Das zentrale Riesenzellgranulom

13
Virchows Arch. A Path. Anat. and Histol. 370, 163--175 (1976) by Springer-Verlag 1976 Das zentrale Riesenzellgranulom Histochemische und ultrastrukturelle Untersuchungen zur Histogenese* A. Sehulz, 1~. Maerker und G. Delling Pathologisehes Institut der Universit~t I-Iamburg (Gesch~ftsffihrender Direktor: Prof. Dr. G. Seifert)und Nordwestdeutsche Kieferklinik der Universit/it Hamburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. G. Pfeifer) Eingegangen am 29. Dezember 1975 Central Giant Cell Granuloma Histochemical and Ultrastructural Study on Its Histogenesis Summary. Until now numerous studies on central giant cell granuloma of jawbones have not been able to reveal the histogenesis of this tumourlike lesion. The aim of the pre- sent investigation in two surgically proven cases was to study this question by means of histochemical and electron-microscopic methods. Rather similar histochemical properties were shown in giant cells and pericytes of ca- pillary sprouts penetrating the granuloma. Cell fusion occurred between both cell types as was observed by electron microscopy. The process of cell fusion is defined by character- istic interdigitations of cell membranes. Therefore pericytes are believed to be the stem cells of multinueleated giant cells in giant cell granuloma. The abundance of giant cells usually occurring in the granuloma might be explained by plenty of capillary sprouts made up by clusters of pericytes. The factors inducing the pericytic cell fusion process are still unknown. The question arises whether cytogenesis of giant cells in giant cell granuloma might be similar in other giant cell lesions or even in the development of multinucleated osteoclasts. Key words: Central giant cell granuloma --Histogenesis -- Histochemistry- Ultrastruc- ture. Zusammen/assung. Bisherige Untersuchungen an zentralen Riesenzellgranulomen des Gesichts-Kieferbereiches haben die Histogenese dieser tumor/~hnlichen Knochenerkrankung nicht kl/iren kSnnen. Wir untersuchten daher zwei bioptisch gesicherte zentrale Riesenzell- granulome unter dieser Fragestellung histochemisch und elektronenmikroskopisch. Histochemisch findet sich eine enge Enzymverwandtschaft zwischen den mehrkernigen Riesenzellen und den Pericyten der Kapillaren, die das Granulom dicht durchsetzen. Elek- tronenmikroskopisch zeigen sich typische MembranphKnomene der Zellfusion zwischen den mehrkernigen Riesenzellen und den Pericyten. Die fiir das Granulom charakteristischen mehrkernigen Riesenzellen entstehen daher durch Zellfusion aus den Pericyten, die als ihre Stammzellen angesehen werden miissen. Da die Pericyten das Granulom auch in Form zahlreicher blinder Kapillarsprossen durchsetzen, erkl/irt sich die Entwicklung einer Viel- zahl yon Riesenzellen. Die Ursaehen, die diesem Verhalten der Pericyten aetiologisch zugrunde liegen, sind unbekalmt. Ob die Cy~ogenese der Riesenzellen des zentralen Riesenzellgranuloms Modell- charakter hat und analog auch fiir die Entwicklung yon Riesenzellen in anderen Gewebs- neubildungen oder fiir die Enstehung der mehrkernigen Osteoclasten gilt, muB weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. * Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Transcript of Das zentrale Riesenzellgranulom

Page 1: Das zentrale Riesenzellgranulom

Virchows Arch. A Path. Anat. and Histol. 370, 163--175 (1976) �9 by Springer-Verlag 1976

Das zentrale Riesenzellgranulom His tochemische u n d u l t r a s t r u k t u r e l l e U n t e r s u c h u n g e n zur Hi s togenese*

A. Sehulz, 1~. Maerker und G. Delling

Pathologisehes Institut der Universit~t I-Iamburg (Gesch~ftsffihrender Direktor: Prof. Dr. G. Seifert)und

Nordwestdeutsche Kieferklinik der Universit/it Hamburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. G. Pfeifer)

Eingegangen am 29. Dezember 1975

Central Gian t Cell Granuloma

Histochemical and Ultrastructural Study on Its Histogenesis Summary. Until now numerous studies on central giant cell granuloma of jawbones

have not been able to reveal the histogenesis of this tumourlike lesion. The aim of the pre- sent investigation in two surgically proven cases was to study this question by means of histochemical and electron-microscopic methods.

