Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

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Masterarbeit Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in der Pflege Eine qualitative Erhebung zur Selbsteinschätzung der Anleitungsqualität am Beispiel der PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West eingereicht von Melanie Ausserweger, BSc zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science (MSc) Medizinische Universität Graz Institut für Pflegewissenschaft unter der Anleitung von Univ.-Prov. Dr. phil. Rudolf Egger Graz, 15. Juni 2015

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Masterarbeit

Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in der Pflege

Eine qualitative Erhebung zur Selbsteinschätzung der

Anleitungsqualität am Beispiel der PraxisanleiterInnen im

LKH Graz Süd-West Standort West

eingereicht von

Melanie Ausserweger, BSc

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science

(MSc)

Medizinische Universität Graz

Institut für Pflegewissenschaft

unter der Anleitung von

Univ.-Prov. Dr. phil. Rudolf Egger

Graz, 15. Juni 2015

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I

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne

fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet

und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als

solche kenntlich gemacht habe.

Graz, 15. Juni 2015

Melanie Ausserweger, BSc eh

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II

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Univ.-Prof. Dr. phil. Rudolf Egger für

die kompetente Betreuung meiner Masterarbeit bedanken. Er hat mir bei der

Auseinandersetzung mit diesem Thema sehr geholfen.

Ein ganz besonderer Dank gilt dem Oberpfleger des LKH Graz Süd-West

Standort West, Herrn DGKP Ewald Tax, der mir ermöglichte die nötigen Interviews

für diese Arbeit in seinem Haus durchzuführen. Zudem möchte ich mich bei den

drei PraxisanleiterInnen des LKH Graz Süd-West Standort West bedanken. Sie

haben sich dazu bereit erklärt, mit mir die nötigen Interviews durchzuführen. Ohne

deren Hilfe wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen.

Ganz herzlich möchte ich mich bei meinem Stationsleiter DGKP Herbert Sänger

bedanken, der es mir durch die Diensteinteilung ermöglichte, das zeitaufwändige

Studium zu absolvieren.

In diesem Rahmen möchte ich mich auch bei meiner Familie und meinen

Freunden bedanken, die mich während des Studiums unterstützten und mich bei

der Durchführung dieser Arbeit motiviert haben.

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Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ VI

II. Abbildungsverzeichnis ............................................................................ VII

III. Tabellenverzeichnis ................................................................................. VII

IV. Zusammenfassung ................................................................................. VIII

V. Abstract ..................................................................................................... IX

1. Einleitung ....................................................................................................... 1

2. Die Praxisanleitung in der Pflege ................................................................ 5

2.1 Die Praxisanleitung im Allgemeinen .................................................... 6

2.2 Der Anleitungsprozess in der Praxis – vom Lehren und Lernen ....... 9

2.2.1 Einschätzung der Lernvoraussetzungen ............................................ 11

2.2.2 Planung der Lerninhalte ..................................................................... 12

2.2.3 Lehren und Lernen der Inhalte ........................................................... 14

2.2.4 Evaluation der Anleitung ..................................................................... 15

2.3 Die Rahmenbedingungen der Praxisanleitung .................................. 16

2.3.1 Die Instrumente der Praxisanleitung ................................................... 16

2.3.2 Die Methoden der Praxisanleitung ...................................................... 18

2.4 Die gesetzlichen Grundlagen der Praxisanleitung ............................ 22

2.4.1 Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz ..................................... 23

2.4.2 Die Gesundheits- und Krankenpflege – Ausbildungsverordnung ....... 24

2.4.3 Die Gesundheits- und Krankenpflege – Weiterbildungsverordnung ... 25

2.4.4 Die Regelung der Praxisanleitung im GuKG ...................................... 25

3. Die Qualität in der Pflege ............................................................................ 28

3.1 Der Qualitätsbegriff nach Avedis Donabedian .................................. 29

3.2 Das offene Curriculum ......................................................................... 30

3.2.1 Die didaktischen Grundsätze der Praxisanleitung .............................. 31

3.2.2 Der Pflegeprozess .............................................................................. 33

3.3 Der Kompetenzerwerb in der Pflege ................................................... 36

Page 5: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

IV

4. Die Forschungsmethoden .......................... Fehler! Textmarke nicht definiert.

4.1 Die Literaturrecherche ......................................................................... 41

4.2 Das ExpertInneninterview ................................................................... 43

4.3 Die Auswahl der TeilnehmerInnen ...................................................... 45

4.4 Das Setting ........................................................................................... 46

4.5 Die Datenanalyse ................................................................................. 46

4.6 Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ..................................... 47

4.6.1 Bestimmung des Ausgangsmaterials ................................................. 49

4.6.2 Fragestellung der Analyse .................................................................. 51

4.6.3 Die Bestimmung der Analysetechnik .................................................. 52

4.6.4 Das Ablaufmodell der Analyse ........................................................... 53

4.6.5 Analyse anhand des Kategoriensystems ............................................ 55

4.6.6 Interpretation der Ergebnisse anhand der Forschungsfrage .............. 55

4.7 Anwendung der Gütekriterien ............................................................. 55

4.8 Ethische Aspekte ................................................................................. 57

5. Ergebnisse ................................................................................................... 58

5.1 Intentionen für die Praxisanleitung .................................................... 59

5.1.1 Gründe für die Weiterbildung .............................................................. 59

5.1.2 Möglichkeiten für Anleitungssituationen ............................................. 61

5.2 Einflussfaktoren auf die Praxisanleitung ........................................... 64

5.2.1 Negative Einflüsse auf die Praxisanleitung ......................................... 65

5.2.2 Positive Einflüsse auf die Praxisanleitung .......................................... 68

5.2.3 Theorie-Praxis-Transfer ...................................................................... 71

5.2.4 Zusammenarbeit mit der Schule ......................................................... 74

5.2.5 Verwendung von Methoden bei der Praxisanleitung .......................... 74

5.2.6 Verwendung von Instrumenten bei der Praxisanleitung ..................... 76

5.3 Qualität der Praxisanleitung ............................................................... 79

5.3.1 Qualität der durchgeführten Praxisanleitung ...................................... 80

5.3.2 Kriterien für qualitativ hochwertige Praxisanleitung ............................ 84

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V

6. Diskussion ................................................................................................... 89

Literaturverzeichnis ........................................................................................... 95

Anhang .............................................................................................................. 101

A Interviewleitfaden ...................................................................................... 101

B Einverständniserklärung .......................................................................... 103

C Information bezüglich des Interviews ..................................................... 105

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VI

I. Abkürzungsverzeichnis

Abb. ................. Abbildung

ASK ................. Ausbildungszentrum der steiermärkischen

Krankenanstaltengesellschaft

AZW ................ Ausbildungszentrum West

BFI ................... Berufsförderungsinstitut

et al. ................ et alia, unter anderem

GuKG .............. Gesundheits- und Krankenpflegegesetz

KAGes. ............ steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft

KMK ................ Kulturministerkonferenz

LKH ................. Landeskrankenhaus

LTT .................. Lernbereich-Transfer-Training

MedUni ............ Medizinische Universität

ÖBIG ............... Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheit

pSA ................. praktische SchülerInnenanleitung

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VII

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Der Pflegeprozess ............................................................................... S. 35

Abb. 2: Das Dreyfus-Modell in der Pflege ........................................................ S. 38

Abb. 3: Die Relevanzprüfung............................................................................ S. 42

Abb. 4: Das Ablaufmodell inhaltlich-strukturierender Inhaltsanalyse ................ S. 54

Abb. 5: Die Selbsteinschätzung der Anleitungsqualität .................................... S. 81

III. Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Die Analyseschritte der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ....... S. 49

Tab. 2: Die Charakteristika der PraxisanleiterInnen ......................................... S. 51

Tab. 3: Die Aufstellung der Kategorien ............................................................. S. 58

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IV. Zusammenfassung

In Österreich wird die duale Ausbildung für die Gesundheits- und Krankenpflege

angeboten, wodurch für die Auszubildenden zwei Lernorte entstehen: die Schule

und die Praktikumsstellen. Um das theoretische Wissen der SchülerInnen in der

Praxis besser umzusetzen, wurde 2008 in der KAGes die Weiterbildung

Praxisanleitung integriert. Zurzeit sind keine Empfehlungen für die Inhalte der

Weiterbildung definiert. Die Ausbildungen sind österreichweit unterschiedlich.

Dies ist ein Grund, warum in dieser Arbeit erhoben werden soll, wie die

PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West die Qualität, der von

ihnen durchgeführten Praxisanleitung, beurteilen und welche Bedingungen, aus

Sicht der PraxisanleiterInnen, notwendig sind, um eine qualitativ hochwertige

Praxisanleitung ermöglichen zu können.

Diese Fragen werden mit qualitativen Interviews zur Selbsteinschätzung der

Anleitungsqualität beantwortet. Es wurden die drei PraxisanleiterInnen vom

LKH Graz Süd-West Standort West zu den Themen Anleitungssituationen,

Einflussfaktoren und Qualitätseinschätzung der Anleitungsprozesse befragt.

Grundsätzlich schätzen die PraxisanleiterInnen ihre Anleitungsqualität mit der

Schulnote 2,33 ein. Der Hauptgrund für diese Beurteilung ist der Zeitfaktor. Zwei

PraxisanleiterInnen äußerten einen massiven Zeitmangel in Bezug auf die

SchülerInnenarbeit, da die Anleitungssituationen in den stressigen Arbeitsalltag

integriert werden müssen. Durch die teilweise große SchülerInnenanzahl auf den

Stationen verlieren die PraxisanleiterInnen die Übersicht über die persönlich

gesetzten Ziele der SchülerInnen. Die Beurteilungen am Ende des Praktikums

sind von einer Person kaum zu bewältigen.

Daher haben sich die PraxisanleiterInnen eine Struktur zurechtgelegt, wie sie

diesem Mehraufwand positiv nachkommen können. Die Schulung der KollegInnen,

um angemessene Beurteilungen abzugeben, steht an oberster Stelle. Somit sind

pro diplomierte Pflegefachkraft weniger Beurteilungen durchzuführen. Indem sich

die PraxisanleiterInenn eine ruhige Atmosphäre schaffen und sich Zeit nehmen für

die SchülerInnen kann dem Faktor Zeit entgegengewirkt werden.

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V. Abstract

In Austria there is a dual educational system for nursing. Because of this there are

two learning centers for nursing students: the school and the work placement in

hospital. For a better implementation of theoretical knowledge from the students

into praxis, the concept of practical trainers was integrated in Austria in 2008.

There are no formal recommendations for this postgraduate training yet, which

leads to severe differences between hospitals concerning the quality of practical

trainings.

This is why it is important to take the practical trainer`s perspectives into account

and to investigate the quality of practical trainings using interviews. The interviews

contain questions about the guidance process, as well as positive and negative

influencing factors and the rating of the quality of guidance.

The practical trainers rate their guidance process with 2.33. Two trainers express

that they have too little time to work with the students. They have to integrate the

guidance in their stressful daily working routine. Furthermore there are too many

students per practical trainer. It is not possible to overview the goals set by the

students and to support them in achieving their objectives. The task of giving a

great amount of formal feedback at the end of each student`s practicum is difficult

to achieve as well.

Because of this amount of additional expenditure they have built a structure for

their guidance process. Firstly - in order to achieve a smaller number of feedback

per nurse - they train their colleagues in giving formal written feedback to the

students. Secondly they try to create a calm atmosphere to guide and train the

students. This would possibly also help to increase time. All three practical trainers

wish to have two more hours per month to be able to work with their students more

intensively.

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1. Einleitung

In Österreich wird derzeit die duale Ausbildung für die Gesundheits- und

Krankenpflege angeboten. Die Auszubildenden haben demnach zwei Lernorte an

denen sie sich Wissen aneignen können. Einerseits findet diese

Wissensaneignung an der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege statt und

andererseits an den jeweiligen Praktikumsstellen.

Die Grundlage für die Gesundheits- und Krankenpflege stellt das Gesundheits-

und Krankenpflegegesetz (GuKG) von 1997 dar. Hier werden auch die

Mindestanforderungen an Theorie- und Praxisstunden festgelegt, die jedeR

Auszubildende absolvieren muss. Das sind mindestens 4.600 Stunden in Theorie

und Praxis, davon hat mindestens die Hälfte auf die praktische Ausbildung zu

entfallen. Zudem ist im GuKG die Anleitung und Beratung von Auszubildenden

durch alle Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen verankert

(Bundeskanzleramt 1997).

Die zwei Lernorte, an denen die Auszubildenden tätig sind, können nur durch drei

InteraktionspartnerInnen miteinander verknüpft werden. Diese

InteraktionspartnerInnen sind die Lehrkräfte der Schule, die Auszubildenden selbst

sowie die PraxisanleiterInnen. Die LehrerInnen der Schule sorgen vor allem für die

Vermittlung von Fachwissen, das in der Pflegepraxis umgesetzt werden soll.

Während der Praktikumszeit arbeiten sie mit den Auszubildenden für mindestens

50 Stunden der gesamten praktischen Ausbildungszeit zusammen. Diese Zeit wird

als Lernzeit angesehen und soll mit keinem Prüfungscharakter behaftet sein. Die

restlichen 2.250 Stunden der Praktikumszeit werden die Auszubildenden von

Fachkräften auf der Station angeleitet. Die Fachkräfte sorgen vor allem für

erfahrungsorientiertes Lernen (Bundeskanzleramt 1999a). Durch die Reflexion der

Pflegehandlungen der Auszubildenden werden die Erfahrungen zu verwertbarem

Wissen, das in anderen Situationen angewendet werden kann

(Jank & Meyer 2011). Um den Theorie-Praxis-Transfer des Wissens zu

verbessern, wurden die PraxisanleiterInnen eingeführt und 2007 im GuKG

gesetzlich als Weiterbildung verankert. Die PraxisanleiterInnen sind das

Bindeglied zwischen der Schule und der Praxis (Bundeskanzleramt 2014).

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Diese Weiterbildung wird seit 2008 von der Steiermärkischen

Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) angeboten und hat laut GuKG mindestens

160 Stunden zu dauern. Sie findet berufsbegleitend statt und bietet für

24 Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen Platz. Voraussetzung für

die Genehmigung der Weiterbildung ist eine mindestens zweijährige einschlägige

Berufserfahrung (ASK 2014). Seit Beginn der Weiterbildung hat sich die

TeilnehmerInnenzahl verdoppelt und trotz siebenjährigen Bestehens der

Weiterbildung befindet sich die Praxisanleitung in manchen Häusern noch am

Anfang. Im Landeskrankenhaus (LKH) Graz Süd- West Standort West sind derzeit

drei PraxisanleiterInnen tätig und eine Diplomierte Gesundheits- und

Krankenschwester befindet sich in Ausbildung zur Praxisanleiterin. Laut

Pflegedirektion des LKH Graz Süd-West Standort West orientierten sich im Laufe

der Jahre einige der PraxisanleiterInnen in eine andere Richtung und verließen

das Haus wieder. Manche sind den Anforderungen der Anleitung nicht gewachsen

und geben diese Stelle auf. Es gab auch PraxisanleiterInnen, die eine höhere

Stellung in der Organisation einnahmen und die Praxisanleitung notgedrungen

aufgaben. Dadurch hielt sich in dieser Einrichtung bisher kaum ein konstanter

Stock an pädagogisch ausgebildetem Fachpersonal. Laut Schneider et al. (2012)

„ist eine langfristige Bindung von gut ausgebildetem Pflegepersonal an das

Unternehmen unerlässlich“, vor allem aufgrund der Pflegenotstände und der

demografischen Entwicklungen.

Zudem gibt es von Seiten der Bundesregierung bis heute noch keine

Empfehlungen bezüglich der Lerninhalte dieser Weiterbildung. Es wird lediglich

die Mindestanzahl an Weiterbildungsstunden vorgegeben. Daher finden die

Weiterbildungen Praxisanleitung in den österreichischen Bundesländern

unterschiedlich statt. Bei der Weiterbildung zur/zum PraxisanleiterIn am

Berufsförderungsinstitut (BFI) in Salzburg finden drei mal zwei Präsenzphasen von

je zwei bis drei Tagen statt und dauert 160 Stunden. Zum Vergleich in Wien,

Oberösterreich und der Steiermark finden sechs Module mit einer Dauer von drei

bis fünf Tagen statt. Diese Weiterbildungen dauern rund 224 Stunden (ASK 2014;

BFI Salzburg 2015; Verein Bildung und Beruf o.J.).

In den Landeskrankenhäusern der Steiermark sind noch keine

Stellenbeschreibungen für die PraxisanleiterInnen vorhanden und sie erhalten

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keine zusätzlichen Stunden zur Arbeitszeit für die Anleitungstätigkeiten, da diese

noch nicht gesetzlich geregelt sind. Dadurch kann es bei den PraxisanleiterInnen

„zu einer negativen Beeinflussung des eigenen Rollenverständnisses“ kommen

(Schneider et al. 2012).

Es ist für die PraxisanleiterInnen schwierig neben ihrer Routineaufgaben im

Stationsalltag die Anleitung und Begleitung der Auszubildenden zu übernehmen.

Zumal manche Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen diese Tätigkeit

an die PraxisanleiterInnen abgeben und sie die gesetzlich verankerte Anleitung

von Auszubildenden durch ausgebildetes diplomiertes Fachpersonal nicht

wahrnehmen möchten (Bundeskanzleramt 1997).

Die Autorin dieser Arbeit beschränkt sich, aufgrund der österreichweiten

Unterschiede der Weiterbildung, im Allgemeinen auf die Weiterbildung

Praxisanleitung in der Steiermark nach § 64 GuKG. Im Speziellen wird auf die

Praxisanleitung im LKH Graz Süd-West Standort West eingegangen, da die

Autorin mit diesem Haus beruflich verbunden ist. Hier sind nur PraxisanleiterInnen

mit absolvierter Ausbildung relevant, da diese mit der Tätigkeit an sich vertraut

sind und bereits Erfahrung mit der Materie haben. Auszubildende werden zur

Anleitungsqualität nicht befragt, da eine solche Erhebung in der KAGes bereits

vorliegt (Riedler 2011).

Das Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung des Selbstbildes der PraxisanleiterInnen

im LKH Graz Süd-West Standort West. Hierbei soll auf die Qualität der Anleitung

von Auszubildenden, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, eingegangen werden.

Dies ist relevant, da in der Steiermark zu diesem Thema noch keine Erhebungen

durchgeführt wurden.

Die Autorin beantwortet in dieser Arbeit die folgenden Forschungsfragen:

Welche Merkmale führen, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, zu einem

qualitativ hochwertigen Anleitungsprozess von Auszubildenden in der

Praxis?

Anhand welcher Kriterien führen die PraxisanleiterInnen die Praxisanleitung

durch?

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Welche Faktoren beeinflussen den Anleitungsprozess in der Pflege, aus

Sicht der PraxisanleiterInnen?

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2. Die Praxisanleitung in der Pflege

Die duale Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege, wie es derzeit in

Österreich angeboten wird, kann nur durch ein optimales Zusammenspiel

zwischen Schule und Praktikumsstellen funktionieren. In der Schule für allgemeine

Gesundheits- und Krankenpflege wird den Auszubildenden ein theoretisches

Fachwissen vermittelt. Zudem versuchen die Lehrkräfte die Auszubildenden an die

ersten Praxiserfahrungen heranzuführen, indem sie durch Üben an

Übungspuppen versuchen, das Gelernte umzusetzen. In der Praxis sind die

Auszubildenden größtenteils auf sich alleine gestellt. Die Lehrkraft, die versucht

ihnen das notwendige Wissen beizubringen, ist nur für einen Bruchteil der

praktischen Ausbildungszeit auf der Station anwesend. Den Großteil müssen die

Auszubildenden von den Diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen

erlernen. Der Praxisanleitung in der Pflege kommt somit eine besondere

Bedeutung zu. Es war schon immer Aufgabe der PflegerInnen die Auszubildenden

in der Praxis zu schulen. Allerdings wurden diese diplomierten Pflegekräfte nie, in

Bezug auf ihre pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten, unterrichtet. Erst seit

2008 werden in Graz Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und

Krankenpflege für die Praxisanleitung in der Pflege nach § 64 GuKG

dementsprechend ausgebildet (Bundeskanzleramt 2014).

Das Hauptaugenmerk für die Praxisanleitung ist, dass „jeder Arbeitstag auch ein

Ausbildungstag sein sollte“ und dadurch ein umfassendes Pflegeverständnis

entwickelt werden kann. Auch die Einstellungen und Wertevorstellungen können

durch die Praxisanleitung maßgebend beeinflusst werden (Bindl 2014, S. 920f).

Zudem sind PraxisanleiterInnen das wichtigste Bindeglied zwischen der Theorie

und der Praxis. Sie sind dafür zuständig die Auszubildenden zu unterstützen ihr

Wissen von der Theorie in die Praxis zu übertragen und ihre praktischen

Erfahrungen als Wissen zu verinnerlichen. Nur so kann ein optimaler Theorie-

Praxis-Transfer stattfinden (Mamerow 2013).

Nicht auf allen Stationen werden PraxisanleiterInnen eingesetzt. Dadurch wird die

durchgängige und gezielte praktische Ausbildung der SchülerInnen kaum

gewährleistet. Alle Pflegepersonen müssen sich bei der praktischen Ausbildung

beteiligen. Nicht pädagogisch ausgebildete Pflegekräfte fühlen sich durch den

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6

Einsatz von PraxisanleiterInnen nicht mehr zuständig die praktische Ausbildung

der SchülerInnen zu übernehmen. Um zu klären, was die Autorin unter

Praxisanleitung nach § 64 GuKG versteht, werden hier im Anschluss Definitionen

von Praxisanleitung dargestellt.

2.1 Die Praxisanleitung im Allgemeinen

Unter Praxisanleitung wird laut Pschyrembel Premium Online (2014) die

„Anleitung von Pflegeschülern, Praktikanten und neuen Mitarbeitern bei

unbekannten oder ungeübten Tätigkeiten durch (eine) erfahrene Person(en) in

einer Abteilung […]“ verstanden. Es sollen „Arbeitstechniken, Hygienevorschriften,

Arbeitsschutz, soziale Kompetenz im Umgang mit Patienten/Bewohnern von

Pflegeeinrichtungen, betriebliche Strukturen und betriebsspezifische

Dokumentationstätigkeiten“ vermittelt werden.

Die PraxisanleiterInnen müssen in der Lage sein aus alltäglichen Situationen

Lernmöglichkeiten herauszunehmen und diese für die SchülerInnen aufzubereiten.

Zudem muss hervorragendes Fachwissen vorhanden sein, sowie eine starke

Motivation, den SchülerInnen Neues zu lernen. Weiters sind kommunikative

Fähigkeiten der PraxisanleiterInnen notwendig, um den SchülerInnen die

Tätigkeiten erklären zu können. Auch Empathie und die Fähigkeit Zuhören zu

können sind in diesem Berufsfeld Voraussetzung für ein Bestehen im Beruf. Am

wichtigsten ist jedoch die Freiwilligkeit der Praxisanleitung. Die kompetentesten

MitarbeiterInnen sind nicht automatisch die besten PraxisanleiterInnen, wenn sie

kein Interesse daran haben Auszubildende anzuleiten. Wichtig für eineN

PraxisanleiterIn ist außerdem, das Verständnis gegenüber dem Wissensdefizit der

Auszubildenden sowie ein wertschätzender Umgang untereinander

(Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2008, S. 11f;

Rogall-Adam 2012, S10f; Quernheim 2013, S. 62f; Pschyrembel Premium Online

2014).

PraxisanleiterInnen sollen gemeinsam mit den Auszubildenden ihre

Ausbildungsziele definieren und sie anschließend schrittweise unterstützen, diese

zu erreichen. Sie müssen die Auszubildenden immer wieder dazu motivieren, an

der Erreichung der Ziele zu arbeiten. Jedoch sollte sich jedeR PraxisanleiterIn

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bewusst sein, dass die Motivation nicht alleine von seinem/ihrem Tun abhängt,

sondern auch stark von der/dem Auszubildenden selbst und von seiner

intrinsischen Motivation. Zudem beurteilen die PraxisanleiterInnen die Leistungen

der Auszubildenden sowie deren Kompetenzerwerb und –entwicklung

(Mamerow 2013; Rogall-Adam 2012).

PraxisanleiterInnen müssen immer am neuesten Stand der Forschung sein und

sind dazu verpflichtet, sich ständig die neuesten Informationen zu beschaffen.

Entweder sie führen Gespräche mit den Lehrkräften der Schule, oder sie

beschaffen sich diese Informationen durch Literaturrecherchen in Datenbanken

oder im Internet. Jede Anleitungssituation muss im Vorfeld geplant werden, um sie

anschließend optimal umzusetzen. Die Beobachtungsfähigkeit der

PraxisanleiterInnen während einer Anleitungssituation ist ebenfalls wichtig. Somit

kann er/sie anschließend Probleme oder Fehler während der durchgeführten

Tätigkeit besprechen und erläutern, wie der Auszubildende beim nächsten

Versuch vorgehen kann (ASK 2014; AZW 2014; BFI Salzburg 2014;

Bildungszentrum Diakonissen Linz 2013; Krüger 2010; Mamerow 2013; Rogall-

Adam 2012; Verein Bildung und Beruf o.J.).

Ein weiterer wichtiger Teil, den die PraxisanleiterInnen in der Praxis übernehmen,

ist der Theorie-Praxis Transfer. Sie sind in ständigem Kontakt mit den LehrerInnen

für Gesundheits- und Krankenpflege und versuchen die Lücke zwischen der

Theorie und der Praxis zu verkleinern. Die PraxisanleiterInnen erfahren, was die

Auszubildenden in der Theorie gelernt haben und können anschließend bei der

Praxisanleitung auf der Station daran anknüpfen oder das Gelernte noch weiter

vertiefen. In der Ausbildung werden die Werte und Normen sowie die Handlungs-

und Fachkompetenz an zwei Lernorten vermittelt: in der Schule und in der Praxis.

Die Auszubildenden sollen hierbei in der Lage sein, ihr, in der Schule erworbenes

Fachwissen in der Praxis umzusetzen. Andersherum wird erwartet, dass sie ihr

praktisch erworbenes Wissen auf andere Situationen übertragen können, um

somit auch einen Lerneffekt zu erzielen. Dieser Theorie-Praxis-Transfer ist für die

Auszubildenden kaum zu bewältigen. Sie sehen allzu oft keine Verbindungen

zwischen der Theorie, die in der Schule gelehrt wird, und ihrer Umsetzung in der

Praxis. Sei es nur das Bettenmachen, das in der Praxis mit anderen Handgriffen

durchgeführt wird, als in der Schule oder beim Richten von Infusionen. Daher wird

Page 18: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

8

die Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften der Schule und den

PraxisanleiterInnen immer wichtiger (Arens 2013; Mamerow 2013).

In der Literatur wird ein dritter Lernort beschrieben. Ein dritter Lernort zielt noch

mehr auf die Theorie-Praxis-Verbindung ab und versucht, mit spezialisierten und

professionellen Instrumenten, diesem Problem entgegenzuwirken. Durch einen

dritten Lernort könnten der Lernort Schule und der Lernort Praxis entlastet

werden. Dort werden von den Lehrkräften oder Pflegepersonen keine

Anweisungen gegeben. Die Auszubildenden werden in ihren Aktivitäten und bei

der Prozessgestaltung unterstützt. Dadurch soll ein selbstgesteuertes Lernen

ermöglicht werden. Es sollte auf ein Gleichgewicht von individuellen und

gruppenbezogenen Lernsituationen geachtet werden, da Interaktionen gute

Lernimpulse und Lernmöglichkeiten bieten. Durch den Auftrag, eine Situation

genau zu beobachten und somit das vorher Erlernte zu vertiefen, könnte dieser

dritte Lernort einfach geschaffen werden. Dies sollte ein Bestandteil der

Berufsausbildung werden und klar definierte Zeitangaben beinhalten. Auch

gezieltes Durchführen von Tätigkeiten ist in dieser Phase wichtig, da die

Auszubildenden dadurch Sicherheit erlangen. Nach den praktischen Erfahrungen

müssen immer gezielte Reflexionen stattfinden, damit das Erlernte auch auf

andere Situationen angewendet werden kann (Landwehr 2003).

In Graz wird der Theorie-Praxis-Transfer durch das Lernbereich-Transfer-Training

(LTT) gesichert, das in der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege

durchgeführt wird. Hier wird den Auszubildenden in Gruppen, an verschiedenen

Stationen, nochmals erläutert, was sie im theoretischen Unterricht gelernt haben.

Anschließend können sie, in Kleingruppen bis zu fünf Personen, das Gelernte und

die damit verbundenen Gegenstände angreifen, ansehen und selbst durchführen.

Somit ist der Lerneffekt am Größten und die Auszubildenden haben eine

Erfahrung verinnerlicht.

Laut Mamerow (2013, S. 10) ist einE PraxisanleiterIn gleichzusetzen mit

einer/einem TrainerIn, die/der gemeinsam mit den Auszubildenden einen

Trainingsplan aufstellt und darin, die zu erreichenden Ziele festgehalten werden.

Die Ziele werden nicht vorgegeben, sondern der/die TrainerIn unterstützt die

Auszubildenden dabei, selbst Ziele zu formulieren. Sie definiert Praxisanleitung als

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„geplante, zielgerichtete Aktivitäten, in denen Lernende von Praxisanleitern an

pflegerisches Handeln herangeführt werden“.

EinE PraxisanleiterIn hat zudem eine Vorbildfunktion für die Auszubildenden. Ein

Vorbild darf nichts lehren, was es nicht selbst auch so macht. Außerdem muss

sich jedeR PraxisanleiterIn bewusst sein, dass sie/er nicht in allen Fachbereichen

kompetent sein kann. Die Auszubildenden wissen das, und daher sollte er/sie

Unwissenheit nicht zu überspielen versuchen (Quernheim 2013, S. 61f).

Auszubildende wünschen sich, laut Rogall-Adam (2012), eineN PraxisanleiterIn,

die/der sie so nimmt, wie sie sind, mit ihren Stärken und Schwächen. Die/der klare

Auskunft gibt, was während des Praktikums erwartet wird. Sie wünschen sich

eineN, der/die dem Ausbildungsstand der Auszubildenden entsprechend Anleitung

gibt, und die/der Feedback bezüglich der Fortschritte gibt, die der/die

Auszubildende gemacht haben.

