorilla ist gefährlich“.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

Wenn Emotionen und Überzeugungen beide die Welt in bestimmter Weise seiend repräsentieren, sind Emotionen vielleicht Überzeugungen oder Urteile?→ Urteilstheorie der Emotionen?

- Repräsentation ist im Fall von Emotionen affektiv.

- Bei Emotionen und Urteilen nehmen wir jeweils eine andere Einstellung zum Inhalt ein: Während wir den Inhalt von Emotionen (und Wahrnehmungen) nur für wahrscheinlich halten, halten wir den Inhalt eines Urteils notwendigerweise für wahr.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

- Mooresches Paradox:„Ich bin überzeugt, dass p, aber p ist falsch.“

Kein Mooresches Paradox:„Ich sehe den Stock im Wasser als gebrochen, aber er ist nicht gebrochen.“„Ich fürchte die Spinne, aber sie ist nicht gefährlich.“

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

- Möglichkeit des Konflikts ohne Kontradiktion:Im Lichte besseren Wissens bleibt der Inhalt der Wahrnehmung bzw. der Emotion bestehen und konfligiert somit mit dem Inhalt meines Urteils, ohne mit diesem in einem direkten Widerspruch zu stehen.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Intentionalität

- Bei Emotionen und Urteilen liegt jeweils eine andere Form des Inhalts vor: Die Inhalte von Emotionen und Wahrnehmungen gehen nicht in inferentielle Beziehungen zu Inhalten anderer mentaler Zustände ein – auch nicht zu Inhalten von anderen Emotionen oder Wahrnehmungen.

→ Wenn Begriffe die Träger der Inferenzbeziehung sind, ist der Inhalt nicht-begrifflich.

→ D.h. nicht, dass der Inhalt unstrukturiert sein muss. Er könnte auf andere Weise strukturiert sein, z. Bsp. gestalthaft.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Phänomenaler Charakter

Emotionen sind Gefühle (feelings).

- Emotionale Gefühle sind Gefühle, die sich auf die Welt richten, nicht auf den Körper (vgl. Goldies feelings towards vs. bodily feelings).

- Wenn die Gefühle kein reines Add-On sein sollen, müssen sie irgendwie mit dem Inhalt verknüpft werden.

- Lässt sich eine repräsentationalistische Theorie des phänomenalen Charakters von Emotionen nach Vorbild des Wahrnehmungsrepräsentationalismus verteidigen?

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Motivierende Kraft

Emotionen motivieren expressive sowie zielgerichtete Handlungen.

Helms Vorschlag:Jede Emotion entspricht entweder einer negativen oder positiven Bewertung. Durch die Emotion erleben wir die Welt schmerzlich oder lustvoll.Diese hedonischen Aspekte, die aber an den Inhalt der Emotion gekoppelt sind, sollen die motivierende Kraft erklären.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Motivierende Kraft

Dörings Vorschlag: Die in Emotionen enthaltenen Bewertungen implizieren nicht, dass etwas getan werden muss, soll oder kann (vgl. Freude).Trotzdem motivieren uns diese Emotionen zu (expressiven) Handlungen.

→ keine Welt-zu-Geist Passensrichtung von Wünschen

Emotionen repräsentieren ihr Objekt im Lichte der Anliegen und Interessen des Subjekts. Sie beinhalten ein „Ought-to-be“. Die Bewertung wird auch daraufhin getroffen, wie die Welt in den Augen des Subjekts sein soll.Daraus resultiert (zusammen mit dem phänomenalen Charakter?) die motivierende Kraft der Emotion.

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Motivierende Kraft

Beispiel: Ich ärgere mich über meinen lauten Nachbarn über mir.Mein Ärger repräsentiert den lauten Nachbarn als ärgerlich.Die Bewertung beinhaltet zugleich, dass die Welt nicht so ist, wie sie in meinen Augen sein sollte (nämlich ruhig) und motiviert mich dazu, etwas zu tun.

Ein konkretes Ziel, das in eine Zweck-Mittel-Überlegung eingehen könnte, gibt mir die Emotion aber nicht vor!

