Depression und Suizidalität im Alter erkennen, … · Versorgung schwerer Depressionen in...

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VII. Gerontopsychiatrisches Symposium Klinikum Wahrendorff 22. Oktober 2014 Claus Wächtler Hamburg www.dgppn.de Mit: „Für ältere Patienten“ (Pharmako-Th., PT, EKT …) Letze Aktualisierung: Januar 2012 Revision eingeleitet: Herbst 2014 PatientenLeitlinie: 2011 Aus: Hamburger Ärzteblatt 2010 Depression und Suizidalität im Alter – erkennen, behandeln, vorsorgen

Transcript of Depression und Suizidalität im Alter erkennen, … · Versorgung schwerer Depressionen in...

VII. Gerontopsychiatrisches Symposium

Klinikum Wahrendorff

22. Oktober 2014

Claus Wächtler

Hamburg

www.dgppn.de

Mit: „Für ältere Patienten“

(Pharmako-Th., PT, EKT …)

Letze Aktualisierung:

Januar 2012

Revision eingeleitet: Herbst 2014

PatientenLeitlinie:

2011 Aus: Hamburger Ärzteblatt 2010

Depression und Suizidalität im Alter –

erkennen, behandeln, vorsorgen

Zum Glück: heute kein Streik

C. Wächtler, 2014 2

C. Wächtler, 2014 3

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

07 Fazit

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise/ Trauer – noch keine Depression

Versorgung schwerer Depressionen in Deutschland, 2011

C. Wächtler, 2014 4

• Nur 1 von 4 Patienten: adaequat behandelt (26%; in Niedersachsen: knapp 25%)

• Auch Behandlungsdauer zu kurz (mind. 24 Wo.: Häe 16,8%, Fäe 27,5%)

(Faktencheck Gesundheit Depression, BertelsmannStiftung 2014)

C. Wächtler, 2014 5

Inhalt

01 Versorgung

05 Therapie der Depression

06 Prävention Depression und Suizidalität

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression - Charakteristika

02

07 Fazit

Krise / Trauer – (noch) keine Depression

C. Wächtler, 2014 6

Krise / Trauer:

„Ich muss mich an die Situation gewöhnen – es fällt mir schwer.“

Die Freunde von früher? „Die meisten sind ja tot.“

• Bücher und Zeitungen sind sein Lebenselixier.

• 2 Tage nach der Beerdigung sitzt

Helmut Schmidt wieder am

Schreibtisch bei der „Zeit“. 40

Stunden. Das helfe in diesen

Tagen.

„Atem holen, weitermachen“ (Hamburger Abendblatt, 20./21. Nov. 2010)

Selbsthilfe/ Suche nach Aufgaben

C. Wächtler, 2014 7

Krise / Trauer: Selbsthilfe /

Suche nach Aufgaben

Ggf. Krisengespräche /

die Familie stützen (Peters

2006)

„Trauer ist noch keine

Depression“ (Mojtabai 2011)

C. Wächtler, 2014 8

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

07 Fazit

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression und Suizidalität - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise / Trauer – noch keine Depression

66 Je. alte Patientin: Früh verunsichert, lebenslang

konfliktreich, immer wieder Depressionen (nach Wächtler 2014)

Unsichere Kindheit. Eigene Ehe: kinderlos und unglücklich.

An Knotenpunkten: Angst und/oder Depression.

Beim Älterwerden: Schmerzen (Rücken) / Angst vor

Abhängigkeit. Letzter Auslöser: Ärger über neue Nachbarn.

Langsam zunehmend gedrückte Stimmung, kein Antrieb,

verminderte Konzentration, Angstsymptome, Schlafstörung

und Suizidgedanken.

C. Wächtler, 2014 9

66 Je. alte Patientin: Früh verunsichert, lebenslang

konfliktreich, immer wieder Depressionen (nach Wächtler 2014)

Unsichere Kindheit. Eigene Ehe: kinderlos und unglücklich. An Knotenpunkten:

Angst und/oder Depression.

Beim Älterwerden: Schmerzen (Rücken) / Angst vor Abhängigkeit. Letzter

Auslöser: Ärger über neue Nachbarn. Langsam zunehmend gedrückte Stimmung,

kein Antrieb, verminderte Konzentration, Angstsymptome, Schlafstörung und

Suizidgedanken.

Depression, mittelschwer („neurotische“ D. / Dysthymie: F 34.1),

mit Reaktivierung im Alter; Suizidgedanken

C. Wächtler, 2014 10

Hausarzt oder/und Psychiater , ggfs.

Psychotherapeut – Ältere

suchen mehrheitlich Hausarzt auf

C. Wächtler, 2014 11

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

07 Fazit

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise / Trauer – noch keine Depression

C. Wächtler, 2014 12

Was ist charakteristisch für Depressionen im Alter?