Laut Hummel-Gaatz & Doll (2007, S. 33), Kröpfl (2011), Schulze-

Kruschke & Paschko (2011, S. 65f) und Rogall-Adam (2012, S. 10) zielt die

Praxisanleitung von Auszubildenden auf die Handlungskompetenz ab. Es sollen

mit bestimmten Methoden versucht werden, die Sozial-, Selbst- und

Fachkompetenz auszubauen. Dazu zählen auch kommunikative und fachliche

Fähigkeiten, die, im Rahmen eines Anleitungsprozesses, verbessert werden

sollen. Es werden vor allem die pädagogischen Fähigkeiten der

PraxisanleiterInnen gefordert. Damit die Auszubildenden diese Kompetenzen

erlangen können, müssen sie einen Prozess durchlaufen. Wie in Kapitel 3.3

genauer nachzulesen findet der Kompetenzerwerb zyklisch statt.

2.2 Der Anleitungsprozess in der Praxis – vom Lehren und

Lernen

Die Anleitung von Auszubildenden kann als Prozess dargestellt werden. Es

handelt sich um einen Ablauf, der in seiner Grundidee immer gleich abläuft. Eine

Anleitung findet nicht nur einmalig statt, sondern, in der praktischen Ausbildung

von Gesundheits- und KrankenpflegeschülerInnen, ständig. Der

Anleitungsprozess verläuft in mehreren aufeinanderfolgenden oder ineinander

Page 20: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

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übergehenden Schritten. Es sollen vor allem Lern- und Erfahrungswissen

vermittelt werden. Zu Beginn können die Auszubildenden das Praxisfeld

kennenlernen und durch Beobachten die wichtigsten Grundlagen verinnerlichen.

Anschließend werden die Auszubildenden dazu aufgefordert bei den

grundlegenden Tätigkeiten mitzuarbeiten, damit sie langsam an die Pflege

herangeführt werden. Im nächsten Schritt können die Auszubildenden ihrem

Ausbildungsstand entsprechende Teilaufgaben übernehmen und anschließend,

Schritt für Schritt, zusätzliche Aufgaben ausführen. Am Ende des Prozesses sollen

die Lernenden Tätigkeiten selbständig planen, durchführen und evaluieren

können. Somit durchlaufen die Auszubildenden eine schrittweise Entwicklung, und

ihre Kompetenzen werden gefördert und erweitert (Schulze-Kruschke & Paschko

2011, S. 27). Das Lernen am Modell ist in der Pflegepraxis eine wichtige

Lernmöglichkeit. Hier ist es möglich direkt im Arbeitsablauf zu lernen, wie eine

erfahrene Pflegeperson Prioritäten setzt und wie einzelne Tätigkeiten durchgeführt

werden (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 36f).

Ein Anleitungsgespräch kann unterschiedliche Adressaten haben. Zum einen

können dies neue MitarbeiterInnen oder neue Auszubildende sein, und zum

anderen können dies die PatientInnen sein, die eine neue Tätigkeit erlernen

müssen, um wieder selbständiger zu werden. Um ein Anleitungsgespräch

durchzuführen, muss der/die PraxisanleiterIn über ausreichend Fachkompetenz zu

diesem Thema besitzen, um Sicherheit vermitteln zu können

(Heißenberger & Lauber 2012; S. 311ff).

Hummel-Gaatz & Doll (2007) beschreiben fünf Modelle des Anleitungsprozesses

mit vier, fünf oder sechs Phasen. Hier wird auf das Modell von Thomas und

Wirnitzer eingegangen, da es für die Praxisanleitung in der Pflege am

passendsten ist. Dieses Modell hat vier Phasen: „1. Einschätzung der

Lernvoraussetzungen, Motivation, Lernbedürfnisse 2. Planung der Lerninhalte, -

ziele und Methoden, 3. Lehre und Lernen der geplanten Inhalte 4. Evaluation und

Bewertung des Gelernten“ (Thomas & Wirnitzer 2001 zitiert in Hummel-

Gaatz & Doll 2007, S. 35).

Page 21: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

11

2.2.1 Einschätzung der Lernvoraussetzungen

Um eine effektive Praxisanleitung durchführen zu können, müssen sich die

PraxisanleiterInnen im Vorfeld überlegen, welches schulische Vorwissen und

Erfahrungswissen die Auszubildenden bereits besitzen. JedeR hat

unterschiedliches Vorwissen, da nicht alle die/den gleicheN LehrerIn genießen

durften. Manche haben Inhalte versäumt und unzureichend nachgeholt. Das

unterschiedliche Erfahrungswissen resultiert aus unterschiedlicher

Praxiserfahrung. Ein genaues Kennenlernen der Auszubildenden gelingt mit einer

Bedingungsanalyse und während eines persönlichen Gesprächs. Die

PraxisanleiterInnen erheben wie viel Praxiserfahrung bereits besteht, welche

Tätigkeiten bereits durchgeführt wurden und wo noch Handlungsbedarf besteht.

Hier kann auch das Selbstbild der SchülerInnen eruiert werden. In diesem ersten

Gespräch werden auch die Erwartungen von Seiten der SchülerInnen und von

Seiten der PraxisanleiterInnen besprochen. Auf die Aufgaben und die Pflichten der

Auszubildenden wird bei der ersten Besprechung auch eingegangen. Zum einen

sind das die gesetzlichen Pflichten wie die Sorgfaltspflicht, die

Verschwiegenheitspflicht oder Datenschutzbestimmungen. Zum anderen können

dies die Wünsche bezüglich der Anleitungssituationen oder das Schließen der

Wissenslücken sein.

Gleich zu Beginn sollten auch die gängigen Fachausdrücke der Station geklärt

werden. Zudem wird der Lernort Praxis näher erläutert. Diese Erläuterungen

sollten das PatientInnengut auf der Station, die routinemäßigen Tätigkeiten der

Station, der Dienstplan für die Auszubildenden und mögliche Lernanlässe

während des Praktikums beinhalten.

Eine erste Kontaktaufnahme und der wertschätzende Beziehungsaufbau zu den

Auszubildenden sind unumgänglich, um eine erfolgreiche Praxisanleitung zu

gestalten. In dieser ersten Phase kann auch bereits ein erster Einblick bezüglich

der Motivation, des Fachwissens oder der Vorlieben der SchülerInnen erlangt

werden. Je nachdem richtet sich auch der Schwierigkeitsgrad der

Anleitungssituation (Hummel-Gaatz & Doll 2007, S. 35ff; Schulze-

Kruschke & Paschko 2011, S. 52f; Heißenberger & Lauber 2012, S. 312; Rogall-

Adam 2012, S. 12ff, S. 36; Quernheim 2013, S. 62).

Page 22: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

12

2.2.2 Planung der Lerninhalte

Im nächsten Schritt wird die gezielte oder integrierte Anleitung der Auszubildenden

durch den/die PraxisanleiterIn geplant. Wichtig dabei ist die Einbeziehung der

Rahmenbedingungen für die Planung. Als Grundlage für eine Planung kann eine

MindMap dienen, in der die Gedanken geordnet werden und Zusammenhänge

verdeutlicht werden können. Diese Methode kann auch später die/der

Auszubildende verwenden, um ihr/sein Wissen oder Erfahrung während der

praktischen Ausbildung zu visualisieren (Schulze-Kruschke & Paschko 2011,

S. 109f).

Eine gezielte oder implizite Anleitungssituation dauert meist einige Zeit und der/die

PraxisanleiterIn ist für diesen Zeitraum nicht in den normalen Stationsablauf

integriert. Das Läuten des Telefons oder des Bettenrufs wäre eine zu große

Ablenkung. Durch die Ausgrenzung aus dem Stationsalltag kann die volle

Aufmerksamkeit auf die Anleitungssituation gelenkt werden. Zudem sollte auch bei

der Dienstplangestaltung auf die PraxisanleiterInnen Rücksicht genommen

werden. Die Auszubildenden sollten so häufig wie möglich mit einer Pflegeperson

zusammenarbeiten, damit eine Kontinuität der Pflegehandlungen entstehen kann.

Ein ruhiger Raum für die Reflexionsgespräche sollte auch zur Verfügung stehen.

Hier können auch Probleme von Seiten der Auszubildenden angesprochen

werden, ohne dabei ständig durch andere MitarbeiterInnen, PatientInnen oder

Angehörige gestört zu werden.

Eine andere Möglichkeit der Praxisanleitung ist die integrierte oder explizite

Anleitung, hierbei ist die Anleitungssituation in den Pflegealltag integriert, und die

Anleitung kann auch von kompetenten MitarbeiterInnen durchgeführt werden.

Diese Art der Anleitung sollte nicht unterschätzt werden, da sich SchülerInnen

häufig Tätigkeiten vom Pflegepersonal abschauen und dadurch auch das

Problemlösen oder Prioritätensetzen erlernen. Häufig werden höherwertigere

Tätigkeiten, wie zum Beispiel ein Verbandswechsel oder das Spritzen einer

subkutanen1 Injektionen, durch gezielte Anleitungen gelehrt. Dahingegen werden

Tätigkeiten, denen ein geringerer Stellenwert zugeschrieben wird, wie zum

1 Subkutan = in das Unterhautfettgewebe

Page 23: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

13

Beispiel der Körperpflege, durch integrierte Anleitung gelehrt (Schulze-

Kruschke & Paschko 2011, S. 36f; Rogall-Adam 2012; S. 38).

Zudem werden in dieser Phase die gemeinsamen Lernziele definiert (Hummel-

Gaatz & Doll 2007, S. 37ff; Rogall-Adam 2012, S. 37) und anhand dessen kann

bereits ein erster Überblick über die Lernmöglichkeiten der Auszubildenden

erlangt werden. Diese Lernziele müssen „realistisch, positiv formuliert,

überprüfbar, terminiert, klientenorientiert und verschriftlicht sein“

(Quernheim 2013, S12). Zur Formulierung der Ziele kann auch die sogenannte

SMART-Regel herangezogen werden. Ziele müssen S – spezifisch, M – messbar,

A – akzeptiert, R – realistisch und T – terminiert sein (Rogall-Adam 2012, S. 39).

Lernziele können unterschiedlich differenziert werden. Sie können nach der

Konkretheit des Inhalts in Richtziel, Grobziel und Feinziel eingeteilt werden. Ein

Richtziel ist sehr grob gefasst und schließt kaum Alternativen aus. Meist wird ein

Richtziel für ein Schuljahr geplant. Ein Grobziel schließt einige Alternativen aus

und lässt verschiedene Interpretationen zu. Diese Ziele werden meist für ein

Halbjahr geplant. Ein Feinziel ist eine konkrete Angabe darüber, was in einer

bestimmten und kurzen Zeitspanne gelernt werden soll. Diese Ziele lassen kaum

Alternativen zu und sind sehr eindeutig. Feinziele können konkret evaluiert werden

und haben daher in der Pflegepraxis eine große Bedeutung (Jank & Meyer 2011;

Meyer 2007).

Ziele werden auch nach Dimensionen eingeteilt. Es können affektive Ziele

formuliert werden, die auf die Wertvorstellungen und Gefühle abzielen.

Psychomotorische Ziele betreffen die Ausführung von Tätigkeiten oder

körperlicher Aktivitäten. Und kognitive Ziele verlangen den Erwerb von Wissen

(Bloom 1972, zitiert in Meyer 2012; Meyer 2007; Stangl 1997). In der Praxis sind

vor allem die psychomotorischen Feinziele relevant, da hier überprüft werden

kann, ob die Auszubildenden die Ziele erreicht haben oder nicht. Diese

psychomotorischen Lernziele können nach Schwierigkeits- und Komplexitätsgrad

differenziert werden (Meyer 2012). Die Komplexität richtet sich von gering nach

hoch: 1. Imitation, 2. Manipulation, 3. Präzision, 4. Handlungsgliederung,

5. Naturalisierung. Zu Beginn wird der Bewegungsablauf trainiert. Die

SchülerInnen imitieren in Trockentraining bestimmte Tätigkeiten, bevor sie es an

den PatientInnen ausüben. Als zweiter Schritt wird gemeinsam mit der

Page 24: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

14

Pflegeperson der Handlungsablauf dieser Tätigkeit geübt, um ihn zu festigen. In

weiterer Folge werden die SchülerInnen immer sicherer und die

Koordinationsfähigkeit steigt weiter an. Die Pflegeperson kann sich bei der

Tätigkeit immer mehr zurücknehmen. Als vierter Schritt steht die

Handlungsgliederung, dabei übernimmt der/die SchülerIn schrittweise Tätigkeiten

und bringt sie in eine sinnvolle Reihenfolge, damit es ein Ganzes ergibt.

Anschließend wird die fünfte Stufe, die Naturalisierung, erreicht. Hier wurden die

Tätigkeiten verinnerlicht und die Tätigkeiten können alleine und selbständig

durchgeführt werden (Stangl 1997). Wie hier bereits beschrieben, sind die

wichtigsten Methoden in diesen Phasen die Demonstration und die Übung, welche

von den PraxisanleiterInnen ebenfalls geplant werden müssen. (Hummel-

Gaatz & Doll 2007, S. 37ff; Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 39f; Rogall-

Adam 1012, S. 39f; Quernheim 2013, S. 13f).

2.2.3 Lehren und Lernen der Inhalte

Bei der Demonstration ist wichtig, dass die PraxisanleiterInnen laut Denken und

genau erklären welche Schritte aufeinander folgen und durchgeführt werden. Auch

die persönlichen Erfahrungen und Gefühle zu diesen Tätigkeiten sollte von den

PraxisanleiterInnen ausgesprochen werden (Schulze-Kruschke & Paschko 2011,

S. 111). Bei der Übungsphase muss der/die Praxisanleiterin anwesend sein, um

bei Unklarheiten eingreifen zu können und auftretende Fragen zu beantworten.

Die Tätigkeiten sind genau zu beobachten und bei Bedarf zu korrigieren. In

weiterer Folge nimmt sich die Pflegeperson immer weiter zurück, steht aber für

Fragen zur Seite. Außerdem hat sie bei Misserfolgen mit Geduld und mit

Verständnis zu reagieren und ermuntert die SchülerInnen zum Weitermachen. Sie

lobt auch kleine Erfolge und gibt positive Rückmeldung (Hummel-

Gaatz & Doll 2007, S. 40f, Rogall-Adam 2012, S. 41f). In dieser Phase sollten

Methoden verwendet werden, die das Denken und Handeln der Auszubildenden

fördert. Es könnten Pflegesituationen am eigenen Körper erlebt werden und diese

Erlebnisse im Anschluss durch die Auszubildenden reflektiert werden. Dies ist

ebenso mit Sinneswahrnehmungen oder neuen Situationen machbar (Rogall-

Adam 2012,S. 37). Das Lernen am Modell ist ebenso ein Lernfaktor, der

berücksichtigt werden sollte. Die Auszubildenden lernen während der gesamten

Page 25: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

15

praktischen Ausbildung von allen Pflegepersonen, mit denen sie gemeinsam

arbeiten. Jede Pflegeperson muss sich bewusst sein, dass sie für die

Auszubildenden eine Vorbildwirkung hat und alle Handgriffe genau beobachtet

werden. Sie merken sehr schnell, wie die Pflegepersonen des Teams auf sie

eingestellt sind und davon hängt ab, wie sich der Lernprozess der Auszubildenden

entwickelt. Werden sie von Beginn an mit Missachtung und Ablehnung

konfrontiert, hindert das die Lernmöglichkeiten der SchülerInnen. Sie finden nicht

den Mut Kontakt mit diesen Pflegepersonen aufzunehmen.

Durch das Lehren und Lernen bei der Praxisanleitung entsteht ein wechselseitiger

Kompetenzerwerb zwischen den Auszubildenden und den PraxisanleiterInnen.

Die Fachkraft entwickelt pädagogische Fähigkeiten und baut diese aus und die

Lernenden entwickeln Pflegeverständnis, und erweitern ihr Wissen bezüglich der

praktischen Fähigkeiten (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 14).

2.2.4 Evaluation der Anleitung

In der letzten Phase findet eine Evaluation der Tätigkeiten, in Form eines

Nachgesprächs, statt. Die Auszubildenden erhalten die Möglichkeit, ihr Handeln

zu reflektieren und sich selbst zu beurteilen. Sie betrachten bewusst die

Geschehnisse, und denken über mögliche Folgen oder Verbesserungsvorschläge

nach. Dadurch wird der Lerneffekt erhöht, und die Lernergebnisse werden

gesichert. Hier können offen gebliebene Fragen besprochen werden, sowie

Wünsche von Seiten der/des Auszubildenden ausgesprochen werden.

Anschließend gibt der/die PraxisanleiterIn ihre/seine Beobachtungen weiter, und

gibt Rückmeldung über die Handlungsabläufe und die einzelnen Tätigkeiten. Die

getroffenen Vereinbarungen und die Erreichbarkeit der Ziele müssen immer

wieder dokumentiert und evaluiert werden (Hummel-Gaatz & Doll 2007, S. 41f;

Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 47; Rogall-Adam 2012, S. 44f).

Für den/die PraxisanleiterIn ist es unumgänglich die Feedbackregeln einzuhalten,

um eine konstruktive Rückmeldung zu ermöglichen. Die Auszubildenden sollen

dadurch lernen, ihr Selbstbild mit einem Fremdbild zu vergleichen. Hierzu eignen

sich Ich-Botschaften. Zudem sollte der/die PraxisanleiterIn mit etwas Positivem

beginnen, und erst dann die problematischen Themen ansprechen. Abschließend

Page 26: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

16

sollte erneut eine positive Aussage gemacht werden, sodass die negative

Botschaft gut verpackt ist (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 62f;

Heißenberger & Lauber 2012, S. 301; Rogall-Adam 2012, S. 22ff).

2.3 Die Rahmenbedingungen der Praxisanleitung

Eine Praxisanleitung, die noch so gut geplant und durchgeführt wurde, ist keine

gute Praxisanleitung, wenn die Rahmenbedingungen nicht passend sind. Wichtig

für die effektive Praxisanleitung in der Pflege sind die strukturellen, die

organisationalen und die personellen Rahmenbedingungen. In der Literatur wird

häufig über den Faktor Zeit diskutiert, der von beinahe allen PraxisanleiterInnen

als zu wenig empfunden wird. Die zugestandenen Stunden für die Praxisanleitung

auf den Stationen bewegen sich in einem Zeitrahmen von null Stunden pro Monat

bis hin zu vier Stunden pro Woche. Zudem findet sich nicht auf jeder Station

ausgebildete PraxisanleiterInnen (Sodar 2014, S. 27f).

Die organisationalen Rahmenbedingungen sind die gegebenen Umstände, in

denen die Anleitungssituationen stattfinden. Diese sind von den

PraxisanleiterInnen kaum zu ändern, da es sich hierbei um vorhandene, starre

Bedingungen handelt.

Die strukturellen Rahmenbedingungen sind von den PraxisanleiterInnen

abänderbar und werden im Folgenden näher erläutert. Zum einen wird auf die

verwendeten Instrumente Bezug genommen, und zum anderen werden Methoden

erläutert, die bei der Praxisanleitung Anwendung finden sollten.

2.3.1 Instrumente der Praxisanleitung

Um eine qualitativ hochwertige2 Einarbeitungsphase der SchülerInnen zu

erlangen, können Checklisten mit wichtigen Informationen zu den Arbeitsabläufen,

der Unternehmensstruktur, der PatientInnen und der Sicherheitsmaßnahmen

ausgehändigt und besprochen werden. Damit die Auszubildenden hinsichtlich der

2 „Pflegequalität [ist] der Vorgang des Beschreibens von Zielen in Form von Pflegestandards und

Kriterien, das Messen des tatsächlichen Pflegeniveaus und, falls erforderlich, das Festlegen und Evaluieren von Maßnahmen zur Modifizierung der Pflegepraxis“ (Schiemann 1990 zitiert in: Lauber, A 2012, S. 211).

Page 27: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

17

Mitarbeit und der Lernbereitschaft motiviert werden, können Hilfsmittel für die

Anleitung eingesetzt werden. Diese Instrumente dienen auch dazu, dass die

Auszubildenden selbstgesteuert Lernen. Sie können in Zusammenarbeit mit der

Schule erstellt werden oder sie werden individuell von der Praktikumseinrichtung

erstellt (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 72, S. 101f).

In Graz wird als Hilfsmittel ein Praxishandbuch eingesetzt, in dem die Lernziele

definiert werden und gewisse Tätigkeiten aufgelistet sind, die die Auszubildenden

während des Praktikums durchführen sollten. Für die Durchführung dieser

Tätigkeiten ist kein Zeitrahmen festgesetzt, sie können während der gesamten

praktischen Ausbildung durchgeführt werden. JedeR Auszubildende erhält ein

Praktikumshandbuch mit allen möglichen Tätigkeiten, die er/sie am Ende der

Ausbildung durchgeführt haben sollte (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 101;

Rogall-Adam 2012, S. 12). Für die Station ist es sinnvoll ein eigenes Handbuch zu

gestalten, um den Auszubildenden von Anfang an aufzuzeigen, was sie während

des Praktikums in diesem speziellen Bereich erledigen können. Dies ist auch ein

guter Anhaltspunkt und Motivationsschub für die Auszubildenden.

Als weiteres Instrument für die Praxisanleitung können Praktikumsaufträge an

die Auszubildenden verteilt werden, die das schulische Wissen mit den

Pflegesituationen auf der Station verknüpfen. Dadurch steigt das selbständige

Arbeiten und in diesem Zusammenhang die Reflexionsfähigkeit der

Auszubildenden. Bei der Formulierung der Aufträge ist auf kurze Sätze, eine klare

Anweisung und auf die Wortwahl zu achten. Die Praktikumsaufträge können

unterschiedliche Ausmaße annehmen. Es können Beobachtungsaufträge,

Erkundungsaufträge oder Gestaltungsaufträge ausgegeben werden. Im

Pflegealltag kann sehr gut beobachtet werden. Die Auszubildenden können zum

Beispiel die Vitalfunktionen oder unterschiedliche Harnfarben beobachten und

anschließend spezifische Fragen dazu bearbeiten. Am Ende werden die

Beobachtungen mit dem/der PraxisanleiterIn besprochen. Beim

Erkundungsauftrag können die Auszubildenden die Gewohnheiten der

PatientInnen erkunden und gegebenenfalls auch Angehörige oder KollegInnen

dazu befragen. Nachdem die Auszubildenden alle Informationen erlangt haben,

könnte der/die AnleiterIn einen Gestaltungsauftrag erteilen. Dabei überlegen sich

die Auszubildenden gemeinsam mit ihren PraxisanleiterInnen, wie sie die

Page 28: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

18

Umgebung für ihre PatientInnen schöner und ansprechender gestalten können

(Walter 2008a, S. 49f zitiert in: Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 104f).

Zudem ist bei Aufträgen auf die unterschiedlichen Lerntypen einzugehen. Es wird

unterschieden von visuellen Lerntypen, handelnden Lerntypen und kognitiven

Lerntypen. Die visuellen Lerntypen, die durch Beobachten lernen, lernen durch

Ansehen von Bildern, Vorbildern oder Modellen am besten. Die operativen oder

handelnden Lerntypen lernen am besten, indem sie die Tätigkeiten selbständig

durchführen. Und die verbalen oder kognitiven Lerntypen lernen durch vermitteln

des Lernstoff auf eine abstrakte Weise und in gesprochener Sprache (Schulze-

Kruschke & Paschko 2011, S. 42f).

Ein wichtiges Instrument zur Steigerung der Reflexionsfähigkeit stellt ein

Lerntagebuch dar. Durch das Dokumentieren eines Geschehnisses sortiert und

strukturiert der/die Auszubildende die Gedanken und Gefühle, die er/sie in dieser

Situation hatte. Im Anschluss kann diese Abschrift als Reflexionsgrundlage

dienen. Indem die Auszubildenden ihr Wissen aufschreiben können sie es besser

resümieren und reflektieren, was sie in dieser Situation besser machen hätten

können (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 109, 130f).

2.3.2 Methoden der Praxisanleitung

Als Methode wird die Art und Weise der Anleitung bezeichnet (Zielke-Nadkarni

2008, S. 1). Sie ist der Pfad, den der/die PraxisanleiterIn wählt, um die

Auszubildenden anzuleiten und zu beraten. Methoden strukturieren die

Anleitungssituationen und sollen die Auszubildenden unterstützen zu lernen. In

weiterer Folge unterstützen sie berufliche Handlungskompetenz zu erwerben

(Mattes 2011, S. 10).

Als eine der ersten Methoden, die einE PraxisanleiterIn durchführt ist, dass sie/er

die Auszubildenden wertschätzend und offen aufnehmen und sie ins Team

integrieren. Es dürfen Fragen gestellt werden von Seiten der MitarbeiterInnen

und von Seiten der Auszubildenden, ohne eine unpassende Antwort zu erhalten.

Auch Vorschläge von Seiten der Auszubildenden sind erlaubt und können ins

Team aufgenommen werden. Die Erwartungen aller MitarbeiterInnen an die

Page 29: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

19

Auszubildenden können, während einer Dienstbesprechung, gesammelt werden

und anschließend schriftlich festgehalten werden. Diese, dem Ausbildungsstand

entsprechenden Erwartungen, können an die Auszubildenden ausgehändigt

werden, damit keine Missverständnisse entstehen. Wichtig ist auch, während des

Praktikums, immer wieder die Wertschätzung und Anerkennung auszusprechen

(Rogal-Adam, S. 16ff, 34).

Als weiteren wichtigen Punkt für die Anleitungssituation ist eine angemessen

verbale und nonverbale Kommunikation mit den Auszubildenden zu nennen.

Laut Kommunikationsforscher Paul Watzlawick ist es „nicht möglich, nicht zu

kommunizieren“. Es spielt immer auch die Körpersprache bei der Kommunikation

eine große Rolle. Der erste Eindruck wird zu 55 Prozent von der Körpersprache

bestimmt. Jeder Mensch sendet durch den Körper Signale aus, die etwas

Bestimmtes bedeuten. Häufig kommt es zu Problemen, wenn Körpersprache und

gesprochenes Wort nicht zusammen passen und sich, im schlimmsten Falle,

sogar widersprechen. Die Kommunikation ist nicht authentisch, und die

Auszubildenden glauben dem Gesagten nicht. Zudem hat „jede Kommunikation

eine Inhalts- und eine Beziehungsebene“ (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S.

113f). Jedes Gespräch enthält Informationen über die Beziehung der

GesprächspartnerInnen, die zwischen den Zeilen versendet werden, entweder

durch den Tonfall oder durch die Mimik. Die PraxisanleiterInnen sollten während

des Gesprächs mit den SchülerInnen immer wieder auch die Körperhaltung

überprüfen, um somit Missverständnisse der ausgesendeten Signale zu

vermeiden. Auch auf die Körpersprache des Gegenübers sollte der/die

PraxisanleiterIn Acht geben. Dadurch kann ehestmöglich auf Probleme der

Kommunikation eingegangen werden. Bei der aktiven Gesprächsführung sind Ich-

Botschaften wichtig. Vor allem dann, wenn ein bestimmtes Verhalten oder ein

Problem angesprochen werden muss. So gelingt es, das Gegenüber so wenig wie

möglich persönlich anzugreifen. Es geht bei Ich-Botschaften um das eigene

Erleben und sie enthalten keine Bewertungen. Mit der Fragetechnik kann die

Aufmerksamkeit der SchülerInnen auf einen bestimmten Punkt gelenkt werden.

Dadurch denken sie über Dinge nach, da eine Frage eine Antwort erfordert. Die

Auszubildenden fühlen sich wertgeschätzt und als ernst genommenes

Teammitglied. Durch Fragen können auch Wissensdefizite erkannt werden und in

Page 30: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

20

weiterer Folge auch geschlossen werden. Das passive Zuhören der

Auszubildenden wird durchbrochen und es fordert sie, ihren Lernprozess selbst in

die Hand zu nehmen (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 113f;

Heißenberg & Lauber 2012b, S. 288ff).

Zudem ist es wichtig als PraxisanleiterIn aktiv zuhören zu können, und zu

versuchen, sich in den/die AuszubildendeN hineinzuversetzen. Der/Die

PraxisanleiterIn sollte das Gehörte paraphrasieren, um zu prüfen, ob er/sie es

richtig verstanden hat (Schulze-Kruschke & Paschko 2011, S. 62f;

Heißenberg & Lauber 2012, S. 301; Rogall-Adam 2012, S. 22ff).

Als Methode bei der Praxisanleitung nicht zu vernachlässigen ist die Beurteilung

der Auszubildenden. Diese sollte zielgerichtet, bewusst und transparent

durchgeführt werden. Das Ziel einer Beurteilung ist, die „Schüler zu fördern und zu

beraten, ihre Leistungen einzuschätzen und sie in ihrer beruflichen Entwicklung zu

unterstützen.“ JedeR PraxisanleiterIn muss sich bewusst sein, dass eine

Beurteilung bei den Auszubildenden Angst auslösen kann und sie dadurch

verunsichert sind. Daher muss die Beurteilung transparent gehalten werden. Vor

allem jede negative Beurteilung muss begründet werden. Den Auszubildenden

muss die Möglichkeit gegeben werden, sich nach der Beurteilung rechtfertigen zu

können (Rogall-Adam 2012, S. 58).

In Graz sind den Auszubildenden die Beurteilungskriterien des Praktikums

bekannt, und sie können sich daran während der praktischen Ausbildung

orientieren. Dieser Beurteilungskatalog bietet auch den PraxisanleiterInnen eine

Orientierung für ihre Beurteilung. Es kann zwischen vier Ausprägungsgraden

unterschieden werden, und im Bedarfsfall kann neben den einzelnen Kriterien ein

Kommentar abgegeben werden.