Ich könnte aus Ärger laut aufschreien (expressive Handlung), an die Decke klopfen oder nach oben gehen (zielgerichtete Handlungen).

Emotionen als affektive

Wahrnehmungen

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Schritt 1: Von Emotionen zu evaluativen UrteilenWenn Emotionen evaluativ-repräsentationalen Inhalt haben, besteht die Möglichkeit, dass dieser korrekt ist und das Objekt der Emotion tatsächlich die zugeschrieben evaluative Eigenschaft hat.

Der repräsentationale Inhalt von Emotionen kann nicht-inferentiell ein entsprechendes evaluatives Urteil rechtfertigen, wenn das Subjekt ihn „für bare Münze nimmt“.Wenn der repräsentationale Inhalt der Emotion korrekt ist, ist das entsprechende evaluative Urteil wahr.

Die motivierende Kraft der Emotion wird aufgrund der notwendigen Beziehung zwischen den Inhalten übertragen.

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Schritt 2: Von evaluativen Urteilen zu normativen UrteilenEmotionsbasierte evaluative Urteile können in unser praktisches Überlegen eintreten und als prima facie Gründe fungieren, wenn das Subjekt zuvor den Inhalt der Emotion „für bare Münze“ genommen hat.

Sie rechtfertigen ggf. ein normatives Urteil der Form „Es ist richtig, die Handlung X auszuführen.“

Die motivierende Kraft des emotionsbasierten evaluativen Urteils wird wiederum aufgrund der notwendigen Beziehung zwischen den Inhalten auf das normative Urteil übertragen.

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Schritt 3: Von normativen Urteilen zu HandlungenNormative Urteile der Form „Es ist richtig, die Handlung auszuführen“ können einerseits die Handlung rechtfertigen bzw. rationalisieren, weil sie repräsentationalen Inhalt haben;andererseits haben sie auch motivierende Kraft, insofern die Überlegungen, die zu ihnen führen, von Emotionen ausgehen.

→ Emotionen können Handlungen nur dann rationalisieren und ggf. rechtfertigen, wenn das Subjekt sie „für bare Münze“ nimmt und die entsprechenden Urteile auch fällt!

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Beispiel: Ich ärgere mich über den lauten Nachbarn über mir.

Mein Ärger repräsentiert den lauten Nachbarn als ärgerlich.

Die evaluative Repräsentation beinhaltet zugleich, dass die Welt nicht so ist, wie sie in meinen Augen sein soll (nämlich ruhig).

Ich nehme meinen Ärger „für bare Münze“ und fälle das emotionsbasierte evaluative Urteil „Es ist ärgerlich, dass der Nachbar über mir stets laute Musik hört.“

Dieses Urteil geht in meine praktische Überlegung ein, in der ich verschiedene Gründe abwäge, ob ich etwas unternehmen soll.

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Schließlich fälle ich das normative Urteil „Es ist richtig, dass ich nach oben gehe und den Nachbarn bitte, etwas leiser zu sein.“

Dieses Urteil motiviert mich auch, denn es geht auf meinen Ärger zurück.

Das Urteil rationalisiert meine Handlung und wenn es tatsächlich der Fall ist, dass der Nachbar ungebührlich laut ist und Lautsein ärgerlich ist, dann bin ich in meiner Handlung auch objektiv gerechtfertigt.

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Die Lösung des internalistischen Dilemmas

Ein letztes Problem:Wenn es die evaluativen Eigenschaften, die im repräsentationalen Inhalt der Emotion zugeschrieben werden, nicht gibt (Antirealismus in Bezug auf Werte), dann gibt es keine einzige korrekte Emotion.

→ Irrtumstheorie der Emotionen

Unsere Handlungen wären also höchstens subjektiv gerechtfertigt, d.h. rationalisiert (wenn kein guter Grund bestünde, unseren Emotionen zu misstrauen) und nie objektiv gerechtfertigt, weil es die evaluativen und normativen Tatsachen ja gar nicht gibt.

Emotionen zur Lösung des

internalistischen Dilemmas

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Danke.