Charakteristisch im Alter

Häufigkeit

( 9 – 10 % Weyerer 2011)

• noch häufiger bei Hochbetagten

(>85Je.), Frauen, Heimbewohnern (Weyerer et al 2013)

• zusätzl. „subdiagnostische

Depression“(in BASE: 17,8% Linden et al 1998);

„…besonders gefährdet“ (Himmerich et al 2014)

• Häufigkeitsunterschiede in Europa (besond. schwere depr. Symptome bei den über

85-Jn. / in den deutschen Städten: „may have

been due to … Second World War“ EURODEP: Copeland et al

2004)

C. Wächtler, 2014 13

Charakteristisch im Alter

Entstehung

(bio-psycho-

sozial)

• Frühe Traumatisierung (Krieg)

C. Wächtler, 2014 14

Ältere leiden noch an

den Folgen des Krieges (Radebold 2005, Maercker und Brähler 2008)

C. Wächtler, 2014 15

Ältere leiden noch an den Folgen

des Krieges – und auch die

Kinder der „Kriegs-

Kinder“ (u.a. Lamparter et al 2013)

C. Wächtler, 2014 16

Charakteristisch im Alter

Entstehung

(bio-psycho-

sozial)

• frühe Traumatisierung (Krieg)

• weniger genetische Faktoren

• Körperlich: Serotonin ,

cerebr. Durchblutungs-Strg.,

Medikamente (Interferon, Gyrasehemmer –

„nicht klar“ ß-Blocker: Müller-Oerlinghausen 2014)

• life events: individuell

bedeutsam und / oder schwer

Alter: „eine Art chron . Streßsituation“ (Smith, Baltes 1996)

„Why is not every old person in a profound state of

depression?“ (Jarvik 1976)

Wohl weil:

Fähigkeit zur Bewältigung

Je älter: Tendenz zu einseitig positiver Selbstwahrnehmung (Kessler 2014)

C. Wächtler, 2014 17

C. Wächtler, 2014 18

Chrakteristisch im Alter

Nicht erkannt Missdeutung als „normal“

oder somatisch – durch

Patient / Umfeld

Wandel der Symptome

C. Wächtler, 2014 19

JA / NEIN

Geriatrische Depressions-Skala (GDS) (nach Yesavage 1983 – Kurzform, 15 Items)

1. Sind Sie grundsätzlich mit Ihrem Leben zufrieden? 0 / 1

2. Haben Sie viele Ihrer Aktivitäten und Interessen aufgegeben? 1 / 0

3. Haben Sie das Gefühl, Ihr Leben sei unausgefüllt? 1 / 0

4. Ist Ihnen oft langweilig? 1 / 0

5. Sind Sie die meiste Zeit guter Laune? 0 / 1

6. Haben Sie Angst, daß Ihnen etws Schlimmes zustoßen wird? 1 / 0

7. Fühlen Sie sich die meiste Zeit glücklich? 0 / 1

8. Fühlen Sie sich oft hilflos? 1 / 0

9. Bleiben Sie lieber zu Hause, anstatt auszugehen und Neues zu unternehmen? 1 / 0

10. Glauben Sie, mehr Probleme mit dem Gedächtnis zu haben als die meisten

anderen?

1 / 0

11. Finden Sie, es sei schön, jetzt zu leben? 0 / 1

12. Kommen Sie sich in Ihrem jetzigen Zustand ziemlich wertlos vor? 1 / 0

13. Fühlen Sie sich voller Energie? 0 / 1

14. Finden Sie, daß Ihre Situation hoffnungslos ist? 1 / 0

15. Glauben Sie, daß es den meisten Leuten besser geht als Ihnen? 1 / 0

Gesamtpunktzahl: ______

Bei 6 Punkten und mehr: weitere Depressionsdiagnostik

C. Wächtler 2011 20

JA / NEIN

Geriatrische Depressions-Skala (GDS) (nach Yesavage 1983 – Ultra-kurz: 4 Items)

1. Sind Sie grundsätzlich mit Ihrem Leben zufrieden? 0 / 1

2.

3. Haben Sie das Gefühl, Ihr Leben sei unausgefüllt? 1 / 0

4.

5.

6. Haben Sie Angst, daß Ihnen etws Schlimmes zustoßen wird? 1 / 0

7. Fühlen Sie sich die meiste Zeit glücklich? 0 / 1

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15. Gesamtpunktzahl: ______

Bei 2 Punkten und mehr (4 Fragen-Version): weitere Depressionsdiagnostik

C. Wächtler, 2014 21

Abb. 1: Depression –

Klassifikation nach ICD 10

Hauptsymptome

Gedrückte/

depressive Stimmung

Verlust von

Interesse und

Freude

verminderter

Antrieb

C. Wächtler, 2014 22

Abb. 2: Depression – Klassifikation nach ICD 10

Haupt- und Zusatzsymptome

Gedrückte/

depressive Stimmung

Verlust von

Interesse und

Freude

verminderter

Antrieb

verminderter

Appetit

verminderte Aufmerksamkeit/

Konzentration

Gefühl von Schuld

und Wertlosigkeit

Vermindertes

Selbstwertgefühl

Negative und

Pessimistische

Zukunftsperspektive Suizidphantasien/

-handlungen

Schlafstörungen

C. Wächtler, 2014 23

Die affektive Symptomatik wird häufig durch und Beschwerden überlagert.

