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https://www.openpetition.de/ Alternative Anbieter / Soſtwarelösungen → iPetitions: https://www.ipetitions.com/ → WeAct: https://weact.campact.de/ → Change: https://www.change.org/

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https://www.openpetition.de/

Alternative Anbieter / Softwarelösungen

→ iPetitions: https://www.ipetitions.com/→ WeAct: https://weact.campact.de/→ Change: https://www.change.org/

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Konrad Traupe

openPetitionOffene Plattform für Petitionen und Initiativen

Interaktive Elemente des Web 2.0 ermöglichten in den letzten zehn Jahren das aktive

Mitgestalten von Online-Inhalten in immer größerem Maße. Soziale Netzwerke be-

schleunigten diese Entwicklung rasant. Gleichzeitig sorgte die Digitalisierung nahe-

zu aller Lebensbereiche dafür, dass immer mehr Menschen immer mehr Endgeräte

nutzen, um damit immer mehr Zeit im Internet zu verbringen.1

Die Digitalisierung machte auch vor politischen Partizipationsinstrumenten

nicht halt: der Einzel-, Massen- und Mehrfachpetition folgte die öffentliche Online-

Sammelpetition. Unter Verwendung von Elementen des Web 2.0 und sozialen Netz-

werken2 sowie dem Sammelaspekt des Bürgerbegehrens, entwickelte sich im letzten

Jahrzehnt ein Beteiligungswerkzeug, das im Vergleich zur klassischen Petition neue

partizipative und interaktive Elemente bietet3 - nicht nur für Bürger, sondern auch

für deren Repräsentanten auf allen Regierungsebenen.

Dieser Beitrag widmet sich nicht der medial viel diskutierten Frage, ob und in-

wiefern die Online-Sammelpetition als »echte« politische Partizipation bezeichnet

werden kann, sondern er legt anhand aktueller Beispiele dar, dass sie dies auf loka-

ler Ebene bereits ist. Die auf der Plattform openPetition gestarteten Petitionen mit

ihren Methoden sind ein Beispiel für neue demokratische Entscheidungsfindungs-

prozesse. Es empfiehlt sich, die Website zu öffnen und sich deren Inhalt »in echt«

anzuschauen, da es sich im folgenden Beitrag weitestgehend um die digitalen Funk-

tionen von openPetition und deren Möglichkeiten für den Bürger-Politik-Dialog im

virtuellen Raum handelt.

1 Gaukel, Carmen Maria (2016): Interaktion und Partizipation im Social Web. In: Journal für korporative Kommunikation 01/2016, Köln. S. 43 ff.2 Sriprasit, Paw Siriluk (2014): »Online vs. offline political activism: Does signing an e-petition mobilize youth beyond online world?«, Amsterdam., S. 1 ff. 3 Van Laer, Jeroen/Van Aelst, Peter (2010): Internet and social movement action repertoires: Opportunities and limitations. Zugriff am 15.12.2016, S.2.

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In der Praxis von openPetition zeigt sich, dass die öffentliche Sammelpetition neue

Wege für demokratische Entscheidungsfindungsprozesse bietet. Petenten von open-

Petition reichen Petitionen für die kommunale bis EU-Ebene ein. 2016 waren 38

Prozent bzw. 775 aller 2.040 veröffentlichten, zeichenbaren Sammelpetitionen auf

openPetition an Kommunalvertretungen adressiert. 16 Prozent (326 Petitionen) wa-

ren an die Länder, 42 Prozent (856 Petitionen) waren an den Bund gerichtet und 4

Prozent (81 Petitionen) an die Europäische Kommission oder EU-Instanzen.

Jahr Petitionen Unterschriften2012 841 0,9 Mio.2013 1594 2,5 Mio.2014 2482 2,6 Mio.2015 2069 3,4 Mio.2016 2040 2,65 Mio.

