Das Problem mit den Studienplätzen · Bauernherbst setzt heuer auf Salzburger Brauchtum 90 10...

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D as gleiche Recht auf Hochschulbildung ist – unabhängig von Herkunft und Ein- kommen – in unserem Land unumstritten. Nur über der Weg dorthin wird seit vielen Jahren und oft sehr emotional debattiert, denn: es geht um die Finanzierung. Steigende Studierendenzahlen und steigende Kosten lassen zunehmend Budgetlöcher klaffen, die Universitäten warnen lautstark vor drasti- schen Sparmaßnahmen und bevorstehenden Einschränkungen des Forschungs- und Lehr- betriebs. Als der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) am 23. November 2000 gemeinsam mit seinem Koalitionspart- ner FPÖ die Studiengebühren mit Stimmen- mehrheit im Nationalrat beschloß, versprach die SPÖ, diese bei nächstmöglicher Gele- genheit wieder zu Fall zu bringen. Diese bot sich dann am 24. September 2008 – vier Tage vor der Nationalratswahl –, als FPÖ und Grüne einem entsprechenden Antrag der SPÖ ihre Zustimmung gaben. Seitdem ver- sucht die ÖVP, ihren (wieder) Koalitions- partner SPÖ dazu zu bewegen, die Studien- gebühren wieder einzuführen. Bundeskanzler Werner Faymann stellte aktuell unmißver- ständlich fest, daß das nicht in Frage komme. Eine Lösung scheint aus derzeitiger Sicht in weiter Ferne. Lesen Sie weiter auf der Seite 3 Ausg. Nr. 99 • 31. August 2011 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Foto: Universität Wien Das Problem mit den Studienplätzen Österreichs Universitäten sind mit der steigenden Zahl der Studierenden überlastet. Nun soll ein »Hochschulplan« die Lösung bringen, doch scheint diese noch weit entfernt zu sein.

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  • Das gleiche Recht auf Hochschulbildungist – unabhängig von Herkunft und Ein-kommen – in unserem Land unumstritten.Nur über der Weg dorthin wird seit vielenJahren und oft sehr emotional debattiert, denn:es geht um die Finanzierung. SteigendeStudierendenzahlen und steigende Kostenlassen zunehmend Budgetlöcher klaffen, dieUniversitäten warnen lautstark vor drasti-schen Sparmaßnahmen und bevorstehenden

    Einschränkungen des Forschungs- und Lehr-betriebs. Als der damalige BundeskanzlerWolfgang Schüssel (ÖVP) am 23. November2000 gemeinsam mit seinem Koalitionspart-ner FPÖ die Studiengebühren mit Stimmen-mehrheit im Nationalrat beschloß, versprachdie SPÖ, diese bei nächstmöglicher Gele-genheit wieder zu Fall zu bringen. Diese botsich dann am 24. September 2008 – vierTage vor der Nationalratswahl –, als FPÖ

    und Grüne einem entsprechenden Antrag derSPÖ ihre Zustimmung gaben. Seitdem ver-sucht die ÖVP, ihren (wieder) Koalitions-partner SPÖ dazu zu bewegen, die Studien-gebühren wieder einzuführen. BundeskanzlerWerner Faymann stellte aktuell unmißver-ständlich fest, daß das nicht in Frage komme.Eine Lösung scheint aus derzeitiger Sicht inweiter Ferne.Lesen Sie weiter auf der Seite 3

    Ausg. Nr. 99 • 31. August 2011Unparteiisches, unabhängiges undkostenloses Magazin speziell fürÖsterreicherinnen und Österreicher inaller Welt in vier verschiedenen pdf-Formaten • http://www.oe-journal.at

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    Das Problem mitden Studienplätzen

    Österreichs Universitäten sind mit der steigenden Zahl derStudierenden überlastet. Nun soll ein »Hochschulplan« die

    Lösung bringen, doch scheint diese noch weit entfernt zu sein.

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  • ÖSTERREICH JOURNAL NR. 99 / 31. 08. 2011 2

    Die Seite 2

    Tourismus trotzt schlechtem Wetter S 39

    Museum der Wünsche S 94

    Wien ist Weinstadt S 97

    … im Römerland Carnuntum S 65

    Durchbruch zum Aufbruch S 12

    Arbeitsmarkt bleibt robustÖsterreich mit niedrigsterArbeitslosigkeit in Europa 8

    Durchbruch zum AufbruchAufstellung der größten Ortstafel Österreichs 12

    Globale Antworten auf globaleProbleme gesucht 15

    Sicher Reisen mit der neuen App des Außenministeriums 17

    3,5 Millionen Euro Spenden 19

    Aufbruchstimmung im Donauraum 20

    Oberösterreich InternationalGroßes Netzwerktreffen in Linz 22

    Gedankenaustausch bei LTP Herwig van Staa 26

    Wiens humanitäre Hilfe für Sibiu 26

    »Burgenland Journal«

    Das Burgenland am Wiener Rathausplatz 28

    Shopping Park schafft neue Jobs 29

    Rezar: Erfolgreiche Bilanz nach einem Jahr Regierungsarbeit 30

    Projekt-Boom durch »Dorferneuerung neu« 31

    Projekt »Erinnerungszeichen« 33

    Verkehrszählungen in Oberwart 34

    Bozen: Besuch aus der Steiermark 35

    Eurobarometer-Umfrage 37

    FuE-Investitionstrend erhoben 38

    Tourismus trotzt schlechtem Wetter 39

    Wirtschaft im II. Quartal noch kräftig gewachsen 44

    Der Konjunktursommer geht zu Ende 45

    Export kurbelt NiederösterreichsWirtschaft an 46

    6250 neue günstige Wohnungen 47

    Markenhouse – vorerst in Krems 49

    Airbus A380 heißt »Wien« 52

    Tulln ganz im Zeichen der Gärten 54

    Beliebte Babynamen 2010 56

    Wien ehrt Renate Holm 57

    Ehrenplakette des Landes NÖ in Gold für Felix Dvorak 58

    Kulturmedaille des Landes OÖ an Prof. Michi Gaigg 58

    Fette Signale – Botenstoffe fürEnergiestoffwechsel entdeckt 59

    Lebensbedrohliche Durchblutungs-störung … behandelbar 60

    Fortschritte bei Wundheilung 61

    Diamant als Quantenspeicher 62

    Feuer und Flamme 63

    Doppelt brennt besser 64

    Erobern – Entdecken – Erleben im Römerland CarnuntumDie Region »Römerland Carnuntum« ist nicht zuletzt aufgrund ihrer geographischen Lage durch Donau-strom, Bernsteinstraße und March-Leitha-Grenze immer wieder zu einem spannenden Austragungsorteuropäischer Geschichte geworden. Das zeigt die NiederösterreichischeLandesausstellung 2011. 65

    Museum der Wünsche 77

    Hinter den Gärten 80

    Alles Gute. Rudi Klein. 82

    Reise in eine neue »Alte Musik« 83

    KulturlotsInnen 85

    Große Goldhaubenwallfahrt 88

    Bauernherbst setzt heuer aufSalzburger Brauchtum 90

    10 Jahre Cremser Selection 91

    Waves vienna - Music Festival & conFerence 92

    Serie »Österreicher in Hollywood« von Rudolf Ulrich - diesmal: der Regisseur und Autor Reginald LeBorg 94

    Wien ist WeinstadtDer Wein gehört zu Wien – so wie der Stephansdom, SchloßSchönbrunn und die Sängerknaben.Doch den Wiener Wein gibt es nicht nur beim traditionellen Heurigen – vielmehr ist er dabei, die ganze Stadt zu erobern.Von Klaus Egle. 97

    Impressum: Eigentümer und Verleger: ÖsterreichJournal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho-ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her-ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek-torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli-chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. FotosS. 1: Universität Wien; Seite 2: LPD/Josef Bodner;Gletscherbahnen Kaprun AG; NÖ Landesausstel-lung / Österreich Journal / Michael Mössmer; Wien-Tourismus / Popp & Hackner.

    In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at

    Der Inhalt der Ausgabe 99

    Liebe Leserinnen und Leser,

    es erreichen uns des öfteren Mails, in denen wir gefragt werden,weshalb wir »so brav« sind und uns aus Boulevard-Themen völligheraushalten. Die Antwort ist einfach: Ob Sie nun in Melbourne,Kapstadt, Madison, Zürich, Bonn oder Tallin leben, Sie werden dortjeden Tag mit gleichgelagerten Berichten überhäuft. Und wir gehendavon aus, daß Sie nicht unbedingt interessiert sind, wer, wie nunaktuell, in einen möglichen Bestechungsskandal im Telekombereichvor ein paar Jahren wen betrogen oder übervorteilt haben könnte.Wir wollen, so haben wir schon vor 15 Jahren beschlossen, unsereSeiten damit nicht füllen.

    Mit lieben Grüßen aus Wien

    Michael Mössmer

    http://www.weltbund.at

  • „Wir brauchen einfach Zugangsrege-lungen, dann kann halt nicht jeder jedesbeliebige Fach an der Universität studieren“,stellte Wissenschaftsminister KarlheinzTöchterle (ÖVP) in einem Interview mit derWochenzeitung „Falter“ fest. Wenn dieQualität an den Unis leide, habe im End-effekt niemand etwas davon. Vor allem immedizinischen Bereich erachtet TöchterleZugangsbeschränkungen als relevant.

    Auch in den anderen Massenfächern solleein Auswahlverfahren die Zahl der Studie-renden regulieren. Über das System der Stu-dienplatzfinanzierung sollten in ZukunftUniversitäten und Bund die Budgets ausver-handeln und somit die Kapazitäten gemein-sam festlegen. Wenn mehr Interessierte daseien, als Platz vorhanden sei, müsse einAuswahlverfahren eingeleitet werden.

    Dennoch ist Karlheinz Töchterle gegeneine Reduktion der bestehenden Studien-plätze: „Wir haben international immer nocheine etwas niedrigere Akademikerquote. Wirsollten die bestehenden Studienplätze nichtreduzieren, sondern eher ausbauen. DieFrage ist, welche und wohin?“ Über denSommer arbeitet Töchterle an einem Modell,das eine bessere Steuerung der Studienfä-cher ermöglichen soll.

    „Ich will niemanden von Bildung aus-schließen, aber Bildung muß nicht unbedingtuniversitäre Bildung sein“, stellt Töchterlefest. Für den Wissenschaftsminister ist dieAufgabe des Sekundärschulbereichs dieAllgemeinbildung und die Universität isteine Spezialisierungseinrichtung. „Ich stellemir eine Fülle von berufsausbildenden In-stitutionen vor, ein horizontal und vertikaloffenes Bildungssystem, wo aber nicht 60Prozent der Bevölkerung an eine Uni gehenmüssen“, so Töchterle hinsichtlich der Zu-kunft des Bildungssystems.

    SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Ru-das stellte in Reaktion auf eine angeblicheWende der SPÖ im Bereich der Universitäts-politik klar, „Zugangsbeschränkungen sindfür die SPÖ kein Thema. Klar ist, daß derUnizugang geregelt sein muß. Zur besserenOrientierung für Universität und Studierendewurden bereits die Studieneingangsphasenbeschlossen, die bei der Wahl des richtigenStudiums unterstützen.“ Die SPÖ vertreteeine klare Linie: „Wir wollen mehr und nichtweniger österreichische Studierende. Be-schränkung impliziert das Gegenteil. Zu-gangsbeschränkungen sind im Notfall heuteauch schon möglich, aber wenn Unipolitiknur mehr daraus besteht, sich Hürden fürStudierende zu überlegen, dann ist das ein

    frustrierendes Zeichen für die Studenten“, soRudas. „Auch Studiengebühren sind keineOption“, unterstrich sie.

    „Vollkommen nachvollziehen“ konnteFPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Grafden Hilferuf des designierten Rektors derUniversität Wien, Heinz Engl. „Daß er be-

    reits die Schließung einiger Studienrich-tungen ankündigen muß, untermauert einmalmehr, wie katastrophal die Lage an den Uni-versitäten ist. Es ist Engl hoch anzurechnen,daß er sich als Manager seiner Universitätschon jetzt Alternativen überlegt, wenn dieRegierung ihre bildungsfeindliche Politikweiter fortsetzt, wovon leider auszugehenist. Immerhin endlich ein Rektor, der nichtnur im Chor mit dem aktuellen Wissen-schaftsminister nach Zugangsbeschränkun-gen und Studiengebühren schreit“, so Graf.Die von Engl errechneten 900 Millionen, diedie Universitäten benötigen, würden sich mitseiner Forderung nach einer Uni-Milliardeim Rahmen des freiheitlichen 12-Punkte-Plans für Österreichs Universitäten decken.

