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Das Abschlussplenum der 14. Brandenburgischen Frauenwoche - eine Dokumentation Altes Rathaus Potsdam - 22. März 2004 FrauenLand Brandenburg?!

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Das Abschlussplenum der 14. Brandenburgischen Frauenwoche

- eine DokumentationAltes Rathaus Potsdam - 22. März 2004

FrauenLand Brandenburg?!

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Das Abschlussplenum der 14. Brandenburgischen Frauenwoche

- eine DokumentationAltes Rathaus Potsdam - 22. März 2004

FrauenLand Brandenburg?!

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Seite 4 Grußwort von Ministerin Johanna Wanka

Seite 6 EinleitungFrauenLeben im Land Brandenburg

Seite 8 Zeigen Sie Frauenpower!Rede von Ministerpräsident Matthias Platzeck

Seite 11/21 B E I T R Ä G E Z U M F R A U E N P L E N U MSeite 11 Einmischung und Druck sind der einzige Weg

Brigitte Triems, Vorstandsmitglied des Deutschen Frauenrates, Vorsitzende des dfb e.V.

Seite 16 Frage nicht den Frosch...Petra Torjus, kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Neuruppin

Seite 19 Was seit den 90er Jahren bliebUlrike Häfner, Projektleiterin der KuKMA

Seite 22 Ein Platz im Call-Center oder der Ministerinnensessel?Margret Schlüter, Landesgleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg

Seite 23 Forderungen an die Landesregierung

Seite 24 Aktionsmappe zur Vorbereitung der 15. Brandenburgischen Frauenwoche

Seite 27 Kontaktadressen

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die vorliegende Publikation empfehle ich Frauen und Män-nern sehr zur Lektüre. Der Frauenpolitische Rat im LandBrandenburg hat sie herausgegeben und konfrontiert unsalle schwarz auf weiß mit der Frage, ob Brandenburg einLand ist und sein wird, in dem Frauen gut und gerne lebenkönnen.

Sich dieser Frage zu stellen ist schon deshalb zwingend,weil wir dem Trend zur Abwanderung vor allem junger Frau-en zwischen 20 und 30 entgegenwirken müssen. Das LandBrandenburg ist laut Verfassung verpflichtet, für die Gleich-stellung von Frau und Mann Sorge zu tragen. Das Land -das sind wir. Und was zu tun ist, wissen wir.

In meinem Verantwortungsbereich, der Wissenschaft, derForschung und der Kultur, sieht es auf den ersten Blick garnicht so schlecht aus. In dem im Mai diesen Jahres veröf-fentlichten Bericht „Frauen und Kultur II“ des DeutschenKulturrates gehört das Land Brandenburg zu den sechsBundesländern mit der häufigsten Frauenbeteiligung in deneinzelnen Kultursparten. Wir können auf das Ergebnis stolzsein und sollten in der Zukunft mit unserer Politik so fort-fahren.

Auch in der brandenburgischen Wissenschaft und For-schung haben wir bereits vieles erreicht. Das betrifft struk-turelle Aspekte wie gesetzliche Regelungen im Brandenbur-gischen Hochschulgesetz zur Frauenförderung und zur Ar-beit der Gleichstellungsbeauftragten an den Hochschulen,aber auch die gezielte individuelle Unterstützung von Frau-en an Hochschulen und in außeruniversitären Forschungs-einrichtungen mit Förderprogrammen. Beim Anteil der

weiblichen Professoren lag das Land Brandenburg 2001mit 17,3 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt von11,2 Prozent und an der Spitze aller anderen Bundesländer.Dennoch ist das Erreichte natürlich bei weitem nicht zufrie-denstellend.

Es fehlen vor allem in den Natur- und Technikwissenschaf-ten Professorinnen, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen,Studentinnen. Der sich abzeichnende Nachwuchskräfte-mangel in männerdominierten Berufsfeldern sowie der be-vorstehende Generationswechsel bei Führungskräften undHochschullehrern im Wissenschaftsbereich bieten in dennächsten Jahren die Chance, das gravierende Ungleichge-wicht der Geschlechter bei Führungspositionen und in be-stimmten Fächern in der Wissenschaft zu verringern. Aller-dings muss man sich auch der Grenzen einer solchen Poli-tik bewusst sein: So kann und sollte ein weibliches Interes-se an Technik und Naturwissenschaften gefördert, jedochnicht erzwungen werden. Generell sollte allen Akademikerinnen die Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf erleichtert werden. Noch liegt der Anteilder kinderlosen Akademikerinnen im Alter von 35 bis 39 inOstdeutschland mit 16 bis 17 Prozent sehr viel niedriger alsin Westdeutschland - dort sind es bereits 40 Prozent. Dochauch bei uns hat sich dieser Anteil überdurchschnittlich er-höht. Dieser Entwicklung müssen alle Akteure gemeinsamdurch geeignete Maßnahmen wie Kinderbetreuungsange-bote, familienfreundliche Arbeitszeiten, Kontakt zum Ar-beitsplatz während der Erziehungsphase usw. entgegenwir-ken.Für eine dynamische Entwicklung unserer Gesellschaft inallen Lebensbereichen ist die gleichberechtigte Teilhabevon Frauen unverzichtbar. Wäre es nicht schön und zu un-ser aller Wohl, wenn Brandenburg in nicht allzu ferner Zu-kunft mit dem Standortvorteil umfassend verwirklichteChancengleichheit von Frauen und Männern“ werbenkönnte?

Prof. Dr. Johanna WankaMinisterin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Grußwort

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Sarah ist auf dem Weg nach Hause. Unterwegs kommt siean einem Infostand vorbei; Frauen drücken ihr eine Bro-schüre in die Hand. Sarah setzt sich auf eine Bank und liest:

50,6% der Bevölkerung Brandenburgs sind Frauen.Aha, denkt Sarah, wir sind also die Mehrheit! Und wie lebenFrauen im Land Brandenburg?

36 m2 werden durchschnittlich pro Person bewohnt.Sarah lebt mit ihrer Tochter zusammen – aber auf weit we-niger als 72 m2. Also müssen andere mehr haben! Wie vie-le der 26,9% Alleinerziehenden können sich eine angemes-sene Wohnung leisten? Das hat ja auch etwas mit dem Ver-dienst zu tun.

25% weniger EinkommenDas ist eine ganze Menge, rechnet Sarah nach. Wenn ER1000 Euro verdient, hat SIE 750 Euro. Und das auch nurbei voller Berufstätigkeit. Mit kleinen Kindern ist das garnicht so leicht. Und erst mal muss sie überhaupt Arbeit ha-ben.

48% aller erwerbstätigen Frauen sind erwerbslosBei dieser Zahl sind Sozialhilfeempfängerinnen, Hausfrau-en und Frauen im Vorruhestand nicht mitgerechnet. Schö-ne Aussichten denkt Sarah bitter. Auch für ihre Tochter. Wasgibt es für Alternativen?

6,9% aller erwerbstätigen Frauen sind selbstständigeDas ist nicht gerade überwältigend. Aber es hängen ja auchviele Risiken und formale Hürden dran. Frauen sind selte-ner Einzelkämpferinnen, sie arbeiten eher beim Partner oderin Familienunternehmen mit. Oft genug wird ihnen auch derWind aus den Segeln genommen: Unternehmensgründungsei Sache von Männern! Und die finanziellen Rücklagen,die es für den Sprung in die Selbständigkeit braucht - dasieht es bei ihnen ebenfalls schlechter aus.

62,8% Abwanderung In den letzten fünf Jahren verließen 47.000 der 15- bis un-ter 20-Jährigen Mädchen das Land Brandenburg. 16.400der 20- bis unter 25-jährigen jungen Frauen gingen eben-

falls gen Westen. Nicht unbedingt freiwillig – sie musstendies wegen einer Ausbildungsmöglichkeit oder einem Jobtun. Auch die potenziellen Mütter im Alter von 25- bis un-ter 30 Jahren ziehen fort. Sarah kann das keiner verdenken.Sie würde es wohl nicht anders machen und ihre Tochterüberlegt auch schon. Lena ist inzwischen 17 Jahre alt. Sa-rah ist stolz auf ihre Tochter: Sie ist gut in der Schule.

1,2% bessere Leistungen von MädchenDie Schulabschlüsse von Mädchen liegen über dem Noten-durchschnitt der Jungen. Aber haben sie dadurch bessereMöglichkeiten? Sarah weiß es aus eigener Erfahrung:Mädchen müssen sehr viel mehr leisten, um im Beruf glei-che Chancen zu bekommen.

58% GymnasiastinnenLena gehört zu den 51% Abiturientinnen, die studieren wol-len. Sarah macht sich heute schon Sorgen, ob sie dafürStudiengebühren zahlen muss. Noch weiß Lena nicht sorecht, für welches Fach sie sich entscheiden soll.

10 traditionelle Berufsbilder Von 360 verschiedenen Berufsbildern entscheiden sichjunge Frauen immer noch für zehn Berufsgruppen. TypischeFrauenberufe eben. Und die werden bis heute schlechterbezahlt, bedeuten wenig gesellschaftliche Anerkennungund Karrierechancen für die Zukunft.

36% finden ihren TraumberufSarah und ihre Tochter Lena haben sich bereits viele Ge-danken gemacht, was wohl ein interessanter und zukunfts-fähiger Beruf sei. Irgendwas mit Informationstechnologienwürde sich wohl anbieten. Dazu hat Lena aber keine Lust.Ihr sollen Studium und künftiger Beruf Spaß machen. Lenawill sich im Mädchentreff beraten lassen.

50% KürzungenDaraus wird nichts. Den Mädchentreff gibt’s nicht mehr.Wie viele andere auch fiel er dem Sparzwang zum Opfer.25% der Frauen- und Familienförderung wurden im letztenJahr gestrichen. Am Ende des Jahres 2004 wird es in die-sem Bereich 600 ABM/SAM Personalstellen weniger ge-ben.

Einleitung

FrauenLeben im Land Brandenburg

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Sehe ich zu schwarz? fragt sich Sarah. Wie soll das bloßweiter gehen?

2020 sind nur noch 11% jünger als 15 JahreWenn das so weiter geht, wird aus Brandenburg und denanderen neuen Bundesländern bald das größte AltenheimEuropas. Was wird dann aus Frauen, die anders leben undweder Kinder noch Familie haben?

8-10% LesbenSarah konnte in der Broschüre nur eine geschätzte Zahl derin Brandenburg lebenden Lesben finden, Statistiken gibt esnicht. Eigentlich gibt kaum noch Eigenes für sie. SämtlicheUnterstützungsformen zur Förderung kultureller und gesell-schaftlicher Akzeptanz Anderslebender wurden mangels Fi-nanzierungsmöglichkeiten eingestellt.

80,7 Jahre beträgt die durchschnittliche Lebens-erwartung einer Frau in BrandenburgBei den Gedanken an ihre Altersvorsorge kriegt Sarah einmulmiges Gefühl. Wird mein Einkommen je reichen, um ei-ne auskömmliche Rente zu beziehen?

46% aller erwerbstätige Frauen sind berufsunfähigSarah weiß, dass in dieser Zahl geringfügig arbeitendeFrauen mitgerechnet werden und sie weiß auch, dass einegroße Gruppe der Frauen monatlich mit 500-700 Euro aus-kommen muss. Frauen mit Kindern gehören zur Personen-gruppe mit dem höchsten Armutsrisiko. Hier muss doch ei-gentlich die Politik steuernd eingreifen und für mehr Ge-rechtigkeit sorgen!

Professionelle Politik wird zu 30 % von Frauen mitbestimmtSarah liest in der Broschüre, dass diese Zahl seit den Kom-munalwahlen 2003 gesunken ist. 155 Sitze haben Fraueninne, dies entspricht 22,5 % der 510 Sitze. Doch was tunsie für die Gleichberechtigung? Soll Sarah damit zufriedensein, das wenigstens Polizistinnen in Brandenburg ihrenArbeitsplatz sicher haben?

100% Sicherheit?Die Frauen in Brandenburg sollten sich angeblich sicherfühlen. Dafür gibt das Innenministerium ja auch viel Geld

aus. Aber wie sieht es in den Familien aus? Die Zahlen ausden Frauenhäusern sprechen eine deutliche Sprache. 800Frauen und ebenso viele Kinder suchen jährlich Schutz imFrauenhaus, trotz Gewaltschutzgesetz. Sarah ist sich sicher,dass die Dunkelziffer um einiges höher ist. Wie viele Opferfliehen zu FreundInnen und Angehörigen oder bleiben inentwürdigenden Verhältnissen.

