Das Zementieren zirkonoxidkeramischer Versorgungen –Teil 2 · 2011. 6. 15. · profil und...

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In der heutigen Zeit befinden sich der Zahnarzt sowie der Zahntechniker in einem Spannungsfeld immer schnellerer Produktentwicklungen, aggres- sivem Marketing mit wohl klingenden Verspre- chungen, vornehmlich fehlender klinischer Lang- zeitstudien und einem nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsdruck. Besonders deutlich wird dies beim „Dauerbrenner“ Zirkonoxid und dessen Ze- mentierung. Während die Autoren im ersten Teil dieses Beitrags auf die Grundlagen sowie die Stu- dienlage zu Zirkonoxid eingehen, wird Teil 2 von praxisbezogenen Lösungskonzepten geprägt sein. Indizes: Adhäsive Befestigung, Befestigungskomposit, Glaslot, Präparation, Single-Retainer-Brücke, Vollke- ramik, Zementierung, Zirkonoxid Ästhetik Das oft erwähnte Argument, Zirkonoxidversorgungen im Frontzahnbereich wären zu opak und konventio- nelle Zemente führten zu schlechten ästhetischen Er- gebnissen, können wir nicht bestätigen. Mit einer op- timalen, den Gegebenheiten angepassten Präparati- onstechnik (Abb. 11), einer konsequenten Übermitt- lung digitaler Aufnahmen vor und während der Präparation (Stumpfverfärbungen, Stiftaufbauten), mit eventuell eingefärbten Gerüste sowie einer guten Schicht- und Maltechnik mit hochwertigen Verblend- massen sind gute Ergebnisse zu erreichen (Abb. 12 bis 15). Beim direkten Vergleich der Transluzenz von Alu- miniumoxid mit Zirkonoxid wird häufig übersehen, dass Aluminiumoxidgerüste im Frontzahnbereich eine Mindeststärke von 0,6 bis 0,7 mm benötigen und damit auch nicht wesentlich transparenter als ein 0,3 mm dünnes Zirkonoxidgerüst sind. Das Zementieren zirkonoxidkeramischer Versorgungen – Teil 2 Probleme und Lösungen im Labor- und Praxisalltag unter Berücksichtigung der Glaslottechnik Glaslottechnik Gerade bei minmal- oder noninvasiven Versorgungen wie Teilkronen, Inlays oder einflüglige Klebebrücken aus Zirkonoxid ist eine suffiziente, schmelzadhäsive Befesti- gung wünschenswert. Bei der adhäsiven Zementierung von Vollkronen und -brücken ist die suffiziente Kondi- tionierung der ZrO 2 -Oberfläche erforderlich. Für eine gute mechanische Verzahnung und die chemische An- bindung der Silane ist jedoch die Ätzbarkeit der Klebe- flächen notwendig. Auf konventionellen Keramiken wirkt eine 40 %ige Flusssäure am effektivsten (132). Je- doch verbietet sich dies in in der Reinform und auf Zir- konoxid ist Flusssäure wirkungslos. Mit der Glaslot- technik für die Beschichtung und Fügung von Zirkon- oxidrestaurationen scheint eine interessante, wenn auch noch experimentelle, Lösung gefunden zu sein [133-135]. In der Zahnmedizin ist der Begriff „Lot“ für ein glaskeramisches Material gewöhnungsbedürftig, aber werkstofftechnisch korrekt. Neuerdings wird auch von „Fusionskeramik“ gesprochen. Zothner hatte die Idee zur Entwicklung silikatbasierter Spezialgläser, die eine vollständige Benetzung, spaltfreie Anlagerung (Ad- häsion) und eine Diffusion in die Zirkonoxidoberfläche erreichen. Dies konnte mittels REM und neuerdings im Max-Planck-Institut Berlin mittels STEM (Scanning Transmission Electron Microscop) auf atomarer Ebene nachgewiesen werden [10]. Die richtungsweisende Entwicklung mit den Produkten Hotbond, tizio connect und zirconnect (DCM, Rostock) eröffnet zahlreiche neue Indikationen für die Zirkon- oxidbearbeitung, wie: eine stoffschlüssige Fügung von Brücken- oder Stegsegmenten (Hotbond), die individuelle Gestaltung vollkeramischer Implan- tatabutments (Hotbond), 1 | teamwork J CONT DENT EDUC 2/2011 CONTINUING DENTAL EDUCATION Interaktive Lerneinheit mit zwei Fortbildungs- punkten nach den Richtlinien der BZÄK- DGZMK unter www.dental-online- community.de Ein Beitrag von Dr. Tom O. Blöcker und Ztm. Christian Moss, beide Hamburg