Rather similar histochemical properties were shown in giant cells and pericytes of ca- pillary sprouts penetrating the granuloma. Cell fusion occurred between both cell types as was observed by electron microscopy. The process of cell fusion is defined by character- istic interdigitations of cell membranes. Therefore pericytes are believed to be the stem cells of multinueleated giant cells in giant cell granuloma. The abundance of giant cells usually occurring in the granuloma might be explained by plenty of capillary sprouts made up by clusters of pericytes.

The factors inducing the pericytic cell fusion process are still unknown. The question arises whether cytogenesis of giant cells in giant cell granuloma might be similar in other giant cell lesions or even in the development of multinucleated osteoclasts.

Key words: Central giant cell granuloma --Histogenesis - - Histochemistry- Ultrastruc- ture.

Zusammen/assung. Bisherige Untersuchungen an zentralen Riesenzellgranulomen des Gesichts-Kieferbereiches haben die Histogenese dieser tumor/~hnlichen Knochenerkrankung nicht kl/iren kSnnen. Wir untersuchten daher zwei bioptisch gesicherte zentrale Riesenzell- granulome unter dieser Fragestellung histochemisch und elektronenmikroskopisch.

Histochemisch findet sich eine enge Enzymverwandtschaft zwischen den mehrkernigen Riesenzellen und den Pericyten der Kapillaren, die das Granulom dicht durchsetzen. Elek- tronenmikroskopisch zeigen sich typische MembranphKnomene der Zellfusion zwischen den mehrkernigen Riesenzellen und den Pericyten. Die fiir das Granulom charakteristischen mehrkernigen Riesenzellen entstehen daher durch Zellfusion aus den Pericyten, die als ihre Stammzellen angesehen werden miissen. Da die Pericyten das Granulom auch in Form zahlreicher blinder Kapillarsprossen durchsetzen, erkl/irt sich die Entwicklung einer Viel- zahl yon Riesenzellen.

Die Ursaehen, die diesem Verhalten der Pericyten aetiologisch zugrunde liegen, sind unbekalmt. Ob die Cy~ogenese der Riesenzellen des zentralen Riesenzellgranuloms Modell- charakter hat und analog auch fiir die Entwicklung yon Riesenzellen in anderen Gewebs- neubildungen oder fiir die Enstehung der mehrkernigen Osteoclasten gilt, muB weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.

* Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Page 2: Das zentrale Riesenzellgranulom

164 A. Sehulz st al.

Einleitung

Die zentralen i~iesenzellgranulome der Kieferknochen werden morphologiseh den tumor/~hnlichen Gewebsneubildungen zugereehnet (Pindborg et al., 1971). Sie entstehen iiberwiegend im Unterkiefer (Andersen et al., 1973a), selten t reten sie auBerhalb des Kieferbereiches auf (Hirschl und Katz , 1974). Ihre Xtiologie ist noch unklar. Von einigen Autoren wird ein reparat iver Prozess angenommen, ftir dessen Ents tehung Traumen oder chronische Entzi indungen in der Vorge- sehichte verantwort l ich gemacht werden (Ritter, 1900; Konje tzny, 1922; Ja~fe, 1953; Austin et al., 1959; Walker, 1970; It irschl und Katz, 1974).

