Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der...

18
Modellüberblick Das St. Galler Management-Modell A

Transcript of Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der...

Page 1: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

ModellüberblickDas St. Galler Management-Modell

A

9783060282333 Inhalt_S037 37 04.01.13 14:04

Page 2: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

38 Modellüberblick

A1 Modellüberblick 391.1 Annäherung an den Modellbegriff 401.2 Übersicht über das St. Galler Management-Modell 42 Umweltsphären: Die Einbettung des Unternehmens in seinem Umfeld 42 Anspruchsgruppen: Die Erwartungen an ein Unternehmen 43 Interaktionsthemen: Die Austauschbeziehungen zwischen Anspruchs-

gruppen und Unternehmen 44 Ordnungsmomente: Strategie, Struktur und Kultur 45 Prozesse: Die Abläufe in den unterschiedlichen Aufgabenbereichen 46 Entwicklungsmodi: Wandel der Organisation 471.3 Entstehung des neuen St. Galler Management-Modells 481.4 Grundverständnis von Unternehmen 481.5 Zusammenhang zwischen den Modellelementen 49Aufgaben 50

9783060282333 Inhalt_S038 38 04.01.13 13:51

Page 3: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

39

Beispiel Döner-Bude

Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior-gio eine Döner-Bude in Bern. Ahmed hat kürzlich seine Ausbildung abgeschlossen und möchte das Geschäft übernehmen. Hierzu fehlt ihm aber zur-zeit noch der notwendige Überblick über die Unter-nehmensführung, das Grundverständnis über die Funktionsweise von Unternehmen und die Zusam-menhänge zwischen den einzelnen Elementen.Mithilfe des St. Galler Management-Modells ver-sucht Ahmed sich auf die künftigen Herausforde-rungen seriös vorzubereiten.

A1 Modellüberblick

Leitfragen – Was ist ein Modell und wozu dient es? – Wo werden Modelle eingesetzt? – Wozu dient das St. Galler Management-Modell? – Aus welchen sechs Grundkategorien besteht das St. Galler Management- Modell?

– Welche Elemente beinhalten die einzelnen Grundkategorien? – Worin unterscheidet sich das aktuelle St. Galler Management-Modell von der früheren Version?

– Welches Grundverständnis von Unternehmen liegt dem St. Galler Manage-ment-Modell zugrunde?

– Worauf sollten Sie beim Lesen der weiteren Kapitel achten?

SchlüsselbegriffeSt. Galler Management-Modell, Wechselwirkungen, Modell, Umweltsphären, Gesellschaft, Natur, Technologie, Wirtschaft, Anspruchsgruppen, Kapitalgeber, Kunden, Mitarbeitende, Öffentlichkeit/NGOs, Staat, Lieferanten, Konkurrenz, Interaktionsthemen, Anliegen und Interessen, Normen und Werte, Ressourcen, Ordnungsmomente, Strategie, Struktur, Kultur, Prozesse, Managementpro zesse, Geschäftsprozesse, Unterstützungsprozesse, Entwicklungsmodi, Optimierung, Erneuerung, System, Komplexität

Verankerung im ModellDieses Kapitel gibt einen Überblick über das ganze St. Galler Management- Modell, nach welchem das vorliegende Lehrmittel strukturiert wurde. Dabei werden die einzelnen Modellelemente in Kurzform dargestellt.

Abb. 19

PM1, PM2

9783060282333 Inhalt_S039 39 04.01.13 14:04

Page 4: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

40 Modellüberblick

Beispiel Modell – Die Landkarte

Ahmed will mit seiner Freundin am Wochenende im Toggenburg eine Wanderung unternehmen. Da sich Ahmed ausserhalb der Stadt Bern nicht aus­kennt, beschafft er sich eine Schweizer Strassen­karte im Massstab 1:300 000, welche das Gebiet vom Genfer­ bis zum Bodensee abbildet. Landkarten werden auf der Basis eines Satelliten­bildes erstellt. Das Satellitenbild erfasst die Umge­bung detailgetreu. Zu viele Details könnten Ahmed bei der Suche nach der richtigen Strasse behindern. Aus diesem Grund wird eine Vereinfachung vorge­nommen. Für eine Fahrt mit dem Auto von Bern ins Toggenburg sind für Ahmed vor allem die Autobah­nen und Hauptstrassen wichtig, nicht aber die Wan­derwege. Im Toggenburg angekommen, legt Ahmed die Strassenkarte zur Seite und nimmt die Toggenburger Wanderkarte im Massstab 1:25 000 zur Hand. Diese Karte umfasst einen viel kleineren Ausschnitt, nämlich nur das Toggenburg. Allerdings enthält diese Karte viel mehr Detailinformationen. Nebst den Haupt­strassen sind ebenfalls die Wanderwege und die Höhenkurven abgebildet, wel­che für den Wanderer wichtig sein könnten.Ahmed dient die Karte zur Orientierung in einem unbekannten Gebiet. Je nach Aktivität (Autofahren oder Wandern) verwendet er eine Karte mit einem ande­ren Detaillierungsgrad.

1 Wechselwirkung: „Dinge“ beeinflussen sich gegen­seitig, z. B. eine Person lächelt eine andere Person an, worauf diese andere Person zurücklächelt.

