Das zerbrochene Gewehr, 55

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15. Mai 2002: Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung Schwerpunkt zur Kriegsdienstverweigerung auf dem Balkan 15. Mai rund um die Welt n Andreas Speck In vielen Städten überall auf der Welt werden AntimilitaristInnen und KDV- Gruppen am 15. Mai aktiv sein, und den Internationalen Tag zur Kriegs- dienstverweigerung begehen. Die WRI erhielt einige Berichte zu Aktivitäten in verschiedenen Ländern - ein kleiner Eindruck, was geschehen wird. BELGIEN Internationale Aktion zum Internationa- len Tag zur Kriegsdienstverweigerung, organisiert durch die War Resisters' International GROSSBRITANNIEN The Right to Refuse to Kill, Zeremonie am Gedenkstein für Kriegsdienstverwei- gerer am Tavistock Square, London, 12 Uhr (mit RednerInnen der WRI) JUGOSLAWIEN Food not Bombs und Open Air Punk- Konzert (unplugged) in Belgrad, organ- isiert von der Gruppe der Kriegsdienst- verweigerer. MAZEDONIEN Aktion für Kriegsdienstverweigerung in Skopje, organisiert von der Gruppe für antimilitaristische Aktion POLEN Happenings und Reden zur Kriegs- dienstverweigerung in Warsaw, Wroclaw, Katowice und Lublin, organisiert von amnesty international - KDV Team Die War Resisters' International möchte gerne mehr wissen über Eure Aktionen am 15. Mai 2002 - bitte sendet Eure Berichte und/oder Fotos an: War Resisters’ International 5 Caledonian Road London N1 9DX, Grossbritannien email: [email protected] n Andreas Speck Der 15. Mai ist der Internationale Tag zur Kriegsdienstverweigerung. Für die War Resisters' International und ihre Mitgliedsorganisationen ist das ein wichtiger Anlass, um für das Recht, das Töten zu verweigern, zu agieren, und um Aufmerksamkeit auf Kriegs- dienstverweigerung und Antimilitaris- mus zu lenken. Im Jahr 2002 konzentriert die War Resi- sters' International ihre Aktivitäten auf die Situation von Kriegsdienstverweigerern auf dem Balkan - nicht nur das ehemalige Jugo- slawien, sondern auch die Türkei und Grie- chenland. Auch wenn sich die Situation in diesen Ländern in vielerlei Hinsicht unter- scheidet, so haben doch die meisten dieser Länder einen Punkt gemeinsam: der Kampf für das Recht, das Töten zu verweigern, steckt irgendwie fest. Die Entscheidung der War Resisters' International, sich bei den Aktivitäten zum 15. Mai 2002 auf diese Länder zu konzentrieren, soll dazu dienen, diese KDV-Bewegungen zu unterstützen, und den Kampf für das Recht, das Töten zu verweigern wieder in Bewegung zu bringen. Diese Ausgabe des Zerbrochenen Ge- wehrs bietet Hintergrundinformationen zu einigen dieser Länder: Kroatien, Serbien, und Griechenland. Zusätzlich beleuchtet diese Ausgabe die Geschichte des 15. Mai - des Internationalen Tages zur Kriegsdienst- verweigerung - und beinhaltet eine Diskus- sion zum Menschenrechtsansatz im Gegen- satz zum antimilitaristischen Ansatz zur Kriegsdienstverweigerung. Zum ersten Mal stellen wir ausserdem eine Liste inhaftierter Kriegsdienstverwei- gerer bereit - ähnlich unserer Liste der Gefangenen für den Frieden am 1. Dezem- ber, aber mehr eingeschränkt auf Kriegs- dienstverweigerung. Unterstützt diese inhaftierten Kriegsdienstverweigerer - und unterstützt uns in unserer Arbeit zur Unter- stützung von Kriegsdienstverweigerern! Andreas Speck arbeitet im Büro der War Resisters’ International. Solidaritätsaktion für Totalverweigerer. KDV-AktivistInnen schliessen ein Gericht als Protest gegen die Kriminalisierung von Totalverweigerern. Auf den Schildern steht: "Schönes Wetter statt Kriminalisierung" und "Gericht heute geschlossen" Foto: Andreas Kiefer Mai 2002 Nr. 55 £ 0.50/US$ 0.75/ 0.75

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15 Mai 2002: Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

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Das Zerbrochene Gewehr Mai 2002 Seite 1

15. Mai 2002: Internationaler Tag zur KriegsdienstverweigerungSchwerpunkt zur Kriegsdienstverweigerung auf dem Balkan

15. Mai rund um die Welt

��Andreas Speck

In vielen Städten überall auf der Weltwerden AntimilitaristInnen und KDV-Gruppen am 15. Mai aktiv sein, undden Internationalen Tag zur Kriegs-dienstverweigerung begehen. Die WRIerhielt einige Berichte zu Aktivitätenin verschiedenen Ländern - ein kleinerEindruck, was geschehen wird.

BELGIENInternationale Aktion zum Internationa-

len Tag zur Kriegsdienstverweigerung,organisiert durch die War Resisters'International

GROSSBRITANNIENThe Right to Refuse to Kill, Zeremonie

am Gedenkstein für Kriegsdienstverwei-gerer am Tavistock Square, London, 12Uhr (mit RednerInnen der WRI)

JUGOSLAWIENFood not Bombs und Open Air Punk-

Konzert (unplugged) in Belgrad, organ-isiert von der Gruppe der Kriegsdienst-verweigerer.

MAZEDONIENAktion für Kriegsdienstverweigerung in

Skopje, organisiert von der Gruppe fürantimilitaristische Aktion

POLENHappenings und Reden zur Kriegs-

dienstverweigerung in Warsaw, Wroclaw,Katowice und Lublin, organisiert vonamnesty international - KDV Team

Die War Resisters' Internationalmöchte gerne mehr wissen über EureAktionen am 15. Mai 2002 - bitte sendetEure Berichte und/oder Fotos an:

War Resisters’ International5 Caledonian RoadLondon N1 9DX, Grossbritannienemail: [email protected]

��Andreas Speck

Der 15. Mai ist der Internationale Tagzur Kriegsdienstverweigerung. Für dieWar Resisters' International und ihreMitgliedsorganisationen ist das einwichtiger Anlass, um für das Recht,das Töten zu verweigern, zu agieren,und um Aufmerksamkeit auf Kriegs-dienstverweigerung und Antimilitaris-mus zu lenken.

Im Jahr 2002 konzentriert die War Resi-sters' International ihre Aktivitäten auf dieSituation von Kriegsdienstverweigerern aufdem Balkan - nicht nur das ehemalige Jugo-slawien, sondern auch die Türkei und Grie-chenland. Auch wenn sich die Situation indiesen Ländern in vielerlei Hinsicht unter-scheidet, so haben doch die meisten dieserLänder einen Punkt gemeinsam: der Kampffür das Recht, das Töten zu verweigern,steckt irgendwie fest. Die Entscheidung derWar Resisters' International, sich bei denAktivitäten zum 15. Mai 2002 auf dieseLänder zu konzentrieren, soll dazu dienen,diese KDV-Bewegungen zu unterstützen,und den Kampf für das Recht, das Töten zu

verweigern wieder in Bewegung zu bringen.Diese Ausgabe des Zerbrochenen Ge-

wehrs bietet Hintergrundinformationen zueinigen dieser Länder: Kroatien, Serbien,und Griechenland. Zusätzlich beleuchtetdiese Ausgabe die Geschichte des 15. Mai -des Internationalen Tages zur Kriegsdienst-verweigerung - und beinhaltet eine Diskus-sion zum Menschenrechtsansatz im Gegen-satz zum antimilitaristischen Ansatz zurKriegsdienstverweigerung.

Zum ersten Mal stellen wir ausserdemeine Liste inhaftierter Kriegsdienstverwei-gerer bereit - ähnlich unserer Liste derGefangenen für den Frieden am 1. Dezem-ber, aber mehr eingeschränkt auf Kriegs-dienstverweigerung. Unterstützt dieseinhaftierten Kriegsdienstverweigerer - undunterstützt uns in unserer Arbeit zur Unter-stützung von Kriegsdienstverweigerern!