Der charakteristische histologisehe Aufbau der zentralen Riesenzellgranulome ist in den letzten Jahren dutch histoehemische und elektronenmikroskopisehe Untersuchungen welter analysiert worden, ohne dab die Ents tehung dieser Ver- ~nderung endgiiltig gekl~rt werden konnte. Die Cytogenese des zentralen Riesen- zellgranuloms ist daher Hauptziel dieser histoehemisehen und elektronenmikros- kopischen Untersuehung an zwei zentralen l~iesenzellgranulomen, i m Mittelpunkt steht die enge morphologische Beziehung zwischen Riesenzellen und Capillaren, die dutch friihere histologische Untersuchungen bereits eingehend beschrieben wurde (Ritter, 1900; Konje tzny, 1922 ; M5nkeberg, 1923 ; Rather, 1951 ; Liehten- stein, 1955). Uber die Bedeutung der Riesenzellen und ihre Funkt ion wird in einer weiteren Untersuchung berichtet.

Material und Methoden

Untersucht wurden zwei bioptisch gesicherte zentrale Riesenzellgranulome.

Fall 1" E.T., 23jS, hrige Patientin ohne wesentliche Vor- oder Begleiterkrankungen. Der klinische Befund best~nd in einer diffusen, druckindolenten Auftreibung tiber dem Unter- kieferrand vor dem linken Kie~erwinkel. Es f~nd sich intr~oral vestibular yon 36 und 37 eine derbe, dem Unterkieferkamm lest aufsitzende Auftreibung, die bis retromolar vor den ~ufsteigenden Unterkieferast reichte. RSntgenologisch zeigte sich eine unscharf begrenzte Osteolyse im linken Unterkieferwinkelbereich oberhalb des Canalis mandibularis yon der distalen Wurzel des Zahnes 37 bis in den aufsteigenden Ast in einer Ausdehnung yon 3 • 1,5 cm (Abb. 1).

Therapeutisch wurde eine Unterkie~erresektion yon 35 bis zur Incisura semilunaris un- ter Mitentfernung des Muskelfortsatzes, der Kaumuskelschlinge in den unteren und mitt- leren Anteilen durchgeftihrt. Aul3erdem erfolgte eine I~esektion der hinteren Anteile des linken Mundbodens unter ~itnahme des Nervus lingualis und eine Ausr~umung der Sub- m~ndibularloge. Der Unterkiefer wurde mit einem autologen Rippentransplant~t durch eine Kompressionsosteosynthese rekonstruiert. :Die l~ekonstruktion des Nervus lingualis erfolgte durch ein freies, autologes Transplantat vom Nervus auricul~ris magnus.

Postoperativer Verlauf komplikationslos und rezidivfrei.

Fall 2: E.W., 22jiihrigc Patientin mit einer seit 6 Wochen bemerkten langsam zuneh- menden indolenten derben Schwellung im Unterkieferfront- und Eckzahnbereich rechts. RSntgenologisch zeigte sich sin teilweise unscharf begrenzter groBer osteolytischer Bezirk im Unterkieferkinnbereich yon Zahn 45 bis 33. Die Corticalis des Unterkieferrandes erschien ,,tumorSs" durchbrochen, alveol~rw~rts w~ren die Wurzelspitzen der Unterkieferfrontzi~hne, des reehten Eckzahnes und 1. Pr~molaren in den osteolytischen Bezirk einbezogen. Im Rand- gebiet der Osteolyse f~nd sich eine anterschiedliche Knochentransp~renz (Abb. 1).

Page 3: Das zentrale Riesenzellgranulom

Histogenese des zentralen Riesenzellgranuloms 165

Abb. 1. 0ben: Fall 1. Ausschnitt aus einer RSntgenaufnahme (0rthopantomogram) des Un- terkiefers mit unscharf begrenzter 0s~eolyse im linken Kieferwinkelbereich. Unten: Fall 2. Ausschnitt aus einer R6ntgenaufnahme des Unterkiefers mit groBer 0steolyse im Kinnbereieh

Therapeutisch wurde eine Unterkieferkontinuitgtsresektion yon Zahn 34 bis 47 durch- geftihrt. Die Rekonstruktion erfolgte rnit autologen Rippentransplantaten. Weiterhin kom- plikationsloser und rezidivfreier Verlauf.