Abbildung 1: Anzahl und Verteilung der Petitionen 2012 - 2016

Im Folgenden werden die Funktionen und Mechanismen für lokale Online-Par-

tizipation auf der Plattform openPetition präsentiert. Prozesse, Strukturen und

Möglichkeiten für Petenten, Unterstützer und Abgeordnete werden in den drei Me-

thoden »Online-Petition« (A), »Anfrage von Stellungnahmen« (B) und »Bürger-

Politik-Dialog« (C) veranschaulicht und anhand von Beispielen aus dem Alltag der

Petitionsplattform illustriert. Die drei Methoden bauen in Phasen aufeinander auf.

Die Methoden B und C sind Weiterentwicklungen und Ergänzungen der reinen On-

line-Sammelpetition auf openPetition.

1. Ziele und Voraussetzungen

Die Online-Petition ist der Kern von openPetition, um den herum sich alle weite-

ren lokalen Beteiligungsmöglichkeiten des Portals aufbauen. Online-Petitionen sind

ein relativ junges demokratisches Beteiligungsinstrument. Das Petitionsportal des

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Bundestags (ePetitionen) existiert seit 2005, openPetition.de ging 2010 online. Die

strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen für Online-Petitionen auf open-

Petition orientieren sich an der Plattform ePetitionen des Petitionsausschusses des

Bundestages, dem deutschen Petitionsrecht und den eigenen Nutzungsbedingungen

und Datenschutzerklärungen.

Öffentliche Online-Sammelpetitionen auf der Plattform openPetition charakteri-

sieren sich durch fünf Neuerungen im Vergleich zu klassischen Petitionen:

→ Öffentlichkeit: Sie bieten Petenten die Möglichkeit, in Form einer für alle öf-

fentlichen Online-Sammelpetition Unterschriften von Unterstützern zu sam-

meln, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen.

→ Interaktivität: Online-Sammelpetitionen ermöglichen Interaktionen und Ver-

netzung der Unterstützer und des Petenten sowie eine Diskussion zum Thema,

während die Petition sich im Zeichnungsprozess befindet (siehe Methode A).

Der interaktive Gedanke von Web 2.0 und sozialen Medien wird in politische

Entscheidungsfindungsprozesse implementiert.

→ Effizienz beim Unterschriftensammeln: Online-Sammelpetitionen erfordern

keinen logistischen Mehraufwand für Unterstützer. Klassische Offline-Unter-

schriftenbögen können ergänzend zum Stimmensammeln genutzt werden.

→ Stellungnahmen: openPetition bittet die Abgeordneten des Parlaments, an die

die Petition adressiert ist, um Stellungnahme (Methode B).

→ Wahlkreisradar: Abgeordnete und Politiker haben ständig die Möglichkeit, zu

erfahren, was die Menschen aus ihrer Region, ihrem Bundesland oder ihrem

Land bewegt (Methode C).

Die Voraussetzungen, um mit Hilfe von Online-Petitionsplattformen als Bürger po-

litisch zu partizipieren, ist in erster Linie die Bereitschaft zum Starten einer Petition

und in zweiter Linie die Bereitschaft zum Unterstützen einer Petition via On- oder

Offline-Unterschrift. Dabei lassen sich für Petenten oder Initiatoren einer Petition

drei Meilensteine ausmachen: Start, Sammelprozess und Einreichungsprozess.

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Sowohl Petenten als auch deren Unterstützer werden während des gesamten Prozes-

ses durch automatisierte E-Mail-Nachrichten begleitet. Telefonisch oder über sozi-

ale Medien können sie Kontakt zur Redaktion der Plattform aufbauen. Ein Online-

Ratgeber beantwortet die häufigsten Fragen und gibt Tipps zu den Meilensteinen

einer Online-Sammelpetition.

2. Funktionalitäten und Einsatzgebiete2.1 Methode A: Die Online-Sammelpetition

2.1.1 Verfassen und Veröffentlichen einer Petition

Um eine Petition zu starten, gibt der Petent zunächst einen passenden Titel für sein

Anliegen an. In den nächsten zwei Schritten werden die Region (Bezirk, Gemein-

de, Verband, Kreis, Regierungsbezirk, Bundesland, Land oder EU) und der Adres-

sat/Empfänger der Petition (eine Stelle, Behörde, Person, Amt, Organisation oder

ein Unternehmen) bestimmt. Beide Schritte sind wichtig für den späteren Einrei-

chungsprozess, ebenso für die Stellungnahmeanfragen (Methode B).