Damit die Beurteilung gerecht und möglichst objektiv bleibt, ist es für die

PraxisanleiterInnen wichtig mögliche Beurteilungsfehler wahrzunehmen. Ein

Fehler, den PraxisanleiterInnen häufig machen, ist, dass die Auszubildenden zu

milde beurteilt werden, da sie kritischen Gesprächen aus dem Weg gehen

möchten. Die Auszubildenden erlangen mit wenigen Bemühungen eine gute

Beurteilung. Es könnte auch sein, dass die PraxisanleiterInnen die

Auszubildenden zu streng beurteilen. Es kommt auch bei größter Anstrengung zu

Page 31: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

21

keiner guten Beurteilung. Dadurch könnte die Motivation der Auszubildenden

gedämpft werden. Die PraxisanleiterInnen beurteilen zu subjektiv, wenn keine

überprüfbaren Kriterien vorhanden sind. Die Auszubildenden nehmen sich nicht

ernst genommen.

Bei der Beurteilung dürfen sich die PraxisanleiterInnen nicht auf den ersten

Eindruck stützen. Der erste Eindruck kann das weitere Vorgehen und

Zusammenarbeiten, im positiven wie auch im negativen Sinne, stark beeinflussen.

Zudem dürfen die Handlungen der Auszubildenden nicht aufgrund von Sympathie

oder Antipathie beurteilt werden. In Anbetracht dieser Fülle an Beurteilungsfehlern

ist es wichtig, eine Beurteilung schon im Vorfeld zu planen. Es empfiehlt sich für

die PraxisanleiterInnen wichtige Details zur Beurteilung laufend schriftlich

festzuhalten. Es sollten für die Beurteilung der Auszubildenden nur

MitarbeiterInnen herangezogen werden, die mit der/dem Auszubildenden direkt

zusammengearbeitet haben (Rogall-Adam 2012, S. 61f).

Kommt es während eines Praktikumseinsatzes von Auszubildenden zu einem

Problem, ist es für die PraxisanleiterInnen wichtig, diese anzusprechen. Konflikten

aus dem Weg zu gehen ist sehr kraftaufreibend und macht die Situation nicht

einfacher. In Anleitungssituationen kommt es vor allem zu interpersonalen

Konflikten zwischen zwei Personen. Die Probleme treten zwischen der/dem

AnleiterIn und der/dem Auszubildenden auf. Von solchen Konflikten wird

gesprochen, wenn eine Person mit den durchgeführten Tätigkeiten oder

Situationen einer anderen Person nicht einverstanden ist oder damit nicht

zurechtkommt.

Treten Probleme in Bezug auf die persönlichen Verhältnisse einer Person auf,

dann spricht man von intrapersonellen Konflikten. Häufig wirken sich diese

Probleme im weiteren Verlauf auf die Tätigkeiten aus, da z.B. durch das Grübeln

über ein Problem Konzentrationsstörungen auftreten können. In erster Linie

verursachen Konflikte Spannungen zwischen den betroffenen Personen. Es kann

darauf mit Rückzug, fehlender Motivation oder vermehrten Fehlzeiten reagiert

werden. In Bezug auf die Problemlösungsstrategien ist der/die PraxisanleiterIn ein

Vorbild für die Auszubildenden Um diese Symptome zu vermeiden, muss über die

Probleme gesprochen werden. Als erstes sollte geklärt werden, wie es zu diesem

Konflikt kam. Anschließend sollte nach Lösungen gesucht werden, um die

Page 32: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

22

Probleme zu beseitigen. Diese Lösungsansätze müssen geplant und umgesetzt

werden. Es dürfen keine Schuldzuweisungen stattfinden und es sollte sachlich

über die Probleme diskutiert werden. Am Ende sollten die Ergebnisse evaluiert

werden. (Rogall-Adam 2012, S. 65ff).

2.4 Die gesetzlichen Grundlagen der Praxisanleitung

Lange Zeit war die Krankenpflege nur ein Hilfsdienst für Ärzte und hatte keine

eigene gesetzliche Grundlage. Auch die Ausbildung wurde stiefmütterlich

behandelt, denn im 19. Jahrhundert wurden nur die Wenigsten theoretisch

ausgebildet. Zudem war die Krankenpflege kein Beruf für die gehobene

Mittelklasse. Es war ein Beruf für die Armen, da diese ansonsten keine

Überlebenschancen hatten und anders nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen

konnten. Die Krankenpflege hatte einen schlechten Ruf und keiner kam freiwillig

ins Krankenhaus. Die meisten ließen sich zuhause von ihren Angehörigen pflegen

(Seidler & Leven 2003). Es war ein langer Weg bis sich die Krankenpflege

revolutionierte. Florence Nightingale schaffte den Aufschwung der Pflegekräfte,

indem sie im Krimkrieg die Soldaten darauf hinwies, eine verbesserte

Körperhygiene einzuhalten und bessere Nahrung zu sich zu nehmen. Sie

kümmerte sich leidenschaftlich gern um die Kranken und gründete erste Schulen,

damit die KrankenpflegerInnen besser ausgebildet werden konnten

(Nightingale 2005).

Somit wurden auch erste Gesetze entwickelt, die diese Ausbildung regelte. In

Österreich erließ die Regierung im 20. Jahrhundert das erste Krankenpflegegesetz

und die ersten Schulen wurden in Wien gegründet. Bisher wurden drei

Krankenpflegegesetze erlassen, das neueste ist das Gesundheits- und

Krankenpflegegesetz von 1997. Hier sind erstmals Fort- und Weiterbildungen

geregelt, so auch die Weiterbildung für Praxisanleitung. Zudem gibt es eine eigene

Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Gesundheits- und Krankenpflege, in

der die praktische Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege genau

geregelt ist (Bundeskanzleramt 1997, 1999a, 2006, 2014).

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23

2.4.1 Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz

Im GuKG werden der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege sowie

die Pflegehilfe geregelt. Erstmals werden die Tätigkeitsbereiche der Diplomierten

Gesundheits- und Krankenpflegepersonen in eigenverantwortlich,

mitverantwortlich und interdisziplinär aufgeteilt. Das heißt, Pflegepersonen können

nun genau definierte Teile der Krankenpflege eigenverantwortlich durchführen. Sie

benötigen nicht mehr die Anordnung einer Ärztin/eines Arztes, wenn sie die

Anamnese eines Patienten/einer Patientin erheben oder wenn sie die Planung der

Maßnahmen für eineN PatientIn durchführen. Außerdem evaluieren die

Pflegepersonen ihre Arbeit selbständig und passen ihre Maßnahmen an

Veränderungen an. Es wird geregelt, dass allen diplomierten Pflegepersonen die

Unterweisung, Anleitung und Überwachung von SchülerInnen und

PflegehelferInnen unterliegt (Bundeskanzleramt 1997).

Im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich wird das Anordnungsverhalten der

Ärztin/des Arztes und das Durchführungsverhalten der Pflegepersonen geregelt

sowie die Dokumentation von Anordnungen durch die Ärztin/den Arzt. Die

Tätigkeiten, die in diesen Bereich fallen, wurden genau aufgelistet und müssen

eingehalten werden. Im Bedarfsfall kann die Pflegeperson diese Tätigkeiten an

Auszubildende oder an PflegehelferInnen delegieren.

Der dritte Tätigkeitsbereich regelt die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen

im Gesundheitswesen. Die Pflegepersonen haben dabei Mitentscheidungs- und

Vorschlagsrecht. Es handelt sich um Tätigkeiten wie die Gesundheitsförderung,

Unfallverhütung, Entlassungsmanagement oder die Gesundheitsberatung. Die

Ausbildungsinhalte wurden vollständig adaptiert und in 19 Sachgebiete aufgeteilt.

Im GuKG werden auch die Fort- und Weiterbildungen geregelt. Innerhalb von fünf

Jahren müssen mindestens 40 Stunden an Fortbildungen nachgewiesen werden,

ansonsten wird die Berufsberechtigung entzogen.

Eine Besonderheit im GuKG ist auch die Aufhebung der, bis dahin bestehenden,

Internatspflicht für SchülerInnen (Bundeskanzleramt 1997).

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2.4.2 Die Gesundheits- und Krankenpflege –

Ausbildungsverordnung

Die Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung wurde 1999

erlassen und regelt die gesamte Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und

Krankenpflegeperson. Die Ausbildung dauert drei Jahre und umfasst mindestens

4.600 Stunden in Theorie und Praxis. Es müssen mindestens die Hälfte der

Stunden auf die praktische Ausbildung aufgeteilt sein (Bundeskanzleramt 1999a).

Zudem werden zu Beginn der Verordnung die Ziele der Ausbildung erläutert.

Beispielhaft aufgelistet sind das die Durchführung des Pflegeprozesses, die

Vermittlung der Kenntnisse über den menschlichen Körper, die Durchführung

sämtlicher Tätigkeiten der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson

und das Arbeiten nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die

didaktischen Grundsätze werden ebenfalls aufgelistet. Die Lehrkräfte sollten den

Unterricht vielfältig, lebensnah und anschaulich gestalten und sie müssen darauf

achten, dass die Auszubildenden die vermittelten Inhalte auch verstehen. Der

Unterricht sollte die Aktivität und Kreativität der Auszubildenden und ihre Toleranz

anderen gegenüber fördern. Auf die Gleichstellung von Mann und Frau ist ebenso

Acht zu geben, wie auf ein partnerschaftliches Verhältnis unter den

Auszubildenden. Wichtig für den Einblick in den späteren Berufsalltag sind

Exkursionen und Ausflüge. Während der Praktika muss den Auszubildenden

positive Rückmeldung, in Form von Reflexionen und Gesprächsführungen,

gegeben werden (Bundeskanzleramt 1999a).

Ein Praktikum muss mindestens 160 Stunden betragen, damit es als vollständiges

Praktikum gezählt werden kann. Es wurde festgelegt, dass die gelernten Inhalte

aus den Theoriestunden in der Praxis durch eine angemessene Anleitung und

Unterstützung gewährleistet sein muss (Bundeskanzleramt 1999a).

Die Prüfungsmodalitäten und Beurteilungen sind in der Ausbildungs- und

Prüfungsverordnung genauer geregelt und definieren auch die verschiedenen

Möglichkeiten der Wiederholung eines Praktikums oder einer Prüfung

(Bundeskanzleramt 1999a, 1999b).

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2.4.3 Die Gesundheits- und Krankenpflege –

Weiterbildungsverordnung

In der Gesundheits- und Krankenpflege–Weiterbildungsverordnung von 2006 wird

die Weiterbildung wie folgt definiert: „Weiterbildungen für Gesundheits- und

Krankenpflegeberufe dienen der Erweiterung und Vertiefung der in der Ausbildung

im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege […] erworbenen

Kenntnisse und Fertigkeiten.“ Zudem werden in der Verordnung die Leitung der

Weiterbildung, die berechtigten Lehrkräfte, die die theoretische Ausbildung

durchführen, die Lehrtätigkeit, die die Durchführung des theoretischen Unterrichts

sowie der praktischen Ausbildung umfasst und die Fachkräfte, die die fachliche

Betreuung und Anleitung übernehmen, geregelt. Die Inhalte der Weiterbildung

müssen dem neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Stand entsprechen. Die

Weiterbildung Praxisanleitung hat mindestens 160 Stunden zu betragen

(Bundeskanzleramt 2006).

2.4.4 Die Regelung der Praxisanleitung im GuKG

„Die praktische Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege

umfasst […] mindestens 2.480 Stunden“ und „ist unter Anleitung und Aufsicht von

Lehr- oder Fachkräften durchzuführen“. Von diesen praktischen

Ausbildungsstunden sind mindestens zwei Prozent von einer/einem LehrerIn der

Gesundheits- und Krankenpflege anzuleiten, das sind rund 50 Stunden. Im

Folgenden wird bei der Anleitung durch eine Lehrperson von Praxisbegleitung

gesprochen. Die restlichen 98 Prozent und 2.430 Stunden der praktischen

Ausbildung müssen von Pflegefachkräften der Praxis angeleitet werden. Jede

Lehrperson darf maximal vier SchülerInnen gleichzeitig anleiten. Bei der

Verteilung der praktischen Tätigkeiten auf der Station muss darauf geachtet

werden, dass diese Tätigkeiten im Rahmen der Ausbildung notwendig sind und

zur Erreichung ihrer Ziele beitragen. Weiters müssen die SchülerInnen ihre

Tätigkeiten während der praktischen Ausbildung genau dokumentieren und von

der Lehr- oder Fachkraft durch ihre Unterschrift bestätigen lassen. Zudem müssen

die Praxisbegleitungsstunden der Lehrkraft genau dokumentiert werden. In Graz

wurde hierfür ein eigener Tätigkeitenkatalog, das sogenannte Praxishandbuch,

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erarbeitet. Zudem müssen die theoretischen Lerninhalte in der Praxis umgesetzt

werden. Dadurch muss „eine umfassende Anleitung, Unterstützung und Kontrolle

der Schüler gewährleistet sein“ (Bundeskanzleramt 1999a, S. 9f).

Um die angemessene Ausbildung der SchülerInnen in der Praxis zu gewährleisen,

wurde die Praxisanleitung als Weiterbildung bereits 1997 im GuKG geregelt. Die

mindestens vierwöchige Weiterbildung (160 Stunden) nach § 64 GuKG soll die, in

der Grundausbildung, erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten erweitern. Dies

kann während des bestehenden Dienstverhältnisses erfolgen. Abgeschlossen wird

die Weiterbildung mit einer Prüfung, mündlich und/oder schriftlich, und der

Ausstellung eines Zeugnisses. Die AbsolventInnen dieser Weiterbildung sind

berechtigt die Zusatzbezeichnung PraxisanleiterIn zu führen (Bundeskanzleramt

1997, S. 30). Genauere gesetzliche Bestimmungen zum Inhalt dieser Ausbildung

gibt es in Österreich nicht. Das Bundesministerium könnte Empfehlungen für die

Ausbildungsinhalte stellen, hat dies allerdings bisher nicht gemacht. Daher kann

die Ausbildung der PraxisanleiterIn österreichweit nicht miteinander verglichen

werden. Die mangelnde Vergleichbarkeit der Ausbildungen ist der Grund, warum

sich die Autorin dieser Arbeit auf die PraxisanleiterInnen in der Steiermark,

insbesondere der KAGes, konzentriert.

Die Weiterbildung zur PraxisanleiterIn nach § 64 GuKG wird, von der Akademie

der steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H (ASK), seit 2008

angeboten und findet berufsbegleitend statt (ASK 2014; Kröpfl 2011). Für das Jahr

2015 wurde die maximale TeilnehmerInnenzahl mit 24 Personen beschränkt.

Aufnahmevoraussetzung dieser Weiterbildung ist eine zweijährige

Berufserfahrung als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson. Ein Jahr

Berufserfahrung auf der antragstellenden Station ist notwendig, damit die Kosten

für die Weiterbildung, vom jeweiligen Haus, übernommen werden. Die

Weiterbildung dauert zehn Monate und beinhaltet 220 Stunden Theorie und

240 Stunden Praxis. Die Theorie wird in sechs Blockwochen unterrichtet, mit

Unterricht von Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis maximal 17:30 Uhr. Die Praxis

ist auf der eigenen Station, in der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege

sowie auf einer Abteilung, an der eine Praxisbegleitung stattfindet, zu absolvieren.

Der/die DienstgeberIn muss pro Monat 24 Stunden für die Praxisanleitung

einplanen. Bei der Abschlussprüfung werden allgemeine und angewandte

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Berufspädagogik sowie pädagogische Psychologie abgefragt. Weiters ist zum

Abschluss das Verfassen einer schriftlichen Abschlussarbeit erforderlich sowie

deren Präsentation und Verteidigung. Die Kosten der Weiterbildung für KAGes-

MitarbeiterInnen belaufen sich 2014/2015 auf € 2.300,00 und werden von der

Dienststelle übernommen (ASK 2014).

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3. Qualität in der Pflege

Die Qualität in der Pflege wird heutzutage immer bedeutsamer. Jede

Pflegetätigkeit der Pflegepersonen muss genau dokumentiert werden und

nachvollziehbar sein, um auch nach Monaten nachprüfen zu können, welche

Arbeiten vollrichtet wurden. Diese sollen nach höchster Qualität durchgeführt

werden, da jede Einrichtung Qualitätsstandards einhalten muss. Eine gute Qualität

der erbrachten Leistungen im Gesundheitswesen wird durch den Wissenszuwachs

der PatientInnen immer wichtiger. Die detaillierte Dokumentation der erbrachten

Leistungen ist für die Qualitätssicherung unumgänglich. Zudem ist die ausführliche

Dokumentation der Pflegeanamnese, der verwendeten

Risikoeinschätzungsskalen, der Pflegeplanung und der Pflegeberichte gesetzlich

im GuKG verankert. Die Dokumentation der erbrachten Leistungen ist zudem

wichtig, da nur dokumentierte Tätigkeiten als erbracht angesehen werden. Das

heißt, es muss jede Pflegeperson, jede Hilfskraft und jede/jeder SchülerIn, der/die

Tätigkeiten an den PatientInnen ausübt, diese auch unumgänglich dokumentieren

und mit seinem/ihrem persönlichen Handzeichen versehen. Dies ist auch eine

Absicherung für spätere Schadensansprüche oder juristische

Auseinandersetzungen (Kobbert 2012).

Der Begriff Qualität ist sehr komplex und muss daher genau definiert werden.

Qualität bedeutet laut Duden „Beschaffenheit“, „Zustand“ oder „Güte“ und wird

meist als positiv gesehen. In dieser Arbeit wird die Qualität der

Anleitungssituationen dargestellt und darum wird in diesem Kapitel näher auf den

Qualitätsbegriff nach Avedis Donabedian eingegangen. Er war einer der ersten

Wissenschaftler, der sich mit Qualität im Medizin- und Pflegebereich

auseinandersetzte. Durch die Definition der Pflegequalität sollte die Pflege auf ein

akzeptables Niveau gehoben werden. Donabedian setzt für eine gute Qualität in

der Pflege nicht nur die erreichten Ziele voraus, sondern auch die

„einrichtungsspezifische Ablauforganisation, Pflegeorganisation und räumliche,

personelle und materielle […] Rahmenbedingungen, Pflegemodelle und deren

Umsetzung im Pflegeprozess, Zielsetzung der pflegerischen Behandlung und

Koordination der unterschiedlichen Berufsgruppen.“ Die Pflegequalität ist zudem

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eine subjektive Einschätzung und wurde von Donabedian differenziert (Kobbert

2012, S. 211f).

3.1 Der Qualitätsbegriff nach Avedis Donabedian

Donabedian unterteilte den Qualitätsbegriff in drei Dimension, die miteinander eng

in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen: die Struktur-, Prozess-

und Ergebnisqualität (Kobbert 2012).

Zur Strukturqualität zählt Donabedian die materiellen und personellen

Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Zum einen wird die Qualität von den

räumlichen Gegebenheiten sowie den Materialien, die zur Verfügung stehen,

beeinflusst. Zum anderen sind die persönlichen und fachlichen Ressourcen von

Bedeutung, wenn es um Qualität geht. Hierzu zählen die erworbenen

Kompetenzen der Pflegepersonen, sowie der individuelle Fort- und

Weiterbildungsstand des Fachpersonals. Zusammengefasst meint Donabedian

hiermit die Rahmenbedingungen der Organisation (Kobbert 2012).

Um Prozessqualität bei der Versorgung zu gewährleisten, sind die Abläufe zu

betrachten. Hierbei geht es darum, wie gewisse Tätigkeiten durchgeführt werden

und welche Standards oder Hilfsmittel für die Durchführung verwendet werden.

Der Pflegeprozess mit den fünf Schritten (Anamnese erstellen, Pflegediagnosen

erstellen, Ziele und Maßnahmen planen, Maßnahmen durchführen, Evaluation)

und die damit verbundenen durchgeführten Leistungen spielen hier eine große

Rolle (Kobbert 2012).

Als dritte Dimension für die Qualitätssicherung ist auf das Ergebnis zu achten. Hier

wird evaluiert, ob die geplanten Ziele erreicht wurden, und wie zufrieden die

MitarbeiterInnen mit den erreichten Ergebnissen sind (Kobbert 2012).

Diese Qualitätsbegriffe sind ebenso auf Anleitungssituationen übertragbar, wie auf

die Pflege von PatientInnen. In beiderlei Hinsicht können diese drei Dimensionen

den Grad an Qualität anzeigen. Im Anleitungsprozess von Auszubildenden ist es

wichtig eine Struktur zu haben, die es ermöglicht Auszubildende dahingehend zu

beraten und anzuleiten, dass sie ihre Ziele erreichen können. Um die Prozesse

und Abläufe zu verinnerlichen, ist es ebenso notwendig ausreichend geschultes

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Personal zu Seite zu stellen, die ihr Fachwissen weitergeben können und gute

Vorbilder sind. Zudem muss im Vorhinein ein Plan erstellt werden, nach dem die

Auszubildenden arbeiten können, und wodurch sie wissen, was sie zu tun haben.

Von Vorteil ist zudem ein Plan für die PraxisanleiterInnen, wie sie die einzelnen

Anleitungssituationen durchführen und welche Kriterien einbezogen werden

müssen. Die Dokumentation ihrer Leistungen zählt ebenso zur Prozessqualität wie

die Planung und Information im Vorhinein.

3.2 Das offene Curriculum

Das offene Curriculum, erstellt vom Österreichischen Bildungsinstitut für

Gesundheit (ÖBIG), ist Grundlage für die theoretische und praktische Ausbildung

der Gesundheits- und Krankenpflege. Es dient dazu, dass alle Auszubildenden in

Österreich die gleiche Grundlage ihrer Ausbildung haben. Offen ist das Curriculum

in der Hinsicht, dass die Lehrkräfte freie Wahl haben, mit welchen Methoden sie

den Auszubildenden die relevanten Themen vermitteln. Zudem wurden die Ziele

sehr grob formuliert, und die Lehrpersonen haben bei der Feinzielformulierung

keine Vorgaben. Es wurden Empfehlungen für die didaktischen Ansätze und zum

Pflege- und Bildungsverständnis formuliert, an die sich die LehrerInnen halten

können. Im Curriculum gibt es einen eigenen Praxiskatalog und die

Unterrichtsfächer sind ebenso aufgelistet. Grundlagen für dieses offene

Curriculum sind das GuKG, die Ausbildungsverordnung sowie das Berufsbild des

gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Das Berufsbild wird im

§ 11 GuKG erläutert, und definiert die Pflege als eigenständigen Beruf mit

Handlungsautonomie im eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich. Bei

diagnostischen und therapeutischen Tätigkeiten ist es dem diplomierten

Pflegepersonal erlaubt den Arzt/die Ärztin zu unterstützen und mitzuarbeiten

(ÖBIG 2003; Bundeskanzleramt 1997).

Als ein wichtiges Qualitätskriterium der Krankenpflege wurde im offenen

Curriculum eine Empfehlung des beratenden Ausschusses der Europäischen

Kommission erläutert. Die diplomierten Pflegepersonen müssen am Ende ihrer

Ausbildung über Fachkompetenz verfügen. Die Pflegepersonen müssen in der

Lage sein ihre Handlungen zu reflektieren, interdisziplinär zusammenzuarbeiten,

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sowie gesundheitsfördernde Maßnahmen anzuwenden. Zudem ist es notwendig,

Forschungsergebnisse lesen zu können und im Bedarfsfall in der Praxis

anzuwenden (ÖBIG 2003).

Durch den ständigen Versuch die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu verringern,

soll die Qualität der Ausbildung verbessert werden. Im offenen Curriculum wird der

Praxiskatalog mit den Unterrichtsfächern verknüpft. Im Gegensatz soll mit den

PraxisanleiterInnen in der Praxis die Kluft weiter reduziert werden, indem

Neuerungen in der Praxis an die Lehrpersonen weitergegeben werden. In der

Praxis sollten die Auszubildenden nicht als Arbeitskräfte missbraucht werden,

sondern sie sollen sich vom/von der BeobachterIn, zum/zur teilnehmenden

BeobachterIn bis hin zum/zur Beteiligten wandeln (ÖBIG 2003).

3.2.1 Didaktische Prinzipien der Praxisanleitung

Im offenen Curriculum werden die didaktischen Grundsätze des Unterrichts genau

beschrieben, welche im Zusammenhang mit der Praxis zu sehen sind. Diese

Grundsätze wurden in Anlehnung an die Gesundheits- und Krankenpflege–

Ausbildungsverordnung (1998) entwickelt.

Beim Prinzip „Vom Gesunden zum Kranken“ richtet sich die Ausbildung vor

allem auf die Gesundheitsförderung und die Primärprävention. In Bezug auf die

Praxis ist dies wichtig, da die Gesundheitsförderung als ein Teilbereich des

eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereichs aufgelistet ist. Die PraxisanleiterInnen

müssen die Auszubildenden dazu anhalten, dieser Tätigkeit auch nachzukommen.

Zudem ist es wichtig, dass die PraxisanleiterInnen die SchülerInnen im Alltag

darauf aufmerksam machen, ihre eigene Gesundheit zu fördern und ergonomisch

zu arbeiten. Darüber hinaus kommen die SchülerInnen eventuell zum ersten Mal

in Kontakt mit kranken Menschen, worauf von den PraxisanleiterInnen zu achten

ist. Sie müssen die SchülerInnen bei der Einführung in die Praxis unterstützen

(ÖBIG 2003).

Beim zweiten Prinzip „Vom Einfachen zum Komplexen“ lernen die

Auszubildenden schrittweise einfache Tätigkeiten auf andere Situationen zu

übertragen. Vor allem in den höheren Ausbildungsjahrgängen werden die zuvor

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erlernten Tätigkeiten langsam zu einem Ganzen zusammengesetzt. Sie lernen

Verknüpfungen zu erstellen und die durchgeführten Tätigkeiten zu hinterfragen

(ÖBIG 2003).

Das Prinzip „Vom Bekannten zum Unbekannten“ ist in der Praxis täglich

gegeben. Die SchülerInnen lernen im Unterricht über gewisse Krankheitsbilder

und Tätigkeiten. In der Praxis kommen zu den einzelnen Krankheitsbildern weitere

hinzu und einzelne Tätigkeiten müssen, aufgrund der akuten Situation,

abgewandelt durchgeführt werden. Die SchülerInnen lernen Prioritäten zu setzen,

und erlernte Tätigkeiten in akuten und echten Situationen durchzuführen. Vor

allem bei der Körperpflege von kranken Menschen muss auf die individuelle

Situationen eingegangen werden (ÖBIG 2003).

Um den SchülerInnen Neues zu vermitteln, ist das Prinzip „Vom Ich über das Du

zum Wir“ relevant. Damit die Auszubildenden Neues verinnerlichen können,

müssen sie Erfahrungen mit dem Thema machen, um durch ausreichende

Reflexion diese Erfahrungen zu verinnerlichen. Vor allem bei der Praxisanleitung

ist das eine wichtige Methode, um gewisse Tätigkeiten, die neu für die

SchülerInnen sind, zu erlernen und zu verinnerlichen. Ist eine Tätigkeit

verinnerlicht, kann sie auf andere Situationen übertragen werden (ÖBIG 2003).

Beim Prinzip „Struktur vor Detail“ ist die Hauptaussage, dass bei Themen, die

keine Problemorientierung aufweisen, der systematische Aufbau vorrangig zu

behandeln ist. Dies ist vor allem bei den Auszubildenden aus niedrigen

Ausbildungsjahren relevant. Die SchülerInnen vom ersten Ausbildungsjahr

müssen vor allem die Strukturen im Akutkrankenhaus kennen lernen und die

Grundpflege verinnerlichen, bevor sie sich auf komplizierte Verbandwechsel

stürzen oder detailliert die Fieberkurven durchgehen (ÖBIG 2003).

In der Pflegepraxis steht vor allem das erfahrungsorientierte Lernen im

Vordergrund. Erfahrungen entstehen dadurch, dass Auszubildende, entweder in

der Praxis oder in der Schule, etwas erleben. Durch die Bewusstmachung dieser

Erlebnisse, können diese zu Erfahrungen werden. Es ist eine Reflexion,

Erinnerung und eine ausreichende Distanz zum Thema notwendig, um die

Erfahrungen zu verinnerlichen. Es muss mit anderen Menschen ein Austausch

stattfinden, ansonsten können Erlebnisse nicht zu Erfahrungen werden. Im

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Unterricht oder bei der Praxisanleitung steht zu Beginn die Aneignung der

Erfahrungen zu einem bestimmten Thema. Diese Erfahrungen müssen von den

SchülerInnen verarbeitet werden, indem sie mit anderen in Interaktion treten.

Diese Interaktion findet entweder durch Gespräche, Notizen, Fotografieren oder

szenische Spiele statt. Anschließend werden die Erfahrungen öffentlich gemacht

und mit anderen diskutiert, um die Standpunkte zu überprüfen. „Anders formuliert:

Erlebnisse hat man – Erfahrungen macht man!“ (Jank & Meyer 2011, S. 335)

3.2.2 Der Pflegeprozess

Der Pflegeprozess (siehe Abbildung 1) ist die Grundlage aller pflegerischen

Handlungen und dient dem systematischen Vorgehen im Alltag. Der

Pflegeprozess ist im GuKG als Teil des eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereichs

festgelegt. In Österreich stützen sich die Pflegepersonen vor allem auf das Fünf-

Phasen-Modell von Brobst. Der Prozess beginnt mit der Aufnahme eines/einer

PatientIn, indem die Pflegeperson die pflegerelevanten Informationen einholt.

Diese Informationssammlung endet nicht, wenn die Pflegeperson das Zimmer

verlässt, sondern die Sammlung von Informationen erstreckt sich über den

gesamten Aufenthalt der Patientin/des Patienten. Die Informationen werden auf

unterschiedliche Weise gesammelt. Einerseits erhält die Pflegeperson direkte

Daten durch ein klassisches Gespräch mit den PatientInnen selbst. Andererseits

erhält sie indirekte Daten durch Gespräche mit Angehörigen. Auch durch

Beobachtungen können Informationen eruiert werden. Ist ein Gespräch nicht

möglich, können Daten auch nur durch Beobachtung erhoben werden. Die

Informationssammlung ist der wichtigste Schritt im Pflegeprozess, da nur bei

ausreichender Datenlage die Pflege angemessen geplant und durchgeführt

werden kann (Hammer & Maurer 2012).