Methoden I)as Gewebe wurde unmittelbar naeh der Entnahme ftir die weitere histologisehe, his-

tochemisehe und elektronenmikroskopische Verarbeitung pr~ipariert (Delling und

Page 4: Das zentrale Riesenzellgranulom

166 A. Schulz et al.

Schulz, 1976). Zur histologischen Untersuchung wurde nach Fixation in Carnoy'scher LSsung eine unentkalk~e Einbettung in Methylmet~crylat durchgefiihr~ (Delling, 1972).

Der histochemische Nachweis der alkalischen und sauren Phosphatase erfolgte licht- mikroskopisch nach den yon Barka und Andersen (1965) angegebenen Methoden.

Kryostatschnitte wurden in gepuffertem Formol fixiert und mit ~aphthol AS-TI~ Phos- phat Ms Substrat inkubiert bei pH 8,3 und pg 5,0. Als Farbstoffindikator diente Fast-Red- TR. Fiir die s~ure Phosph~tase-Re~k~ion wurden die Schnitte mit Methylgriin gegenge- f~rbt.

Fiir die Elektronenmikroskopie wurde das Gewebe 3 h in einem 2,3% GlutarMdehyd- Cacodylatpuffer-Gemisch fixiert (pH 7,3; 300 mosmol), anschliel~end nachfixiert in 1%igem Osmiumtetroxyd und danach unentkalkt in ein niederviskSses Epongemisch eingebettet (Schu]z, 1976). Nach Kontrastierung der Feinschnitte mit Uranylacetat und Bleici- trat erfolgte die elektronenmikroskopische Untersuchung an einem Zeiss EM 9.

Ergebnisse Die unentkMkte histologische Untersuchung der beiden zentrMen Riesenze]l-

granulome ergibt ein einheitliches Bild. Das Gcwebe ist lobul~r aufgebaut und dicht capillarisiert. In den Septen finder sich fibrSses Knochengewebe. Die Rie- senzellen sind h~ufig pericapill/~r angeordnet. Sie kSnnen als Wandbestandteil in den Capill~ren auftreten oder auch in der Lichtung der Capillaren ]iegen (Abb. 2).

Histochemisch sind die Riesenzellen saure Phosph~tase-positiv. Die einkerni- gen Zellen sind iiberwiegend s~ure Phosph~tase-negativ. Nur einzelne Zellgrup- pen und pericapills Zellformen (Pericyten), sowie Makrophagen zcigen ein rein- granulates l~e~ktionsprodukt. Die Mehrz~hl der einkernigen Strom~zellen ist M- kMische Phosphatase-positive (Abb. 3).

Elektronenmikroskopisch sind die Riesenze]lgranulome yon Capillarformen unterschiedlicher l~eifungsstufen durchsetzt. Die proliferierenden Capillarsprossen haben h~ufig noch keine Lichtung ausgebildet (Abb. 4). Sie bestehen aus gleich- artig differenzierten Zellen, die solide Zellkomplexe mit einer konzentrischen Schichtung bilden. Die Auss~attung mit Zellorg~nellen ist sp~rlich. Neben einzel- nen Mitochondrien und L~mellen des rauhen endoplasm~tischen Reticulums fin- den sich auch Lysosomen. Erst wenn die Capillaren eine Lichtung bilden, voll- zieht sich die Differenzierung in Endothelzellen und Pericyten. Die Pericyten gleichen im Aufbau und OrganellengehMt den Stammzellen der blinden Capillar- sprossen (Abb. 5).

Zwischen Fericyten und pericapill/~r liegenden Riesenzellen besteht eine be- sondere morphologische Beziehung. Die Zellmembran tier t~iesenzelle t r i t t mit der des Pericyten durch Interdigitationen in enge Verbindung. Diese Interdigi- tationen sind Cytopl~sm~fortsi~tze, die sich dutch die enge Anein~nderl~gerung beider Zellen Ms eine lamells Zone d~rstellen (Abb. 5). Im Bereich der Inter- digitationen zeigen die Zellmembranen beider Zel]en bereits streckenweise einen Kontinuit~tsverlust Ms Zeichen der beginnenden Zellfusion. Die Zellfusionsfiguren linden sich ~uch zwischen reifen grol~en mehrkernigen Riesenzellen und benach- b~rten pericyti~ren Zellformen (Abb. 6).

