Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und...

6
Aus dem Biologischen Institut Madaus, Köln Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma Von GÜNTHER VOGEL und INGRID STOECKERT unter Mitarbeit von UTE WEIS (Eingegangen am 4. März 1963) Während der Prüfm~g verschiedener Pharmaka auf lymphagoge Wirkung und ihres möglichen Mechanismus wurden die nachstehenden Untersuchungen zur Abhängigkeit des Lymphdruckes von hämo- dynamischen Faktoren und zur chemischen Zusammensetzung der Lymphe von Ratten vorgenommen, da entsprechende Daten fiir dieses wichtige Laboratoriumstier bisher nicht vorliegen. Methodik Versuchstiere waren weiße Ratten (Wistar, Ankauftiere von Fa. Voß, Tutt- liugen/Württemberg, Bahnhostr. 41) beiderlei Geschlechts im Gewicht von 200 bis 350 g, die 16 Std vor Versucksbeginn bei Belassung von Trinkwasser ad libitum nüchtern gesetzt waren. Narkotisiert wurde mit Nembutal 40 mg/2 tal/kg i.p. Die Kanulierung des Ductus thoraeieus erfolgte mit einem an der Spitze ausgezogenen Polyäthylenschlauch in der Höhe der linken Nebenniere nach der Technik von BOLLMA~ et al. 2. Der arterielle Blutdruck wurde mit einem in eine A. earotis ein- gebundenen Quecksilbermanometer gemessen, zur Messung des Lymphdruekes wurde der Duetus thoracicus mit einem wassergefü]lten gradierten Steigrohr ver- banden. Als Lymphdruck wurde jener Druck registriert, der nach Einstellen eines Endwertes über 1--2 Std konstant blieb. Über Experimente an normotonen Tieren hinaus wurde versucht mit solchen zu arbeiten, deren arterie]ler Blutdruck pharmakologiseh gesteigert oder gesenkt war. Deshalb erhielten ~atten i.v. Dauerinfusionen von Adrenalin und I~oradrenalin in den Dosierungen 0,1--5,0#g/0,005 tal/min/Tier, sowie Hypertensin 0,1--0,9 #g/ 0,005 tal~min~Tier. ])es weiteren wurde versucht, den Blutdruck durch Infusion hyperonkotischer Lösungen -- 0,005--0,045 ml einer 12,5°/oigen Lösung Poly- viny]pyrro]in MG25000 entsprechend 0,625--5,625 mg~min~Tier -- zu steigern. Die geschilderten Versuche, eine langfristige Blutdrucksteigerung zu erreichen, schlugen indes fehl, da es nicht gelang, den Blutdruck auf einem beträchtlich höheren Niveau mehr als 30 min konstant zu halten. Zur langfristigen Bhtdrueksenkung wurden folgende Versuche vorgenommen: Die Tiere erhielten etwa 30 min vor Versuehsbeginn 1 mg/kg Reserpin i.v., oder es erfolgte Entnahme von etwa 4 ml Blut aus einer A. carotis. Beide Versuchs- anordnungen führten nicht zu einer über 2 Std anhaltenden Blutdrucksenkung. Dagegen gelang es, den Blutdruck langfristig durch i.v. Dauerinfusion von 100#g/kg Acetylcholin zu senken. Die Messungen des Lymphflusses im Ductus thoracieus erfolgten über 4 Std. Zur Bestimmung des Trockengehaltes wurden die gewonnenen Lymphmengen 16 Std bei 80° C im Brutschrank bis zur Gewichtskonstazlz getrocknet. Am Ende des

Transcript of Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und...

Page 1: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

Aus dem Biologischen Institut Madaus, Köln

Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe

und Plasma Von

GÜNTHER VOGEL und INGRID STOECKERT

unter Mitarbeit von UTE WEIS

(Eingegangen am 4. März 1963)

W ä h r e n d der Prüfm~g verschiedener P h a r m a k a auf lymphagoge Wi rkung u n d ihres möglichen Mechanismus wurden die nachs tehenden Un te r suchungen zur Abhängigkei t des Lymphdruckes von hämo- dynamischen F a k t o r e n u n d zur chemischen Zusammense tzung der Lymphe von R a t t e n vorgenommen, da entsprechende Da ten fiir dieses wichtige Labora tor iumst ie r bisher n icht vorliegen.