    Die Überprüfung des Studienangebots seinichts grundsätzlich Negatives, dennochgelte es, endlich die Zustände an den Unis zuverbessern. „Wir entfernen uns immer weitervon dem von der Regierung selbst prokla-mierten Ziel von 2 Prozent des BIP für dentertiären Bildungsbereich. Gleichzeitig hor-tet das Ministerium Geld in Form vonRücklagen, die sich aktuell auf rund 330Millionen Euro belaufen. Dieses Geld mußendlich für die Unis flüssig gemacht wer-den“, fordert Graf.

    Der Obmann des parlamentarischen Wis-senschaftsausschusses erneuert in diesemZusammenhang seine Forderung nach demHerkunftslandprinzip, um den befürchtetenAnsturm von Numerus-Clausus-Flüchtlin-gen einzudämmen. Viel Hoffnung hat Grafjedoch nicht: „Ich gehe davon aus, daß dieÖVP nach dem VfGH-Urteil zur Studienge-bührenbefreiung ihren bewußten Crashkursnoch verschärfen wird. Töchterle und Co.werden weiter fächendeckende Studienge-bühren als Allheilmittel propagieren unddamit den Konflikt mit der SPÖ suchen, derzu einem völligen Stillstand in der Uni-Politik führen wird“, vermutet Graf.

    BZÖ-Wissenschaftssprecher Rainer Wid-mann forderte angesichts der Warnungen desdesignierten Rektors der Uni-Wien vor derSchließung von Studiengängen die rascheWiedereinführung der Studiengebühren. „DieSituation an den heimischen Universitätenwird immer dramatischer und die rot-schwarze Bundesregierung bleibt völlig ta-tenlos. ÖVP-Wissenschaftsminister Töchter-le absolviert nur Foto-Termine und unter-nimmt nichts, um die Uni-Misere zu been-den. Ich fordere den Minister auf, endlich zuhandeln, damit die österreichischen Studen-ten ordentliche Studienbedingungen vorfin-den.“

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    Innenpolitik

    Karlheinz TöchterleBM für Wissenschaft und Forschung

    Foto: BMWF/L. Hilzensauer

    Laura RudasBundesgeschäftsführerin der SPÖ

    Foto: SPÖ

    Martin GrafWissenschaftssprecher der FPÖ

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

    Rainer WidmannWissenschaftssprecher des BZÖ

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

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  • Mit der Abschaffung der Studiengebüh-ren im Jahr 2008 hätten SPÖ, FPÖ undGrüne einen schweren Fehler gemacht. „DieFolge daraus sind überfüllte Hörsäle, einRun ausländischer Studenten auf die öster-reichischen Unis sowie eine chronischeUnterfinanzierung der Universitäten. DieserFehler muß von Rot und Schwarz sofort kor-rigiert werden, um die Mißstände zu beseiti-gen“, so Widmann. Er kann sich Studienge-bühren von bis zu 500 Euro je Semester inKombination mit deutlich sozial treffsiche-ren Stipendien vorstellen. „Dieser Beitrag istzumutbar und soll jedem leistungs- und lern-orientierten Studenten einen qualitativ hoch-wertigen Studienplatz sichern.“ Zusätzlichsollen Einschreibgebühren von 5.000 EuroAusländer abschrecken, welche bei uns nurein Gratisstudium wollen und vor dem Nu-merus Clausus in Deutschland flüchten. Un-sere Studenten sollen diese Einschreib-gebühr in Form eines UNI-Bonus in selberHöhe zurückbekommen. Und Drittstaats-angehörige – also Studenten aus Nicht EU-Ländern – sollte man massiv verstärkt durchGebühren zur Kasse bitten. Ebenso ist dieBasisfinanzierung der Universitäten sofortmit mindestens 250 Millionen Euro aus demBudget zu stärken, um den Unibetrieb auf-rechtzuerhalten und das Absagen und Aus-dünnen von Studien zu verhindern.

    Der Grüne Wissenschaftssprecher, KurtGrünewald, konstatierte, an den Unis herr-sche Chaos und Endzeitstimmung. ÖVP und

    SPÖ würden einen bildungspolitischen Kuh-handel der Extraklasse vorbereiten: „Gesamt-schule gegen Zugangsbeschränkungen/Stu-diengebühren. Dazwischen bellen sich Par-teigranden von ÖVP und SPÖ laufend mitsich widersprechenden und wechselndenAussagen zu Studiengebühren und Zugangs-beschränkungen an. Die Halbbildungspolitikder Regierung ist nur noch peinlich“, so Grü-newald. Derzeit berichtet fast wöchentlicheine der 21 österreichischen Universitäten

    über drohende Einschränkungen im Bildungs-angebot und Engpässe in der Forschung.„Ein fauler Deal der Bundesregierung wirddiese desaströsen Zustände nicht beenden,sondern nur noch mehr verschärfen.“

    Die OECD hatte Österreich gemahnt, denAnteil der Bildungsbeteiligung an Unis undFachhochschulen zu erhöhen. „Die Antwortder Regierung darauf ist eine deutlicheReduktion der Studierendenzahlen. Damitkapituliert sie vor eigentlich lösbaren Pro-blemen“, so Grünewald. „Die Ausfinanzie-rung der Universitäten wäre nämlich lautBildungsexperten und Rektoren machbar.Die ausreichende Finanzierung von Lehreund Forschung ist keine Frage des Könnens,sondern eine des Wollens und der bildungs-politischen Innovation“, betont Grünewald.

    Der neue Hochschulplan

    „Zur Entwicklung und Dynamisierungder österreichischen Hochschullandschaft:eine Außensicht“ – unter diesem Titel habendrei namhafte Hochschulexpert/innen seitFebruar an einem Bericht zum österreichi-schen Hochschulplan gearbeitet, der in dielaufenden Arbeiten einfließen wird. AndreaSchenker-Wicki (Universität Zürich), An-tonio Loprieno (Universität Basel, Präsidentder Schweizerischen Rektorenkonferenz)und Eberhard Menzel (Hochschule RuhrWest) haben dabei das heimische Hoch-schul- und Forschungssystem analysiert undentsprechende Empfehlungen erarbeitet.„Der Bericht bietet wertvolle Impulse für dielaufenden Arbeiten am Hochschulplan. Wirmüssen gemeinsam an einem starken undinternational glänzenden Hochschulstandort

    arbeiten“, so Wissenschafts- und Forschungs-minister Karlheinz Töchterle am 23. Augustbei der Präsentation des Berichts durchSchenker-Wicki und Menzel im Wissen-schaftsministerium.

    „Der Österreichische Hochschulraumzeichnet sich durch eine wertvolle Vielfaltaus, die auch weiterhin erhalten bleibenmuß. Wir brauchen viele (forschungs)starkeUniversitäten und gut ausgebaute Fachhoch-schulen“, stellte der Minister außer Frage.„Aber als kleines Land müssen wir dieseVielfalt bündeln, um Stärken zu stärken,Ressourcen optimal einzusetzen und auchinternational mithalten zu können. Dazubraucht es einen Gesamtüberblick, entspre-chende Rahmenbedingungen und ein Mehran Kooperation. Genau das ist das Ziel desÖsterreichischen Hochschulplans“, so Töch-terle.

    „Der Expertenbericht bietet ein breitesSpektrum an wertvollen Impulsen – von Awie Autonomie bis Z wie Zusammenarbeit“,so Töchterle weiter. Welche Maßnahmenkonkret umgesetzt werden, gelte es mitsämtlichen Hochschulpartnern zu diskutie-ren und abzuwägen und schließlich von derPolitik zu entscheiden.

    Folgende Empfehlungen der Expertensind dem Minister ein besonderes Anliegen:

    Entwicklung einer Gesamt-Strategie fürden Hochschulraum,Gründung eines Koordinierungsgre-miums,quantitativer Ausbau des Fachhoch-schulsektors,qualitative Stärkung des Universitäts-sektors,

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    Innenpolitik

    Andrea Schenker-Wiki und Eberhard Menzel (r.) überreichen ihren Bericht anWissenschaftsminister Karlheinz Töchterle.

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    Kurt GrünewaldWissenschaftssprecher der Grünen

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

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  • inaktive Studierende besser in die Stu-dien integrieren, Senkung der Drop-Out-Rate und Erhö-hung der AbsolventInnenzahlen, Erhöhung der Verbindlichkeit des Studie-rens durch Ausbau der Studienberatung,Einführung von Studienbeiträgen undgeregeltem Hochschulzugang,Studienplatzfinanzierung inkl.Grundfinanzierung der Forschung(Universitäten),stärkerer Fokus auf Strukturförderung inder Forschung (Exzellenzcluster),Ausbau FWF-Finanzierung undStandardisierung und Verschlankung vonReportingstrukturen.

    Zum weiteren Fahrplan hielt der Ministerentsprechend seinem Motto „Viribus unitis“fest: „Mir ist es wichtig, den Hochschulplangemeinsam mit den Hochschulen und sämt-lichen Hochschulpartnern zu entwickeln.“Der Bericht, der sämtlichen Hochschulpart-nern zur Verfügung gestellt wurde, wird da-her in den kommenden Wochen diskutiertwerden und in die laufenden Arbeiten dervier Teilprojektgruppen im Wissenschafts-ministerium einfließen. Die Arbeiten in denvier Teilprojektgruppen (Bauleitplan, For-schungsinfrastruktur/Internationales, Ko-ordinationsmaßnahmen und Kapazitäts-orientierte Universitätsfinanzierung/ Studien-platzfinanzierung) sind bereits weit fortge-schritten, informierte Generalsekretär Fried-rich Faulhammer, der die Gesamtkoordi-nation inne hat. Ziel ist es, daß bis Ende desJahres Eckpunkte des Hochschulplans ste-hen. „Fertig“ werde dieser Bericht nie seinkönnen, „weil sich der Hochschulraum lau-fend weiterentwickelt. Und genau dieseWeiterentwicklung gilt es aktiv zu gestaltenauf Basis des Hochschulplans.“ Die Maß-nahmen sollen dann laufend umgesetzt wer-den und finden vor allem auch Eingang indie kommenden Leistungsvereinbarungen(2013 – 2015).

    Der Minister bedankte sich abschließendbei den ExpertInnen für deren fundierteAußensicht und Arbeiten, sowie bei allenMitarbeiterInnen im Wissenschaftsministe-rium, die derzeit mit den Arbeiten amHochschulplan beteiligt sind.

    »Nein« von der SPÖ

    Bildungsministerin Claudia Schmied hatam 26. August gemeinsam mit SPÖ-Klub-obmann Josef Cap die SPÖ-Positionen zurHochschulpolitik präsentiert. Für die Mini-sterin steht fest: „Wir brauchen eine Offen-

    sivstrategie für die Universitäten. Denn dasZiel ist klar: Wir wollen mehr Absolventin-nen und Absolventen.“ Die Konzentrationder Debatte auf Studiengebühren ist fürSchmied eine „Themenverfehlung“, schließ-lich wird den Unis der Entfall der Studien-gebühren refundiert. Eine Absage gab esauch an Zugangsbeschränkungen: „Wir müs-sen über Kapazitäten reden, aber nicht mitder Haltung, Kapazitäten zu limitieren.“ Mi-nisterin Schmied sieht Wissenschaftsminister

    Töchterle jetzt gefordert, die Grundlagen fürden Hochschulplan und ein Studienplatz-finanzierungsmodell mit „dynamischen Ele-menten“ auf den Tisch zu legen. DiesesModell sei eine wichtige Basis für die Ver-handlungen mit Deutschland über Aus-gleichszahlungen.

    Unbestritten sei auch, daß es mehr Geldfür die Bildung brauche, die Mittel müßtenhier mit einem klaren Auftrag der öffent-lichen Hand verbunden sein, sagte Schmied.Was es außerdem brauche, sei eine tiefgrei-fende Analyse der Angebotsseite (Universi-täten) und der Nachfrageseite (Studierende).So müsse unter dem Schlagwort „BolognaReloaded“ etwa analysiert werden, wie derAblauf der einzelnen Studienfächer geregeltist und was wo angeboten wird. Klar seiauch, daß es gezielte Beratungsangebote,neue Lernformen („virtuelle Universität“)und maßgeschneiderte Angebote für junge

    Menschen geben muß, die berufsbegleitendstudieren, sagte Schmied. Sie betonte wei-ters, daß sich auch die Universitäten „Inno-vationen stellen müssen“. Auf Nachfrage-seite seien Information und Beratung gebo-ten, was auch eine Lenkung der Studieren-denströme ermögliche. Für ausländischeStudierende brauche es differenzierendeLösungsansätze, je nachdem, ob es sich umNumerus-Clausus-Flüchtlinge handelt, oderum Studierende, die die „Vielfalt der Mobili-tät in Anspruch nehmen“.