Andreas Speck arbeitet im Büro der WarResisters’ International.

Solidaritätsaktion für Totalverweigerer. KDV-AktivistInnen schliessen ein Gericht als Protest gegendie Kriminalisierung von Totalverweigerern. Auf den Schildern steht: "Schönes Wetter stattKriminalisierung" und "Gericht heute geschlossen" Foto: Andreas Kiefer

Mai 2002 Nr. 55 £ 0.50/US$ 0.75/ 0.75

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Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55 - 15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Seite 2 Mai 2002 Das Zerbrochene Gewehr

Kriegsdienstverweigerung in Kroatien (April/Mai 2002)

��Natalie Sipak

Am 6. April 2002 wurde in Kroatien ein neuesGesetz zur Verteidigung verabschiedet. Eine derwichtigsten Fakten aus diesem Gesetz ist, dasses klar erklärt, dass der Zivildienst (Alternativ-dienst) durch ein eigenes Gesetz geregelt wird,unter der Aufsicht des Justizministeriums (der-zeit) oder des Ministeriums für Arbeit undSoziales.

Soweit wir wissen, ist ein endgültiger Vor-schlag für dieses Gesetz ausgearbeitet. ARK hatnur einen rohen Entwurf des Gesetzes gesehen,und der sah nicht zu gut aus. Wir haben bereitseine offizielle Beschwerde beim Justizministeri-um eingereicht (zusammen mit amnesty interna-tional), da wir nicht zu der Arbeitsgruppe, die amEntwurf gearbeitet haben, hinzugezogen bzw.eingeladen wurden. Noch gibt es keine offizielleStellungnahme dazu.

Derzeit sieht es so aus, dass sich das Justiz-ministerium unter grossen Druck befindet, eineendgültige Fassung vorzulegen, da es einengrossen Anstieg in der Zahl der KDV-Anträgegibt. Im letzten Jahr wurden 4.009 Anträgegestellt (in 2000 waren es nur 680!), was unge-fähr 20% der Wehrpflichtigen ausmacht.

In diesem Jahr gab es bis zum 15. März be-reits 1.500 Anträge (7.5%), und die Zahl steigtrapide. Das Büro für Zivildienst (im Justizminis-terium) ist von KDV-Anträgen völlig über-schwemmt, und da es bisher kein neues Gesetzgibt, wurden keine neuen Organisationen zu denEinsatzplätzen für zivilen (alternativen) Diensthinzugefügt, bei denen der Dienst abgeleistetwerden kann. Nach den derzeitigen Regelnmuss der Verteidigungsminister jeden Antrageiner Organisation, die auf dieser Liste seinmöchte, unterzeichnen. Er hat sich in den letztenzwei Jahren geweigert, das zu tun, so dass allesblockiert ist, bis das neue Gesetz zum Zivildienstverabschiedet und das derzeitige Verfahrengeändert ist.

In letzter Zeit hat es auch eine steigende Zahl

von Beschwerden von KDVern über soziale Dis-kriminkierung gegeben. Eine grosse Zahl vonKDVern verfügt über keinerlei Einkommen, wäh-rend sie ihren Dienst ableisten (sie erhalten vonder Regierung keinerlei finanzielle Aufwandsent-schädigung, abgesehen von den Kosten fürTransport), was bedeutet, dass ihre Familiendurch einen Mangel an Einkommen zum Le-bensunterhalt gefährdet sind. Nach dem derzeiti-gen Gesetz ist es KDVern nicht erlaubt, währendder Ableistung des Zivildienstes zu arbeiten.

Die Debatte über die Abschaffung der Wehr-pflicht ist noch immer recht lebendig, und natür-lich gibt es unterschiedliche Meinungen. Es gibtverschiedene Blickwinkel, und es beinhaltetFragen der nationalen Sicherheit, Geld, NATO-Mitgliedschaft, etc…

ARK spricht sich offen und konsistent für dieAbschaffung der Wehrpflicht aus (und des Mili-tärs selbst, selbstverständlich �), doch wurdenvon verschiedenen NGOs Fragen zur zivilenKontrolle über eine "professionelle" Armeegestellt.

ARK und andere NGOs, die in Kroatien zuKDV arbeiten, sind in ihrer "Politik" der Entmilita-risierung konsistent. Wir unterstützen das Kon-zept der Totalverweigerung offen, und sind füreinen zivilen (alternativen) Dienst als einen frei-willigen, und nicht verpflichtenden, Weg die Ge-meinschaft zu unterstützen.

Die KDV-Bewegung in Kroatien ist sehr "infor-mell und locker", was bedeutet das es eine Ko-operation verschiedener NGOs, die zu diesemThema arbeiten, gibt, und sogar Unterstützungvon NGOs, die normalerweise zu anderenThemen engagiert sind. Doch es gibt keine kon-sistente "sichtbare Bewegung", sondern mehrindividuelle alltägliche Arbeit mit gemeinsamenKampagnen/Aktionen zu verschiedenenAnlässen. Das informelle Netzwerk von KDV-Gruppen in Kroatien vernetzt Zagreb-Vinkovci-Vukovar-Porec-Osijek-Cakovec-Karlovac-Pula.

ARK bemüht sich (doch nicht sehr erfolgreich,aufgrund des Mangels an AktivistInnen �), Kon-

takt mit verschiedenen NGOs in allen Teilen Kro-atiens (insbesondere der ehemaligen "Krajina"-Region und Dalmatien) aufzunehmen, die Wil-lens wären, KDV-Arbeit zu leisten (Beratung,Rechtsberatung, Aktionen, Kampagnen, usw.).

Die Lobbyarbeit für ein Zivildienstgesetz wirdweitergehen, gemeinsam mit amnesty interna-tional Kroatien und anderen KDV-Gruppen.

Es gibt recht gute Kontakte mit KDV-Gruppenaus der Region (Bosnien und Herzegowina,Slowenien, Serbien, Montenegro, Mazedonien),und verschiedene Ideen zur Kooperation undzum Erfahrungsaustausch.

Für den Internationalen KDV-Tag am 15. Maistartet ARK die öffentliche Kampagne "Zivildienstist safer", was die landesweite Kampagne fürZivildienst und Kriegsdienstverweigerung seinwird. Die Idee ist, 5.000 Kondome an die Öffent-lichkeit zu verteilen (in Zusammenarbeit mit demNGO-Netzwerk für KDV: Zagreb-Vinkovci-Vuko-var-Porec-Osijek-Cakovec-Karlovac-Pula). JedesKondom wird in einer Kartonschachtel verpacktsein, mit schriftlichen Informationen zur sex-uellen Gesundheit und dem Gebrauch von Kon-domen, und einem Infoblatt wo und wie ein An-trag zur KDV gestellt werden kann, und wo manlokal weitere Informationen zur KDV bekommenkann. Die Kampagne wird in Zusammenarbeitmit der Frauen-NGO CESI-Center for Educationand Counselling of Women mit Sitz in Zagrebdurchgeführt.

Das Logo der Kampagne ist ein Maschinen-gewehr, dass in einem Kondom steckt �.

Natalie Sipak ist bei ARK aktiv und ist Mitgliedim Vorstand der WRI.

Antiratna Kampanja Hrvatske (ARK) Gunuliceva 110000 Zagreb; tel /fax +385 1 615 8711email [email protected] www.zamir.net/~ark/

Totale Kriegsdienstverweigerung gegen totale Kriegsvorbereitung Foto: Andreas Kiefer

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15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung - Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55

Das Zerbrochene Gewehr Mai 2002 Seite 3

Jugoslawien: neues Gesetz, aber nichts neuesKriegsdienstverweigerung in Jugoslawien (Serbien und Montenegro)

�� Igor Seke

Jugoslawien hat im Januar 2002 einneues Militärgesetz verabschiedet, aberauch dieses Gesetz beinhaltet keine Rege-lung zur Kriegsdienstverweigerung. Kriegs-dienstverweigerer können nur einen Dienstohne Waffen innerhalb der jugoslawischenArmee ableisten - was offensichtlich keinebefriedigende Situation darstellt. Die Berich-te der Medien haben zu großer Verwirrungbeigetragen, einige schrieben von einem"militärischen Zivilen Dienst", und es gabsogar welche, die diese Möglichkeit als echt-en Zivilen Dienst präsentierten, so dass vieleWehrpflichtige sehr verunsichert waren. Inder Realität ist die einzige wirkliche Verän-derung die Verkürzung des Militärdienstes:jetzt beträgt die Dauer des Militärdienstes 9Monate, des Militärdienstes ohne Waffen 13Monate.