Methodik Versuchstiere waren weiße Ratten (Wistar, Ankauftiere von Fa. Voß, Tutt-

liugen/Württemberg, Bahnhostr. 41) beiderlei Geschlechts im Gewicht von 200 bis 350 g, die 16 Std vor Versucksbeginn bei Belassung von Trinkwasser ad libitum nüchtern gesetzt waren. Narkotisiert wurde mit Nembutal 40 mg/2 tal/kg i.p. Die Kanulierung des Ductus thoraeieus erfolgte mit einem an der Spitze ausgezogenen Polyäthylenschlauch in der Höhe der linken Nebenniere nach der Technik von BOLLMA~ et al. 2. Der arterielle Blutdruck wurde mit einem in eine A. earotis ein- gebundenen Quecksilbermanometer gemessen, zur Messung des Lymphdruekes wurde der Duetus thoracicus mit einem wassergefü]lten gradierten Steigrohr ver- banden. Als Lymphdruck wurde jener Druck registriert, der nach Einstellen eines Endwertes über 1--2 Std konstant blieb.

Über Experimente an normotonen Tieren hinaus wurde versucht mit solchen zu arbeiten, deren arterie]ler Blutdruck pharmakologiseh gesteigert oder gesenkt war. Deshalb erhielten ~atten i.v. Dauerinfusionen von Adrenalin und I~oradrenalin in den Dosierungen 0,1--5,0#g/0,005 tal/min/Tier, sowie Hypertensin 0,1--0,9 #g/ 0,005 tal~min~Tier. ])es weiteren wurde versucht, den Blutdruck durch Infusion hyperonkotischer Lösungen -- 0,005--0,045 ml einer 12,5°/oigen Lösung Poly- viny]pyrro]in MG25000 entsprechend 0,625--5,625 mg~min~Tier -- zu steigern. Die geschilderten Versuche, eine langfristige Blutdrucksteigerung zu erreichen, schlugen indes fehl, da es nicht gelang, den Blutdruck auf einem beträchtlich höheren Niveau mehr als 30 min konstant zu halten.

Zur langfristigen Bhtdrueksenkung wurden folgende Versuche vorgenommen: Die Tiere erhielten etwa 30 min vor Versuehsbeginn 1 mg/kg Reserpin i.v., oder es erfolgte Entnahme von etwa 4 ml Blut aus einer A. carotis. Beide Versuchs- anordnungen führten nicht zu einer über 2 Std anhaltenden Blutdrucksenkung. Dagegen gelang es, den Blutdruck langfristig durch i.v. Dauerinfusion von 100#g/kg Acetylcholin zu senken.

Die Messungen des Lymphflusses im Ductus thoracieus erfolgten über 4 Std. Zur Bestimmung des Trockengehaltes wurden die gewonnenen Lymphmengen 16 Std bei 80 ° C im Brutschrank bis zur Gewichtskonstazlz getrocknet. Am Ende des

Page 2: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

Menge und Zusammensegzung der Rattenlymphe 237

Versnches wurde yon den gleicken Tieren Blur aus einer A. carotis gewonnen und wie die Lymphe behandelt. Na +, K + und Ca++ in Lymphe und Plasm~ -- dieses wgkrend des Lymphflusses mehrfach gewonnen -- wurden flammenphotometrisch mit einem Ger~t ,,E1opendorf" der Fa. Netheler & Hinz, Hamburg, analysiert. Kreatinin in Plasma und Lymphe wurde als eehtes endogenes Kreatinin nach LOK~ 7 bestimmt.

Ftir die Messungen der Inulinkonzentration nach D~c~( u. D~v~ns ~ in Plasma und Lymphe wurde wie folgt vorgegangen: Zur Zeit 0 wurden 0,2 ml Lymphe gesammelt, zur gleichen Zeit 0,5 ml Blur (0,2 ml Plasma) aus der A. carotis ~ls Bezugswerte entnommen. Darauf erhielten die Tiere 50 mg/kg Inulin i.v. als Vor- injektion, die w~hrend einer 15 mi~ dauernden Pause gewonnene Lymphe wurde verworfen. Danack begann die Dauerinfusion yon Inulin (V. jugularis) in einer Dosis yon 0,7 mg/kg/min ~ 0,025 ml/min/Tier. Die Lymphe wurde in drei Perioden zu 45 min gesammelt, Blur w~rde jeweils am Ende efl~er Lymphsammelperiode ent- nommen. Die Bestimmung des GesamteiweiBes in Plasma und Lymphe wurde photometrisch naeh der Biuret-Nethode bei 546 nm in 20 mm-K/ive~ten vor- genommen. Die Proteine w-arden papierelektrophoregisch naeh Albumin, a~-, a~-, ~- und ~-Globuliu differenziert. Die Bestimmungen der folgenden Kons~ituenten in Plasma und Lymphe: Milchsgure, Serum-Glntaminsgure-0xals~ure-Transaminase (SGOT), Serum-Glutaminsgure-Pyruvat-Transaminase (SGPT), Aldolase, saute mad alkalische Phosphatase, Glucose und Brenztraubensiiure erfolgten enzymatiseh mit einem Photometer ,,Eppendorf" nach den Arbeitsvorschrif~en Bioehemiea ,,Boehringer" der l~a. C. F. Boehringer & Soehne GmbH, Mannheim.