Deutsches Ärzteblatt / 2006

somatische kognitive

C. Wächtler, 2014 24

Die affektive Symptomatik wird häufig durch und Beschwerden überlagert.

Deutsches Ärzteblatt / 2006

kognitive somatische

C. Wächtler, 2014 25

Für eine Depression spricht: Für eine Demenz spricht:

• Depression u. / od. psychosoz. Probleme

in der Vorgeschichte

• Positive Familienanamnese bzgl.

Demenz

• rascher Beginn • eher langsam progredient

• Symptome subjektiv stärker als objektiv • minimiert, rationalisiert od.

bagatellisiert Fehler und Defizite

• Depressive Stimmung durchgehend

• Durchschlafstörung

• Affektlabilität, Stimmung schwankend

• Schlaf unterbrochen, nächtl.

Verwirrtheit

• Gedächtnis betroffen, nicht

Sprache, Praxie, räuml. Orientierung

• Orientierungsprobleme,

Wortfindungs-Strg., praktische Strg.

Differenzialdiagnose Demenz vs. Depression (u.a. nach Bergener et al 2005)

C. Wächtler, 2014 26

Die affektive Symptomatik wird häufig durch somatische und kognitive Beschwerden überlagert.

speziell: -Depression

Deutsches Ärzteblatt / 2006

Männer

27

„Männer-Depression“ (u.a. Leimkühler-Möller et al 2007)

Häufiger neben üblichen depressiven Symptomen: • Reizbarkeit und Nervosität • Instabilität • antisoz. feindseliges

Verhalten • Risiko-und Suchtverhalten

Hemingway, ein depressiver

Macho DER SPIEGEL 26/2011

C. Wächtler 2014

C. Wächtler, 2014 28

Charakteristisch im Alter

Gefährlichkeit unselbständiger / ins Heim

mehr Medikamente

Risiko für (z.B. Schlaganf. / Diab. mell.) /

bei körp. Erkrankg. (z.B. HI / Schlaganf.)

Suizid

C. Wächtler, 2014 29

Hauptrisikofaktor für Suizid

Depression:

„Ich mag nicht mehr“ – Fall 1

78-jähriger Mann • Erfolgreicher Manager, im Ruhest.; immer

auf Selbständigkeit bedacht

• Kühles Verhältnis zu den Kindern

• Hat wenige aber gute Freunde

• Macht Sport, verreist gerne

• Vor 1 Jahr stirbt die Ehefrau,

• vor 4 Monaten ein guter Freund

• Vor 10 Jn. ein Stent; seit 3 Monaten spürt

er das Herz wieder (Druck)

• Seit einigen Wochen malt er sich aus,

wenn er mal Pflege bräuchte… Spass hat

er keinen mehr, fühlt sich matt,

herabgestimmt. Der Schlaf: schlechter.

Appetit: keinen mehr. Er möchte nicht

mehr leben, drängt seinen Hausarzt.

Was hat er? Was tun?

30 C. Wächtler 2014

(nach Stat. Bu.-A. 2014, Fiedler 2014)

Suizid ist Sache der:

• Männer,

• Alten und

• Depressiven

31 C. Wächtler, 2014

Suizidalität Älterer: Was tun? (u.a. Lindner et al 2003, Wächtler 2011)

45% in Woche vor Suizid: Hausarzt (Juurlink et al 2004)

Dran denken! (z.B. wenn: Mann, SCVs früher oder in Familie, psych. Erkrankung,

körperl. Erkrankung oder Symptom (Schmerz, Luftnot …), Verlust-, Trennungs-,

Kränkungserlebnis, soz. Rückzug, Vereinsamung)

Gezielt fragen! (z.B. schon mal dran gedacht, sich das Leben zu nehmen?)

Beziehung anbieten!

Therapie einleiten!

C. Wächtler 2012

32

C. Wächtler, 2014 33

Charakteristisch für

Depression im Alter

Therapie

inadäquat

Nicht konsequent

behandelt: (besond. i. Alter / bei

Männern)

C. Wächtler, 2014 34

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise/ Trauer – noch keine Depression

07 Fazit

C. Wächtler, 2014 35

Therapie bei Depression im Alter (S3-Leitlinie, DGPPN et al 2009)

Standardtherapie:

- „leicht“: „aktiv-abwartend“ (14 Tage)

- „mittel“: Antidepressivum oder Psychotherapie

- „schwer“: Antidepressivum und Psychotherapie

Abweichend ggfs. aufgrund persönlicher Präferenzen / Verfügbarkeit

A „Akutherapie“

C. Wächtler, 2014 36

C. Wächtler, 2014 37

38

Psychotherapie –

auch im Alter möglich (zumindest bis 75)

