Debatare (Sonntagsausgabe)

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Kinder von KZ-Häftlingen Seite 4 21. bis 25. März \\ Veranstaltungszeitung zur Linken Medienakademie 2012 in Berlin Die Lima im Jahr 2013 Seite 8

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0 0 Ich entwickelte zusammen mit Patrick Stösser die Bildsprache für die erste Debatare-Ausgabe zur Linken Medienakademie 2012. Zusätzlich layoutete ich das Magazin innerhalb eines Tages.

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Kinder von

KZ-Häftlingen Seite 4

21. bis 25. März \\ Veranstaltungszeitung zur Linken Medienakademie 2012 in Berlin

Die Lima

im Jahr 2013Seite 8

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Was ist ?Nicht Meldung, sondern Mei-nung. Nicht Tempo, sondern Tiefgang. Nicht monomedial, sondern multimedial: Das ist der Anspruch von Debatare.

Debatare ist ein neues Magazin – gemacht von jungen Journalis-ten. Die junge Perspektive bringt frische Ideen und neue Ansät-ze in die Berichterstattung. Der kultivierte Streit ist ein zentraler und notwendiger Bestandteil des menschlichen, gesellschaftlichen Lebens. Ohne kritisches Hinter-fragen von bestehenden Posi-tionen und den fortwährenden Zwang zur besseren Begründung von Standpunkten fehlen wichti-ge Motoren für gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaft-lichen Fortschritt. In dieser Traditi-on hinterfragt Debatare und bietet Meinungen und Hintergründe.

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Die Sprengkraft der Medien Mit einem journalistischen „Scoop“, einer exklusiven Meldung, einen Skandal aufzudecken, damit vielleicht einen Politiker zu stürzen, einen Mißtand anzuprangern – viele Journalisten haben dieses Ziel. Doch im Alltagsgeschäft eingebunden, von der Tagesroutine in Beschlag genommen, kommen Journalisten häufig nicht dazu solchen Zielen nachzugehen. Auch wenn die Journalisten-Gewerkschaften sich dafür einsetzen, dass die Arbeitsbedingun-gen für Journalisten besser werden, dass Vergütungsregeln freien Journalisten ein Einkom-men sichern oder die Einstiegsgehälter für Berufseinsteiger nicht weiter sinken: Geht es um den Arbeitskampf, kämpft bei den Journalisten oft jeder alleine. Wenn die Festangestellten streiken, findet sich oft immer noch ein freier Kollege, der den Auftrag übernimmt. Warum die Gewerkschaften noch so viele Mitglieder haben? Vielleicht ist für viele der Presseaus-weis Anreiz genug. Mit mangelndem Engagement ihrer Mitglieder haben sie zu kämpfen, wie unserer Artikel analysiert. Was Journalisten tun können, wenn im tristen Alltagseinerlei die Kreativität nicht so recht sprudeln will, zeigen wir in unserer Rubrik„Wissens Tanker“. Um ein ganz anderes Thema geht es in der Schilderung von Ingelore Prochnow. Sie wurde als Häftling im Konzentrationslager Ravenbrück geboren. In ihren eindrücklichen Worten beschreibt sie die Suche nach ihrer Identität und kommt zu der Schlussfolgerung: „Wir können nicht die Vergangenheit verändern, aber wir können dafür Sorge tragen, dass so etwas in der Zukunft nie wieder einem Menschen geschieht.“ In diesem Sinne geht es auch für Journalisten darum, eben solche Geschichten aus der Vergangenheit zu erzählen. Denn diese Schilderungen sorgen hoffentlich dafür, dass sich die Zukunft zum positiven ändert. Die eigene Zukunft des journalistischen Berufs selbst in die Hand zu nehmen, müssen Journalisten hingegen noch lernen. Gregor Landwehr

Diese Ausgabe von Debatare entstand auf der 9. Linken Medienakademie, die vom 21. bis 25. März 2012 in

Berlin stattfand.