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In der heutigen Zeit befinden sich der Zahnarztsowie der Zahntechniker in einem Spannungsfeldimmer schnellerer Produktentwicklungen, aggres-sivem Marketing mit wohl klingenden Verspre-chungen, vornehmlich fehlender klinischer Lang-zeitstudien und einem nicht zu unterschätzendenWettbewerbsdruck. Besonders deutlich wird diesbeim „Dauerbrenner“ Zirkonoxid und dessen Ze-mentierung. Während die Autoren im ersten Teildieses Beitrags auf die Grundlagen sowie die Stu-dienlage zu Zirkonoxid eingehen, wird Teil 2 vonpraxisbezogenen Lösungskonzepten geprägt sein.

Indizes: Adhäsive Befestigung, Befestigungskomposit,Glaslot, Präparation, Single-Retainer-Brücke, Vollke-ramik, Zementierung, Zirkonoxid

ÄsthetikDas oft erwähnte Argument, Zirkonoxidversorgungenim Frontzahnbereich wären zu opak und konventio-nelle Zemente führten zu schlechten ästhetischen Er-gebnissen, können wir nicht bestätigen. Mit einer op-timalen, den Gegebenheiten angepassten Präparati-onstechnik (Abb. 11), einer konsequenten Übermitt-lung digitaler Aufnahmen vor und während derPräparation (Stumpfverfärbungen, Stiftaufbauten),mit eventuell eingefärbten Gerüste sowie einer gutenSchicht- und Maltechnik mit hochwertigen Verblend-massen sind gute Ergebnisse zu erreichen (Abb. 12 bis15). Beim direkten Vergleich der Transluzenz von Alu-miniumoxid mit Zirkonoxid wird häufig übersehen,dass Aluminiumoxidgerüste im Frontzahnbereich eineMindeststärke von 0,6 bis 0,7 mm benötigen unddamit auch nicht wesentlich transparenter als ein 0,3 mm dünnes Zirkonoxidgerüst sind.

Das Zementieren

zirkonoxidkeramischer

Versorgungen – Teil 2

Probleme und Lösungen im Labor- und Praxisalltag unter Berücksichtigung der Glaslottechnik

GlaslottechnikGerade bei minmal- oder noninvasiven Versorgungenwie Teilkronen, Inlays oder einflüglige Klebebrücken ausZirkonoxid ist eine suffiziente, schmelzadhäsive Befesti-gung wünschenswert. Bei der adhäsiven Zementierungvon Vollkronen und -brücken ist die suffiziente Kondi-tionierung der ZrO2-Oberfläche erforderlich. Für einegute mechanische Verzahnung und die chemische An-bindung der Silane ist jedoch die Ätzbarkeit der Klebe-flächen notwendig. Auf konventionellen Keramikenwirkt eine 40 %ige Flusssäure am effektivsten (132). Je-doch verbietet sich dies in in der Reinform und auf Zir-konoxid ist Flusssäure wirkungslos. Mit der Glaslot-technik für die Beschichtung und Fügung von Zirkon-oxidrestaurationen scheint eine interessante, wennauch noch experimentelle, Lösung gefunden zu sein[133-135]. In der Zahnmedizin ist der Begriff „Lot“ fürein glaskeramisches Material gewöhnungsbedürftig,aber werkstofftechnisch korrekt. Neuerdings wird auchvon „Fusionskeramik“ gesprochen. Zothner hatte dieIdee zur Entwicklung silikatbasierter Spezialgläser, dieeine vollständige Benetzung, spaltfreie Anlagerung (Ad-häsion) und eine Diffusion in die Zirkonoxidoberflächeerreichen. Dies konnte mittels REM und neuerdings imMax-Planck-Institut Berlin mittels STEM (ScanningTransmission Electron Microscop) auf atomarer Ebenenachgewiesen werden [10].