Am besten untersucht /

von GKV anerkannt: - Kognitive Verhaltenstherapie

- Psychodynamische Psychotherapie

Beachten: • Beziehung (jung / alt)

• „Fokussieren“

• „barrierefrei“

• aufsuchend? (Kessler et al 2009, Kessler 2011)

(Fast) keine NWn / aber

Voraussetzungen: - u.a. geschulter Therapeut

C. Wächtler 2014

C. Wächtler, 2014 39

Auswahl eines Antidepressivums – im Alter!,

nach (Cipriani et al 2009, DGPPN et al 2009):

• Wirksamkeit

die wichtigsten: + (Annahme: auch bei Multimorbidität / Hochaltrigkeit)

C. Wächtler, 2014 40

Auswahl eines Antidepressivums – im Alter!,

nach (Cipriani et al 2009, DGPPN et al 2009):

• Wirksamkeit

die wichtigsten: +

• Neben- und Wechselwirkungsprofil

C. Wächtler, 2014 41

C. Wächtler, 2014 42

Nebenwirkungsprofile der wichtigsten Antidepressiva (nach Bauer et al 2002, Cipriani et al 2009, DGPPN et al 2009)

anti-

cholinerg

Übelkeit

Magen-

Darm

Sedierung Schlaf-

störung

Unruhe

Ortho-

stase

Spezifische

Nebenwirkungen

Letalität

bei

Überdosis

Amitriptylin

(Saroten®)

+++

-

+++

-

+++

EKG-Veränd./

evtl. Senkung

Krampfschwelle

hoch

Mirtazapin

(Remergil®)

- - ++ - + niedrig

Citalopram

(Cipramil®)

Escitalopram

(Cipralex®)

- ++ - ++ -

niedrig

Fluoxetin

Fluvoxamin

Paroxetin

-

-

-

++

++

++

-

-

+

++

++

++

-

-

-

niedrig

Sertralin

(Zoloft ®)

- ++ - ++ ++ niedrig

Venlafaxin

(Trevilor ®)

- ++ - ++ - niedrig

Effekt auf

CYP 450

C. Wächtler, 2014 43

Nebenwirkungsprofile der wichtigsten Antidepressiva (nach Bauer et al 2002, Cipriani et al 2009, DGPPN et al 2009)

anti-

cholinerg

Übelkeit

Magen-

Darm

Sedierung Schlaf-

störung

Unruhe

Ortho-

stase

Spezifische

Nebenwirkungen

Letalität

bei

Überdosis

Amitriptylin

(Saroten®)

+++

-

+++

-

+++

EKG-Veränd./

evtl. Senkung

Krampfschwelle

hoch

Mirtazapin

(Remergil®)

- - ++ - + Ödeme, Gewicht niedrig

Citalopram

(Cipramil®)

Escitalopram

(Cipralex®)

- ++ - ++ - Hyponatriämie

(Mirtazapin?)

Sex. Störung

(Bupropion?)

niedrig

Fluoxetin

Fluvoxamin

Paroxetin

-

-

-

++

++

++

-

-

+

++

++

++

-

-

-

niedrig

Sertralin

(Zoloft ®)

- ++ - ++ ++ niedrig

Venlafaxin

(Trevilor ®)

- ++ - ++ - Blutdruckerhöh.

(wenn >200mg)

niedrig

Effekt auf

CYP 450

Machen Antidepressiva suizidal?

C. Wächtler 2012 44

(Simon et al 2006)

Machen Antidepressiva suizidal?

Aktueller Stand (Gibbons et al 2012, DGPPN 2013, Möller 2014)

1. Pharmako-Th. (ebenso wie Psycho-Th.)

kann Suizidalität mindern,

bei Erwachsenen, insbes. >65Je. (Benkert, Hippius 2011)

2. Bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen

unter 25:

gesteigertes SC-Risiko unter SSRI (Stone et al 2009)

3. Manche Patienten werden suizidal –

trotz, nicht aufgr. Behandlung

4. Zu Beginn, insbes. mit SSRI:

enges Monitoring, da Antrieb sich vor

Stimmung bessern kann.

C. Wächtler 2012 45

(Simon et al 2006)

Auswahl eines Antidepressivums – im Alter!,

nach:

• Wirksamkeit

die wichtigsten: +

• Neben- und Wechselwirkungsprofil (vor allem: Cipriani et al 2009, DGPPN et al 2009)

C. Wächtler, 2014 46

C. Wächtler, 2014 47

Medikamentenwechselwirkungen (Nach S3-Leitlinie Unipolare Depression 2009, Hewer, Eckermann 2011)

• SSRI + ASS, NSAR oder orale Antikoagulantien: Blutungsrisiko + Diuretika: Hyponatriämie

Paroxetin, Fluoxetin (und Bupropion) + Tamoxifen (1/3: antidepr. behandelt):

weniger antineoplastische Wirkung • Trizyklika + antichol. Med.