1.1 Annäherung an den Modellbegriff

Modelle sind allgegenwärtig und werden dazu verwendet, kompliziertere Sach­verhalte einfacher darzustellen und besser zu verstehen. Will ein Architekt ein Schulhaus bauen, so wird er mit einem Modell das geplante Bauvorhaben prä­sentieren, damit die Bewohner der Gemeinde eine bessere Vorstellung über das Projekt erhalten können. Im Chemieunterricht wird ein Atommodell eingesetzt, welches den Aufbau der Atome abbildet. Im Volkswirtschaftsunterricht werden mithilfe des Wirtschaftskreislaufs volkswirtschaftliche Vorgänge vereinfacht dargestellt. In der Geografie wird die Landschaft im Kleinformat auf einer Land­karte abgebildet.

Es gibt Modelle, die den Gesamtüberblick über ein grosses Themengebiet (Schweizer Strassenkarte) darstellen und solche, die sich eher mit Details (Toggenburger Wanderkarte) beschäftigen.Den Gesamtüberblick über dieses Buch liefert das St. Galler Management- Modell. Es dient als übergeordnetes Rahmenmodell und Strukturhilfe und greift alle relevanten Bereiche der Betriebswirtschaftslehre auf. Zudem stellt es die komplexen unternehmerischen Vorgänge verständlich und anschaulich dar und gibt eine Übersicht über deren Wechselwirkungen1 . Das St. Galler Manage­

Abb. 20

9783060282333 Inhalt_S040 40 04.01.13 13:51

Page 5: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

41

→ S. 95 Fünf- Kräfte-Modell

ment- Modell alleine reicht aber noch nicht aus, um gewisse Sachverhalte und Zusammenhänge ausreichend zu verstehen. Das Thema Strategie ist zwar Be-standteil des Modells, wird durch dieses aber zu wenig präzise erfasst. Aus die-sem Grund wird in der Betriebswirtschaftslehre für Strategiefragen das Fünf-Kräfte-Modell von M. Porter→ verwendet, welches einen präziseren Blick auf das Thema Strategie wirft. Dieses Modell ist somit vergleichbar mit der zuvor genannten Toggenburger Wanderkarte: Es stellt einen Ausschnitt aus dem St. Galler Management-Modell dar und erklärt diesen detailgetreuer.

In den Wirtschaftswissenschaften wurden im Verlauf des letzten Jahrhunderts verschiedenste Modelle entwickelt, eingesetzt und den neuen Verhältnissen und Entwicklungen angepasst. Eines der wichtigsten Unternehmensmodelle des deutschsprachigen Raums stellt das St. Galler Management-Modell dar. → Aufgaben 1 und 2

Was ist ein Modell? Wozu dient ein Modell? Beispiel

Vereinfachtes Bild der Wirklichkeit

Die Vereinfachung hilft, komplizierte Zusammenhänge besser zu ver-stehen. Zudem werden nicht mehr sämtliche Aspekte miteinbezogen, sondern nur noch jene, welche wichtig sind. Somit wird Wichtiges von Unwichtigem unterschieden.

Ahmed benötigt für die Fahrt von Bern ins Toggenburg nur die grossen Strassen. Die Schweizer Strassen-karte, welche eben nur die grossen Strassen abbildet, ist somit aus-reichend.

Gesamtüberblick über ein bestimmtes Themengebiet

Der Gesamtüberblick hilft, eine ganz-heitliche Sicht einzunehmen und verhindert demnach blinde Flecken. Zudem dient das Modell der Orientie-rung (Navigation) in einer fremden Umgebung.

Ahmed kennt den Weg von Bern ins Toggenburg nicht. Die Landkarte hilft ihm den Weg ans Ziel in einer ihm unbekannten Umgebung zu finden.

Bestimmte Sichtweise auf ein Themengebiet

Wenn alle dieselbe Sichtweise auf ein Themengebiet haben und dieselben Begriffe verwenden, erleichtert dies die Kommunikation innerhalb des Unternehmens.

Ahmed verliert seine Freundin auf der Wanderung. Glücklicherweise besitzen beide dieselbe Karte sowie Mobiltelefone, womit sie auf ihren Karten die Routen festlegen können, um sich an einem bestimmten Ort wieder zu treffen.

Strukturierung eines Themengebiets

Ein Problem bzw. eine Fragestellung kann mithilfe eines Modells struktu-rierter angegangen werden.

Ahmed kennt das Ziel seiner Wanderung. Die Landkarte gibt ihm in strukturierter Weise ein Abbild der Landschaft. Der nächste Weg ist nicht immer der schnellste. Durch einen Umweg kann Ahmed eine Schlucht ohne Brücke über den Fluss umgehen.

Tab. 10

9783060282333 Inhalt_S041 41 04.01.13 13:51

Page 6: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

42 Modellüberblick

1.2 Übersicht über das St. Galler Management- Modell

1 Sphären: Bereiche

2 Non-Governmental-Organi-sations: Nichtregierungs-Or-ganisationen wie z. B. WWF oder Amnesty Inter national

3 Dumpingpreis: Preis, welcher unter den Herstell-kosten liegt.

Ein grundsätzliches Verständnis der sechs Grundkategorien ist Voraussetzung für die Erarbeitung des Gesamtmodells. Jede Grundkategorie wird in einem oder mehreren Kapiteln des Buches vertieft.