Es ist weiterhin kaum absehbar, ob wiruns dem mittelfristigen Ziel annähern, d.h.der Einführung eines echten Zivilen Dien-stes, insbesondere, wenn man unsere poli-tische Situation sieht: Mit der Verhaftung vonMoncilo Perisic, dem ehemaligen Chef derjugoslawischen Armee und Mitglied desSicherheitsrates der Bundesrepublik Jugo-slawien zeigte der Geheimdienst der jugo-slawischen Armee, dass er weiter sehr gutorganisiert und informiert ist.

Aufgrund der Vereinbarung zwischenSerbien und Montenegro, eine neue Unionvon zwei Ländern zu bilden, reduzierten dieBundesinstitutionen ihre Arbeit an den Bun-desgesetzen, wie zum Beispiel am Gesetzüber den Zivilen Dienst. Die Union wird eineneue Verfassung erhalten und alle Gesetzemüssen entsprechend angepasst werden.Zur Zeit wurde nur das Gesetz über die Ko-operation mit dem Internationalen Tribunal inDen Haag verabschiedet, weil sonst Jugo-slawien neue ökonomischen Sanktionen zubefürchten gehabt hätte. Unsere Regierungglaubt, dass alle anderen Gesetze nach derEinführung der neuen Union verabschiedetwerden können.

Das Gesetz über die Kooperation mit demTribunal in Den Haag rief die alte Spaltungvon "Verrätern" und "Patrioten" wieder aufden Plan. Meinungsumfragen zeigen, dassein großer Teil der serbischen Bevölkerunggegen die Auslieferung derer ist, die alsKriegsverbrecher angeklagt sind, insbeson-dere von Karadzic, Mladic, Sljivancanin...Überall in Belgrad sind Plakate von Karadziczu sehen, wie auch Plakate von bewaffnetenTschetniks - der serbischen nationalistischenGuerilla - auf denen gesagt wird: "Keine Sor-ge, wir warten auf Dich". Der Selbstmordvon Vlajko Stojiljkovic, ehemaliger Ministerder serbischen Polizei, der oben auf derListe der Auszuliefernden stand und sich vordem Bundesparlament umbrachte, um damitZusammenstöße zwischen Bürgern veschie-dener politischer Fraktionen zu provozieren,wie es in seinem Selbstmordbrief stand, ist

ein offensichtliches Beispiel, wie wenig einLeben in Serbien wert ist. Wenn er seineigenes Leben so wenig zu schätzen wuss-te, können wir uns vorstellen, wie viel ihmdas Leben anderer wert gewesen war, dasLeben von Polizeioffizieren, die er komman-dierte, das Leben von Menschen, gegen dieer im Kosovo und anderswo gekämpft hat,ob sie nun Uniform trugen oder nicht.

Vielleicht sollten wir der täglichen Politiknicht so viel Aufmerksamkeit schenken, aberes ist wichtig zu sehen, dass die in unsererGesellschaft hochgehaltenen Regeln weitentfernt davon sind, "demokratisch" oder"gesetzlich" zu sein, wie es unsere Macht-haber erzählen und erträumen und dass wirin der Realität eine vollständig militarisierteGesellschaft haben.

Zur Kriegsdienstverweigerung führten wirim ersten Quartal 2002 eine Reihe von Akti-vitäten durch, die ich hier kurz vorstellenmöchte:

Am 19. Januar fand im Büro von Frauenin Schwarz ein eintägiges Treffen statt. Eskamen mehr als 30 Aktive aus 14 Städtenganz Serbiens. Auf dem Treffen erklärte derVertreter des Jugoslawischen Rechtsanwält-Innenkomitees für Menschenrechte(YUCOM), dass die Gesetzesinitiative zurKriegsdienstverweigerung, die von mehr als30.000 UnterstützerInnen unterzeichnetwurde, immer noch irgendwo in der Büro-kratie des Bundesparlamentes hängt. Wirentschieden uns, einen stärkeren lokalenAnsatz zu verfolgen und Informationen überInstitutionen zu sammeln, bei denen einZiviler Dienst abgeleistet werden könnte. Wirdiskutierten auch die Rekrutierung von Min-derjährigen für die Militärschulen, die unterder Verwaltung des Verteidigungsministe-riums und nicht des Erziehungsministeriumsstehen und stellten fest, dass dies allenErklärungen über Kinderrechte widersprichtund dass wir eine Kampagne gegen jedwe-den militärischen Gebrauch von Minderjähri-gen starten sollten.

Im Februar veröffentlichten wir die 9. Aus-

gabe von "Prigovor", dem Magazin fürAntimilitarismus und Kriegsdienstverwei-gerung. Unter http://prigovor.tripod.com stell-ten wir eine Testversion von Prigovor online -im Moment nur in serbisch.

Mitte Februar ließen wir 20.000 Flugblät-ter drucken, mit dem Ziel, die Begriffe"Kriegsdienstverweigerung", "Zivilen Dienst"und "Dienst ohne Waffen" klarzustellen. DieMedien, wie oben angemerkt, verursachtenviel Verwirrung durch ihre falschen Interpre-tationen und waren nicht bereit, irgendwel-che Korrekturen zu veröffentlichen, so dasswir die Flugblätter drucken ließen und inganz Serbien und Montenegro verteilten. Zudiesen Flugblättern erhielten wir aucherfreuliche Rückmeldungen, weil uns vieleneue Leute anriefen und ihre Bereitschaftausdrückten, sich an unseren Aktivitäten zubeteiligen.

Die Aktion, Informationen über Institutio-nen zu sammeln, bei denen in der Zukunftein Ziviler Dienst abgeleistet werden könnte,lief sehr gut. Wir erhielten von mehr als 50Organisationen Rückmeldungen, dass siebereit sind, Kriegsdienstverweigerer aufzu-nehmen. Wir haben bislang noch keine Infor-mationen in Belgrad selbst gesammelt, sodass wir am Ende noch eine höhere Zahlerwarten. Wir traten auch in Kontakt mitVertretern des serbischen Roten Kreuzes.Das Rote Kreuz übergab daraufhin der jugo-slawischen Armee einen Vorschlag, in demes sie aufforderte, Kriegsdienstverweigererndie Ableistung eines Zivilen Dienstes imRoten Kreuz zu erlauben. Die Vertreter derArmee reagierten auf diese Idee sehr nega-tiv und fragten, unter welchem Befehl dieVerweigerer stehen würden, wenn sie denDienst im Roten Kreuz ableisteten. Das RoteKreuz hat einen gut organisierten Informa-tionsdienst, der bei unseren zukünftigenKampagnen noch sehr nützlich sein kann.

Es gab einige Treffen von Gruppen vonKriegsdienstverweigerern, um für den 15.Mai, dem Internationalen Tag der Kriegs-dienstverweigerung, Aktivitäten vorzubereit-

Belgrad ist voll mit Plakaten die erklären: “Wir sind alle Radovan (Karadzic)”, und gegen dieAuslieferung des ehemaligen bosnischen Serbenführers an Den Hague protestieren.

Photo: Andreas Speck

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Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55 - 15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Seite 4 Mai 2002 Das Zerbrochene Gewehr

en. Bisher haben wir uns für Aktivitäten inverschiedenen Städten in Serbien undMontenegro entschieden und wollen dafürneue Flugblätter mit folgender Forderungproduzieren: Weg mit der Wehrpflicht unddem militärischem Zwangsdienst. Wirdenken, dass wir uns mit dieser Forderungklar antimilitaristisch und pazifistisch posi-tionieren können. Trotzdem bedeutet diesnicht notwendigerweise die Einstellung un-serer Arbeit für die Einführung eines ZivilenDienstes, weil es einige Leute im Netzwerkgibt, die nichts dagegen einzuwenden ha-ben. Aber wir denken, dass es jedermannsgrundlegendes Recht sein sollte, zu ent-scheiden, ob er einen Militär-, einen Zivil-oder keinen Dienst ableisten will.