(z.B. Biperiden, einige urol. Spasmolytica, z.B. Solifenacin): „anticholinerges Syndrom“ • Lithium + Diuretika (auch Schleifen-D.): Li.-Intox. + NSAR (weniger glomerul. Filtr.-Rate): Li.-Intox. + SSRI: Serotonin-Syndrom

Auswahl eines Antidepressivums – im Alter!,

nach:

• Wirksamkeit

die wichtigsten: +

• Neben- und Wechselwirkungsprofil

• Somatischer Komorbidität (Deuschle, Schweiger 2012, Piber et al 2012)

- Diab. mell.: am ehesten SSRI

wenn + Schmerzen: z.B. Duloxetin

- Schlaganfall: SSRI (cave: Blutgerinnung)

- Parkinson: Venlafaxin

- Epilepsie: SSRI

C. Wächtler, 2014 48

Auswahl eines Antidepressivums – im Alter!,

nach:

• Wirksamkeit

die wichtigsten: +

• Neben- und Wechselwirkungsprofil

• Somatischer Komorbidität (Deuschle, Schweiger 2012, Piber et al 2012):

- Diab. mell.: am ehesten SSRI

wenn + Schmerzen: z.B. Duloxetin

- Schlaganfall: SSRI (cave: Blutgerinnung)

- Parkinson: Venlafaxin

- Epilepsie: SSRI

• Prädiktiven Markern („personalisiert“): in Zukunft (Himmerich et al 2014)

C. Wächtler, 2014 49

C. Wächtler, 2014 50

Auswahl geeigneter Antidepressiva bei Depressionen im Alter (nach Wächtler 2014)

Tagesdo-

sis (mg) häufigste Nebenwirkungen

1. Sedierende Antidepressiva (hier: noradrenerg und serotonerg):

Mirtazapin (Remergil®) 15-45 Müdigkeit, Orthostase, Oedeme, Gewicht

2. Nicht sedierende Antidepressiva:

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI):

Citalopram (z.B.Cipramil®)

S-Citalopram (Cipralex®)

10-20

5-10

Übelkeit, Unruhe, Kopfschmerzen,

Schlafstörungen, sex. Inappetenz,

Hyponatriämie (SIADH), Blutgerinnung

(S-)Citalopram: QT-Zeit Sertralin (z.B. Zoloft®) 50-100

Selektiver Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer:

Bupropion (Elontril®) 150-300 Mundtrockenheit, Schlaflosigkeit, RR-,

Senkung Krampfschwelle

Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI):

Venlafaxin (Trevilor ret®) 75-150 Ähnlich wie bei SSRI;

Venlafaxin: RR- (bei > 200 mg) Duloxetin (Cymbalta®) 30-60

C. Wächtler, 2014 51

Therapieschritte bei

Depression im Alter (1) (nach S3-Leitlinie 2009, Wächtler 2014)

Antidepressivum 1

(in der Regel Hausarzt):

(1. Wahl: Citalopram oder Sertralin):

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Wenn keine ausreichende Besserung:

Antidepressivum 2:

(in der Regel Facharzt)

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Remission?

Parallel:

Gespräch, Psychotherapie

Körperliche Bewegung

(„Sport als Antidepressivum“:

Schillings et al. 2010)

Entspannungsverfahren

„Milieutherapie“

Ggf.: Schlafentzug

Ggf.: Lichttherapie

(A „Akuttherapie“)

Standardtherapie:

C. Wächtler, 2014 52

Therapieschritte bei

Depression im Alter (1) (nach S3-Leitlinie 2009, Wächtler 2014)

Antidepressivum 1

(in der Regel Hausarzt):

(1. Wahl: Citalopram oder Sertralin):

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Wenn keine ausreichende Besserung:

Antidepressivum 2:

(in der Regel Facharzt)

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Remission?

Parallel:

Gespräch, Psychotherapie

Körperliche Bewegung

(„Sport als Antidepressivum“:

Schillings et al. 2010)

Entspannungsverfahren

„Milieutherapie“

Ggf.: Schlafentzug

Ggf.: Lichttherapie

(A „Akuttherapie“)

Standardtherapie:

C. Wächtler, 2014 53

Therapieschritte bei

Depression im Alter (1) (nach S3-Leitlinie 2009, Wächtler 2014)

Antidepressivum 1

(in der Regel Hausarzt):

(1. Wahl: Citalopram oder Sertralin):

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Wenn keine ausreichende Besserung:

Antidepressivum 2:

(in der Regel Facharzt)

4 Wochen, ggf. Höherdosierung

Remission? (ca.1/2 - 2/3;

Prädiktor: Besserung erste 2 Won.: Szegedi et al 2009)

Parallel:

Gespräch, Psychotherapie

Körperliche Bewegung

(„Sport als Antidepressivum“:

Schillings et al. 2010)

Entspannungsverfahren

„Milieutherapie“

Ggf.: Schlafentzug

Ggf.: Lichttherapie

(A „Akuttherapie“)

Standardtherapie:

Remission?