Sarah wird beim Lesen immer nachdenklicher. Ist Branden-burg ein Land, in dem Frauen gerne und gut aufgehoben le-ben? Was wird mit Lena? Was wird mit all den anderenFrauen, die ebenso unzufrieden sind?Sarah wird mit Lena mädchen- und frauenpolitische Veran-staltungen besuchen. Sie will Gleichgesinnte treffen. Nochhat sie Hoffnung: Gemeinsam sind wir stark und können dieWelt aus den Angeln heben!

Quellenangaben:

3. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung – Aufwachsen im Land Brandenburg.2003

ISA: Betrifft Mädchen, Gute Noten, schlechte Noten – Mädchen und Schule. Heft 2/1999

ISA: Betrifft Mädchen, Macht sie mächtig!? – Mädchen und Partizipation.Heft 01/2003

ISA: Betrifft Mädchen, Weiteres Beruferaten – Lebens- und Berufsplanung von Mädchen. Heft 2/2003

Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg: Daten + Analysen, Frauen in Brandenburg. Heft 2/2003

Statistik Brandenburgischer Frauenhäuser. 2002

Universität Dortmund: Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe bis zum Jahr 2010 in Brandenburg, 2002

www.wahlen.brandenburg.de

www.lks-brandenburg.de

FrauenLeben im Land Brandenburg

Einleitung

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Brandenburg braucht mehr „machthungrige“ Frauen

Zeigen Sie Frauenpower!

Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg

Am 8. März eines jeden Jahres fordern Frauen öffentlich-keitswirksam ihre Rechte ein. Zum ersten Frauentag 1911kamen in Dänemark, Österreich, Schweden, der Schweiz,Deutschland und in den USA Frauen zu Demonstrationenund Versammlungen zusammen. Im Mittelpunkt stand da-mals die Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen. Seit-dem orientieren sich die Forderungen in jedem Jahr an deraktuellen politischen Lage des einzelnen Landes. Es gehtnach wie vor um Gleichstellung und um den Kampf gegenDiskriminierung. Es ist zwar absurd, dass in einer Ge-sellschaft die Mehrheit um Gleichstellung kämpfenmuss, aber offensichtlich ist es so. Dabei hat sich fürFrauen in jüngster Zeit politisch viel getan.Auch wenn es derzeit nicht sonderlich populär ist, die Ar-beitsergebnisse der Bundesregierung anzuführen, tue iches doch in der gebotenen Kürze. Frauen- und familienpoli-tisch kann sich hier einiges sehen lassen. Ein flexibel an-wendbares Elternzeitgesetz, ein frauenfreundliches Be-triebsverfassungsgesetz, der Rechtsanspruch auf Teilzeitar-beit, das Gewaltschutzgesetz, das Frauen vor Peinigernschützt, ein Rentenrecht, das auch nichterwerbstätige Müt-ter besonders begünstigt, zählen zu den frauen- und gleich-stellungspolitischen Leistungen. Ein Verdienst der laufen-den Amtszeit dieser Bundesregierung ist u. a. das Ganz-tagsschulprogramm.

Auch wir in Brandenburg sind nicht untätig in SachenGleichstellungs- und Frauenpolitik. Mit dem neuen Ganz-tagsschulprogramm des Bundes, aus dem Brandenburginsgesamt 130 Millionen Euro zur Verfügung stehen, wirdunsere bisherige Ganztagsschulstruktur erweitert. Ziel isteine flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulange-boten. Die Ganztagsschule schafft einen verlässlichen undverbindlichen zeitlichen Rahmen für Unterricht und außer-unterrichtliche Angebote. Sie leistet einen wesentlichenBeitrag zur Entlastung von Familien und zur Vereinbarkeitvon Familie und Beruf, insbesondere natürlich für Mütter. Die Landesregierung versucht durch mehrere Programmezu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei-zutragen. Ein Beispiel ist der Ideenwettbewerb „Chancen-gleichheit für Familie und Erwerbstätigkeit“. Brandenburgbelegt bei der Versorgung mit Kita-Plätzen im bundesdeut-schen Vergleich einen Spitzenplatz. Darauf sind wir stolz -

auch wenn aus den alten Ländern immer wiederStimmen zu vernehmen sind, dass wir es uns ei-gentlich gar nicht leisten können. Wir leisten es uns- und dabei wird es auch bleiben! Es gibt ideenreiche Programme, um den Anteil von Frauenin Führungspositionen oder im Bereich der Selbstständigenzu erhöhen. Hierzu gehören Lotsendienste für Selbstständi-ge, das INNO-PUNKT-Projekt „Frauen in IT-Berufen“ sowieder Wettbewerb „Unternehmerin des Jahres“, der vor allemdarauf zielt, das öffentliche Bewusstsein zu verändern. Also alles bestens? Leider keineswegs: Frauen sind nachwie vor in Führungspositionen unterrepräsentiert, erhaltennoch immer weniger Lohn für gleiche Arbeit, noch immerfehlt es an Chancengleichheit zur Vereinbarkeit von Berufund Familie, sie haben die schlechter bezahlten Jobs, siesind wesentlich häufiger ungewollt in Teilzeit beschäftigtund sie erwerben hierdurch geringere Rentenansprüche.Und warum? Weil sie Frauen sind und identische Leistun-gen noch nicht den gleichen Wert haben.Die skizzierten gesetzgeberischen und politischen Schrittegehen alle in die richtige Richtung. Der Weg muss und wirdweiter beschritten werden. Es gibt noch viel zu tun. Ein Beispiel für bestehende Diskriminierung ist die Un-

Matthias Platzeck, geboren 1953, ist Diplomingenieur fürbiomedizinische Kybernetik. Zusätzlich absolvierte er einStudium der Umwelthygiene. In der Wendezeit ging er indie Politik und ist seit Juni 2002 Ministerpräsident vonBrandenburg. Er ist geschieden und hat drei Kinder.

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gleichbehandlung von Frauen durch die Versicherungswirt-schaft. Sie differenziert bei den Beitragszahlungen zu densogenannten Riester-Renten nach Geschlecht - zum Nach-teil der Frauen. Brandenburg hat sich in der Bundesrats-Debatte erfolgreich für eine Gleichstellung von Frauen undMännern bei der Riester-Rente eingesetzt. Die Landesregie-rung wird auf die zügige Umsetzung der Initiative zu „Uni-sex-Versicherungstarifen“ drängen.

In der vergangenen Woche hat die Landesregierung denEntwurf einer Änderung des Polizeigesetzes beschlossen.Danach soll die Polizei die Befugnis erhalten, bei häusli-cher Gewalt zum Schutze des Opfers eine Person aus derWohnung zu verweisen und ihr vorübergehend die Rück-kehr in die Wohnung zu verbieten. Mit dieser Rechtsände-rung und ihrer Anwendung wird deutlich signalisiert, dassdie Gesellschaft häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinderkeinesfalls als interne Familienangelegenheit ansieht, son-dern dass Gewalt auch im engsten Familienbereich nichttoleriert wird. Die Landesregierung hat sich auf „ihre Fah-nen geschrieben“, das öffentliche Bewusstsein für dieseProbleme weiter zu schärfen. Vor zwei Jahren wurde einumfassender Aktionsplan zur Bekämpfung dieser häusli-chen Gewalt gestartet. Zielrichtung ist die Aufklärung undPrävention. Mir ist die Unterstützung persönlich ein sehrwichtiges Anliegen. Wir müssen auch weiterhin auf dieGewalt hinter den Wohnungstüren aufmerksam ma-chen. Nicht die Opfer müssen weichen, sondern dieTäter!

In den letzten Monaten ist viel von der demografischenEntwicklung des Landes die Rede. Der jüngst dem Landtagvorgelegte Bericht der Landesregierung weist aus, dass diezurückgehende Bevölkerungszahl für die Zukunft eine er-hebliche politische Herausforderung darstellt. Einer derFaktoren, die den tiefgreifenden demografischen Wandelbewirken, ist die deutschlandweit niedrige, in Ostdeutsch-land und auch in Brandenburg seit der Wende besondersniedrige Geburtenrate bei zugleich zunehmender Alterungder Gesellschaft. Wir haben in Brandenburg gegenwärtigeine Geburtenrate von nur 1,2 Kindern je Frau. Die viel zugeringe Zahl von Kindern - statistisch betrachtet wären 2,1Kinder je Frau für den Ersatz einer Elterngeneration not-wendig - bringt den Sozialstaat aus der Balance und hat inden nächsten 50 Jahren schwer zu bewältigende Folgen für

die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die überdurchschnittliche Abwanderung der jungen Er-wachsenen, und dabei insbesondere die der jungen Frauen,ist dabei die Hauptursache. In den 90er Jahren konnteBrandenburg in nahezu jeder Altersgruppe einen Wande-rungsüberschuss erzielen. Die Ausnahme bildet leider dieGruppe der 18- bis 25-Jährigen. Es verließen etwa 16.000 junge Männer und 29.000junge Frauen mehr das Land als durch Zuzug nachBrandenburg kamen. Über diesen Punkt müssen wir uns Gedanken machen. Da-bei geht es mir nicht um eine Rückwendung zu bevölke-rungspolitischen Konzepten alter Prägung. Wir müssendiesen Frauen Perspektiven bieten, wir müssen Benachtei-ligungen und Hindernisse abbauen, die der Vereinbarkeitvon Beruf und Familie, von Kindern und Karriere entgegenwirken.Nach wie vor ist der Wunsch nach einem Kind oder mehre-ren stark ausgeprägt. Nach wie vor wünschen sich die mei-sten jungen Frauen ein Kind. Zwei Kinder halten die mei-sten für ideal. Es bedarf also mehr Ermutigung zu einem Le-ben mit Kindern. Natürlich, junge Leute brauchen in erster Linie eine positi-ve Arbeitsmarktperspektive. Ohne Arbeitsplatz, ohne siche-res Einkommen wird der bestehende Kinderwunsch zurück-gestellt. Die Fortsetzung des Aufbaus einer starken zu-kunftsfähigen Wirtschaftsstruktur ist das alles überragendeZiel der Landesregierung. Nur starke Unternehmen schaffenArbeitsplätze. Auf die vielfältigen wirtschafts- und arbeits-marktpolitischen Aktivitäten von Land und Bund will ichhier im Detail nicht eingehen. Brandenburg muss als Wirt-schaftsstandort noch viel besser werden. Ich gehe davonaus, dass sich die bereits jetzt eingeleiteten Maßnahmen inabsehbarer Zeit positiv auswirken. Unsere mittel- und lang-fristigen wirtschaftlichen Aussichten sind gut. Es geht auch um einen mentalen Wandel in unserer Gesell-schaft. Die überall gepriesene und überhöhte Vorstellungvon einem individuellen Lebensstil und der freien Entfal-tung der Persönlichkeit scheint dem Leben mit Kindern ent-gegen zu stehen. Eine gesellschaftliche Klimaverände-rung zugunsten von Kindern und Familien musskommen. Sie muss offensiv getragen werden vonder Politik, der Wirtschaft und den Betrieben undden Kommunen.Der Gestaltung einer familienfreundlichen Arbeitswelt, die

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Brandenburg braucht mehr „machthungrige“ Frauen

Zeigen Sie Frauenpower!

auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als wesentli-ches Gestaltungselement einschließt, kommt dabei eine be-sondere Bedeutung zu. Natürlich gehört dazu auch, dassKinder nicht länger ein Armutsrisiko darstellen. Notwendi-ge Voraussetzung dafür ist die gerechte Besteuerung vonFamilien und ein angemessener Familienlastenausgleichdurch Kindergeld und Erziehungsgeld. Es ist schon vielesverbessert worden in den letzten Jahren. Es reicht abernoch längst nicht. Im westeuropäischen Vergleich stehtDeutschland noch nicht gut da. Familie ist die Sache aller. Junge Menschen müssen inihrem Umfeld erfahren, dass Kinder erwünscht sind. Kin-derlärm muss wie selbstverständlich dazu gehören. UnserZiel ist es, dass Brandenburg ein familienfreundli-ches Land wird. Deshalb gilt: Frauen- und Familienpoli-tik muss in Zukunft viel stärker als bisher als Querschnitts-politik das gesellschaftspolitische Arbeitsfeld Nummer einsauf allen politischen Ebenen werden. Dies ist lebensnot-wendig für die Gesellschaft und das Land Brandenburg.