t~olgende Substanzen und LSsungen wurden ve~endet : Adrenalin: Suprarenin ,,t{oeehst", l~-o-Dioxyphenyl~thanolmethylamin, L6-

sung t : 1000 als Hydrochlorid in s~erfler 0,9°/0iger NaC1-LSsung mit 0,4°/0 Aceton- chloroform, Farbwerke ttoechst AG, Frankfurt(~)-tI6chst.

NoradrenMin : Arterenol ,,Hoechst '°, (L-NoradrenMin ,,Itoechst"), ~-o-Dioxy- phenyl~thanolarain, LSsung 1:1000 als Hydrochlorid in steriler 0,90/0iger NaC1- LSsung mit 0,4~/0 Acetonchloroform, Farbwerke Hoechst AG, Frankfurt(M)- H6chst.

Hypertensin: ,,Ciba" Trockenampullen £ 2,5 rag, Val~-Hypertensin-II-Asp-fl- amid, Ciba AG, Basel.

Acetylcholin ,,l~oche", 100 mg/Ampulle, Acetylcholinchlorid, 100 rag/2 ml Aqua bidest, gelSst, dann i:2500 mit steriler 0,9% iger NaCLL6sung verd~nnt, Deutsche Hoffmann-La Roche AG, Grenzach/B~den.

t~eserpin : l%eserpin pur. als Base, Gebr. Giu]ini GmbH, Ludwigshafen/Rhein. Inulin: Inulin puriss, pyrogenfrei, Deutsche Laevosan-Gesellschaft C. F. Boeh-

ringer & Soehne GmbH, ?¢Iannheim. Polyvinylpyrrolidon, mittleres Molekulargewicht 25000, Badische Anilin- und

Soda-l%brik AG, Ludwigshafen/Rhein.

Ergebnisse Die Da ten zur Beziehung yon Lymph- zu arteriellem Blu td ruck sind

Tab .1 zu en tnehmen. Dan~ch bewS-kt i.v. Dauer infusion yon 100 #g/ rain × Tier Acetylchol in fiber 3 u n d mehr S tunden eine kons tan te Sen- kung des Blu tdrucks auf etwa die t Iglf te des Ausg~ngswertes, der Lymph- druck sh~kt dagegen nu r u m 200]0.

Der Lymphflul3 (siehe Tab. 2) ist in der 1. Std mi t 0,3 ml/100 g Tier- gewicht am hSchsten, er ve rminder t sich dan~ch kontinuier l ich, n~ch

Pflfigers Arch. ges. Physiol. , Bd. 277 16

Page 3: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

238 Gi)~T~E~ VogEL und IN«~I» STOECKERT:

Tabelle 1. Arterieller Blutdruck und hyd~vstatisvher .Druck im .Ductus thoracieus von Ratten in Nembutal-Narkose (40 mg~kg i.v.) während Normotonie und Hypotonie

durch i.v. Acetylcholindauerin/usion

Infusion von 100 ~g/min x Tier Acetylcho]in i.v.