Bei „Therapieresistenz“ (etwa 1/3 der Patienten: Rush et al 2006):

Grund?

• Arbeitet Patient mit? („Compliance“)

• Antidepressivum im therapeutischen Bereich?

• Weitere Diagnose übersehen? (z.B. Sucht? Demenz?)

ggfs. Korrektur;

ansonsten: Nervenarzt oder Klinik / TK

C. Wächtler, 2014 54

C. Wächtler, 2014 55

Hochdosis? (Wirksamkeit nachgewiesen für TZA, Venlafaxin, Tranylcypromin) (Evidenz 2)

Augmentation? - mit Lithium (Evidenz 1) - mit SD-Hormon, Antiepileptikum, sex. Hormon (unzureichend belegt) - mit Neuroleptikum (retard. Quetiapin)

Kombination? (Mirtazapin mit SSRI, Venlafaxin oder TZA) (Evidenz 2)

Wechsel („switch“)? (nur Evidenz 3!)

Kombination mit nicht-pharmakologischer Behandlung? - spezieller Psychotherapie

- EKT

„Therapieresistenz“ (Nervenarzt oder Klinik):

(A „Akuttherapie“) Therapieschritte bei Depression im Alter (2) (nach S3-Leitlinie 2009, Wächtler 2014)

C. Wächtler, 2014 56

B „Erhaltungstherapie“ nach Remission (S3-Leitlinie 2009)

4 – 9 (bei Älteren: eher mind. 9, s.a. Holthoff 2013) Monate Antidepressium (bei 2 und mehr bedeutsamen depr. Episoden in jü. Vorgeschichte: mind. 2 Jahre)

und 8 – 12 Monate Psychotherapie „in niedrigerer Frequenz“ (Berger et al 2009)

C. Wächtler, 2014 57

Cave Absetzphänomene! Nach längerer Einnahme: Langsames Ausschleichen – i.d.R. über 4 Wochen, gelegentlich noch langsamer (S3-Leitlinie 2009)

C. Wächtler, 2014 58

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

07 Fazit

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise / Trauer – noch keine Depression

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (Wächtler 2011, Lapierre et al 2011, WHO 2012,)

1. Durch Studien belegt: Beeinflussung der Risikofaktoren,

vor allem:

Frühzeitiges Erkennen und konsequente Behandlung Depression:

Depression lindern, Wiedererkrankung vorbeugen, Suizide verhindern:

- PROSPECT (geschulte HÄe/depr. Ältere): weniger Depression/SC-Gedanken (Bruce et al 2004)

- Gotland-Studie (alle Altersgruppen): es profitierten aber vor allem Frauen (Rutz 2004)

59 C. Wächtler 2014

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (Wächtler 2011, Lapierre et al 2011, WHO 2012,)

1. Durch Studien belegt: Beeinflussung der Risikofaktoren, vor

allem:

Frühzeitiges Erkennen und konsequente Behandlung Depression:

kann Suizide verhindern:

- PROSPECT (geschulte Häe): Bruce et al 2004

- Gotland-Studie (alle Altersgruppen): es profitierten aber vor allem Frauen (Rutz 2004)

Und wie die Männer erreichen??

60 C. Wächtler 2014

C. Wächtler 2011 61

Und wie die Männer erreichen?

Und wie die Männer erreichen?

• Im „Bündnis gegen Depression“ (Regensburg) erreichte das

kombinierte Vorgehen aus Schulung der Profis und der

„gatekeeper“ sowie Informationen und SH-Angebote für

Betroffene gerade auch die suizidalen Männer! (Spießl 2014)

C. Wächtler 2014 62

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (nach WHO 2012, Wächtler 2011)

2. Konsens, dass sinnvoll:

- Regelmässige körperliche Aktivität : weniger Risiko für Depression

im Alter (Gogulla et al 2012)

63 C. Wächtler, 2014

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (Wächtler 2011, Lapierre et al 2011, WHO 2012,)

2. Konsens, dass sinnvoll:

- körperliche Aktivität

- niedrigschwellig: Hausarzt!; „nach dem Rechten hören“ (Gensichen et al 2005)

Psychotherapie im PH (Kessler 2011); via Internet (Kessler et al 2009)

- Mittel-Restriktion

- Information der Betroffenen / Kooperation mit Medien

- „Gutes Altern“: „Teilhabe“

64 C. Wächtler 2014

65

„Raus aus der Isolation“ (Symposium „Politische und gesellschaftliche

Partizipation Älterer“, Hamburg, November 2010)

„Teilhabe“ (A. Kruse 2011)

C. Wächtler 2014

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (Wächtler 2011, Lapierre et al 2011, WHO 2012,)

2. Konsens, dass sinnvoll:

- niedrigschwellig: Hausarzt!; zudem: z.B. Psychotherapie im PH (Kessler 2011),

„nach dem Rechten hören“ (Gensichen et al 2005), Internet (Kessler et al 2009)

- Mittel-Restriktion

- Information der Betroffenen / Kooperation mit Medien

- „Gutes Altern“: Heime

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Heime lebenswert:

- Geschultes Personal

- Sinnvolle Beschäftigung

- Schützendes und

anregendes Milieu

- Gute (nerven-) ärztliche

Betreuung (Honorar!)