Die Abbildung auf der letzten Seite des Buches zeigt das neue St. Galler Manage-ment-Modell mit seinen sechs Grundkategorien:

– Umweltsphären – Anspruchsgruppen

– Interaktionsthemen – Ordnungsmomente

– Prozesse – Entwicklungsmodi

Umweltsphären: Die Einbettung des Unternehmens in seinem Umfeld

Ein Unternehmen steht nicht für sich alleine da, sondern ist in ein bestimmtes Umfeld eingebettet. Dieses Umfeld beeinflusst die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens. Das St. Galler Management-Modell bildet dieses Umfeld durch vier Umweltsphären Gesellschaft, Natur, Technologie sowie Wirtschaft ab. Ein Unternehmen ist Teil aller vier Sphären1. Eine eindeutige Zuordnung zu den Umweltsphären ist daher nicht immer möglich. Nachfolgend werden die vier Sphären am Beispiel der Döner-Bude beschrieben:

Umweltsphäre Beschreibung Beispiele für die Döner-Bude

Gesellschaft Die Menschen bilden die Gesellschaft. Diese beschliesst Regeln (meist in Form von Gesetzen), welche das Zusammen-leben regeln und auch die Unternehmen be treffen.

– Altersstruktur der Bevölkerung von Bern – Gute Akzeptanz von Döner bei der Bevölkerung

– Hygienebestimmungen für Gastro-betriebe des Staates

Natur (Ökologie)

Die Natur bietet dem Unternehmen – meist beschränkte – Ressourcen zur Produktion. Die Natur wird durch das Unternehmen aber auch belastet.

– Freisetzung von möglichst wenig Schadstoffen bei der Zubereitung der Speisen

– Bei schlechtem Wetter und im Winter kommen weniger Kunden

Technologie Technologische Entwicklungen be-einflussen die wirtschaftliche Tätigkeit. Sie verändern und vereinfachen viele Prozesse im Unternehmen.

– Durch Mobilfunk- und Internettechno-logie kann die Stammkundschaft schnell und einfach über den Döner des Monats informiert werden (z. B. via SMS, MMS oder Newsletter über das Internet).

Wirtschaft Ein Unternehmen ist Teil der Volkswirt-schaft. Es ist von deren Beschaffungs-, Absatz-, Arbeits- und Finanzmärkten abhängig.

– Möglichkeit, bei einer Bank einen Kredit zu tiefen Zinsen zu erhalten, um einen zweiten Dönerbudenwagen an -zuschaffen

Tab. 11

9783060282333 Inhalt_S042 42 04.01.13 14:04

Page 7: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

43

Anspruchsgruppen: Die Erwartungen an ein Unternehmen

Jedes Unternehmen hat verschiedene Anspruchsgruppen, welche unterschied­liche Erwartungen und Ansprüche haben. Die Anspruchsgruppen eines Unter­nehmens können durch dessen Tätigkeit in unterschiedlichster Weise betroffen sein: Vom Nutzen und der Förderung bis hin zu den Risiken und der Beein­trächtigung der Lebensqualität. Im St. Galler Management­Modell sind sieben Anspruchsgruppen aufgeführt, deren mögliche Erwartungen am Beispiel der Döner­Bude veranschaulicht werden:

Anspruchs­gruppe

Beschreibung Beispiel für die Döner­Bude

Kapitalgeber Diese leihen dem Unternehmen Geld, damit dieses notwendige Investitionen tätigen kann. Im Gegenzug erwarten sie eine Entschädigung für das zur Verfügung gestellte Geld.

Die Sparkasse Bern erwartet von der Döner-Bude, dass diese die Zinsen für den erhaltenen Kredit monatlich bezahlt und am Ende der Laufzeit den Kredit vollständig zurückbezahlt.

Kunden Diese kaufen die vom Unternehmen erstellten und auf dem Markt angebotenen Produkte oder Dienstleistungen.

Man erwartet von der Döner-Bude qualitativ hochstehende Döner zu einem guten Preis.

Mitarbeitende Diese arbeiten im Unternehmen und leis-ten mit ihrer Arbeitskraft einen wichtigen Beitrag bei der Erstellung von Produkten und Dienstleistungen.

Eva und Giorgio erwarten von der Döner-Bude einen sicheren Arbeitsplatz, einen angemessenen Lohn.

Öffentlichkeit/ NGOs2

Diese beobachten die Aktivitäten des Unternehmens und hinterfragen diese kritisch.

Der Tierschutzverein erwartet von der Döner-Bude die Verwendung von Fleisch aus artgerechter Haltung.

Staat Dieser setzt den wirtschaftlichen Aktivi-täten des Unternehmens durch Gesetze Grenzen, treibt vom Unternehmen Steuern ein und stellt diesem die notwendige Infra-struktur zur Verfügung.

Die Stadt Bern erwartet von der Döner-Bude die fristgerechte Bezahlung der Steuern und die Einhaltung der Hygiene-bestimmungen.

Lieferanten Diese liefern die notwendigen Rohstoffe, Halbfabrikate, Produkte oder Dienst-leistungen, welche das Unternehmen für die Erstellung seiner Güter benötigt.

Der Getränkehändler Moser erwartet von der Döner-Bude regelmässige Bestel-lungen und die fristgerechte Bezahlung der Rechnungen.

Konkurrenz Diese bietet dieselben oder ähnliche Produkte oder Dienstleistungen auf dem Markt an und buhlt um dieselben oder ähnlichen Kundengruppen.

Die 300 m entfernte Döner-Bude erwartet faires Verhalten, indem beispielsweise die Döner nicht zu Dumpingpreisen3 an-geboten werden.

Tab. 12

9783060282333 Inhalt_S043 43 04.01.13 13:51

Page 8: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

44 Modellüberblick

Jedes Unternehmen muss für sich selbst entscheiden, welche Gruppe von Men-schen oder Organisationen in besonderer Weise von ihrer unternehmerischen Tätigkeit abhängig oder in diese einbezogen sind.