Herausgeber: debatare - Akademie für neuen Journalismus gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt.

Vertreten durch: Gregor Landwehr, Sebastian Serafin. Anschrift: Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, HRB

139826 B, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. Internet: www.neuer-journalismus.de, info@neuer-jour-

nalismus.de. Telefon: 030/3993.0212. Fax: 030/3993.0209

Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Barbara Yara Engels, Christina Quast, C. Gregor Landwehr. Redaktion: Stel-

la Napierella, Natalia Weicsekova, Katja Herzberg, Nalan Sipar, Michael Wahl, Ralph Hutter. Fotos: Jonas

Fischer, Patrick Stösser. Layout: Sebastian Wenzel, www.sebastianwenzel.de

Druck: Druckerei Braul. Auflage: 500 Exemplare. Besonderer Dank: An Christoph Nitz (ermöglichte

dieses Projekt), Marc Seele (verantwortlich für die grafische Grundgestaltung und das Logo).

IMPRESSUM

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Ich bin im April 1944 im Frauen-Konzentrationslager Ravens-brück geboren. Meine Mutter wurde am 1. Dezember 1943 – mit mir im 5. Monat schwanger – nach Ravensbrück verbracht. Sie war zu dem Zeitpunkt 19 Jahre alt. Ich bin also zugleich Tochter eines Häftlings, als auch selber Häftling gewesen; ich bin quasi als Ravensbrück-Häftling zur Welt gekommen. Ende Ap-ril 1945 musste meine Mutter mit mir, dem einjährigen Kind und tausenden anderen Frauen auf den »Todesmarsch«. In Malchow, Meck-lenburg wurden wir am 2. Mai 1945 von den Russen befreit. Zurückgelassen imFlüchtlingslager Bis zum Alter von ungefähr 3 ¾ Jahren lebte ich mit meiner Mutter in verschiedenen Orten in West-deutschland. In der Silvesternacht 1947/48 ließ sie mich schließlich allein in einem Flüchtlingslager in Siegen, Westfalen zurück. Auf der Registrierkarte meiner Mutter steht der handschriftliche Vermerk: »Lager verlassen, Kind zurückgelassen«. Dies alles erfuhr ich jedoch erst 40 Jahre später bei meiner Spurensuche.

Ein Ehepaar, das sich ebenfalls im La-ger Siegen aufhielt, nahm mich mit als Pflegekind. Dort blieb ich etwa ein Jahr. Im Februar 1949 wurde ich von ei-ner Frau der Caritas in Begleitung eines Polizisten aus diesem Haushalt heraus-geholt. Nachbarn hatten besorgt wegen meines Schreiens und Weinens das Ju-gendamt in Lemgo informiert. Ich war knapp fünf Jahre alt und unterernährt, ich wog nur noch neun Kilo. Etwa in die-ser Zeit setzt meine Erinnerung ein.

Ich wurde nach Lemgo zu einem älteren kinderlosen Ehe-paar gebracht, das mich adoptieren wollte. Dazu war jedoch die Zustimmung meiner leiblichen Mutter erforderlich. Dem Jugendamt waren zwar immer wieder neue Aufent-haltsorte meiner Mutter bekannt, sie wurde angeschrie-ben, aber kurz darauf war sie mit unbekanntem Ziel ver-zogen. Deshalb musste ich erst 16 Jahre alt werden, um meiner eigenen Adoption zustimmen zu können. So lange hatte ich einen amtlichen Vormund.