Page 5: Das zentrale Riesenzellgranulom

Histogenese des zentralen Riesenzellgranuloms 167

Abb. 2. Oben: Histologische Ubersicht des zentr~len Riesenzellgranuloms. Dus Gewebe ist dicht k~pill~risiert. Die Riesenzellen sind h~ufig perikapill/~r ~ngeordnet (unentkalkt, Me- thucryl~teinbe~tung, Trichrom-Goldner, • Unten: Lichtmikroskopisch liegen die mehr- kernigen Riesenzellen h~ufig in der K~pill~rwand, sie k6rmen auch in deren Lichtung ein-

dringen. (Epon, Semidiinn-Schnitt • 700)

Page 6: Das zentrale Riesenzellgranulom

168 A. Schuiz et al.

Abb. 3. Oben: Histochemische lZe~ktion ~uf saure Phosphatase. Neben den mehrkernigen l~iesenzellen, dis stets eine positive Rea.ktion aufweisen, linden sich ~uch einzelne perica- pill~ire Zellen und solids Zellgruppen, die ein feingrauulgres Re~ktionsprodl~kt entha.lten (Pfeil). Unten: Histochemisehe Re~ktion auf alkatische Phosphat~se. W~hrend die Mehr- zahl der einkernigen Strom~zellen eine positive Reaktion aufweist (Pfeit) finder sich in den Riesenzellen kein Re~ktionsprodukt. (KITostatsehnitt , saure und ~lkalische Phosphatase,

>~ 170)

Page 7: Das zentrale Riesenzellgranulom

Histogenese des zentralen Riesenzel!granuloms 169

Abb. 4. Elektronenmikroskopische Darstellung einer blinden Ca.pillarsprosse, die aus ge- schichteten Perieyten aufgebaut ist. Eine Liehtung ist noch nicht ausgebildet. Die Peri- cyten besitzen nur wenige Zellorganellen. Neben einzelnen Lamellen des rauhen endoplas- matisehen Reticulum (rER) linden sieh einzelne Mitoehondrien (Mi) und Lysosomen (Ly).

( • 7400)

Page 8: Das zentrale Riesenzellgranulom

Abb. 5. Oben: l~eife Kapillaren mit Endothelzellen (EN) und Pericyten (PC). Zwischen ei- nero Perieyten und einer benachbarten Riesenzelle (I~Z) bestehen Zellmembraninterdigita- tionen (x6200). Unten: Lamell~re Zone der Zellmembraninterdigitationen zwisehen einer l%iesenzelle und einem Pericyten. Durch die enge Aneinanderla,gerung beider Zellen kommt die lamell~re Schichtung der tief inein~nder greifenden Membraninterdigitationen zustande. Als Zeichen der beginnenden Zetlfusion linden sich bereits kleinere Abschnitte mit einem

Kontinuit~tsverlust der iVfembranen (Pfeile). ( x 11200)

Page 9: Das zentrale Riesenzellgranulom

I-Iistogenese des zentralen Riesenzellgranuloms 171

Abb. 6. Zellfusion zwisehen einer groBen mehrkernigen Riesenzelle und einer perieytS~ren mononuklegren Stromazelle. Zwisehen beiden Zellen ist das charakteristisehe Ph//nomen der Zellmembraninterdigitat,ionen (Pfeile) als eine lamelliire Zone ausgebildet (•

Diskussion

Bereits Anfang dieses Jahrhunderts wurde yon Ritter (1900) dureh einge- hende lichtmikroskopisehe Studien an sogenannten ,,Riesenzellsarkomen" die Vor- stellung begriindet, daiS die Riesenzellen dureh Vereinigung der eapill/~ren Endo- thelzellen gleiehsam aus diesen aussprossen. Konjetzny (1922) faiste die Riesen- zellen als ,,verpufRe Capillarsprossen" auf. AuBer den vaseul/~ren Zellformen (Ribbert, 1917; MSnekeberg, 1923; Rather, 1951; Liehtenstein, 1953; Andersen et al., 1973b) wurden vor allem histioeytitre Zellen wie )/Iakrophagen als m6g- liehe Riesenzellvorl~tufer diskutiert (Changus, 1957; Gusek, 1958; Adkins eta]., 1972). Die Entstehung der mehrkernigen Riesenzellen dutch mitotisehe Kern-