Wir beschlossen auch, unser Augenmerkauf den Rüstungshaushalt zu richten - erbeträgt 66% der Staatsausgaben - da dieKriege in der Region hoffentlich endgültigvorbei sind. Im März schickten wir einenVertreter zum antimilitaristischen Forumnach Zaragoza, Spanien, dass unter dem

Titel "Desertiert aus dem Weltreich!" von derBewegung der Kriegsdienstverweigerer(MOC) organisiert worden war. Ende Märzorganisierten wir als Teil des Besuches vonFrauen in Schwarz aus Italien eine Diskus-sionsrunde über antimilitaristische Bewegun-gen in Italien und Serbien. Es wurden neueFormen des Militarismus in Italien nach En-de der Wehrpflicht diskutiert wie auch Mög-lichkeiten, in Zukunft dagegen zu kämpfen.Wir setzten uns zudem mit neuen Interpre-tationen des Begriffes "Sicherheit" auseinan-der, wie sie von der NATO und den westli-chen Regierungen definiert wurden. Wirstellten unsere spezifischen Probleme dazudar und kamen zu dem Schluss, dass auchunsere militärischen Strukturen, auf ihreeigene Art und Weise, versuchen, ihrenPlatz im neuen System der kollektiven Ver-teidigung zu finden, aber die letzten 10 Jah-re und die Beteiligung der jugoslawischenArmee an den Kriegen im ehemaligen Jugo-slawien und der Krieg mit der NATO imJahre 1999 haben diesen Prozess ver-

langsamt und für die Öffentlichkeit wenigersichtbar werden lassen.

Wir sind uns bewusst, dass sich die Inte-gration der jugoslawischen Armee in einSystem der kollektiven Verteidigung, wiedem der NATO oder der Partnerschaft fürden Frieden, gegen die Interessen der hiesi-gen Bevölkerung richtet, weil es nicht weni-ger, sondern mehr Militarisierung der Regionbedeutet. Und unsere Sicherheit wird nichtdurch die Anwesenheit von mehr Soldaten inunserem Land steigen, seien es nun unsereoder ausländische. Die Integration der jugo-slawischen Armee könnte vielmehr das Bild,das es vom Westen gibt, verbessern und sodie Möglichkeit eröffnen, neue Waffen zukaufen und zu modernisieren und dazu füh-ren, dass die NATO am Ende alle Länderdes Balkans besetzt hält.

Igor Seke arbeitet mit der KDV-Gruppe inner-halb der Frauen in Schwarz BelgradÜbersetzung aus dem Englischen: RudiFriedrich

Griechenland: Kriegsdienstverweigerer vor Gericht��Union der Kriegsdienstverweigerer

Der griechische KriegsdienstverweigererLazaros Petromelides stand am 16. April2002 vor Gericht, doch das Verfahren wurdewieder vertagt - auf den Herbst 2002.

Lazaros Petromelides wurde 1992 einbe-rufen, seinen Dienst bei der griechischenMarine abzuleisten, und er folgte dem, wasdamals von der griechischen Union derKriegsdienstverweigerer empfohlen wurde,und schickte einen Brief, in dem er dieGründe, die ihm verboten in der Armee zudienen, darlegte. Im gleichen Brief bat er da-rum, einen Platz in einem alternativen, nicht-militärischen nationalen Dienst zugewiesenzu bekommen. Es gab damals keine Rege-lungen für einen solchen Dienst. Die Marineerklärte ihn im März 1992 zum "Wehrflüchti-gen", und drei Monate später wurde es ihmuntersagt, ins Ausland zu reisen. Zu dieserZeit war es die übliche Praxis von Kriegs-dienstverweigerern öfter umzuziehen, sodass die Behörden ihre Spur verlieren wür-den, doch Petromelides zog es vor, an sein-er bekannten Adresse zu bleiben.

Um Weihnachten 1996 herum wurde ervor das Marinegericht zitiert, wo die Staats-anwaltschaft ihm "Wehrpflichtentziehung inZeiten allgemeiner (militärischer) Mobilma-chung" vorwarf (Griechenland ist seit der tür-kischen Invasion auf Zypern 1974 aus innen-politischen Gründen in einem Status "allge-meiner militärischer Mobilmachung" verblie-ben). Da es mit Sicherheit zur seiner Verhaf-tung geführt hätte, wenn Petromelides vorGericht erschienen wäre, hat er eine schrift-liche Erklärung geschickt, in der er seineMeinung darlegte. Die Staatsanwaltschafthat diese Erklärung nicht akzeptiert. Er er-stellte stattdessen einen Haftbefehl, obwohldas Verteidigungsministerium bereits ver-prochen hatte, dem Parlament ein Gesetzvorzulegen, dass Kriegsdienstverweigerunganerkennen würde. Gesetz 2610/97 wurdenur vier Monate später verabschiedet.Dennoch wurde einen Monat nach Ausstel-

lung des Haftbefehls vom Justizrat von Pei-raeus angeordnet, dass Petromelides in Haftzu nehmen ist, da er eine "besonders ge-fährliche Person" ist.

Im April 1998, nach Inkrafttreten des neu-en Gesetzes, verhafteten Polizeibeamte derPolizeiwache von Drapetsona (wo Petrome-lides lebt) ihn wegen "Wehrdienstentzieh-ung". Nach griechischem Recht mussten sieihn wieder gehen lassen, und gleichzeitigdas Rekrutierungsbüro der Marine über denArrest informieren. Doch die Polizei interpre-tierte die Order des Justizrates fälschlicher-weise als über dem Gesetz stehend und in-haftierte Petromelides rechtswidrig im Militär-gefängnis von Korinth. Diese Inhaftierungerhielt grosse öffentliche Aufmerksamkeit,und da Petromelides weiterhin für einen zi-vilen nationalen Dienst zur Verfügung stand,ordnete das Marinegericht von Peiraeusnach 5 Tagen an, dass Petromelides aus derHaft zu entlassen ist, damit er formal einenAntrag auf einen Alternativdienst stellenkann.

Petromelides wurde im Januar 1999 alsKriegsdienstverweigerer anerkannt, dochwurde er zu 30 Monaten Dienst im Alten-heim in Kilkis einberufen, einer Stadt 550 kmentfernt von seiner Familie. Würde er zumMilitärdienst bereit sein, würde er für vierMonate in der Nähe seiner Familie Dienstleisten. Daher betrachtete Petromelides dasGesetz, auf dessen Basis diese Order erlas-sen wurde, als der griechischen Verfassungwidersprechend. Er erschien daher nichtzum Dienst, sondern ergriff die einzige juris-tische Handlung, die ihm zur Verfügungstand. Er stellte (innerhalb des angemesse-nen Zeitrahmens, im März 1999) einen An-trag an das Oberste Gericht (Symboulio tisEpikrateias, StE).

Das Marinegericht von Peiraeus zognichts von dem in Erwägung. Entsprechendder Regelungen des Gesetzes 2510/97 wur-de Petromelides der KDV-Status aberkanntund erneut im April 1999 vor Gericht zitiert.Er erschien vor Gericht, wurde zu vier Jah-

ren Gefängnis wegen "Wehrdienstentzieh-ung in Zeiten allgemeiner (militärischer) Mo-bilmachung" verurteilt und im Militärgefäng-nis von Korinth eingesperrt.

Eine grosse Welle der Solidarität entwick-elte sich, während der offizielle Ombuds-mann (Sinigoros tou Politi, StP) in einemspeziellen Bericht zur Kriegsdienstverweige-rung ausdrückte, das Petromelides Anfragengerechtfertigt seien. Diese Entwicklungenführten zur Freilassung von Petromelidesdurch das Berufungsgericht nach zweiein-halb Monaten. Das Verfahren vor dem Beru-fungsgericht wurde schliesslich unterbro-chen, um die Entscheidung des Verfas-sungsgerichts abzuwarten. Im Parlamentantwortete der Verteidigungsminister auf dieFrage eines Abgeordneten, dass die Re-gierung an einer Gesetzesänderung basier-end auf dem Bericht des Ombudsmannesarbeiten würde. Trotz alledem wurde Petro-melides nach seiner Freilassung erneut zumMilitärdienst einberufen. Er folgte dem nicht,und ein weiterer Haftbefehl für die gleicheTat wurde ausgestellt, der jedoch bishernicht umgesetzt wurde.