    Wichtig für die Zukunft seien tieferge-hende Gespräche zwischen Bundesregie-rung, RektorInnen sowie Studierendenver-tretInnen. Für diese Gespräche brauche esallerdings Entscheidungsgrundlagen und einGesamtkonzept basierend auf dem Hoch-schulplan, sieht die Bildungsministerin jetztWissenschaftsminister Töchterle gefordert.Ministerin Schmied dazu: „Ich sehe mich alsPartnerin von Minister Töchterle, was dieGestaltung der Bildungspolitik betrifft. Ichbiete dem Wissenschaftsminister meineZusammenarbeit an, was die Problemlösungbetrifft.“ Dringend notwendig sei jetzt dieErarbeitung eines Studienplatzfinanzie-rungsmodells unter Beachtung des Zielwerts„möglichst viele Absolventen“. Dieses Mo-dell müsse „dynamische Elemente“ beinhal-ten. „Wenn höhere Nachfrage gegeben ist,muß mit dem Angebot nachgezogen werdenund in Kapazitätserweiterung investiert wer-den“, betonte Schmied.

    Die Bildungsministerin machte auchdeutlich, daß bereits viele Maßnahmen zurUnterstützung der Universitäten beschlossenwurden. Dazu zählen der Notfallparagraph,die neue Studieneingangsphase und die ver-pflichtende Studienberatung genauso wieOffensivmittel im Ausmaß von 320 Millio-nen Euro, die standardisierte Matura oderdie Tatsache, daß den Unis das durch denEntfall der Studiengebühren entgangeneGeld refundiert wird.

    SPÖ-Klubobmann Josef Cap sagte, dieZukunft der österreichischen Hochschulensei in der Regierung ein wichtiges und heißdiskutiertes Thema. „Wir sind uns nicht inallen Punkten einig, wie diese Zukunft aus-sehen soll“, sagte er mit Blick auf den vonder ÖVP präsentierten Hochschulplan. „DieSozialdemokratie steht für Chancengleich-heit. Das läßt sich nicht mit Studiengebührenvereinbaren. Wir dürfen keine sozialen Bar-rieren aufbauen“, bekräftigte Cap. Statt des-sen sollte über Ausgleichszahlungen mitDeutschland verhandelt werden, so der Vor-schlag des Klubobmanns.

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    Innenpolitik

    Claudia SchmiedUnterrichtsministerin

    Foto: SPÖ

    Josef CapSPÖ-Klubobmann

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

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  • Studiengebühren würden selten für denAusbau der Universitäten aufgewendet, gabCap zu bedenken. „Vielmehr werden damitmeist budgetäre Löcher gestopft, wie die Zeitunter Schwarz-Blau gezeigt hat“, sagte Cap.Studiengebühren – zumal in der von denÖVP-Experten vorgeschlagenen Höhe von500 Euro – würden für viele junge Menscheneine schwer zu überwindende finanzielle Hür-de darstellen und seien mit dem Prinzip derChancengleichheit und -gerechtigkeit nichtvereinbar. „Jeder junge Mensch in Österreichsoll entsprechend seiner Begabungen undTalente die Möglichkeit zu einer exzellentenAusbildung haben“, so Cap. Das sei auch imInteresse von Industrie und Wirtschaft, istsich Cap sicher. Die SPÖ bleibe daher beiihrem klaren Nein zu Studiengebühren. Umden Universitäten mehr Geld zukommen zulassen, schlägt Cap vor, mit Deutschland überAusgleichszahlungen zu verhandeln. Hiersei Wissenschaftsminister Töchterle gefor-dert. „280 Mio. Euro wären drin. Das wäreschon ein bedeutender Beitrag“, so Cap.

    Das BZÖ fühlt sich bestätigt

    BZÖ Wissenschaftssprecher Rainer Wid-mann fühlt sich durch die Expertenemp-fehlungen des Wissenschaftsministeriums inseiner Forderung nach Einführung einer Stu-diengebühr bestätigt. „Auch die Experten-kommission kommt zu dem Schluß, daßStudiengebühren die notorische Geldnot derUniversitäten lindern könnte und damit auchein wesentlicher Schritt zu einer besserenAusstattung der Unis gemacht würde.“ Auchmüsse man Studenten aus dem Ausland ver-stärkt zur Kasse bitten. Ebenso gelte es dasForschungsbudget deutlich besser zu dotie-ren sowie das Grundbudget für die Univer-sitäten um 250 bis 300 Millionen pro Jahranzuheben. „Gute Studienbedingungen fürÖsterreichs Studenten schafft man nur mitkonkreten Lösungen und nicht mit eingene-belten SchöneWelt-Phrasen ohne Bezug zurRealität von linken Studentenvertretern undPolitikern, wie von Grünen und FPÖ heutezu hören waren“, so Widmann.

    Die Grünen sind entsetzt

    „Mit Studiengebühren, Zugangsbeschrän-kungen und dem Numerus clausus versuchtdie ÖVP, immer mehr jungen Menschen dieUni-Tür vor der Nase zuzuknallen. Wir ha-ben aber immer noch viel zu wenige Aka-demikerinnen und Akademiker im Land.Trotzdem rückt die Regierung von ihrer bil-dungsfeindlichen Politik nicht ab“, sagt KurtGrünewald, Wissenschaftssprecher der

    Grünen. Über den Inhalt des Papiers zeigtsich Grünewald entsetzt. Dort ist die Redevon Zugangsbeschränkungen, Elitenbildungsowie „Stakeholdern“ und Studierenden, diedie Universitäten finanzieren sollen. „Hierwerden die Unis nur noch aus dem markt-wirtschaftlichen Blickwinkel betrachtet.Unis müssen aber auch in Zukunft Orte derkritischen Auseinandersetzung, Reflexionvon gesellschaftlichen Vorgängen und des

    kreativen Experimentierens bleiben. Dafürwerden wir mit den Studierenden, Lehren-den und Forscherinnen und Forschern ge-meinsam kämpfen“, so Grünewald. Er hofftauch, daß die vielen Empfehlungen, die imDialog Hochschulpartnerschaft mühevollerarbeitet wurden, nicht verloren gehen.

    Grünewald spricht sich erneut gegenZugangshürden jeglicher Art aus: „Öster-reich braucht mehr und nicht weniger Stu-dierende, und das aus einer breiteren Bevöl-kerungsschicht. Ansonsten verlieren wir deninternationalen Anschluß.“

    „Das ÖVP-Märchen, wonach Studienge-bühren die Finanz-Probleme der Universitä-ten lösen würden, glaubt niemand mehr“,kommentiert Grünewald die Aussagen vonÖVP-Bundesgeschäftsführer Johannes Rauch,der einmal mehr die Wiedereinführung vonStudiengebühren forderte . „Dagegen brichtdie Regierung ein Uni-Versprechen nachdem anderen: So sind wir von den verspro-

    chenen zwei Prozent des Bruttoinlandsin-landsprodukts für den tertiären Sektor nachwie vor weit entfernt. Bildung ist das ent-scheidende Zukunftsthema, die österreichi-schen Hochschulen sind den anstehendenHerausforderungen nicht mehr gewachsen.Die Regierung muß endlich einsehen, daßdie notwendigen Ressourcen zur Verfügunggestellt und die Qualität der Studien gesi-chert werden müssen“, so Grünewald.

    Leitl: Solide Grundlage, um erstarrteDenkmuster aufzubrechen

    Für Christoph Leitl, Präsident der Wirt-schaftskammer Österreich, ist der Experten-bericht eine solide Grundlage, um erstarrteDenkmuster aufzubrechen: „Der Bericht ver-deutlicht, wo im österreichischen Hoch-schulwesen endlich Handlungen gesetztwerden müssen.“ Er verweist auf die nunauch von Expertenebene empfohlene Not-wendigkeit einer differenzierten Gestaltungbeim Studienzugang bzw. der Einführungvon Studiengebühren, die über das Systemder Studienbeihilfe sozial verträglich gestal-tet werden sollten.

    Zustimmung von der Wirtschaft kommtauch zur Empfehlung, das Universitäts-system zu entlasten und gleichzeitig denFachhochschulausbau voranzutreiben. „Diesbringt ein Mehr an effizienten und nachfra-georientierten Studien im FH-Wesen, wäh-rend sich die Universitäten auf ihre eigentli-che Rolle als Stätten der Weiterentwicklungder Wissenschaft zurückbesinnen können.Unsere Unternehmen brauchen beides:Hochqualifizierte Wissenschafter ebensowie bestqualifizierte Bachelors, Master undDiplomingenieure“, hält Leitl fest.

    Tumpel: Maßnahmen zur besseren Ver-einbarkeit von Studium und Beruf fehlen

    „Bei den Vorschlägen bleiben zentraleInteressen der ArbeitnehmerInnen unberück-sichtigt", kritisiert AK Präsident HerbertTumpel die vorgelegten Empfehlungen. „Esfehlen Maßnahmen, damit ArbeitnehmerIn-nen Beruf und Studium besser miteinandervereinbaren können. Ebenso fehlen Maßnah-men, um eine bessere soziale Durchmi-schung zu erreichen, vielmehr werden ein-mal mehr Studiengebühren gefordert. DieserForderung erteilt die AK eine klare Absage.“Ein klares Nein sagt die AK auch zu weite-ren Hürden beim Unizugang, wie sie die Ex-pertInnen anregen. Außerdem kritisiert dieAK die mangelnde Einbindung der Sozial-partner bei der Erarbeitung des Hochschul-plans. „Die Hochschulen werden schließlich

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    Innenpolitik

    Präsident Herbert TumpelBundesarbeitskammer

    Foto: AK/Lukas Beck.

    Präsident Christoph LeitlWirtschaftskammer ÖsterreichFoto: Österreichischer Wirtschaftsbund

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  • auch von den ArbeitnehmerInnen finanziert,außerdem geht es um die Berufschancen derkünftigen AbsolventInnen“, so Tumpel.Grundsätzlich begrüßt die AK dieErarbeitung eines mehrjährigen Hoch-schulplans. Positiv ist außerdem, daß sichdie ExpertInnen für den deutlichen Ausbaudes Fachhochschulsektors aussprechen. Bei-des sind langjährige Forderungen der AK.

    Die AK fordert den Ausbau der berufsbe-gleitenden Studienangebote und Maßnah-men zur besseren Vereinbarkeit von Studiumund Beruf.

    Sünkel sieht in Hochschulplan »Arbeits-auftrag« an die Bundesregierung

    Als „gut geeignete Grundlage“ für dieweitere Entwicklung der heimischen Hoch-schullandschaft bezeichnet der Präsident derUniversitätenkonferenz (uniko), Rektor HansSünkel, das Rahmenkonzept für einen Hoch-schulplan. Das von Bundesminister Karl-heinz Töchterle präsentierte Papier zeigedeutlich die strukturellen Schwächen undSystemwidersprüche des tertiären Bildungs-sektors auf, allen voran die Unterfinan-zierung und den ungeregelten Zugang zuden Universitäten. Der Bericht sei somit als„klarer Arbeitsauftrag an die Bundesregie-rung“ zu verstehen, stellt Sünkel fest.

    Das Rahmenkonzept belege eindeutig dieNotwendigkeit und Sinnhaftigkeit von höhe-ren Investitionen in Bildung und Forschung.„Die genannten Vorschläge für zusätzlicheEinnahmequellen, wie etwa Studiengebüh-ren, ändern allerdings nichts an der grund-sätzlichen Finanzierungsverantwortung desBundes für die öffentlichen Universitäten“,betont der uniko-Präsident.

    Bei dem Papier handelt es sich um dieAußenansicht einer Expertengruppe, was abernicht bedeutet, daß die Empfehlungen einszu eins umzusetzen seien. Es sei nun Auf-gabe der Bundesregierung, so Sünkel, ge-meinsam mit den „Stakeholdern“ die Vor-schläge auf ihre Realisierung zu überprüfenund mit den Vorarbeiten zur Umsetzung zubeginnen.