Frauen sind in Führungspositionen immer noch unterreprä-sentiert. So sitzen nur sieben Prozent in politischen Ent-scheidungsgremien. In den Führungsetagen der Wirtschaftsind es gar nur drei Prozent. Dabei werden Frauen als Managerinnen oftmals unter-schätzt. Ich will dazu ein Beispiel anführen: In ihren Moti-ven, ein Unternehmen zu gründen, unterscheiden sichMänner und Frauen kaum voneinander. Allerdings, und daswird vielleicht doch die eine oder andere von Ihnen überra-schen, gründen Frauen risikofreudiger als Männer. Fast 70Prozent der Existenzgründerinnen wählen das Ein-zelunternehmen - also volle Haftung und volles Risi-ko. Das wagen nur 57 Prozent der Männer. In der sichere-ren Rechtsform der GmbH dagegen gründen 25 Prozent derMänner und nur 13 Prozent der Frauen*. Der höheren Risikobereitschaft setzen Frauen größte Vor-sicht bei Krediten entgegen. Sie rechnen lieber einmal öfteroder warten, bis das Unternehmen die ersten Durststreckenüberwunden hat, ehe sie eine größere Geldmenge bei derBank aufnehmen. Diese Vorsicht hat nichts mit Ängstlich-keit zu tun. Im Gegenteil. Es scheitern doppelt so viele Exi-stenzgründer wie Existenzgründerinnen.Diejenigen bei den Banken und Verwaltungen, die Frauenals Unternehmerinnen gegenüber Vorurteile haben, müssensich das vorhalten lassen. Wo immer wir auf solche Er-

scheinungen treffen, müssen wir dagegen vorgehen. Es ko-stet kein Geld, bedarf nur eines Umdenkens. Die Kandidatur der Präsidentin der Europa-Universität Via-drina Prof. Dr. Gesine Schwan für das Amt des Bundesprä-sidenten beweist, dass auch für die höchsten Aufgaben imLand qualifizierte Frauen bereit stehen. Gesine Schwan isteine hochkompetente europäische Persönlichkeit; ihreWahl zur Bundespräsidentin könnte ein gleichstellungspo-litisches Signal über die Grenzen Deutschlands hinaus be-deuten. „Die Sozialdemokraten stellen dann eine Frau auf,wenn sie keine Chance hat“ - höre ich die Kritikerinnen derNominierung sagen. Und: „Schon vor fünf Jahren hätte ei-ne Frau Bundespräsidentin werden können!“ Personalent-scheidungen sind Machtfragen. Entscheidend ist, welcherKandidat/ welche Kandidatin die Aussicht hat, die meistenStimmen auf sich zu vereinen. Mit Johannes Rau ist es ge-lungen. Diesmal hat Schwarz-Gelb die Mehrheit in der Bun-desversammlung. Es ist für mich noch lange nicht ent-schieden, dass ihr Kandidat Bundespräsident wird. Die Zeitist reif für eine Frau im höchsten Amt. Die Sozialdemokra-ten haben sich für eine Frau entschieden. Sollte GesineSchwan von der Bundesversammlung nicht gewählt wer-den, befürworte ich schon jetzt die Nominierung einer Fraufür die übernächste Wahl.

Nur mit mehr Einfluss in Wirtschaft, Politik, Wissenschaftund Medien werden Frauen ihren Anspruch auf gleichbe-rechtigte Teilhabe und Entwicklungsmöglichkeiten in allenBereichen auch wirklich durchsetzen können. Ich will Siedazu ermutigen. Wir brauchen auch in Brandenburg mehr„machthungrige“ Frauen. Natürlich tun sich die meisten Männer schwer da-mit, Macht abzugeben und Frauen in ihre Domäneneinziehen zu lassen. Das beobachte ich auch auf derpolitischen Bühne. Es ist aber so: Die Männer wer-den sich damit abfinden müssen!

Ich kann Sie an dieser Stelle nur nochmals dazu ermutigen:Bringen Sie Ihre kreativen Ideen ein, mischen Sie sich ein,zeigen Sie Frauenpower!

* Zahlen aus dem Jahr 2003

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Der berühmte irische Dichter Oscar Wilde hat einmal ge-sagt: „Der wachsende Einfluss der Frauen ist das einzig Be-ruhigende an unserem politischen Leben“. Wir schön wärees, könnten wir diese Feststellung hier und heute auch tref-fen. Wir alle wissen aber, dass dies nicht der Fall ist. Vor nunmehr fast dreißig Jahren erklärte die UNO das Jahr1975 zum Internationalen Jahr der Frau. Es war eine Initia-tive von internationalen Frauenverbänden, die die VereintenNationen zu diesem Schritt veranlasst hatte. Viele von uns,die dieses Jahr miterlebt haben, wissen, mit welchen Er-wartungen und mit wie viel Hoffnung es verbunden war. Essollte der Auftakt für bedeutende Ereignisse werden, dieFrauen in der ganzen Welt betreffen. Ende 1975 beschlossdie UNO, die Jahre von 1976 bis 1985 zur Dekade für dieFrau zu erklären und mit der Zielsetzung „Gleichberechti-gung - Entwicklung - Frieden“ weltweit einen großen Schrittbei der Umsetzung der Gleichstellung voranzukommen.1977 griff die UNO die Tradition des Internationalen Frau-entages auf und erklärte ihn offiziell zum UN-Tag für Frau-enrechte und Internationalen Frieden. Auf den Weltfrauen-konferenzen in Mexiko, Kopenhagen, Nairobi und Pekingwurden wichtige Dokumente angenommen, die zum einendie Ursachen für die Ungleichheiten zwischen Frau und

Mann auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebensdeutlich machten und zum anderen die Regierungen in al-len Kontinenten der Erde aufforderten, Maßnahmen zurDurchsetzung der Gleichberechtigung und der Gleichstel-lung von Frauen einzuleiten und durchzuführen.

Das zweifellos bedeutendste Ereignis während dieser Deka-de war die Annahme des Übereinkommens zur Beseitigungjeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) im De-zember 1979 - des einzigen völkerrechtsverbindlichen Do-kumentes auf dem Gebiet der Frauenrechte. Es wurde vonder DDR 1980 und von der Bundesrepublik Deutschland1985 ratifiziert und hat somit für Deutschland rechtsver-bindlichen Charakter. Das Übereinkommen verlangt vonden Unterzeichnerstaaten vor allem, dass sie Menschen-rechtsverletzungen und Diskriminierungen von Frauen imgesellschaftlichen und im privaten Bereich bekämpfen. Biszur Verwirklichung der Gleichstellung müssen - sosieht es das Übereinkommen vor - von den Regie-rungen auch Maßnahmen ergriffen werden, die po-sitiv diskriminieren und einseitig Frauen begünsti-gen. Ziel des Übereinkommens ist nicht die formelleGleichheit von Frau und Mann, sondern deren tatsächlicheGleichstellung. Damit liegt auch dann ein Verstoß gegendas Übereinkommen vor, wenn ein Gesetz zwar ge-schlechtsneutral formuliert ist, sich seine sozialen Effekteaber zum Nachteil von Frauen auswirken. Entsprechend einer Regelung im Übereinkommen sind alleUnterzeichnerstaaten verpflichtet, einem von der UNO ein-gesetzten Ausschuss alle vier Jahre Bericht zu erstatten.Der Ausschuss überprüft und bewertet die Einhaltung desÜbereinkommens und den Fortgang der innerstaatlichenPolitik in Bezug auf Frauendiskriminierung und unterbreitetVorschläge für künftige Maßnahmen.

Die Bundesregierung legte im vergangenen Jahr ihren fünf-ten Bericht vor. Dieser Bericht widerspiegelt an keiner Stel-le die Probleme und Schwierigkeiten, mit denen Frauen imheutigen Deutschland zu kämpfen haben. Dazu kommt,dass weder das Übereinkommen noch das 1999 unter-zeichnete Zusatzprotokoll bekannt sind - auch der genann-te Bericht wurde der breiten Öffentlichkeit bis jetzt nicht zu-gänglich gemacht.

Gedanken zur Lage der Frauen in Deutschland

Einmischung und Druck sind der einzige Weg

Brigitte Triems, Vorstandsmitglied des Dt. Frauenrates, Vorsitzende des dfb e.V.

Brigitte Triems, geb. 1940, ist Diplom-Dolmetscherin undPolitikwissenschaftlerin. Seit 1994 ist sie Vorsitzende desDemokratischen Frauenbundes e.V. und seit 2002 Vor-standsmitglied im Deutschen Frauenrat. Sie ist verwitwetund hat zwei Töchter.

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Gedanken zur Lage der Frauen in Deutschland

Einmischung und Druck sind der einzige Weg

Wenn wir uns die Jahre, die seit der Wiedervereinigungvergangen sind, ins Gedächtnis zurückrufen, müssen wirunumwunden feststellen, dass es für Frauen nicht leichtergeworden ist, sondern eher das Gegenteil der Fall ist.Ich erinnere mich noch gut, welchen Elan und welchen En-thusiasmus wir an den Tag legten, als wir Frauen des De-mokratischen Frauenbundes uns mit Vertreterinnen desDeutschen Frauenrates im Mai 1990 in Berlin trafen. Wirwollten den Wiedervereinigungsprozess aktiv mitgestaltenund uns für die Gleichstellung von Frauen in Ost und Westeinsetzen. In einem Schreiben an alle Bundestags- undVolkskammerabgeordneten kritisierten wir die Vernachläs-sigung der frauenpolitischen Aspekte bei der Ausarbeitungdes Vereinigungsvertrages und formulierten unsere Forde-rungen:- Gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen an allen Ent-scheidungen im deutsch-deutschen Vereinigungsprozess- Schaffung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, dieechte Wahlfreiheit für Familie und/oder Beruf ermöglichen- Recht auf qualifikationsgerechte Arbeit, um Frauen eineökonomisch selbständige Existenz zu sichern- Berücksichtigung der Leistung Kindererziehung im Ren-tenrecht der DDR und kein Verzicht zugunsten des Vorran-ges der Versorgung der Frau durch die Ehe- Gewährleistung des Rechtes der Kinder und der Eltern aufein flächendeckendes Netz von Kinderbetreuungseinrich-tungen und von bedarfsgerechter Ganztagsbetreuung

- Keine Verschlechterung der Regelungen zum Schwanger-schaftsabbruch sowie Einsetzen eines deutsch-deutschenGremiums zur Erarbeitung von Regelungen. Dies solltemehrheitlich mit Frauen besetzt sein; Frauenverbände soll-ten auf breiter Basis einbezogen werden.

Heute müssen wir feststellen, dass wir zu große Illusionenhatten. Aber wir haben wohl daran geglaubt, dass Gleich-heit und Freiheit die Grundgarantien der Demokratie sindund dass mit der neu gewonnenen Freiheit die Gleichheiteinhergeht. Es ist schon irgendwie eine paradoxe Situation. Auf demPapier gibt es eine Unmenge gesetzlicher Regelungen: Zu-allererst die im Grundgesetz formulierte Verpflichtung desStaates, die tatsächliche Gleichstellung durchzusetzen. Esexistiert ein Gewaltschutzgesetz, ein Kinderrechteverbesse-rungsgesetz, ein Gesetz über eingetragene Lebenspartner-schaften, ein Gleichstellungsgesetz für die Bundesverwal-tung und die Gerichte, ein geändertes Bundeserziehungs-geldgesetz und und und… Was es bis heute nicht gibt,ist ein Zuwanderungsgesetz, das geschlechtsspezi-fische und nicht-staatliche Verfolgung explizit alsAsylgrund anerkennt. Und wir haben kein umfas-sendes Antidiskriminierungsgesetz. Auch die Umset-zung der EU-Gleichstellungsrichtlinien in nationales Rechtist längst überfällig.

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Gedanken zur Lage der Frauen in Deutschland

Einmischung und Druck sind der einzige Weg

Es gibt ein dichtes Netz institutionalisierter Gleichstel-lungspolitik: Gleichstellungsbeauftragte in Kommunen, anUniversitäten, in Behörden und Ämtern, in Rundfunkanstal-ten und zahlreichen anderen Institutionen. Mit Statistiken,Studien und Frauenforschungsergebnissen könnte manmühelos eine mittelgroße Bibliothek füllen. Gerade erst isteine 258-seitige Hochglanzbroschüre mit dem Titel „Frau-en in Deutschland - von der Frauen- zur Gleichstellungs-politik“ erschienen. Und nun haben wir auch noch die Stra-tegie des Gender Mainstreaming, die sichern soll, dassneue Ungleichheiten gar nicht erst entstehen. Es wäre über-wältigend wenn das, was alles auf dem Papier steht, auchkonsequent in die Praxis umgesetzt würde. Mein Vor-schlag ist, Beraterverträge mit neuem Inhalt zu fül-len: Bundeskanzler, Regierung und führende Partei-politiker sollten sich beraten lassen, wie man ge-schlechtergerechte Reformen für eine zukunftsfähi-ge und lebenswerte Gesellschaft durchführen kann.

