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Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen K 8196 F ISSN 1615-2999 I/2013 Der alte und der neue Vorsitzende der GGG NRW … … danken den beiden integrierten Schulen in Kleve für die Ausrichtung des Landeskongresses Zum Thema Landeskongress und Mitgliederversammlung: Seite 12ff Klassenvergrößerung an Gesamts chulen ............................................ 1 Neue integrierte Schulen 2013 ........................................................... 7 Entschließung des GGG-Landeskongresses 2013: Integrierte Schulen - Forderungen an die Landespolitik ............... 12 Mitgliederversamm lung wählt neuen Vorstand .................................. 14 Schwerpunkt: P RIMUS .................................................................... 21

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen

K 8196 F

ISS

N16

15-2

999

I/2013

Der alte und der neue Vorsitzende der GGG NRW …

… danken den beiden integrierten Schulen in Klevefür die Ausrichtung des Landeskongresses

Zum Thema Landeskongress und Mitgliederversammlung: Seite 12ff

Klassenvergrößerung an Gesamtschulen ............................................ 1Neue integrierte Schulen 2013 ........................................................... 7

Entschließung des GGG-Landeskongresses 2013:Integrierte Schulen - Forderungen an die Landespolitik ............... 12

Mitgliederversammlung wählt neuen Vorstand .................................. 14Schwerpunkt: PRIMUS .................................................................... 21

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013

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Inhalt

Aktuelle Bildungspolitik----------------------------------------------------- 1Rechtsv erordnung bremst beabsichtigte Schulentw icklung:

Klassenv ergrößerungen an Gesamtschulen ---------------------------- 1Deutscher Städtetag: „Bildung gemeinsam v erantw orten“------------------- 2Neue integrierte Schulen in NRW ab Sommer 2013 ------------------------ 7Bew erbung für den Deutschen Schulpreis---------------------------------- 8Schulsozialarbeit in NRW spricht ab sofort mit einer Stimme---------------10

Aus der Arbeit der GGG---------------------------------------------------12Entschließung des GGG-Landeskongresses 2013:

Integrier te Schulen - Forderungen an die Landespolitik ----------------12Mitgliederv ersammlung 2013w ählte neuen Vorstand----------------------14Schulentw icklung in Nordrhein-Westfalen ---------------------------------16

Internet-Seiten der GGG NRW -----------------------------------------20

Schwerpunkt: Primus-------------------------------------------------------21Primusschulen in NRW:

Chancen für Zukunft-w eisende Schulentw icklung----------------------21Borken: Gemeinsames Lernen von Klasse 1 bis 10------------------------27Die Grünauer Schule -----------------------------------------------------34Die Stadtteilschule Sty rum in Mülheim an der Ruhr------------------------35

Beitrittserklärung -----------------------------------------------------------39

Der Renner:Informationen für Eltern überdie Gesamtschule in NRW

Preise (jeweils zzgl. Versandkosten)

Einzelheft (Normalpreis) 0,65 €

Sonderpreise:

KorporativeGGG-Mitglieder

0,50 €

Initiativen für

neue Gesamtschulen0,50 €

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Impressum

Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I/2013 ISSN 1615-2999

Herausgeber: Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule Nor drhein-Westfalen e.V.(Landesverband der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule e.V.)

Redaktion: Ingrid Birkmann, Karin Görtz-Brose, Christine Fasselt, Dietrich Scholle,Gerfried Stanzel

Beiträge bitteeinsenden an:(vorzugsweise alsE-Mail-Anhang)

GGG NRWHuckarder Str. 1244147 DortmundE-Mail: [email protected]

Verlag: Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule Nor drhein-Westfalen e.V.(Landesverband der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule e.V.)

Huckarder Str. 1244147 DortmundTelefon: (0231) 14 80 11 - Fax : (0231) 14 79 42Internet: www.GGG-NRW.deE-Mail: [email protected]

Fotos, Grafik Christa +Gramm (Seite II)Ulrich Thünken (Seiten I, IV, 15)

Layout, Realisation: Jürgen Theis

Druck: Montania Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Dortmund

Auflage: ca. 1000

Erscheinungsweise,Preis:

Die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr.Für Mitglieder ist der Bezugspreis im Beitrag enthalten,ansonsten beträgt er 2,00 € je Ausgabe.