Interaktionsthemen: Die Austauschbeziehungen zwischen Anspruchs gruppen und Unternehmen

Zwischen den Anspruchsgruppen und einem Unternehmen finden vielfältige Aus tauschbeziehungen statt. Diese Austauschbeziehungen (Interaktionen) ha-ben meist auch einen Gegenstand bzw. ein Thema, um das mehr oder weniger kontrovers gerungen wird. Interaktionsthemen stellen daher alles dar, was über die Anspruchsgruppen an das Unternehmen herangetragen wird. Die Anliegen und Interessen der Anspruchsgruppen basieren auf bestimmten Normen und Werten. Aufgrund einer vertieften Auseinandersetzung mit den Anspruchs-gruppen legt ein Unternehmen fest, welche Geschäftsaktivitäten grundsätzlich erstrebenswert und welche zu vermeiden sind und welche Ressourcen ein Unternehmen für die unternehmerische Wertschöpfung erschliessen will. Bei personen bezogenen Themen kann es um Anliegen, Interessen, Werte und Nor-men gehen. Objektgebundene Themen beziehen sich auf Ressourcen (z. B. Ka-pital). Es geht um die Frage, worum sich Unternehmen aktiv bemühen müssen.

Interaktions­themen

Beschreibung Beispiel für die Döner­Bude

Anliegen und Interessen

– Anliegen drücken eher verallgemeine-rungsfähige Ziele,

– Interessen eher unmittelbarer Eigennutz aus.

Der Tierschutzverein erwartet von der Döner-Bude, dass diese nur Fleisch aus tiergerechter Haltung verwendet. Der Tier-schutzverein begründet dies damit, dass auch Tiere ein Anrecht auf ein würdiges Leben haben. Die Döner-Bude wägt die Mehrkosten für das teurere Fleisch mit dem Argument des Tierschutzvereins ab und kommt zum Schluss, nur noch Fleisch aus artgerechter Tierhaltung einzukaufen.

Normen und Werte

– Normen sind grundlegende, allge mein anerkannte, wertbasierte Verhaltens-regeln.

– Werte verkörpern Vorstellungen dessen, was ein gutes Leben ausmacht.

Ein Teil der Berner Bevölkerung vertritt die Werthaltung, dass auch Tiere Anrecht auf ein würdiges Leben haben. Zudem schreibt der Staat gewisse Minimalbedin-gungen für die Tierhaltung vor.

Ressourcen Ressourcen werden im unternehme-rischen Wertschöpfungsprozess benötigt und können beispielsweise Rohstoffe, Energie, Finanzen oder die menschliche Arbeitskraft sein.

Die Döner-Bude benötigt für die Herstel-lung des Döners unter anderem Fleisch.

Tab. 13

9783060282333 Inhalt_S044 44 04.01.13 13:51

Page 9: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

45

Ordnungsmomente: Strategie, Struktur und Kultur

Die Ordnungsmomente bestehen aus der Strategie, der Struktur und der Kultur. Sie geben dem Unternehmen eine innere Ordnung. Strategie und Struktur kön-nen von der Unternehmensleitung besser beeinflusst werden als die Unterneh-menskultur, welche über Jahre hinweg entsteht und dadurch nur schwer gelenkt werden kann.

Ordnungs­momente

Beschreibung Beispiel für die Döner­Bude

Strategie Zum Erreichen von langfristigen und konkreten Zielen werden Strategien entwickelt. Diese Strategien sollen den Erfolg bzw. die Lebensfähigkeit eines Unternehmens sichern.

– Wir bieten allen Dönerliebhabern die besten Döner in der Stadt Bern. Von unserer Konkurrenz heben wir uns durch einen wöchentlichen Spezial- Döner ab.

– Die Saucen stellen wir selbst her (make). Die restlichen Zutaten kaufen wir ein (buy).

– Wir haben einen zentralen Verkaufsort beim Bahnhof, wo wir für unseren Partner (türkischer Laden) auch noch türkische Spezialitäten verkaufen.

Struktur Die Ordnung in einem Unternehmen wird durch die Aufbau- und die Ablauf-organisation geschaffen. Die Aufbau-organisation legt fest, welche Hierarchien und Zuständigkeiten im Unternehmen herrschen. Die Ablauforganisation legt fest, wann und in welcher Reihenfolge Teilaufgaben erledigt werden.

– Der Vater von Ahmed ist Chef und Eva und Giorgio sind seine Mitarbeiter und müssen seine Anordnungen befolgen. Der Vater ist für den Einkauf und die Buchhaltung zuständig, Giorgio für die Dönerherstellung und Eva für den Ver-kauf.

– Im Ablaufplan hat Ahmeds Vater die Reihenfolge der einzelnen Arbeits-schritte schriftlich festgehalten.

Kultur Die Kultur beschreibt die Art und Weise, wie die Menschen im Unternehmen mit-einander umgehen, welche Werte und Normen gemeinsam im Unternehmen getragen werden.

– Ahmeds Vater, Giorgio und Eva sprechen bestehende Konflikte an und diskutieren diese aus.

– Es gehört zur Tradition, dass alle drei am Freitag nach der Arbeit gemeinsam noch etwas trinken gehen.

Tab. 14

9783060282333 Inhalt_S045 45 04.01.13 14:04

Page 10: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

46 Modellüberblick

Prozesse: Die Abläufe in den unterschiedlichen Aufgabenbereichen

Im Unternehmen laufen unterschiedliche Prozesse gleichzeitig ab. Im St. Galler Management- Modell werden drei übergeordnete Prozessarten mit je einem an-deren Schwerpunkt unterschieden.