Frauen haben ein Wort mitzureden: Sie stellen mehr als dieHälfte der Bevölkerung unseres Landes. Und obwohl das soist, kann von der Hälfte der Macht, des Einflusses und derwirtschaftlichen Kraft für Frauen noch lange nicht die Redesein. Frauen sind heute in Ost und West eine diskriminier-te Mehrheit. Trotz formal garantierter Gleichberechtigung istdie Gleichstellung der Geschlechter nach wir vor nicht Rea-lität. Arbeitslosigkeit ist heute Massenarbeitslosigkeit undvor allem weiblich; Teilzeitarbeit und ungeschützte Beschäf-tigungsverhältnisse sind vor allem Frauensache, nämlichzu 90 Prozent; die Zahl der auf Sozialhilfe angewiesenenFrauen hat sich seit Anfang der neunziger Jahre um mehrals ein Drittel erhöht - jede vierte Alleinerziehende ist heu-te auf Sozialhilfe angewiesen. Die geschlechterspezifischenUnterschiede bei Löhnen werden immer größer, kostengün-stige Kindereinrichtungen werden geschlossen (Übrigenssteht Deutschland bei der Betreuung von Kindern unter dreiJahren an letzter Stelle in der Europäischen Union); dieChancengleichheit in Erziehung und Bildung für Mädchenund Jungen ist nicht gewährleistet. Der raue Wind der vergangenen Jahre entwickelt sich miterschreckender Geschwindigkeit immer mehr zum Sturm.Frauen haben als erste die Zeche zu zahlen für denrigorosen Sparkurs der Bundesregierung. Die von al-len Seiten hoch gelobten Vorschläge der Hartz-Kommissi-on verschlechtern die Chancen von Frauen auf dem Ar-

beitsmarkt und die Möglichkeit einer eigenständigen exi-stenzsichernden Tätigkeit. Frauen werden in erschreckendem Maße zu denStiefkindern des Arbeitsmarktes.

Warum ist das so? Die Gründe sind nicht einfach in denzweifellos notwendigen Reformen, sondern auch in denKöpfen der Reformer zu suchen. Sie gehen nach wie vor ausvon einer traditionellen Arbeitsgesellschaft und dem über-holten Leitbild des männlichen Familienoberhauptes, dasdie Familie ernährt, dessen Ehefrau sich um Kinder undHaushalt kümmert und vielleicht ein bisschen dazu ver-dient. Und die traditionelle Arbeitsgesellschaft ist auf demRückzug. Das sogenannte Normalarbeitsverhältnis ist dieAusnahme geworden. Im Sinne der Profiterzielung und–maximierung werden immer mehr Arbeitsplätze abgebaut.Und wo nicht genügend Arbeitsplätze da sind, nützen diebesten Vermittlungsstrategien, verschärfte Zumutbarkeits-kriterien und die Bestrafung von angeblich Arbeitsunwilli-gen nichts, um den Arbeitsmarkt zu beleben. Dem massiven Druck von Frauen und ihren Verbänden istes zu danken, dass aus den Papieren der Hartz-Kommissi-on zumindest der Vorschlag, die zumeist männlichen„Haushaltsvorstände“ auf dem Arbeitsmarkt zu bevorzugen,verschwunden ist. Doch vieles von dem, was nun seit Be-ginn der Jahre 2003 und 2004 gilt, ist nicht gerade als frau-enfördernd oder wenigstens frauenfreundlich zu bezeich-nen. Lassen Sie mich einige Beispiele herausgreifen:Bereits Anfang 2003 wurden die Sätze der Arbeitslosenhil-fe faktisch gesenkt, die Vermögensfreibeträge um 60 Pro-zent gekürzt und die Anrechnung von Partnereinkommenverschärft. Diese Neuregelung hatte zur Folge, dass 40 Pro-zent der Frauen die Arbeitslosenhilfe verwehrt wurde. Dasklassische Modell des Familienernährers mit einer von ihmfinanziell abhängigen Ehefrau kommt wieder umfassendzum Tragen. Bereits zuvor erhielten nur 22 Prozent der ar-beitslosen Frauen in den alten und nur 47,3 Prozent in denneuen Bundesländern Arbeitslosenhilfe. 85 Prozent von ih-nen mussten sich mit weniger als 600 Euro und 20 Prozentmit weniger als 300 Euro begnügen. Durch die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen-und Sozialhilfe wird die erhöhte Anrechnung des Partner-einkommens nochmals verschärft. Hier schlägt die generel-le Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben doppeltdurch: Sie verdienen im Durchschnitt ein Viertel weniger

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Gedanken zur Lage der Frauen in Deutschland

Einmischung und Druck sind der einzige Weg

als Männer! Verliert eine Frau mit geringem Einkommenihren Job, verliert sie auch ihren Anspruch auf Arbeitslo-sengeld II. Sie wird auch ausgeschlossen von Weiterbil-dung und Umschulung, die ihr neue Möglichkeiten eröffnenkönnten. So wirkt der Staat nicht auf die Beseitigung beste-hender Nachteile und die Schaffung von Bedingungen füreine eigenständige Existenzsicherung von Frauen hin, son-dern reanimiert ein der Gleichstellung diametral entgegen-gesetztes Ernährermodell.Nun bleiben Frauen noch Mini-Jobs, die zum einen kaumneue Arbeitsplätze schaffen und die Umwandlung von Voll-zeit- und versicherungspflichtigen Teilzeitstellen begünsti-gen und zum anderen unsozial und frauenfeindlich sind,weil sie die Altersarmut der Betroffenen vorprogrammierenund Frauen in die Rolle der Hausfrau mit kleinem Zuver-dienst drängen.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch wenigeWorte zu einem Problemkreis, der vor allem für uns Frauenin den ostdeutschen Bundesländern von eminenter Bedeu-tung ist - ich meine den geförderten Arbeitsmarkt. Für vie-le Frauen war eine Tätigkeit im Rahmen von ABM oder SAMseit der Wende häufig die einzige Möglichkeit, einer sinn-vollen Beschäftigung nachzugehen. Mit der in diesemJahr erfolgten radikalen Kürzung von ABM, demWegfall von SAM und der Reduzierung der Förder-dauer wird die Beschäftigung von Frauen auf demzweiten Arbeitmarkt, vor allem in den von hoher Ar-beitslosigkeit betroffenen ostdeutschen Bundeslän-dern, faktisch zunichte gemacht. Und das zu einemZeitpunkt, da die Europäische Kommission in den 2002vorgeschlagenen beschäftigungspolitischen Leitlinien dieMitgliedsstaaten der EU auffordert, im Rahmen von natio-nalen Aktionsplänen für Beschäftigung konkrete Maßnah-men zur Förderung des sogenannten Dritten Systems,sprich des zweiten Arbeitsmarktes, zu ergreifen. Die Be-gründung der Kommission: Das Dritte System wendet sichnormalerweise an die am stärksten benachteiligten Bevöl-kerungsgruppen. Es ermöglicht Personen mit geringemEinkommen den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen,die ihre Lebensqualität verbessern und ihre einzige Chancedarstellen, ihre beruflichen Perspektiven zu verbessern.Und das Dritte System fördert die soziale Integration undverhindert Ausgrenzung.Im Moment scheint man hier in der Bundesrepublik von

diesen Erkenntnissen und Empfehlungen, die in andereneuropäischen Ländern bereits durchgesetzt werden, weitentfernt zu sein.

Diese Beispiele sollen genügen. Es würde zu viel Zeit ko-sten, die negativen Auswirkungen der Agenda 2010 und derReformvorhaben der Bundesregierung auf die Lage vonFrauen aufzuzählen. Egal, welche Reform man hernimmt -ob die des Arbeitsmarktes, die der Steuern, die der Rente,die des Gesundheitswesens oder der Familienpolitik - siesind kein Beitrag zur Durchsetzung von mehr Gleichstel-lung von Frau und Mann. Was mich persönlich beson-ders wütend macht, ist dass dieser Staat es sich lei-sten kann, die Kompetenz und das Potential der ambesten ausgebildetsten Frauengeneration aller Zei-ten einfach zu negieren und brach liegen zu lassen.Lassen Sie mich noch einmal auf den eingangs genanntenfünften Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Über-einkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jederForm von Diskriminierung der Frau (CEDAW) zurückkom-men. Der Bericht wurde im CEDAW-Ausschuss der UNOam 21.1.2004 in New York vorgestellt. Zuvor hatten Vertre-terinnen deutscher NGOs – KOK e.V., Terre des Femmese.V. und Deutscher Frauenrat e.V. - dem Ausschuss einenvon mehreren NGOs erarbeiteten Schattenbericht überge-ben. Ausgehend von den Berichten, der Anhörung der deut-schen Regierungsdelegation und den Ausführungen derNGOs arbeitete der Ausschuss in seinem Abschlussdoku-ment sowohl positive Aspekte als auch deutliche Kri-tikpunkte heraus. Als positiv wurde u.a. das Bestehen desumfangreichen Netzwerkes institutionalisierter Gleichstel-lungspolitik, der gesetzlichen Grundlagen für Gleichstel-lung, der aktiven Rolle von NGOs, der Anwendung einer ge-schlechterspezifischen Betrachtungsweise in allen Entwick-lungsprogrammen und die Beratung des Regierungsberich-tes im Bundestag benannt.

Demgegenüber äußerte der Ausschuss seine Besorgnis u.a.in Bezug auf - das Fortbestehen der stereotypen Rollenverteilung zwi-schen Frau und Mann und der einseitigen - häufig sexisti-schen - Darstellung der Frau in Medien und Werbung - das Fehlen von umfassenden statistischen Angaben zuGewalt gegen Frauen- den hohen Anteil von Langzeitarbeitslosigkeit von Frauen

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Gedanken zur Lage der Frauen in Deutschland

Einmischung und Druck sind der einzige Weg

- den Anstieg von Teilzeit-Jobs und geringfügigen Beschäf-tigungsverhältnissen, die fortdauernde Lohnungleichheitund die Diskrepanz zwischen Qualifikation der Frauen undihrem Arbeitsplatz- die ungenügende Bezugnahme auf CEDAW in der natio-nalen Gesetzgebung- die zu erwartenden negativen Auswirkungen der Agenda2010 auf Frauen- die Situation von Migrantinnen und Angehörigen ethni-scher Minderheiten, die unterschiedlichen Formen von Dis-kriminierung aufgrund von Geschlecht und Rasse sowieaus ethnischen oder religiösen Gründen ausgesetzt sind- die Ausbeutung von Prostituierten- den ungenügenden Anteil von Frauen in Führungspositio-nen im Öffentlichen und im Diplomatischen Dienst sowie inWissenschaft und Forschung.