0,005 tal/min i x Tier

(Versuchsgruppe)

Infusion von 0,005tal/min × Tier

0,9% ige NaC1- Lösung

Druck in der A. caro~is (cm H20 )

Druck im DucSus thoracicus (cm I-I20)

87,4 ± 7,88 (n = 10)

10,3 ~ 0,66 (n = 10)

142,2 ~ 4,26 (n = 20)

12,1 ~ 0,74 (n = 20)

Tabelle 2. Lymph/luß im Ductus thoracicus von Ratten in Nembutal-Narkose

I 1. S~d I 2. Std I 3. S~d I 4. Std

Lymphfluß tal/100 g× Std

10,311 ~ 0,017 0,207 ~ 0,015 0,175 ~: 0,025 0,171 ± 0,021 1 n ~ 1 7 n ~ 1 7 ! n ~ 1 7 n ~ 1 4

der 3. Std ist ein ann/~hernd konstanter Endwert erreicht. Etwaige Gerinnungsvorgänge sind an der Lymphflußverminderung in der Zeit nicht beteiligt, wie orientierende Versuche mit heparinisierten Tiefen, bei denen es ebenfalls zu einem Sinken der Lymphprodukt ion kommt, z e i g e n .

Die Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung von Plasma und Lymphe sind Tab. 3 zu entnehmen. Danach ist der Trockengehalt der Lymphe niedriger als der des Plasmas, die Konzentrat ion der drei geprüften Elektrolyte Na+, K + und Ca++ in Plasma und Lymphe ist identisch, das gleiche gilt für endogenes Kreatinin und exogenes Inulin, wenn dessen Blutspiegel durch Dauerinfusion konstant gehalten wird. Die Eiweißkonzentration in der Lymphe ist niedriger als die des Plasmas, der Albumin-Globulin-Quotient der Lymphe gröl~er - - die Lymphe enthält relativ mehr A]bumin. Der Milchsäuregehalt des Plasmas ist doppelt so hoch wie der der Lymphe, der Brenztraubensäurespiegel dagegen ist in der Lymphe höher. SGOT, SGPT, Aldolase und saure Phosphatase im Plasma sind in signifikant höherer Konzentrat ion enthalten, während für die alkalische Phosphatase zwischen Plasma und Lymphe keine Konzentrationsdifferenzen bestehen. Der Glueosegehalt in Lymphe und Plasma ist identisch.

D i s k u s s i o n Die Kraft , durch die interstitielle Flüssigkeit in die Lympheapillaren

befördert wird, ist komplex zusammengesetzt, sie entspricht einem Druck von 15--16 cm Wasser. Die in verschiedenen Abschnitten des

Page 4: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

Menge und Zusammensetzung der Rat.tenlymphe 239

Tabelle 3. Konzentrationsbestimmungen einiger Ptasma-/Lymphkonstituenten (Ductus thoraeicus) der Ratte

Für die mit ÷ markierten Werte bestehen signifikante (p < 0,1°/0) Unterschiede zwischen Plasma und Lymphe

Konzen- Bestimmung von tration n Lyraphe n Plasma

Trockengehalt Na+ K + Ca++

Kreatinin, endogen Inulin, exogen

45 min nach Infusionsbeginn 90 min nach Infusionsbcginn 135 min nach Infusionsbeginn