    ÖH: AutorInnen rufen nach Studien-gebühren und Zugangsbeschränkungen

    Janine Wulz, Vorsitzende der Österreichi-schen Hochschülerschaft, merkte an, daß dervorliegende „ExpertInnenbericht“ ohne jeg-liche Einbindung der Studierenden bzw.StudierendenvertreterInnen verfaßt wordensei. „Dieses Fehlen der studentischen Sichtwirkt sich stark auf den Inhalt und diePerspektive des Berichts aus.“ Über die

    Studierenden und deren Studien werde ge-schrieben, als wären sie Waren oder ein Pro-dukt, das es effizient, kostengünstig undschnell zu produzieren gelte. „Durch den al-leinigen Fokus auf wirtschaftlicher Verwert-barkeit wurde somit de facto auf die größteGruppe der Hochschulangehörigen verges-sen.“

    „Bei diesem Blickwinkel verwundert esalso nicht, daß die AutorInnen wie aus Reflexnach Studiengebühren und Zugangsbeschrän-kungen rufen. Hier werden erstens keineneuen Konzepte vorgelegt, was von einemfünf Monate ausgearbeiteten Bericht eigent-lich zu erwarten gewesen wäre und zwei-tens – der für uns noch viel dramatischereAspekt – wird wiederum nicht die Situationder Studierenden beachtet. Zahlreiche Stu-dien belegen, welche Auswirkungen die imBericht geforderten Zugangsbeschränkun-gen und Studiengebühren haben: Studie-rende brechen ihr Studium am häufigstenaus finanziellen Gründen ab, Kinder aus ein-kommensschwächeren Familien trauen sichnicht mehr zu, überhaupt ein Studium zubeginnen, weil das finanzielle Risiko beieinem Scheitern zu groß wäre“, so Wulz.

    Im ExpertInnenbericht komme Lebens-realität der Studierenden nicht vor. Studie-rende sollten zahlen. Studiengebühren wür-den gefordert, Beihilfen zurückverlangt.„Daß das für viele auch nach einem Ab-schluß nicht möglich ist, wird ignoriert.“

    Eine Verbesserung der Hochschulland-schaft werde nur dann möglich sein, wenndie Regierung endlich bereit sei zu investie-ren. Dazu brauche es endlich einen Fahrplan,um die – bereits beschlossenen – 2 Prozent desBIP für die Hochschulen zu erreichen. Einsolcher fehle auch dem „ExpertInnenbericht“und damit eine Grundlage für eine wirklicheVeränderung. „An einer Ausfinanzierung derUniversitäten und an sozialer Absicherungder Studierenden führt kein Weg vorbei, eben-so wenig wie am Einbezug der Studierendenan der Diskussion darüber. Wir sind enttäuscht,daß an all diesen Belangen im Bericht einfachvorbei geschrieben worden ist“, so Wulz.

    ÖAW-Präsidium begrüßt Hochschulplan

    Das Präsidium der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften (ÖAW) be-grüßt die Vorlage des Rahmenkonzepts, dasfür den österreichischen Hochschulraum eineReihe von europäisch orientierten Vorschlä-gen enthält, die dazu beitragen können, dieseit September 2008 politisch festgelegtenBarrieren vernünftig zu überwinden.

    Die ÖAW unterstützt die Vorschläge zurGrundfinanzierung der Forschung, sowie dieForderungen, in erster Linie in Stärken zuinvestieren, ein Exzellenzcluster-Programmumzusetzen und die Anzahl der unterschied-lichen Forschungsprogramme deutlich zureduzieren. Die ÖAW ist erfreut über dienicht zuletzt ÖAW-Institute betreffendeFeststellung, „daß in Österreich Mathematikund Physik zur Weltspitze gehören und auchdie klinische Forschung, die Materialwissen-schaften sowie allgemein die Life-Sciencessehr nahe daran sind, zur Weltspitze aufzu-schließen“.

    Starke Signale pro FWF

    Der FWF verbindet mit dem ambitionier-ten Hochschulplan die Hoffnung, for-schungsstarke Universitäten in Österreichlangfristig zu etablieren. „Die Universitätenals die wichtigsten Trägerinstitutionen derGrundlagenforschung müssen in Österreichim Fokus der Politik stehen“, so FWF-Geschäftsführerin Dorothea Sturn.

    Die von den drei ExpertInnen geäußerteEmpfehlung, in Österreich die Exzellenz-cluster auf den Weg zu bringen, begrüßt derFWF ausdrücklich. Das vom FWF gemein-sam mit dem BMWF entwickelte Exzellenz-cluster-Programm hat zum Ziel, internatio-nal sichtbare Zentren der Top-Forschung inÖsterreich nachhaltig auszubauen. „Daswäre ein wichtiges, ermutigendes Signal andie Scientific Community“, so Sturn.

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    Innenpolitik

    Hans SünkelPräsident der Rektorenkonferenz

    Foto: TU Graz/Frankl

    Janine WulzBundesvorsitzende der ÖH

    Foto: BundesOeH

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  • Der österreichische Arbeitsmarkt bleibttrotz internationaler Turbulenzen undnachlassender wirtschaftlicher Dynamik ro-bust“, erklärte Sozialminister Rudolf Hunds-torfer (SPÖ) am 1. August über die Juli-Daten. „Bereits den 17. Monat in Folge sinktdie Arbeitslosigkeit in Österreich“, unter-strich Hundstorfer. Ein leichter Rückgangder Arbeitslosenzahl um -0,9 Prozent auf209.743 und ein starker Rückgang der AMS-SchulungsteilnehmerInnen um -14,4 Prozentauf 53.161 führt in Summe mit -4 Prozent zueiner deutlich sinkenden Zahl an Arbeits-losen und SchulungsteilnehmerInnen. Einmalmehr kann Österreich mit einer Arbeitslo-senquote von 4,0 Prozent die niedrigste Ar-beitslosigkeit in den EU-Ländern verzeich-nen, bei der Jugendarbeitslosigkeit liegtÖsterreich mit einer Arbeitslosenquote von8,2 Prozent im EU-Vergleich auf dem gutendritten Platz.

    „Im vergangenen Jahr wurde mit derEinführung der bedarfsorientierten Mindest-sicherung eine Maßnahme gesetzt, die zueiner verstärkten Arbeitsmarktbeteiligunggeführt hat und die die Beschäftigung ange-kurbelt hat“, so Hundstorfer, der darauf ver-wies, daß MindestsicherungsbezieherInnenvom Arbeitsmarktservice unterstützt werdenund dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenmüssen.

    Das Beschäftigungswachstum fällt imJuli mit +77.000 kräftig aus. Die Hälfte desBeschäftigungswachstums entfällt auf dieGeneration 50+. Die Generation 50+ wächst

    und bleibt länger am Arbeitsmarkt: dieBeschäftigung Älterer wächst dabei mit+38.000 (+5,6 Prozent) stärker als ihreArbeitslosigkeit (+1.298, +2,9 Prozent).Trotz steigender Arbeitslosenzahlen in dieserAltersgruppe sinkt das individuelle Arbeits-losigkeitsrisiko für Ältere (Arbeitslosenquo-te 6,1 Prozent, -0,1Prozent).

    Auch bei den Jugendlichen gibt es Er-folge zu melden: um 6,8 Prozent wenigerLehrstellensuchenden stehen um 7,3 Prozentmehr an gemeldeten offenen Lehrstellen zurVerfügung. Die Lehrstellenlücke sinkt um845 auf 4.212. „Durch die Ausbildungsga-rantie wird weiterhin allen Jugendlichen, diedas können und möchten, eine Lehrausbil-dung ermöglicht“, so Hundstorfer.

    Die Jugendarbeitslosigkeit sinkt mit -3,1Prozent überdurchschnittlich stark. Die Män-nerarbeitslosigkeit (-3 Prozent, inkl. Schu-lungen -5,9 Prozent) sinkt stärker als dieFrauenarbeitslosigkeit, die nur unter Einbe-ziehung der SchulungsteilnehmerInnen zu-rückgeht (+1,4 Prozent Arbeitslose, -12,7 Pro-zent Schulungsteilnehmerinnen, d.h. Arbeits-lose plus Schulungsteilnehmerinnen: -1,9 Pro-zent). Bei den Branchen liegt nach wie vordie Industrie mit -13,8 Prozent Arbeits-losigkeit an der Spitze. Der Rückgang beider Industriearbeitslosigkeit schwächt sichab, weil im Vorjahr der Industriemotor schonauf vollen Touren lief und damit die Arbeits-losigkeit nicht mehr so stark sinken kann.

    Erfreulich ist auch der Rückgang derArbeitslosigkeit am Bau (-4,8 Prozent) und

    im Handel (-4,1 Prozent). Im Tourismuswirkt sich der verregnete Juli mit leicht stei-gender Arbeitslosigkeit (+0,3 Prozent) ausund im Gesundheits- und Sozialwesen steigtwie bereits seit einiger Zeit nicht nur dieBeschäftigung, sondern auch die Arbeits-losigkeit, wobei das Arbeitslosigkeitsrisikonach wie vor gering ist.

    In allen Bundesländern mit Ausnahmevon Kärnten und Wien sinkt die Arbeitslo-sigkeit. Neuerlich liegen die Industriebun-desländer Vorarlberg (-16,3 Prozent), Ober-österreich (-8,4 Prozent) und Steiermark (-6,9 Prozent) an der Spitze.

    Mitterlehner: Daten zeigen starkeLeistung der Unternehmen

    Für Wirtschaftsminister Reinhold Mitter-lehner (ÖVP) sind die Arbeitsmarktdaten eingutes Zeugnis für die starken Leistungen derösterreichischen Unternehmen. „Unsere Un-ternehmen sind hervorragend im Auf-schwung positioniert und profitieren von denRahmenbedingungen am Standort Öster-reich. Daher können sie jetzt deutlich mehrArbeitsplätze anbieten als im Vorjahr“,betont Mitterlehner angesichts der im Julium vier Prozent gesunkenen Zahl der Ar-beitslosen. „Trotz eines schwierigen interna-tionalen Umfelds sind unsere Unternehmenvor allem im Exportgeschäft auf Rekordkursund zeigen dort ihre internationale Wettbe-werbsfähigkeit. Jeder Exporterfolg schafftmehr Wachstum und Beschäftigung imInland“, sagt Mitterlehner.

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    Innenpolitik

    Arbeitsmarkt bleibt robustÖsterreich mit niedrigster Arbeitslosigkeit in Europa – Unternehmen sind gut

    im Aufschwung positioniert und schaffen mehr Arbeitsplätze in Österreich

    Norbert Schnurrer (Pressesprecher des Bundesministers), Sozialminister Rudolf Hundstorfer und die beiden AMS-VorständeHerbert Buchinger und Johannes Kopf (v.l.)

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    Innenpolitik

    Um den Aufschwung nachhaltig zu stär-ken und den Strukturwandel zu unterstützen,setzt das Wirtschaftsministerium heuer eineMittelstandsoffensive um. „Mit einer ,Triple-I-Strategie‘ unterstützen wir vor allem kleineund mittlere Unternehmen beim Ausbauihrer Wettbewerbsfähigkeit. Daher wollenwir auf allen Ebenen Innovationspotentialeheben, Investitionen unterstützen und dieInternationalisierung fördern“, so Mitterleh-ner.

    Als erfreulich bewertet Mitterlehner auchdas weitere Sinken der Jugendarbeitslosig-keit um 3,1 Prozent sowie die gute Entwick-lung am Lehrlings-Arbeitsmarkt. Die Zahlder gemeldeten offenen Lehrstellen ist um7,3 Prozent gestiegen, während die Lehrstel-lenlücke auf 4.212 gesunken ist. „Eine qua-lifizierte Ausbildung im Betrieb ist der besteEinstieg in ein erfolgreiches Berufsleben.Damit trägt gerade unsere Lehrlingsausbil-dung wesentlich dazu bei, daß wir im EU-Vergleich zu den drei erfolgreichsten Län-dern beim Zurückdrängen der Jugendarbeits-losigkeit zählen“, bekräftigt Mitterlehner.

    Kickl: »Job-Wunder« basiert großteils auf Mc-Jobs

    Die Arbeitsmarkt-Daten mögen auf denersten Blick ja erfreulich scheinen, so FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl, dennoch seienwichtige arbeitsmarktpolitische Anstrengun-gen noch lange nicht vom Tisch. Ein großerTeil des Hundstorfer’schen Job-Wundersgehe auf sogenannte Mc-Jobs zurück, beidenen es sich nach wie vor um Arbeitnehmerzweiter und dritter Klasse handle. Die mei-sten dieser Tätigkeiten seien prekäre Teil-zeitjobs und mehr als schlecht bezahlt.

    Es müsse nun die Energie vor allem dorteingesetzt werden, wo es um konkret vor-handene Benachteiligungen von Arbeitneh-mern gehe, sagt Kickl. Das seien einerseitsdie nach wie vor klaffende Lohnschere zwi-schen Frauen und Männern, die es gelte end-lich zu beseitigen. Andererseits müßten dieEinkommen allgemein nicht nur formellangehoben, sondern die bestehenden Real-lohnverluste ausgeglichen werden, um dietatsächlichen Einkommen einer der Realitätentsprechenden Kaufkraft anzugleichen.Armut trotz Arbeit sei ein bedauerlichesPhänomen. Dieser Entwicklung müsse mas-siv entgegengesteuert werden.