Der Ausschuss empfahl der Bundesregierung, bei der Erar-beitung des in vier Jahren vorzulegenden sechsten Berich-tes noch enger mit NGOs zusammenzuarbeiten und sie indiesen Prozess stärker einzubeziehen. Des Weiteren wurdedie Bundesregierung aufgefordert, nicht nur die abschlie-ßenden Bemerkungen des Ausschusses zu veröffentlichen,sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass CEDAW und das

Zusatzprotokoll sowie die Abschlussdokumente der Pekin-ger Weltfrauenkonferenz von 1995 und auch der 23. Son-dersitzung der UNO-Vollversammlung „Frauen 2000: Ge-schlechtergleichheit, Entwicklung und Frieden für das 21.Jahrhundert“ einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ge-macht werden. Mit anderen Worten: Der Handlungsbedarfist groß, und es liegt jetzt an uns, von der Bundesregierungschnelles Handeln einzufordern. Auch wenn viele von uns oft nahe daran sind, ange-sichts der gegenwärtigen Entwicklung zu resignie-ren, ist Einmischung und Druck der einzige Weg, umuns Gehör zu verschaffen. Die Stimmen für mehr sozia-le Gerechtigkeit in Deutschland mehren sich. Es gibt auchfür uns keinen Grund, im Ringen um gleiche Rechte undgleiche Chancen für Frauen nachzulassen. Wir haben einenAnspruch und ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe inder Gesellschaft in allen sozialen Beziehungen, im Er-werbsleben und in der Politik. Über scheinbare Grenzenvon Glauben, Tradition und Kultur hinweg sollten wir unsnoch solidarischer zusammenschließen und nach den Wor-ten der großen deutschen Schriftstellerin Ricarda Huchhandeln: „Wer rückwärts sieht, gibt sich verloren; wer lebtund leben will, muss vorwärts sehen!“

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Warum spreche ich als Gleichstellungsbeauftragte ausSicht von Nichtregierungsorganisationen? Immerhin ge-hören wir zur öffentlichen Verwaltung. Nichtregierungsor-ganisationen dagegen sind heterogene Gruppierungen,freiwillige Zusammenschlüsse einzelner Bürger und Bürge-rinnen mit gleichen oder ähnlichen Interessen auf lokaler,regionaler, nationaler oder internationaler Ebene. NGOs imengeren Sinne sind in ihrer Zielsetzung in aller Regel phi-lanthropisch und nicht gewinnorientiert. Als kommunale Gleichstellungsbeauftragte arbeite ich be-sonders eng mit den Nichtregierungsorganisationen zu-sammen. Übrigens: Vielen Vereinen und Verbänden ist esnicht bewusst, dass sie NGOs sind, bzw. so bezeichnet wer-den. Ihre Arbeit aber, gerade im ländlich geprägten Raum,hängt entscheidend von den Aktivitäten und Arbeitsmög-lichkeiten kommunaler Gleichstellungsbeauftragter ab undist eng mit ihnen verknüpft. Das durfte ich im Februar die-sen Jahres auf eine besondere Art deutlich machen. AlsGleichstellungsbeauftragte der Stadt Neuruppin organisier-te ich eine Ausstellung mit dem Titel: „Was macht die über-haupt?“ Den meisten von Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass diegesetzlichen Regelungen zur Bestellung von kommunalenGleichstellungsbeauftragten im Land Brandenburg nun fastdie schlechtesten der Bundesrepublik sind. Hatten dieKommunen früher hauptamtliche Gleichstellungsbe-auftragte ab 10.000 Einwohnern und Einwohnerin-nen zu bestellen, so tun sie es jetzt erst ab 30.000.Das ist ein gravierender Rückschritt in der Gleichstellungs-politik! Ich möchte Ihnen nun einige Passagen aus dieser Ausstel-lung vorstellen, die deutlich machen, wie eng meine Arbeitmit der von NGOs verknüpft ist:

Die Gleichstellungsbeauftragte gibt Hinweise, regt an, be-richtet und berät, sie schlägt Lösungsansätze vor, ist sozu-sagen ein Kontrollorgan, macht Öffentlichkeitsarbeit (z.B.jährliche Frauenwochen), initiiert Projekte unterschiedlich-ster Art, macht Einzelfallberatung, unterstützt und berätProjektträger, macht auf Missstände aufmerksam.

Sie sollte zu sämtlichen Entwicklungsfragen der Kommunegehört werden. (GG Artikel 3 - Beseitigung bestehender

Nachteile). Dazu sollte sie u.a. zu den Beratungen der Lei-tungsebene der Verwaltung hinzugezogen werden. Hier gibtes oft Diskrepanzen. Einerseits ist für viele Verwaltungslei-tungen die Handhabung der Gesetze zur Gleichstellungnicht Handlungsmaxime, andererseits ist es für die Gleich-stellungsbeauftragte rein praktisch nicht möglich, überallpermanent anwesend zu sein, sie muss Prioritäten setzten. Die unterschiedliche Interpretation der Gesetzgebung istein weiteres Problem. Bezüglich der Kommunalverfassung / Gemeindeordnung§ 23, wird der Begriff „Soziale Sicherheit“ oft nur im Sinneder sozialarbeiterischen Handlungsfelder oder der Sozial-hilfe gesehen. Fachlich beinhaltet er aber viel mehr, wie z.B.die soziale Infrastruktur der Stadt, Kindertagesstätten, Öf-fentlicher Personennahverkehr, Straßenbeleuchtung usw..Die Gleichstellungsbeauftragte ist also regelmäßig gefor-dert, sich zu vielen verschiedenen Themen / Entwicklungs-fragen der Kommune ein Bild bezüglich der derzeitigen undzu erwartenden Situation und Auswirkungen für Frauenund Männer zu machen, sowie sich gesetzliches Grundla-genwissen anzueignen. Rechtzeitige Beteiligung und Infor-mation sollten dementsprechend zum Grundprinzip derVerwaltungsspitze gehören.

Frauenpolitische Strukturen aus Sicht der NGO´s

Frage nicht den Frosch...

Petra Torjus, kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Neuruppin

Petra Torjus, geboren 1954, ist gelernte Rinderzüchterin,Industriekauffrau und absolvierte ein Studium für den ge-hobenen Dienst. Seit 1990 ist sie Gleichstellungsbeauf-tragte von Neuruppin. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter.

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Frauenpolitische Strukturen aus Sicht der NGO´s

Frage nicht den Frosch...

Im Zusammenhang mit den vorgegebenen Lebensberei-chen, in denen die Kommune sich für die Gleichstellungvon Frau und Mann einzusetzen hat, wird wiederum deut-lich, dass eine Gleichstellungsbeauftragte nicht gleichzei-tig alle diese Aufgabenfelder abdecken kann.Des Weiteren sind ihr keinerlei Sanktionsmöglichkeiten ge-geben und in den meisten Kommunen sind auch die finan-ziellen Mittel, die ihr für ihre Arbeit zur Verfügung stehen,so gering, dass zielgerichtete Projektarbeit kaum oder garnicht möglich ist. Aus dem Neuruppiner Stadthaushalt der Jahre 1994 bis2003 sind 12.825,57 Euro für die Arbeit der Gleichstel-lungsbeauftragten bezuschusst worden. Im gleichen Zeit-raum hat die Haushaltsstelle etwa 22.000,00 Euro Einnah-men zu verzeichnen. Diese Summe beinhaltet u.a. die Lei-stungen des Landes Brandenburg zur Durchführung derBrandenburgischen Frauenwochen.Für Dienstreisen, Aus- und Weiterbildung, Post- und Fern-meldegebühren wurden durch die Stadt in diesen zehn Jah-ren 7.670,98 Euro getragen / befürwortet.

Die Zusammenarbeit mit gesellschaftlich relevanten Grup-pen und Institutionen, z.B. den unterschiedlichsten Behör-den, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Vereinen, Verbän-den und sonstigen Gruppierungen wie Selbsthilfegruppenetc. ist für die externe Arbeit der Gleichstellungsbeauftrag-ten eine der Möglichkeiten, den Blickwinkel zur Verbesse-rung der Gleichstellung von Frau und Mann zu verändern.In Neuruppin hat die Gleichstellungsbeauftragte dafür denBegriff der „positiven Kooperation“ geprägt. Aus dieser Zusammenarbeit heraus wurden die kooperie-renden Gruppierungen mit Beschluss der Stadtverordne-tenversammlung der Stadt Neuruppin am 30. März 1998zum „Beirat der Frauen“ (Frauenbeirat) benannt. Der Frau-enbeirat berät, wie der Jugend- und der Seniorenbeirat, dieStadtverordnetenversammlung zu Fragen der Personen-gruppe.Dem Frauenbeirat gehören Gruppierungen an, in denenmehr als die Hälfte der dort Tätigen Frauen sind oder derenKlientel überwiegend weiblich ist bzw. jene, für dieGleichstellungspolitik ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeitdarstellt.

Derzeit gehören zum Frauenbeirat der Fontanestadt Neu-ruppin:

- die Arbeitslosenserviceeinrichtung Neuruppin- der Demokratische Frauenbund- der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuz Neuruppin- das Brandenburgische Institut für Aus- und Weiterbildung- die Evangelische Beratungsstelle der

Initiative Jugendarbeitslosigkeit- das Projekt „Einsetzen statt Aussetzen“- die Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung- die Arbeitsgruppe „Projekte Mädchen Zukunft“- die Landfrauen- der Arbeitslosenverein OPR- die DGB Arbeitsgruppe Frauen- eine Stadtverordnete- eine Frau der SPD-Ortsgruppe- die Gleichstellungsbeauftragte - außerdem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der DB-Jugendbildungsstätte Flecken-Zechlin. Die Gleichstellungsbeauftragte begleitet die Entwicklungvon Projekten. Zu nennen sind z.B. das Mütterzentrum desDemokratischen Frauenbundes und der Verein „Kinder inNot“ mit der Kinderschutzstelle. Sie arbeitete intensiv mitdem Frauen- und Mädchenzentrum des Vereins „Neuruppi-ner Frauen für Frauen“ zusammen und engagierte sich fürdie Erhaltung der Kinderschutzstelle durch einen Träger-wechsel zum Verein „Frauen für Frauen“. Im Laufe der Jahre fanden viele Veranstaltungen statt, dieFrauen in der Kultur förderten, die den Mitarbeiterinnenvon Projekten als Weiterbildung dienten, die aktuelle ge-sellschaftliche Themen in die Öffentlichkeit brachten, dieFernseh- und Rundfunkanstalten interessierten und Berich-te über die Vorgänge sendeten. Eines der „Dauerthemen“ist die Finanzierung des Neuruppiner Frauenhauses.Als erste und einzige Kommune im Landkreis schloss dieStadt Neuruppin mit dem Verein „Neuruppiner Frauen fürFrauen“ einen Vertrag zur Finanzierung des Frauenhauses,der insgesamt sechs Jahre bestand und wegen neuer Fi-nanzierungsformen zum 1.1.2004 gegenstandslos wurde. Es galt Alternativen zu entwickeln, da die pauschalisierteMittelausgabe des Landes Brandenburg dem NeuruppinerFrauenhaus 1/3 der Mittel kürzt.

Nur durch diese enge Zusammenarbeit und dauer-haft ausgeübten politischen Druck sind die Struktu-ren der in Neuruppin ansässigen NGOs für das LandBrandenburg im Vergleich ähnlich großer Städte

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Frauenpolitische Strukturen aus Sicht der NGO´s

Frage nicht den Frosch...

noch als beispielhaft zu bezeichnen. Jedoch kann sichjede Frau und jeder Mann vorstellen, dass alle diese Akti-vitäten auf keinen Fall durchführbar wären, wenn es keinehauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte geben würde unddie Unterstützung der NGOs immer dermaßen miserabelgewesen wäre, wie sie heute ist. Die Förderbedingungender Agentur für Arbeit, des Landes Brandenburgund der Kommunen haben sich in den letzten Jahrenderartig verschlechtert, dass viele Vereine und Ver-bände vor dem Ruin stehen. Ausschließlich ehrenamt-lich arbeitende Gruppierungen können die Aufgaben vonMädchenzentren, Frauenzentren, Arbeitslosenzentren, Be-ratungsstellen usw. nicht ausfüllen oder gar ersetzen. Die gesetzliche Veränderung zur Pflicht der Bestellunghauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter der Kommu-nen, geht einher mit dem Wegfall der Finanzierung des Lan-des Brandenburg für Frauen- und Mädchenzentren. Die Fi-nanzierung der brandenburgischen Frauenhäuser wurdepauschalisiert und umfasst jetzt gleichzeitig die Aufgaben-stellung nach dem Gewaltschutzgesetz. Vereine, die dengrößten Teil der sozialen Infrastruktur der Kommunen tra-gen und auf ABM-Stellen angewiesen sind, können unterden aktuellen Bedingungen kaum noch arbeiten. Dazukommt, dass Förderbescheide oft verschleppt erteilt und

angekündigte Mittel nicht selten viel zu spät ausgezahltwerden. Und mit weiteren Verschlechterungen ist zu rech-nen. Unter diesen Bedingungen gilt es darüber nachzuden-ken wie frauenpolitische Strukturen in Brandenburg ausSicht von Nichtregierungsorganisationen zukünftig ausse-hen werden.

Es muss uns demnächst noch besser gelingen, die Organi-sationen, die schon heute ausschließlich ehrenamtlich ar-beiten, wie die Landfrauen, die Frauenverbände einzelnerBerufsgruppen, Frauen der Parteien, den Verband der Un-ternehmerinnen usw. mit ihren Netzwerken zu unterstützen,in die Netzwerke vor Ort einzubeziehen und als frauenpoli-tische Unterstützerinnen für die Vereine und Verbände zugewinnen, die ihre Aufgaben nur mit Angestellten aus-führen können.