Anschließend kann der Petent sein Petitionsanliegen genauer erklären sowie er-

läutern, warum er seine Petition veröffentlichen und einreichen möchte. Ein Peti-

tionsbild hilft, die Petition visuell hervorzuheben. Des Weiteren wird eine von 30

Kategorien (z.B. »Wohnen« oder »Soziales«) für das Anliegen gewählt und eine

Sprache sowie die Dauer des Zeichnungszeitraums festgelegt.

Besonders wichtig für die Nutzung weiterer Funktionen (Methode B und Me-

thode C) ist die Wahl des Stimmziels: Wird ein Quorum gewählt, muss zuvor eine

gültige Region angegeben, sodass das korrekte Quorum für die jeweilige Region er-

rechnet werden kann. Sollte die Petition nicht an eine politische Instanz gerichtet

sein, kommt ein Sammelziel in Frage. Der Petent kann in diesem Fall eine eigene

Unterschriftenanzahl wählen. Abschließend kann der Petent Angaben zu sich oder

der Organisation machen, in deren Namen er die Petition durchführen möchte.

Die Angabe einer gültigen E-Mail-Adresse und einer Telefonnummer soll sicher-

stellen, dass der Petent für Rück- und Presseanfragen oder Korrekturen erreichbar

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ist. Sobald sich der Petent entscheidet, die Petition zu veröffentlichen, wird sie in der

Datenbank von openPetition angelegt. Sie wird anschließend von der Redaktion auf

Fehler oder Verstöße gegen Nutzungsbedingungen überprüft. Erreicht die Petition 5

bis 10 Unterschriften (je nach Sicherheitsstufe), wird sie spätestens nach 48 Stunden

öffentlich sichtbar und in Suchmaschinen auffindbar.

Abbildung 2: Neu gestartete Petition aus München, die an die bayrische Landeszentrale für neue Medien gerichtet

ist (mit Quorum für Bayern)

2.1.2 Unterschriften sammeln, Kommentare und Debatten

Die Zeichnungsfrist für eine Petition beträgt bis zu 12 Monate. Während der Zeich-

nungsfrist kann das Anliegen durch Offline- oder Online-Unterschriften unterstützt

werden. Online-Unterschriften können über das Teilen und Verbreiten der Petition

gesammelt werden. Unterstützer unterzeichnen eine Petition online, indem Sie ih-

ren Vor- und Nachnamen, ihre Adresse und ihre E-Mailadresse angeben und an-

schließend auf »unterschreiben« klicken.

Nur durch die Angabe einer gültigen E-Mail-Adresse und das Bestätigen der Un-

terschrift durch einen E-Mail-Bestätigungslink ist eine digitale Signatur möglich.

Offline-Unterschriften können mit Unterschriften-Bögen gesammelt und anschlie-

ßend in eine Online-Maske eingetragen werden. Diese Möglichkeit haben sowohl

Petenten als auch Unterstützer. Für das Verbreiten der Petition sind die Petenten an-

ders als bei Kampagnenplattformen – mit wenigen Ausnahmen wie Social-Media-

Beiträgen oder Verlinkungen auf der Startseite von openPetition – selber zuständig.

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Zu den interaktiven Funktionen jeder Online-Petition auf openPetition.de gehört:

→ ein Debattenraum für Pro- und Contra-Argumente, in dem Argumente durch

eine Auf- und Abwertungsfunktion gewichtet werden können. Starke Argu-

mente setzen sich so durch.

→ die Möglichkeit, mit einem »Petitions-Widget« eine Petition auf der eigenen

Website einzubetten, um zusätzliche Unterschriften zu sammeln. Durch einge-

bettete Programmierzeilen können der Petent und seine Unterstützer auf belie-

big vielen Websites parallel Unterschriften sammeln.