Je älter ich wurde, umso mehr rankten sich meine Ge-danken um meine Herkunft. In meinem Ausweis steht als Geburtsort »Ravensbrück«. Ich fand in meinem Schulatlas den Namen in Mecklenburg, mit dem Zu-satzhinweis »Gedenkstätte«. Ich wusste zwar vage seit meiner Schulzeit, dass es in Ravensbrück ein Frauen-KZ gegeben hatte, aber was hatte das mit mir zu tun? Ravensbrück war nur ein Ortsname für mich. Das Verhältnis zu meinen Adoptiveltern, besonders zur Adoptivmutter, war schwierig. Sie wussten durch das Jugendamt um meine Herkunft, hatten jedoch beschlossen, mir nichts darüber zu erzählen. Aber aus immer wiederkehrenden, mir jedoch nichts erklärenden Andeutungen entnahm ich, dass mit meiner Geburt irgendein Geheimnis verbunden war. Das habe ich während meiner gesamten Kindheit und Jugend immer als sehr quälend und verunsichernd empfunden. Ich war ein ängstli-ches, verschüchtertes – heute würde man sagen – ein traumatisiertes Kind.

Mit 17 Jahren lernte ich meinen späteren Mann kennen, mit dem ich jetzt 44 Jahre verheiratet bin. Nach dem Studium meines Mannes heira-teten wir und zogen nach Berlin. 1967 wurde unsere erste Tochter, 1968 die zweite Tochter geboren. 1974 zogen wir nach Bielefeld, wo wir seitdem leben.

Mitte der 80er Jahre starben meine Adop-tiveltern. Endlich konne ich gezielt mit der Suche nach meiner Mutter und meinen Wurzeln beginnen. Zu Lebzeiten meiner Adoptiveltern fühlte ich mich an ein Ver-sprechen gebunden, das ich ihnen in mei-ner Kindheit geben musste: Ich sollte nie nach meiner leiblichen Mutter suchen.

Meine

Mutter wurde als »schlechte Frau »dargestellt,

die mich unehelich geboren habe. Deshalb gab es auch keine Antwort auf die Frage nach mei-nem Vater. Sie seien jetzt meine Eltern und das sei genug und gut so.

Ich habe dieses Versprechen mit dem Mund gegeben, aber insge-heim immer gewusst, dass ich ir-gendwann suchen würde. So lange ich zurückdenke, hatte ich immer den ganz starken Wunsch in mir, meine »richtige« Mutter zu finden. Die Suche nachden richtigen Eltern Beim zuständigen Jugendamt in Detmold verlangte ich Einsichtnah-me in meine Vormundschafts- bzw. Adoptionsakte. Ich werde nie ver-gessen, wie ich ungläubig und fas-sungslos vor meiner Akte saß und mir der Satz in die Augen sprang: »Das Kind Ingelore Rohde, geboren im Frauen-KZ Ravensbrück …« Ich musste erkennen, dass sich hinter dem Geburtsort »Ravensbrück« tat-sächlich das Frauen-KZ verbarg. War das möglich, dort waren Kinder gebo-ren worden und hatten überlebt? Und ich war ein solches Kind? Das schien mir unvorstellbar. War das die Erklä-rung für Ängste und Unsicherheiten in mir, für die geheimnisvollen Andeutun-gen meiner Adoptiveltern?

Nun begann eine Spurensuche, die mich bis heute nicht losgelassen hat.

Als Häftling geborenIm KZ geboren, später zu Adoption freigegeben, dann auf der

Suche nach den richtigen Eltern. Das ist das bewegte Leben von

Ingelore Prochnow – die Schilderung davon bewegt heute noch.Das Buch „Kinder

von KZ-Häftlingen“ im Internet kaufen.

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5debatare.de

Mit den wenigen Daten über mich und meine Mutter, die mir anfangs bekannt waren, wandte ich mich an das Rote Kreuz in Bad Arolsen und an die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Ich wollte un-bedingt meine Mutter finden, wollte Antworten auf meine vielen Fragen, wollte wissen, wo meine Wurzeln sind.

Die Gedenkstätte teilte mir in zwei Sätzen mit, dass es keinen Hinweis gebe, der mir weiter-helfen könnte. Das Rote Kreuz in Arolsen teilte mir mit Bedauern mit, dass die Nachforschungen nach meiner Mutter leider zu kei-nem Erfolg geführt hätten.