Gesamteiweiß Albumin Globulin «1 Globulin a s G]obulin fl Globulin 7

Albumin/Globulin- Quotient SGOT SGPT Aldolase

Phosphatase (sauer) Phosphatase (alkahsch) Glucose Milchsäure Brcnz~raubens~ure

g/100 ml mMol/1 mMol/l mMo]/1

mg/100 ml mg/100 ml

g/100 ml g/100 ml g/100 ml g/100 ml g/100 ml g/100 ml

E/ml E/tal E/ml

mMol-E/1 mMol-E/1

mg/100 ml mg/100 ml mg/100 ml

5,28 158,3 5,13 2,97

0,477

16,8

14,4

15,6 4,1

1,96 0,459 0,203 0,915 0,574

0,92 62,0 15,0 36,4

0,702 3,62

120,9 15,0 1,88

B 0,166 + 19 B 1,97 14 ± 0,139 I B 0,265 B 0,0198 10

9

:[: 1,60

± 1,29

± 2,23 B 0,21+ 9 B 0,107 I ± 0,061 + ± 0,037 I ± 0,062 ± 0,061 [

B 0,034 ± 3,21 + 12 B 2,0 + 12 B 5,75 + 10 ± 0,093 + 10 B 0,31 11 ± 6,73 10 ± 1,60 + 10 B 0,084 + 11

6,82 =~ 0,08 153,5 -L 2,1 4,86 :~ 0,177 3,71 ~ 0,258

0,490 =~: 0,020

14,7 ~: 1,33

17,3 =L 2,35

18,7 =~ 3,93 5,7 =~ 0,032

2,42 ~= 0,151 0,849 =~ 0,036 0,317 =L 0,040

1,26 d= 0,091 0,884 =~ 0,104

0,74 ~= 0,02 125 i 18,8

36,5 ~ 3,0 74,3 =L 7,02 1,85 d= 09158 3,13 ! 0,29

104,6 ~ 6,70 30,2 i 1,35 1,35 ~= 0,130

Lymphsystems unter differenten experimentellen Bedingungen ge- messenen hydrostatisehen Drucke schwanken von weniger als 1 cm bis mehr als 35 cm Wasseri°, n. Besonders hohe Werte werden bei Lymph- stauungen und bei endständigem Einbinden des Manometers in den Lymphgang gemessen, der dadurch verschlossen wird. Unseren ver- hä]tnismäl~ig hohen Werten liegt möglicherweise folgende Ursache zugrunde: Bei Sammlung der Lymphe aus dem Ductus thoracicus in Höhe der Nebennieren, d .h . im Bauchraum proximal von der Ein- mündung der Cysterna ehyli und jener Lymphgänge, die aus dem Mesenterium stammen, wird eine Mischung von Lymphe aus dem Mesenterialgebiet (Lymphe aus enteraler Resorption) und den übrigen hinteren Körperpartien, insbesondere den hinteren Extremit/£ten ge- wonnen. Diese Tatsache kann bewiesen werden, indem durch perorale

16"

Page 5: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

240 GÜNTHER VOGEL und INGRID STOECKERT:

Applikation einer Ö1-Wasser-Emulsion oder einer 10--20vol-0/0igen Äthanol-Wasser-Lösung die Produktion von aus dem Resorptions- vorgang stammender Lymphe gesteigert wird bei gleichzeitigen Messun- gen der Inulin-Lymph- und Plasma-Konzentrationen bei konstantem Blutspiegel durch i.v. Dauerinfusion. Inulin kann in jener Lymphe, die aus dem enteralen Resorptionsvorgang stammt, nicht enthalten sein. Es kommt zur Mischung inu5ahaltiger und -freier Lymphe, der Inulin- spiegel dieser Sammellymphe liegt -- wie unsere orientierenden Ver- suche dazu zeigen -- deutlich unter dem des Plasmas. Es ist nicht aus- geschlossen, daß der auch bei nüchternen Tiefen im abdominalen Teil des Ductus thoracicus meßbare Druck deshalb so hoch ist, Weil die Lymphe eine Mischung aus einem Anteil, der aus einer druckabhängigen Fil- tration stammt, und einem weiteren Anteil, der durch einen aktiven Sekretionsvorgang der enteralen resorbierenden Zellen bereitet wird, darstellt. Die aus dem enteralen Resorptionsvorgang stammende Darmlymph e kann -- auch beim isolierten Präparat -- gegen einen relativ hohen hydrostatischen Druck gefördert werden 6. Unter den hämodynamischen Faktoren ist von Bedeutung für den Lymphdruck in erster Linie der Druck in den venennahen Capillarpartien bzw. der Venendruck, der arterielle spielt -- wie auch die vorliegenden Versuche zeigen -- keine wesentliche Rolle. Eine pharmakodynamische Senkung des arteriellen Blutdrucks durch Dauerinfusion von Acetylcholin ist vor allem durch Erweiterung der Arteriolen bedingt, der Capillar- und der Venendruck werden nur unwesentlich beeinflußt. Deshalb ist die Kon- stanz des Lymphdruckes auch bei durch Dflatation der Arteriolen ge- senktem arteriellen Blutdruck verständlich. Die Tatsache, daß zwischen Plasma und Lymphe für Na+, K +, Ca++, Kreatiniu und Inulin keine Konzentrationsdifferenzen bestehen, ist Ausdruck der unbehinderten Penetration dieser Moleküle durch die Blut-Lymphschranke : die Lymphe ist im wesentlichen ein Ultra-Fil~rat des Plasmas. Der Übertr i t t höher- molekularer Substanzen aus dem Plasma in die Lymphe ist dagegen behindert, wie zahlreiche Versuche mit Polyvinylpyrrolidon, Dextran und verschiedenen Proteinen zeigen l,a,s, 9.

Zahlreiche Bestimmungen von Konzentration und Zusammensetzung der Proteine in Plasma und System- sowie Organlymphe bei verschiede- nen Species, auch bei der Ratte, zeigen übereinstimmend einen niedri- geren Gesamteiweißgehalt in der Lymphe gegenüber dem Plasma und ein relatives Überwiegen der Albumine»,l°, n.