→ ein Blog des Petenten mit Updates für die Besucher der Petition, um Neuigkei-

ten, Fortschritte oder Antwortschreiben mitzuteilen.

→ die Funktion, Neuigkeiten via E-Mail-Kontaktformular an alle Unterstützer

zu verschicken, vor allem, wenn sich der Status der Petition verändert und es

wichtige Informationen gibt.

→ die Funktion, die Petition über Soziale Netzwerke oder ein E-Mail-Kontaktfor-

mular zu verbreiten und Kurzlinks zu generieren.

Petenten und Unterstützer können sich durch oben genannte interaktive Funktionen

vernetzen und austauschen. Auch Abgeordnete bzw. Mandatsträger vernetzen sich

zunehmend mit Petenten und Unterstützern. Bei Petitionen, die sich an eine politi-

sche Instanz wenden und ein Quorum erfüllen müssen, zählen nur Unterschriften,

deren Urheber in der Region ihren Wohnsitz haben, auf die sich das Anliegen be-

zieht. Der Wohnsitz wird durch Angabe der Postleitzahl, des Wohnorts, der Straße

und Hausnummer sowie durch einen E-Mail-Verifizierungslink bestätigt.

2.1.3 Berechnung des Quorums

Die Berechnung des Quorums orientiert sich an der Anzahl der Stimmen, die ein

Politiker in der jeweiligen Region brauchen würde, um zum Abgeordneten gewählt

zu werden. Um das Quorum auf openPetition zu erreichen, zählen nur Unterschrif-

ten aus der Region, auf die sich die Petition bezieht. Es ist eine Art »Relevanzschwel-

le«, die zeigt, wie wichtig ein Anliegen den Anwohnern der in der vom Petenten

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gewählten Region ist. Das Quorum für den Stadtrat von Kappeln (10.000 Einwoh-

ner) liegt bei 280 Unterschriften aus der Stadt, das für Berlin (3,44 Mio. Einwohner)

bei 14.000 Unterschriften. Für Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Bun-

desland (17,9 Mio. Einwohner), liegt das Quorum bei 46.000 Unterschriften. Das

Quorum für Deutschland orientiert sich mit 50.000 Unterschriften am Quorum der

Plattform ePetitionen des Bundestages.

Das Quorum gibt an, wie viele Unterschriften nötig sind, damit openPetition von

den zuständigen gewählten Vertretern eine Stellungnahme zur Petition einholt. Die

Petition muss parallel zu den Anfragen von openPetition, wie in Methode A erläu-

tert, basierend auf Artikel 17 GG, vom Petenten eingereicht werden. Zum besseren

Verständnis folgen zwei Beispiele:

(1) Beispiel 1 (Abb. 3): Die Petition »Auftrittsverbot für Zirkusbetriebe mit Wild-

tieren in der Stadt Gelsenkirchen« wurde von 342 Menschen unterschrieben

– nur zwei kommen aus Gelsenkirchen. Die Redaktion fand heraus, dass der

Link zur englischen Übersetzung der Petition in einem internationalen Tier-

schutzforum aufgetaucht war, dessen Nutzer aus der ganzen Welt fleißig unter-

schrieben. Für die Bekanntheit der Petition sicherlich eine gute Entwicklung,

beim Einreichen der Petition zählen allerdings nur 2 der 342 Unterschriften.

Abbildung 3: Beispiel 1

(2) Beispiel 2 (Abb. 4): Im Fall der Petition »Rettet die Geburtshilfe Bad Tölz«

sorgten diverse Zeitungsartikel und das Engagement der Krankenhausbeleg-

schaft dafür, dass innerhalb eines Tages über 1.400 Anwohner des Landkreises

Bad Tölz-Wolfratshausen die Petition online und offline unterschrieben. Da

der Petent (den Landkreis) als Region der Petition festgelegt hatte, zählten alle

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Stimmen aus dem Landkreis und das Quorum wurde überdurchschnittlich

schnell erreicht.