Heute, nahezu drei Jahre später, hat sichnichts geändert. Das StE ist noch nicht zueiner Entscheidung gekommen, was ein An-zeichen dafür ist, wie wichtig diese Frage ist.

Die Situation von Petromelides ist reprä-sentativ für die rechtliche Situation vielergriechischer Kriegsdienstverweigerer, daweitere Haftbefehle und Anklagen wegenWehrpflichtentziehung eine Situation ge-schaffen haben, die auch die Gerichte nichterfolgreich lösen können. Radikale Lösun-gen sind notwendig, einschliesslich der be-dingungslosen Freilassung inhaftierter KDV-er, Anerkennung des Rechtes, den Militär-dienst aus Gewissensgründen zu verwei-gern, Verfahren gegen KDVer vor zivilen undnicht vor Militärgerichten, und, vor allem, dieEntziehung der Zuständigkeit des Verteidi-gungsministeriums für Kriegsdienstverwei-gerung, entsprechend den Vorschlägen desOmbudsmannes.

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15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung - Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55

Das Zerbrochene Gewehr Mai 2002 Seite 5

ArmenienAm 12. September 2001 wurde Gevork Pal-yan, Zeuge Jehovahs, wegen Verweigerungdes Militärdienstes aus religiösen Gründenzu einem Jahr Gefängnis verurteilt. ObwohlArmenien im Sommer 2001 eine Amnestieerließ, die vielen Zeugen Jehovahs, die we-gen Kriegsdienstverweigerung inhaftiertwaren, die Freiheit brachte, kam es seitdemzu neuen Verurteilungen. Am 12. Septemberbefanden sich 13 Zeugen Jehovahs wegenihrer Weigerung, Militärdienst abzuleisten, imGefängnis oder in Strafkolonien: KhachaturZakaryan, Amayak Karapetyan, Arman Atan-yan, Vahan Mkroyan, Armen Yeghiazaryan,Vladimir Kiroyan, Vladimir Osipyan, EdgarBagdasaryan, Aram Shahverdyan, Vacha-gan Hovhannisyan, Karen Vardanyan,Samvel Vardanyan und Karapet Harutyun-yan. Vier weitere, die auf ihren Prozeß war-ten, und ein fünfter leben zu Hause, unterder Bedingung, dass sie sich regelmäßig beider örtlichen Polizei melden.

FinnlandDerzeit befinden sich in Finnland siebenKriegsdienstverweigerer im Knast.

� Tuomas Tahko (13.03.02–30.09.02)Helsingin työsiirtola, PL 36, 01531 VAN-TAA� Lauri Uusitalo (07.01.02–24.07.02)� Ville Laakso (29.01.02–16.08.02)� Tuomas Mäki (07.01.02–07.07.02)Satakunnan vankila, Huittisten osasto,Toivarintie 581, 32700 HUITTINEN� Valo Lankinen (15.01.02–02.08.02)Suomenlinnan Työsiirtola,Suomenlinna C 86, 00190 HELSINKI � Ari-Pekka Tamminen(06.01.02–20.07.02)Laukaan vankila, PL 55, 41341 LAUKAA� Tomi Tolsa (04.12.01–10.06.02)Haminan työsiirtola, Karjakatu 25,49400 HAMINA

IsraelSeit der Eskalation der Gewalt in Israel/Pa-lestina ist die Zahl der Verweigerer nen-nenswert angestiegen. Im Durschnitt befind-en sich in Israel 40 Verweigerer im Gefäng-nis. Sie erhalten meistens Strafen zwischen21 und 28 Tagen, und nach ihrer Entlassungeine neue Einberufung.

Check die WRI website (http://wri-irg.org) fürupdates.� Amir Samuel, Reserves Company(18.04.02–19.05.02)� Victor Sabranski, Military ID 7312440(25.04.02–20.05.02)� Rafram Haddad, Military ID 5118505(29.04.02–24.05.02)� Tomer Livneh, Military ID 5213558(23.04.02–17.05.02)Military Prison No. 4, Military postalnumber 02507, IDF� Shai Biran, Military ID 6993743(25/04/02–20/05/02)� Yiftah Admoni, Military ID 6961658(25/04/02–20/05/02)� Alon Dror, Military ID 7014088(25.04.02–20.05.02)� Tomer Friedman, Military ID 6993743(25.04.02–20.05.02)Military Prison No. 6, Military postalnumber 01860, IDF

Korea, Republik Derzeit befinden sich ca. 1500 ZeugenJehovahs wegen Kriegsdienstverweigerungim Gefängnis. Jedes Jahr werden can 500 fürdurchschnittlich 3 Jahre inhaftiert. MehrInformationen sind erhältlich von:

Solidarity for Peace & Human Rights, 152-053 402-ho yunyoung-building, 1127-33guro3-dong gurogu, Seoul, Korea, tel.+82-2-851 9086, fax 851 9087, [email protected]

Spanischer StaatAuch wenn die Wehrpflicht nicht mehr voll-streckt wird, befinden sich doch noch einigeinsumisions im Gefängnis.� Alberto Estefanía Hurtado (2 Jahre 4Monate, bis 04.03.03)� Javier Rodríguez Hidalgo (2 Jahre 4Monate, bis 20.02.04)� Óscar Cervera García (2 Jahre 4Monate, bis 03.07.03)Prisión Militar de Alcalá de Henares,28870-Alcalá de Henares (Madrid)� José Ignacio Royo Prieto (2 Jahre 4Monate, bis 04.03.03)Prisión Provincial de Bilbao,Lehendakari Agirre, 92, 48870-Basauri(Bizkaia)� Jesús Belaskoain (2 Jahre 4 Monate,bis 08.08.02)Centro Penitenciario de Pamplona, c/San Roque s/n, 31.008-Iruna� Miguel Felipe Ramos (2 Jahre und 4Monate, bis 28.05.03)Centro Penitenciario Cáceres 1, Crta.De Torrejoncillo, s/n, 100001-CáceresAlle sind wegen “insumision” (Totalverwei-gerung) in den Kasernen inhaftiert; derErklärung der Totalverweigerung nach demBetreten der Kaserne.

� Ander Eiguren Gandarias (bis28.01.03)Prisión Provincial de Bilbao,Lehendakari Agirre, 92, 48870-Basauri(Bizkaia)Inhaftiert wegen direkter gewaltfreier Aktion(Eindringen in militärisches Gelände)

Schweiz

� Marino Keckeis (15.01.02–14.06.02)Haftanstalt Grosshof, Eichwilstrasse 4,6010 KriensKriegsdienstverweigerer, wurden von denSchweizer Behörden nicht anerkannt. Be-gann einen Hungerstreik gegen die Inhaf-tierung von Kriegsdienstverweigerern.

Turkmenistan

In Turkmenistan gibt es keine zivileAlternative zum Militärdienst. Diejenigen, diesich dem Militär verweigern, werden nachdem Strafgesetz inhaftiert.� Yuri Yeremeyev (08.12.00–07.06.02)� Ilya Osipov (30.07.01–29.06.02)Beide sind Zeugen Jehovahs, die wegenKriegsdienstverweigerung inhaftiert sind. IhreGefängnisadressen sind nicht bekannt.

15. Mai 2002: Kriegsdienstverweigerer im KnastSo funktioniert die Liste� Zuerst steht der Name des/der Gefan-genen (fettgedruckt), gefolgt vom Urteil(in Klammern, sofern bekannt), und demOrt der Inhaftierung (fett), und zuletzt,der Grund der Inhaftierung (kursiv).� Informationen zu Ländern, in denenHaftstrafen ausgesetzt wurden, oder woGefängnisstrafen im Laufe des Jahresabgebüsst wurden, finden sich kursivgedruckt.