Die richtungsweisende Entwicklung mit den ProduktenHotbond, tizio connect und zirconnect (DCM, Rostock)eröffnet zahlreiche neue Indikationen für die Zirkon-oxidbearbeitung, wie:

eine stoffschlüssige Fügung von Brücken- oderStegsegmenten (Hotbond),die individuelle Gestaltung vollkeramischer Implan-tatabutments (Hotbond),

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Interaktive Lerneinheit

mit zwei Fortbildungs-

punkten nach den

Richtlinien der BZÄK-

DGZMK unter

www.dental-online-

community.de

Ein Beitrag von Dr. Tom O. Blöcker und Ztm. Christian Moss, beide Hamburg

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Abb. 11 Präparation der Zähne 42 und 43 für eine Vollkeramik-brücke. „Keramisch denken“ heißt, sich von Friktion und schar-fen Kanten zu verabschieden (Behandler: Dr. T. O. Blöcker)

Abb. 12 Frontzahnkrone aus Zirkonoxid, individuell geschichtetund bemalt (zahntechnische Ausführung: Martin Gröschel, Labor Moss)

Abb. 14a Versorgung mit konventionell zementierten (Zinkoxid-phosphatzement) Zirkonoxid-Kronen 13 bis 22 (Behandler Dr. T. O.

Blöcker , zahntechnische Ausführung: Labor Moss)

Abb. 14d Die konventionell zementierten Frontzahnkronen im Ober-kiefer zeigen keinen ästhetischen Nachteil im Vergleich zuden adhäsiv zementierten Veneers im Unterkiefer (Behandler Dr. T. O. Blöcker , zahntechnische Ausführung: Labor Moss)

Abb. 14c Die individuell geschichteten Veneers auf 32 bis 42.Zustand nach adhäsiver Befestigung (Variolink)

Abb. 14b Die gleiche Patientin drei Jahre später: Im Unterkiefersind Veneers auf den Zähnen 32 bis 42 erforderlich

Abb.13 Im Durchlicht zeigen die Zirkonoxid-Kronen eine schöneTransparenz

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einen stoffschlüssigen Verbund von konfektio-nierten Titanabutments mit individuellen Zirkon-oxidaufbauten (Hotbond tizio connect) oder die Vorbeschichtung und das Bondern von Zirkon-oxidgerüsten (Zirconnect).

Stoffschlüssige Fügung von Brücken- oder StegsegmentenFür die Fügung von Gerüstsegmenten wird das Hotbondoperator kit verwendet. Es besteht aus einem Hauptlotund zwei Nachloten in Verbindung mit einem neuartigenund patentierten Fügeelement (Abb. 18a und b).

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Abb. 18a Die Fügung von Gerüstsegmenten: Primär- und Se-kundärteil des speziellen Fügeelementes (Mit freundlicher Genehmigung von DCM/Rostock)

Abb. 18b Das zusammengefügte Gerüst. Der Verbund wirdnach der Stabilisierung mit Heißluft durch Abheben des Gerüs-tes geprüft (Mit freundlicher Genehmigung von DCM/Rostock)

Abb. 17 Das Hotbond-System mit den Komponenten Hotbond, Hotbond tizioconnect und Zirconnect (DCM) in Verbindung mit dem C-Link-System (Steco)

Abb. 16 Aufnahme mit einem Transmissions-Elek-tronen-Mikroskop: Übergangszone ZrO2–Zirconnect am Dünnschliff. Silikatbasierte Spezial-gläser ermöglichen eine vollständige Benetzung,spaltfreie Anlagerung und eine Diffusion in die Zirkonoxidoberfläche (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. M. Hopp, Berlin)

Abb. 15b Das Ergebnis: Veneer auf Zahn 11 (individuelle Schicht-technik) direkt nach dem Zementieren (Variolink). Zirkonoxid-Krone auf Zahn 21 nach dem Zementieren (Harvard-Zement)(Behandler: Dr. T. O. Blöcker, zahntechnische Ausführung: Ante Lopar, Labor Moss)

Abb.15a Schwierige Ausgangssituation: Veneerpräparation aufZahn 11, Goldgussaufbau auf Zahn 21 und bereits vorhandeneVerblendkeramik-Krone auf Zahn 22

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Technik für die artfremde Fügung zwischen Zirkoniumdioxid und TitanTizio connect ermöglicht das stoffschlüssige Fügeneines vorbeschichteten Titanteils mit Konturierungsele-menten aus Zirkonoxid zur Herstellung von Hybridabut-ments (Abb. 19a bis c).