Abbildung 4: Beispiel 2

2.1.4 Kontaktaufnahme mit Petitionsausschuss oder Kommunalvertretung

Nur das Einreichen der Petition über einen Petitionsausschuss oder bei einer ande-

ren zuständigen Stelle ermöglicht einen rechtsverbindlichen Anspruch. openPetition

begleitet den Einrichtungsprozess und übernimmt auf Wunsch und bei vorliegender

Vollmacht des Petenten sowie nach eigenem Ermessen den Einreichungsprozess.

Nach dem Einreichen der Petition wird diese auf ihre Abhilfefähigkeit überprüft

und anschließend von einem Petitionsausschuss oder einer Kommunalvertretung

behandelt.4 Petitionsausschüsse können die Petition anschließend einer Regierung

zur Kenntnisnahme überreichen, als Material, zur Erwägung oder zur Berücksich-

tigung. Nach sachlicher Prüfung durch die jeweilige Instanz erhält der Petent ei-

nen Bescheid darüber, ob seinem Anliegen (teilweise) abgeholfen werden kann oder

nicht.

Abbildung 5: In Prüfung beim Empfänger: Petition wurde im November 2016 im Petitionsausschuss des Landtags Schleswig-Holstein eingereicht

4 vgl. Artikel 45 c GG.

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Der Einreichungsprozess in den Kommunalvertretungen, wie z. B. Gemeinderäten,

Stadtverordnetenversammlungen oder Kreistagen, gestaltet sich ähnlich wie in den

Petitionsausschüssen. Deren Vorsitzende verkörpern auf kommunaler Ebene für Pe-

tenten das Äquivalent zu den Petitionsausschüssen des Bundes und der Länder und

sind somit Anlaufstelle und Empfänger. Artikel 17 GG5 verleiht jedem Menschen in

Deutschland das Recht, eine (Online-)Petition einzureichen.

Wie sich in diesem Beitrag zeigt, kommt es vor allem auf kommunaler Ebene

häufig schon während der Zeichnungsfrist zum Dialog zwischen Petenten, Unter-

stützern und Empfänger(n) der Petition. Petitionen auf lokaler Ebene führen schnel-

ler zu einem Bürger-Politik-Dialog. Probleme können so in Fachausschüssen oder

Gremien auf anderem Wege gelöst werden. Durch das öffentliche und mediale In-

teresse werden Debatten zwischen den Unterstützern, zwischen Befürwortern und

Gegnern oder sogar Politikern und Bürgern ermöglicht.

2.2 Methode B: Stellungnahmen anfragen

Nach Erreichen des Quorums fragt openPetition mit Hilfe eines teilautomati-

sierten E-Mailing-Systems Stellungnahmen bei den Abgeordneten der jeweili-

gen Vertretungsebene an. In einem mehrstufigen Prozess können Abgeordnete

zunächst ihre (überwiegende) Zustimmung, Enthaltung oder Ablehnung be-

kunden, anschließend in einem freien Textfeld ihre Stellungnahme abgeben und

abschließend weitere Schritte wie einen Antrag oder eine öffentliche Anhörung

im Parlament bzw. im Fachausschuss befürworten.

5 vgl. Artikel 17 GG.

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Infokasten: Statistik zu Stellungnahmen von Abgeordneten

2016 wurden 4.910 Stellungnahmen angefragt, 1.593 Abgeordnete reagierten

(Quote: 32,4 %), 2.587 Anfragen blieben unbeantwortet, bei 545 war die E-Mail

nicht bekannt, 102 Anfragen wurden nicht versendet, 83 waren nicht über die

angegebene Mail erreichbar.

Abbildung 6: Antworten von Abgeordneten auf Stellungnahmeanfragen 2015/2016

2.2.1 Kommunales Beispiel: Stadtplanung in Kaiserslautern

Das Quorum stellt einen regionalen Bezugsrahmen dar, durch den vor allem auf den

kommunalen Ebenen ein lokaler Identifikationswert entsteht. Ein besonders gutes

Beispiel ist die Petition »Pfaff erhalten – Stadt gestalten«. Sie ist nicht nur ein Beispiel

für eine sehr gut verfasste und durchgeführte Petition von fünf Initiativen, die hinter

dem Petenten standen, sondern gleichermaßen für einen Bürger-Politik-Dialog von

den Abgeordneten des Stadtrats Kaiserslautern.