Prozessart Beschreibung Beispiel für die Döner-Bude

Management-prozesse

Die Managementprozesse beinhalten alles, was mit der Gestaltung, Lenkung und Entwickung eines Unternehmens zu tun hat. Dabei geht es konkret um die unternehmerische Führungsarbeit, wobei drei Ebenen unterschieden werden:

– Normative Orientierungsprozesse (z. B. grundlegende Verhaltensprinzipien gegenüber Anspruchsgruppen, wobei die Gerechtigkeit gegenüber den An­spruchsgruppen im Vordergrund steht)

– Strategische Entwicklungsprozesse (z. B. Entwicklung einer Strategie, bei der der langfristige Erfolg des Unterneh­mens im Vordergrund steht)

– Operative Führungsprozesse (z. B. Mit­arbeiterführung, wobei die Effizienz im Alltagsgeschäft im Vordergrund steht)

– Ahmeds Vater macht seine Mitarbeiten­den immer wieder darauf aufmerksam, dass sie den Kunden als König be handeln sollen.

– Zudem hat er festgelegt, dass er das Unternehmen mit der Eröffnung einer zweiten Döner­Bude vergrössern will.

– Tagtäglich ist er auf einen effizienten Einsatz der Ressourcen bedacht und versucht, den Einkauf möglichst kostengünstig zu tätigen.

Geschäfts-prozesse

Bei den Geschäftsprozessen geht es um den praktischen Vollzug derjenigen Aktivi­täten, die unmittelbar für die Stiftung eines Kundennutzens zu erledigen sind, also um die eigentlichen Herstellungs­ und Leistungsprozesse. Dabei werden zwei Prozesse unterschieden:

– Kundenprozesse

– Leistungserstellungsprozesse

– Die Döner­Bude versucht mit Kinower­bung Kunden zu gewinnen (Kunden­gewinnung) und mit einer Kundenkarte (jeder zehnte Döner ist gratis) ihre Kunden zu einem möglichst häufigen Besuch zu bewegen (Kundenbindung).

– Ahmeds Vater kauft die Zutaten ein (Beschaffung) und lagert (Lagerung) diese in den Kühlschränken der Döner­Bude. Giorgio macht die Döner und Eva bedient die Kunden und kassiert ein (Herstellung).

Tab. 15

9783060282333 Inhalt_S046 46 04.01.13 13:51

Page 11: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

47

Unter- stützungs-prozesse

Die Geschäftsprozesse sollen möglichst reibungslos ablaufen. Diesem Zweck die-nen die Unterstützungsprozesse. Sie stel-len die notwendige Infrastruktur sowie un-ternehmensinterne Dienstleistungen zur Verfügung.

– Ahmeds Vater führt mit Giorgio und Eva jedes Jahr ein Mitarbeitergespräch, an welchem die persönlichen Ziele für das kommende Jahr festgelegt werden (Personalmanagement).

– Ahmeds Vater schickt Giorgio jährlich zu einer Fast-Food-Weiterbildung (Bildungsmanagement).

– Giorgio zeichnet sich dafür zuständig, dass der Dönerwagen wöchentlich gereinigt, die Geräte auf deren Funktio-nalität überprüft werden und das Verbrauchsmaterial ersetzt wird (Infra-strukturbewirtschaftung).

– Ahmeds Vater tätigt monatlich alle Zahlungen und führt die Buchhaltung (Finanzielle Führung).

Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozesse stehen miteinander in engem Zusammenhang und beeinflussen sich gegenseitig. Weiter werden sie durch die Ordnungsmomente (Strategie, Struktur und Kultur) geprägt.

Entwicklungsmodi: Wandel der Organisation

Um den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sicherzustellen, sind grössere und kleinere Veränderungen notwendig. Die Veränderungen können sich auf die Produkte, Prozesse oder Organisation eines Unternehmens beziehen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie stark sich ein Unternehmen verändern kann.

Ahmed konnte sich mithilfe des St. Galler Management-Modells einen ersten Eindruck über das Unternehmen seines Vaters verschaffen. Dieser Eindruck ist aber erst oberflächlich. Er hat festgestellt, dass er sich noch intensiver mit dem St. Galler Management-Modell auseinandersetzen sollte, um ein fundierteres Verständnis zu gewinnen. → Aufgaben 3 und 4

Fortsetzung Tab. 15

Entwicklungs-modus

Beschreibung Beispiel für die Döner-Bude

Optimierung Geringe, kontinuierliche Veränderung von Prozessen und Produkten (fine-tuning).

Die Rezeptur zur Sauce, die in den Döner kommt, wird von Giorgio ständig verbessert.

Erneuerung Wegweisende Veränderung von Prozessen und Produkten.

Ahmeds Vaters bietet nebst dem Dönerverkauf am Stand neu zusätzlich einen Heimlieferservice an.

Tab. 16

9783060282333 Inhalt_S047 47 04.01.13 13:52

Page 12: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

48 Modellüberblick

Dieses Lehrmittel basiert auf dem St. Galler Management-Modell. Jedes Kapitel wird im Gesamtmodell eingeordnet und beschreibt vertieft ein Modellelement. Das Modell auf der letzten Seite des Buches sowie eine benutzerfreundliche Führung durch Farben hilft Ihnen bei der Orientierung innerhalb des Buches.