    Dolinschek: Trotz sinkender Arbeits-losigkeit keinerlei Grund zum Jubeln

    „Trotz sinkender Arbeitslosigkeit habendie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

    immer weniger Geld zur Verfügung, weil dieLöhne im Unterschied zur massiv steigendenInflation stagnieren. SPÖ-SozialministerHundstorfer und seine Kollegen in der Re-gierung sollen den Rückgang der Arbeitslo-sigkeit nicht bejubeln, sondern Maßnahmensetzen, um die Kaufkraft der Bürger zu stär-

    ken“, so BZÖ-Arbeitnehmersprecher Sigis-bert Dolinschek.

    „Auch eine Vollbeschäftigung nützt denMenschen nichts, wenn sie sich aufgrund dergeringen Löhne nicht einmal mehr dieWaren des täglichen Bedarfs leisten könnenund dadurch die Armutsgefährdung weitersteigt. Es wäre daher die Aufgabe der rot-schwarzen Arbeitnehmerinteressensvertre-tungen auf die Regierung Druck auszuüben,damit die Bürgerinnen und Bürger mit ihremEinkommen wieder das Auskommen fin-den“, betont Dolinschek.

    Schatz: Sinkende Arbeitslosenzahlentäuschen über Probleme hinweg

    „Die sinkenden Arbeitslosenzahlen täu-schen darüber hinweg, daß wesentliche Pro-bleme der Arbeitsmarktpolitik nicht ange-gangen werden“, meint Birgit Schatz, Ar-beitnehmerInnensprecherin der Grünen.

    Für Schatz stehen die Arbeitszeitverkür-zung und ein Mindestlohn ganz oben auf derAgenda: „Seit Jahren jammert MinisterHundstorfer über die enorme Zahl an Über-stunden, die meist ohne Lohn- oder Zeit-ausgleich geleistet werden, bleibt aber kon-krete Gesetzesinitiativen zur Eindämmungschuldig. Auch die Mindestlohnpolitik ist fürSchatz ein Desaster: „Vollzeitarbeit schütztin Österreich nicht vor Armut. Das ist völliginakzeptabel. Minister Hundstorfer redet sichauf die Sozialpartner aus. Mit einem Min-destlohn könnte Armut wirksam bekämpftwerden. Dies muß eine Kernaufgabe der Re-gierung sein.“

    Schatz fordert gesetzliche verbindlicheMindestlöhne, die existenzsichernd sein sol-len. Außerdem seien drastische Maßnahmenzur besseren Verteilung von bezahlter Ar-beitszeit notwendig. „Überstunden und stei-gende Burn out Zahlen auf der einen Seite,Mini- und McJobs auf der anderen erfordernpolitische Eingriffe, um einen besseren Aus-gleich zu schaffen. „Für die heimischen Ar-beitnehmerInnen liegt vieles im Argen. DochMinister Hundstorfer feiert die Beschäfti-gungszahlen. Das ist zu wenig. Es brauchteine Fairnessoffensive für den Arbeits-markt“, so Schatz.

    Leitl: DamoklesschwertFachkräftemangel

    Wirtschaftskammer-Präsident ChristophLeitl nimmt die Arbeitsmarkt-Daten zumAnlaß, die Leistung der heimischen Betrie-ben hervorzuheben: „Diese Zahlen sind einebeeindruckende Leistungsschau unserer Un-ternehmer. Sie bieten den Arbeitnehmerin-

    Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner

    Foto: BMWFJ

    Herbert KicklSozialsprecher der FPÖ

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

    Sigisbert Dolinschek ArbeitnehmerInnensprecher des BZÖ

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

    Birgit Schatz ArbeitnehmerInnensprecher der Grünen

    Foto: Parlamentsdirektion/WILKE

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  • nen und Arbeitnehmern deutlich mehr Be-schäftigung als noch vor einem Jahr.“Besonders beeindruckt zeigt sich Leitl vonden Lehrlingszahlen.

    Leitl warnt aber gleichzeitig vor einem„würgenden Mangel“ an Fachkräften. Dieaktuellen Zahlen von Mai und Juni zeigen,daß nur 13.000 Arbeitskräfte zusätzlich ausden neuen EU-Staaten nach Österreich ge-kommen sind und das mit fallender Tendenz.„Der prognostizierte Ansturm aus dem Ostenist definitiv ausgeblieben. Nicht einmal einLüftchen weht. So kann der bestehende undkünftig zu erwartende Fachkräftemangelnicht behoben werden.“ Leitl sieht den Man-gel an Facharbeitern als Damoklesschwertüber dem heimischen Arbeitsmarkt: „Wenndie Betriebe die Arbeitnehmer nicht findenkönnen, die sie benötigen, um ihre Aufträgezu erfüllen, dann wird der Fachkräftemangelrasch zur Wachstumsbremse.“

    Kaske: Sozialbereich droht zur neuen Fluchtbranche zu werden

    „Es ist erfreulich, daß die Arbeitslosigkeitweiter sinkt. Besonderes Augenmerk mußjetzt den Beschäftigtengruppen gelten, dievom Rückgang der Arbeitslosigkeit nicht pro-fitieren“, sagt vida-Vorsitzender und ÖGB-Arbeitsmarktsprecher Rudolf Kaske. Entge-gen dem allgemeinen Trend gestiegen ist dieArbeitslosigkeit im Juli bei den Frauen, beiMigrantInnen und in den Sozialberufen.Rechnet man die 53.161 Schulungsteilneh-merInnen dazu, waren im Juli 262.904 Per-sonen als arbeitssuchend registriert. Das sindrund 11.000 Menschen weniger als im Julides Vorjahres.

    „Lange Zeit wurden die Sozial- und Ge-sundheitsberufe als Zukunftsjobs hochgeju-belt, ohne daß zeitgleich die Arbeitsbedin-gungen verbessert wurden. In der Branchegibt es einen hohen Arbeitsdruck, kaumplanbare Freizeit, weil die Dienstpläne lau-fend umgeworfen werden und eine nurmäßige Entlohnung. Die Sozial- undGesundheitsberufe laufen Gefahr, zur neuenFluchtbranche zu werden“, sagt Kaske. DerAnstieg der Arbeitslosigkeit bei den Gesund-heitsberufen belief sich im Juli auf 8,4 Pro-zent. Kaske verlangt deshalb neuerlich mehrGeld für die Branche durch die Schaffungeines nachhaltigen Pflegefonds.

    Für die Beschäftigtengruppen, deren Ar-beitslosigkeit weiter angestiegen ist, fordertKaske verstärkte Qualifizierungsmaßnahmen.„Das gilt insbesondere auch für Wieder-einsteigerinnen. Hier braucht es mehr undbessere Kurse, damit die Rückkehr in die

    Arbeitswelt dauerhaft gelingt“, sagt Kaske.Keine Entwarnung sieht der Gewerkschafterfür ältere Arbeitssuchende, die Betriebeseien nach wie vor bei der Jobvergabe aufjüngere Beschäftigte fokussiert. „Damit das

    faktische Pensionsalter tatsächlich steigt undältere Arbeitssuchende leichter wieder einenJob finden, müssen die Betriebe altersge-rechte Arbeitsplätze schaffen. Auch diebetriebliche Gesundheitsförderung muß aus-geweitet werden“, verlangt Kaske.

    Tumpel: AK fordert »Zwischenspurt«auf dem Arbeitsmarkt

    Während die Entspannung auf dem Ar-beitsmarkt auch den jüngsten Daten zufolgeweiter anhält, brauchen vor allem ältere Ar-beitnehmerInnen, Frauen und junge Arbeit-suchende besondere Unterstützung auf demArbeitsmarkt. Die Arbeitsmarktzahlen fürJuli 2011 bringen gegenüber dem Vorjahreinen weiteren Rückgang der Arbeitslosig-keit um rund 2.000 (arbeitslos registrierte)Personen, das sind um knapp ein Prozentweniger als im Vorjahr. Zusammen mit denrund 53.000 SchulungsteilnehmerInnen wa-ren demnach knapp 263.000 Personen imJuli 2011 arbeitssuchend. Das sind um knapp11.000 Personen oder um vier Prozent weni-ger als im Vorjahr. Neuerlich zeigt sich aber,daß Ältere und Frauen von der Entspannungauf dem Arbeitsmarkt nicht profitieren: Sosteigt die Zahl der registrierten Arbeitslo-sigkeit bei den Älteren um knapp dreiProzent und bei den Frauen um 1,4 Prozent.Angesichts der Notwendigkeit, das faktischePensionsalter anzuheben, müssen auch fürältere Arbeitssuchende echte Rückkehrchan-cen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet werden.Die Betriebe müssen dazu bereit sein, ältereArbeitnehmerInnen auch einzustellen. „Undbei den Jungen müssen wir jetzt im Herbstalles tun, damit niemand ohne Lehrstelleübrig bleibt“, sagt AK Präsident HerbertTumpel, „für alle, die nicht schon jetzt eineLehrstelle gefunden haben, wird es imHerbst sehr schwierig werden. Was wir brau-chen, ist ein neues Arbeitsmarktpaket fürden kommenden Herbst. Nur so können wirsicherstellen, daß sich die Arbeitsmarktlagefür die betroffenen Gruppen nicht weiterzuspitzt.“

    Die AK fordert daher den Einsatz vonSondermitteln für einen „Zwischenspurt“ aufdem Arbeitsmarkt im Herbst. Damit solleninsbesondere Frauen, ältere ArbeitnehmerIn-nen und Junge gezielt angesprochen werden.

    Wien: Arbeitslosigkeit bei den ganz Jungen sinkt deutlich

    Die Summe der beim Arbeitsmarktser-vice Wien als arbeitslos vorgemerkten oderin Schulung befindlichen Personen ist zumVergleichsmonat des Vorjahres leicht gestie-

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    Innenpolitik

    Rudolf Kaske vida-Vorsitzender und

    ÖGB-ArbeitsmarktsprecherFoto: ÖGB/Walter Schreiner

    Präsident Herbert TumpelBundesarbeitskammer

    Foto: AK/Lukas Beck

    Claudia FinsterLandesgeschäftsführerin AMS Wien

    Foto: Petra Spiola/AMS

    Präsident Christoph LeitlWirtschaftskammer ÖsterreichFoto: Österreichischer Wirtschaftsbund

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  • gen (+ 1,4 Prozent). Die Zahl der Schulungs-teilnehmerInnen betrug 18.252 Personen (-15,9 Prozent), die Zahl der Arbeitslosenhat in Wien gegenüber dem Vorjahresmonatum 6,9 Prozent auf 72.271 Betroffene zuge-nommen.

    „Ausgesprochen erfreulich für uns ist dieTatsache, daß die Arbeitslosigkeit bei denganz Jungen – 15 bis 19 Jahre – entgegendem Trend um 7,1 Prozent gesunken ist“,meint AMS Wien-Chefin Claudia Finster.„Dazu haben auch die annähernd gleich ho-hen Schulungsaktivitäten für diese Alters-gruppe beigetragen.“ Zur Entspannung trägtauch die gesteigerte Bereitschaft der Unter-nehmen bei, Lehrlinge aufzunehmen. DieZahl der gemeldeten sofort antretbaren offe-

    nen Lehrstellen hat sich gegenüber dem Vor-jahresmonat um 24,5 Prozent auf 519 gestei-gert. Die Zahl der Lehrstellensuchendenstieg leicht (2,4 Prozent) an und stehtmomentan bei 2.342 Personen.

    Bei den Personen zwischen 25 und 44stieg die Arbeitslosigkeit um 6,8 Prozent, beiden Älteren ab 45 Jahren um 8,6 Prozent.Nach Ausbildung waren wieder Personenohne abgeschlossene Schule (+ 19,5 Pro-zent) und mit Pflichtschulabschluß (+ 8,4Prozent) am stärksten betroffen.

    Eine starke Dynamik zeigt sich nach wievor bei den offenen Stellen auf dem Job-markt: Die Wiener Betriebe haben im ver-gangenen Monat um 9,5 Prozent mehr offe-ne Stellen neu gemeldet als im letzten Jahr(7.525). Spitzenreiter bei den Branchen: DerBereich Handel/Verkehr meldete um 36 Pro-zent mehr Stellen neu, der Dienstleistungs-bereich um 10,4 Prozent und Büro-/Verwal-tungsberufe um 49,8 Prozent.

    Schwarz: Arbeitslosigkeit in NÖ ´sinkt zum 16. Mal in Folge

    „Auch im Juli setzt sich der positiveTrend weiter fort: denn bereits zum 16. inFolge geht die Arbeitslosigkeit in Nieder-

    österreich zurück“, freut sich die für denArbeitsmarkt zuständige Landesrätin Barba-ra Schwarz.