Unterstützung für inhaftierteKDVer: co-alerts

Die War Resisters’ International unterstütztKriegsdienstverweigerer, die wegen ihrerKDV inhaftiert sind, oder sich Repressiondurch den Staat oder staatsähnliche Ge-bilde gegenübersehen. Co-alerts, per emailverschickt, sobald das WRI-Büro Informatio-nen zur Verhaftung oder dem Gerichtsver-fahren eines Kriegsdienstverweigererserhalt, sind ein machtvolles Instrument, umUnterstützung und Protest zu mobilisieren. Co-alerts sind per email erhältlich (schickeeine Nachricht an [email protected] mit dem Text subscribe co-alert im Textteil der Nachricht) oder iminternet unter http://www.wri-irg.org/cgi/news.cgi .

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Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55 - 15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Seite 6 Mai 2002 Das Zerbrochene Gewehr

Die Debatte zur Kriegsdienstverweigerung - handelt es sich im wesentlichen um ein Menschenrecht, oder ist sie eine antimilitaristis-che Aktion? - ist innerhalb der War Resisters’ International eine alte Debatte, doch noch immer relevant. Hier diskutieren AndreasSpeck, WRI-Mitarbeiter, und Bart Horeman, WRI Schatzmeister, diese Frage.

KDV als Menschenrecht vs KDV als antimilitaristische Aktion��Bart Horeman & Andreas Speck

Andreas: Als ich Mitte der 80er Jahretotal verweigerte, da sah ich meine Totalver-weigerung als einen Akt des Zivilen Unge-horsams gegen Militarismus, oder spezifis-cher gegen das System militärischer Skla-verei, das Wehrpflicht genannt wird. MeineDienstverweigerung zielte auf die Abschaf-fung der Wehrpflicht; ich sah sie alskleinen aber wichtigen Beitrag zurEntmilitarisierung der Köpfe derMenschen an. Und auch wenn ichsicherlich meinen Gewissen folgte,so verstand ich meine Kriegsdienst-verweigerung doch nie als eine Men-schenrechtsfrage. Für mich ist dieExistenz des Militärs das zentraleProblem, und (totale) Verweigerungist ein Weg, diese als gesellschaftli-ches Problem anzugehen. DerMenschenrechtsansatz thematisiertdas nicht - er fordert im wesentli-chen, dass diejenigen, die Problememit dem Militärdienst haben, dieMöglichkeit haben müssen, etwasanderes zu tun. Das stellt das Rechtdes Militärs zu existieren nicht inFrage, das stellt noch nicht einmaldie Wehrpflicht in Frage (in den mei-sten Ländern mit Wehrpflicht ist derErsatzdienst eine Möglichkeit, dieWehrpflicht zu erfüllen.), es bietet nurein Ausnahmerecht für diejenigen,die mit dem Militärdienst persönlicheProbleme haben - letztendlich ent-politisiert es die gesamte Frage derKriegsdienstverweigerung, und ver-wandelt sie in ein individuellesProblem.

Bart: Mit 15 wusste ich, dass ichnicht zum Militär gehen konnte, dochich wusste nicht, warum ich so fühlte.Ich war froh zu wissen, dass es die Mög-lichkeit gab, als Kriegsdienstverweigereranerkannt zu werden - die Niederlande hat-ten ein bereits 60 Jahre altes KDV-Gesetz.Ich kann nicht sagen, dass ich irgendwel-chen anderen Gründen als persönlichen ver-weigerte: ich fühlte mich als Mensch bedro-ht. Meine Normen und Werte standen inFrage: sie mussten geschützt werden. Dasmachte mich sehr wütend und sehr dickköp-fig. Der Staat zwang mich zu lernen einegewalttätige Person zu sein, doch ich sprachdem Staat das Recht ab, dies zu tun.

Bevor ich es nicht geschafft hatte, michvon der militärischen Wehrpflicht zu befreien,hatte ich nicht den Raum, über die politischeSeite der Wehrpflicht nachzudenken.Natürlich wollte ich die Wehrpflicht abge-schafft sehen. Das kam überraschender alsich dachte. In den Niederlanden wurde dieWehrpflicht abgeschafft im wesentlichen weildie überwältigende Mehrheit dachte, dass esein archaisches und stupides System ist.KDVer haben definitiv eine Rolle dabei ge-

spielt, diese öffentliche Bewusstsein zu erre-ichen. Ich denke, das ist das politische Ele-ment des individuellen Aktes der Kriegs-dienstverweigerung: die Moralität des obliga-torischen Militärdienstes in Frage zu stellen.Der Akt der Kriegsdienstverweigerung isteine öffentliche Erklärung, eine Auseinander-setzung über die Wehrpflicht zu beginnenoder diese Debatte weiterhin zu führen.

Aus meiner Sicht kann Kriegsdienstver-weigerung nie das Recht des Militärs zuexistieren in Frage stellen. Eine Entschei-dung, nur biologisch angebaute Lebensmit-teln zu kaufen, kann ebensowenig die Exis-tenz der Agrarindustrie in Frage stellen. Siekann eine Debatte starten, andere könnenihr folgen, sie kann sich wie eine Krankheitausbreiten, doch sie bleibt für sich ein indi-vidueller Akt. Für mich ist KDV ein individu-eller Akt, nicht weil der "Menschenrechts-ansatz" sie dazu macht, sondern aufgrunddes Charakters der Wehrpflicht.

Andreas: Ich stimme teilweise zu - auf-grund ihrer Natur ist KDV ein individuellerAkt, denn jede und jeder muss für sich selb-st entscheiden, sich dem Militär zu verwei-gern - und bereit zu sein, mit den Konse-quenzen umzugehen. Doch wenn wir damitanfangen, uns zu organisieren - und die WarResisters' International begann als interna-tionales Netzwerk mit dem Schwerpunkt auf

Kriegsdienstverweigerung vor mehr als 80Jahren - dann wird das politisch bedeutsam,und dann ist es wichtig, wie wir unsere KDVdarstellen. Sehen wir sie als eine individuelleFrage? Propagieren wir KDV als ein politis-ches Mittel zur Entmilitarisierung von Gesell-schaft, oder gar zur Beendigung von Krie-gen? Oder stellen wir sie als ein Problemindividueller Menschenrecht dar, ohne Mili-

tarismus auch nur zu erwähnen?Geben wir vor, dass das "Problem"der Kriegsdienstverweigerungohne die Abschaffung des Militärsgelöst werden kann? Ich denke,dass individuelle Handlungen poli-tisch hoch bedeutsam sein kön-nen, doch das hängt nicht nur vonder Handlung selbst ab, sondernauch davon, wie wir das, was wirtuen, darstellen und erklären. Diegleiche Handlung kann, abhängigdavon, was wir darüber sagen,eine vollkommen unterschiedlicheBedeutung haben. Osman MuratÜlkes KDV war sehr bedeutsam,nicht nur weil Ossi inhaftiert wur-de, sondern auch, weil er einesehr prinzipielle Position einnahm,und es nicht mit der Kurdistan-Frage verband.

Wenn ich mir die Situation inIsrael/Palestina heute ansehe,dann sieht das sehr anders aus.Die steigende Zahl von Verweige-rern (refuseniks) - die meisten vonihnen verweigern nur den Dienst inden besetzten Gebieten, odersolange Israel palestinensischeGebiete besetzt hält - ist bedeut-sam, nicht weil sie prinzipiellePazifistInnen sind - die meistensind es nicht - sondern weil sie dieisraelische Politik militärischerMacht in Frage stellen, und nicht,

weil es ein Menschenrechtsproblem ist. DerRahmen der Menschenrechte ist für unserenAnsatz viel zu eng - er basiert auf liberalenIdeen, und konzentriert sich auf das Indivi-duum, und bezieht gesellschaftliche Fragennicht mit ein.

Bart: "Das persönliche ist politisch", warein Slogan der niederländischen feministis-chen Bewegung. Ich denke die KDV-Bewe-gung hat ein paar interessante Ähnlichkeitenmit der feministischen Bewegung. Auchwenn ich davon überzeugt bin, das es eineindividuelle Handlung ist, ein KDVer zu sein,so schätze ich doch dessen politischen Ein-fluss sehr. Unter bestimmten Umständenkann dieser Einfluss sehr gross sein.