Zum Schluss noch Folgendes. Ich erinnere mich gut daran,was einer der Herren, die die Geldtöpfe verwalten, zu mirsagte: Frage nicht den Frosch, wenn du seinen Teichtrocken legen willst!Das machte mir sehr deutlich: Nur wir Frauen können dasLand Brandenburg wieder zum FrauenLand Brandenburgwerden lassen.

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KuKMA - das bedeutet Kontakt- und Koordinierungsstellefür außerschulische Mädchenarbeit im Land Brandenburg.Seit 1993 wird dieses Projekt vom Ministerium für Arbeit,Soziales, Gesundheit und Frauen (MASGF) gefördert undbefindet sich in Trägerschaft einer Nichtregierungsorgani-sation (NGO), der Paritätischen Sozial- und Beratungszen-trum gGmbH.Unser Arbeitsauftrag ist nicht die unmittelbare Arbeit mitMädchen und jungen Frauen. Als Fach- und Dienstlei-stungseinrichtung unterstützen wir beispielsweise Mäd-chenprojekte, Einrichtungen von freien und öffentlichen Trä-gern der Jugendhilfe, Frauenzentren und Frauenhäuser,Gleichstellungsbeauftragte aber auch Mitarbeiterinnen ausSchulen, Arbeitsverwaltungen, der IHK, aus Vereinen undVerbänden. Gleichzeitig arbeitet die KuKMA mit einem interessenpoliti-schen Mandat. Wir wollen in Brandenburg mithelfen, einesoziale Infrastruktur zu entwickeln, die die Gleichberechti-gung von Mädchen und Frauen fördert und Benachteiligun-gen abbaut.

Wie steht es um die Förderung mädchenpolitischer Struk-turen im Land Brandenburg?

Nach der politischen Wende hat sich in Brandenburg fürMädchen und junge Frauen viel bewegt. Einigen couragier-ten Frauen und insbesondere dem MASGF ist es zu ver-danken, dass schnell ein Mindeststandard von mädchen-und frauenpolitischen Strukturen entstand. Das Ministeri-um initiierte und finanzierte beispielsweise die Kontakt-und Koordinierungsstelle für Mädchenarbeit, Personal undAngebote für Mädchentreffs, Kurse, landesweite Mädchen-camps, aber auch Vernetzungsmöglichkeiten, Fortbil-dungsangebote oder die traditionellen Jahresabschlussta-gungen für die Mitarbeiterinnen. Dabei wurde Mädchenar-beit immer als Querschnittsaufgabe gesehen, so dass auchVertreterinnen der Gewerkschaften, Industrie- und Handels-kammer und viele andere einbezogen wurden. Damit warunser Bundesland beispielhaft für den Osten Deutschlands. Das für solche Aufgaben ebenfalls zuständige Fachministe-rium, das Ministerium für Jugend, Bildung und Sport(MBJS) engagierte sich nur verhalten. Ein einziges landes-

weites Modellvorhaben zur Förderung von Angeboten ge-schlechtsdifferenzierter Jugendhilfe im Jahr 1999 lässt sichnennen. Aber auch das MASGF hat heute bei weitem nicht mehr diegleichen Möglichkeiten wie damals. Von den mädchenpoli-tischen Ansätzen der 90er Jahre sind nur noch Rudimenteübrig. Etwa zwei Drittel der Mitte der 90er Jahrenentwickelten Angebotsformen gibt es nicht mehr. Esfehlt angeblich am nötigen Geld. Projekte mussten schlie-ßen. Es fehlt an qualifiziertem Personal, Fortbildungsmög-lichkeiten und angemessenen Formen zur Vernetzung. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz müssen die un-terschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von Mäd-chen und jungen Frauen Berücksichtigung finden. Demwird allenfalls noch in Ausnahmefällen Rechnung getragen.Heute ist es so, dass es nur noch regional vereinzelte An-gebote für Mädchen und junge Frauen gibt. Und nur dort,wo sich Frauen so stark für Mädchenarbeit einsetzen, dasssonst politischer Schaden zu befürchten ist. Mäd-chenarbeit wird bisher nur in Ausnahmen als Qua-litätskriterium erkannt. Damit wird Mädchenarbeit zurDekoration, anstatt eine rechtlich verbürgte Querschnittsar-beit einzulösen.

NGO´s über mädchen- und frauenpolitische Strukturen im Land Brandenburg

Was seit den 90er Jahren blieb

Ulrike Häfner, Projektleiterin der KuKMA

Ulrike Häfner, geb. 1968, ist Sozialarbeiterin und leitet seit1999 das Projekt KuKMA. Sie ist Gründungsmitglied undVorstandsfrau der Bundesarbeitsgemeinschaft Mädchen-politik e.V. Sie hat einen 15-jährigen Sohn.

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NGO´s über mädchen- und frauenpolitische Strukturen im Land Brandenburg

Was seit den 90er Jahren blieb

Einige Beispiel: Im Jugendklub in Brieselang gab es bisherspezielle Angebote und Hilfen für Mädchen, auch im Belzi-ger Frauenzentrum und durch den Jugendring Luckenwal-de. Diese Aufzählung ließe sich noch länger fortsetzen. Sol-che niederschwelligen Möglichkeiten sind heute die Aus-nahme. In Zeiten leerer Kassen wird bei solch scheinbarem„Luxus“ zuerst gespart. Gestrichen wird, wem die Lob-by fehlt. Denn die Förderungen sind noch viel zusehr abhängig von den persönlichen Meinungenund dem Wohlwollen örtlicher Entscheidungsträger.Damit gibt es keinerlei Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit,keine Planungssicherheit und schon gar keine Nachhaltig-keit. Eine regionale Vernetzung mit verändernder Wirkung in dieJugendhilfe hinein ist nicht mehr möglich. Wer sollte diesunter derartigen Bedingungen auch tun können? Branden-burg hat sich damit nicht nur von seiner Führungsrolle ver-abschiedet; es rangiert heute ganz hinten. Dabei müsste längst ein Umdenken einsetzen. Sowohl dieverknappten Ressourcen, der demographische Wandel, diePisaergebnisse und die gebotene Kooperation von Jugend-hilfe und Schule zwingen zur Neuorientierung im Interesseunserer Zukunft, im Interesse von Mädchen und Jungen,jungen Frauen und auch jungen Männern.

Das Ergebnis bisheriger Fehlentwicklungen ist gravierend:Der Strom jener, die gen Westen ziehen, reißt nicht ab. Undes verlassen mehr junge Frauen unser Bundesland, als neuhinzu kommen. In den Jahren 2000 bis 2002 lag die Ab-wanderungsrate von Frauen bereits bei 62,8 Prozent. Gera-de die jungen mobilen und bestens für die beruflichen An-forderungen Gerüsteten gehen scharenweise fort. In denletzten fünf Jahren haben 4.700 der 15- bis unter 20jähri-gen Brandenburg verlassen. Von den 20- bis 25jährigenwaren es 16.400. Die Tendenz setzt sich fort bei den Alters-gruppen der 25- bis 30Jährigen. Es sind die künftigenMütter, die Brandenburg verlassen. Der Geburtenrück-gang wird damit noch dramatischer werden. Bereits jetztführte er dazu, dass Kinderbetreuungseinrichtungen abge-baut wurden und nun Schulen schließen. Künftig werdenfür die wenigen Kinder und Jugendlichen die Wege weiterund die Angebote - speziell für Mädchen - drastisch weni-ger und kaum mehr erreichbar. Dazu kommt ein weiteres Problem: Finanzierungsmöglich-

keiten gibt es in aller Regel nur noch für die Bewältigungfremddefinierter Problemlagen und Krisen, ganz speziellerBedürfnisse. Es gibt scheinbar Expertinnen und Expertenfür jedwedes Problem. Nur, die ganz normalen Alltagsthe-men von Mädchen und Frauen finden sich darin kaum wie-der. Wenn sie deshalb die herkömmlichen Angebote nichtnutzen, weil sie für sie nicht die richtigen sind, wird vor-schnell geschlussfolgert, diese seien dann auch nicht mehrnötig, anstatt die eigene Qualität kritisch zu hinterfragen.Spezialistentum und die Abgrenzung von Ressorts, rigideZuständigkeiten und Verantwortungslosigkeit erschwerengebotene Kooperationen und die Öffnung für Neues. Wenn engagierte Fachfrauen Konzepte entwickeln und För-deranträge stellen, haben sie nur noch Aussicht auf Erfolg,wenn sich ihre Angebote an sogenannte „Betroffene“ wen-den. Also Menschen mit Auffälligkeiten, einem besonderenFörderbedarf, Defiziten. Lebenslustige, bestens qualifiziertejunge Frauen mit Träumen und Visionen, die auch Proble-me haben, aber nicht nur, gehen dabei leer aus. Da scheintes, zumindest auf dem ersten Blick, am besten und nahelie-gendsten, den Ort zu verlassen, an dem sie sich nicht ge-wollt fühlen und an dem sowieso kaum existenzsicherndePerspektiven erkennbar sind.Kinder- und Jugendhilfe vollführt einen akrobatisch anmu-tenden Balanceakt. Das Fehlen spezifischer Angebote führtdazu, dass sich Mädchen und junge Frauen immer wenigerangesprochen fühlen. Es sei kein Bedarf vorhanden, heißtes. Solch eine Triviallogik ist verantwortungslos und meinerAnsicht nach sträflich. Dass ihr Fernbleiben eine Abstim-mung mit den Füßen ist, wird schlicht ignoriert. Dabei istseit 25 Jahren hinlänglich bekannt, dass unreflektierte undangeblich so geschlechtsneutrale Angebote Mädchen undjunge Frauen verfehlen. Ändert sich dies nicht, tragen wohl-meinende Absichten vielmehr zur Diskriminierung bei.Alarmieren sollte uns alle, dass, laut einer Untersuchungdes Bundesministeriums für Familien, Soziales, Frauen undJugendliche, sich Mädchen und junge Frauen in Not weni-ger an Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wenden,sondern zunehmend an örtliche Frauen- und Gleichstel-lungsbeauftragte sowie Beratungsangebote von Frauenzen-tren und Frauenhäusern. Wenn sich Brandenburg auch die-se künftig spart, können wir annehmen, dass es fürMädchen und junge Frauen kaum noch soziale Hilfen undUnterstützung gibt.

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NGO´s über mädchen- und frauenpolitische Strukturen im Land Brandenburg

Was seit den 90er Jahren blieb

Auch im Land Brandenburg gibt es ein Netzwerk/eine Lan-desarbeitsgemeinschaft (LAG), welche sich mit den Belan-gen von Mädchen und jungen Frauen befasst und bemühtist, die raren Angebotsformen zur Förderung von Gleichbe-rechtigung und Chancengleichheit fachlich zu unterstützen.Die Akteurinnen leisten diese Arbeit ehrenamtlich. Eine for-male und organisatorische oder gar finanzierte Unterstüt-zungsstruktur gibt es dafür längst nicht mehr. Seit demSommer 2002 ist die LAG Mädchenpolitisches Netzwerk imLand Brandenburg wegen Mangels existenzieller Ressour-cen nicht mehr arbeitsfähig (es fehlen: Kolleginnen, Fahr-geld, Arbeitszeit etc.,). Finanzpolitische Entscheidungender Kommunen, Gemeinden, Kreise und des Landes ließenseither etwa 50Prozent der bis Ende 2001 verblieben Mäd-chenprojekte und gleichstellungsfördernder Einrichtun-gen/Institutionen schwinden. Wissen, Erfahrungen, politi-sche Gestaltungskraft nehmen Monat für Monat ab. Die de-solate Situation verhindert verbindliche Vernetzung. So gibtes in dem Netzwerk z.B. keine Kandidatinnen für die Wahlneuer Sprecherinnen. Damit wird es künftig auch keine An-sprechpartnerinnen geben. Soweit zeitlich zu realisieren,nimmt also die KuKMA in Vertretung der LAG an Veranstal-tungen teil. Sie sorgt für die nötige Transparenz untereinan-der und äußert sich zu fachpolitischen Sachverhalten - mitdem Hinweis auf die Unvollständigkeit wegen der gegen-wärtigen Arbeitsbedingungen. Wir nennen das Dilemma sooft wie möglich beim Namen. Ohne jemanden persönlichbrüskieren zu wollen - die Kritik trifft hier in erster Linie dieörtliche öffentliche Kinder- und Jugendhilfe, gleichwohlauch jene, die soziale Strukturpolitik parlamentarisch zuverantworten haben.Vertreterinnen der gegenwärtig verbliebenen Mädchenpro-jekte haben sich bewusst dafür entschieden, die Landesar-beitsgemeinschaft nicht aufzulösen. Sie wollen die Tür of-fen halten. Für neue Initiativen, neue Projekte, neue Ideen.Dies zeugt von Verantwortungsbewusstsein und auch demHoffen auf Veränderungen.