Den Auszubildenden ist die Wichtigkeit dieses Schrittes zu verdeutlichen, da dies

eine Tätigkeit ist, die sie laut Curriculum bereits ab dem ersten Praktikum

absolvieren können. Diese Daten werden in der KAGes in das Pflegeassessment

eingetragen, um die pflegerelevanten Informationen für alle beteiligten

MitarbeiterInnen sichtbar zu machen.

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Die Probleme ergeben sich aus dem Gespräch mit den PatientInnen, der

Beobachtung sowie der körperlichen Untersuchung, und können zu

Pflegediagnosen formuliert werden. Alle Auszubildenden müssen in der Lage sein,

auf der Grundlage pflegerischer Kenntnisse, eine Pflegesituation angemessen

wahrzunehmen, zu reflektieren und adäquat darauf zu reagieren. Daraus soll der

Pflegebedarf, sowie die möglichen Ressourcen, die der/die PatientIn aufweist,

ermittelt werden. Gemeinsam mit den PatientInnen sollten die Diagnosen nach

Wichtigkeit geordnet werden, und angemessene Ziele formuliert werden. Jeder

Pflegediagnose muss ein Ziel zugeordnet werden, das während des Aufenthalts

erreicht werden kann. Dies muss unter Berücksichtigung der jeweiligen

Rahmenbedingungen gewählt werden. Gemeinsam sollten sich die Pflegeperson

und der/die PatientIn einigen, bis wann ein Ziel erreicht werden kann.

Anschließend werden die pflegerischen Maßnahmen zu jedem Problem geplant

und durchgeführt. Alle Maßnahmen müssen dokumentiert werden, und können im

Anschluss evaluiert werden. Auch die Ziele werden evaluiert und mit den

Maßnahmen abgeglichen. Die Evaluierung findet nach Ablauf einer vorher

definierten Zeitspanne oder bei wesentlicher Veränderung des

Gesundheitszustandes der Patientin/des Patienten statt. Treten Differenzen

zwischen den Maßnahmen und den Zielen auf, werden sie von der Pflegeperson

geändert und angeglichen. Alle Phasen laufen zyklisch ab, es besteht ein

dynamischer Prozess (Hammer & Maurer 2012).

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Abb. 1: Der Pflegeprozess

Das offene Curriculum hat die Tätigkeitsbereiche der Auszubildenden nach dem

Pflegeprozess konkretisiert. Je höher das Ausbildungsjahr der SchülerInnen ist,

desto komplexere Tätigkeiten sollen sie durchführen. Die Durchführung des

Pflegeassassments ist vorwiegend von den Auszubildenden des ersten

Ausbildungsjahres durchzuführen. Diese sollen sich zudem auf einfache

Tätigkeiten des eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereichs konzentrieren. Das sind

einerseits Tätigkeiten der Körperpflege und andererseits diagnostische

Tätigkeiten, wie die Vitalfunktionenkontrolle. Im zweiten Ausbildungsjahr liegen die

Schwerpunkte auf dem Erkennen der Pflegeprobleme, der Formulierung von

passenden Pflegediagnosen sowie der Planung der pflegerelevanten

Maßnahmen. Dies sind Tätigkeiten aus dem mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich.

Zudem sollten die Tätigkeiten vom ersten Ausbildungsjahr routiniert werden. Die

Evaluierungen der Pflegemaßnahmen und der Ziele sollten im dritten

Ausbildungsjahr als Schwerpunkt gesetzt werden. Die Tätigkeiten des zweiten

Ausbildungsjahres werden zusätzlich vertieft. Die pflegerischen Handlungen sind

auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit ausgerichtet. Bei diesem

Ausbildungsstand wird vorausgesetzt, dass die Tätigkeiten des ersten

1. Informationen sammeln

2. Pflegeprobleme und Ressourcen

erkennen

3. Ziele und Maßnahmen

planen

4. Maßnahmen durchführen + dokumentieren

5. Evaluation

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Ausbildungsjahres gefestigt sind, und daher wird auf die Durchführung dieser

Maßnahmen weniger Wert gelegt (ÖBIG 2003).

3.3 Kompetenzerwerb in der Pflege

Der Begriff Kompetenz stammt vom lateinischen Wort competentia und bedeutet

Zusammentreffen. Im Duden (2014) wird Kompetenz als „Sachverstand,

Fähigkeiten“ oder aber auch als „Zuständigkeit“ definiert.

Heißenberg & Lauber (2012a, S. 69f) definieren Kompetenz mit den Synonymen

„“Befähigung“, „Vermögen, etwas zu tun“ oder auch „Zuständigkeit“ und

„Befugnis““. Das kompetente Handeln im jeweiligen Berufsfeld ist die Fähigkeit,

die PatientInnen, entsprechend dem Aufgabenbereich, zu versorgen. Es wird auch

mit der beruflichen Handlungskompetenz gleichgestellt. Kompetenz lässt sich

aus den Handlungen, die durchgeführt werden, beobachten und ableiten. Die

Kompetenz und das Handeln beeinflussen sich gegenseitig. Je mehr Kompetenz

eine Pflegeperson hat, desto größere Handlungsmöglichkeiten hat sie. Die

Kompetenzentwicklung findet als Prozess statt und beinhaltet das Denken, die

Werte, die Ziele, die Bedürfnisse und die Erfahrungen. Die berufliche

Handlungskompetenz wird häufig in die Fach-, die Sozial- und die

Selbstkompetenz unterteilt.

Unter Fachkompetenz ist die „Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundlage

fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert,

sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu

beurteilen“ gemeint (KMK 2011, S.15). Zudem zählen zur Fachkompetenz das

Beobachten der PatientInnen, ihrer Vitalfunktionen und ihres

Gesundheitszustandes. Zur fachlichen Kompetenz zählt zudem die fachgerecht

durchgeführte Pflege von PatientInnen. Außerdem sind das Planen der

Pflegetätigkeiten und die Organisation dessen wichtige Aspekte dieser

Kompetenz. Eine fachkompetente Pflegekraft erkennt Zusammenhänge und

Wechselwirkungen. Zudem ist sie kreativ und steht Innovationen offen gegenüber

(Heißenberg & Lauber 2012a, S. 75f).

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Die Sozialkompetenz meint die persönlichen Fähigkeiten soziale Beziehungen

aufzubauen und zu gestalten. Die Akzeptanz der Werte und Meinungen von

anderen Menschen ist ebenso wichtig wie die Interaktion mit anderen Personen,

wie zum Beispiel ein Beratungsgespräch mit Angehörigen. Das kritische Denken

in diesem Zusammenhang und das Reflektieren des eigenen Handelns sind

Bereiche der Sozialkompetenz. Auch ist die Zusammenarbeit mit KollegInnen im

Kontext mit der Sozialkompetenz wichtig, um an einem gemeinsamen Ziel

arbeiten zu können (Euler 1998, zitiert nach Sahmel 2009, S. 27;

Heißenberg & Lauber 2012a, S. 75; KMK 2011, S. 15).

Die Selbstkompetenz ist der dritte wichtige Aspekt der beruflichen

Handlungskompetenz. Sie wird häufig mit personaler Kompetenz gleichgesetzt

und beinhalten einen gewissen Grad an Risikobereitschaft sowie Flexibilität im

Handeln. Die Selbstkompetenz setzt einen gewissen Grad an Selbständigkeit

voraus und inkludiert die Lernbereitschaft einer Pflegeperson. Eine

selbstkompetente Pflegeperson ist glaubwürdig, selbstkritisch und bereit Neues zu

lernen. Sie hat ein hohes Pflichtbewusstsein und ist zuverlässig in ihren

Handlungen (Heißenberg & Lauber 2012a, S. 76).

Diese drei Teilkompetenzen hängen eng zusammen und machen berufliches

Handeln erst möglich. Sie fungieren als Fundament für die berufliche

Handlungskompetenz. Fließen die Kompetenzen aus allen drei Bereichen beim

Handeln mit ein, so erlangt die Pflege eine hohe Qualität und die Pflegepersonen

können effizient und zielgerichtet arbeiten (Heißenberg & Lauber 2012a, S. 76f).

Patricia Benner (2012), eine amerikanische Pflegewissenschaftlerin, definierte für

sich die pflegerische Kompetenz als klinische Entscheidung, „was das Beste für

einen Menschen in einer bestimmten Situation ist“. Eine Pflegeperson ist

kompetent, wenn sie sich von den starren Regeln und Pflegetechniken abwenden

kann und sich in den/die PatientIn einfühlen kann und persönlich pflegen kann.

Hierzu zählt sie auch die Individualität, die ethische Einstellung und die

ganzheitliche Sichtweise der PatientInnen.

In Amerika wurde ein Modell des Kompetenzerwerbs entwickelt, das besagt,

Lernende müssen beim Erwerb von Kompetenz unterschiedliche Stufen der

Kompetenz durchlaufen. Benner übertrug dieses Dreyfus-Modell des

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Kompetenzerwerbs in die Pflege. Dieses Modell besteht aus den folgenden fünf

Stufen: der/die AnfängerIn, der/die fortgeschrittene AnfängerIn, der/die

kompetente Pflegende, der/die erfahrene Pflegende, der/die ExpertIn. Beim

Durchlaufen dieser Kompetenzstufen sehen die Lernenden zu Beginn alles als

einzelne Schritte und Tätigkeiten. Bis hin zum Experten/zur Expertin erschließen

sich die Einzelheiten der Schritte und werden zu einem Ganzen. Die ExpertInnen

können das Wichtige vom Unwichtigen trennen und filtern, das für sie am

passendsten heraus. Durch dieses Modell wird klar beschrieben, was in welcher

Stufe gelehrt und gelernt werden muss, und welche Handlungsmerkmale in den

Entwicklungsstufen vorherrschend sind. Dieses Modell ist nicht generell

anwendbar, sondern je nach Situation individuell zu handhaben. Der

Kompetenzerwerb beginnt bei einem Stations- oder Arbeitswechsel wieder von

neuem, wie bei einem Zyklus (Benner 2012, S. 57ff).

Abb. 2: Das Dreyfus-Modell in der Pflege (Benner 2012, S. 57ff)

Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist für Benner (2012, S. 57ff) einE AnfängerIn einE

SchülerIn oder einE neueR MitarbeiterIn, die/der noch keine Erfahrung in einem

bestimmten Tätigkeitsfeld hat und somit nach Lehrbuch handeln muss. Der/die

AnfängerInnen SchülerInnen oder neue MitarbeiterInnen, noch keine Erfahrung im Feld, handelt nach Regeln,

erkennt noch keine Zusammenhänge

fortgeschrittene AnfängerInnen

erste Erfahrungen in der Praxis, Regeln sind noch wichtig, können Wichtiges vom Unwichtigen nicht

trennen, benötigen noch Unterstützung

kompetente Pflegende

2-3-jährige Berufserfahrung, organisiertes und effizientes Arbeiten, können Prioritäten setzen

erfahrene Pflegende

nehmen Situation als Ganzes wahr, planen Tätigkeiten längerfristig, erkennen rasch Gesundheitsveränderungen, 3-5-jährige

Berufserfahrung

PflegeexpertInnen benötigen keine Regeln mehr, handeln rasch und intuitiv, nicht jeder kann diese Kompetenzsstufe

erreichen

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AnfängerIn kann objektivierbare Daten3 erfassen und diese weiterleiten, erkennt

aber die Zusammenhänge noch nicht.

Die/der fortgeschrittene AnfängerIn hat bereits erste Erfahrungen in der Praxis

gesammelt und kann diese Erfahrungen auf andere Situationen oder PatientInnen

übertragen. Hier spielen die Regeln noch eine große Rolle. Sie können das

Wichtige noch nicht vom Unwichtigen unterscheiden, dabei benötigen sie

Unterstützung von zumindest einer kompetenten Pflegeperson. Dieser Bedarf

könnte optimal durch PraxisanleiterInnen gedeckt werden, da dadurch der

Stationsablauf nicht gestört wird (Benner 2012).

Nach zwei- bis dreijähriger Berufserfahrung in einem Feld können sich

Pflegepersonen als kompetent bezeichnen. Sie können Prioritäten setzen und

planen ihre Tätigkeiten im Voraus. Kompetente Pflegende sind organisiert und

effizient, aber noch nicht so schnell wie erfahrene Pflegende (Benner 2012).

Erfahrene Pflegende nehmen eine Situation als Ganzes wahr und können rasch

reagieren, durch die im Vorhinein erlangte Erfahrung. Sie planen ihre Tätigkeiten

längerfristig, und haben somit die Möglichkeit, bei Bedarf, von der ursprünglichen

Planung abzuweichen. In dieser Kompetenzstufe ist es den Pflegepersonen

möglich, Veränderungen des Gesundheitszustandes eines/einer PatientIn zu

erkennen, noch bevor Änderungen der Vitalzeichen auftreten. Eine Pflegeperson

ist erfahren, wenn sie drei bis fünf Jahre in einem Berufsfeld tätig ist

(Benner 2012).

PflegeexpertInnen benötigen keine Regeln oder Richtlinien mehr. Sie können

intuitiv handeln und das Problem direkt erkennen. Dadurch können sie auch

schneller und besser reagieren. Nicht JedeR kann die Stufe des Experten/der

Expertin erlangen. Die Pflegeperson muss dazu eine zwischenmenschliche

Beziehung aufbauen können (Benner 2012).

3 Puls, Blutdruck, Gewicht, Flüssigkeitsbilanz, etc.

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4. Material und Methoden

Bisher beschäftigte sich diese Arbeit mit theoretischem Wissen zum Thema

Praxisanleitung in der Pflege, welches die Grundlage dieser Arbeit darstellt. Um

die, zu Beginn ausgewählten, Forschungsfragen vollständig beantworten zu

können, ist es notwendig, eine qualitative Forschung mit ExpertInneninterviews

und eine anschließende qualitative Inhaltsanalyse durchzuführen. Forschung oder

Research bedeutet „noch einmal durchleuchten“ und meint „eine sorgfältige,

systematische Untersuchung […]“. Die Pflegeforschung hat zum Ziel eine

wissenschaftlich fundierte Basis zu erlangen, die als Grundlage für die

Pflegepraxis dienen soll. Dadurch soll eine Qualitätsverbesserung ermöglicht

werden. Der qualitative Forschungsansatz wird in dieser Arbeit zur Beschreibung

von Lebenserfahrung und deren Bedeutungen für die einzelnen

PraxisanleiterInnen angewendet. (Burns & Grove 2005, S. 2f). Hier ist zu

beachten, dass es nicht nur eine Realität zu erforschen gibt, sondern viele

verschiedene. Die Wahrnehmungen sind von Person zu Person subjektiv

unterschiedlich, und sie verändern sich auch. Zudem sind die Betrachtungen der

TeilnehmerInnen an qualitativen Forschungen nicht zu verallgemeinern, wie dies

in quantitativen Forschungen üblich ist. Sie sind nur in einem bestimmten Kontext

sinnvoll. Der qualitative Forschungsansatz ist flexibel in Bezug auf die

Datensammlung, da solange Daten gesammelt werden, bis eine Datensättigung

eintritt. Der/die ForscherIn ist vollständig involviert in die Datensammlung, was

einen großen Vorteil, im Gegensatz zur quantitativen Forschung, darstellt

(Polit & Beck 2012, S. 487). Somit kann der/die ForscherIn die TeilnehmerInnen

beeinflussen, was bei quantitativen Methoden als Verzerrung zu bewerten ist, aber

bei qualitativen Methoden als überaus wichtig angesehen wird. Dadurch ist es

möglich, eine soziale Beziehung zu den TeilnehmerInnen aufzubauen, welche

Vertrauen schafft. Wichtig ist, dass der/die ForscherIn die Erfahrungen der

TeilnehmerInnen nicht mit ihren eigenen Interpretationen mischt

(Burns & Grove 2005).

Grundsätzlich gibt es bei der Methodologie kaum Unterschiede zwischen

qualitativer und quantitativer Forschung. Zuerst wird ein Thema ausgewählt und

anschließend werden passende Forschungsfragen formuliert. In weiterer Folge

Page 51: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

41

wird die Relevanz beschrieben, die TeilnehmerInnen rekrutiert und die Daten

gesammelt. Diese werden analysiert und anschließend interpretiert. Bei beiden

Forschungsmethoden muss ein Bericht verfasst werden, welcher meist bei

quantitativen Forschungen ausführlicher ist, damit die Nachvollziehbarkeit

gegeben ist (Burns & Grove 2005).

4.1 Literaturrecherche

Um passende Literatur zu den genannten Forschungsfragen zu erhalten, wurde

mittels Ovid in den Datenbanken Medline, Cochrane und Embase gesucht. Die

Schlüsselwörter lauteten: practical guidance, praxis guidance, nurse practicioner,

nursing care instruction, quality, Praxisanleiter und Praxisanleitung. Als Bool’sche

Operationen wurden AND und OR eingesetzt. Durch die Verwendung der

genannten Schlüsselwörter konnte die Fragestellung kaum eingegrenzt werden.

Die Bezeichnung PraxisanleiterIn ist vor allem im deutschen Sprachraum

gebräuchlich. Internationale Studien zum Thema Qualität der Praxisanleitung sind

kaum vorhanden. Vor allem frei zugängliche Studien sind schwierig zu erhalten.

Über die Datenbanken wurden 14 deutsche Studien zum Thema Praxisanleitung

gefunden. Diese Studien wurden in der Zeitschrift Pflege veröffentlicht und sind

nicht frei zugänglich. Diese Ergebnisse wurden deshalb größtenteils verworfen.

In weiterer Folge wurde in der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz

(MedUni Graz) nach möglicher Literatur zum Thema Praxisanleitung in der Pflege

gesucht. Auch hier wurde mit den Schlüsselwörtern Praxisanleiter und

Praxisanleitung gesucht. Dabei wurde ein Treffer erzielt. Das Standardwerk von

Ruth Mamerow bezüglich Praxisanleitung wurde für diese Arbeit verwendet.

Zudem wurde bei der Recherche eine Masterarbeit zum Thema Qualität der

Praxisanleitung aus Sicht der SchülerInnen entdeckt. Um noch weitere Literatur

bei der Verfassung dieser Arbeit verwenden zu können, wurde als nächster Schritt

die Zeitschriftenbibliothek der MedUni Graz durchsucht. In den Zeitschriften

PflegePädagogik, Die Schwester Der Pfleger, Österreichische Pflegezeitschrift

und in der Zeitschrift Pflege wurden relevante Artikel gefunden. Zudem fand eine

Recherche in der Bibliothek der Karl Franzens Universität statt. Auch hier wurden

die Schlüsselwörter Praxisanleitung und Praxisanleiter verwendet. Des Weiteren

Page 52: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

42

wurden Grundlagenwerke der Pflege von Burns & Grove und Polit & Beck

verwendet.

Wie in Abbildung 3 ersichtlich, wurden bei der Recherche die Studien und Artikel

in erster Linie aufgrund des Titels eingeschlossen, wenn es sich um die

Praxisanleitung in der Pflege handelte. In dessen Folge wurden die Titel

ausgeschlossen, wenn sie medizinische Anleitungen oder

PatientInnenanleitungen beschrieben. Die Titel wurden ausgeschlossen, wenn sie

nicht mit der Praxisanleitung in der Pflege vereinbar waren. Die Abstracts, der

eingeschlossenen Titel, wurden auf gleiche Weise behandelt.

Abb. 3: Die Relevanzprüfung

Relevanzprüfung

Titel

relevant irrelevant

Titel handelt von

der Praxisanleitung

in der Pflege

Titel handelt von

medizinischer

Anleitung oder von

PatientInnen-

anleitungen

Abstract handelt von

der Praxisanleitung in

der Pflege, von der

Anleitung von

SchülerInnen und den

Konsequenzen

Nein: verwerfen

Ja: Volltext querlesen

Relevant irrelevant

Artikel handelt von

der Praxisanleitung

von

Auszubildenden in

der Pflege in

bestimmten

Krankenhäusern

Artikel handelt von der

Praxisanleitung von

PatientInnen und den

Konsequenzen,

handelt von der

Praxisanleitung in

nicht-

deutschsprachigen

Regionen Europas

Spezifität

Zu hoch zu niedrig

Lesen und analysieren

Page 53: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

43

Das Hauptkriterium für einen Einschluss war auch hier, dass es sich um die

Praxisanleitung in der Pflege handelte. Ein weiteres Einschlusskriterium war, dass

die Studie im deutschsprachigen Raum Europas durchgeführt wurde, um die

Vergleichsmöglichkeiten aufgrund der ähnlichen Ausbildungen zu haben. War

auch das Abstract passend, wurden die Volltexte quergelesen und bei passender

Spezifität eingeschlossen. Anschließend wurde weitere Literatur im

Schneeballverfahren gesucht.

4.2 ExpertInneninterview

Zur Beantwortung der Forschungsfragen eignete sich am besten die Methode der

halbstrukturierten Interviews. Es soll damit ein authentischer Einblick in die

Erfahrungen der TeilnehmerInnen erlangt werden. Die Fragen sind möglichst offen

und könnten sich von Interview zu Interview ändern, aufgrund der veränderten

Sichtweise auf das Thema. Grundsätzlich war der Interviewleitfaden gleich, die

Fragen änderten sich von Interview zu Interview leicht aber nicht in ihrer

Grundstruktur. Es wurde keine feste Abfolge der Fragen befolgt. Die Interviews

wurden von der Autorin selbst durchgeführt. Ein ExpertInneninterview ist eine

soziale Interaktion und findet in einem bestimmten Kontext statt. Beide

InterviewpartnerInnen müssen einen gemeinsamen Kontext finden, in dem sie

miteinander kommunizieren können. Die Interviewerin muss sich mit der

Fachsprache der ExpertInnen vertraut machen, um sich als kompetente

Gesprächspartnerin zu präsentieren. Da die Interviewerin eine pädagogische

Ausbildung hat, sowie als diplomierte Geshundheits- und Krankenpflegerin tätig

ist, war die Fachsprache kein Hindernis. Für die Interviews wurde ein

Interviewleitfaden, mit halbstrukturierten Fragekategorien ohne

Antwortmöglichkeiten, verwendet. Damit wurde gewährleistet, dass keine wichtige

Frage verloren geht, und die Interviewerin hatte einen Anhaltspunkt für die

Befragung (Burns & Grove 2005, S 437; Mieg & Näf 2005; Polit & Beck 2012). Der

Leitfaden gab einen roten Faden vor.

Alle TeilnehmerInnen wurden über das Thema, das Ziel und den Zweck für das

Interview aufgeklärt, sowie über die Notwendigkeit der Tonbandaufnahme für die

Page 54: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

44

spätere Nachvollziehbarkeit. Zudem wurden sie darüber informiert, dass die

persönlichen Daten für die schriftliche Auswertung anonymisiert und streng

vertraulich behandelt werden, sodass kein Rückschluss auf ihre Person möglich

ist. Über die Verwendung von Ausschnitten des Interviews in anonymisierter Form

wurden die TeilnehmerInnen ebenfalls aufgeklärt. Das aufgezeichnete Interview ist

nur der Interviewerin zugänglich und es wird verschlossen aufbewahrt.

Anschließend wurde eine Einverständniserklärung zum Interview eingeholt,

welche jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden kann, ohne dass für die

TeilnehmerInnen ein Nachteil entsteht.

Nach Absprache mit dem Oberpfleger des LKH Graz Süd-West Standort West

wurden die Interviews Ende November genehmigt. Anschließend wurden die drei

PraxisanleiterInnen des Hauses Mitte Dezember 2014 per E-Mail kontaktiert und

für die Teilnahme am Interview ermutigt. Nach einer längeren Wartezeit über

Weihnachten erhielt die Autorin die ersten beiden Zusagen für die Teilnahme an

den Interviews und konnte diese Mitte Jänner 2015 durchführen. Nachdem sich zu

diesem Zeitpunkt die dritte Praxisanleiterin noch für weitere zwei Wochen nicht

gemeldet hatte, wurde sie ein zweites Mal kontaktiert. Das letzte Interview konnte

für Mitte Februar 2015 fixiert und durchgeführt werden. Die Interviews dauerten

zwischen 35 Minuten und 1 Stunde 10 Minuten. Anschließend wurden die

Interviews mit dem Transkriptionsprogramm f4 transkribiert. Das heißt sie wurden

Wort für Wort anhand der Tonbandaufnahmen abgeschrieben. Hierfür gibt es

einige Regeln. Die entstandenen Pausen während des Interviews werden mit

Punkten, die in runden Klammern stehen, gekennzeichnet. Zudem werden

Gefühlsausdrücke wie Lachen, Weinen, Fluchen angeführt und ebenfalls

eingeklammert. Der Text wird einzeilig geschrieben und zwischen den

InterviewpartnerInnen eine Zeile frei gelassen. Am linken Rand können

Kodierungen oder kritische Bemerkungen hinzugefügt werden und am rechten

Rand können inhaltliche Kommentare eingefügt werden. Jedes Interview muss

nummeriert werden, sowie die Seitenzahlen enthalten. Zudem wurde jeder Absatz

nummeriert und im Falle einer Zitierung im Ergebnisteil vermerkt. Anschließend

wurden die Interviews mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert.

Die Analyse der Interviews wird im Kapitel Ergebnisse näher erläutert.

Page 55: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

45

4.3 Auswahl der TeilnehmerInnen

In dieser Arbeit wurde eine gesteuerte Stichprobenauswahl durchgeführt, da die

Qualität der PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West untersucht

werden soll. Das heißt, die TeilnehmerInnen wurden gezielt ausgewählt, da sie

über besondere Kenntnisse der Praxisanleitung verfügen und somit relevant für

diese Arbeit sind. Diese TeilnehmerInnen können der Autorin interessante Inhalte

vermitteln und ihre Erfahrungen zum Thema SchülerInnenanleitung mitteilen

(Burns & Grove 2005, S. 434; Polit & Beck 2012, S. 515). Mit den

PraxisanleiterInnen des LKH Graz Süd-West Standort West können die

Forschungsfragen beantwortet werden. Sie können der Autorin erzählen, wie sie

die Praxisanleitung durchführen, und wie, aus ihrer Sicht, die Anleitungsqualität

ihrer durchgeführten Anleitungen ist.

Nach Rücksprache mit dem Oberpfleger des LKH Graz Süd-West Standort West

wurden alle drei PraxisanleiterInnen des Hauses für die Interviews ausgewählt.

Die Stichprobengröße ist mit drei TeilnehmerInnen sehr klein. Da in diesem LKH

zurzeit nicht mehr PraxisanleiterInnen beschäftigt sind, findet sich hier trotzdem

eine TeilnhemerInnenquote von 100 %. Es sind derzeit zwei Praxisanleiterinnen

und ein Praxisanleiter im LKH Süd-West Standort West tätig. Sie arbeiten alle auf

unterschiedlichen Abteilungen. Der Praxisanleiter ist auf der Infektiologie A4

beschäftigt, eine Praxisanleiterin ist auf der Interdisziplinären Sonderklasse D2

tätig und die zweite Praxisanleiterin ist in der Ambulanz tätig, welche ebenfalls

interdisziplinär geführt wird. Eine Praxisanleiterin ist zwischen 20 und 30 Jahren

alt, eine Praxisanleiterin ist zwischen 40 und 50 Jahren alt und der Praxisanleiter

ist zwischen 30 und 40 Jahren alt. Auch die Praxiserfahrung ist mit 22 Jahren,

12 Jahren und 6 Jahren sehr unterschiedlich. Zwei PraxisanleiterInnen sind

bereits seit ihrer Diplomierung auf der gleichen Station tätig und eine

Praxisanleiterin hat die Stationen gewechselt. Zwei PraxisanleiterInnen haben ihre

Weiterbildung seit Ende 2010 und eine Praxisanleiterin hat die Weiterbildung seit

Ende 2013. Die genauen Charakteristika der teilnehmenden Personen sind in

Tabelle 2 aufgelistet.

Page 56: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

46

4.4 Setting

Das LKH Graz West wurde Ende 2002 in Betrieb genommen. Es bietet

Versorgung in den Abteilungen Interne, Chirurgie, Anästhesie, Pulmologie,

Pathologie und Radiologie. Am 1. Jänner 2015 wurde das LKH Graz West mit der

Landesnervenklinik Siegmund Freud zusammengelegt. Diese beiden Häuser

bilden nun den Verbund LKH Graz Süd-West und ist Teil der KAGes

(KAGes 2015). Die Interviews wurden zwei Mal im Sozialraum der Station C3

durchgeführt, da hier keine Störungen zu erwarten waren. Zudem war hier

ausreichend Platz für das Diktiergerät und die Interviewunterlagen, da ein großer

Tisch zur Verfügung steht. Ein Mal wurde das Interview im Büro der

Stationsleitung der Ambulanz durchgeführt, wodurch es allerdings einige Male zu

Störungen, von Seiten anderer Mitarbeiterinnen, kam. Sie wussten nicht, dass ein

Interview durchgeführt wurde und betraten den Raum, um Fragen zu

arbeitsrelevanten Themen an die Stationsleitung zu richten. Der zur Verfügung

stehende Tisch war klein, bot aber ausreichend Platz für das Aufzeichnungsgerät

und die Interviewunterlagen.

4.5 Datenanalyse

Laut Burns & Grove (2005) wird eine Analyse von Daten dazu eingesetzt, um

erhobene Daten zu beschreiben, wichtige Merkmale zu erheben und ihre

Beziehung untereinander darzustellen. Die qualitative Inhaltsanalyse läuft nicht so

starr ab, wie die quantitative Analyse, und wird daher umso mehr mit Theorien

gestützt. Die Ergebnisse müssen mit den bisherigen Forschungen verglichen

werden. Daher ist es wichtig, dass die Gütekriterien der qualitativen Forschung

eingehalten werden (Mayring 2015).

Die Analyse „erfolgt in drei Schritten: Beschreibung, Analyse und Interpretation“.

Zu Beginn werden bestimmte Kategorien gebildet und ihnen Codes, das sind

Abkürzungen, zugeordnet. Damit wird eine bessere Übersicht gewährleistet und

die Daten werden reduziert (Burns & Grove 2005, S. 439ff).