Mein Mann und ich versuchten nun alle Informationen über Ra-vensbrück zu bekommen. Ich las die ersten Bücher und Dokumen-tationen. Sehr viele gab es zu der Zeit noch nicht, zumindest nicht in Westdeutschland. Wir nahmen Kontakt zu den »ravensbrückblät-tern« auf, einer Zeitschrift, die vier-teljährlich erschien. In der Ausgabe vom April 1986 gab es eine Suchanf-rage von mir: »Wer und wo ist meine Mutter?«

Tatsächlich meldete sich meine Mut-ter – Renate Lutz, geb. Rohde – kurze Zeit später schriftlich. Sie wohnte in Stuttgart. Es kam zu einem Treffen mit meiner Mutter. Jeder kann sich denken, mit welchem Herzklopfen, mit welcher Hoffnung und Erwartung ich zu diesem Treffen fuhr. Ich hatte gehofft, mein Suchen sei nun zu Ende. Aber zu meinem größten Kummer saß mir eine völlig fremde Frau gegenüber. Wir konnten keine Beziehung zuein-ander herstellen. Die meisten meiner vielen Fragen blieben unbeantwortet. Ich erfuhr lediglich, dass mein Vater ein polnischer Zwangsarbeiter war, mit dem meine Mutter zusammen im Sommer 1943 auf einem Bauernhof in Welsleben in der Nähe von Magdeburg gearbeitet hatte. Sie erzähle mir, sein Vorname sei »Josef« gewesen, einen Nachnamen wusste sie nicht mehr.

Nach einer Denunziation sind beide von der Gestapo verhaftet und in das kleine Gefängnis von Welsleben gebracht worden. Meine Mutter kam bald darauf nach Magdeburg ins Gefäng-nis und von dort im November/Dezember 1943 über Berlin-Alexanderplatz nach Ravensbrück. Über den weiteren Verbleib meines Vaters wusste sie nichts.

Im Herbst 1990, nach dem Fall der Mauer, fuhr ich mit mei-nem Mann zum ersten Mal nach Ravensbrück. Es war ein wunderschöner Herbsttag im Oktober. Wir fuhren durch die malerische märkische Landschaft, durch den kleinen Ort Fürstenberg und bogen auf die »Straße der Nationen« ein. An ehemals schmucken Häusern der Aufseherinnen, der gut erhaltenen Kommandantur vorbei, führte uns un-ser Weg zuerst zum Ufer des Schwedt-Sees. Hinter uns die »Tragende«, die Lagermauer, das Lagergefängnis, das Krematorium, der Erschießungsgang, die tonnenschwe-re Steinwalze, die die Frauen beim Straßenbau ziehen mussten …

Die meisten Kinder wurden direkt nach der Geburt getötet

Meine Mutter hat all die Schrecknisse bewusst erlebt und erlitten und ich hätte brennend gerne mit ihr da-rüber gesprochen. Wie konnte sie dort überleben, wie konnte sie einen Säugling am Leben erhalten, und das ein Jahr lang? Womit hat sie mich ernährt, wo-mit gekleidet, wo hat sie mich versteckt und wer hat mich versorgt, während sie 12 Stunden täglich für Siemens arbeiten musste? Es ist bekannt, dass rund 900 Kinder von 1939 bis 1945 im Lager zur Welt gekommen sind. Aber ich weiß, dass die meisten Kinder kaum eine Überlebenschance hatten. Viele wurden unmittelbar nach der Geburt getötet, vie-le waren auch aufgrund der schlechten körperli-chen Verfassung der Mütter nicht lebensfähig. Sie lebten oft nur Stunden, Tage oder, wenn es hoch kam, wenige Wochen.

Nachdem meine Mutter mich in Siegen zurück ge-lassen hatte, hat sie ihr Le-ben ohne mich eingerichtet. So konsequent, dass sie so-gar den 31. Dezember 1947 – die Nacht, in der sie mich zurückgelassen hat – als mein Todesdatum angegeben hat. Es existiert eine Kran-kenakte aus dem Jahr 1948, in der sie angibt, ihr im KZ Ravensbrück geborenes Kind sei zum obigen Datum in ihrer Gegenwart an Lungenentzün-dung und Unterernährung ge-storben! In jeder Silvesternacht brennt dieser Gedanke in mei-nem Kopf.