Prof. Hans Ulrich war überzeugt, dass eine theoretische Auseinandersetzung mit einem Unternehmen und seiner komplexen Einbettung in eine vielschich-tige Umwelt notwendig sind, um Management lehren zu können. Seine Bemü-hungen mündeten 1972 ins erste St. Galler Management-Modell. Ulrichs Modell wurde seither mehrmals weiterentwickelt, um die neusten Trends und For-schungsergebnisse aufzunehmen und neuen Gegebenheiten anzupassen.Das St. Galler Management-Modell, welches diesem Buch zugrunde liegt, wur-de  2002 veröffentlicht und wird seither an der Universität St. Gallen gelehrt. Es  dient als grundlegende Orientierungshilfe für die betriebswirtschaftliche Aus- und Weiterbildung und findet in der Unternehmenspraxis grosse Beach-tung. Es unterscheidet sich im Vergleich zum vorherigen Modell hauptsächlich in drei Punkten:

– Erstens tritt vermehrt eine Prozesssicht in den Vordergrund, anhand welcher auch dynamische Aspekte abgebildet werden können. Diese werden im Mo-dell mit den drei Prozessarten „Managementprozess“, „Geschäftsprozess“ und „Unterstützungsprozess“ dargestellt.

– Zweitens nimmt die ethisch-normative Dimension, also die Frage: „Was ist richtig?“, einen höheren Stellenwert innerhalb des Modells ein. Die ethisch-normative Dimension wird durch die Interaktionsthemen zum Ausdruck gebracht.

– Drittens werden die Anspruchsgruppen explizit genannt.

Im Weiteren wird vom St. Galler Management-Modell gesprochen, womit im-mer das neue St. Galler Management-Modell gemeint ist. Hinter diesem Modell steckt ein bestimmtes Verständnis von Unternehmen, welches nachfolgend beschrieben wird.

1.3 Entstehung des neuen St. Galler Management-Modells

1.4 Grundverständnis von Unternehmen

Das St. Galler Management-Modell versteht Unternehmen als produktive, soziale, sich wandelnde und komplexe Systeme. Ein System→ ist die geordnete Ganzheit von Elementen, welche dieses von deren Umwelt abgrenzbar und unterscheidbar machen. Diese Elemente sind nicht nur materieller Natur, sondern können auch immaterieller Natur sein. Ein Unter-nehmen grenzt sich beispielsweise durch seinen Namen (immaterielles Element) und die Fabriktore (materielles Element) von anderen Unternehmen ab.

→ S. 144 sozio-technisches System

9783060282333 Inhalt_S048 48 04.01.13 14:04

Page 13: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

49

Ein Unternehmen ist …… produktiv, da es entweder Produkte herstellt oder Dienstleistungen erbringt. Die Produktivität wird vor allem durch das Modellelement Geschäftsprozesse abgebildet.… sozial, weil einerseits bei der Erstellung von Produkten und Dienstleistungen Menschen mitwirken und andererseits die Herstellung Menschen direkt oder indirekt betrifft (z. B. Kunde freut sich über das Produkt, Anwohner stört sich über die Lärmbelastung bei der Produktion). Der soziale Aspekt wird im Modell durch die Anspruchsgruppen und die Interaktionsthemen aufgenommen.… wandelbar, weil es sich ständig neuen Gegebenheiten auf dem Markt an­passen muss, um langfristig zu überleben. Stillstand bedeutet oftmals Rück­schritt (Ein Unternehmen kann heute nicht mehr die exakt gleichen Produkte verkaufen wie vor 10 Jahren). Die Dynamik wird im Modell durch die Entwick­lungsmodi gezeigt.… komplex, weil die einzelnen Elemente in einer vielfältigen Weise zueinander stehen und deren Wechselwirkungen nicht immer vorausgesagt werden können (z. B. kann nicht exakt vorausgesagt werden, welche Auswirkungen eine ver­änderte Strategie auf die Kultur im Unternehmen hat).

1.5 Zusammenhang zwischen den Modellelementen

Die Komplexität1 eines Unternehmens führt zu einem wichtigen Hinweis, wel­cher bei der Arbeit mit diesem Lehrbuch stets im Auge behalten werden sollte. Die einzelnen Themen sind zwar jeweils schwerpunktmässig einem Element des Modells zugeordnet. Es gilt jedoch zu bedenken, dass ein Thema auch an­dere Modellelemente betrifft. Die Modellelemente sind miteinander verknüpft. Es ist daher Voraus setzung, sich den Zusammenhängen im System bewusst zu sein und das Denken in isolierten Elementen möglichst zu vermeiden. Folgende Ausführungen veranschaulichen diesen Zusammenhang exemplarisch.

1 Komplexität: auch Gegen-teil von „Einfachheit“

2 Anspruchsgruppe NGO

3 Interaktionsthema An liegen und Interessen

4 Interaktionsthema Werte und Normen

5 Umweltsphäre Natur

6 Geschäftsprozesse

7 Managementprozesse

8 Anspruchsgruppe Konkurrenz

9 Ordnungsmoment Strategie

10 Geschäftsprozesse

11 Unterstützungsprozesse

12 Geschäftsprozesse

13 Anspruchsgruppe Staat

14 Unterstützungsprozesse

15 Entwicklungsmodus Optimierung

Beispiel Döner­Bude – Zusammenhang der Modellelemente

Der Tierschutzverein2 gelangt mit dem Anliegen von Fleisch aus tiergerechter Haltung3 an die Döner­Bude. Diese kommt dem Anliegen nach Abwägung der eigenen Haltung4 entgegen.Das unbeständige Wetter5 in Bern führt zu unterschiedlich hohen Dönerver­käufen6 und zwingt Ahmeds Vater, den Arbeitseinsatz seiner Mitarbeitenden flexibel zu organisieren7.Trotz der Preissenkung der 300 m entfernten Döner­Bude8 entscheidet sich Ahmeds Vater auf teurere Qualität zu setzen9 und nur die besten Zutaten einzu­kaufen10.Durch die wöchentlichen Reinigungsarbeiten11 ist sichergestellt, dass die Döner in einer guten Qualität hergestellt werden können12 und die staatlichen Hygiene­bestimmungen13 eingehalten werden.Dank der jährlichen Fast­Food­Weiterbildung14 ist Giorgio im Stande, die Re­zeptur der Saucen zu verbessern15.