Vorbeschichten und Bondern von Zirkoniumdioxid-OberflächenDas Vorbeschichten von ZrO2-Gerusten mit Zirconnectführt zur Entstehung einer glaskeramischen Verbund-schicht auf Basis eines chemischen Verbundes statteiner mechanischen Retention. Die Bildung einer Leu-zitphase lässt nach dem Ätzen retentive Strukturenentstehen. Dies ermöglicht die Anwendung der Silani-sierung vor Kompositverblendung im Labor oder -ver-klebung im Mund. Die während der Brennvorgängebei der Verblendung und Konditionierung der Klebe-flächen gebildetete mikrokristallin verteilte Keramik-phase verbessert die adhäsive Verbindung zur Kera-mikstruktur (Abb.20) [10].

PatientenfallAnhand eines zum Zeitpunkt der Versorgung 18-jäh-rigen Patienten mit nicht angelegten lateralen Incisiviwird nachfolgend gezeigt, wie die Beschichtung voneinflügeligen Zirkonoxidgerüsten mittels ZirConnectderen noninvasive schmelzadhäsive Zementierung er-möglicht (Abb. 21 bis 29). Der Patient wurde uns ei-gentlich zur Implantation überwiesen.

Die Implantaversorgung jugendlicher Patienten mitfehlenden lateralen Incisivi ist schwierig, wenn nichtgar kontraindiziert. Probleme sind zum Beispiel Infra-okklusion wegen nicht abgeschlossenem Wachs tum,bukkaler Knochenverlust und die Entwicklung von De-hiszenzen an den Nachbarzähnen [136]. In vielenFällen ist bei jungen Patienten eine Adhäsivbrückegünstiger als eine aufwändige und riskante Implanta-tion [137]. Wie bei diesem jungen Patienten limitieren– trotz längerer kieferorthopädischer Behandlung –oftmals zu enge Lücken oder ungünstige Achsennei-gungen der oberen Einser eine Implantation (Abb. 21a

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Abb. 19a Herstellung individueller Titan-Zro2-Abutments mit Hotbond tizio con-nect. Zur Verlötung vorbereitetesHybridabutment (Mit freundlicher Genehmi-

gung von Dr. M. Hopp, Berlin)

Abb. 19b Individuelle Titan-ZrO2-Abut-ments nach dem Brand

Abb. 19c Individuelles Titan-ZrO2-Abut-ment schön ausgearbeitetes Emergenz-profil und perfekte Passung

Abb. 20 Retentive Zirconnect-Oberfläche nach Sand-strahlen und Ätzen. Die adhäsive Verbindungzur Keramikstruktur ist massiv verbessert(REM, 1000fache Vergrößerung)(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. M. Hopp, Berlin)

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und b). Eine Möglichkeit zur Versorgung sind metall-basierte Klebebrücken. Jedoch sind diese bei minima-linvasiver Präparation mit einer hohen Misserfolgsratebelastet (30 Prozent nach zehn Jahren) [138]. Erst beiretentiver Präparation lassen sich Verweilwahrschein-lichkeiten bis zu 96 Prozent finden [139]. Im Sinne derZahnerhaltung wollten wir in diesem Fall die Beschädi-gung unversehrter Zahnsubstanz unbedingt ver-meiden. Zirkonoxidkeramik könnte aufgrund derhohen Bruchfestigkeiten eine reale Möglichkeit zurnonvasiven Befestigung bieten. Eine konventionelleBrückenversorgung war aufgrund der unversehrtenZahnsubstanz und der jugendlichen Pulpa kontraindi-ziert (Abb. 21c und d). Interokklusal war zirka 2 mmPlatz, so dass wir eine noninvasive Variante mit einereinflügeligen und mit Glaslot beschichteten Zirkon-oxid-Klebebrücke in Betracht zogen. Hierbei handeltes sich um eine experimentelle Versorgung. Der Patientwurde entsprechend darüber aufgeklärt. Er entschiedsich dafür und somit gegen eine Implantattherapieund wünschte auch keine weitere kieferorthopädischeBehandlung. Nach einer Abformung (ohne Präpara-tion), der Modellerstellung und dem schädelbezügli-chen Einartikulieren wurden die Gerüste modelliertund in den Scanner eingelesen. Nach der Datenüber-mittlung an ein externes Fräszentrum folgte das Fräsender Gerüste. Nur ganz präzise Maschinen sind in der