Doch ich fühle mich sehr unwohl, wenn"wir" (ich vermute Andreas meint damit dieWRI) dazu tendieren, uns zu sehr auf diepolitische Wirkung individueller KDVer zukonzentrieren. Es ist sehr einfach einenKDVer zu nutzen, um unsere politischen Zie-

Antimilitaristische Kunst aus Kolumbien - zur Verfügunggestellt von Redes Juveniles Eduardo

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15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung - Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55

Das Zerbrochene Gewehr Mai 2002 Seite 7

le zu erreichen, wenn - wie Andreas sagt -"wir darstellen und erklären, was wir tuen".Die Stärke des individuellen Aktes der KDVliegt in der persönlichen Erklärung dessen,was er oder sie tut, nicht in der Art wieandere das interpretieren. Viele KurdInnenschätzen Osmans Kampf gegen dentürkischen Staat, da es in ihre eigenen poli-tischen Ziele passte. Doch die grosse Wir-kung lag darin, dass Osman auch die tür-kische Bevölkerung ansprach und ihnenseine Gewaltfreiheit zeigte.

Es ist natürlich klar das eine grosse Zahlder sogenannten Refuseniks in Israel keinePazifistInnen sind. Doch sie sind Kriegs-dienstverweigererInnen, und ihr Menschen-recht auf Kriegsdienstverweigerung solltenicht ignoriert werden. Ganz im Gegenteil:wir sollten auf sie zugehen, sie nach ihrenMotiven fragen, sie herausfordern, ob sieunter anderen Umständen bereit wären zukämpfen. Nur indem wir ihr Menschenrechtrespektieren sind wir eventuell in der Lageunsere Werte der Gewaltfreiheit zu verbreit-en, und ihnen die politische Bedeutung ihrerindividuellen Handlung zu zeigen.

Andererseits, wenn in Südkorea einigeAnwältInnen die Frage der KDV als Men-schenrecht aufgreifen, dann sage ich ihnen,dass ihre Konzentration auf Menschenrechtekeinen politischen Erfolg haben wird, da dasdie Frage der KDV nur unzureichend be-schreibt. Es ist schwierig eine Debatte überdie Motive von KDVern zu staten, über Ge-waltfreiheit, über das Falsche im Militär,

wenn das einzige Argument ist,dass KDV ein Menschenrecht seinsoll. Und es ist diese öffentlicheDebatte, die sie brauchen, umpolitische Unterstützung für dieAnerkennung der KDV zu bekom-men.

Aus meiner Sicht ist es genauder Rahmen der Menschenrechte,der der WRI den Raum bietet, umIdeen über Motive für Kriegs-dienstverweigerung zu verbreiten,und eine öffentliche Debatte überdie Wehrpflicht zu starten. Esmacht keinen Sinn die Idee derKDV als Menschenrecht abzuleh-nen, noch zu argumentieren, dassdas für unseren Ansatz zu eng ist.Ja, es ist eng, basierend auf Libe-ralismus und Individualismus,doch das gibt uns nur noch mehrGründe, damit zu arbeiten, undsicherzustellen, dass WRI-Kon-zepte des gewaltfreien gesell-schaftlichen Empowerments unddes Antimilitarismus in der Frageder KDV mit eingeschlossen sind.

Andreas: Ich sage nicht, dassder Menschenrechtsanlass sinnlosist - er hat seine Vorzüge, wennes um die juristische Auseinan-dersetzung geht. Doch ich stimmtenicht zu, dass wir den Rahmender Menschenrechte nutzen kön-nen, um Ideen und Motive zu ver-breiten. Ich denke, dass der Men-schenrechtsansatz uns ein-schränkt, und es gibt eineSpannung zwischen dem Men-

schenrechtsansatz - der gesellschaftlicheFragen und Militarismus nicht angeht -, undeiner grunsätzlich antimilitaristischen Po-sition, die darauf abzielt, den Militarismusabzuschaffen - ein breites Projekt der Be-freiung. Wenn wir uns dieser Spannungbewusst sind, dann können wir sie in

unserem Kampf kreativ nutzen - denMenschenrechtsansatz nutzen, wenn esangebracht ist, und ihn hinter uns lassen,wenn er uns im Weg ist, wenn wir gegenMilitarismus prinzipiell vorgehen müssen,und nicht nur KDV als Menschenrecht. Indiesem Sinne stimme ich zu, dass es nichtnotwendigerweise einen Widerspruch zwis-chen diesen beiden Ansätzen gibt - abereine Spannung.

Bart: Ich erlebe diese Spannung jetzt seitmehr als 15 Jahren. Das Problem dieserSpannung ist, dass sie leicht benutzt werdenkann, um ein Schisma zwischen KDVern, diebereit sind, Kompromisse zu schliessen, unddenen, die dazu nicht bereit sind, zu erzeu-gen. Selbst der Titel dieses Dialogs deutetauf eine solche falsche Antithese. Ich denke,dass die Geschichte von KDV-Bewegungenimmer diese Spannung gezeigt hat. Die guteSeite davon ist, dass sie eine Debatte überdie Gründe für KDV am Laufen hält. InLändern, in denen KDVer breite gesell-schaftliche Unterstützung für die Schaffungeines KDV-Gesetzes erreicht haben ist esgut, einige KDVer haben, die die anderenKDVer für ihre Bereitschaft, einen Alternativ-dienst zu leisten, in Frage stellen. Doch aufinternationaler Ebene habe ich KDVer gese-hen, die KDVer aus anderen Ländern richtenund verurteilen, aufgrund ihres Kampfes,KDV per Gesetz anerkannt zu bekommen.Wenn - wie in solchen Fällen - die Spannungzu einer Unterscheidung zwischen dem"guten KDVer" und dem "schlechten KDVer"führt, dann wird sie wirklich kontraproduktiv.

Solidäritatsaktion für Totalverweigerer.Photo: Andreas Kiefer

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Das Zerbrochene Gewehr Nr. 55 - 15. Mai 2002 - Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Seite 8 Mai 2002 Das Zerbrochene Gewehr

��Rudi Friedrich

Der Internationale Tag der Kriegsdienstver-weigerung ist eng verwoben mit dem Interna-tionalen Treffen der Kriegsdienstverweigerung(ICOM). Das wurde von 1981 bis 1997 alljähr-lich von Gruppen organisiert, die in der WarResisters' International (WRI) vertreten sind. Eshatte in dieser Zeit z.B. in den Niederlanden,Spanien, Frankreich, Slowenien, Österreich,Ungarn, Türkei, Kolumbien und Tschad stattge-funden. Ging es in den ersten Jahren vor allenDingen um den Austausch von Ideen und dieinternationale Vernetzung der aktiven Kriegs-dienstverweigerer, so kam mit der Zeit einezusätzliche Funktion hinzu. In Ländern, indenen die Situation für Kriegsdienstverweigereräußerst prekär war (und teilweise auch nochist), führte die internationale Präsenz vonAktiven zu einer Stärkung der im Land leben-den Kriegsdienstverweigerer und deren Initia-tiven. Es wurde nicht nur die Strategie derKriegsdienstverweigerung weiter entwickelt,sondern auch ganz praktisch die Bedeutungder Gruppe im Land selbst erhöht. Bedauer-licherweise hat in den letzten Jahren keinsolches Treffen mehr stattgefunden.

Das ICOM, an dem regelmäßig etwa 100Personen aus über 20 Ländern teilgenommenhatten, bildet den Hintergrund des Internationa-len Tages der Kriegsdienstverweigerung. Erst-mals wurde auf dem ICOM 1985 beschlossen,den 15. Mai dafür auszuwählen und einen

gemeinsamen Schwerpunkt zum Thema zumachen. Auf internationaler Ebene sollte damitauf die prekäre Situation von Kriegsdienstver-weigerern in bestimmten Ländern oder auf the-matische Zusammenhänge hingewiesen wer-den. So gab es Schwerpunktländer wie Grie-chenland (1986), Jugoslawien (1987), Polen(1988), Südafrika (1989), Spanien (1990),Türkei (1992), ehemaliges Jugoslawien (1993),Kolumbien (1995). Es gab ebenso inhaltlicheSchwerpunkte: Dienstverpflichtungen vonFrauen (1991) sowie Asyl für Frauen undMänner, die den Kriegsdienst verweigert habenoder von der Armee desertiert sind (1993).2001 wurde vom Ratstreffen der War Resisters'International der Schwerpunkt auf die Situationvon Kriegsdienstverweigerern und Deserteurenin Angola gelegt. Im Jahr 2002 auf Kriegs-dienstverweigerung auf dem Balkan.