Ich weiß heute aus Berichten von Überlebenden, dass es soge-nannte »Lagermütter« gegeben hat, die sich trotz eigener großer Not der Kinder annahmen, sie quasi »adoptierten«. Sie sorgten für Nahrung und Wärme, fer-tigten einfaches Spielzeug. Ich kann nur ahnen, wieviel Kraft es kostete, ein Kind unter diesen er-bärmlichen Umständen am Leben zu erhalten. Aber ich denke, ohne diese Solidarität in den jeweiligen Blocks hätte kein Kind überleben können. Kinder waren umgekehrt für die Frauen aber auch der In-begriff von Hoffnung, sie weckten Mitleid und Erinnerungen an die eigene Familie.

Nach 25 Jahren, im Jahr 2011, schließt sich der Kreis:

Ingelore Prochnow findet am Ende doch noch ihren Va-

ter. Wie es dazu kommt, ist wie die ganze Geschich-

te dieses bewegten Lebens in dem Buch „Kinder von

KZ-Häftlingen zu lesen. Eine vergessene Generation“,

erchienen im Unrast Verlag, Münster, 254 Seiten.

Preis: 18.00 Euro.

Das Buch basiert auf Erfahrungsberichten und

drückt die Sorge aus, vergessen zu werden. Die

Gespräche mit Kindern von KZ-Häflingen ergänzen

Texte zu gesundheitlichen Auswirkungen der KZ-

Haft und den Folgen der Psychotraumatisierung.

254 Seiten Spurensuche

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6 debatare.de

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V.i.S.d.P. Ulrich Maurer

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gehts nicht!Das Magazin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Publikationen frei HausFordern Sie unser kostenfreies Infopaket mit aktuellen Flug blättern, Broschüren und Zeitungen der Fraktion an. Abonnieren Sie clara, das Magazin der Fraktion DIE LINKE und den querblick, das Informationsblatt für feministische Politik und Geschlechter gerechtigkeit.So erfahren Sie mehr über unsere Positionen zur Rente und zur Gesundheitspolitik, über die geforderte Kindergrundsicherung, eine gerechte Familienpolitik oder auch zum Mindestlohn und zu vielen anderen Themen.

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Wissens-Tanker

Eins, zwei, drei, viele:

Auf der Lima gibt es

zahlreiche Vorträge und

Seminare. Zu viele, um

alle zu besuchen.

Michael Wahl fasst

deshalb ausgewählte

Seminare zusammen.

Heute: Kreatives

Schreiben

Wie hat der Attentäter von Toulouse seine letzten Stunden er-lebt? Was hält der griechische Finanzminister von Angela Mer-kels Hosenanzug? Und was denken die TU-Profs von der Lima? Wer ein Thema kreativ realisieren möchte, für den seien Pers-pektivwechsel wie diese gut, empfiehlt Hanne Landbeck, Re-ferentin für Kreatives Schreiben. Nicht immer ließe sich aus einem solchen Blickwinkel ein journalistisches Thema reali-sieren. „Aber sie bringen neue Ideen, andere Zugänge“, sagt Landbeck. Genauso regt sie an: „Einfach mal den Kopf hängen lassen, wenn der mal wieder nicht arbeiten will!“ Das fördert die Durchblutung. Dinge verbinden, die normalerweise nicht zusammenpassen, das sei die Devise. Landbeck hat noch mehr Tipps: „Spielen, Spinnen, immer offen sein und wenn nichts geht, mal eine Nacht durchtanzen. Sich nichts verbie-ten lassen.“ Wenn alles nichts bringt: Einen Versuch sei es wert. Jedoch nicht auf Teufel komm raus. In ihren Semina-ren benutzt Landbeck auch andere Methoden, am Anfang steht immer ein leeres Blatt. Darauf schreiben Teilnehmer beim Clustering freie Assoziationen, beim Mind Mapping rund um ein Stichwort dessen verschiedene Aspekte oder beim angeleiteten Schreiben einfach drauf los. Mit al-len Methoden lassen sich neue Themen finden oder alte auffrischen. Und sonst? Duden, Thesaurus bei Word und Dornseiff seien gute Nachschlagewerke um Wörter zu finden, die jeder kennt aber keiner benutzt. Wer jetzt noch einen überraschenden Einstieg schreibt, dabei das viel gerühmte Kopfkino anschaltet, der ist schon krea-tiver als viele Journalistenkollegen. „Denn die meisten sind es nicht“, so Landbeck.