Lage, die für diese Versorgungsform erforderliche Ge-nauigkeit zu liefern (Abb. 22). Um eine definierte Ein-setzposition zu erhalten, ist dies unerlässlich – vor allemunter dem Aspekt, dass die Zähne nicht beschliffenwerden. Nach vorsichtigem Abstrahlen werden die Klebeflügel mit Zirconnect in Spray-On-Technik dünnbeschichtet und anschließend bei 1000 ºC auf Brenn-watte gebrannt (Abb. 23 und 24). Nach Verblendung und Ausarbeitung wird die entstan-dene sehr dünne Glasschicht nur kurz und vorsichtigmit Korund (50 µm Körnung und 0,5 bar) gestrahltund mit Ceramic Etching (C-Link, steco) fur eine Mi-nute geätzt. Eine Innovation der Firma steco, das C-Link-Set, erleichtert das Zementieren in der Praxis. Diekomplette Gerüstkonditionierung wird ins Labor verla-gert und das gefährliche Hantieren mit Flusssäure inder Praxis entfällt. Das Material kommt nach Beschich-tung mit Zirconnect und fertiggestellter Verblendungzur Anwendung. Die Verblendung sollte daher miteinem Wachs-oder Silikonuberzug geschützt werden.Nach dem Ätzen mittels C-Link Ceramic Etching (5 %HF/8 % H2SO4 in wässriger Lösung) für eine Minuteund dem Silanisieren wird die reaktive Gerüstober-fläche mit einem hauchdünnen Bonder beschichtetund so, zeitlich unbegrenzt, konserviert [139] (Abb.26a bis 28). Die Silanschicht kann nicht altern, was dieVerbundfestigkeit negativ beeinflussen würde. Der

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Abb. 21a Porträtaufnahme des 18-jähri-gen Patienten

Abb. 21d Auch mit einem 3,5-Millimeter-Implantat fehlen je1,5 mm in der Breite, um die Papille zu erhalten. Die dunklereFarbe von Zahn 11 erschwert die Farbgestaltung. Ein Bleachinglehnte der Patient ab

Abb. 21c Die Okklusalaufnahme zeigt den bukkalen Knochen-verlust in regio 12 und 22

Abb. 21b Zustand nach kieferorthopädischer Behandlung füreine geplante Implantation in regio 12 und 22. Zu enge Lückenund eine ungünstige Achsneigung der Einser verhindern eine risikolose und ästhetische Implantatversorgung

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Abb. 22 Gefräste Zirkonoxid-Flügelbrücken auf dem Modell. Eszeigt sich eine präzise Gerüstpassung

Abb. 23 Gleichmäßige Beschichtung mit ZirConnect

Abb. 25 Fertig ausgearbeitete Gerüste

Abb. 26b Vorsichtiges Abstrahlen derGlasschicht

Abb. 27a Das C-Link-Set besteht ausFluss säure, Silan und Bonder sowie Befes-tigungstgips, Pinseln und Anmischbe-chern. Konditionierung mit CeramicEtching ...

Abb. 27c Versiegeln der geätztenOberfläche ...

Abb. 28 ... und letztendlich die Licht-härtung

Abb. 27b ... und Silanisieren ...

Abb. 26a Schutz der Verblendung vordem Abstrahlen

Abb. 24 Fehlerfreier Glasüberzug nach dem Brand

Die Abbildungen 26 bis 28 Wurden uns freundlicher Weise von Dr. M. Hopp, Berlin, zur Verfügung gestellt

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Bon der beeinträchtigt die Passung nicht, darf abernicht zu lange gelagert werden. Das Gerüst kann imMund auf exakte Passung geprüft werden, ohne dassdie Silanschicht zerstört wird. Die Oberfläche wirdnach Anprobe lediglich für 30 Sekunden mit 37%igerPhosphorsäure geätzt. Dies ist ein unschätzbarer Ge-winn für die Qualitätssicherung in der Praxis. Die Res-tauration wird schmelzadhäsiv verklebt, wobei derConnector die Verbundschicht für das zur Anwendungkommende Komposit darstellt. Hierzu wird die Zahn-oberfläche 30 Sekunden mit Phosphorsäure konditio-niert und die Gerüste in diesem Falle mit Variolink undA.R.T.-Bond zementiert. Der Bonder darf auf keinenFall vorher gehärtet werden; dadurch wäre die exaktePassung nicht mehr gewährleistet. Es folgen die sorg-fältige Zemententfernung mit einer anschließendenFeinpolitur und eine erneute Kontrolle der Okklusion(Abb. 29a und b).