Abbildung 7: Übersicht der Abgeordneten-Stellungnahmen zum Anliegen »Pfaff erhalten-Stadt gestalten«

90 Konrad Traupe

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Am 15. November wurde die Abrissplanung des Areals der Pfaff-Nähmaschinen-

fabrik in den Medien publik gemacht. 2.759 Menschen setzten sich für den Erhalt

des Areals »Pfaff« in Kaiserslautern mit ihrer Petitions-Unterschrift ein. Da 1.681

Unterstützer gemeldete Anwohner der Stadt waren, wurde das Quorum (1.300 Un-

terschriften) erreicht und die Petition an den Oberbürgermeister übergeben. open-

Petition holte daraufhin Stellungnahmen von allen Abgeordneten des Stadtrates ein.

Abbildung 8: Quorum erreicht – openPetition fragte für den Petenten und deren Unterstützer ab Januar 2016

Stellungnahmen an

88 Prozent der Abgeordneten reagierten: 37 Stellungnahmen für und eine gegen das

Anliegen wurden in den Folgetagen im Bereich Stellungnahmen auf openPetition.

de von den Angeschriebenen eingetragen. Acht Stadtratsmitglieder enthielten sich,

drei Stadtratsmitglieder gaben keine Stellungnahme ab oder die Anfrage blieb un-

beantwortet. Über 75 Prozent der Abgeordneten befürworteten das Anliegen. Dar-

über hinaus unterstützten 36 Prozent des Stadtrats einen Antrag im Parlament, 44

Prozent befürworteten eine öffentliche Anhörung im Fachausschuss und 42 Prozent

eine öffentliche Anhörung im Parlament/Plenum.

Ein Jahr nach Start der Petition (November 2015) war der Erhalt von Teilen des

Pfaff-Areals durch die lokale, politische Online-Beteiligung gesichert. Über andere

Teile wird verhandelt. Der Petent, die Stadt und viele Unterstützer und Initiativen

sind im Dialog und gestalten gemeinsam einen Teil ihrer Stadt. 6

6 SWR-Beitrag: Pfaff-Workshop in Kaiserslautern - Alternativen zur Abrissbirne, 22.01.2016.

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2.3 Methode C: Dialog zwischen Bürgern und Politik

Die bei Erreichen des Quorums erfragten Stellungnahmen dienen einer verbesser-

ten Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern. Alle am Entscheidungs-

prozess Beteiligten eines Themas können den dazugehörigen politischen Dialog on-

line beeinflussen - auf ihnen baut Methode C auf.

2.3.1 Abgeordnetenprofil und Wahlkreisradar

Durch das Registrieren und Anlegen eines Abgeordnetenprofils können Abgeordne-

te eine Kontaktmöglichkeit für Bürger und Unterstützer einer Petition hinterlegen.

Die Profilseiten der Abgeordneten stellen für die Bürger übersichtlich dar, wer mit

dem Anliegen der Petition betraut wird. Die Funktion »Wahlkreisradar« ermöglicht

es den jeweiligen Mandatsträgern der Gemeinden, Städte, Kreise, Länder und/oder

des Bundes auf dem neuesten Stand darüber zu sein, welche Petitionen von open-

Petition und den auf der Plattform gespiegelten Online-Petitionen der Petitionsaus-

schüsse in ihrem Wahlkreis aktiv sind und welche Anliegen ihre Wähler bewegen.

Ab welcher Unterschriftenanzahl sie zu einer Petition informiert werden möchten,

können die Abgeordneten selber wählen.