9783060282333 Inhalt_S049 49 04.01.13 13:52

Page 14: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

50 Modellüberblick

Aufgaben – Modellüberblick

1 Nennen Sie Gründe, warum Modelle in unterschiedlichsten Wissenschaften verwendet werden.

2Beurteilen Sie, welche Zwecke das St. Galler Management-Modell erfüllen kann.

3Erstellen Sie ein Mindmap des St. Galler Management-Modells.

4Bilden Sie vier Gruppen und ordnen Sie die entsprechenden Beispiele den passenden Modellelementen zu (z. B. 1 → d, 2 → f). Bitte beachten Sie, dass sich in jeder Gruppe ein Beispiel nicht zuordnen lässt. Ordnen Sie im Klassen-gespräch diese Beispiele korrekt den passendem Modell element zu.

Gruppe 1

DM1

# Element Grund-kategorie

# Beispiel

1 Gesell-schaft

Umwelt-sphären

a Die Aktionäre erwarten, dass die „Pharma AG“ einen Gewinn erwirtschaftet und ihnen regelmässig Dividenden auszahlt.

2 Kapital-geber

Anspruchs-gruppen

b Die „Pharma AG“ schreibt in ihrem Leitbild: „Der Mensch und seine Gesundheit stehen für uns im Vordergrund. Die Erzielung eines ökonomischen Gewinns wird nur im Rahmen dieser Zielsetzung angestrebt.“ Es wird grossen Wert darauf gelegt, diesen Grundsatz im Rahmen von Mitarbeiterschulungen immer wieder zu betonen. Die „Pharma AG“ hat kürzlich zudem entschieden, einen Teil der Produktion nach Asien zu verlegen, um daraus resultierende Kostenvorteile zu nutzen.Der CEO der „Pharma AG“, Dr. Raimund Möbler, be -spricht sich täglich mit seinen Divisionsleitern und erteilt diesen Anweisungen.

3 Staat Anspruchs-gruppen

c Regelmässig werden durch den Einsatz der neusten gendiagnostischen Verfahren neue Wirkstoffe gefunden, mit welchen neue, meist wirksamere Medikamente hergestellt werden können.

Tab. 17

9783060282333 Inhalt_S050 50 04.01.13 13:52

Page 15: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

51

Gruppe 2

4 Normen und Werte

Interaktions-themen

d – Das Übergewicht in der Bevölkerung nimmt zu, was zu mehr Herz-Kreislauferkrankungen führt.

– Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegenüber einem neu entwickelten Medikament.

– Zulassungsbedingungen der staatlichen Heilmittel-anstalt Swissmedic.

– Der Patentschutz von Medikamenten ist in der Schweiz sehr hoch.

5 Manage-mentpro-zesse

Prozesse e Die „Medikamenten AG“ verlangt von der „Pharma AG“, dass diese in ihrer Werbung keine rufschädigenden Falschinformationen über deren Medikamente verbreitet.

6 Erneuerung Entwick-lungsmodi

f Eine Menschenrechtsorganisation setzt sich für die unentgeltliche Medikamentenabgabe in Drittweltländern ein. Dieser Meinung liegt dabei die Werthaltung zu-grunde, dass jeder Mensch unabhängig von seiner Kauf-kraft ein Recht auf Leben und Gesundheit hat.Die „Pharma AG“ macht jedoch geltend, dass sie für das Überleben auch Einnahmen benötigt. Nach Abwägen der verschiedenen Werthaltungen kommt die „Pharma AG“ zum Schluss, Medikamente zu einem stark vergünstigten Preis abzugeben, welche die Produktionskosten decken.

Fortsetzung Tab. 17

# Element Grund-kategorie

# Beispiel

7 Natur Umwelt-sphären

g Die „Diagnostik AG“, welche ein gendiagnostisches Verfahren zur Krebsforschung entwickelt hat, verlangt von der „Pharma AG“ die regelmässige Bezahlung der Lizenzgebühren.

8 Kunden Anspruchs-gruppen

h Sobald sich durch Langzeitstudien im Hinblick auf ein Medikament neue Erkenntnisse ergeben, werden dessen Inhaltsstoffe derart verändert, dass sich das Medikament bezüglich seiner Wirksamkeit sowie der Eingrenzung der Nebenwirkungen verbessert.

Tab. 18

9783060282333 Inhalt_S051 51 04.01.13 14:04

Page 16: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

52 Modellüberblick

9 Lieferanten Anspruchs-gruppen

i Die „Pharma AG“ wirbt bei verschiedenen Spitälern mit einem neu entwickelten Krebsmedikament, welches sich gemäss ihrer Darstellung durch eine sehr hohe Wirk-samkeit auszeichnet.Die „Pharma AG“ hat eine Hotline eingerichtet, bei wel-cher die Käuferinnen und Käufer ihrer Medikamente bei Fragen und Unsicherheiten anrufen können. Die Division „Diagnostics“ entwickelt neue Medika-mente, worauf die Beschaffungsabteilung die zu deren Herstellung notwendigen Inhaltsstoffe besorgt. Die Pro-duktionsabteilung verwendet diese Inhaltsstoffe in der Folge zur Herstellung der Medikamente und übergibt diese letztlich der Vertriebsabteilung zur Auslieferung an die Kunden.