Beide Brücken sind seit nunmehr 3,5 Jahren in situ (Abb. 30a bis c). Es gibt weder Sekundärkaries nochPfeilerlockerungen oder Dezementierungen. UnseresWissens ist dies die bisher längste veröffentlichte Ver-weildauer für einflügelige Zirkonoxid-Klebebrücken.Der Patient ist hoch zufrieden, was wohl erklärt, dasswir immer noch keine Bleachingbehandlung vor-nehmen dürfen. Er spielt leistungsmäßig Fußball undnach seinen Angaben mussten die Brücken „schon ei-niges aushalten“, wie zum Beispiel Ellenbogen ins Ge-sicht und diverse Stürze.

FazitWährend für die Zementierung metallbasierter Restau-rationen seit zirka 20 Jahren gute klinische Ergebnissevorliegen [128,129], ist die Datenlage für zirkonoxidke-ramische Versorgungen in Bezug auf klinische Studiennoch dürftig [142]. Dies betrifft ganz besonders Lang-zeituntersuchungen. So kommen Calvacanti et al. zurAnsicht, dass eine Empfehlung für ein bestimmtes Ze-mentierungsprotokolls wegen unzureichender Daten

nicht gegeben werden könne [143]. In-vitro-Studien zurHaftkraftmessung mit unterschiedlichen Zementen undOberflächenbehandlungen in Verbindung mit Zirkon-oxid liegen dagegen zahlreich vor. Der Kliniker ist aller-dings erstaunt, in welchem Maße es hier zu unterschied-lichen Ergebnissen kommt und wie wenig Schluss -folgerungen für die praktische Tätigkeit gezogen wer -den können. Betrachtet man auf der anderen Seite, inwelchem Maße und mit welcher Geschwindigkeit dieunterschiedlichen Zirkonoxid- und CAD/CAM-Systemein den Markt gebracht werden, öffnet sich eine Scheremit brisantem Fehlerpotenzial. Hier auf die Industrie zuschimpfen, wäre kurz gedacht. Gerade wir – Behandlerund Zahntechniker – profitieren von den Entwicklungen.Es scheint jedoch mitunter, als würde die Entwicklungauf der Überholspur davon rasen und hätte den Praktiker„auf dem Parkplatz vergessen“. Wir halten das Besinnenauf die Grundlagen und ein risikominimierendes, konser-vatives Vorgehen für sinnvoll. In Übereinstimmung mitvielen Autoren zementieren wir Zirkonoxidgerüste bisherkonventionell.

Die adhäsive Befestigung wird regelmäßig im Zusam-menhang mit unzureichender Stumpfretention oderstark erhöhten Kaukräften gefordert. Drei Hauptfak-toren beeinflussen die Retention entscheidend: Reten-tionsfläche, Konvergenzwinkel und Befestigungsze-ment [143, 85]. Ungünstige Voraussetzungen sind demzufolge eine geringe Retentionsfläche, zu kurzeStümpfe beziehungsweise ein ungünstiges Längen-Basis-Verhältnis der Zähne und ein großer Konvergenz -winkel der präparierten Zähne. Nach den geltendenRichtlinien sollte dann auf Vollkeramikversorgungenverzichtet werden. Es stellt sich also die Frage, warumeine adhäsive Befestigung gefordert wird? Gerade zuhohe Kaukräfte, wie zum Beispiel bei Bruxern, könntenaufgrund der Gerüstalterung mit bis zu 50 Prozentnachlassender Bruchfestigkeit mittelfristig zu Pro-blemen führen. Letztendlich ist die Adhäsivtechnik zeit-und materialaufwändig und damit teuer. Warum also

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Abb. 29a und b Eingesetzte Flügelbrücken nach dem Zementieren von frontal und von palatinal. Anhaltspunkt für die Farbgestaltungvon 12 war die natürliche Zahnfarbe von Zahn 21 und 22

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die ohnehin kostenaufwändigeren Zirkonoxidversor-gungen für den Patienten zusätzlich verteuern? Die oftpostulierte bessere Ästhetik durch Kompositzemente er-scheint uns nach acht Jahren klinischer Erfahrung mitZirkonoxidkronen und -brücken überbewertet. Wich-tiger sind uns, der Schwierigkeit der Anwendung sehrwohl bewusst, eine perfekte Kommunikation zwischenPraxis und Labor unter Einbeziehung der Patientenwün-sche, profunde Materialkenntnisse und eine gute Präpa-rations- und Verblendtechnik.