Page 10: Das zentrale Riesenzellgranulom

t72 A. Schulz et al.

blinde KAPILLARSPROSSE

PER I CYTEN

FIBROBLAST

..... ~ii!il ii~ ....

ii:~!ii:: :+>: . ,

ZELLFUS ION PER I CYI'EN

RIESENZELLE / , J - . o ap o ~ ) - ~ . . . , " " - . \

Abb. 7. HMbsehematische Darstellung der Histogenese der mehrkernigen Riesenzellen des zentra.len Riesenzellgranuloms aus den Perieyten a.ls deren Stammzellen

teilung wird auf Grund ihrer niedrigen Mitoserate als nicht wahrscheinlieh ange- sehen (Adkins et al.,1969). Bizarre Kernformen, die elektronenmikroskopiseh be- obgeht, elb wurden, lieBen eher an amitotisehe Kerntei lungen denken (Adkins et ~1.,

Page 11: Das zentrale Riesenzellgranulom

Histogenese des zentr~len Riesenzellgranuloms 173

1969), wie es fiil �9 die Entwieklung der Fremdk6rperriesenzellen beschrieben wurde (Wurm, 1956). Ebenfalls elektronenmikroskopisehe Beobachtungen yon Zellfu- sionsvorg~Lngen haben zu der Annahme geftihrt, dab diesem Prozel] eine beson- dere Bedeutung ftir die Entstehung der mehrkernigen Riesenzellen zukomme (Bernier and Cahn, 1954; Hanoaka, 1970; Adkins et al., 1972).

Die Versuche~ eine bestimmte Vorl/~uferzelle der Riesenzellen dureh histo- chemisehe und elektronenmikroskopische Untersuchungen exakt zu definieren, fiihrten zu untersehiediichen Ergebnissen. S~pp (1972) untersehied elek~ronen- mikroskopisoh vier mononukle~tre Zellformen, die als verschiedene Differenzie- rungsstufen einer Osteoprogenitor-Zelle aufgefal3t wurden. Adkins et al. (1972) beschreiben Fibrobl~sten, Mastzellen und Makrophagen als die wesentliehen me- nonukle~ren Zellformen und nehmen an, dab die Riesenzellen dureh Zellfusion aus den Makrophagen entstehen. Eine ~Lhnliche elektronenmikroskopisehe Un- terteilung der mononukle/~ran Zellen in Fibrobl~sten und Makrophagen fiihrt aueh Soskolne (1972) dureh, wobei als Riesenzellvorl/~ufer am ehesten eine dritte undifferenzierte Zellform erwogen wird.

Eine engere Eingrenzung der mSgliehen Riesenzellvorl~ufer haben erst zu- s~Ltzliehe histochemische Untersuehungen gebraeht. Unter den versehiedenen En- zymen ist die saure Phosphatase ein Leitenzym der Riesenzellen (Schajowiez, 1961; Pepler, 1968; Wertheimer, 1967; Ores et al., 1969). Die s~ure Phospha- tase-Reaktion haben wir daher zur Suche nach einer enzymverwandten mono- nuele/~ren Zelle verwendet.