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7debatare.de

Geträumt

Angekommen an meinem Ziel saßen die Teilnehmer bereits im Kreis und stellten sich vor. Das Seminar, was ich besuch-te, hieß „Der Ton macht die Musik“, in dem Sprechtrainings und verschiedene Arbeitsphasen einer Radio Sendung vor-gestellt wurden. Für mich als angehende Moderatorin waren dies spannende Fra-gen. Am Ende der Stimmtrainings und eini-gen Sprechübungen wurde mir schnell klar, wie wenig ich bisher über das Radio und seine Besonderheiten wusste. Diese erworbenen Kenntnisse und die kleinen Tipps und Tricks halfen mir, mich von-meinem enthusiastischen Traum „Radio machen zu wollen“ zu distanzieren. Was auch gar nicht so verkehrt war. Denn nun sind mir die nächsten Ansätze und Schritte klarer geworden, die ich gehen muss, wenn ich das Ding mit dem Radio ernst meine.

Nalan Sipar

Geredet Es gibt in Berlin ja die Kanzlerbahn, die sich vor allem durch ihre vakuumähnli-che Leere auszeichnet. Eine U-Bahnlinie, die so kurz wie sinnlos ist und die, da Kanzlerbahn benannt, zugleich das ei-gentliche Wesen Berliner Politik versinn-bildlicht. Fährt man im Vergleich dazu abends, wenn die Lima-Besucher heim gehen, mit der U2 Richtung Pankow, setzt sich zwischen die rauchenden Köpfe und lauscht dem sitznachbarlichen Ge-spräch, bekommt man eine Ahnung, wie sich eine wirklich politische U-Bahnfahrt anfühlen und anhören könnte. Da wird über die Möglichkeiten kritischer Be-richterstattung an den Universitäten ge-sprochen, über Verstöße gegen die Mei-nungsfreiheit, verfolgte Journalisten und das ambivalente Verhältnis von Eliten und Untertanen. – Würden diese Themen die Üblichen in U-Bahnen sein, wäre das „Berliner Fenster“ tatsächlich überflüs-sig– vielen Dank liebe Lima!

Stella Napieralla

Gezwitschert

Die Lima hat sich beruhigt. Neuankömm-linge sehe ich lange nicht mehr so viele wie am ersten Tag. Das Internet funkti-oniert zwar immer noch bei niemandem auf Anhieb, aber selbst die Helferinnen bleiben gelassen, wenn jemandem sagt: „Sie haben Windows 7? Da kann ich Ihnen leider nicht helfen!“

Schade – denn ab heute könnten sich alle aktuell informieren. Die Lima hat Twitter wiederentdeckt! Jetzt gibt es endlich ak-tuelle Tweets, am dritten Tag leider etwas spät. Diskutiert wird dort nur vereinzelt – ist Twitter bei den Linken noch nicht angekommen? Glaube ich kaum. Schon letztes Jahr wurde alles rund um die Räu-mung des besetzten Hauses Liebig 14 ge-twittert. Vielleicht bei der nächsten Lima am ersten Tag anfangen? Achso… Wahr-scheinlich hatten die Organisatoren da noch kein W-Lan. So bleibt es wenigstens ruhig.