    „So gab es im Juli 2011 mit 37.193 um916 (minus 2,4 Prozent) weniger Arbeitsloseals im Vergleichszeitraum des Vorjahres.Während in Kärnten und Wien die Arbeits-losigkeit wieder steigt (plus 1,7 Prozent bzw.plus 6,9 Prozent), liegt Niederösterreich imBundesländervergleich weit über dem öster-reichweiten durchschnittlichen Rückgangvon minus 0,9 Prozent. Besonders erfreulichist der Rückgang der Arbeitslosigkeit bei denJugendlichen: so beträgt der Rückgang derArbeitslosigkeit bei den 15- bis 19-Jährigenganze 8 Prozent“, informiert Schwarz.

    „In Niederösterreich herrschen derzeitbeste Rahmenbedingungen für eine weiter-hin positive Entwicklung des Arbeitsmarktesfür unsere niederösterreichischen Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer. Bereits im Juniwaren in Niederösterreich so viele Men-schen in Beschäftigung wie noch nie – erst-malig über 581.000 Beschäftigte. Und auchfür Juli erwarte ich mir neue Beschäfti-gungs-Spitzenwerte weit über der 580.000erMarke“, zeigt sich Schwarz optimistisch.

    „Jetzt können wir uns voll und ganz dar-auf konzentrieren, durch gezielte Maßnah-men all jene Menschen bestmöglich zu un-terstützen, die entweder von Arbeitslosigkeitbedroht sind, oder die es aufgrund langerAbwesenheit bzw. mangelnder Qualifizie-rung schwer am Arbeitsmarkt haben“, erklärtSchwarz.

    „Dabei setzen wir verstärkt auf Arbeits-trainings, Potentialentwicklung und Qualifi-zierungsmaßnahmen. Und wir erhöhen auchdas Beratungsangebot ganz massiv, damitvor allem Jugendliche, Langzeitarbeitsloseund auch Frauen bei ihrem (Wieder-)Ein-stieg in die Arbeitswelt ihre Stärken und Fä-higkeiten besser erkennen und nutzen ler-nen“, so Schwarz.

    Pühringer/Sigl: Mehr Beschäftigte,mehr offene Stellen

    Mit einer Arbeitslosenquote von 3,6 %liegt Oberösterreich im Juli 2011 nach Be-rechnung des AMS OÖ hinter Salzburg mit3,3 % an zweiter Stelle, der Österreich-Durchschnitt liegt bei 5,6 %. „Die Erfolgeunserer Unternehmen wirken sich auch aufdie Beschäftigung aus: Im Juli waren in OÖ623.000 Menschen in Beschäftigung, um14.600 mehr als im Vorjahresmonat“, freuensich Landeshauptmann Josef Pühringer undWirtschafts-Landesrat Viktor Sigl. Beidemachen klar: „Auch wenn OÖ bei der Ju-

    gendarbeitslosigkeit mit 4,3 % im Juli deut-lich unter dem Österreich-Durchschnitt von5,9 % liegt, gilt der Jugendbeschäftigungund dem Lehrstellenmarkt weiterhin vollesAugenmerk in der Arbeitsmarktpolitik. Jederausbildungswillige junge Mensch soll undwird auch einen Ausbildungsplatz bekom-men“, kündigen Pühringer und Sigl an. DieInitiative „Perspektive Job – Jugend hatVorrang“ mit den JobCoaches in allenBezirken läuft daher seit Wochen bereitswieder auf Hochtouren.

    Erfreulicherweise ist die Zahl der Lehr-stellensuchenden im Juli im Vergleich zumVorjahresmonat um 9,7 % auf 1.138 gesun-ken. Dem gegenüber stehen derzeit 417 offe-ne Lehrstellen. Sigl: „Mit der Initiative ,Per-

    spektive Job – Jugend hat Vorrang‘ unter-stützen wir jene jungen Menschen, die jetztnach der Schule auf den Arbeitsmarkt drän-gen und noch keinen Ausbildungsplatz ha-ben, mit gezieltem Job-Coaching und beglei-ten sie individuell.“

    Die Zahl der beim AMS gemeldeten8.970 offenen Stellen (+971 bzw. +12,1 %)biete die Chance, noch mehr Menschen inBeschäftigung zu bringen, so Pühringer undSigl. Zugleich zeige sich aber auch, daßOberösterreich sich dem Thema Fachkräfte-mangel mit ganzem Nachdruck weiter wid-men müsse. Eine Qualifizierungsoffensive seidaher im Pakt für Arbeit und Qualifizierung2011 bereits wieder ein Schwerpunktthema.Jugendliche, Frauen, Ältere ArbeitnehmerIn-nen und MigrantenInnen müßten dafür be-sonders im Blickfeld stehen, um auch diebestehenden Arbeitskräftepotenziale best-möglich zu nützen.

    Wie eine aktuelle Analyse zeigt, stehenArbeitslosigkeit und Armutsgefährdung indirektem Zusammenhang – Ziel der Arbeits-marktpolitik könne es daher nur sein, miteiner aktiven Arbeitsmarktpolitik so vieleMenschen wie möglich in Beschäftigung zubringen.

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    Innenpolitik

    Barbara Schwatz, NÖ Landesrätin für Soziales, Arbeit und Familie

    Foto: VPNÖ

    Josef PühringerLandeshauptmann OÖ Foto: Land OÖ / Werner Dedl

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  • Der 16. August 2011 ist ein historischerTag für Kärnten, ein 56 Jahre dauernderStreit um zweisprachige Ortstafeln ging zuEnde. Vor der feierlichen Aufstellung derersten neuen zweisprachigen Ortstafeln inBad Eisenkappel/Zelezna Kapla und Sitters-dorf/Žitara vas lud Landeshauptmann Ger-hard Dörfler zu einem Festakt in den GroßenWappensaal des Klagenfurter Landhauses.

    Rudolf Schober, der Zweite Landtags-präsident, begrüßte die zahlreichen Ehren-gäste – unter ihnen Bundeskanzler WernerFaymann, Landwirtschaftsminister NikolausBerlakovich und Staatssekreteär Josef Oster-mayer sowie der slowenische Ministerpräsi-dent Bohut Pahor. Weiters Landeshaupt-mann Gerhard Dörfler, LHStv. Peter Kaisersowie die Landesräte Josef Martinz, HaraldDobernig und Beate Prettner, den Minister

    für Auslandsslowenen, Bostjan Zeks, Bun-desratspräsidentin Susanne Neuwirth, Diö-zesanbischof Alois Schwarz sowie Alt-landeshauptmann Christof Zernatto und Alt-LHStv. Rudolf Gallob.

    Als erster Festredner sprach BernardSadovnik, Obmann der Gemeinschaft derKärntner Sloweninnen und Slowenen, voneinem bewegenden Moment. „Die neuenOrtstafeln sind eine Geste der gutnachbar-lichen Beziehungen und ein Zeichen einergemeinsamen Zukunftsgestaltung.“ Wichtigsei der Mehrwert für das Land mit der Nut-zung der kulturellen Vielfalt und Mehrspra-chigkeit im Dreiländereck Italien, Slowenienund Österreich.

    Hauptverhandler Josef Ostermayer be-zeichnete das Ortstafelpaket als beste Lö-sung, die je zustande gekommen sei. „Das

    Ergebnis ist ein Sieg der Vernunft, ein Erfolgfür Kärnten, für Österreich und für dasVerhältnis zum Nachbarland.“ Ostermayerdankte dem Bundeskanzler für sein Vertrau-en, die strategisch klugen Vorschläge sowiedie Zeit und Vizekanzler Michael Spindel-egger, der ihn immer bestärkt habe, diesenWeg weiter zu gehen. Besonderer Dank gingan den Kärntner Landeshauptmann: „Ich ha-be ihn auf diesem Weg näher kennen gelernt,er hat Handschlagqualität bewiesen“, soOstermayer. Weiters dankte er LHStv. Kaiserund den 24 Bürgermeistern, die das „großeGanze über Bedenken“ gestellt hätten, derKonsensgruppe, den Slowenenvertretern Va-lentin Inzko, Bernard Sadovnik und MarjanSturm, sowie den Heimatverbänden, Par-teienvertretern und Vertretern Sloweniens.Hervorgehoben wurde auch LHStv. Rudolf

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    Innenpolitik

    Durchbruch zum Aufbruch»Großer Bahnhof« beim alten Bahnhof in Eisenkappel – Enorme Beteiligung bei derAufstellung der größten Ortstafel Österreichs – Eindrucksvolle Festveranstaltung im

    Wappensaal des Landhauses – Signal des guten Miteinanders

    v.l.: Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, Sloweniens Ministerpräsident Borut Pahor, Bundeskanzler Werner Faymann,Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Landesrätin Beate Prettner, Franz Josef Smrtnik, Bürgermeister von Bad Eisen-kappel/Zelezna Kapla, und Valentin Inzko, Obmann des Rates der Kärntner Slowenen

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    Gallob, der immer zur Lösung gestanden sei.Dörfler sagte, daß der Durchbruch zum

    Aufbruch geschafft sei und nun eine Straßein die Zukunft gebaut werden könne. „Mitdem Ortstafelpaket bekommt keiner alles,aber alle bekommen viel“, erklärte Dörfler.Die Anwesenheit des slowenischen Mini-sterpräsidenten Pahor bezeichnete Dörflerals hohe Auszeichnung. „Wir sind jetzt inder Lage zu zeigen, daß zwischen Kärntenund Slowenien eine vitale, friedliche Zu-kunft möglich ist.“ Die Idee der grenzüber-schreitenden Dreiländer-Ski-WM „SenzaConfini“ solle weiterverfolgt werden. Diebeste Volksgruppenförderung gebe es dann,wenn die Menschen in ihrer Heimat lebenund arbeiten können, sagte Dörfler und ver-wies als Beispiel auf das erfolgreiche BoschMahle-Turboladerwerk in der Marktgemein-de Feistritz bei Bleiburg, mit 2500 Arbeits-plätzen. Außerdem schlug der Landeshaupt-mann vor, beginnend mit Laibach, dieHauptstädte der Region „Senza Confini“ alsEuropäische Kulturhauptstädte in die Aus-lage zu stellen.

    Landwirtschaftsminister Nikolaus Berla-kovich betonte, die Ortstafeln seien einSymbol für das friedliche Miteinander sowieein Zeichen der Vielfalt und kein Geschenk

    der Mehrheit an die Minderheit. Der Um-gang mit Minderheiten sei der Prüfstand fürdie Demokratie, so Berlakovich. Wichtig seider Neubeginn für eine moderne Volksgrup-penpolitik und erfreulich sei, daß es schonviele Projekte gebe. Besonderer Dank gingan Ostermayer und Dörfler, die „eine neueKärntner Dimension“ eröffnet hätten. „Bur-genland und Kärnten können als Modell fürEuropa herhalten“, so Berlakovich.

    „Wir haben Raum und Zeit verändertdurch unsere Taten“, so der slowenische Mi-nisterpräsident. Diese Taten seien im Geistder Toleranz und des Zusammenlebens ge-schehen. „Die Erfüllung des Staatsvertragesist ein wichtiges Zeichen für Slowenien“,sagte Pahor. Nun gehe man in die richtigeRichtung der guten Nachbarschaft und To-leranz. „Wir können auf diesen Tag alle stolzsein, er ist ein Tor in die Zukunft“, unter-strich der Regierungschef und dankte allenan der Lösung Beteiligten.

    Faymann sagte, er sei stolz Bundeskanz-ler in einem Land zu sein, in dem bei Kon-flikten positiv aufeinander zugegangen unddas Gemeinsame vor das Trennende gestelltwerde. „Noch nie hat es in Europa eine sogroße Chance für ein friedliches Zusammen-leben gegeben“, so Faymann. Basis dafür

    seien gegenseitiger Respekt und Fairnesssowie das Bewußtsein, daß jeder Menschgleich viel wert sei. Auch der Bundeskanzlerdankte allen für die konstruktive Ortstafel-lösung, ganz besonders aber Dörfler undOstermayer: „Ich bin stolz auf Kärnten, aufdie Entwicklung und das Zusammenleben,Kärnten ist ein Vorbild in Österreich“, soFaymann.

    Schlußpunkt der Veranstaltung war dieVerleihung des „Landesordens in Gold“durch Dörfler an Ostermayer, der diesen mitDank und als Symbol für alle, die an derhistorischen Lösung mitgewirkt hätten, ent-gegennahm. „Die Lösung war ein Gemein-schaftswerk“, so Ostermayer.

    Musikalisch und gesanglich umrahmt wur-de die Festveranstaltung vom Bläserquartettder Polizeimusik, vom Grenzlandchor Ar-noldstein und vom Sänger Ossi Huber. Jas-min Jausz und Leah Pock aus Maria Raintrugen ein Gedicht mit dem Titel „A Land-le – zwa Sprochn“ vor.