Abbildung 9: Per Wahlkreisradar lassen sich Abgeordnete informieren, sobald eine gewählte Anzahl an Unterstüt-zern zustande kommt

Die Stellungnahmen zu einer Petition werden über einen sicheren, mehrstufigen

Prozess abgegeben und können jederzeit aktualisiert und bearbeitet werden. Somit

bleibt auch die Möglichkeit, auf Entwicklungen im Entscheidungsprozess zu reagie-

ren. Außerdem besteht immer die Möglichkeit, den Dialog über den Debattenraum

zu suchen oder den Petenten über ein E-Mail-Formular bzw. die Redaktion zu kon-

taktieren. Neben der Möglichkeit Stellungnahmen zu beantworten, können Abge-

ordnete auch initiativ handeln und eine Stellungnahme zu einer Petition abgeben,

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bevor sie durch Erreichen des Quorums darum gebeten werden.

Die Kontaktmöglichkeit zu Petenten und Unterstützern ist hier ein entscheiden-

der Vorteil, der im Zuge technischer Neuerungen wie Live-Streams und -Chats äu-

ßerst vielversprechend hinsichtlich eines Bürger-Politik-Dialoges auf Augenhöhe im

virtuellen Raum ist.

2.3.2 Eigene Petitionsplattformen für Kommunen

Kommunalvertretungen können eine eigene Petitionsplattform auf der Webseite ih-

rer Gemeinde, Stadt, des Landkreises, etc. anbieten. Eine eigene Plattform ermög-

licht es Bürgern, Bitten und Beschwerden in Form von Online-Sammelpetitionen

direkt an deren politische Vertretung zu übermitteln. Die erforderlichen Program-

mierzeilen werden dazu auf der Webseite der jeweiligen Kommune eingebunden

(JavaScript). Die Sammelfunktion und die weitere Technologie (SQL-Datenbank)

stellt openPetition zur Verfügung. Erforderliche Informationen aus der Datenbank

von openPetition erhält die jeweilige Gemeinde über eine API-Schnittstelle. Auf

kommunaler Ebene wird so ein direkter, digitaler Bürger-Politik-Dialog eröffnet.

2.4 Fazit und Ausblick

Von der Sammelfunktion online zur digitaldemokratischen Partizipationsplattform:

Eine Umfrage unter 13.500 openPetition-Nutzern im Dezember 2016 ergab, dass 78

Prozent eine Petition als erfolgreich ansehen, wenn ein Dialog mit Entscheidungs-

trägern zustande kommt. In den wenigsten Fällen wird dem Anliegen einer Peti-

tion nach den Kriterien der Petitionsausschüsse in Gänze entsprochen. Parteien

oder Fraktionen setzen sich immer häufiger für Petitionsanliegen ein. Es passiert

regelmäßig, dass sich einzelne Abgeordnete für ein Thema stark machen und so zu

einem Erfolg des Anliegens auf »anderem Wege« beitragen.

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Infokasten: Erfolg von Petitionen auf kommunaler Ebene

Betrachtet man alle an politische Instanzen gerichtete Petitionen auf den verschie-

denen Ebenen, sind die auf der Kommunalebene am erfolgreichsten. 87 von 775

kommunalen Petitionen wurden 2016 von den Petenten als erfolgreich markiert

– das entspricht einer erfolgreichen Petition an jedem vierten Tag oder einer Er-

folgsquote von elf Prozent. Dabei wurde Anliegen von Petenten vor allem in Ge-

meinden (49) und Landkreisen (33) entsprochen. Nimmt man alle 119 erfolgrei-

chen öffentlichen Sammelpetitionen zusammen, ist jeden dritten Tag eine „open-

Petition“ erfolgreich.

Ebene Erfolgreiche Petitionen im Jahr 2016

EU 1

Bund 10

Länder 21

Kommunen 87

Gesamt 119

Abbildung 10: Anzahl erfolgreicher Petitionen nach Regierungsebenen 2016 auf openPetition

Durch Interaktivität, regionalen Bezug (Quorum) und Vernetzung entstehen Initia-

tiven, Volksbegehren oder Verfassungsklagen. Der Erfolg von Petitionen ist immer

eine Ermessensfrage. Deshalb sind Stellungnahmen, Abgeordnetenprofile und die

Zusammenarbeit mit Kommunen und eventuell Ratssystemen neben dem intensi-

ven Kontakt und Austausch mit den Petitionsausschüssen ein wesentlicher Fokus

für die Zukunft des Portals. Stellungnahmen werden in verstärktem Maße angefragt.