- + ggfs. Psychotherapie

- Palliativmedizin

67 C. Wächtler 2014

Und:

„Im Grunde sind es immer

die Verbindungen zu

Menschen, die dem Leben

Wert geben“ (Wilhelm von Humboldt, cit. nach P. Flörsheimer 2013)

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(Med. Tribune, Oktober 2011)

C. Wächtler, 2014 69

Inhalt

01 Versorgung

06 Prävention Depression und Suizidalität

07 Fazit

03 Depression ist eine Krankheit

04 Depression und Suizidalität - Charakteristika

05 Therapie der Depression

02 Krise/ Trauer – noch keine Depression

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Depressionen (und Suizidalität)

im Alter - Fazit: • Häufig, • multifaktoriell bedingt, gefährlich, • häufig nicht erkannt. • Behandlung: konsequent! • Vorsorge: möglich.

Eine bessere Erkennung und Behandlung der Depression könnte viel Leid und viele Suizide älterer Menschen verhindern.

Literatur (Depression und Suizidalität im Alter):

• AG Alte Menschen, NaSPro (Hrsg.) Wenn das Altwerden zur Last wird – Suizidprävention im Alter, 5. Auflage. Asmuth, Köln 2013

• Bundesärztekammer et al (Hrg.) (2011) PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Version 1,0. www.dgppn.de

• DGPPN, BÄK, KBV et al (2009) S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/depression/pdf/s3 nvl depression lang.pdf

• Lindner R, Fiedler G, Götze P (2003) Diagnostik der Suizidalität. Dtsch Ärztebl 100: A 1004 – 1007

• Radebold H: Die dunklen Schatten unserer Vergangenheit. Klett-Cotta, Stuttgart 2005

• Riedel-Heller SG, Weyerer S, König HH, Luppa M (2012) Depression im Alter – Herausforderung für eine Gesellschaft der Langlebigen. Nervenarzt 83: 1373-1378

• Schneider B, Sperling U, Wedler H (Hrsg.) Suizidprävention im Alter. Mabuse, Frankfurt/Main 2011

• Themenheft „Depression im Alter“ (2013) Z Gerontol Geriat 2013: 106 – 133

• Wächtler C: Suizidalität älterer Menschen – Erkennen, ernst nehmen, behandeln. In: Hirsch RD, Bronisch T, Sulz SKD (Hrg.) Das Alter birgt viele Chancen – Psychotherapie als Türöffner. CIP-Medien, München 2011

• Wächtler C (2014) Depression im Alter – Strategien für Diagnostik und Therapie. DNP-Der Neurologe & Psychiater 15: 34-39

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Vielen Dank

für Ihre Aufmerksamkeit

Dr. Claus Wächtler

Hamburg

Tel./Fax. O40 / 84 30 72 62 [email protected]

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Pat.

MADRS-Pkte.

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t1

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Aufnahme

Pat.

Fr. H.

Durchschnittlicher Schweregrad t1: 26,3 (16-41) Pkte. t2: 6,1 (0-30)Pkte.

Entlassung

Verlauf der Depression bei TK-Patienten,

gemessen mit der MADRS

Fr. H.

mittel- schwer

Remission

74

„Männer-Depression“ (u.a. Leimkühler-Möller et al 2007)

Häufiger neben üblichen depressiven Symptomen: • Reizbarkeit und Nervosität • Instabilität • antisoz. feindseliges Verhalten • Risiko-und Suchtverhalten

„Männer-Suizidalität“ wird diskutiert (besonders verschlossen, Hilfe ablehnend, sich selbst vernachlässigend, unruhig-ängstlich-unsicher: Schaller u. Wolfersdorf 2011, Lindner 2012)

Hemingway, ein depressiver

Macho DER SPIEGEL 26/2011

C. Wächtler 2014

C. Wächtler 2011 75

Was psychotherapeutisch bearbeiten / tun?

• Kognitive Verhaltenstherapie (u.a. Hautzinger, Welz 2004)

Analyse der Lerngeschichte (insbes. in Beziehung zu anderen Menschen

und bezgl. ungünstiger Verhaltensweisen)

Anleitung, nicht-optimale Verhaltens- und Denkmuster zu verändern

im Gespräch und mittels Übungen, Hausaufgaben

• Psychodynamische Psychotherapie (Radebold 1992, Peters 2009)

Verstehen der zur Krankheit führenden Situation (auf dem Boden

lebensgeschichtlicher Erfahrungen, Ereignisse, Beziehungsmuster)

„Trauerarbeit“ (z.B. nicht reparable Defizite, spez. im Körper, anerkennen).