Doch seien wir realistisch, ohne Geld wird dies keinfeingesponnenes Netzwerk, sondern bleibt eine trä-ge Eintagsfliege. Der gesellschaftliche, ökonomische unddemographische Wandel stellt das Bundesland Branden-burg vor neue sozialpolitische Herausforderungen. Psycho-sozial und materiell belastende Lebensbedingungen und

die Sorge um künftige Lebensperspektiven wirken sich aufdie Lebensgestaltung der jungen Menschen aus. Armut undWohlstand definieren sich neu. Neue Strategien sind erforderlich, um Lebensbedin-gungen zu schaffen, die heranwachsende Mädchenund Frauen zum Bleiben, zum Rückkehren oder zurNeuansiedlung einladen. Für Mädchenarbeit heißt dies,ihre spezifischen Situationen ernst zu nehmen und entspre-chende Strukturen und Räume zu schaffen bzw. zu nutzen.Diese Freiräume sind doppelt zu denken: als reale Räumeund als ideelle Räume. Bedingungen für die Möglichkeitengleichberechtigter Teilhabe wie auch die Ausgestaltung derRäume ist sowohl eine gemeinsame politische Herausfor-derung als auch Aufgabe zukunftsorientierter Landespolitik.

Die NGOs und Praktikerinnen Brandenburgischer Mäd-chenarbeit erwarten ein klares politisches Bekenntnis ihrerLandesregierung zur Förderung von Mädchen und Frauen.Dafür müssen sowohl inhaltliche Positionen bezogen, aberauch neue und ungewöhnliche Finanzierungsmodelle er-probt werden. Ein Vorschlag: Sämtliche Fachministerien stellen dreiProzent ihres Budgets für die Mädchenarbeit zurVerfügung und formulieren für die Verwendung dieserMittel zeitlich terminierte und überprüfbare Ziele. Gleichzei-tig muss die bestehende spärliche Strukturförderung fürgleichstellungspolitische Aufgaben nicht nur erhalten blei-ben, sondern flächendeckend, bedarfsgerecht und lokalkonkretisiert ausgebaut werden. Nur so hat FrauenLand Brandenburg eine Zukunft.

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Die Fähigkeiten des Orakels von Delphi gehen mir leidervollkommen ab und ich habe (hoffentlich) weder auf Sin-nestäuschungen beruhende Erscheinungen noch göttlicheOffenbarungen (Visionen). Wie allerdings die brandenbur-gische Frauenpolitik – oder besser die brandenburgischeGleichstellungspolitik – aussehen sollte, um der Idee vonChancengleichheit ein kleines Stück näher zu kommen, da-von habe ich sehr klare Vorstellungen. Mir reicht es nicht,einfach abzuwarten, bis sich die Kompetenz des weiblichenGeschlechts von allein durchsetzt. Auch wenn es uns der,Spiegel" vom 17. Mai 2004 mit seiner Titelgeschichteglauben machen will:„Schlaue Mädchen – dumme Jungs“.

Natürlich stimmt es: Mädchen sind sprachbegabter, besserim Lesen und Interpretieren von Texten, neugieriger, ver-bindlicher und beweglicher im Umgang mit anderen Men-schen, einfach erfolgreicher in sozialen Belangen. Wozu al-so noch Quoten, Geschlechterk(r)ampf und Konkurrenz?Für unser Land, das sich von der Industriegesellschaft zurDienstleistungsgesellschaft wandelt, scheint es ja ohnehinbesiegelt zu sein: Die Kompetenz der Mädchen wird siegen.

Aber Vorsicht! Genau diese Sozialkompetenz ist es,die uns Frauen in die "überkommenen" Verhaltens-muster treibt, die uns immer noch fast allein dieVerantwortung für Kinder und Familie übernehmenund uns nach wie vor die schlechter bezahltenDienstleistungsberufe wählen lässt. Die uns daranhindert, auch mal die Ellbogen zu benutzen und zusagen: Hier bin ich. Ich kann auch eine Firma leitenoder Politik gestalten! Wenn es anders wäre, gäbe es in Brandenburg mehr als dierund zehn Prozent Frauen auf Chefsesseln, es gäbe mehrals drei Ministerinnen und junge und qualifizierte Frauenblieben hier und kehrten dem Land nicht scharenweise denRücken. Die Zahl der weiblichen Abgeordneten würde stei-gen und nicht zurückgehen.

Wir haben einiges erreicht für Frauen in den vergangenenhundert Jahren. Aber zufrieden bin ich damit noch langenicht! Zwar können Frauen heute auch berufstätig sein.Das ist wichtig und deshalb darf es bei der Kinderbetreuungkeine weiteren Abstriche geben - im Gegenteil, wir brau-

chen mehr! Wir brauchen passgenauere Betreuungsange-bote, damit Frauen und Männer trotz der immer flexiblerenArbeitszeiten Familien gründen können. Und das mussschnell gehen! Mittlerweile sind die Probleme, die sich aus der demogra-phischen Entwicklung ergeben, auch in den Köpfen vonMännern angelangt. Deshalb bin ich zumindest in diesemPunkt zuversichtlich: Wir werden bald nicht mehr wegenunserer Erwerbsneigung beschimpft, sondern als Fachkräf-te willkommen sein!

Das allein aber reicht nicht. Um wirklich Chancengleichheitherzustellen, müssen Frauen endlich auch die Chefetagenerobern. Frauen werden zwar als Kundinnen undWählerinnen wohlwollend hofiert. Wirtschaftlichund politisch sinnvoll wäre es, ihnen endlich zu er-möglichen, Politik selbst zu gestalten und zu vermit-teln, Produkte selbst zu entwickeln und zu vermark-ten sowie in Gremien über Unternehmens- und Ver-bandspolitik zu entscheiden. Und das funktioniert offen-sichtlich weder mit Gleichstellungsgeboten im Grundgesetzund in Länder-Gesetzen, noch mit der Bestellung von

Visionen für die Brandenburgische Frauenpolitik

Platz im Call-Center oder Ministerinnensessel?

Margret Schlüter, Gleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg

Margret Schlüter, geboren 1952, studierte Rechtswissen-schaften, war unter anderem im Brandenburger Finanzmi-nisterium tätig und arbeitet als Staatssekretärin im Ministe-rium für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Frauen. Seit2000 ist sie Landesgleichstellungsbeauftragte. Sie ist ver-heiratet.

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Visionen für die Brandenburgische Frauenpolitik

Platz im Call-Center oder Ministerinnensessel?

Gleichstellungsbeauftragten. Oft genug haben die nur eineAlibifunktion aber weder Entscheidungskompetenzen nochMittel, um wirklich Verbesserungen zu erreichen.

Chancengleichheit für Frauen und Männer kann deshalbnur funktionieren, wenn wir die Verantwortung dafür aufmehr Schultern verteilen. Und in der Landesregierungmuss jeder und jede seine/ihre Verantwortung erkennen,akzeptieren und wahrnehmen. So kann bei allem was Poli-tik plant, anschiebt und verwirklicht Chancengleichheitimmanenter Bestandteil des Agierens werden - nicht nur imFrauenministerium sondern in allen Ressorts. Genau dasist Gender Mainstreaming. Denn – machen wir uns dochnichts vor - die politischen Entscheidungen sind überwie-gend nicht geschlechtsneutral, sondern betreffen Frauen

anders als Männer, wie man sehr anschaulich bei Förder-maßnahmen sieht. Mit der Förderung von industriellenoder IT-Ansiedlungen entstehen Männerarbeitsplät-ze. Wird die Ansiedlung eines Call-Centers oder vontouristischen Einrichtungen gefördert, profitiereneher Frauen.

Genau das ist mein Wunsch für die nächste Legislaturperi-ode: Dass jeder Politiker und jede Politikerin in ihren Auf-gabenbereichen Verantwortung für die Verwirklichung vonChancengleichheit übernimmt. So wird Brandenburg auchin Zukunft für Frauen attraktiv sein. Wenn das geschieht,können wir auch in Zukunft ganz leicht auf göttliche Offen-barungen verzichten.

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die Entwicklung eines frauen- und familienpolitischen Leitbildes sowie der dazugehörigen handlungsstarken Strukturen innerhalb der Landesregierungals Maßstab für nachhaltiges politisches Handeln im Interesse Brandenburgs

Aktivitäten und Konzepte zur Wirtschaftsentwicklung, die existenzsichernde Arbeitsplätze für Frauen,insbesondere auch im ländlichen Raum Brandenburgs, gewährleisten

den Ausbau eines flächendeckenden Netzes von Betreuungs-, Bildungs- und Unterstützungsangeboten unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte für Kinder und Jugendliche

die institutionelle Förderung und strukturelle Verankerung von Angebotsformen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen

die Durchsetzung des Gewaltschutzgesetzes bis zur letzten Konsequenz, Frauenhäuser müssen Pflichtaufgabe sein

die konsequente Umsetzung des Prinzips Gender Mainstreaming und die Einführung von Gender Budgeting bei allen landespolitischen Entscheidungen

die Wiedereinführung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragtenin Kommunen ab 10.000 EinwohnerInnen

die Sicherung und den Ausbau der flächendeckenden Gesundheitsversorgung, die den Belangen von Frauen und Kindern gerecht wird

die paritätische Besetzung von Führungspositionen und Entscheidungsgremien

sicht- und hörbares Engagement bei der Thematisierung von frauen- und familienpolitischen Schwerpunkten zur Förderung einer stärkeren Repräsentanz dieser in den Medien

Bei der Umsetzung der Aufgaben unterstützt Sie gern:

14473 Potsdam · Heinrich-Mann-Allee 7Fon: 0331-2803581 · Fax: 0331-240072Mail: [email protected]

FRAUENPOLITISCHER RATLAND BRANDENBURG e.V.

Von einer zukunftsfähigen Landespolitik erwarten wir:

erledigt

für die Landesregierung

AUFGABEN!!!

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zur Vorbereitung der 15. Brandenburgischen Frauenwoche

Aktionsmappe

Der Beirat der Brandenburgischen Frauenwoche unter Fe-derführung des Frauenpolitischen Rates Land Brandenburge.V. hat für die 15. Brandenburgische Frauenwoche folgen-des Motto festgelegt:

„junges Gemüse und altes Eisen“Frauen im Wandel der Generationen

Nachfolgende Unterthemen wurden benannt:- Bevölkerungsentwicklung im Land Brandenburg- Mädchen- und Frauenpolitik nach den Landtagswahlen- Aktuelle Reformen und ihre Folgen für Mädchen

und Frauen- Gesundheit, Bildung und / oder Kultur- Gender Mainstreaming

Die 15. Brandenburgische Frauenwoche findet in der Kern-zeit vom 4. bis 13. März 2005 statt. Mit dem folgenden Bei-trag wollen wir Anregungen zur Gestaltung und Durchfüh-rung möglicher Veranstaltungen und Aktionen, der Öffent-lichkeitsarbeit sowie zum Auffinden von Quellen der Finan-zierung geben.

1. VeranstaltungsplanungDie nachstehende Aufreihung von Veranstaltungsformenund möglichen Themen ist auch das Ergebnis der Erfah-rungen der letzten Jahre. Den Kombinationsmöglichkeitensind dabei keine Grenzen gesetzt. Immer gilt: Aktionen undVeranstaltungen müssen, wenn sie erfolgreich sein sollen,zum Ziel, zur Zielgruppe und zur Zeitplanung passen.