    Aufstellung der ersten neuen Ortstafelin Bad Eisenkappel/Zelezna Kapla

    Die Kärntner Ortstafellösung ist beispiel-haft für Österreich“, betonte BundeskanzlerWerner Faymann dann am Nachmittag bei

    v.l.: Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Bundeskanzler Werner Faymann, Staatssekretär Josef Ostermayer (sitzend), Land-wirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, der Zweite Landtagspräsident Rudolf Schober, Slowneniens Ministerpräsident BorutPahor, Landesrat Josef Martinz, Bernard Sadovnik, Obmann der Gemeinschaft der Kärntner Sloweninnen, und Slowenen undder Minister für Auslandsslowenen, Bostjan Zeks

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    der Aufstellung der ersten neuen und zu-gleich auch größten zweisprachigen Orts-tafel in Bad Eisenkappel/Zelezna Kapla. InEisenkappel beim alten Bahnhof herrschteRiesenandrang und beste Stimmung. Es warein Fest der Freude und Gemeinsamkeit.

    Kärntens Landeshauptmann GerhardDörfler sprach davon, daß mit der Ortsta-fellösung bzw. dem Ortstafelpaket Straßenund Geleise in die Zukunft gelegt würden.Nur durch Vertrauen und Aufeinanderzu-gehen sei diese Lösung möglich gewesen. Erdankte allen Beteiligten, allen voran Bun-deskanzler Werner Faymann, Chefverhandlerund seinem persönlichem Freund Staats-sekretär Josef Ostermayer sowie auch demMinisterpräsident Sloweniens, Borut Pahor.Hier werde ein wichtiger Schritt in eine neuegute Nachbarschaft gesetzt, sagte Dörfler,der sich auch bei den Slowenenvertretern,Heimatverbänden und Bürgermeistern be-dankte. Dörfler betonte weiters, daß ein be-lastendes Thema wegfalle und sich dadurchviele neue Chancen eröffnen. Für ihn wichti-ge Ziele seien die zweite Tunnelröhre desKarawankentunnels, die Dreiländer-Ski-WMsowie auch das Konzept einer Kulturhaupt-stadt, die im Alpen-Adria Raum jährlich undalternierend umgesetzt werden könne.

    Dem slowenischen Ministerpräsidentenüberreichte Dörfler als Geschenk das allerer-ste Exemplar eines neuen Bildbandes – inslowenischer Sprache – über die JulischenAlpen. Es ist ein druckfrischer Bildbandvom Villacher Autor Helmut Teissl.

    Der Bürgermeister von Bad Eisenkappel,Franz Josef Smrtnik, war sehr gerührt undsagte, daß dieser Tag ein Feiertag sei, der all-jährlich begangen werden sollte. Dieser Tagsei der Beginn einer neuen Ära, erinnerte eran den Beginn der persönlichen Bekannt-schaft und Freundschaft mit Landeshaupt-mann Gerhard Dörfler. Dörfler war noch alsLandesrat mit Smrtnik zusammengetroffen,als dieser sich im Rahmen einer Protestak-tion an eine Ortstafel gekettet hatte.

    Staatssekretär Josef Ostermayer sagte,daß die Lösung durch das Zusammenwirkenvieler mit dem Ziel der Lösung als Basis füreine gemeinsame Zukunft erreicht wordensei. Eisenkappel sei ein guter Boden für dieKultur, erwähnte Ostermayer auch die Lite-raten Florian Lipus und Maja Haderlap.

    Bundesminister Nikolaus Berlakovichmeinte, daß hier Kärntner und österreichi-sche Geschichte geschrieben worden sei.Ortstafeln seien ein Symbol für das Mitein-ander von Menschen und Sprachen, die ge-pflegt werden sollen.

    Sloweniens Ministerpräsident Bohut Pa-hor betonte, daß damit ein großer Schritt inRichtung Freundschaft, Dialog und Mitein-ander gesetzt worden sei. Dies sei derGrundstein für Freundschaft auch der künfti-gen Generationen. Die Ortstafellösung bzw.Umsetzung sei auch ein Meilenstein für Slo-wenien. Es gebe so viele schlechte Nach-richten in der Welt, aber an diesem Tag seietwas Gutes passiert, dankte Pahor allen Be-teiligten. Nun gehe es darum, mutig weiter-

    zubauen. Er regte dazu an, daß alljährlichMitte August ein Treffen, abwechselnd dies-seits und jenseits der Grenze, stattfindenkönnte.

    Bundeskanzler Faymann hob den Muthervor, gemeinsam eine Lösung finden zuwollen. Man sei stolz auf die Vielfalt undGemeinsamkeit. Er betonte, daß der ländli-che Raum ein zentraler Bestandteil derRepublik sei, ihr und der Bevölkerung hättendie Politiker zu dienen, so Faymann. In die-sem Sinn sei die Ortstafellösung ein Beispielund beispielhaft für Österreich. Ignazio Vokaus Eisenkappel, auch Eigentümer des altenBahnhofs, sprach als Bewohner Grußworteund plädierte für die Mehrsprachigkeit.

    Die Feier in Bad Eisenkappel mit derMontage der neuen Ortstafel durch Dörflerund Staatssekretär Ostermayer moderierteORF-Programmchef Martin Weberhofer. FürMusik und Gesang sorgten das QuintettSmrtnik, die Tamburizza-Gruppe Tamikaund die Vellachtaler Trachtenkapelle.

    Unter den vielen Ehrengästen sah manden Minister für Auslandslowenen, BostjanZeks, Österreichs Botschafter in Slowenien,Alois Kubesch, LHStv. Peter Kaiser, dieLandesräte Josef Martinz und Beate Prettner,Landtagspräsident Rudolf Schober, LAD-Stv. Markus Matschek, die AbteilungsleiterVolker Bidmon, Albert Kreiner und GerhildHubmann, die Bezirkshauptleute JohannesLeitner und Gert André Klösch, mehrere Bür-germeister sowie Vertreter der Volksgruppeund Heimatverbände.

    »Großer Bahnhof« vor dem Bahnhof Bad Eisenkappel/Zelezna Kapla bei den Feierlichkeiten am 16. August.

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  • Im anregenden Umfeld der Salzburger Fest-spiele fand der diesjährige SalzburgerTrilog auf Einladung der Bertelsmann Stif-tung und des österreichischen Außenministe-riums vom 18. bis 20. August 2011 statt.

    Der Salzburger Trilog bietet hochrangi-gen Experten aus Wirtschaft, Politik, Zivil-gesellschaft und Kultur ein Forum, um sichmit neuen Ansätzen für eine globale Ord-nungspolitik (Global Governance) auseinan-der zu setzen. In diesem Jahr hatten sichnamhafte Gäste wie Pascal Lamy, General-sekretär der WTO, José Maria Figueres, ehe-maliger Präsident von Costa Rica, NicolasBerggruen, Vorstandsvorsitzender der Berg-gruen Holdings und Präsident des BerggruenInstituts, sowie Andrea Illy, Vorstandsvorsit-zender des italienischen Unternehmens IllyKaffee angemeldet. Gemeinsam ist ihnenallen der persönliche Einsatz für einen nach-haltigen Entwicklungspfad, der die Entwick-lung aller Menschen und Kulturen umfaßt.

    Doch trotz vieler Anstrengungen auf glo-baler Ebene sind bisherige Reformen im

    Bereich der Weltwirtschaft-, Finanz- und So-zialordnung kaum umgesetzt worden – mitdem Ergebnis, daß eine Krise der nächstenfolgt. Die jüngsten globalen Krisen sind vorallem durch ein Überschreiten von fiskali-schen und ökologischen Grenzen und unge-eigneter Regulierungsstrukturen entstanden.Private und öffentliche Verschuldensgrenzennicht zu beachten, sei ethisch ebenso be-denklich wie die ungehemmte Ausbeutungnatürlicher Ressourcen, wie Pascal Lamy,Generaldirektor der Welthandelsorganisation,beim Salzburger Trilog 2010 bekräftigte. Sokönnen Regulierungen, die an nationalstaat-liche Interessen gebunden sind, nur einge-schränkt ein globales Gemeinwohl verwirk-lichen. Zu sehr richten sich wirtschaftlicheRahmenbedingungen an Einzelinteressenaus – auf Kosten der Allgemeinheit und nach-folgenden Generationen. Um ein grundsätz-liches Systemversagen abzuwenden, bedarfes neuer Ansätze für eine globale Ordnungs-politik.

    Der diesjährige Salzburger Trilog ging

    von der Annahme aus, daß Anstrengungenzu wirklichen Veränderungen in den Welt-wirtschafts-, Finanz- und Sozialordnungenzum Scheitern verurteilt sind, solange nichtdie Ziele und sozialen Normen (universell)verbindlich geklärt sind, die globale Ent-wicklungen leiten sollen und Konflikte zwi-schen den Interessen des Einzelnen, derGesellschaft und der Umwelt lösen helfen.Die Diskussion fällt in eine Zeit, in der im-mer öfter Fragen zu entscheiden sind, die dieWeltgesellschaft insgesamt betreffen: 2012wird die DOHA Runde weiter verhandelt,zudem stehen mit dem Kyoto Folgeabkom-men und den Millenniumsentwicklungs-zielen zwei globale Nachhaltigkeitsprojektezur Entscheidung. Doch die Perspektiven fürDurchbrüche in diesen internationalen Ab-kommen sind eher düster. Um internationaleAbkommen für alle Staaten annehmbar zumachen, sollte, so die These, ein normativesLeitbild für den zukünftigen Entwicklungs-pfad der Weltgesellschaft hinreichend kon-kretisiert und implementiert werden.

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    Österreich, Europa und die Welt

    Globale Antworten auf globale Probleme gesucht

    Salzburger Trilog – Brauchen wir eine »Innenpolitik« für die globalisierte Welt?Außenminister Michael Spindelegger für engere Kooperation in der Eurozone,

    aber gegen eigene Wirtschaftsregierung

    Der 10. Salzburger Trilog stand vom 18.-20. August 2011 unter der Ägide des Außenministeriums und der Bertelsmann Stiftungunter dem Thema »New Foundations for the World Economy and Global Governance«.

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  • Spindelegger: Es braucht globale Antworten

    Um den globalen Herausforderungen zubegegnen, brauche es globale Antworten. Dassagte Außenminister Michael Spindelegger(ÖVP) im Gespräch mit der Austria Presse-agentur (APA) anläßlich des diesjährigenSalzburger Trilogs. Die Politik müsse in Fra-gen des Umweltschutzes, der Finanzmarkt-regulierung und der Sicherheit gemeinsameAntworten finden, so Spindelegger.

    Wenn sich die Staaten beim Umwelt-schutz nicht auf globale Regeln einigen,würden auch die Fragen der Ernährungs-sicherheit und Wasserversorgung nicht ge-löst werden können. Die Politik müsse daherin Richtung globaler Ordnungspolitik gehen,aber dieser Prozeß dürfe nicht durch natio-nale Interessen und Wahlen Rückschlägeerleiden, was ja immer wieder passiere. Essei aber auch schon Positives erreicht wor-den, etwa im Bereich Bildung, so Spindel-egger. Die Bilanz falle insgesamt gemischtaus: „Es gibt ein gemischtes Bild.“ Es seijedenfalls notwendig, darüber nachzuden-ken, wie man gemeinsam die großen Fragenbeantworte. Spindelegger räumte ein, daßman es verabsäumt habe, die jüngsten Kata-strophen dazu zu nutzen, um Neuerungen zuerreichen. Dafür brauche es beherzte Persön-lichkeiten und eine Allianz der Willigen ausZivilgesellschaft und NGOs.

    Als einen richtigen Schritt zur Regulie-rung der Finanzmärkte nannte er die Finanz-transaktionssteuer. Das sei in Österreichauch Konsens. Er freue sich daher, daß nunauch von Deutschland und Frankreich eineentsprechende Initiative gekommen sei.

    Was die ebenfalls von der deutschen

    Kanzlerin Angela Merkel und FrankreichsPräsident Nicolas Sarkozy vorgeschlageneWirtschaftsregierung der Eurozone betrifft,ist Spindelegger dagegen skeptisch. Er be-grüße eine koordinierte Wirtschaftspolitik,sei aber gegen die Schaffung neuer Kompe-tenzen in der EU. Der wäre nicht die richti-ge Antwort auf die aktuelle Krisensituation,denn die Einrichtung einer solchen Regie-rung würde ein bis zwei Jahre dauern unddie Zeit habe man nicht. „Daher koordinie-ren und zu Hause umsetzen.“ Den drittenVorschlag einer in der Verfassung veranker-ten Schuldenbremse, sieht der Außenmi-nister in Österreich durch den Fünf-Jahres-Ausgaberahmen bereits umgesetzt. Mankönne darüber diskutieren, das in die Ver-fassung zu verankern, aber das sehe er nichtals absolute Notwendigkeit, sagte der Vize-kanzler.