Dies ermöglichen immer mehr Petitionen, die ihr zuvor gesetztes, regionales Quo-

rum erreichen. Zudem gibt es immer mehr registrierte Abgeordnete: Anfang 2017

sind bereits über 15.000 Abgeordnete auf dem Portal vertreten und haben mehr als

2.000 öffentliche Stellungnahmen zu Anliegen von Petenten und Unterstützern ab-

gegeben.

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Die Wirkung von Petitionen auf kommunaler Ebene ist durch den regionalen Be-

zugsrahmen zwischen Petenten, Unterstützern und Abgeordneten gut messbar und

leichter überschaubar. Lokale Petitionen sind eine als ständige Inspirationsquelle.

Vor allem der Ausbau von eigenen Petitionsplattformen für Gemeinden auf Basis

der openPetition-Software ist hier zukunftsweisend für lokale, demokratische Betei-

ligungsprozesse.

Spannend ist die Frage, ob das, was auf kleinen und mittleren Ebenen funktio-

niert, als digitales Demokratie-Werkzeug in Zukunft auch in größere Entschei-

dungsprozesse oder gar Wahlen, Bürgerbegehren und Referenden implementierbar

ist. In diesem Zusammenhang ist die weiterführende Diskussion über eine mögliche

rechtsverbindliche Verankerung von Online-Petitionen freier Plattformen sowie de-

ren Unterstützerunterschriften essentiell.

Zehn Petitionsausschüsse auf Länderebene akzeptieren Unterstützerunterschrif-

ten von Online-Petitionen auf offenen Petitionsplattformen wie openPetition, vier

verfügen selbst über öffentliche Petitionsplattformen mit Quorum und behandeln

teilweise Online-Petitionen von öffentlichen Plattformen wie ihre eigenen.7 Um den

gesamten Prozess noch näher zu begleiten, werden auf Wunsch und nach Abwägung

Petitionen für Petenten eingereicht. Auch einzelne Initiativen von Bürgerbegehren

greifen auf die Online- und Offline-Sammelfunktion zurück. Die Zusammenarbeit

mit den Petitionsausschüssen und kommunalen Parlamenten intensiviert sich durch

immer mehr eingereichte Petitionen und häufigeren Kontakt.

Die Zukunft wird zeigen, in welchen Bereichen und auf welchen Ebenen die in

diesem Beitrag präsentierten Entwicklungen der Online-Sammelpetition und der

freien, öffentlichen Petitionsplattform ihre volle Wirkung entfalten können.

7 Mitzlaff, Jörg/Traupe, Konrad (2016): openPetition Länderbericht 2015, Berlin. S. 23 ff.

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3. Referenzen und Literatur

Cammaerts, Bart (2015): Social media and activism, London.

Elliott, Thomas / Earl, Jennifer (2016): Online protest participation and the digital di-

vide: Modeling the effect of the digital divide on online petition-signing, Channel

Islands.

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nal für korporative Kommunikation, 01/2016, Köln.

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Sriprasit, Paw Siriluk (2014): »Online vs. offline political activism: Does signing an

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SWR-Beitrag: Pfaff-Workshop in Kaiserslautern - Alternativen zur Abrissbirne,

22.01.2016: Zugriff am 15.12.2016.

Traupe, Konrad / Mitzlaff, Jörg (2016): openPetition Länderbericht 2015, Berlin: Zu-

griff am 19.12.2016.

Van Laer, Jeroen / Van Aelst, Peter (2010): Internet and social movement action rep-

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Vicari, Jakob (2016): Klick mich an! NZZ Folio »Wir sind das Volk!/November 2016«.

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