Die höhere Mi]chsäurekonzentration im Plasma und der höhere Brenztraubensäurespiegel in der Lymphe kann angesichts der iden- tischen Glucosekonzcntration in beiden Medien nicht befriedigend erklärt werden. Die höheren Konzentrationen von SGOT, SGPT, Aldolase und saurer Phosphatase im Plasma gegenüber der Lymphe werden durch die

Page 6: Daten zu Lymphfluß und -druck im Ductus thoracicus der Ratte und der Zusammensetzung von Lymphe und Plasma

Menge und Zusammensetzung der Ratte~flymphe 241

A n n a h m e vers tändl ich , daß die Molekülgrößen dieser F e r m e n t e ein unbeh inde r t e s Pene t r i e ren durch die B l u t - L y m p h s c h r a n k e n ich t zu- lassen. E in Vergleich unserer D a t e n m i t denen andere r A u to re n i s t nur für die L y m p h p r o t e i n e möglich, da en tsprechendes Zah l enma te r i a l für die R a t t e b isher n ich t vorl iegt .

Z u s a m m e n f a s s u n g

A n na rko t i s i e r t en R a t t e n wird der Lymphf luß im Duc tus thorac icus gemessen. Der L y m p h d r u c k is t we i tgehend unabhäng ig v o m ar ter ie] len B lu td ruck .

Die K o n z e n t r a t i o n e n von N a +, K +, Ca ++, K r e a t i n i n und Inu l in in P l a s m a und L y m p h e sind ident isch, de~ Gesamte iwe ißgeha l t is t in der L y m p h e n iedr iger als im Plasma, der A lbumin /Globu l in -Quo t i en t nach den A]buminen h in verschoben. D a t e n über die K o n z e n t r a t i o n e n von Glucose und ihrer Metabo l i t en Milchsäure und Brenz t r aubensäu re u n d einiger F e r m e n t e werden mi tge te i l t .

L i t e ra tu r 1 ANDREWS, W. H. H., and I. DEL RIO LOZANO: Passage of substances into the

blood and lymphatic vessels of the ]iver. J. Physiol. (Lond.) 158, 34 P (1961). 2 BOLL~A~, J. L., J. C. C ~ and J. H. GRI~DLAY: Techniques for the collection of

lymph from the ]iver, small intestine, or thoracic duct of the rat. J. Lab. clin. Med. 33, 1349 (1948).

a GHENDEROVITC]~, J., E. PHOCAS, S. TROUPEL, H. ]:~ENAIYLT et J. C~gOLI: Le transfert des grosses molécules du sang dans la bile et la lymphe hépatique chez le eobaye. Étude par le polyvinylpyrrolidone-I TM. Rer. franc. Étud. c]in. bio]. 6, 470 (1961).

4 DICK, A., and C. E. D±VIES: Measurement of the glomerular filtration rate and the effeetive renal plasma flow using sodium thiosulfate and p-amino-hippulic aeid. J. c]in. Path. 2, 67 (1949).

DrrT~ER, D. S. (Editor) : Blood and other body fluids. Washington 1961. Feder- ation of American Societies for Experimental Biology.

6 LEE, J. S. : Flows and pressure in ]ymphatic and blood vesse]s of intestine in water absorption. Amer. J. Physiol. 200, 979 (1961).

7 LOKEN, F. ; On the determination of creatinine in plasma by the Jaffé-reaction, after adsorption to Lloyd's reagent. Seaud. J. c]in. Lab. Invest. 6, 325 (1954).

s !gAYERSO~, I-L S.: Observations and reflections on the ]ymphatic system. Transaet. Coll. Physicians Philad. 28, 109 (1961).

9 __ R.M. PATTERSON, A. ~V[CKEE, S. J. LEBRIE and P. MA¥ERSON : Permeabflity of lymphatie vessels. Amer. J. Physiol. 203, 98 (1962).

10 RÉNYI-V.(Mos, F.: Das innere Lymphgefaßsystem der Organe. Budapest 1960. n RUSZN¥XK, I., M. FöLDI U. G. SZABó: Physiologie und Pathologie des Lymph-

kreis]aufes. Jena 1957.

ProL Dr. Gi)NTaE~ VOGEL, 5 Köln-Merheim, Biol. Insti tut/~adaus, Ostmerheimer Straße 198