Wir halten die adhäsive Zementierung zirkonoxidkerami-scher Restaurationen bei ungünstiger Stumpfgeometrieund sehr hohen Kaukräften ohne eine suffizient kondi-tionierte ZrO2-Oberfläche für ein nicht kalkulierbares Ri-siko. Eine glaskeramische Vorbeschichtung [135] scheintdie Lösung zu sein. Zirconnect verbessert nicht nur denVerbund der Strukturkeramikgeruste zur Verblendke-ramik, sondern ermöglicht die echte Adhäsivtechnik aufZirkonoxid-Gerüsten wie bei Kompositverblendungen,Klebebrücken, Retainern sowie Vollkronen und -brücken.Aufgesprayte und eingesinterte Glasschichten mit einerDicke von unter 20 µm lassen sich in konventionellerWeise durch Sandstrahlen und Anätzen für die Silanisie-rung vorbereiten. Durch den Gehalt von Leuzit entstehtbeim Ätzen zusätzlich eine mechanisch sehr retentiveVerbundstruktur [10]. Durch die gleichzeitige Oberflä-chenkonditionierung, Silanisierung und Versieglung derKlebeflächen bereits im Labor mit C-Link vereinfacht sichdas Procedere am Patienten und schafft mehr Sicherheit.Das Hotbond operator kit und tizio connect erweitern dieBearbeitungsmöglichkeiten von Zirkonoxid erheblich. Die

Segment-System-Technik [133] ist besonders unter demAspekt der Wertschöpfung fur kleinere Labore interes-sant ist. Mit tizio connect steht ein Fugesystem zum art-fremden Verbund zwischen Titan und Zirkonoxid zur Ver-fügung. Vorteil ist die preiswerte Nutzung von Titanbasenmit ihren duktilen Eigenschaften in Verbindung miteinem keramischen Stumpfteil, welches durch die indivi-duelle Gestaltung nicht nur eine verbesserte Ästhetikbietet, sondern auch die Optimierung des Emergenzpro-files gestattet. Der glaschemische Verbund verbessertBiokompatibilität und Langzeitstabilität der subgingi-valen Fugezonen [133].

Studien oder Fallberichte über ein- oder zweiflügelige Zir-konoxid-Klebebrücken sind rar. Zhou et al. berichten übereine 22-monatige Zeit unter Belastung, den Verlust vonzwei einflügeligen und einer zweiflügeligen Brücke undeiner Erfolgsrate von 90 Prozent [144]. Komine undTomic berichten über die 2,6-jährige, komplikationsloseTragdauer einer einzelnen einflügeligen Klebebrücke[145]. Foitzik et al. beschrieben die erfolgreiche Einglie-derung einer Single-Retainer-Brücke nach 2,5 Jahren alsErsatz für einen Oberkiefer-Eckzahn [146]. Kern fand eine5-Jahres-Überlebensrate für zweiflügelige Brücken von73,9 Prozent und 92,3 Prozent für einflügelige Kle be-brücken, allerdings aus In-Ceram [147]. Der entschei-dende Aspekt unserer Technik liegt in der Noninvasivität.Die hohe Festigkeit von Zirkonoxid bietet die Möglichkeit,auf eine Präparation zur Platzschaffung für ausreichenddimensionierte Verbinder zu verzichten. In puncto Äs-thetik und Biokompatibilität sind Vollkeramikbrückenmetallischen ohnehin überlegen. Nachteile sind die enge

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Abb. 30a bis c Zustand nach drei Jahren von vorn frontal von palatinal sowie En-face. Ein Bleaching kommt für den Patienten nichtin Frage

a

c

b

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Indikationsstellung und fehlende klinische Erfahrungen.Die Diskussion über Kofferdam ist unnütz und sollte be-endet werden. Selbst Hajto [148] berichtet über die ad-häsive Zementierung von Frontzahnveneers ohne Kof-ferdam. Viele klinische Ergebnisse zeigen, dass auch ohneKofferdam mit einer durchdachten Arbeitsfeldvorberei-tung sehr gute Langzeitergebnisse zu erzielen sind. Die„real“adhäsive Zementierung der beiden vorgestellten

Brücken ermöglicht nun bereits eine 3,5-jährige Trage-dauer ohne Komplikationen zur vollen Zufriedenheit desPatienten. Die Versorgung ist zum jetzigen Zeitpunktnoch nicht als Routinebehandlung anzusehen.