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    Österreich, Europa und die Welt

    Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (2. v.l.) mit Trilog-PräsidentWolfgang Schüssel (r.) und Liz Mohn (Bertelsmann-Stiftung 3. v.l.) mit Teilnehmern

    Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (l.) im Gespräch mit seinemAmtskollegen aus Georgien, Grigol Vashadze.

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  • Auch dieser Sommer hat gezeigt, daß esbedauerlicherweise zu Situationenkommt, in denen Österreicherinnen und Öster-reicher im Ausland Hilfe und Informationenbenötigen. Durch die neue App des Außen-ministeriums haben Sie einen sicheren Be-gleiter für ihren Auslandsaufenthalt“, prä-sentierte Außenminister Michael Spindeleg-ger am 17. August gemeinsam mit FlyNikiPräsident Niki Lauda, Austrian AirlinesVorstand Andreas Bierwirth und Flughafen-Vorstandsmitglied Ernest Gabmann die ersteSmartphone Application des Außenministe-riums am Flughafen Wien.

    „Mit der neuen App am Handy paßt unserService in jedes Reisegepäck und bietetwichtige Tipps für den Notfall wo und wannimmer diese benötigt werden“, erklärte derAußenminister.

    Niki Lauda über die neue App des Aus-senministeriums: „Verläßliche Information,schnell abrufbar – eine gute und nützliche

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    Österreich, Europa und die Welt

    Sicher Reisen mit der neuenApp des Außenministeriums

    Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger stellteneue Smartphone Application des Außenministeriums vor

    v.l.: Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger, Flughafen Wien Vorstand Ernest Gabmann, AUA-Vorstand AndreasBierwirth und Fly Niki-Chef Niki Lauda bei der Präsentation der App des Außenministeriums am Wiener Flughafen.

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  • Initiative, die unsere Kunden schätzen wer-den. Die Initiative ist sinnvoll, lobenswertund zeitgemäß. Am Wesentlichsten ist, daßhier objektive, ungefärbte News aus ersterHand geboten werden. Ein gutes Projekt desMinisteriums.“ Auch Austrian-VorstandAndreas Bierwirth erkennt die Vorteile desmobilen Service: „ Die neue App ist ein tol-les Service für Reisende. Das gilt für vorallem für unsere Kunden, da wir mit unseren130 Reisezielen weltweit sehr viele Länderaußerhalb der westlichen Welt – in Osteuro-pa, Nahost oder Asien – anfliegen. Hier sinddiese Reisehinweise und Notfalltipps sehrhilfreich.“

    Der neue kostenlose Dienst des Außen-ministeriums kann als App heruntergeladen

    werden und bietet den Österreicherinnen undÖsterreichern nützliche Informationen rundums Reisen. Die App wurde für I-Phone,Blackberry und Android-Handys entwickelt.Neben wichtigen Länderinformationen, ak-tuellen Reisehinweisen und hilfreichenTipps für den Notfall im Ausland sind auchdie Kontaktdaten aller österreichischenBotschaften und Konsulate jederzeit abruf-bar.

    Alle Informationen über die neue Appsind auf http://www.auslandsservice.at er-hältlich. Wichtige Informationen rund umden Auslandsaufenthalt sind selbstverständ-lich auch in Zukunft auf der Homepage desAußenministeriums zu finden: http://www.bmeia.gv.at

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    Österreich, Europa und die Welt

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  • Nach der erfolgreichen Live-Sondersen-dung der Fernsehinformation zur „Nach-bar in Not“-Ostafrikahilfe und einemSchwerpunkttag im gesamten ORF, bedank-te sich am 25. August auch ein zufriedenerORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz imORF-Atrium bei allen Beteiligten, den vie-len prominenten und freiwilligen HelferIn-nen an den Spendentelefonen und den Part-nern der „Nachbar in Not“-Hilfsorganisatio-nen – Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie,CARE, Hilfswerk, Malteser, Volkshilfe undSamariterbund – für deren Einsatz. Zu denbereits bisher gespendeten 2,5 Millionen Eu-ro auf dem „Nachbar in Not“-Konto brachteder Schwerpunkttag im ORF – an dem sichallein im ORF-Fernsehen alle „Zeit imBild“-Sendungen, die „Sommerzeit“, „Heu-te in Österreich“ und „Eco“ und schon denganzen Tag die ORF-Radios und ORF.atbeteiligten – mit der 90minütigen Live-Son-dersendung „Nachbar in Not – Hilfe fürOstafrika“ im ORF-2-Hauptabend eine wei-tere Million Euro an Spenden.

    Wrabetz: »Wir haben das Herz derMenschen auch mit seriöserInformation erreicht«

    „Der ORF hat wieder einmal bewiesen,daß er unter Aufbietung all seiner Synergienin der Lage ist, die Spendentätigkeit in Ös-terreich zu forcieren. In Anbetracht der dra-matischen Bilder und Nachrichten, die unsaus Ostafrika erreichen, war es für den ORFfast schon eine Selbstverständlichkeit, seineRessourcen einen Tag lang konzentriert inden Dienst der guten Sache zu stellen und zuSolidarität und Hilfsbereitschaft aufzurufen.Ich bin stolz, daß uns das gemeinsam mitden Österreicherinnen und Österreichern ge-lungen ist und wir unseren Beitrag zur Lin-derung der Not in Ostafrika leisten konnten.Denn an die Bilder verhungernder Kinderdarf man sich nicht gewöhnen!“, so derORF-Generaldirektor, der ebenso wie derSchirmherr der Aktion „Nachbar in Not“,Bundespräsident Heinz Fischer, Bundes-kanzler Werner Faymann, Vizekanzler Mi-chael Spindelegger, Grünen-Chefin EvaGlawischnig, FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache, BZÖ-Obmann Josef Bu-cher sowie zahlreiche Prominente wie Karl

    Markovics, Ursula Strauss, Maresa Hörbi-ger, Harald Krassnitzer, Almaz Böhm, Se-mino Rossi und vielen, vielen mehr, amSpendentelefon mithalf.

    Wrabetz betonte auch, daß es dem ORFdiesmal gelungen sei, unter der Verantwor-tung der Fernsehinformation, mit fundierterBerichterstattung, seriöser Information undviel Hintergrundberichten, die Österreiche-rInnen zu erreichen und ihr Herz für Spen-den zu öffnen und bedankte sich allen voranbeim sendungsverantwortlichen Hans Bür-ger, dem Moderatorenteam Tarek Leitner,Cornelia Vospernik und Roland Adrowitzer,den vielen Mitwirkenden der Informations-sendungen sowie der Leiterin des ORF-Hu-manitarian-Broadcasting, Sissy Mayerhoffer.

    Mayerhoffer: »Ein guter Tag für die Hilfe«

    „Das war ein guter Tag“, resümierte auchSissy Mayerhoffer, die am Ende des Ak-tionstages das Spendenergebnis von insge-samt 3,5 Millionen Euro für die „Nachbar inNot“-Hilfe bekanntgeben konnte. Allein dieSondersendung im Hauptabend konnte

    14.000 Anrufe von SpenderInnen verzeich-nen. Insgesamt erreichte das ORF-Fernsehenmit allen Sendungen und Beiträgen desTages zur „Nachbar in Not“-Hilfe 1,238Millionen ÖsterreicherInnen, das entsprichteinem weitesten Seherkreis von 17 Prozent(Erw. 12+) der erwachsenen Bevölkerung inÖsterreichs TV-Haushalten.

    Mayerhoffer betonte, ebenso wie dergesamte „Nachbar in Not“-Vorstand, daß dieStiftung nicht nur für die Transparenz derSpenden, sondern auch für seriöse Mittelver-wendung garantiere und daß jeder gespende-te Euro der direkten Hilfe zugutekäme. Die„Nachbar in Not“-Soforthilfe im Krisenge-biet ist bereits voll angelaufen; als nächsteSchritte sind auch lang- und mittelfristigeProjekte geplant, um den Not leidenden Men-schen auch nach Ende der Dürreperiode, et-wa durch Saatgut und Weidetiere, das Über-leben zu ermöglichen.

    Auch nach dem Schwerpunkttag im ORFbittet „Nachbar in Not“ um weitere Spenden.Unter der kostenlosen A1-Spendentelefon-nummer 0800 222 44 kann auch weiterhinrund um die Uhr gespendet werden.

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    Österreich, Europa und die Welt

    3,5 Millionen Euro SpendenProminente Spendensammler und mehr als 10.000 AnruferInnen unterstützen

    den Schwerpunkttag und die Sondersendung für die Ostafrikahilfe im ORF.

    Bundespräsident Heinz Fischer, er ist auch Schirmherr von »Nachbar in Not«, nahmim ORF-Zentrum am Küniglberg Spenden für die Ostafrika-Hilfe entgegen.

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    Österreich, Europa und die Welt

    Am 24. Juni hat der Rat der Staats- undRegierungschefs die Entschließung vom13. April verabschiedet, die Donauraumstra-tegie umzusetzen. Die Länder wurden aufge-fordert, dies möglichst zügig voranzutreiben.

    Michael Mössmer: Seit rund zwei Jahrenlaufen intensive Arbeiten zur Donauraum-strategie, es fanden unzählige Treffen auf bi-lateraler Ebene statt, es wurden Beschlüssegefaßt und zu einem guten Teil auch umge-setzt. Nun kommt die EU, und sagt denLändern, sie sollten endlich was tun?

    de Martin: Nein, so mag es vielleicht aufden ersten Blick aussehen, wenn man sichmit diesem Thema wenig auseinandergesetzthat. Die Beschlußfassung ist sozusagen derGipfel der teils jahrzehntelangen Bemühun-gen, die Zusammenarbeit der Länder, Regio-nen und Städte zu intensivieren, die an derDonau liegen.

    MM: Wie ist es zur Donauraumstrategiegekommen?

    de Martin: Es gibt einige Vorläuferorgani-sationen, die sich schon intensiv mit demDonauraum beschäftigt haben – wie etwa die1948 gegründete „Donau Kommission“, de-ren Hauptaufgabe es ist und war, die Schiff-barkeit der Donau zu garantieren. Sie warspeziell nach dem Zweiten Weltkrieg sehrwichtig, hat sich aber auch nach dem Bal-kan-Krieg wesentlich eingebracht, um dieDonau wieder schiffbar zu machen.

    1970 hat sich die internationale Werbege-meinschaft „Die Donau“ gegründet – alsoschon lang vor dem Fall des Eisernen Vor-hangs – mit dem Ziel, die touristische Desti-nation Donau weltweit zu verkaufen. Sie istfür die Passagierschifffahrt und für dasSchnüren von Kulturangeboten zuständig,zum Beispiel für Reiseveranstalter.

    1994 wurde die „Donau Schutzkommission“gegründet, der 14 Staaten des Donaubeckensangehören. Das ist ein internationales Ab-kommen mit dem Ziel, Wasser- und Um-weltqualität im Donauraum zu verbessern.

    Das sind die gleichen Staaten, die heute indie Donauraumstrategie eingebunden sind.Acht davon sind EU-Staaten, vier sind „Bei-trittskandidaten“ in naher oder weiterer Zu-kunft (Kroatien, Serbien, Bosnien und Mon-tenegro) und zwei Drittstaaten, die Ukraineund Moldawien. Sie koordinieren, zum Bei-spiel, die Schutzgebiete entlang der Donau –Hauptthemen sind Umweltfragen wie Hoch-wasserschutz, Vereinbarkeit von Energienut-zung und Umweltschutz, Wirtschaft, Sicher-heit, Erreichbarkeit, etc.

    MM: Die Donaukooperation wurde 2002von Österreich und Rumänien eingeleitet.Dann war es aber darum ein wenig stillgeworden.

    de Martin: Alle zwei Jahre haben Außen-ministertreffen im Rahmen des Donauraum-kooperationsprozesses stattgefunden, dazwi-schen hat es „high official“-Treffen gegeben,die, wie Erhard Busek damals sagte, „sehrnett waren, es wurden Deklarationen verfaßt,danach ist aber die nächsten zwei Jahrenichts passiert“. 2008 wurde diese Initiativevon Außenminister Michael Spindeleggerund seinem damaligen rumänischen Amts-kollegen Cristian Diaconescu wieder aufge-griffen: Sie waren mit dem Ansinnen an dieKommission herangetreten, eine makro-regionale Strategie für den Donauraum zuentwickeln.

    Da hat dann ein Lobbying stattgefunden.Vorbild ist die „EU Baltic Sea Strategy“,

    also die „Ostsee Strategie“, die in dieser Zeitim Entstehen war. Die zuständige europäi-sche Generaldirektion für Regionalentwick-lung (DG Regio) verfolgt die Idee, makrore-gionale Strategien zu entwickeln, die sowohldie Nationalstaaten, d