Laut Morse & Field sind für die Kodierung der Daten folgende drei Punkte von

Bedeutung: „1. All das, was sich im untersuchten Kontext abspielt, 2. die Formen,

Page 57: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

47

die ein Phänomen annimmt, 3. jegliche Variationen innerhalb eines Phänomens“

(1995, S. 136f, zitiert nach: Burns & Grove 2005, S. 442).

Burns & Grove (2005, S. 443f) fassen verschiedene Kodierungstechniken

zusammen. Einerseits kann die Kodierung manuell am Papier stattfinden oder die

Kodierung wird am Computer durchgeführt. Die Autorin dieser Arbeit führte eine

Kodierung am Papier durch, da sie dadurch eine bessere Übersicht hatte. Die

wichtigen Aussagen wurden farblich markiert. Durch Randbemerkungen können

Verbindungen zu anderen Textteilen hergestellt werden.

Mittels Analyse kann die Beschreibung ausgebaut werden und wichtige

Verbindungen oder Beziehungen deutlich gemacht werden. Wichtig für die

anschließende Analyse ist, dass Erkenntnisse oder neue Ideen rasch

aufgeschrieben werden und den Textpassagen zugeordnet werden, die sie

hervorriefen (Burns & Grove 2005, S. 444).

4.6 Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Die systematische Analyse von Inhalten beschäftigt sich nicht nur mit dem Inhalt,

sondern gleichermaßen mit der Kommunikation selbst, mit dem Inhalt und mit

Bildern oder Musik. Zudem soll die Inhaltsanalyse „Rückschlüsse auf bestimmte

Aspekte der Kommunikation […] ziehen“ (Mayring 2015, S. 12f). Um dies möglich

zu machen, ist es notwendig, die Kommunikation aufzuzeichnen und die Analyse,

anhand bestimmter Regeln, durchzuführen. Dazu wird ein Ablaufmodell

verwendet, mit dem die Analyse an das Datenmaterial angepasst wird. Die

Analyse ist bei jedem Forschungsgegenstand unterschiedlich, je nachdem wie die

Fragestellung ausfällt. Somit sind die Nachvollziehbarkeit und die Überprüfbarkeit

gewährleistet. Durch die Kategorienbildung werden die Nachvollziehbarkeit der

Vorgehensweise und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gesichert

(Mayring 2015, S. 50f).

Qualitative Analysen haben mehrere Schwerpunkte, an denen sich die Forschung

orientiert. Um Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Faktoren zu

beschreiben, werden Hypothesen gebildet, die zu Theorien weiterentwickelt

Page 58: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

48

werden können. Diese Aufgabe findet vor allem in der Soziologie ihre Anwendung.

Als weiteren Schwerpunkt können Pilotstudien genannt werden, in denen sich die

qualitative Analyse voll und ganz ausfalten kann. Es werden die gewünschten

Bereiche offen erforscht. Die Vertiefung ist ein weiterer Aufgabenbereich der

qualitativen Analyse, da dadurch bereits abgeschlossene Forschungen

weitergeführt werden. Diese Forschungen können bezüglich ihrer Informationen

ergänzt werden, oder diese Informationen können überprüft werden. Die

Einzelfallstudien erweisen sich in der heutigen Zeit als ein wichtiger Faktor der

qualitativen Methoden. Sie sind eine offene, deskriptive und interpretative

Methode kleine Stichproben zu untersuchen. Die Hauptaufgabe der qualitativen

Forschung sind Klassifizierungen, in denen das gesammelte Material nach

bestimmten Kriterien strukturiert beschrieben werden kann. Zudem sind

Klassifizierungen ein optimaler Ausgangspunkt für quantitative Forschungen

(Mayring 2015, S. 12ff).

Laut Mayring (2015) soll die qualitative Inhaltsanalyse nicht als Gegenstück der

quantitativen Analyse verstanden werden. Die Stärken der quantitativen

Forschung lassen sich in die Interpretation einbauen und die Texte können

qualitativ erarbeitet werden. Ein besonderer Vorteil der Inhaltsanalyse ist die

Analyse der Kommunikation, die durch die quantitativen Methoden weniger

beachtet wurden. Weiters ist die Regelgeleitetheit und das systematische

Vorgehen ein zentraler Punkt der qualitativen Inhaltsanalyse. Sie läuft nicht starr

ab, sondern richtet sich nach dem vorhandenen Material und der jeweiligen

Fragestellung. Die Analyse hält sich an ein vorab definiertes Ablaufmodell mit

einem erstellten Regelwerk, an das sich Schritt für Schritt gehalten werden soll.

Um ausreichende Nachvollziehbarkeit der Arbeitsschritte zu erlangen, ist es

notwendig, dass die Analyseeinheiten klar definiert werden. Mit der Definition des

zentralsten Elements der Analyse, dem Kategoriensystem, wird die

Nachvollziehbarkeit und die Vergleichbarkeit der interpretierten Ergebnisse

gewährleistet. Ziel ist es, Daten in Bezug auf ihre alltäglichen, aber auch auf ihre

wissenschaftlichen Strukturen hin, zu untersuchen, und in Bezug auf eine

spezifische Fragestellung hin zu interpretieren. Die verschiedensten Techniken

des Interpetierens lassen sich laut Mayring auf drei Grundformen zurückführen:

Zusammenfassung, Explikation, Strukturierung. Zusammenfassend meint, dass

Page 59: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

49

die Inhalte so reduziert werden, dass der Grundstock erhalten bleibt. Werden

unklare Begrifflichkeiten durch weiteres Material erweitert, und so verständlicher

gemacht, wird von Explikation gesprochen. Wird das vorhandene Material

aufgrund bestimmter Kriterien eingeschätzt und gefiltert, so spricht man von

Strukturierung. Die Strukturierung wird auch als „die zentralste inhaltsanalytische

Technik“ bezeichnet. Die Struktur wird durch das Kategoriensystem bestimmt und

durch die Fragestellung begründet. Häufig werden die erhobenen Daten durch die

Analyse der Einzelfälle interpretiert, da es offener erfolgen kann. Im Folgenden

werden die erhobenen Daten anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring

analysiert. Diese besteht aus diesen sechs Schritten:

1. Bestimmung des

Ausgangsmaterials

1.Festlegung des Materials

2. Analyse der Entstehungssituation

3. Formale Charakteristika des Materials

2. Fragestellung der Analyse 1. Richtung der Analyse

2. Theoriegeleitete Differenzierung der

Fragestellung

3. Bestimmung der Analysetechnik

4. Ablaufmodell der Analyse

5. Analyse anhand des Kategoriensystems

6. Interpretation der Ergebnisse anhand der Forschungsfrage

Tab. 1: Die Analyseschritte der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (eigene Darstellung in

Anlehnung an: Mayring 2015, S. 62)

4.6.1 Bestimmung des Ausgangsmaterials

Die Festlegung des Materials, das für die Analyse verwendet wird, muss zu

Beginn genau definiert werden. Hier wird zuerst die Grundgesamtheit

beschrieben, welche während der Analyse nicht erweitert werden sollte. Der

Stichprobenumfang muss, unter ökonomischen und repräsentativen Aspekten,

genau festgelegt werden. Die Stichprobe muss zudem nach einem bestimmten

Muster ausgewählt werden (Mayring 2015, S. 54f). In dieser Arbeit wurde die

gesteuerte Stichprobenauswahl verwendet. Wie in Tabelle 2 ersichtlich, wurde

Page 60: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

50

eine genaue Angabe des Alters nicht abgefragt, da dies für die Auswertung der

Daten nicht relevant erscheint.

Die Analyse der Entstehungssituation beschreibt genau, wie die Autorin zu den

gesammelten Daten gelangte. Vor allem wird beschrieben unter welchen

Bedingungen und soziokulturellen Hintergründen diese Daten entstanden. Zudem

soll definiert werden, welche Zielgruppe diese Daten produzierte. Der emotionale

und kognitive Handlungshintergrund der Forscherin ist auch von Bedeutung

(Mayring 2015, S. 55).

Die drei durchgeführten Interviews mit den PraxisanleiterInnen des LKH Graz Süd-

West Standort West wurden im Jänner und Februar 2015 in den Räumlichkeiten

des LKH durchgeführt. Diese wurden im Einvernehmen der InterviewparterInnen

ausgewählt. Es wurde somit für eine ruhige und vertraute Umgebung gesorgt. Die

Interviews dauerten 35 Minuten, 1 Stunde und 1 Stunde 10 Minuten. Diese

unterschiedlichen Interviewzeiten kamen aufgrund der unterschiedlichen

Sprechtempi und der unterschiedlichen Ausführungen der PraxisanleiterInnen

zustande. Die PraxisanleiterInnen haben eine unterschiedliche Dauer an

Praxiserfahrung, in Bezug auf das LKH Graz Süd-West Standort West und auch

insgesamt. Da die Forscherin in diesem LKH als Diplomierte Gesundheits- und

Krankenschwester tätig ist, konnte eine ungezwungene Interviewatmosphäre

hergestellt werden. Am Ende der Interviews konnten die PraxisanleiterInnen nicht

Gesagtes anmerken oder noch Fragen anbringen. In Tabelle 2 werden die

Charakteristika der Befragten zusammengefasst.

Bei den formalen Charakteristika des Materials wird definiert, in welcher Form

die zu analysierenden Daten vorliegen. Die Forscherin zeichnete die geführten

Interviews auf Tonband auf. Anschließend wurden die Gespräche mit Hilfe des

Transkriptionsprogramms f4 transkribiert und verschriftlicht, da ansonsten eine

Inhaltsanalyse nicht möglich ist. Diese Transkripte werden anhand festgelegter

Regeln nach Kuckartz et al. (2007) ausgeführt. Die Transkripte sind bei der

Autorin einzusehen. Die PraxisanleiterInnen wurden mittels Interviewcode PA1,

PA2 oder PA3 gekennzeichnet. Um die Anonymität zu gewährleisten, wurden alle

Daten, die einen Rückschluss auf eine bestimmte Person zulassen, anonymisiert.

Die Interviews wurden vollständig und wörtlich transkribiert, stilistisch geglättet und

Page 61: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

51

Dialektfärbungen größtenteils eingedeutscht, um die Lesbarkeit und

Verständlichkeit zu verbessern. Dies ist dann möglich, wenn der inhaltlich-

thematische Aspekt bei der Analyse im Vordergrund steht, wie es hier der Fall ist

(Mayring 2015, S. 55ff).

Code PA 1 PA 2 PA 3

Interview-

dauer

00:35:04 01:10:25 01:00:08

Berufs-

erfahrung

5,5 Jahre 11,5 Jahre 21,5 Jahre

Praxis-

anleiterIn

seit

1,5 Jahre 4,5 Jahre 4,5 Jahre

Sonstiges

-- -- Ausbildung zur

SchülerInnenanleiterin

in Karlsruhe vor der

Weiterbildung zur

Praxisanleiterin

Alter 20-30 Jahre 30-40 Jahre 40-50 Jahre

Geschlecht Weiblich Männlich Weiblich

Station D2 – interdisziplinär A4 – Infektiologie Ambulanz -

interdisziplinär

Tab. 2: Die Charakteristika der PraxisanleiterInnen

4.6.2 Fragestellung der Analyse

Die Fragestellung der Analyse ist eine wichtige Grundlage, da man wissen muss,

in welche Richtung die Analyse gehen soll. Es kann der Gegenstand, der im Text

behandelt wurde, untersucht werden oder aber auch die Wirkung des Textes auf

eine bestimmte Zielgruppe. Zudem kann auch nur der Text für sich analysiert

werden (Mayring 2015, S. 58). In dieser Forschungsarbeit soll der Gegenstand

des Textes untersucht werden, das Selbstbild der PraxisanleiterInnen. Die

befragten PraxisanleiterInnen wurden zur Vorgehensweise bei

Anleitungssituationen von SchülerInnen befragt, sowie zur Selbsteinschätzung der

Page 62: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

52

Qualität ihrer Anleitung. Es wurde auch die persönliche Erfahrung mit der

SchülerInnenanleitung sowie den Rahmenbedingungen eruiert, da es sich hier um

ein emotionales Thema handelt.

Die theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung bedeutet, dass die

Ergebnisse an die bereits gewonnenen Erfahrungen anderer ForscherInnen

anknüpfen können. Zudem wurde zu Beginn dieser Arbeit eine Literaturrecherche

zu diesem bestimmten Gegenstand durchgeführt. Die Recherche und die

Erstellung eines Interviewleitfadens orientierten sich an den zu Beginn

formulierten Forschungsfragen: Anhand welcher Kriterien führen die

PraxisanleiterInnen die Praxisanleitung durch? Wie qualitativ hochwertig

beschreiben die PraxisanleiterInnen ihre Anleitungen?

4.6.3 Bestimmung der Analysetechnik

Um die Analyse für andere nachvollziehbar und überprüfbar zu machen, wird die

Analysetechnik bestimmt. Somit ist es möglich, die Interpretation der Daten Schritt

für Schritt durchzuführen. Diese Struktur wird bereits im Vorfeld festgelegt. In

dieser Arbeit wird die strukturierende, inhaltsanalytische Technik verwendet, um

somit eine bestimmte Struktur aus den Daten zu filtern. Durch diese präzise

Aufstellung der Vorgehensweise wird sie übertragbar auf andere Gegenstände,

und wird so zur wissenschaftlichen Methode (Mayring 2015, S. 61, 97).

Zunächst werden dazu die Analyseeinheiten genau festgelegt. Die Kodiereinheit

bestimmt den kleinsten Bestandteil der Daten, welcher ausgewertet werden darf.

Es handelt sich um den kleinsten Nenner, der einer Kategorie zugeordnet werden

darf. Die Kontexteinheit bestimmt den größten Bestandteil, der einer Kategorie

zugeordnet werden darf. Die Auswertungseinheit legt die Reihenfolge fest, nach

der die Textteile ausgewertet werden.

Die Erarbeitung eines Kategoriensystem ist der zentrale Punkt, welches in

Wechselbeziehung zwischen der Theorie und dem auszuwertenden Material

entsteht. Das Kategoriensystem wurde in dieser Arbeit durch induktive

Kategorienbildung nach Mayring (2015) erstellt.

Page 63: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

53

4.6.4 Ablaufmodell der Analyse

Mit dem Ziel, eine bestimmte Struktur aus den vorhandenen Daten zu filtern,

wurde die strukturierende, inhaltsanalytische Technik nach Mayring (2015)

angewandt. Durch ein erarbeitetes Kategoriensystem wird das Material

strukturiert, indem die entsprechenden Textbestandteile den passenden

Kategorien systematisch zugeordnet werden. Die Strukturdimensionen müssen

theoretisch begründet werden und aus der Fragestellung abgeleitet werden. Das

Kategoriensystem wird in Hauptkategorien und dementsprechenden

Unterkategorien eingeteilt. Je nach den gewünschten Inhalten und der Theorie,

die im Vorfeld gesichtet wird, wird das Kategoriensystem aufgestellt. Welche

Textbestandteile den Kategorien zugeordnet werden, wird im Vorfeld genau

definiert. Hierzu eignen sich drei Schritte aus der Allgemeinen Psychologie. Durch

die Definition der Kategorien wird definiert, welche Textbestandteile unter eine

Kategorie fallen. Zudem müssen sogenannte Ankerbeispiele aus dem Text

gefiltert werden, die unter diese Kategorie fallen und als Beispiele dafür dienen

können. Treten Probleme auf bei der genauen Zuordnung zu einer Kategorie,

werden Kodierregeln definiert, die eine Zuordnung ermöglichen. Diese Schritte

sind elementar für die strukturierende Inhaltsanalyse. Um zu erurieren, ob die

Kategorien passend sind, wird in einem Durchgang erprobt, ob die Daten

eindeutig zugeordnet werden können. Dieser Durchgang wird in zwei Schritten

durchgeführt. Zuerst werden die passenden Textstellen einer Kategorie

bezeichnet, entweder durch Nummerierung oder durch farbliche Markierung. Im

nächsten Schritt werden die markierten Textstellen je nach Ziel der Strukturierung

herausgefiltert. Normalerweise findet nach diesem ersten Durchgang eine

Überarbeitung oder eine teilweise Neugestaltung des Kategoriensystems und

seinen Definitionen statt. Anschließend werden erneut die passenden Textstellen

markiert, den Kategorien zugeordnet und strukturiert (siehe Abbildung 4)

(Mayring 2015).

Page 64: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

54

Abb. 4: Das Ablaufmodell inhaltlich-strukturierender Inhaltsanalyse (Mayring 2015, S. 98ff)

1. Schritt: Bestimmung der Analyseeinheiten

2. Schritt: Festlegung der Hauptkategorien

3. Schritt: Zusammenstellung des Kategoriensystems

4. Schritt: Formulierung von Definitionen, Ankerbeispielen und Kodierregeln zu den einzelnen Kategorien

5. Schritt: Materialdurchlauf: Fundstellenbezeichnung

6. Schritt: Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen

7. Schritt: Überarbeitung, ggf. Revision der Kategoriensysteme und Definitionen

8. Schritt: Paraphrasierung des extrahierten Materials

9. Schritt: Zusammenfassung pro Kategorie

10. Schritt: Zusammenfassung pro Hauptkategorie

Page 65: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

55

4.6.5 Analyse anhand des Kategoriensystems

Je nachdem, welches Ziel mit der strukturierenden Inhaltsanalyse verfolgt wird,

wird zwischen der formalen, der inhaltlichen, der typisierenden und der

skalierenden Strukturierung unterschieden. In dieser Masterarbeit werden die

Daten inhaltlich strukturiert, da das Material auf ein bestimmtes Thema und den

Inhalt hin untersucht wird (Mayring 2015; S. 97ff). Wurden die Daten anhand des

Kategoriensystems bearbeitet, werden die Daten paraphrasiert und zuerst pro

Unterkategorie und anschließend pro Hauptkategorie zusammengefasst. Dabei

darf das Material nur soweit minimiert werden, dass die wesentlichen Aussagen

erhalten bleiben (Mayring 2015).

4.6.6 Interpretation der Ergebnisse anhand der Forschungsfrage

Im letzten Schritt werden die Ergebnisse in Bezug auf die Forschungsfragen

dargestellt und unter Berücksichtigung der qualitativen Gütekriterien aufbereitet

und interpretiert. Die Interpretation dieser Ergebnisse soll sich auf den Nutzen für

die klinische Praxis konzentrieren (Burns & Grove 2005, S. 447).

4.7 Anwendung der Gütekriterien

Sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden müssen bezüglich ihrer Reliabilität

(Zuverlässigkeit) und ihrer Validität (Gültigkeit) kritisch bewertet werden, um ihre

Tauglichkeit zu beurteilen (Burns & Grove 2005, S. 52; Mayring 2015, S. 123).

Diese werden auch als die klassischen Gütekriterien bezeichnet und haben bei

quantitativer sowie qualitativer Forschung ihre Gültigkeit. Die Reliabilität der

Messmethode sagt aus, wie genau das Instrument eine Variable misst. Durch die

Validität kann ausgesagt werden, ob das Instrument auch das misst, was es

messen soll. Nach Krippendorff werden einige Möglichkeiten genannt, die zu einer

unzureichenden Reliabilität führen können. Erstens könnten die Fundstellen

Probleme bereiten, indem sie sich vom restlichen Material unterscheiden. Zudem

könnte es durch die Analytikerin zu Nicht-Reliabilität kommen, dies kann aber

durch die Analyse eines zweiten Forschers verhindert werden. Oder die einzelnen

Kategorien lassen keine eindeutige Zuordnung der Textstellen zu, hier müssten

Page 66: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

56

die Definitionen geändert werden. Der vierte Punkt, durch den Probleme mit der

Reliabilität auftauchen können, ist das Kategoriensystem selbst. Es könnte

notwendig sein, dass mehrere Kategorien zusammengefasst werden müssen, um

ein exakteres Ergebnis zu erzielen (Mayring 2015, S. 123, 128).

Die Exaktheit (Rigor) einer qualitativen Studie darf nicht mit der Exaktheit der

quantitativen Forschung verwechselt werden, da das gewünschte Ergebnis beider

Forschungsrichtungen unterschiedlich ist. Mit Exaktheit in der qualitativen

Forschung ist Offenheit und Sorgfalt bei der Datensammlung und die

Berücksichtigung aller Daten gemeint (Burns & Grove 2005, S. 454).

Die Glaubwürdigkeit der Daten wird häufig in Frage gestellt, da die Ergebnisse

einer Studie schwer zu replizieren sind, auch wenn man den gleichen Datensatz

zur Verfügung hat. Daher wurde von Guba und Lincoln (1982) eine Strategie

entwickelt, die die Nachprüfbarkeit von Studien erleichtern sollte. Es handelt sich

um einen Entscheidungspfad, der erfordert, dass alle Regeln, die bei der

Erstellung eines Kategoriensystems verwendet wurden, auch aufgezeichnet

werden. Lincoln und Guba entwickelten vier Kriterien, die die Zuverlässigkeit der

Daten und Nachprüfbarkeit von Studien fördern sollen: Glaubwürdigkeit

(Credibility), Verlässlichkeit (Dependability), Nachvollziehbarkeit (Cofirmability)

und Übertragbarkeit (Transferability). Diese vier Punkte sind die qualitativen

Gegenstücke zu den quantitativen Gütekriterien interne und externe Validität,

Reliabilität und Objektivität (Burns & Grove 2005, S. 455; Polit & Beck 2012,

S. 582ff).

Das oberste Ziel von qualitativer Forschung ist für Lincoln und Guba die

Glaubwürdigkeit. Sie ist dann gegeben, wenn die Ergebnisse das wiederspiegeln,

was die TeilnehmerInnen der Studie auch wiedergeben wollten. Die dargestellten

Ergebnisse sind zuverlässig.

Die Verlässlichkeit bezieht sich auf die Stabilität der Daten über eine gewisse

Zeitspanne. Es muss gewährleistet sein, dass bei Replikation der Forschung mit

den gleichen Daten die gleichen Ergebnisse erzielt werden können. Die

Glaubwürdigkeit kann ohne Verlässlichkeit nicht erzielt werden.

Repräsentieren die erhobenen Daten die Informationen der Befragten, spricht man

auch von Nachvollziehbarkeit. Zudem dürfen die Interpretationen nicht durch die

InterviewerInnen verändert werden. Die Motivationen, die Perspektiven oder die

Page 67: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

57

Fehlerquellen durch die InterviewerInnen dürfen nicht in die Ergebnisse der

Datenauswertung gelangen.

Die Übertragbarkeit der Daten in andere Settings oder Kontexte wird von

jeder/jedem ForscherIn angestrebt, wodurch eine ausreichende Beschreibung der

Methodik notwendig ist (Polit & Beck 2012, S. 584f).

4.8 Ethische Aspekte

Die Durchführung der Interviews und die anschließende Auswertung der Daten

wurde unter Einhaltung der Menschenrechte durchgeführt. Die

InterviewpartnerInnen konnten selbständig bestimmen wann und wo das Interview

stattfindet. Sie wurden über die Einhaltung der Anonymität, sowie der

vertraulichen Behandlung ihrer personenbezogenen Daten informiert. Alle

InterviewteilnehmerInnen wurden fair behandelt und vor Belastungen und

Schaden geschützt, da das Interview keinerlei Auswirkungen auf sie selbst hatte

oder haben wird (Burns & Grove 2005, S. 190).

Die PraxisanleiterInnen nahmen freiwillig an den Interviews teil. Nachdem die

Inteviewerin eine informierte Zustimmung erhielt, wurde mit dem Interview

begonnen. Die wesentlichen Inhalte der Studie wurde den TeilnehmerInnen

bereits beim ersten E-Mail Kontakt schriftlich erläutert. Beim Interviewtermin

wurden sie erneut mündlich über Ziel und Zweck der Interviews aufgeklärt. Auf

Nachfrage gaben die TeilnehmerInnen an, diese Informationen verstanden zu

haben. Zu diesem Zeitpunkt wurden sie auch über die Möglichkeit des

jederzeitigen Ausstiegs aus den Interviews informiert und über die Anonymität und

die Vertraulichkeit der personenbezogenen Daten. Zudem erläuterte die

Forscherin, dass die aufgezeichneten Interviews nur von ihr selbst bearbeitet

werden, und dass die gewonnenen Daten von fremden Personen nicht einsehbar

sind. Die informierte Zustimmung wurde von der ersten Interviewpartnerin

mündlich und von den anderen TeilnehmerInnen schriftlich eingeholt

(Burns & Grove 2005, S. 203).

Page 68: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

58

5. Ergebnisse

Im nächsten Schritt wurden aus dem eruierten Kategoriensystem jeweils drei

Hauptkategorien mit insgesamt zehn Subkategorien gebildet. Alle Unterkategorien

werden aus Sicht der PraxisanleiterInnen bearbeitet und erläutert. Bei der

Ergebnisdarstellung werden zu den Hauptkategorien Ankerbeispiele aus den

Interviews formuliert, die mit der jeweiligen Codenummer der PraxisanleiterInnen,

dem Absatz aus dem Interview, sowie der Zeilennummer versehen werden. Die

Ankerbeispiele werden durch kursive Schriftart und Anführungszeichen kenntlich

gemacht.

Hauptkategorie Unterkategorie

I: Intention für die

Praxisanleitung

1. Gründe für die Weiterbildung

2. Möglichkeiten für Anleitungssituationen

II: Einflussfaktoren auf die

Praxisanleitung

1. Negative Einflüsse auf die Praxisanleitung

2. Positive Einflüsse auf die Praxisanleitung

3. Theorie-Praxis-Transfer:

Umsetzungsmöglichkeiten durch die

PraxisanleiterInnen

4. Zusammenarbeit mit der Schule

5. Verwendung von Methoden bei der

Praxisanleitung

6. Verwendung von Instrumenten bei der

Praxisanleitung

III. Qualität der Praxisanleitung 1. Qualität der momentan durchgeführten

Praxisanleitung

2. Kriterien für qualitativ hochwertige

Praxisanleitung

Tab. 3: Die Aufstellung der Kategorien

Page 69: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

59

5.1 Intentionen für die Praxisanleitung

Die erste Hauptkategorie „Intention für die Praxisanleitung“ besteht aus drei

Subkategorien, die sich mit der Motivation der PraxisanleiterInnen bezüglich

Anleitungssituationen beschäftigt. Auffallend ist, dass, trotz der unterschiedlichen

Altersdekaden der PraxisanleiterInnen, die Beweggründe für die Absolvierung der

Weiterbildung ähnlich sind. Alle drei PraxisanleiterInnen wurden von ihrer

Stationsleitung erstmals von der Weiterbildung zum/zur PraxisanleiterIn informiert.

Anschließend konnten sie sich überlegen, ob sie diese Weiterbildung antreten

wollten.

„Das war damals, da ist einfach gefragt worden, wer Interesse daran hätte, äh,

also mit den Praktikanten zu arbeiten. Und dann ist eben für die

Praxisanleiterausbildung wer gesucht worden.“ (PA 2, Abs. 18, Z. 1-3)

„Und da im Haus bin ich dann angesprochen worden, dass ich die

Praxisanleiterausbildung machen soll und hab‘ das dann auch gemacht.“ (PA 3,

Abs.6, Z. 8-10).

Für alle PraxisanleiterInnen bedeutet die Anleitung von SchülerInnen in der Praxis,

sich um die SchülerInnen zu kümmern und sie bei der Erreichung ihrer im Vorfeld

definierten Ziele für das Praktikum zu unterstützen. Zudem ist es für die

PraxisanleiterInnen wichtig, den SchülerInnen einE AnsprechpartnerIn in

schwierigen Zeiten zu sein. Die Förderung der Selbständigkeit im Arbeiten sowie

der Eigenverantwortung ist ein weiterer wichtiger Punkt, den die

PraxisanleiterInnen als elementar für die spätere Arbeit auf der Station sehen. Die

SchülerInnen sollen im Stationsalltag integriert werden und nicht im Alleingang

arbeiten. Ziel der PraxisanleiterInnen ist es, die SchülerInnen optimal auf die

Praxis vorzubereiten, und ihnen zu ermöglichen, ihr theoretisch erworbenes

Wissen in die Praxis umzusetzen.

5.1.1 Gründe für die Weiterbildung

Einer der Hauptgründe, warum sich die Diplomierten Gesundheits- und

KrankenpflegerInnen dazu bereit erklärt hatten, die Weiterbildung zur

PraxisanleiterIn zu absolvieren, war, dass sie alle Spaß daran haben, mit den

Page 70: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

60

SchülerInnen zu arbeiten. Zudem kommt die intrinsische Motivation den

SchülerInnen Neues zu lernen.

„Ich war schon immer recht motiviert den Neuen etwas zu lernen.“ (PA 1, Abs. 12,

Z. 2-3)

„Es war schon damals von mir ein Ziel, dass eigentlich die Schüler auch etwas

lernen sollen, und es ihnen gut gehen soll.“ (PA 2, Abs. 18, Z. 5-7)

Eine Praxisanleiterin wurde von ihren KollegInnen dazu motiviert, die

Weiterbildung zu machen. Sie meinten, dass sie gut dafür geeignet sei. Sie erhielt

auch von den Auszubildenden und den PatientInnen positives Feedback in Bezug

auf die Anleitungssituationen und das motivierte sie für die Weiterbildung.

Eine Praxianleiterin machte als Schülerin schlechte Erfahrungen in ihrer

praktischen Ausbildung, da sie keine MentorInnen zur Verfügung hatte. Daher

hatte sie persönliche Motivationsgründe die Weiterbildung zu machen, und sich

um ihre SchülerInnen zu kümmern. Ihr Ziel ist es, während des Praktikums für ihre

SchülerInnen da zu sein.

„Ich hab‘ mich schon immer dafür interessiert, weil meine Erfahrung als Schülerin

nicht immer klasse war. Und ich nie einen Mentor eigentlich gehabt habe. […] Und

dann habe ich mir gedacht, ich werde mich um die Schüler, die zu mir kommen,

kümmern. So gut wie ich es kann, und das hat mir auch gefallen.“ (PA 3, Abs. 6,

Z. 2-6)

Ein Praxisanleiter äußerte, dass die SchülerInnen nicht als Hilfsdienst oder als

Ersatz für fehlendes Pflegepersonal eingesetzt werden dürfen. Es soll ihnen

möglich sein, ihr, in der Schule, erworbenes theoretisches Wissen, mit Hilfe der

ausgebildeten Fachkräfte, in die Praxis umsetzen zu können. Mit der

Weiterbildung erhoffte sich der Praxisanleiter, diesen schwierigen Weg mit den

SchülerInnen besser durchführen zu können, und ihnen das notwendige Wissen

besser vermitteln zu können.