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Über die AutorenDr. med. dent. Tom O. Blöcker ist Zahnarztund Fachzahnarzt für Oralchirurgie. In denJahren 1982 bis 1987 studierte er Zahnheil-kunde in Hamburg. Die Approbation sowiedie Promotion erfolgten 1988. Von 1989 bis1992 absolvierte Dr. Blöcker die Weiterbil-dung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgieund ist seit 1994 in eigener oralchirurgischerÜberweisungspraxis in Hamburg-Bergedorfniedergelassen. Seit 1996 ist er als Referent,Kursleiter und Autor tätig. In den Jahren

2000 bis 2003 war Dr. Blöcker Schriftführer des NLI und ZE-Gut-achter der KZV Hamburg. Dr. Tom O. Blöcker ist Mitglied derDGZMK, DGEndo, DGFDT, DGI, DGP, BDO und BDIZ EDI sowie derCAD4practice-Expertengruppe. Sein Tätigkeitsfeld umfasst die Im-plantologie, die Parodontologie, die Mikrochirurgie und -endo-dontie, die Funktionsdiagnostik und -therapie sowie ästhetik- undfunktionsorientierte Gesamtrehabilitationen mit Vollkeramik.

Ztm. Christian Moss ist seit 1993 Meister derZahntechnik. Bereits seit 1987 beschäftigt ersich intensiv mit dem Bereich der Implantologieund entwickelte verschiedene prothetischeHilfsteile (Titanröhren für Bohr- und CT-Schab-lonen, Schraubenkanal-Finisher). Im Jahr 1990begann er seine Öffentlichkeitsarbeit und istseither im Bereich der Implantattechnologie alsReferent bekannt und angesehen. Mit seinerExpertise ist er beratend für einige Implantatan-bieter tätig. Von 2000 bis 2004 war er Mitin-haber von Sirius Dental Innovations. Heute hat er ein eigenes Dental-labor und ist unter anderem mit der Entwicklung dentaler Geräte (Mar-kennamen IMAGO) beschäftigt. Ztm. Moss ist Mitglied in der dentalexcellence international laboratory network e.V., der Studygroup Prof.Mick Dragoo, CAD4 prac tice-Expertengruppe sowie im Beirat derFachgesellschaft für Digitale Zahntechnik e.V.. Außerdem ist er Refe-rent zum Thema Zirkonoxid und der Galvano-Keramikteleskoptechniksowie Berater und Referent zum Thema „Hot Bond“.

ProduktlisteSpezialstrahlmittel Rocatec 3M EspeBefestigungskomposit Panavia KurarayBefestigungskomposit Multilink Sprint Ivoclar VivadentVariolink IIKompositzement Maxcem Kerr Dental

Superbond C&B Sun MedicalTwinlock Heraeus Kulzer

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Keramikätzung C-Link steco SystemtechnikBonder A.R.T.-Bond Vita ZahnfabrikDiamantschleifer Imago-Set Steco SytemtechnikVerblendkeramik Creation Creation Willi GellerZirkonoxidgerüst H.C.StarckFräsmaschine 5-Achsfräsmaschine Primacone

KorrespondenzadresseDr. Tom O. BlöckerZahnarzt, FZA für OralchirurgieChrysanderstr. 3521029 Hamburg-BergedorfFon +49 40 721 22 [email protected]

Literatur beim Verfasser oder im Internet unterwww.teamwork-media.de in der linkenNavigations leiste unter „Journale Online“.

Bei der Bildunterschrift 8a und b im ersten Teil des Bei-trags ist den Autoren leider ein Fehler unterlaufen, aufden die Firma Ziterion freundlicher Weise aufmerksamgemacht hat: Das Implantat war nicht inseriert, sondernhier handelte es sich um ein experimentelles Beschleifeninnerhalb eines In-Vitro-Versuches. Die Autoren bitten,das Versehen zu entschuldigen.