Unsere histochemischen Untersuchungen zeigen in ~bereinstimmung mit An- dersen et al. (1973b) eine feingranulAre positive lZeaktion der saurei1 Phospha- tase in perie~pill~ren Zellen und einzelnen soliden Zellkomplexen. Da die s~ure Phosph~tase ein lysosomales Enzym ist (Lit. : Geyer, 1973), kommt sie nut in Zellen vor, die mit entspreehenden Organellen ausgest~ttet sind. Elektronenmi- kroskopiseh linden sieh lysosomale Organellen vor allem in den Perieyten der zahlreiehen Capillaren, die das Stroma der Riesenzeilgranulome durehsetzen. Zwischen den enzymverwandten Perieyten und Riesenzellen sind elektronenmi- kroskopiseh Zellph~nomene zu beob~ehten, die sich zwischen l~iesenzellen und ~nderen mononukle~ren Zellformen nicht naohweisen liel~en. Bei Anlagerung der Perieyten an die Riesenzellen bilden sieh tiefe Zellmembraninterdigitationen aus. Diese ineinander gefalteten Zellmembranen zeigen streckenweise Kontinuit~ts- abbrtiche. Auf Grund experimenteller Studien zur Entstehung yon Riesenzellen miissen die Zellmembraninterdigitationen als morphologisches Bild der Zellfusion gedeutet werden (Davis, 1963; Sutton and Weiss, 1966). In der Cytogenese der Riesenzellen des zentralen l~iesenzellgranuloms steht d~her der Perieyt am An- fang der Entwieklung (Abb. 7). Die Enstehung zahlreieher Riesenzellen wird verst~ndlieh bei der Vielzahl yon C~pillaren und unreifen Capillarsprossen aus Perieyten, die d~s Granulom durehsetzen.

Ob die Cytogenese der Riesenzellen des zentralen Riesenzellgranuloms der Kiefer Modelleh~rakter hat und analog aueh fiir die Enstehung mehrkerniger Riesenzellen in anderen Gewebsneubildungen oder gar fiir die bisher ungekl~rte Entwieklung der mehrkernigen Osteoelasten gilt, mul~ durch zukiinftige Unter- suchungen gekl~rt werden.

Page 12: Das zentrale Riesenzellgranulom

174 A. Schulz et al.

Fiir die sorgf~l~ige technische Assistenz bei der Durchffihrung der Untersuchung sind wit Fraulein K. Heigl und Frau E. Pyko zu Dank verpflichtet.

Literatur

Adkins, K. F.. Martinez, M. G., Robinson, L.H.: Cellular morphology and relationship in giant-cell lesions of the jaws. O. S., O.M. and O.P. 28, 216-222 (1969)

Adkins, K.F. , Martinez, M. G., Romaniuk, K.: Ultrastructure of giant-cell lesions. O.M., O.S. and O.P. 33, 775-786 (1972)

Andersen, L., Fejerskov, 0., Philipsen, H.P. : Oral giant cell granulomas. A clinical and histological study of 129 cases. Acta path. microbiol, scand., Sect. A 81, 606--616 (1973a)

Andersen, L., Arwill, T., Fejerskov, O., Hoyden, G., Philipsen, It. P. : Oral giant cell granu- lomas. An enzyme histochemical and ultrastructural study. Aeta path. microbiol, sound., Sect. A 81, 617--629 (1973b)

Austin, L.T., Dahlin, D.C., Royer, R. Q.: Giant-cell reparative granuloma and related conditions affecting the jawbones. Oral Surg. 12, 1285--1295 (1959)

Barka, T., Anderson, P. J. : Histoohemistry. New York-Evanston-London: Hoeber Medical Division 1965

Bernier, J .L., Cahn, L.R.: Peripheral giant cell reparative granuloma. J. Amer. dent. Ass. 49,141--148 (1954)

Changus, G.W.: Osteoblastic hyperplasia of bone; a histochemical appraisal of fibrous dysplasia of bone. Cancer (Philad.) 10, 1157--1161 (1957)

Davis, J. M. G. : The ultrastructural changes that occur during transformation of lung ma- crophages to giant cells and fibroblasts in experimental asbestosis. Brit. J. exp. Path. 44, 568--575 (1963)

Delling, G. : ~ber eine vereinfachte Knocheneinbettung ffir unentkalkte Knochenschnitte. Beitr. path. Anat. 145, 100---105 (1972)

Delling, G., Schulz, A., Seifert, G. : Fortschritte in der Diagnostik maligner Xnochentumoren. Radiologe 16, 46--53 (1976)

Geyer, G. : Ultrahistochemie. Stuttgart: Gustav Fischer 1973 Gusek, W. : Die Feinstruktur der einkernigen Makrophagen und der mehrkernigen Riesen-

zellen im FremdkSrpergranulationsgewebe. Frankfurt. Z. Path. 69, 429--436 (1958) Hanoaka, H., Friedman, B., Mack, R. P. : Ultrastructure and histogenesis of giant cell tu-

mor of bone. Cancer (Philad.) 25, 1408--1423 (1970) Hirschl, S., Katz, A. : Giant cell reparative granuloma outside the jaw bone. Human Path.