„Ich habe es auch im Praktikum oft gesehen, du wirst oft hergenommen nur als (..)

Ersatz für jemand anderen, also zum Arbeiten. Und es war mir ein Bedürfnis oder

Anliegen, dass ich einmal meine Praktikanten nicht nur dazu hernehme, nur

Page 71: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

61

Blutdruck zu messen oder die Grundversorgung aufrecht zu halten, sondern, dass

sie auch ihr theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen können. Und nicht nur

nebenbei als Hilfsdienst zu arbeiten. […] Und weil ich mir dann auch gedacht

habe, wenn ich die Ausbildung habe, kann ich das irgendwie den Schülern auch

besser vermitteln.“ (PA 2, Abs. 18, Z. 7-16)

Zwei PraxisanleiterInnen sehen einen weiteren Grund, warum sie die

Weiterbildung absolvierten darin, dass sie den SchülerInnen das eigenständige

Arbeiten vermitteln wollen. Die SchülerInnen müssen lernen, einen Rundumblick

zu haben und sehen, wenn es PatientInnen nicht gut geht. Zudem lassen sich

manche SchülerInnen zu jeder Tätigkeit hinführen und delegieren. Die

PraxisanleiterInnen möchten die SchülerInnen so ins Team integrieren, dass sie

möglichst selbständig arbeiten können, damit sie im späteren Berufsleben nicht

hilflos und verloren sind.

„Und das war auch ein Grund, warum ich eben den Praxisanleiter gemacht habe.

Sie sollen wirklich lernen zu erkennen, wie schaut ein Patient aus, wenn er diese,

diese oder diese Symptome hat. Und nicht nur, dass sie da jetzt ihre normale

Arbeit machen.“ (PA 2, Abs. 219, Z. 14-7)

Eine Praxisanleiterin empfindet sich selbst als streng und mit gutem

Einfühlungsvermögen. Dadurch sah sie sich selbst als gute AnleiterIn für die

SchülerInnen und wollte die Weiterbildung absolvieren. Zudem sieht sie die

Strenge, die sie den SchülerInnen entgegenbringt, als positiv. Die Auszubildenden

haben durch die bessere Basis, die sie im Praktikum durch sie erwerben, einen

erleichterten Einstieg in ihr Berufsleben.

5.1.2 Möglichkeiten für Anleitungssituationen

Häufig werden von den PraxisanleiterInnen praktische Tätigkeiten aus dem

Pflegealltag als mögliche Anleitungssituationen erwähnt. Bei der Auswahl der

Tätigkeiten wird kein Unterschied gemacht, ob es sich um SchülerInnen aus dem

ersten Ausbildungsjahr oder aus dem zweiten oder dritten Ausbildungsjahr

handelt. JedeR soll die Möglichkeit erhalten, die Vielfalt der Anleitungssituationen

auf den Stationen auszuprobieren. Je nachdem welchen Ausbildungsstand die

Page 72: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

62

SchülerInnen haben, wird bei der Vor- und Nachbereitung ein Unterschied

gemacht und mehr oder weniger intensiv angeleitet.

„Einen Unterschied mache ich nicht. Aber ich vergewissere mich vorher, inwieweit

hat der das vorher schon einmal gesehen oder hat es gemacht oder hat es in der

Theorie gelernt. […] Also ich muss sagen, ich vergewissere mich halt bei einem

ersten Ausbildungsjahr noch mehr, als bei einem dritten Ausbildungsjahr. […] Und

ich schaue mir das schon einmal an.“ (PA 2, Abs. 136, Z. 1-7)

„Wenn der jetzt im ersten Ausbildungsjahr schon so geschickt ist, muss er jetzt

nicht nur Blutdruckmessen und die Grundpflege beherrschen. (..) Weil vielleicht

sieht er einen Verbandswechsel, so einen, gar nicht mehr.“ (PA 2, Abs. 2, Z. 5-7)

„Der Schüler, wenn er vom zweiten Ausbildungsjahr ist, der kann genauso

technisch TOP sein. Ja, der kann vielleicht ein Mal zuschauen beim BVWK4 legen

und das zweite Mal mute ich ihm schon zu, dass er das selber macht mit Hilfe

oder unter Anleitung oder mit Assistenz. Und das dritte Mal bereitet der Schüler

alles vor und ich komm‘ dann nur mehr zum Assistieren hinzu.“ (PA 3, Abs. 32,

Z. 16-20)

„Das hängt auch immer vom Schüler ab. Wie der drauf ist. Ob er ein gutes

Basiswissen hat. Was er mitbringt. Was er schon gemacht hat.“ (PA 3, Abs. 36,

Z. 1-2)

Gut geeignet für Anleitungssituationen sind die alltäglichen Arbeiten auf der

Station. Aber auch die außergewöhnlichen Tätigkeiten eignen sich für die

Praxisanleitung. Vor allem wecken diese Tätigkeiten das Interesse der

SchülerInnen und ihre eigene Motivation kann gesteigert werden. Zum Beispiel

können die SchülerInnen auf der Internen die Grundversorgung der PatientInnen

erlernen oder verfestigen. Auch das Legen eines Blasenverweilkatheters oder die

Durchführung verschiedenster Verbandswechsel werden von den

PraxisanleiterInnen als Anleitungssituationen genutzt. Je nach Ausbildungsjahr

steht die Assistenz oder die Durchführung im Vordergrund. Im Ambulanzbereich

steht die Grundpflege der PatientInnen im Hintergrund, hier werden die

Akutbehandlungen durchgeführt. Die Anleitungen finden bei allen

4 BVWK = Blasenverweilkatheter

Page 73: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

63

PraxisanleiterInnen geplant oder spontan statt. Meist ist die Anleitung in den

Stationsalltag integriert, da zu wenig Zeit für externe Anleitungen zur Verfügung

ist. Selten werden die SchülerInnen einer Station zusammengefasst und eine

Gruppenanleitung durchgeführt. Dies ist im Ambulanzalltag noch einfacher als auf

der Station.

Auch aus einer Notfallsituation heraus, führen manche PraxisanleiterInnen im

Anschluss eine Art Praxisanleitung durch. Die Situation wird nachbesprochen und

wichtige Details erläutert, um die Sicht der SchülerInnen auf Notfälle zu schärfen.

„Geplante Anleitungen, da kann schon einmal sein, dass das verschoben wird

durch einen Notfall. Aber dann disponier‘ ich um, und dann schnapp‘ ich mir die

Schülerin und wir versorgen den Notfall – soweit das im Rahmen bleibt. Zwei

Schwestern und ein Schüler versorgen den Notfall und dann wird das als

Anleitung genommen und DAS wird dann nachbesprochen.“ (PA 3, Abs. 117,

Z. 1-6)

Wichtig für die PraxisanleiterInnen ist zudem, dass die SchülerInnen nicht nur in

den Stationsalltag einsehen können, sondern, dass sie auch die Untersuchungen

mitansehen können, die ihre PatientInnen haben. Denn nur so können sie den

Hintergrund ihrer Tätigkeiten verstehen, wenn sie auch wissen, wie die

Untersuchungen ablaufen. Die SchülerInnen können die Vorsorgemaßnahmen

durchführen und nach der Untersuchung veranlassen sie die geeigneten

Nachsorgemaßnahmen. Durch die persönliche Erfahrung verstehen sie besser,

warum sie welche Maßnahme treffen müssen. Somit sind sie optimal in den

Behandlungsprozess der PatientInnen eingebunden.

„Sie sollen die Untersuchungen sehen. Da nehme ich das schon wieder als

Teilanleitung her und sage, schaut euch an, vorher, was ist das für eine

Untersuchung, warum mache ich so eine Untersuchung. […] Und dann mache ich

dort noch eine kurze Nachbesprechung. Wie ist das unten abgelaufen?“ (PA 2,

Abs. 134, Z. 26-37)

Page 74: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

64

5.2 Einflussfaktoren auf die Praxisanleitung

Im folgenden Kapitel wird das Thema Einflussfaktoren auf die Praxisanleitung

behandelt. Es sollen die positiven sowie negativen Aspekte aufgezeigt werden, die

die Praxisanleitungssituationen beeinflussen und somit erschweren oder

erleichtern. Ein großer negativer Faktor, der bei den Interviews immer wieder zur

Sprache kam, ist die mangelnde Zeit, die für die Praxisanleitungen zur Verfügung

steht.

„Aber es ist immer halt eine Zeitfrage auch. (..) Ist leider so.“ (PA 2, Abs. 249,

Z. 10)

Als positiv wird generell die Unterstützung bei der Praxisanleitung durch

KollegInnen gesehen, welche bei allen drei PraxisanleiterInnen vorhanden ist.

Zudem wird aufgezeigt, wie der Theorie-Praxis-Transfer auf den Stationen

funktioniert. Ein wichtiger Teil des Theorie-Praxis-Transfers ist die

Zusammenarbeit mit der Schule und den jeweiligen LehrerInnen, die die

praktische SchülerInnenanleitung (pSA) durchführen.

Die Vorbereitung der Praxisanleitungssituationen ist notwendig, um diese

kompetent durchführen zu können. Alle PraxisanleiterInnen haben sich bereits

eine spezielle Struktur für ihre Anleitungen festgelegt. Die, in der Literatur

beschriebenen Methoden und Instrumente werden kaum verwendet.

Eine wichtige Eigenschaft, die von den PraxisanleiterInnen aufgebracht werden

sollte, ist Geduld. Nicht alle SchülerInnen haben den gleichen Ausbildungsstand

und müssen daher unterschiedlich betreut und angeleitet werden. Funktioniert

eine Anleitung nicht beim ersten Mal, dann muss die anleitende Person so

geduldig sein, dass sie dem/der SchülerIn dies auch mehrmalig erklärt. Vor allem

dürfen die SchülerInnen nicht von Anfang abgestempelt werden. JedeR hat eine

zweite Chance verdient und sollte diese auch erhalten. Durch eine neue

Umgebung können die SchülerInnen rasch eingeschüchtert werden und müssen

auch bei der Einarbeitung ins Team unterstützt werden.

„Und wenn man das vielleicht schon einmal gehört hat, dann kommt das wieder

und dann verfestigt sich das dann nach mehrmaligem Hören oder Wiederholen.“

(PA 3, Abs. 46, Z. 2-3)

Page 75: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

65

„Und was ich gar nicht mag, wenn ein Schüler gleich von Anfang an abgestempelt

wird. Also das ist für mich, weil wenn einer im ersten Ausbildungsjahr kommt, das

erste Praktikum (…) und nach ein zwei Tagen sagen sie, mein Gott der ist für

nichts, weil der die Arbeit nicht gleich sieht, dann bekomme ich so einen Hals.“

(PA 2, Abs. 144, Z. 2-5)

5.2.1 Negative Einflüsse auf die Praxisanleitung

Auch wenn die PraxisanleiterInnen bereits einige Jahre Erfahrung im Pflegeberuf

mitbringen, treten immer wieder Ereignisse auf, die ihre Tätigkeit als

PraxisanleiterInnen negativ beeinflussen. Einer der größten negativen

Einflussfaktoren auf Anleitungssituationen ist der, von allen Interviewten erwähnte,

Zeitfaktor. Im LKH Graz Süd-West Standort West sind zurzeit drei

PraxisanleiterInnen für zehn Stationen tätig. Das heißt, pro PraxisanleiterIn sind

bis zu vier Stationen zu betreuen.

„Meine Kollegen sind eh schon relativ gut drauf, aber auf die anderen zwei

Stationen komme ich so gut wie nie. Ich versuch’s zwar aber es fehlt halt auch die

Zeit. Ich muss ja alles nebenbei machen. Und immer geht es auch nicht. Ja die

Zeit ist relativ wenig für die Schüler. “ (PA 1, Abs. 16, Z. 20-23)

„Ich bin ja nicht nur für eine Station sondern für zwei weitere Stationen der

Praxisanleiter und da könnt‘ ich mich dann, da könnt‘ ich präsenter sein vielleicht.“

(PA 3, Abs. 137, Z. 2-4)

Zum Teil wissen die SchülerInnen nicht, an welcheN PraxisanleiterIn sie sich bei

Bedarf wenden können, da auf ihrer Station keineR tätig ist.

Aufgrund des Zeitmangels leidet auch der Informationsaustausch unter den

PraxisanleiterInnen. Die Treffen finden spärlich statt und das notwendige

Aufarbeiten von SchülerInnenfeedback bleibt aus.

„Es wäre schon gut, wenn wir uns öfter zusammensitzen würden. Was so los ist

im Haus und was wir anders machen könnten.“ (PA 1, Abs. 16, Z. 4-6)

Da die Praxisanleitungen meistens in den Stationsalltag integriert werden, ist es

manchmal mühsam, die Anleitungen qualitativ hochwertig zu gestalten.

Page 76: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

66

„Immer habe ich die Zeit (.) und die RESSOURCEN auch nicht. Aber ich probier’s

so gut wie möglich zu machen.“ (PA 2, Abs. 219, Z. 8-9)

„Ist einmal wirklich viel los, dann läuft halt die Anleitung nicht so. Dann sind sie

halt doch Mitläufer.“ (PA 3, Abs. 109, Z. 4-5)

Nicht nur der stressige Stationsalltag ist beim Zeitfaktor von Bedeutung. Auch die

Anzahl der SchülerInnen, die von einer Pflegeperson zu betreuen sind,

beeinflussen die Anleitungssituationen. Je mehr SchülerInnen von einer Person

betreut werden, desto weniger Zeit bleibt für den/die einzelneN. Werden mehrere

SchülerInnen von einer Pflegeperson betreut, können die Ziele nicht mehr

individuell verfolgt werden und der Stresspegel steigt bei beiden Parteien. Die

SchülerInnenbetreuung ist vor allem bei Auszubildenden, die sehr schüchtern sind

und wenig fordern, schwierig. Sie werden in einem Schwarm an SchülerInnen

leicht übersehen und die PraxisanleiterInnen gehen in solchen Situationen eher

auf fordernde SchülerInnen ein.

„Ich meine jetzt haben wir sieben Schüler, wenn ich alle sieben habe das geht

nicht. Das ist ja auch keine Qualität, wie ich kann die nicht einmal richtig beurteilen

weil ich kann die alle sieben nicht überblicken.“ (PA 2, Abs 175, Z. 2-4)

„Negativ (..) das ist einmal, das Zeitmanagement. Was noch ab und zu negativ ist,

wenn du VIELE Schüler und Praktikanten auf Station hast. Weil wenn ich viele

betreuen muss, oder viele habe, dann bleiben halt zwei, drei am Tag auf der

Strecke. Weil ich kann mich nicht um fünf, sechs gleichzeitig kümmern. […] Der

eher schüchterne Typ, bleibt halt dann meistens auf der Strecke. Einer der halt

mehr fordert, der wird halt mehr kriegen.“ (PA 2, Abs. 291, Z. 2-10)

„Und jetzt haben wir wieder eine die Diplomprüfung hat. Die braucht halt wieder

ein bisschen mehr, als der vom ersten Jahr.“ (PA 2, Abs. 142, Z. 4-5)

Ein weiteres Problem in Zusammenhang mit dem Zeitmanagement sind die

sinkenden Personalressourcen und die Personalfluktuation. Vor allem in Zeiten mit

vielen Krankenständen wird die Praxisanleitung zur Herausforderung. Jährlich

absolvieren ein bis zwei Pflegekräfte die Weiterbildung Praxisanleitung, aber

durch den Personalwechsel bleibt die geringe Anzahl an PraxisanleiterInnen

konstant.

Page 77: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

67

Als kritisch zu sehen sind die Beurteilungen der SchülerInnen durch die

PraxisanleiterInnen. Zu Beginn wurden alle SchülerInnen der Stationen auf die

jeweiligen PraxisanleiterInnen abgetreten und die diplomierten Gesundheits- und

KrankenpflegerInnen führten keine Beurteilungen mehr durch. Es wurde

angenommen, dass die PraxisanleiterInnen, aufgrund ihrer Weiterbildung,

vollständig für die SchülerInnen zuständig sind. Viele Pflegepersonen haben

Angst, die SchülerInnen zu beurteilen, da sie es nie gelernt haben. Diese Angst

führte ebenfalls zum Abschieben der SchülerInnen an die PraxisanleiterInnen.

Durch Schulungen durch die PraxisanleiterInnen zum Beurteilungsmodus sinkt die

Angst der diplomierten Pflegepersonen und die Qualität der Beurteilungen steigt.

„Sie haben geglaubt, ich bin jetzt der Praxisanleiter und ich mach‘ jetzt alle

Schüler.“ (PA 3, Abs. 151, Z. 2)

„Als Praxisanleiter tu‘ ich ja jetzt auch nicht lieber beurteilen als vorher. Nur weil

ich eine Ausbildung hab‘. Ja es fällt mir manchmal auch schwer.“ (PA 3, Abs. 153,

Z. 1-3)

„Am Anfang haben sie es probiert, dass sie alles auf mich abschieben wollten von

den Schülern. (…) Du bist jetzt eh da, du beurteilst jetzt jeden.“ (PA 2, Abs. 168,

Z. 8-10)

Vor allem der Beurteilungsbogen der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Graz

bereitet den PraxisanleiterInnen Probleme. Die Kriterien, die beurteilt werden

sollen, gehen viel zu sehr ins Detail und sind sehr unübersichtlich gestaltet.

Manche Punkte werden so gut wie nie beurteilt, weil es für sie nicht möglich ist,

diese Kriterien zu bewerten.

„Und d’rum find‘ ich den Beurteilungsbogen von der Schule überhaupt nicht

passend. […], weil die fachliche Kompetenz so einen großen Rahmen annimmt,

dass es schwierig ist irgendwie eine negative Beurteilung zu machen. Und es ist

viel zu langwierig das Ganze. Viel zu viel bis ins Detail beschrieben.“ (PA 3, Abs.

83, Z. 9-13)

„Ich bin nicht hundertprozentig zufrieden mit dem Beurteilungsbogen. […] Da sind

Punkte drinnen, […] die ich gar nicht beurteile.“ (PA2, Abs. 237, Z. 2-4)

Page 78: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

68

5.2.2 Positive Einflüsse auf die Praxisanleitung

Zu den positiven Einflüssen auf die Praxisanleitung zählen die fördernden

Faktoren. Besonders fördernd wirkt sich die Unterstützung von KollegInnen bei der

Anleitung von SchülerInnen aus. Dies ist wichtig, da die PraxisanleiterInnen,

aufgrund der unterschiedlichen Dienstzeiten, nicht täglich im Dienst sind. Würden

die anderen KollegInnen die Anleitung der SchülerInnen nicht fortführen, müssten

die PraxisanleiterInnen beim nächsten Dienstantritt wieder von vorne beginnen.

Aber auch die Unterstützung von Seiten der Pflegedirektion ist für die

PraxisanleiterInnen wichtig. Würden die PraxisanleiterInnen nicht manchmal

zusätzliche Stunden für die SchülerInnenarbeit erhalten, wäre die Praxisanleitung

nicht möglich.

Ein positives Feedback von Seiten der Pflegedirektion und von Seiten der

Stationsleitung bedeutet einen großen Motivationsschub für die

PraxisanleiterInnen. Aber auch die positiven Rückmeldungen von PatientInnen, an

denen eine Anleitungssituation erprobt wurde, sind immer wieder wichtig für die

PraxisanleiterInnen. Und das beste Feedback kommt von den SchülerInnen

selbst.

„Positiv ist immer, wenn du ein gutes Feedback bekommst, dass es hinhaut.“

(PA 2, Abs. 291, Z. 12)

Eine wichtige Voraussetzung, damit eine Praxisanleitung gut läuft, ist, dass die

SchülerInnen ausreichend Interesse für die Materie und für die Stationsarbeit

mitbringen. Haben die SchülerInnen keine Motivation oder Interesse Neues zu

lernen, können sich die PraxisanleiterInnen vergebens bemühen, ihnen etwas

beizubringen. Förderlich in dieser Hinsicht ist die Integration der SchülerInnen ins

Team. Fühlen sich die SchülerInnen wohl auf der Station, sind sie auch bemühter

das Team zu unterstützen. Durch Empathiegefühl der PraxisanleiterInnen kann

die Integration auch gefördert werden. Alle drei PraxisanleiterInnen äußerten, dass

sie ihre SchülerInnen besser behandeln wollen, als sie es selbst als SchülerInnen

erfahren haben.

Zudem ist es wichtig, dass die PraxisanleiterInnen ausreichend Geduld

mitbringen. Die Pflege ist dazu getrimmt sehr schnell zu arbeiten. Zudem wird von

Page 79: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

69

den SchülerInnen erwartet, dass sie die PatientInnen und ihre Umgebung

beobachten und Auffälligkeiten erkennen. Für Pflegeneulinge ist diese Situation

schwierig. Sie müssen sich in dieser neuen Umgebung erst einmal orientieren.

Diese Zeit muss ihnen gegeben werden. Alle drei PraxisanleiterInnen sehen sich

selbst als geduldige Menschen. Sie möchten dies auch ihren KollegInnen

vermitteln, da diese meist sehr ungeduldig sind.

„Wenn da fünfzehn weiße Leute drinnen sitzen und dann kommst du herein und

alle schauen dich an, dann bin ich auch verschreckt. […] Da muss man sie dann

einfach vorstellen, da muss man das ein bisserl in die Hand nehmen und

moderieren und da darf man das auch nicht so kritisch bewerten.“ (PA 3, Abs. 71,

Z. 3-7)

„Ich glaube wir in der Pflege sind sehr schnell. Wir arbeiten sehr schnell. Es wird

von uns verlangt. […] Und wir erwarten das auch von anderen. […] das muss man

einfach wissen und den Schülern auch zusprechen, die Zeit die sie brauchen.“

(PA 3, Abs. 75, Z. 1-9)

„Und nach ein, zwei Tagen sagen sie:,Mei der ist für nichts‘, weil er jetzt die Arbeit

nicht gleich sieht. Dann bekomm‘ ich schon so einen (…) Hals.“ (PA 2, Abs. 144,

Z. 4-5)

Alle drei PraxisanleiterInnen haben für sich selbst eine Struktur festgelegt, wie sie

ihre Anleitungssituationen durchführen. Dadurch sparen sie Zeit, weil sie sich nicht

für jede einzelne Tätigkeit einen neuen Ablauf überlegen müssen. Alle drei haben

eine ähnliche Struktur. Es wird zu Beginn ein Vorgespräch geführt, in dem das

Wissen der SchülerInnen abgefragt wird. Sie besprechen auch die Gründe für die

durchzuführende Tätigkeit und die Zusammenhänge mit dem Krankheitsbild.

Zudem wird eruiert, ob diese Tätigkeit von den SchülerInnen bereits durchgeführt

wurde oder ob es das erste Mal ist. Je nachdem wird die Anleitung angepasst und

mehr oder weniger intensiv ausfallen. Während der Anleitung sind die

PraxisanleiterInnen offen für Fragen und beobachten die Situation genau.

Anschließend findet eine Nachbesprechung mit Feedbackgabe statt. Ein

Praxisanleiter führt Anleitungen auch mit mehreren SchülerInnen durch. Dabei ist

immer einE SchülerIn entweder BeobachterIn, DurchführerIn oder AssistentIn.

Diese zurechtgelegte Struktur wird von den PraxisanleiterInnen für kurze und

Page 80: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

70

lange Anleitungen und für geplante und spontane Anleitungen verwendet.

Dadurch wird die Belastung durch die Anleitungssituationen geringer gehalten und

der Zeitaufwand hält sich in Grenzen.

„Ich finde es nicht als Belastung. Ich meine es ist schon ein Zeitaufwand den du

dir nehmen musst. Aber ich glaube, wenn du dir das einmal, die Abläufe,

zurechtgelegt hast, das musst du ja nicht immer neu erfinden oder neu planen.

[…] Den Ablauf habe ich dann immer gleich. […]“ (PA 2, Abs. 64, Z. 1-8)

Während der Anleitungssituation wird von den PraxisanleiterInnen auf Ruhe

geachtet. Eine Praxisanleiterin schaltet das STOP-Licht bei der Zimmertür ein,

damit sie, während der Anleitung, nicht von Angehörigen oder anderen

MitarbeiterInnen gestört werden. Zwei PraxisanleiterInnen geben das

Diensttelefon ab, damit sie während der Anleitung keine Telefonate

entgegennehmen müssen. Von allen PraxisanleiterInnen wird geachtet, dass die

Anleitungssituation nicht zu stressigen Tageszeiten stattfindet, damit ausreichend

Zeit für die SchülerInnen bleibt.

Voraussetzung für eine funktionierende Anleitungssituation ist zudem ein genauer

Auftrag zu Beginn. Die SchülerInnen sollen auch die Hintergründe der

durchgeführten Tätigkeiten kennen, und keine ausführenden Hilfskräfte sein.

Alle drei PraxisanleiterInnen äußerten, dass sie die Anleitung der SchülerInnen mit

Freude machen. Es besteht bei allen eine hohe intrinsische Motivation, wodurch

gute Vorrausetzungen für die Praxisanleitung vorhanden sind. Die Pflegepersonen

haben für die SchülerInnen eine Vorbildwirkung und die SchülerInnen sehen es,

wenn sie Freude an der Arbeit haben.

„Und wir haben halt auch die Vorbildfunktion. […] Wir werden beobachtet von der

Früh bis am Abend.“ (PA 3, Abs. 113, Z. 4, 10)

„Wir können nichts verlangen von anderen was wir selber nicht erfüllen, weil dann

sind wir unglaubwürdig und dann fruchtet kaum irgendetwas.“ (PA 3, Abs. 115,

Z. 1-2)

Page 81: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

71

5.2.3 Theorie-Praxis-Transfer

Alle PraxisanleiterInnen sind sehr bemüht, die SchülerInnen, bei der Erreichung

ihrer persönlich gesteckten Ziele für die Praktika, zu unterstützen. Vor allem bei

der Übertragung ihres theoretischen Wissens in die Praxis brauchen die

SchülerInnen Unterstützung. Wie im vorigen Kapitel beschrieben, führt ein

Praxisanleiter Anleitungen mit mehreren SchülerInnen durch. JedeR hat dabei

eine andere Aufgabe. Dies hat den Vorteil, dass die SchülerInnen von

unterschiedlichen Perspektiven aus die gleiche Tätigkeit durchführen können.

Dadurch wird von den Auszubildenden jeweils auf andere Details geachtet,

wodurch ein großer Lerneffekt entsteht.

Die PraxisanleiterInnen führen vor der Anleitung ein Vorgespräch, um hier die

Hintergründe zu besprechen. Somit soll gewährleistet werden, dass die

SchülerInnen nicht gedankenlos eine Tätigkeit durchführen, sondern reflektieren

dadurch, warum diese Tätigkeit durchgeführt wird und welche Auswirkungen sie

auf die PatientInnen hat. Die SchülerInnen erkennen die Zusammenhänge

zwischen der Theorie und der Praxis. Das erworbene Wissen erscheint ihnen in

der Praxis als brauchbar. Somit können die SchülerInnen ihr theoretisch

erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen. Durch mehrmaliges Vorzeigen und

selbständiges Durchführen der Tätigkeiten können die SchülerInnen das Wissen

verinnerlichen, und beim nächsten Mal in einer anderen Situation anwenden.

„Ich sage immer den Praktikanten und Schülern: „schaut euch einmal an, was ist

das, zum Beispiel beim Verbandswechsel, was ist das für ein Verband, den wir

jetzt wechseln müssen? Wie schauen die Wundverhältnisse aus? Durch was

könnte das aufgetreten sein?“ Einfach, dass sie das auch verknüpfen können.“

(PA2, Abs. 134, Z. 6-9)

Zudem versuchen die PraxisanleiterInnen den SchülerInnen zu vermitteln, wie sie

Prioritäten richtig setzen. Sie sollen zuerst beobachten, mitdenken und

anschließend entscheiden, welche Tätigkeit vorrangig ist und welche Tätigkeit auf

später verschoben werden kann.

„Oder auch wenn du einen Patienten eben siehst, der hat diesen

Gesichtsausdruck, da weiß ich, okay, dem geht es jetzt nicht so gut. Und dem

Page 82: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

72

geht es jetzt besser, da muss ich jetzt nicht sooo schnell reagieren.“ (PA 2,

Abs. 219, Z. 2-4)

„Also auf das legen wir auch großen Wert. Einfach mit dem geschulten Blick den

Patienten anschauen. Und dann halt die Verknüpfungen bilden.“ (PA 3, Abs. 44,

Z. 4-6)

Eine Praxisanleiterin versucht mit den SchülerInnen die Krankheitsbilder und die

Symptome der PatientInnen zu besprechen und dadurch das Wissen der

SchülerInnen mit der Praxis zu verknüpfen.

„Wenn es sich um Krankheitsbilder handelt, dann glaube ich ist das nicht blöd,

dass man die Schüler informiert darüber, dass sie sich vielleicht am Abend […]

einlesen kurz […].“ (PA 3, Abs. 93, Z. 1-3)

Eine Praxisanleiterin bespricht mit den SchülerInnen, anhand von Flipchart-

Präsentationen, die wichtigsten Tätigkeiten und die wichtigsten Krankheitsbilder

auf ihrer Station. Dadurch kann die Theorie besser mit der Praxis verknüpft

werden.

Zudem ist es häufig notwendig, die SchülerInnen darauf aufmerksam zu machen,

gewisse hygienische Richtlinien besser einzuhalten oder gewisse Tätigkeiten mit

einfacheren Handgriffen durchzuführen. Hier ist es wichtig, die SchülerInnen nicht

persönlich anzugreifen.