Obwohl das ICOM schon seit mehrerenJahren nicht mehr durchgeführt wurde, so hatsich der gemeinsame Aktionstag am 15. Maidurchgesetzt. An vielen Orten beziehen sich

Gruppen in ihrer Arbeit zur Kriegsdienstver-weigerung darauf. Veranstaltungen, Mahn-wachen, Demonstrationen, Aktionen, Seminare,Kampagnen und vieles andere mehr findet gle-ichzeitig an vielen verschiedenen Orten aufinternationaler Ebene statt. Auch wenn dieGruppen diesen Tag inzwischen für das jeeigene Thema rund um die Kriegsdienstverwei-gerung nutzen und es nur noch in Ansätzeneinen gemeinsamen inhaltlichen Schwerpunktgibt, so ist es doch ein Tag, an dem offen wird,dass die Frage der Kriegsdienstverweigerungkeine nationale, sondern eine internationaleFrage ist und dass in der Vernetzung derGruppen auf internationaler Ebene eine beson-dere Stärke der Kriegsdienstverweigerungs-bewegung liegt.

Connection e.V., Gerberstr. 5, D-63065Offenbach, Tel.: +49-69-82375534, Fax: +49-69-82375535, Email: [email protected]

Das Zerbrochene Gewehr, Mai 2002War Resisters’ International - Internationale der Kriegsdienstgegner/innen5 Caledonian Road, London N1 9DX, GrossbritannienTel.: +44 20 7278 4040; fax 7278 0444; email [email protected]; website: www.wri-irg.org

Geschichte des Internationalen Tages zur Kriegsdienstverweigerung

War Resisters’International

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Du kannst Deine Spende per Geldauftragoder per Scheck in £ Sterling (keineEuroschecks!), oder per Überweisung andie WRI, Konto-Nr. 58 520 4004, sortcode 72-00-00, Girobank, Merseyside,Britain, schicken.

In einigen Ländern ist eine Überweisungauf ein Konto im Land möglich. InDeutschland können Spenden an denFörderverein War Resisters' International,Konto-Nr. 11787613, KasselerSparkasse, BLZ 520 503 53, überwiesenwerden.

WRI-Publikationen� Peace News

Das vierteljährlich erscheinende internationale Magazin fürFriedensaktivistInnen wird in Kooperation mit der WarResisters' International herausgegeben, und bietet einhochkarätiges Diskussionsforum und eine reiche Quelle anInformationen für AktivistInnen und ForscherInnen.

� Das Zerbrochene GewehrDas Magazin der WRI erscheint in vier Sprachen und gibtvertiefende Informationen zur Arbeit und zu Kampagnender WRI.

� WRI WomenDas Magazin der WRI-Frauenarbeitsgruppe bietetInformationen zu Frauen und Militär, und zuAktivitäten von Frauen überall in der Welt.

� <wri-info>Eine email-Liste, die die website ergänzt, und Informationenzu WRI-Kampagnen und -Veranstaltungen sowieFriedensaktivitäten auf der ganzen Welt bietet.

� www.wri-irg.orgDie viersprachige Website der WRI mit aktuellen Informationenzur Arbeit der WRI und Links zu den meisten Mitgliedsorga-nisationen.

Bitte wende Dich an das WRI-Büro, um weitereInformationen zu diesen WRI-Veröffentlichungen zuerhalten.

• Emanuel MatondoOn this year’s 15th of May, the

Internatio-nal Conscientious Objectors

Day, I would like to recall all the pacifists,

antimilitarist activists and human rights

defenders the impunity in which the per-

petrators of war crimes, crimes against

humanity and other acts of cruelty are still

living today in Angola.It was at the beginning of 1961, forty

years ago, that the war burst out in An-

gola after more than five centuries of bru-

tal Portuguese colonisation during which

violent resistance as well as non-violent

forms of opposing the colonial power were

parts of daily life. The former fascist re-

gime in Lisbon wasted all the resources of

its own country and plundered the wealth

of its colonies to keep by violent means

the country that they considered as an

overseas province of Portugal: Angola.

Whereas three armed ‘liberation’ move-

ments according to the military logic of

the Portuguese colonialists fought against

the colonial repression with weapons, cer-

tain groups in the Angolan society resisted

by objecting military service or other forms

of servitude and by acts of civil disobedi-

ence. Unfortunately until today these non-

violent forces were not taken into account

in all the political analyses carried out

about the role of the resistance that lead

to the independence of Angola on 11

November 1975.After independence, the same armed

movements, which said that they were

fighting for the liberation of the Angolan

people from slavery, colonisation and bru-

tal exploitation, be devoted automatically

into a race for power without mercy, even

at a time when the last Portuguese soldier

had not yet left the country. The popula-

tion paid a high price. Fourteen years of

armed struggle against the Portuguese,

who received support from NATO and

other Western countries from the so called

‘civilized world’, were replaced by a civil

war without precedent in the history of

Angola. Two warlords, Jonas Savimbi of

the UNITA rebel forces and Jose Eduardo

dos Santos of the MPLA government,

were converting their country into a house

of deaths alive. The colonial slavery was

replaced by the misery of the ongoing war

and the population is still today taken as

hostages by the different armed groups

and mercenaries of a militaristic dema-

gogy. For these groups the maintenance

of power without sharing it, is the highest

value in life, even higher than all the exist-

ing humanistic values.I would like to mention here that the two

armed Angolan groups where supported

in their deathly enterprise by the two

superpowers of the Cold War, with each

their own militaristic ideology. By accept-

ing the secret pact to be the representa-

tives in Angola of the military-industrial

complexes in the US and the former

Soviet Union, the Angolan belligerents

succeeded in misleading the international

community with the idea that the majority

of the Angolans where in favour of the mil-

itaristic option that they had chosen.

Three times, in 1974, 1992 and 1994,

they accepted a peace agreement without

implementing the peaceful solutions.

Instead of disarming they continued and

still continue to rearm their forces just to

eliminate the ‘enemy’ by force. The real

common enemy of all these groups is the

great majority of the Angolan civil popula-

tion in particular those who were forced to

flee from their villages of origin into

refugee camps.Although the majority of the Angolan

people expressed on many occasions

their total refusal to solve this political con-

flict by military means, the option chosen

by UNITA, MPLA and FLEC (in the

Cabinda enclave) was and still is a military

one. But also external powers and various

countries behave like godfathers of crime

in Angola, provoking war crimes and large

suffering of innocent people by providing

weapons, modern military hardware, mili-

tary advisers, and even humanitarian aid

stated to serve the civil population but

rather to supply the various armed groups.

With more than 15 million landmines

spread over the whole territory of Angola

the country is nearly uninhabitable or at

least extremely dangerous to live in.

Many foreign countries are involved in

either direct support of weapons to the

Angolan belligerents, or by their secret

diplomacy towards the Angolan govern-

ment. Many of them make profit of the war

by supplying weapons or by importing

Angolan natural raw materials like dia-

monds and oil, the two main sources for

keeping the war going.Without forgetting the principal financial

institutions (banks) and multinational com-

panies who are backing and funding the

warring parties in Angola. The list of com-

panies directly or indirectly involved in the

Angolan war is very long and not even

exhaustive.Since the beginning of the new open

hostilities in December 1998, after a peri-

od of a temporary lull of arms, many men

and women, and especially young people

resist publicly against the war. The desire

to find a nonviolent way out of the vio-

lence was expressed in the ‘Manifesto for

Peace’, the pastoral letter of the Catholic

bishops, as so many other initiatives and

petitions signed by thousands of people in

and outside Angola. However, those paci-

fist voices are confronted by a repression

by the state without precedent, and with a

lack of financial means to develop new

ways towards peace.The independent press, that plays a

very important role in the nonviolent strug-

gle, has quite often expressed its sympa-The Broken Rifle May 2001 page 1

15th May 2001 International Conscientious Objectors’ Day:

Focus on Angola

May 2001No 49/50

Emanuel Matondo, conscientious objector

from Angola, at the WRI Council meeting

in Steinkimmen/Germany, August 1999

continued on page 2

£ 1.00/US$ 1.50