5, 171--181 (1974) Jaffe, tt. L. : Giant cell reparative granuloma, traumatic bone cyst, and fibrous (fibro-os-

seous) dysplasia of jaw bones. Oral Surg. 6, 159--175 (1953) Konjetzny, G. E. : Die sogenannte ,,lokalisierte Ostitis fibrosa". Langenbecks Arch. klin.

Chir. 121, 567--576 (1922) Lichtenstein, L.: Tumors of synovial joints, bursae and tendon sheaths. Cancer (Philad.)

8, 816--830 (1953) MSnckeberg, L G. : Zur Frage der sog. Riesenzellensarkome der Knochen. Virchows Arch.

path. Anat. 246, 106--116 (1923) Ores, R., Rosen, P., Opitz, J. : Localization of acid phosphatase activity in a giant cell tu-

mor of bone. Arch. Path. 88, 54--57 (1969) Pepler, W. J.: The histochemistry of giant cell tumors (Osteoclastoma and Giant cell epu-

1is). J. Path. Bact. 76, 505--510 (1958) Pindborg, J. J., t~ramer, I. R. H.: Histological typing of odontogenic tumours, jaw cysts

and allied lesions. In: International histological classification of turnouts. Genf: WHO 1971

Rather, L. J. : A note on the origin of multinucleated giant cell from vascular channels in tumors - tumors arising in the thyroid gland, bone and soft tissues. Arch. Path. 52, 98--103 (1951)

Page 13: Das zentrale Riesenzellgranulom

Histogenese des zentralen Riesenzellgranuloms 175

Ribbert, It. : Zur Kenntnis des Riesenzellensarkoms. Frankfurt. Z. Path. 2O, 29--36 (1917) Ritter, C. : Die Epulis und ihre Riesenzellen. Dtsch. Z. Chir. 84, 1--40 (1900) Sapp, J. P. : Ultrastructure and histogenesis of peripheral giant cell reparative granuloma

of the jaws. Cancer (Philad.) 30, 1119--1129 (1972) Schajowicz, F. : Giant cell tumours of bone (Osteoclastoma). A pathological and histoche-

mical study. J. Bone J t Surg. A 43, 1--29 (1961) Sohulz, A.: Einbettung mineralisierten Knochengewebes fiir die Elektronenmikroskoloie.

Beitr. Path. 1~6, 280---288 (1975) Soskolne, W. A. : Peripheral giant cell granulomas : an ultrastructural study of three lesions.

J. oral Path. 1, 133--143 (1972) Sutton, J. S., Weiss, L. : Transformation of monocytes in tissue culture into macrophages,

epitheloid cells and multinucleated giant cells. J. Cell Biol. 28, 303--332 (1966) Walker, D. G. : Benign non odontogenic tumors of the jaws. J. oral Surg. 28, 39--57 (1970) Wertheimer. F. W. : Enzyme histoehemistry of giant-cell reparative granulomas. O.M., O.S.

O.P. 23, 464--469 (1967) Wurm, E. : Tdber die Entstehung der Fremdk5rperriesenzellen, Beitr. path. Anat. 116, 149--167

(1956) Dr. A. Schulz Priv. Doz. Dr. G. Delling Pathologisches Institut des Universit~tskrankenhauses Eppendorf Martinistr. 52 D-200 Hamburg 20 Bundesrepublik Deutschland

Dr. R. Maerker Nordwestdeutsche Kieferklinik des Universit~tskrankenhauses Eppendorf Martinistr. 52 D-2000 Hamburg 20 Bundesrepublik Deutschland