„Ich sage immer dazu: „Ich erkläre dir das so, weil ich glaube, dass die Hygiene so

besser eingehalten werden kann. Es ist nicht, wie du es bisher gemacht hast hat

gepasst, aber so kann es besser sein.“ Oder beim Handling beim

Infusionenspiegeln. Oft tun sie da herum und […] dann sag ich AUS. Schau mir

mal zu. […] Taugt dir das? Ja, dann mach es so. Taugt es dir nicht? Dann mach

es halt so wie du es willst, du musst halt die Hygienerichtlinien einhalten.“ (PA 3,

Abs. 149, Z. 2-7)

Eine Praxisanleiterin würde es für sinnvoll erachten, dass die SchülerInnen auch

in der Praxis ein Lernbereich-Transfer-Training (LTT) hätten. Dies wäre

praxisnaher als das LTT in der Schule und die Ernsthaftigkeit wäre auf der Station

auch gegeben. Hierbei könnte sie mit den SchülerInnen die wichtigsten

Page 83: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

73

Tätigkeiten außerhalb der PatientInnenzimmer praktisch üben. Dadurch könnten

gewisse Unsicherheiten bereits vorab abgelegt werden. Dies ist momentan

aufgrund der mangelnden Zeit allerdings nicht möglich.

Ein weiterer Punkt, welcher für die PraxisanleiterInnen wichtig erscheint, ist der

Pflegeprozess. Viele SchülerInnen können den Pflegeprozess nicht in die Praxis

umsetzen. Ein Grund dafür könnte sein, dass es sich hierbei um einen zu

theoretischen Lerngegenstand handelt. Die SchülerInnen können sich im ersten

Ausbildungsjahr unter dem Pflegeprozess nichts vorstellen, und haben daher kein

Interesse, die Schritte zu lernen.

„Nein also das ist für mich ein Punkt, das versteh‘ ich nicht. Den Pflegeprozess

kann keiner. SELTEN, dass einer dasitzt oder eine dasitzt und mir den von 1 bis 6

aufsagen kann. […] Und dann, wenn du sagst ein praktisches Beispiel, dann ist es

sowieso aus.“ (PA 2, Abs. 183, Z. 1-4)

Die PraxisanleiterInnen haben dafür kein Verständnis. Vor allem dann nicht, wenn

sie sich bemühen den SchülerInnen diese Schritte einfach und logisch und

anhand von praktischen Beispielen zu erläutern und die Anleitung trotzdem nicht

funktioniert. Das Unwissen hängt nicht vom Ausbildungsjahr ab, dieses Problem

zieht sich durch alle drei Ausbildungsjahre. Die PraxisanleiterInnen sind sehr

bestrebt, den SchülerInnen diesen Prozess beizubringen, weil sich der

Pflegealltag danach richtet.

„Ich erkläre ihnen ja das ganze Medocs. Es läuft alles nach Pflegeprozess ab.“

(PA2, Abs. 191, Z. 1-2)

Frustrierend für einen Praxisanleiter ist es, wenn er ankündigt, dass er beim

Zwischengespräch den Pflegeprozess durchnimmt und manche SchülerInnen

dann trotzdem nichts darüber wissen. Die SchülerInnen erhalten dann eine zweite

Chance und beim Endgespräch verläuft es häufig wieder frustran. Ohne dieses

elementare Grundwissen, können die SchülerInnen nicht in der Lage sein, eine

Patientin/einen Patienten stationär aufzunehmen, weil der erste Schritt die

Anamnese ist.

„Weil wenn ich nicht einmal DAS theoretische Wissen weiß, wie soll es dann in die

Praxis umsetzen können?“ (PA 2, Abs. 193, Z. 1-3)

Page 84: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

74

5.2.4 Zusammenarbeit mit der Schule

Die Zusammenarbeit mit der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Graz ist

zurzeit noch etwas schwierig. Die PraxisanleiterInnen sind nicht ständig im Dienst

und erhalten nur selten persönliche Anrufe von den Lehrpersonen. Wenn die

LehrerInnen zur pSA auf die Station kommen, ist meist die Stationsleitung

AnsprechpartnerIn. Diese arbeitet nicht direkt mit den SchülerInnen zusammen

und hat auch nicht immer ausreichend Zeit, um ausführliche Gespräche mit den

Lehrkörpern zu führen. Darum wäre es wichtig, dass die Lehrpersonen mit den

PraxisanleiterInnen und MentorInnen der SchülerInnen sprechen. Ein Ziel für die

PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West ist es, dass sie

gemeinsam mit den Lehrpersonen eine pSA durchführen, um dort aktiv mitwirken

und lernen zu können. Ein Praxisanleiter sieht hier zudem klare Vorteile für sein

Ansehen im Haus.

„Weil dann fühle ich mich in meiner Rolle auch angenommen als Praxisanleiter.“

(PA 2, Abs. 98, Z. 3)

Zudem könnten sich die PraxisanleiterInnen von den Lehrpersonen bestimmte

Methoden und Techniken aneignen, wie eine Anleitungssituation besser

funktionieren würde. Dadurch könnte die Betriebsblindheit von außen

durchbrochen werden. Dies wäre eine gute Idee, um die praktischen Fähigkeiten

der PraxisanleiterInnen auszubauen. Es wäre auch eine Möglichkeit, von

geschultem Personal Feedback zu erhalten, wie die Qualität ihrer Anleitungen ist.

Während ihrer Ausbildung erhielten die PraxisanleiterInnen keine Rückmeldung,

wie sie die Anleitungen besser durchführen sollten oder was sie ändern könnten.

„Auf Station hast du in Eigenstudium etwas für dich mitgemacht.“ (PA 2, Abs. 112,

Z 1-2)

„Und bei der PSA warst du dann ganz normal dabei, ein Mal, und hast halt

mitgemacht und beobachtet.“ (PA 2, Abs. 114, Z. 1-2)

5.2.5 Verwendung von Methoden bei der Praxisanleitung

Die Verwendung bestimmter didaktischer Methoden bei der Praxisanleitung stellte

sich bei der Befragung als ein schwieriges Thema heraus. Die PraxisanleiterInnen

Page 85: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

75

antworteten kaum auf die Frage und äußerten, keine bestimmten Methoden zu

verwenden. Aus den Interviews lassen sich einige Antworten ableiten. Alle

PraxisanleiterInnen haben sich für ihre Anleitungen eine Struktur zurechtgelegt,

die ihr roter Faden ist. Sie haben sich eine eigene Methode für die Praxisanleitung

geschaffen. Es wird großen Wert darauf gelegt, die Anleitungen in den

Pflegealltag zu integrieren, um die Situationen so echt wie möglich zu gestalten.

Dadurch werden kaum geplante Anleitungen durchgeführt. Die PraxisanleiterInnen

geben auf Nachfrage an, dass sie versuchen sich an die

Kommunikationsgrundregeln zu halten, jedoch empfinden sie es persönlich nicht

als eine Methode der Praxisanleitung. Eine Praxisanleiterin äußert, dass es

wichtig ist, bei der SchülerInnenarbeit Empathie aufzubringen und vergleicht dies

mit der Erziehung ihres Sohnes.

„Vielleicht, dass ich ein bisschen mehr Empathie aufbringen kann. Ich weiß auch,

ich kann das gut abschätzen, ob da jetzt wer schüchtern ist von Natur aus, oder

weil er halt das erst Praktikum hat.“ (PA 3, Abs. 71, Z. 1-2)

Alle drei PraxisanleiterInnen gehen wertschätzend und akzeptierend mit den

SchülerInnen um, so wie sie es sich auch für sich selbst wünschen. Die

PraxisanleiterInnen verwenden spezielle Fragetechniken, um das Vorwissen der

SchülerInnen abzufragen. Zudem soll dieses Vorwissen, durch weitere

Fragetechniken, mit den Krankheitsbildern und den Symptomen der PatientInnen

verknüpft werden. Somit werden die SchülerInnen zum Mit- und Nachdenken

angeregt und sie können Zusammenhänge verstehen lernen.

Für eine Praxisanleiterin ist die Kommunikation mit den SchülerInnen eine

wichtige Grundlage, damit die Praxisanleitung funktioniert. Ohne genaue Angaben

und Aufträge, ist es den SchülerInnen nicht möglich, die gewünschten Tätigkeiten

ordnungsgemäß durchzuführen.

„Informieren. Kommunizieren. Sagen.“ (PA3, Abs. 155, Z. 1)

Bei der Beurteilung von SchülerInnen verlassen sich die PraxisanleiterInnen auf

ihre bisherigen Erfahrungen, da dies meist gut verlaufen ist. Als Anhaltspunkt für

die Beurteilung verwenden sie den Beurteilungsbogen der Schule, sowie den

Page 86: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

76

hausinternen Beurteilungsbogen. Sie versuchen auch hier, sich an die Regeln für

FeedbackgeberInnen zu halten und machen dies meist schon unbewusst.

Eine wichtige Methode ist das Lernen am Modell, welche die PraxisanleiterInnen

selbst nicht als Methode sehen. Zwei PraxisanleiterInnen nannten, dass sie die

Tätigkeiten einige Male vorzeigen, und vorher die Vorbereitung und den Ablauf

erklären. Erst dann führen die SchülerInnen diese Tätigkeit selbständig durch.

Somit können die SchülerInnen diese Tätigkeiten durch Hören, Sehen und Fühlen

verinnerlichen.

„Dann zeig‘ ich es ihnen dann einmal vor. Oder zwei-, drei-, viermal. Je nachdem

wie es notwendig ist.“ (PA 1, Abs. 22, Z. 4-5)

Eine Praxisanleiterin verwendet zur Formulierung von Zielen die Methode des

Brainstormings, um möglichst viele Gedanken der SchülerInnen hervorzuholen.

Mit dieser Methode können die SchülerInnen anschießend ihre Ideen sortieren

und die für sie passenden Ziele formulieren.

„Brainstormings verwenden wir häufiger für die Formulierung von Zielen.“ (PA 1,

Abs. 34, Z. 9)

5.2.6 Verwendung von Instrumenten bei der Praxisanleitung

Die vorhandenen Instrumente für die Praxisanleitung werden bewusst eingesetzt

und sind zum Teil von der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege

Graz vorgegeben. Die SchülerInnen müssen ein Praxishandbuch führen, in dem

sie sich von den zuständigen Diplomierten Pflegekräften die selbständige

Durchführung bestätigen lassen müssen. Zum Teil reicht es auch, wenn diese

Tätigkeit nur beobachtet wurde oder in Assistenz durchgeführt wurde. Die

PraxisanleiterInnen sind davon eher wenig begeistert, weil es eine

undurchsichtige, langwierige Liste von Alltagstätigkeiten ist. Ein Praxisanleiter

sieht das Praxishandbuch, das verpflichtend von den SchülerInnen zu führen ist,

als problematisch an. Häufig gibt es Missverständnisse zwischen den

Pflegepersonen und den SchülerInnen, wie dieses Buch zu führen ist. Die

Lehrpersonen sollten den SchülerInnen besser vermitteln, dass die SchülerInnen

die Tätigkeiten selbständig markieren müssen, damit die Pflegepersonen die

Page 87: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

77

Tätigkeiten einfacher und schneller abhacken können. Die bereits wenig

vorhandene Zeit für die SchülerInnen, wird mit dem Abzeichnen von Tätigkeiten

gefüllt, die anderweitig besser genutzt werden könnte. Im Praxishandbuch müssen

die SchülerInnen zudem ihre Ziele dokumentieren, welche gemeinsam mit den

jeweiligen PraxisanleiterInnen formuliert werden. Somit wissen die

PraxisanleiterInnen, welche Ziele sich die SchülerInnen gesteckt haben. Mit der

Unterstützung der PraxisanleiterInnen können die SchülerInnen daran arbeiten,

ihre Ziele zu erreichen. Im Bedarfsfall können sie beim Zwischengespräch

adaptiert werden oder, wenn diese bereits erreicht wurden, können neue Ziele

gesetzt werden.

Das zweite Instrument, das von der Schule vorgegeben wird, ist der

Beurteilungsbogen. Dieser Bogen wird bereits beim Zwischengespräch für die

erste Einschätzung der Kompetenzen der SchülerInnen durchbesprochen. Eine

Benotung mit Schulnoten findet beim Beurteilungsbogen nicht statt.

Hier unterscheiden sich die Intensitäten und die Länge der Besprechungen unter

den PraxisanleiterInnen und je nach Können der SchülerInnen.

Eine Praxisanleiterin kommentiert die einzelnen Punkte nur bei kritischen

SchülerInnen, um im Falle einer negativen Beurteilung am Ende des Praktikums

abgesichert zu sein. Das Datum des Zwischengesprächs wird immer

dokumentiert. Ein anderer Praxisanleiter dokumentiert auch die herausragenden,

positiven Leistungen von sehr guten SchülerInnen, um ihnen einen

Motivationsschub zu verschaffen. Dies verfasst er in einem kurzen

zusammenfassenden Feedback am Ende des Beurteilungsbogens. Wenn wenig

Zeit zur Verfügung ist, werden auch hier meist nur die kritischen Punkte vermerkt.

Die dritte Praxisanleiterin markiert die einzelnen Punkte, so wie beim

Endgespräch, in einer anderen Farbe, um so einen Vergleich zu sehen und die

Entwicklung der SchülerInnen bis zum Ende des Praktikums aufzuzeigen.

„Wichtig ist ja nur wenn’s irgendwo kriselt, dass wir das im Zwischengespräch

schon dokumentiert haben.“ (PA 3, Abs. 61, Z. 1-2)

Zusätzlich zu diesem Beurteilungsbogen von der Schule wurde vom

LKH Graz Süd-West Standort West ein hausinterner Beurteilungsbogen

Page 88: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

78

entwickelt. Dieser Beurteilungsbogen ist wichtig, da die SchülerInnen hier selbst

ihre Stärken und Schwächen einschätzen sollten. Vielen SchülerInnen bereitet es

Probleme, diese richtig einzuschätzen. Entweder sie überschätzen sich oder sie

schätzen sich zu schlecht ein.

„Weil das hab‘ ich schon oft relativ oft gesehen, dass sich manche sehr schlecht

einschätzen, obwohl sie gut sind. Und andere schätzen sich überdrüber ein und

sind ganz weit weg von dem.“ (PA 1, Abs. 26, Z. 4-6)

Der hausinterne Beurteilungsbogen stellt einen Vertrag zwischen den

SchülerInnen und den PraxisanleiterInnen dar, da die gemeinsam formulierten

Ziele von beiden Parteien unterschrieben werden. Beide Parteien wissen, welche

Ziele formuliert wurden, und müssen an der Erreichung mitarbeiten. Zudem

können die SchülerInnen und die PraxisanleiterInnen beim Zwischengespräch auf

diesem Bogen eine erste Beurteilung der SchülerInnen abgeben. Die

SchülerInnen geben eine Selbstbewertung ab und die PraxisanleiterInnen geben

eine Fremdbeurteilung ab. Auf einer Skala von eins bis fünf kann eine Benotung

laut Schulnotensystem abgegeben werden.

Ein weiteres Instrument, das, aufgrund des Zeitmangels, nur spärlich auf den

Stationen verwendet wird, sind die wöchentlichen Arbeitsaufträge zu bestimmten

Themen des Stationsalltags. Diese Aufträge werden am Montagmorgen an die

SchülerInnen ausgegeben und sollen selbständig bis Freitagmittag erarbeitet

werden. Die SchülerInnen können Auffälligkeiten, Besonderheiten oder

Allgemeines zu dem ausgeteiltem Thema im Stationsalltag erarbeiten und

beobachten. Anschließend werden die Ausarbeitungen, gemeinsam mit den

PraxisanleiterInnen der jeweiligen Station, besprochen und diskutiert. Die

SchülerInnen lernen durch die Selbsterarbeitung und die Theorie wird optimal mit

der Praxis verknüpft. Diese Arbeitsaufträge werden von zwei PraxisanleiterInnen

aufgrund der mangelnden Zeit in abgewandelter Form ausgegeben. Die dritte

Praxisanleiterin verwendet diese Aufträge nicht, da sie nicht möchte, dass die

SchülerInnen bei ihrer Ausarbeitung alleine gelassen werden.

„Wenn ich am Vortag ankündige, am nächsten Tag wird der Herzinfarkt

durchgenommen, dann sag‘ ich schon am Vortag: „lest euch durch die Symptome,

die Ursachen, Ätiologie und, und, und.“ (PA 3, Abs. 91, Z. 1-3)

Page 89: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

79

„Wo ich nicht zusammenkomme ist, dass wir WOCHENweise, dass wir sagen

„eine ganze Woche beschäftigen wir uns mit dem HARN zum Beispiel. […] das ist

irgendwie nicht machbar. Und dafür mache ich das immer nur tageweise und nicht

wochenweise.“ (PA 3, Abs. 93, Z. 3-8)

„Es wurde diese Wochenaufträge entwickelt, […]. Aber ich bin da eher nicht dafür.

Ich möchte, dass die Schüler mit uns gemeinsam arbeiten und nicht, dass sie in

einem Raum alleine gelassen werden und nichts vom Stationsalltag

mitbekommen.“ (PA 1, Abs. 24, Z. 2-7)

Zusätzlich zu den bereits erwähnten und verwendeten Instrumenten ist zurzeit das

Tagesfeedback in Planung. Die SchülerInnen sollen dabei täglich oder bei Bedarf

ihren Tagesablauf oder bestimmte Tätigkeiten reflektieren, und aufschreiben, wie

es ihnen dabei ergangen ist. Anschließend sollen sie diese Gedanken mit der

zuständigen Pflegeperson besprechen. Die Pflegeperson kann ebenfalls ihr

Feedback dazu abgeben und anschließend mit ihrer Unterschrift bestätigen. Somit

ist eine kontinuierliche Beurteilung der Leistungen gewährleistet. Zudem haben die

SchülerInnen die Möglichkeit, sich ständig zu verbessern, weil sie über ihre

Schwächen, aber auch Stärken, Bescheid wissen. Dieses Instrument soll im

Endeffekt die Beurteilung vereinfachen, weil alle Pflegekräfte jederzeit ihr

konstruktives Feedback zu den einzelnen SchülerInnen abgeben können. Dies ist

zwar zeitaufwändig, aber es kann individuell an die Situation und den Tagesablauf

angepasst werden. Zudem kann es nicht mehr passieren, dass einE SchülerIn am

Ende von einer Pflegeperson beurteilt wird, die niemals mit ihnen

zusammengearbeitet hat und nicht über den Leistungsstand informiert ist.

„Dann kann ich auch sagen beim nächsten Mal, […] letztes Mal hat das und das

nicht funktioniert. Und wenn ich dann sehe beim nächsten Mal, okay passt, der hat

jetzt alles richtig gemacht. […] Dann hätte ich da auch schon ein Instrument, was

ich zur Beurteilung heranziehen kann.“ (PA 2, Abs. 225, Z. 8-13)

5.3 Qualität der Praxisanleitung

Die dritte Hauptkategorie „Qualität der Praxisanleitung“ behandelt das Selbstbild

der PraxisanleiterInnen bezüglich der Qualität der, von ihnen durchgeführten,

Page 90: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

80

SchülerInnenanleitungen. Generell siedeln sie ihre Anleitungsqualität auf einer

Skala von eins bis fünf im oberen Drittel an. Der Mittelwert ihrer

Qualitätsbewertung liegt bei 2,33. Um ihre Anleitungsqualität zu verbessern,

müssten aus Sicht der PraxisanleiterInnen einige Faktoren im LKH Graz Süd-West

Standort West geändert werden, welche sich allerdings schwer verändern lassen.

Zurzeit ist ihr oberstes Ziel noch zusätzliche PraxisanleiterInnen zu bekommen.

Dies stellt jedoch ein langwieriges Prozedere dar, da dazu die zirka einjährige

Weiterbildung zu absolvieren ist. In der Weiterbildung wird grundsätzlich auf die

theoretischen Inhalte Wert gelegt. Die praktischen Teile der Weiterbildung sind

größtenteils von den PraxisanleiterInnen, während ihrer Arbeitszeit auf der Station,

selbständig zu erarbeiten. Als Praktika zählen ein Tag in der Schule als

HospitantIn, sowie das Mitwirken bei einer praktischen SchülerInnenanleitung

durch eine Lehrperson.

„Nein, das war, du hast da, auf Station hast du in Eigenstudium etwas für dich

mitgemacht. Aber sonst, dass du wirklich sagst, okay es ist da jetzt eine Woche

dabei, die dir nutzen könnte, ok. Aber so in der Schule oben, da bist du halt

gesessen und hast dir den Unterricht angehört.“ (PA 2, Abs. 112, Z. 1-4)

Zudem werden in diesem Kapitel Kriterien dargestellt, die aus Sicht der

PraxisanleiterInnen für eine qualitativ hochwertige Praxisanleitung notwendig sind.

5.3.1 Qualität der durchgeführten Praxisanleitung

In diesem Unterkapitel soll dargestellt werden, wodurch sich die Praxisanleitung

im LKH Graz Süd-West Standort West auszeichnet und wie die

PraxisanleiterInnen die Qualität ihrer Anleitungen sehen. Wie in Abbildung 5

ersichtlich, schätzen zwei PraxisanleiterInnen ihre gebotene Anleitungsqualität mit

der Schulnote Gut ein. Ein Praxisanleiter findet seine geleistete Praxisanleitung

befriedigend. Der Praxisanleiter kann sich persönlich nicht besser einschätzen, da

er für seine geplanten Ideen zu wenig Zeit zur Verfügung hat. Er kann die

SchülerInnen nicht so anleiten, wie er es gerne möchte. Einerseits würde er mehr

Gruppendiskussionen mit den SchülerInnen durchführen, damit sie ihr kritisches

Denken aktivieren können und die Theorie besser mit der Praxis verbinden.

Page 91: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

81

Andererseits hätte er besser Zeit für ausführliche Beurteilungsgespräche mit den

SchülerInnen, in denen er alle Punkte, die gut sind, aber auch alle Punkte die

negativ zu bewerten sind, detailliert besprechen kann. Nach den

Praxisanleitungen wäre mehr Zeit für Nachbesprechungen nötig, in denen er den

SchülerInnen konstruktives Feedback geben und gemeinsam mit den

SchülerInnen ihre Anleitungssituation reflektieren könnte. Zudem wäre es möglich,

alle auftretenden Fragen ausführlich zu beantworten. In Grundzügen wird die

Praxisanleitung von ihm bereits seinen Wünschen entsprechend, aber noch nicht

perfekt durchgeführt.

Abb. 5: Selbsteinschätzung der Anleitungsqualität

Als positiv sehen die PraxisanleiterInnen ihre strukturierte Durchführungsweise

von Anleitungen. Vor der praktischen Anleitung wird die Tätigkeit, die durchgeführt

werden soll, theoretisch besprochen. Die Vorkenntnisse der SchülerInnen und die

Erfahrungen mit gewissen Tätigkeiten werden abgeklärt. Zudem werden hier

bereits erste Fragen beantwortet und gegebenenfalls die Tätigkeit vorgezeigt. Die

notwendigen Materialien werden besprochen und die Praxis wird mit der Theorie

in Verbindung gebracht. Während der Durchführung achten die

PraxisanleiterInnen auf eine hygienische Arbeitsweise und greifen, wenn nötig, ins

Geschehen ein. Ansonsten werden die Geschehnisse nach der Anleitung

nachbesprochen und gemeinsam in einem Gespräch reflektiert. Die SchülerInnen

0

1

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3

4

5

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PraxisanleiterInnen

Page 92: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

82

äußern zu Beginn, wie es ihnen ergangen ist in der Anleitungssituation und

anschließend erläutert der/die PraxisanleiterIn seine/ihre Ansicht der Situation.

Alle PraxisanleiterInnen erwähnten, dass die Qualität unter zu vielen SchülerInnen

leidet. Das heißt, ist einE PraxisanleiterIn für zu viele SchülerInnen zuständig,

verliert er/sie die Übersicht über die persönlichen Ziele der einzelnen

SchülerInnen. Dann ist es nicht mehr möglich individuell auf die SchülerInnen

einzugehen. Zudem fehlt die Zeit, dass eine Person eine Vielzahl an SchülerInnen

betreuen kann. Um den Zeitfaktor zu kompensieren, wird die Beurteilung kürzer

gehalten, wodurch die Qualität sinkt.

„Und dann verlierst du aber an Qualität, weil du dann sagst, mah, weißt du was,

dann beurteile ich den jetzt einfach gut, weil er war eh, er war nicht gut aber

schlecht auch nicht. […]“ (PA 2, Abs. 179, Z. 3-5)

Zwei PraxisanleiterInnen setzen sich dafür ein, dass alle SchülerInnen gleich

behandelt werden. Ihnen ist wichtig, dass die SchülerInnen von Beginn an ins

Team integriert werden und dass jedem/jeder SchülerIn Gleiches gelernt wird.

Dabei ist zu bedenken, dass es bessere und schlechtere SchülerInnen gibt. Nicht

alle haben die gleichen Voraussetzungen, manche haben bereits mehr

Ausbildungsjahre oder manche waren noch nie in einem Akutkrankenhaus.

„Aber nach einer Woche kannst du das nicht machen. Und dann sagen „du nein,

dem zeige ich nichts mehr, weil das ist für nichts.“ Es ist aber leider so und das ist

was ich nicht mag. […] aber ich glaube, wenn ich von vorneherein abstemple,

dann weiß ich schon die Qualität von meiner Ausbildung das passt nicht.“ (PA 2,

Abs. 150, Z. 3-8)

„Wenn der jetzt nicht so schnell ist und wir müssen uns trotzdem darum kümmern,

dass der auch weiter kommt.“ (PA 2, Abs. 168, Z. 4-5)

Daher sollte jedem/jeder SchülerIn eine zweite Chance gegeben werden. Auch

diejenigen, die zu Beginn eine längere Einarbeitungsphase benötigen, müssen mit

Respekt behandelt und angeleitet werden. Außerdem ist zu bedenken, dass

manche SchülerInnen noch nie einen alten Menschen nackt gesehen haben oder

einen anderen Menschen gewaschen haben. Es treten häufig Hemmschwellen

auf, denen sich die diplomierten Pflegekräfte nicht mehr bewusst sind. Aufgrund

Page 93: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

83

ihrer Arbeitserfahrung und ihrer schnellen Arbeitsweise, wird dies häufig

übersehen oder nicht bedacht. Daher legen die PraxisanleiterInnen hierauf viel

Wert.

„Ich meine das sind alles Hemmschwellen, die für uns Alltag sind, und wir denken

darüber nicht mehr nach aber es kann für Newcomer ein absolutes Problem sein.“

(PA 3, Abs. 77, Z. 3-5)

Von allen PraxisanleiterInnen werden am häufigsten kurze Anleitungsequenzen

durchgeführt. Kurze Sequenzen dauern, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, von

zwei Minuten bis zu fünf Minuten und beinhalten alltägliche Tätigkeiten aus dem

Stationsbetrieb. Mittellange Anleitungssituationen dauern ungefähr zehn bis

zwanzig Minuten und werden auch von allen drei PraxisanleiterInnen

durchgeführt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um einen Verbandswechsel,

also um Tätigkeiten, die nicht mehr alltäglich sind, jedoch häufig auf der Station

vorkommen. Ein Praxisanleiter führt auch längerfristige Anleitungen durch, die sich

zum Teil über den gesamten Dienst ziehen. Das ist allerdings nicht immer

möglich, meist nur bei DiplomprüfungsschülerInnen. Auch nach einer

Notfallsituation kann durch das Nachbesprechen wichtiger Sequenzen eine

Anleitungssituation generiert werden. Die Anleitungsqualität hängt von der Art und

Weise der Anleitungen ab. EinE guteR PraxisanleiterIn kann aus möglichst vielen

Situationen heraus Anleitungen generieren.

Wichtig für die Qualität ist zudem der laufende Informationsaustausch zwischen

den PraxisanleiterInnen. Eine Praxisanleiterin findet, dass sie sich häufiger treffen

könnten um Erfahrungen auszutauschen. Die anderen zwei PraxisanleiterInnen

haben kein Problem mit den quartalsmäßigen Treffen für die Durchführung von

Supervisionen5. Während den Treffen werden die erhaltenen Feedbackbögen der

SchülerInnen aufgearbeitet und ihr Arbeitsverhalten gegebenenfalls adaptiert.

Positiv sind zudem die jährlichen Treffen mit den anderen PraxisanleiterInnen der

KAGes-Häuser. Von anderen Häusern können die PraxisanleiterInnen Neues

lernen und sehen, wie diese die Schülerarbeit durchführen. Allerdings wären

5 Supervision ist eine Form der Selbstreflexion der beruflichen Tätigkeiten. In diesem

Zusammenhang wird Supervision zur Verbesserung der Arbeitsqualität und der Arbeitseffizienz verstanden. Zudem werden Fallbesprechungen durchgeführt und Konflikte bearbeitet. Hier wird von Teamsupervision gesprochen (Heißenberg & Lauber 2012b)

Page 94: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

84

solche Treffen auch häufiger notwendig, um die Qualität der SchülerInnenarbeit

vorantreiben zu können.

Eine Praxisanleiterin erzählte, dass sie nicht täglich Neues mit den SchülerInnen

beginnt. Sie versucht eine Tätigkeit mit den SchülerInnen häufiger zu üben, damit

sie die Erfahrung verinnerlichen können. Dadurch sind die SchülerInnen befähigt

diese Erfahrung und Tätigkeit auf andere Situationen zu übertragen.

„Und wenn sie zwei Mal das Gleiche machen aber in einer anderen Situation,

dann haben sie gelernt, wie man die Tätigkeit auf eine andere Situation überträgt.“

(PA 1, Abs. 48, Z. 3-5)

Durch diese Routine schaffen die SchülerInnen den späteren Eintritt in die

Arbeitswelt leichter. Zudem ist die Erfahrung der PraxisanleiterInnen wichtig für die

SchülerInnen. Je mehr Erfahrung die PraxisanleiterInnen haben, desto mehr

können sie den SchülerInnen aus ihrem Arbeitsalltag mitgeben.

Von Qualität zeugt auch, dass SchülerInnen der allgemeinen Gesundheits- und

Krankenpflege nicht mit PflegehelferInnen mitgeschickt werden. Alle drei

PraxisanleiterInnen sagen, dass das bei ihnen nicht der Fall ist. Unabhängig vom

Ausbildungsjahr der SchülerInnen lernen sie von den Diplomierten Gesundheits-

und Krankenpflegefachkräften. Haben die SchülerInnen bereits die ersten

Instruktionen zu einer Tätigkeit von einer Diplomierten Pflegeperson erhalten,

kann es vorkommen, dass sie von PflegehelferInnen aufgefrischt werden.