Michael Wahl

Etwa 1.500 Besucher tummeln sich auf der Lima.

Drei von ihnen beschreiben an dieser Stelle, was sie erlebt haben:

Ruhe, Diskussionen und geplatze Träume.

LinkesTagwerk

Page 8: Debatare (Sonntagsausgabe)

8 debatare.de

Zum n e u n t e n Mal versorgt die Linke Medienakademie – kurz Lima – ehrenamtliche Medien-macher mit nützlichem Wissen. Zur Premiere kamen zwölf Teil-nehmer, dieses Mal haben sich knapp 1500 Menschen angemel-det. Der Gründer der Lima, Chris-toph Nitz, zieht ein Fazit und blickt auf das Jubiläum im nächsten Jahr.

„Kongress-Teilnehmermüssen sich häufiger treffen“

Mitten im Herzen von Berlin tref-fen sich die Teilnehmer zur neun-ten Ausgabe der Linken Medienaka-demie, denn der Kongress ist vom Campus der HTW Berlin in Schöne-weide an die zentraler gelegene TU Berlin umgezogen. Deshalb sind in diesem Jahr deutlich mehr Studenten unter den 1500 Teilnehmern – etwa 500 zukünftige Medienmacher sind zum Kongress gekommen. „Leider sind die Workshops und die Diskus-sionen noch nicht kompakt in einem Gebäude der Universität, aber das werden wir im nächsten Jahr ändern“, sagt Christoph Nitz über den neuen Veranstaltungsort in Berlin.

Die Lima gliedert sich in die Diskussi-onsforen in der Arena und die Work-shops in der Werkstatt. Diese Kurse werden auf Basis-, Aufbau- und Profi-Ni-veau angeboten und ziehen die meisten Lima-Teilnehmer an. Besonders nachge-fragt sind Workshops zu Foto- und Lay-out-Software, speziell Gimp und Scribus, weil diese Open Source Angebote kosten-lose und wichtige Alternativen für ehren-

a m t l i -che Medien-macher sind. „Die Wei-terbildung funktioniert und das ist ja die Grundidee der Lima gewesen“, lautet das Fazit von Christoph Nitz, „Und es kommen jedes Jahr mehr Teilnehmer.“

Ein Jubiläum feiert die Linke Medienakademie im nächsten Jahr: Die zehnte Ausgabe ist vom 19. bis 24. März 2013 wieder an der TU Berlin geplant. Dann will Christop Nitz auch das Netzwerken unter den Teil-nehmern in den Fokus rücken: „Ich wünsche mir, dass die Lima tanzt – beim einem Ball oder einer Party.“ Die Kongress-Teilnehmer sollen sich häufiger treffen und mehr Zeit gemeinsam verbringen, wenn sie nicht gerade in den Workshops lernen oder in der Arena diskutieren.

Die Veranstaltung wandertin die Hosentasche

Christoph Nitz möchte für das Jubiläum neue Referenten und alte Unterstützer der Linken Medienakademie zusammen holen. „Ich den-ke an Bianca Spieß, die zum Gründungsteam der Lima gehört, und an Gerhard Seyfried, der schon mehrfach Lima-Plakate gestaltet hat“, so Nitz. Der „Neues Deutschland“-Redakteur or-ganisiert die Lima jedes Jahr gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Team.

Das neue Programm der Werkstatt soll be-reits im Sommer fertig sein und veröf-fentlicht werden, so dass sich Teilnehmer frühzeitig anmelden können. Die Veran-staltungen der Arena werden im Dezember folgen. Dann soll das komplette Lima-Pro-gramm auch in jede Tasche passen, weil es als App aufs Mobiltelefon wandert.

Der Lima-Gründer Christoph Nitz über

den neuen Veranstaltungsort, Netzwerke und Pläne

für das Jubiläum im kommenden Jahr.

Von Christina Quast.

„Die nächste Lima soll tanzen“

Christoph Nitz organisiertdie Lima ehrenamtlich.