1.1. Themen:

- Arbeit:ArbeitsmarktpolitikAuswirkungen von Hartz IVWege in die SelbständigkeitFrauen in Wissenschaft und TechnikWege ins Berufsleben

- BildungSchuleAußerschulische BildungFort- und WeiterbildungGenerationsübergreifendes Lernen

- Gesundheit:Gesundheitsreform und ihre AuswirkungenFrauen und GesundheitNaturheilverfahren„Schön“ schwangerFrauen sind anders krank als Männer ErnährungEssstörungenGewaltschutz

- Lebenskultur:Vereinbarkeit von Familie und BerufGeschlechtsspezifische SozialisationGeschlechter(un)typisches Rollenverhalten

in jedem LebensalterFrau in der SpracheLebensplanungLebenskultur „starker“ FrauenKulturelle IntegrationLebenssituation behinderter FrauenKreatives SchreibenFrauenAlltagSelbsthilfegruppenTräume / Inspirationen / IllusionenGenerationstreffenNachhaltiger KonsumGeschlechtsspezifisches KonsumverhaltenBegegnung mit Asylbewerberinnen, Aussiedlerinnen und

ausländischen Mitbürgerinnen

- Frauen in der PolitikHistorische Entwicklung der FrauenbewegungGespräche mit Europa-, Bundestags-,

Landtagsabgeordneten u.a.PolitikerinnenGender Mainstreaming in Theorie und PraxisGender BudgetingFrauen und ReligionEU-ErweiterungEuropäische Verfassung

1.2. Aktionen und Veranstaltungsformen:

- Workshops- Diskussions- und Gesprächsrunden

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zur Vorbereitung der 15. Brandenburgischen Frauenwoche

Aktionsmappe

- Vorträge- Foyergespräche- Fachtagung / Konferenz- Podiumsdiskussion- Veranstaltungsreihe- Ausstellungen von Künstlerinnen (aus der Region)

Foto, Malerei, Graphik- Kabarett- Film- Theateraufführungen / Schauspielereien- Konzerte / musikalische Aufführungen- Lesungen und Gespräche mit Autorinnen- Straßenperformances- Tag der offenen Tür- Informationsstand- Frauenspezifische Fortbildungsveranstaltungen- Aktionen mit bekannten Persönlichkeiten- Frauenpolitischer Stammtisch- Exkursionen- Frauenfrühstück / Brunch / Stehbuffet

2. Öffentlichkeitsarbeit

Bei der Gestaltung und Durchführung der Brandenburgi-schen Frauenwoche kommt der Presse- und Medienarbeitwie bei allen Veranstaltungen, Aktionen und Kampagnenbesondere Bedeutung zu. Einige Bausteine seien hier nochmals genannt:- Erstellen eines Pressverteilers entsprechend dem Anlass

mit lokalen, regionalen, landesweiten Printmedien (Ta-ges- und Wochenzeitungen, Anzeigenblätter, Frauenpres-se); elektronischen Medien (ortsansässigen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkredaktionen)

- Verfassen von Pressemeldungen und -berichten- Durchführung von Pressekonferenzen- Pressegespräche- Erstellung von Presse- und Infomappen- Telefonaktionen mit Zeitung, Rundfunk und Fernsehen- LeserInnenbriefe- Erstellen eines Pressespiegels

Zur Gestaltung von Informationsmaterialien können ver-schiedenste Formen genutzt werden:- Plakate- Handzettel und Flugblätter

- Postkarten- Faltblätter- Broschüren- Weitere PR-Instrumente wie Aufkleber, Bilderwand,

Button, Faxaktion, Infostand, Einladung, Luftballon, Preisausschreiben, Transparent u.a.

3. Finanzierung

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frau-en hat auch für das kommende Haushaltsjahr 2005 signali-siert, finanzielle Zuwendungen zur Gestaltung und Durch-führung der 15. Brandenburgische Frauenwoche zu gewäh-ren. Grundlage für die Antragstellung sind die Förderinfor-mationen des Landesamtes für Soziales und Versorgung.

Auf mögliche weitere Quellen der Geldbeschaffung zur Ge-staltung der Brandenburgischen Frauenwoche sei hier nocheinmal hingewiesen.1. öffentliche Quellen

Land, Kreis, KommuneÖffentliche und politische StiftungenBußgelder

2. private QuellenMitglieds- und Förderbeiträge, Spenden, Schenkungen

3. Verkauf / Austausch von Dienstleistungen (Vorträge u.ä.), Verkauf von eigenen Produkten, Benefizveranstaltungen, Sponsoring, etc.

Für die Vorbereitung und Durchführung der 15. Branden-burgischen Frauenwoche wünschen wir allen Initiatorinnen,Multiplikatorinnen und Veranstalterinnen kreative Ideen,tatkräftige KooperationspartnerInnen und UnterstützerInnensowie zahlreiche Besucherinnen, die zum erfolgreichenVerlauf beitragen.

Hinweis:Zu vielen der o.g. frauenpolitischen Themenbereiche sowiezu den Bausteinen und der Gestaltung der Öffentlichkeitsar-beit bis hin zum Thema Sponsoring steht in der Frauenbi-bliothek der Geschäftsstelle des Frauenpolitischen RatesLand Brandenburg e.V. umfangreiches Informationsmateri-al zur kostenfreien Ausleihe zur Verfügung.

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Kontaktadressen

KREISFREIE STÄDTE

Brandenburg an der HavelIngrid SchönwälderNeuendorfer Straße 9014776 Brandenburg a. d. Havel

CottbusSabine HiekelNeumarkt 503046 Cottbus

Frankfurt (Oder)Sabine StuchlickMarktplatz 115230 Frankfurt (Oder)

PotsdamBüro für GleichstellungFriedrich-Ebert-Straße79/8114461 Potsdam

LANDKREIS BARNIM

Landkreis BarnimMarion HildebrandHeegermühler Straße 7516225 Eberswalde

EberswaldeIna WermuthBreite Straße 4216225 Eberswalde

LANDKREIS DAHME-SPREEWALD

Landkreis Dahme-SpreewaldElke VoigtReutergasse 1215907 Lübben

Königs WusterhausenPetra GröhnkeKarl-Marx-Straße 2315711 Königs Wusterhausen

LANDKREIS ELBE-ELSTER

Landkreis Elbe-ElsterMonika LöppenLudwig-Jahn-Straße 204916 Herzberg

Doberlug-KirchhainGabriele BielawnyAm Markt 803253 Doberlug-Kirchhain

FinsterwaldeKerstin ConradSchloßstraße 7/803238 Finsterwalde

LANDKREIS HAVELLAND

Landkreis HavellandGabriele SteidlPlatz der Freiheit 114712 Rathenow

FalkenseeEdeltraut FunkeFalkenhagener Straße 43/4914612 Falkensee

LANDKREIS MÄRKISCH-ODERLAND

Landkreis Märkisch-OderlandMarianne HuhnPuschkinplatz 1215306 Seelow

Neuenhagen b. BerlinMarion WendeAm Rathaus 115366 Neuenhagen

SeelowPetra StadlerKüstriner Straße 61 15306 Seelow

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Kontaktadressen

LANDKREIS OBERHAVEL

Landkreis OberhavelChristina HöhnePoststraße 116515 Oranienburg

OranienburgHeidrun SzczepanskiSchloss PF 10014316501 Oranienburg

LANDKREIS OBERSPREEWALD-LAUSITZ

Landkreis Oberspreewald-LausitzGisa GrundmannDubinaweg 101968 Senftenberg

LübbenauElisabeth JenteKirchplatz 103222 Lübbenau/Spreewald

SenftenbergMonika AuerMarkt 101968 Senftenberg

LANDKREIS ODER-SPREE

Landkreis Oder-SpreeElisabeth AlterBreitscheidstraße 715848 Beeskow

Eisenhüttenstadt

Michaela HänselZentraler Platz 115890 Eisenhüttenstadt

Fürstenwalde Sabine WeihrichAm Markt 4 - 615517 Fürstenwalde

LANDKREIS OSTPRIGNITZ-RUPPIN

Landkreis Ostprignitz-RuppinMarlies GrunstVirchowstraße 14 - 1616816 Neuruppin

NeuruppinPetra TorjusKarl-Liebknecht-Straße 33/3416816 Neuruppin

LANDKREIS POTSDAM-MITTELMARK

Landkreis Potsdam-MittelmarkInes-Angelika LübbeNiemöllerstraße 114806 Belzig

TeltowRegine RothhauptPotsdamer Straße 47/4914513 Teltow

LANDKREIS PRIGNITZ

Landkreis PrignitzBärbel SchmidtBerliner Straße 4919348 Perleberg

PerlebergRenate RöderGroßer Markt19348 Perleberg

WittenbergeMonika HenselAugust-Bebel-Straße 1019322 Wittenberge

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Kontaktadressen

LANDKREIS SPREE-NEISSE

Landkreis Spree-NeißeMarion UrbanHeinrich-Heine-Straße 103149 Forst

GubenRegina BellackUferstraße 22 - 2603172 Guben

SprembergChristina BiederAm Markt 103130 Spremberg

LANDKREIS TELTOW-FLÄMING

Landkreis Teltow-FlämingMonika KollertAm Nuthefließ 214943 Luckenwalde

Blankenfelde-MahlowHeike RichterZossener Damm 1b15827 Blankenfelde

LuckenwaldeIsa ArltMarkt 1014943 Luckenwalde

LudwigsfeldeMarina UjlakiRathausstraße 314974 Ludwigsfelde

ZossenBritta BüchnerMarktplatz 20/2115806 Zossen

LANDKREIS UCKERMARK

Landkreis UckermarkAngelika SchleyKarl-Marx-Straße 114291 Prenzlau

PrenzlauGabriele FreyAm Steintor 417291 Prenzlau

SchwedtHeike VoigtLindenallee 25-2916303 Schwedt / Oder

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www.frauenrat-brandenburg.deUnsere Internetseite informiert immer aktuell!

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MITGLIEDERVERSAMMLUNG

SPRECHERINNENRAT

GESCHÄFTSFÜHRERIN

MITGLIEDSORGANISATIONENArbeitsgemeinschaft LISA bei der PDS (*1992)Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) Land Brandenburg (*1992)Arbeitslosenverband Deutschland Land Brandenburg e.V., AG Frauenerwerbslosigkeit (*1992)Berufsverband der Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelferinnen e.V. Landesverband Brandenburg (1994)Brandenburger Landfrauenverband e.V. (*1992)Bündnis 90/Die Grünen, Landesverband Brandenburg, LAG Frauenpolitik (*1992) Cometa e.V. (*1992)Demokratischer Frauenbund e.V. (dfb), Landesverband Brandenburg (*1992)Deutscher Beamtenbund, Frauenvertretung Brandenburg (*1992)Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V., Orts- und Landesverband Berlin (*1992)Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Landesverband Brandenburg, Landesfrauenausschuss (1998)Deutscher Juristinnenbund, Landesgruppe Brandenburg (2000)Evanglelische Frauen- & Familienarbeit Berlin-Brandenburg (*1992)Frauen-Union (FU) der CDU, Brandenburg (*1992)GEDOK - Gemeinschaft der Künstlerinnen & Kunstfreunde e.V. (1995)Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenzentren, Land Brandenburg (1996)Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten (2001)Liberale Frauen bei der FDP, Landesverband Brandenburg (*1994)Netz der Regionalstellen Frauen und Arbeitsmarkt im Land Brandenburg (1999)Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser e.V. (1997)SHIA e.V. Selbsthilfegruppen Alleinerziehender, Landesverband Brandenburg (*1992)Sozialwerk des Demokratischen Frauenbundes Landesverband Brandenburg (dfb) (2000)Undine e.V. - unabhängige Frauenberufsinitiative (2001)Verband Alleinerziehender Mütter und Väter Landesverband Brandenburg e.V. (VAMV) (1993)

MITGLIEDSVERBÄNDE, die auf Grund von Auflösung oder Austritt ausgeschieden sind

Neues Forum (*1992 - 1996)Europäisches Frauenkulturcentrum (*1992 - 1996)Unabhängiger Frauenverband (UFV) (*1992 - 1996)Frauenzentrum Guben e.V. (*1992 - 1996)Deutscher Hausfrauenbund (1996 - 2000)FrauenGesundheitsZentrum „Ringelblume“ e.V. (1997 - 2000,)Autonomes Frauenzentrum Potsdam (*1992 - 2000)

*Gründungsmitglied/Jahr des Eintrittes

Verbandsstrukturen des FPR Land BrandenburgZusammenschluss von Frauenverbänden, -organisationen,-verbänden sowie

Frauengruppen der Gewerkschaften, Kirchen und Parteien

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IMPRESSUM

Herausgegeben vom Frauenpolitischen Rat Land Brandenburg e.V.Heinrich-Mann-Allee 7, 14473 PotsdamFon 0331/280 35 81Fax 0331/24 00 72Mail [email protected]

Redaktion: Rosemarie Mieder, Gislinde Schwarz

Fotos: privat

Layout: ArneDesign - Ines Arnemann

Druck: Chromik Offsetdruckerei, Frankfurt (Oder)

Redaktionsschluss: 1.8.2004

Mit freundlicher Unterstützung und Förderung durchden Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg,das Ministerium für Arbeit, vertreten durch das LASV Cottbus

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FRAUENPOLITISCHER RATLAND BRANDENBURG e.V.