5.3.2 Kriterien für qualitativ hochwertige Praxisanleitung

Da jedeR PraxisanleiterIn andere Vorstellungen davon hat, was eine qualitativ

hochwertige Praxisanleitung ausmacht, werden diese Kriterien in diesem Kapitel

erläutert. Es gibt Unterschiede zwischen der von ihnen durchgeführten

Praxisanleitung und der optimalen Anleitungsituation.

Für eine qualitativ hochwertige Praxisanleitung sollte, aus Sicht der

PraxisanleiterInnen, zumindest für jedes Stockwerk im LKH Graz Süd-West

Standort West einE PraxisanleiterIn vorhanden und zuständig sein. Dadurch wäre

eine gute Anleitungsqualität gewährleistet, da auch die anderen Diplomierten

Page 95: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

85

Pflegefachkräfte durch die PraxisanleiterInnen geschult werden könnten. Der

Zeitmangel pro PraxisanleiterIn würde dadurch etwas reduziert werden. Zurzeit

kümmert sich einE PraxisanleiterIn um mindestens drei Stationen im Haus,

wodurch eine durchgängige Schulung der MitarbeiterInnen nicht möglich ist und

die Qualität der Anleitungen schwer zu steigern ist. Durch den Mangel an

PraxisanleiterInnen ist es zudem schwierig, dass alle SchülerInnen von

PraxisanleiterInnen betreut werden. Die Maximalzahl an zu betreuenden

SchülerInnen liegt, laut einem Praxisanleiter, bei drei bis vier, da die persönlichen

Ziele der SchülerInnen ansonsten nicht überschaubar sind.

„Wir müssen erst einmal die anderen Sachen alle erledigen und schauen, dass wir

vielleicht noch ein paar Praxisanleiter dazukriegen.“ (PA 2, Abs. 233, Z. 1-3)

„Wenn ich für jedes Stockwerk nur einen Praxisanleiter hätte, […], das heißt fünf

Praxisanleiter. […] Da könnte ich in den zwei Stunden einfach die Schüler

zusammenholen. […] Da kann ich immer etwas machen.“ (PA 2, Abs. 307,

Z. 1-10)

Ein weiteres Kriterium für eine gute Anleitungsqualität ist die Individualität der

SchülerInnenanleitungen. Da SchülerInnen vom ersten bis zum dritten

Ausbildungsjahr betreut werden, können die Anleitungen nicht bei allen

SchülerInnen gleich geplant werden. Die Lehrinhalte der Ausbildungsjahre sind

unterschiedlich. JedeR hat unterschiedliches Vorwissen mitgebracht und die

SchülerInnen lernen in ihren Praktika Unterschiedliches. Manche waren in den

vorherhigen Praktikumsstellen bloß MitläuferInnen, manche wurden vollständig in

den Arbeitsalltag integriert und ihnen wurde Neues gelernt. Darauf muss von den

PraxisanleiterInnen individuell eingegangen werden.

„Beim Schüler eine optimale Praxisanleitung ist, dass ich mich individuell auf den

[…] Schüler einstellen kann. Mit bestem Wissen und Gewissen halt das

weitergeben kann. Ja, dass alle zufrieden sind.“ (PA 3, Abs. 161, Z. 1-3)

„Ja eine gute Anleitung ist, wenn alle Rahmenbedingungen passen und ich auf die

Schüler so eingehen kann, wie ich es mir vorstelle. Und wenn ich Zeit für die

Schüler habe. […]“ (PA 1, Abs. 54, Z. 1-3)

Page 96: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

86

Zudem spielt die intrinsische Motivation der PraxisanleiterInnen eine große Rolle

für die qualitativ hochwertige Anleitung. Ist der/die PraxisanleiterIn von ihrem

Handeln überzeugt und macht er/sie diese Arbeiten gerne, dann merken die

SchülerInnen das. Dadurch sind sie selbst überzeugter und ihre Eigenmotivation

steigt ebenfalls. Die PraxisanleiterInnen müssen auf die Charaktere der

SchülerInnen unterschiedlich eingehen. Sind sie mit einer schüchternen Person

konfrontiert, dann müssen sie mehr auf diese eingehen als auf eineN eher

forderndereN SchülerIn. Ein Praxisanleiter äußerte, dass es sich hierbei um einen

Lernprozess handelt. Mit der Erfahrung weiß man, welche SchülerInnen mehr

oder weniger Unterstützungsbedarf im Alltag haben.

„Das lernst du mit der Zeit zum Aschätzen, welcher Schüler braucht ein bisschen

mehr Unterstützung und welcher Schüler braucht nicht so eine massive

Unterstützung.“ (PA 2, Abs. 142, Z. 5-7)

Ein weiterer wichtiger Punkt, für eine qualitativ hochwertige

SchülerInnenanleitung, ist der Erstkontakt mit den SchülerInnen. Je besser die

SchülerInnen zu Beginn über die Station und die Arbeitsabläufe informiert werden,

desto besser sind sie integriert und desto besser kann ihr Lernerfolg während des

Praktikums ausfallen. Darüber hinaus, ist auf eine ausgewogene Informierung zu

achten, damit die SchülerInnen nicht überfordert werden. Die SchülerInnen

müssen wissen, welche Ansprechpersonen es im Bedarfsfall gibt, welche

Räumlichkeiten für den Arbeitsalltag notwendig sind, wo die Notfallseinrichtungen

sind und wie der Arbeitsablauf auf der Station ist.

Durch den Zeitmangel im Arbeitsalltag, den alle PraxisanleiterInnen während der

Interviews erwähnten, wäre es sinnvoll den PraxisanleiterInnen, für die

Praxisanleitung und die Qualitätssicherung, zumindest zwei Extrastunden pro

Monat zur Verfügung zu stellen. Dadurch könnten sich die PraxisanleiterInnen in

diesen zwei Stunden vollständig auf die SchülerInnen konzentrieren, und sie auch

außerhalb des PatientInnenzimmers anleiten. Zudem könnten die

PraxisanleiterInnen mit zwei zusätzlichen Stunden im Monat die anderen

KollegInnen besser unterstützen. Vor allem die KollegInnen auf den acht

Stationen, auf denen es zurzeit keineN PraxisanleiterIn gibt. Dadurch könnte die

Qualität der Praxisanleitung von SchülerInnen verbessert werden. Ein

Page 97: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

87

Praxisanleiter meint, dass er mit zwei zusätzlichen Stunden im Monat seine

Anleitungsqualität um eine Schulnote verbessern könnte, da der Zeitdruck

verringert werden würde, und er auf die Fragen der SchülerInnen ausführlicher

eingehen könnte. Auch die Reflexionen der Anleitungssituation, gemeinsam mit

den SchülerInnen, könnte er mit zwei Extrastunden im Monat vertiefen.

„Sowas wäre für mich dann (.) qualitativ hochwertig (.). Wie es bei einer PSA zum

Beispiel auch abläuft. Wo sie sich nachher auch hinsetzen und sagen, okay, du

hast das so gemacht, […]. Das hat funktioniert, (..) dann könnte ich sagen das ist

eine qualitativ hochwertige Praxisanleitung.“ (PA 2, Abs. 323, Z. 4-8)

Zur Qualitätssicherung müssen die erhaltenen Feedback-Bögen reflektiert werden.

Diese Reflexion findet im Rahmen von Supervisionen statt, die ein Mal im Quartal

durchgeführt werden. Die PraxisanleiterInnen treffen sich und erarbeiten

Lösungsvorschläge, damit die negativen Beurteilungen verbessert werden

können. Zudem sollten die erarbeiteten Themen durch Motivations- und

Überzeugungsarbeit an alle KollegInnen herangetragen werden und diese

Vorschläge auch im Arbeitsalltag umgesetzt werden. Dies stellt sich jedoch als

schwierig dar, wie die PraxisanleiterInnen beim Interview erzählten. Eine

Praxisanleiterin erläuterte diesen Vorgang und erwähnte, dass man erst lernen

muss, für die Schulung der KollegInnen ausreichend Geduld aufzubringen. Im

Rahmen dieser internen, kleinen Fortbildungen sollen einheitliche Abläufe bei den

Anleitungen im gesamten Haus erzielt werden.

„Und dann trifft man immer wieder Kollegen die sagen, nein das hören wir heute

zum ersten Mal. Das ist dann schon ein bisserl frustrierend auch, wenn wir dann

doch Motivations- und Überzeugungsarbeit leisten und Aufklärungsarbeit.“ (PA 3,

Abs. 26, Z. 9-12)

Für die drei PraxisanleiterInnen des LKH Graz Süd-West Standort West bedeutet

eine gute Praxisanleitung zuallererst, dass sie ausreichend Zeit für ihre

SchülerInnen aufbringen können. Wichtig ist, dass sie sich dabei individuell auf sie

einlassen können und je nach ihrem Wissenstand die Anleitungssituationen

ausrichten. Sie achten dabei nicht darauf, dass die SchülerInnen vom ersten

Ausbildungsjahr nur Tätigkeiten durchführen dürfen, die sie auch im ersten Jahr in

der Schule lernen. Die PraxisanleiterInnen achten darauf, dass alle SchülerInnen,

Page 98: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

88

sofern sie dies wollen, alle Tätigkeiten durchführen unter einer, mehr oder weniger

ausführlichen, Anleitung und unter Aufsicht einer diplomierten Gesundheits- und

Krankenpflegeperson. Dadurch entgeht den SchülerInnen nicht die Chance auf die

einmalige Durchführung einer seltenen Tätigkeit.

Page 99: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

89

6. Diskussion

Das Ziel dieser Masterarbeit war es, die Qualität der durchgeführten

SchülerInnenanleitungen, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, zu erheben. Zudem

sollten die einflussnehmenden Bedingungen auf die Anleitungsituationen

dargestellt werden. Hierfür wurde das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in der

Pflege, am Beispiel des LKH Graz Süd-West Standort West, beschrieben. Um die

Qualität der Praxisanleitung, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, erläutern zu

können, wurde eine qualitative Erhebung zur Selbsteinschätzung der

Anleitungsqualität mittels halbstrukturierten Interviews durchgeführt. Grundlegend

wurde auf die zu Beginn erarbeiteten Forschungsfragen Bezug genommen. Die

PraxisanleiterInnen nahmen Stellung zu den Merkmalen, die, aus ihrer Sicht, zu

einem qualitativ hochwertigen Anleitungsprozess von Auszubildenden notwendig

sind.

Die PraxisanleiterInnen äußerten, dass es notwendig ist, sich einen

grundlegenden Arbeitsablauf für die Anleitungssituation zurechtzulegen. Alle drei

PraxisanleiterInnen erläuterten einen ähnlichen Arbeitsablauf ihrer Anleitungen,

welcher immer ein Vorgespräch, eine Durchführung und ein reflektierendes

Nachgespräch beinhaltet. Die Anleitungen laufen, bei beinahe allen SchülerInnen,

nach dem gleichen Schema ab und vernachlässigen somit keineN. Dieses

Vorgehen zeugt, laut Rogall-Adam (2012, S. 41f), von qualitativ hochwertigen

Anleitungssituationen. Alle SchülerInnenanleiterInnen sind sehr erfreut, wenn sie

Auszubildenden Neues lehren können. Zudem versuchen sie die Auszubildenden

dabei zu unterstützen, ihr theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen.

Diese hohe Eigenmotivation stellt ein weiteres Merkmal für eine hochwertige

Anleitung dar. Die Selbstmotivation ist ein wichtiger Aspekt in

Anleitungssituationen, da alle diplomierten Gesundheits- und

Krankenpflegepersonen im Pflegealltag als Vorbilder agieren. Durch

Eigenmotivation kann die Motivation bei den SchülerInnen ebenfalls gestärkt

werden (Mamerow 2013, S. 2). Auch Schneider et al. (2012) erwähnen in ihrer

Studie hohe Zufriedenheit der SchülerInnen, durch das hohe Engagement der

PraxisanleiterInnen.

Page 100: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

90

In der Literatur wird die Verwendung von Methoden und Instrumenten bei der

Praxisanleitung beschrieben. Alle drei PraxisanleiterInnen verwenden Methoden,

auch wenn diese von ihnen nicht so bezeichnet werden. Methoden sind bestimmte

Wege, wie ein Ziel erreicht werden kann (Schulze-Kruschke & Paschko 2011,

S. 102). Von einer Praxisanleiterin werden Mind Maps zur Zielformulierung

verwendet. Alle drei PraxisanleiterInnen versuchen die SchülerInnen zum

kritischen Denken anzuregen, indem sie die Methode des Fragens anwenden.

Dadurch wird ebenfalls Interesse an den SchülerInnen signalisiert. Auch der

Ablauf, den sie sich für ihre Anleitungen zurechtgelegt haben, ist eine gewisse

Methode, nach der sie arbeiten. Dadurch können sie Abläufe einwandfrei erlernen.

Dies spricht für einen qualitativ hochwertigen Anleitungsprozess (Schulze-

Kruschke & Paschko 2011, S. 113; 116f). Mit den verwendeten Instrumenten

kommen die PraxisanleiterInnen gut zurecht, sie sind allerdings nicht immer mit

dem Aufbau der Instrumente zufrieden. Das Praxishandbuch und der

Beurteilungsbogen, die von den Auszubildenden verpflichtend zu führen sind, sind

aus Sicht der PraxisanleiterInnen, zu ausführlich, wodurch die korrekte

Abarbeitung des Praxishandbuches und des Beurteilungsbogens leidet. Diese

beiden Formulare werden, im Falle von Zeitmangel, nicht ausführlich ausgefüllt.

Dies wird, laut Information der Schule für allgemeine Gesundheits- und

Krankenpflege, nicht verlangt. Auch die Beurteilung der SchülerInnen ist ein

großes Thema und wird von allen diplomierten Gesundheits- und

KrankenpflegerInnen durchgeführt. Manche haben Angst negative Beurteilungen

abzugeben und schieben die SchülerInnen an die PraxisanleiterInnen ab. Da dies

nicht die Norm sein sollte, werden negative Beurteilungen nur in Absprache mit

den PraxisanleiterInnen durchgeführt. Zudem erhalten die KollegInnen von den

PraxisanleiterInnen Schulungen, um die Angst vor dem Beurteilen zu minimieren.

Wie in der Literatur beschrieben sehen die AnleiterInnen die

SchülerInnenanleitung nicht nur als ihre eigene Aufgabe, sondern als Teamarbeit.

Eine gute Integration der SchülerInnen ins Team, ist für die Praxisanleitung von

Vorteil und fördert die Zufriedenheit der SchülerInnen. (Schulz-Kruschke &

Paschko 2011, S. 54; Mamerow 2013, S. 4). Daher werden die KollegInnen immer

wieder durch die PraxisanleiterInnen geschult und auf etwaige Fehler aufmerksam

gemacht.

Page 101: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

91

Ähnlich wie bei einer PSA mit einer Lehrperson wünschen sich die

PraxisanleiterInnen, vor allem für die Nachbesprechungen mit den SchülerInnen,

mehr Zeit, um auf alle Fragen ausführlich eingehen zu können, und die

durchgeführten Tätigkeiten vertieft zu besprechen. Wie von Sodar (2014)

beschrieben, wäre es wichtig, auf jeder Station eineN PraxisanleiterIn zu situieren,

um die Schüleranleitung optimal zu gestalten. Ohne PraxisanleiterInnen kann eine

„kompetenzorientierte praktische Pflegeausbildung“ schwer stattfinden

(Arens 2013). In diesem Haus gibt es zurzeit lediglich drei PraxisanleiterInnen, die

elf Stationen zu betreuen haben. Jeder/Jede Praxisanleiterin hat also drei bis vier

Stationen zu begleiten. Darunter leidet die Praxisanleitung im LKH Graz Süd-West

Standort West. Aus Sicht der PraxisanleiterInnen ist die Betreuung der anderen

Stationen, für die sie auch zuständig sind, kaum machbar. Daher müssen

unbedingt noch mindestens zwei PraxisanleiterInnen ausgebildet werden, um

zumindest pro Stockwerk eineN PraxisanleiterIn als Ansprechperson zur

Verfügung zu haben. Hinzu kommt die hohe Fluktuationsrate der MitarbeiterInnen,

wodurch der Grundstock an PraxisanleiterInnen nicht wachsen kann. Laut

Schneider et al. (2012) ist die langfristige Bindung des Pflegepersonals an das

Unternehmen wegen der demografischen Entwicklung und des Pflegenotstands

unerlässlich.

Für die PraxisanleiterInnen bedeutet gute Anleitungsqualität, ausreichend Zeit für

die SchülerInnen aufbringen zu können und individuell auf jedeN AuszubildendeN

eingehen zu können. Sie versuchen, während der Anleitungssituationen, genüg

Zeit aufzubringen und für die SchülerInnen da zu sein, was nicht immer gelingt.

Alle drei PraxisanleiterInnen wünschen sich zumindest zwei Stunden pro Monat,

die sie zusätzlich zur Praxisanleitung verwenden könnten. Dadurch könnten sie

sich individueller auf die SchülerInnen einstellen und auch außerhalb des

PatientInnenzimmers wichtige Tätigkeiten erklären. Im Sinne eines LTTs, wie es in

der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege durchgeführt wird.

Laut der Studie von Schneider et al. (2012) sind SchülerInnen zufriedener, wenn

sie von PraxisanleiterInnen betreut werden, die ausreichend Zeit für sie haben und

für die Anleitung vom Pflegealltag freigestellt sind.

Page 102: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

92

Zudem äußerten alle PraxisanleiterInnen, die Notwendigkeit von Geduld und

Nachsicht bei den Auszubildenden. Dadurch, und durch die Übertragung von

Verantwortung an die SchülerInnen, kann eine qualitativ hochwertige Anleitung

entstehen. Dies ist eine ähnliche Einschätzung, wie die von Roes (2004), die

schreibt, dass Fehler von SchülerInnen als Chance gesehen werden sollen, ihnen

Neues zu lernen.

Insgesamt schätzen die PraxisanleiterInnen des LKH Graz Süd-West

Standort West ihre durchgeführte Praxisanleitung mit der Schulnote 2,33 ein. Dies

ist, aufgrund des immer wieder erwähnten und störenden Zeit- und

Personalmangels, eine plausible Einschätzung. Diese Beurteilung der

Anleitungsqualität ließe sich, aus Sicht der PraxisanleiterInnen, durch zwei

zusätzliche Pflegepersonen mit der entsprechenden Weiterbildung, in eine

positivere Richtung verändern.

Aus Sicht der PraxisanleiterInnen, sind zwei grundlegende Rahmenbedingungen

vorhanden, die die Praxisanleitung massiv negativ beeinflussen. Zum einen ist

dies der Mangel an ausgebildeten PraxisanleiterInnen. Zum anderen tritt durch

das wachsende Arbeitspensum im Stationsalltag ein immer größerer Zeitmangel

auf. Dies ist mit der Studie von Sodar (2014) zu vergleichen. Auch hier äußerten

beinahe alle Befragten, zu wenig Zeit für die SchülerInnenanleitung zur Verfügung

zu haben.

Zudem müssen die SchülerInnen während der Arbeitszeit angeleitet, geschult und

beurteilt werden. Aus Sicht der PraxisanleiterInnen sind diese beiden Punkte

zurzeit kaum zu ändern. In erster Linie müsste eine Änderung von Seiten der

Organisation initiiert werden, indem die Strukturen abgeändert werden. Laut

Aussagen der PraxisanleiterInnen kann der Stress, der durch das zusätzliche

Arbeitspensum der Praxisanleitung entsteht, nur durch zusätzliches pädagogisch

geschultes Personal, reduziert werden. Zudem müssten die PraxisanleiterInnen

zumindest zwei Stunden pro Monat für die Anleitung von Auszubildenden

freigespielt werden.

Laut Aussagen der Krankenhausleitung wird dieses Faktum erst geändert, wenn

ein Fortschritt in der Praxisanleitung erkennbar wird. Ein Fortschritt wäre, laut

Oberpfleger des LKH Graz Süd-West Standort West, ein Konzept, anhand dessen

Page 103: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

93

er erkennen kann, welche weiteren Schritte die PraxisanleiterInnen planen. Dies

gestaltet sich schwierig, da sie dieses Konzept neben ihrer normalen Arbeitszeit

entwerfen müssten. Ein Fortschritt kann, laut Aussagen des Praxisanleiters, erst

zustande kommen, wenn zusätzliche PraxisanleiterInnen ausgebildet werden.

Eine Änderung der Tatsachen scheint unter diesen Umständen sehr schwierig zu

sein. Vor allem solange, bis eine genaue Stellenbeschreibung für

PraxisanleiterInnen am Lernort Krankenhaus entwickelt wird.

In dieser Arbeit ist die geringe Anzahl der TeilnehmerInnen an den Interviews

kritisch zu bewerten. Das ließ sich, aufgrund der geringen Beschäftigungszahl von

PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West, nicht ändern. Es

wurden alle AnleiterInnen des Hauses befragt. Die Ergebnisse sind daher nur für

dieses LKH gültig, und können nicht auf andere Häuser übertragen werden.

Abschließend kann gesagt werden, dass sich die Ergebnisse mit der Literatur

decken. Der größte negative Einflussfaktor auf die Qualität der Praxisanleitung

stellt die Zeit dar. Alle PraxisanleiterInnen äußerten, dass es schwierig ist, die

SchülerInnenanleitung in den Arbeitsalltag zu integrieren. Zudem müssten noch

zusätzliche PraxisanleiterInnen im LKH Graz Süd-West Standort West ausgebildet

werden, um die Vielzahl an Auszubildenden sachgemäß anleiten zu können.

In Zukunft sollten interessierte Pflegekräfte zum Thema Anleitung von

Auszubildenden geschult werden. Diese Schulungen könnte von den

PraxisanleiterInnen selbst oder von anderen pädagogisch ausgebildeten

Fachpersonen durchgeführt werden. Durch die geschulten Pflegepersonen

werden sie bei der Anleitung noch besser unterstützt. Dadurch könnte eine

größere Kontinuität in der SchülerInnenarbeit erlangt werden, auch dann, wenn

die AnleiterInnen nicht im Dienst sind. Diese Arbeit könnte als Leitfaden für

Schulungen dienen oder als Informationsmaterial für interessierte Pflegekräfte.

In der Praxis sollte zudem diskutiert werden, inwieweit es möglich ist, die

praktischen SchülerInnenanleitungen gemeinsam mit den Lehrpersonen, der

Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, durchzuführen, um so die

praktischen Fertigkeiten der PraxisanleiterInnen, auf eigenen Wunsch, zu fördern.

Page 104: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

94

Aufgrund der hier gewonnenen Erkenntnisse ergibt sich die Notwendigkeit einer

weiterführenden Arbeit. Es sollte erhoben werden, inwieweit der

Beurteilungsbogen der Auszubildenden abgeändert werden sollte, um effektiv und

vollständig bearbeitet werden zu können. Bei den Interviews war von allen

PraxisanleiterInnen eine große Unzufriedenheit, in Bezug auf die

Beurteilungsbögen, zu vernehmen.

Page 105: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

95

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Page 111: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

101

Anhang

A Interviewleitfaden

Interviewleitfaden

Dank für die Zeit zum Interview

Dauer: ca. 1 Stunde

Thema der Masterarbeit, Ziel, Grund für Interviews

Anonymisierung der Daten

Einverständnis zur Tonbandaufnahme und für die Verwendung der Daten in der Masterarbeit

Soziodemografische Daten

Alter: 20 – 30 Jahre 30 – 40 Jahre 40 – 50 Jahre >50

Jahre

Diplom seit:

Abteilung: Interne Chirurgie Ambulanz

Sonderklasse Intensivstation

Tagesklinik/Beobachtungsstation

Berufserfahrung auf der Abteilung seit:

PraxisanleiterIn seit:

Persönliche Bedingungen für die Praxisanleitung

Aus welchem Grund wurden Sie PraxisanleiterIn?

Spaß daran, mit SchülerInnen zu arbeiten

Durch Hinweis von Stationsleitung

Interesse an einer Weiterbildung

Page 112: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

102

Finden Sie, dass die Weiterbildung ausreicht, um adäquate

Praxisanleitung durchführen zu können?

oder würden Sie sich weitere themenspezifische Fortbildungen wünschen?

Hatten Sie sich zum Zeitpunkt der Weiterbildung die Tätigkeit als

PraxisanleiterIn so vorgestellt, wie Sie sie jetzt in der Praxis

durchführen?

Anleitungsprozess:

In der Literatur wird beschrieben, dass bei einer qualitativ hochwertigen

Praxisanleitung vor jeder Anleitungssituation ein Vorgespräch stattfinden

sollte, nach der Anleitung sollten die Geschehnisse gemeinsam reflektiert

werden und evaluiert werden. Zudem werden Instrumenten und Methoden

beschrieben, die beim Anleitungsprozess verwendet werden sollen.

• Wie führen Sie Anleitungssituationen auf der Station durch? Haben

Sie ein bestimmtes Schema?

Wie häufig führen sie Anleitungssituationen durch?

Wie lange benötigen Sie für gezielte Anleitungssituationen?

• In der Literatur werden unterschiedliche Instrumente für die

Praxisanleitung beschrieben: Tätigkeitsnachweis, Beurteilungsbogen,

Praxishandbuch, Lerntagebuch, Praktikumsaufträge (Beobachtung, …).

Welche Instrumente verwenden Sie für Ihre PA? Definition von

Instrumente:

• Zusätzlich werden in der Literatur Methoden der Anleitung

beschrieben. Integration ins Team, Einführungs-, Zwischen-, Endgespräch,

Beurteilungsgespräche, Kommunikationsregeln, Reflexionsgespräche,

bestimmte Fragetechniken, Aktives Zuhören. Wie ernst werden diese

Methoden in der Praxis genommen?

Definition von Methoden:

Page 113: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

103

Rahmenbedingungen

Welche Bedingungen haben Ihrer Meinung nach Einfluss auf die

Praxisanleitung?

im Positiven wie auch negativen Sinn

organisatorische, personelle, Zeitfaktor, Störungen während der Anleitungssituation

wie könnte man die negativen Einflüsse ändern?

können die negativen Einflüsse geändert werden?

• Wie wird die Praxisanleitung vom Team aufgenommen?

gibt es Diskrepanzen (heute arbeiten wir schulisch…) zwischen Schule und Praxis

Wird die Anleitung der SchülerInnen auf Sie abgewälzt?

• Wird auf Ihrer Station das Motto "jeder Praktikumstag sollte für die

Auszubildenden ein Lerntag sein" umgesetzt?

Was ist für Sie persönlich eine gute Anleitung?

Vielen Dank für Ihre Antworten. Ich wäre hier nun am Ende des Interviews.

Möchten Sie noch etwas hinzufügen, dass Ihnen zum Thema wichtig erscheint?

B Einverständniserklärung

Einverständniserklärung zum Interview

Interviewdatum:

InterviewpartnerIn:

Interviewerin und Auswertung des Interviews: Melanie Ausserweger, BSc

Betreuer der Masterarbeit: Univ. Prof. Dr. Rudolf Egger

Page 114: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

104

Ich erkläre mich dazu bereit, bei einem Interview zum Thema „Selbstbild der

PraxisanleiterInnen in der Pflege“ teilzunehmen. Ich wurde über das Ziel und den

Zweck informiert.

Ich bin damit einverstanden, dass das Interview mit einem Aufnahmegerät

aufgezeichnet wird und anschließend in schriftliche Form gebracht wird. Meine

persönlichen Daten werden für die schriftliche Auswertung anonymisiert und

streng vertraulich behandelt, sodass kein Rückschluss auf meine Person möglich

ist. Es ist möglich, dass Ausschnitte des Interviews in der wissenschaftlichen

Arbeit zitiert werden, jedoch nur in anonymisierter Weise.

Das aufgezeichnete Interview ist nur der Interviewerin zugänglich und es wird

verschlossen aufbewahrt. Die schriftliche Form des Interviews ist nur

Studierenden oder berechtigten Personen der Grazer Universitäten zugänglich,

sofern sie sich die gebundene Arbeit ausleihen. Online ist kein Zugriff auf das

Interview möglich.

Ich kann diese Erklärung jederzeit ganz oder teilweise widerrufen, ohne dass für

mich Nachteile entstehen.

Graz, am ...........................................................

Datum Unterschrift InterviewpartnerIn

Bei mündlicher Datenschutzvereinbarung:

Ich bestätige hiermit, dass ich den/die InterviewpartnerIn über das Zile und den

Zweck des Interviews aufgeklärt, und die oben angeführten

Datenschutzbestimmungen sinngemäß erläutert habe und das Einverständnis

erhalten habe.

Graz, am ...........................................................

Datum Unterschrift Interviewerin

Page 115: Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in ... - Med Uni Graz

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C Information bezüglich des Interviews

Das Selbstbild der PraxisanleiterInnen in der Pflege

Eine qualitative Erhebung zur Selbsteinschätzung der Anleitungsqualität am

Beispiel der PraxisanleiterInnen im LKH Graz West

Forschungsfragen:

Welche Merkmale zeugen von einem qualitativ hochwertigen Anleitungsprozess

von Auszubildenden in der Praxis aus Sicht der PraxisanleiterInnen?

Anhand welcher Kriterien führen die PraxisanleiterInnen die Praxisanleitung

durch?

Welche Methoden und Instrumente werden bei der Praxisanleitung von den

PraxisanleiterInnen verwendet?

Welche Rahmenbedingungen beeinflussen den Anleitungsprozess in der

Pflege aus Sicht der PraxisanleiterInnen?

Wie könnte man negativ beeinflussende Rahmenbedingungen aus Sicht

der PraxisanleiterInnen zugunsten einer verbesserten Qualität ändern?

Ziel:

Es soll erhoben werden, wie die PraxisanleiterInnen die Qualität, der von ihnen

durchgeführten Praxisanleitung, beurteilen.

Zudem soll dargestellt werden, welche Bedingungen, aus Sicht der

PraxisanleiterInnen, notwendig sind, um eine qualitativ hochwertige

Praxisanleitung ermöglichen zu können.