10 Ressourcen Interaktions-themen

j – Die Produktion einer Vielzahl von Medikamenten er-fordert riesige Energiemengen, welche zum Teil von Kohlekraftwerken stammen.

– Erkrankungen aus der Tierwelt, welche auf den Men-schen übertragbar sind, breiten sich zunehmend aus.

11 Strategie Ordnungs-momente

k Kranke Menschen erwarten von der „Pharma AG“, dass diese ihnen wirksame Medikamente mit geringen Neben-wirkungen zur Verfügung stellt.

12 Geschäfts-prozesse

Prozesse l Die „Pharma AG“ setzt sich zum Ziel, ihre Kunden mit hochwertigen, wirksamen und unschädlichen Medika-menten zu versorgen. Durch eine effiziente Gliederung der Produktionsprozesse soll eine Kostenstruktur ge-schaffen werden, welche der „Pharma AG“ gegenüber ihren Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Durch den Einsatz der neusten Diagnostik-Verfahren bietet die „Pharma AG“ zudem eine Qualität, welche sich von derjenigen anderer Unternehmen in der Pharma industrie abhebt.

Fortsetzung Tab. 18

9783060282333 Inhalt_S052 52 04.01.13 13:52

Page 17: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

53

Gruppe 3

# Element Grund-kategorie

# Beispiel

13 Technologie Umwelt-sphären

m Dr. Raimund Möbler ist der CEO (Chief Executive Officer) der „Pharma AG“ und hat damit die Leitung des operativen Geschäfts inne. Ihm unterstellt sind die Leiter der Divisionen „Diagnostics“ und „Pharmaceuticals“ sowie einzelner zentraler Funktionen wie „Finanz & Controlling“, „Beschaffung“ sowie „Marketing“.

14 Mitar bei-tende

Anspruchs-gruppen

n – Die Stadt Basel erwartet von der „Pharma AG“ die Sicherung bestehender Arbeitsplätze.

– Der Bund erwartet von der Pharma AG die Einhaltung des Arbeitsgesetzes sowie der Arzneimittelver-ordnung.

15 Konkurrenz Anspruchs-gruppen

o Gendiagnostische Verfahren ermöglichen die weitere Erforschung von Krankheitsursachen und helfen so, noch wirksamere Medikamente zu schaffen.

16 Struktur Ordnungs-momente

p Die Mitarbeiter der Verkaufsabteilung haben sich jährlich einer 3-tägigen Weiterbildung zu Verkaufsstrategien zu unterziehen.Die Abteilung „Finanzen und Controlling“ erstellt regel-mässig Zwischenbilanzen und behält die finanzielle Lage des Unternehmens im Auge.

17 Unterstüt-zungs-prozesse

Prozesse q Sie erwarten von der „Pharma AG“ vergünstigte Freizeit-angebote, flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungs-plätze.

Tab. 19

9783060282333 Inhalt_S053 53 04.01.13 13:52

Page 18: Das St. Galler Management-Modell · 39 Beispiel Döner-Bude Ahmeds Vater steht kurz vor der Pensionierung und betreibt mit seinen zwei Mitarbeitern Eva und Gior - gio eine Döner-Bude

54 Modellüberblick

Gruppe 4

www.iwp.unisg.ch/bwl

# Element Grund-kategorie

# Beispiel

18 Wirtschaft Umwelt-sphären

r Kranke Menschen wollen eine medikamentöse Behand-lung, welche wirksam ist und möglichst wenige Neben-wirkungen aufweist. Daher führt die „Pharma AG“ vor je-der Veröffentlichung eines neuen Medikaments klinische Studien durch, welche die Wirksamkeit und Gefahren des Präparats untersuchen.

19 Öffentlich-keit/ NGOs

Anspruchs-gruppen

s In der „Pharma AG“ wird vom CEO bis zum normalen Verwaltungsangestellten konsequent die Du-Form benutzt. Ausserdem hat sich bei der „Pharma AG“ ein-gebürgert, dass jede Abteilung jährlich einen Geschäfts-ausflug durchführt und dabei Klettern geht, um den Teamgeist zu stärken.

20 Anliegen und Interesse

Interaktions-themen

t Die „Pharma AG“ benötigt für die Herstellung von Medi-kamenten diverse Inhaltsstoffe (Wirkstoffe).

21 Kultur Ordnungs-momente

u – Verkehrsinfrastruktur für die Verteilung der Medika-mente im Schweizer sowie im internationalen Markt

– Effizienz und Zustand von Arbeitsmärkten, um bei Bedarf schnell gutes Personal zu finden

– Die Entwicklung neuer Medikamente ist sehr kostspie-lig: Daher nimmt die „Pharma AG“ regelmässig Kredite bei verschiedenen Finanzinstituten (Banken, Post) auf.

22 Optimie-rung

Entwick-lungsmodi

v – Der Umweltschutzverein verlangt von der „Pharma AG“, dass diese den Energieverbrauch sowie den Schad-stoffausstoss reduziert.

– Die Entwicklungsorganisation „Health Support“ ver-langt von der Pharmaindustrie, dass diese ihre Me dikamente in Drittweltländern günstiger anbietet.

– Die Konsumentenschutzorganisation erwartet von der „Pharma AG“, dass diese ihre Medikamente in der Schweiz zum selben Preis verkauft wie im Ausland.

Tab. 20

9783060282333 Inhalt_S054 54 04.01.13 14:04