Prävention von Depression und Suizidalität im Alter:

vordringlich / machbar (nach WHO 2012, Wächtler 2011)

2. Konsens, dass sinnvoll:

- Regelmässige körperliche Aktivität: weniger Risiko für Depression im Alter (Gogulla et al 2012)

- „Iß dich glücklich“ (ZEIT online, 16.12.2013):

> Als für die Psyche „gesunde Ernährung“ und

stimmungsaufhellend (s.a. Hausteiner et al 2007) gelten Fisch (Omega-3-Fettsäuren:

Einfluss auf Serotonin? Sarris et al 2009), Obst, Gemüse und Vollkornbrot (insbes.

in Blattgemüse und Vollkornbrot: Folsäure)

= „Mittelmeerdiät“

> sowie optimale BZ-Einstellung /

entspr. Ernährung bei Diab. mellitus.

76 C. Wächtler 2014

C. Wächtler, 2014 77

„Trauer ist noch keine Depression“ (Mojtabai 2011)

Wenn aber • das (eingetretene od. befürchtete) Ereignis die Integrität der

Psyche bedroht (Unversehrtheit Körper / Selbständigkeit)

und / oder

• „Resilienz“ nicht vorhanden („Fähigkeit, auch unter

aussergewöhnlichen Bedingungen normal zu funktionieren“: Masten 2001, Leppert, Strauss 2011)

• Keine Hilfe aus sozialem (familiären) Umfeld

kann aus der Krise eine werden

Krankheit

Ältere leiden noch an den Folgen des Krieges -

und auch die Kinder der „Kriegs-Kinder“ (u.a. Lamparter et al 2013);

die häufig ohne Väter aufwuchsen (Radebold 2000), und mit

traumatisierten Müttern („stress is a big suppressor of maternal behavior“: Champagne 2014)

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Kinder in der Nachkriegszeit (Dt. Ä.-Bl. 2013)

C. Wächtler 2014

Warum ist nicht jeder Ältere depressiv? Denn: Alter „eine Art chron . Streßsituation“ (Smith, Baltes 1996)

„… Abnahme körperlicher Kraft, geistiger

Wachheit, Erwerbsfähigkeit, des Ansehens zu

Hause und in der Gesellschaft,

zusammen mit oekonomischen Einschnitten,

Verlust bedeutsamer Beziehungspersonen, sozialer

Isolation und der Aussicht auf den Tod …

Why is not every old person in a profound state of

depression?“ (Jarvik 1976)

C. Wächtler, 2014 79

C. Wächtler, 2014 80

Krise / Trauer:

Depression??

C. Wächtler, 2014 81

Krise / Trauer:

Selbsthilfe!

Im Vordergrund: Körperliche Symptome

Die 72 Jahre alte Patientin kommt zum Hausarzt, da sie seit

Wochen keinen Appetit mehr hat. Sie habe 6 kg

abgenommen. Leide häufig unter Druck auf der Brust, auch

im Oberbauch. Fühle sich geschwächt.

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Im Vordergrund: Körperliche Symptome

Die 72 Jahre alte Patientin: seit Wochen kein Appetit mehr. 6 kg abgenommen. Häufig Druck auf

Brust, im Oberbauch. Fühle sich geschwächt. -

Auf Nachfrage: auch niedergeschlagen, freudlos und ohne

Hoffnung. Habe keinen Schwung mehr.

Nach Ausschluss einer körperlichen Erkrankung und

vertiefter Exploration wird die Diagnose einer („larvierten“)

Depression, mittelschwer (F 32.1), gestellt.

Und doch eine Depression!

C. Wächtler 2011 83

Was können wir tun - spez. bei Traumatisierung?

• Ärzte: „historisch denken“ / „behutsam neugierig fragen“ (Radebold 2005) .

Möglichkeit der Somatisierung sehen (aber häufig tatsächlich körperlich krank)

Ggfs. Selbsthilfe anregen (z.B.: „Selbsthilfe für Kriegskinder“).

• Psychiater: Neben Gespräch ggfs. Antidepressivum (Paroxetin,

Sertralin, evtl. Venlafaxin: Frommberger et al 2014).

• Psychotherapeuten: Als Jüngere „interessiert, einfühlsam, nicht

vorwurfsvoll oder verurteilend“ (Radebold 2005)

Helfen, dass Sprechen Erleichterung bringt „Man

kann vom Unvorstellbaren, was Menschen Menschen antun, nur

erzählen, wenn jemand zuhört“ (Leuzin ger-Bohleber 2013).

• Pflegekräfte: Geschult, gefasst, vorsichtig hinterfragend („Ihr

Jahrgang hat Schreckliches erlebt …“), verstehend, Intimität und Würde

wahrend (s.a. Böhmer 2004: „Erfahrungen sexualisierter Gewalt im Leben alter Frauen“).

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