Ausgabedatum: 08.04.2013

GGG NRW im Internet!Seit Juni 1996 sind aktuelle und nützliche Informationen aus integrierten

Schulen und für integrierte Schulen unter der folgenden Adresse im Internet:

www.GGG-NRW.de

Datei:GiN2013a_Web09.doc – Erstellung:22.03.2013 – Druck:22.03.2013 – ThJ

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013

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GGG NRW e.V.,Huckarder Str. 12, 44147 Dortmund

Postvertriebsstück – DPAG – Entgelt bezahlt K 8196 F

Eindrücke beim Landeskongress der GGG NRW in Klev e

Gespannte Zuhörer Susanne Thurn Gabriele Pieper

Pausengespräche

Werner Kerski Georg Broens Arbeitsgruppe

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Rechtsv erordnung bremst beabsichtigte Schulentwicklung:Klassenv ergrößerungen an Gesamtschulen

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AKTUELLE BILDUNGSPOLITIK

Rechtsverordnung bremst beabsichtigte Schulentwicklung:Klassenvergrößerungen an Gesamtschulen

Mit Erstaunen und Verärgerung bekam die GGG NRW nachträglichKenntnis davon, dass im Oktober 2012 im Schulausschuss des Landtageseine vom Schulministerium vorgeschlagene Änderung der Bandbreitenfür die Klassengrößen an Gesamtschulen verabschiedet worden war, diefür viele Gesamtschulen eine Vergrößerung der Klassen bedeutet.

Unter Tagesordnungspunkt 4„1. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des§ 93 Abs. 2 Schulgesetz (VO zu § 93 SchulG) für das Schuljahr2012/2013“

wurde beschlossen:

„… in der Realschule und in der Sekundarstufe I des Gymnasiumsund der Gesamtschule beträgt der Klassenfrequenzrichtwert 28. Esgilt die Bandbreite 26 bis 30. …“

Bislang galt für Gesamtschulen bei dem gleichen Klassenfrequenzricht-wert 28 die Bandbreite 27 bis 29. Allerdings durfte nach der Rechtsver-ordnung und der darauf fußenden Rechtsprechung der Höchstwert um einbis zwei Schüler überschritten werden. Landesweit haben die meistenGesamtschulen Anmeldeüberhänge und die aufnehmenden Schulleiterin-nen und Schulleiter versuchen bei den Anmeldungen zum fünften Schul-jahr maximal 29 Schüler pro Klasse aufzunehmen. Wenn keine Wider-sprüche eingehen, bleibt es bei dieser Zahl. Bei Widersprüchen, die vonder Schulaufsicht beschieden werden, verfahren die Bezirksregierungenunterschiedlich. Teilweise blieb es bei maximal 29 Schülern, teilweisewurden die Schulen angewiesen, von vornherein 30 Schüler aufzuneh-men.

Nach der neuen Verordnung müssen alle Schulen bei entsprechenderAnmeldezahl 30 Schüler pro Klasse aufnehmen, oder bei entsprechenderNachfrage auch die höheren Klassen aufstocken. Die Folge ist, dassmindestens im Bezirk Düsseldorf mit den meisten Gesamtschulen inNordrhein-Westfalen die Klassen zum kommenden Schuljahr größerwerden.

Das konterkariert die erklärte Absicht dieser Landesregierung, die Klas-sengrößen zu reduzieren. Wir müssen die Landesregierung und die sie

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aktuelle Bildungspolitik

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tragenden Parteien fragen, was sie sich dabei gedacht haben, gerade dieSchulform schlechter zu stellen, für die sie politisch stehen.Rückfragen der GGG NRW bei den dafür zuständigen Abgeordneten vonSPD und Bündnis90/Die Grünen ergaben, dass diese glaubten, nur aufdiese Weise die bisherige Überschreitung von 29 Schülern pro Klasseverhindern zu können. Nach unserer Meinung hätte man dies einfacherunter Beibehaltung der bisherigen Bandbreite machen können, wenn manlediglich den Zusatz zur Überschreitungsmöglichkeit gestrichen hätte.Die GGG erwartet, dass bei der nächsten Novellierung der genanntenVerordnung die proklamierte gute Absicht, Klassengrößen nach oben zubegrenzen, diese so realisiert wird, dass die tatsächliche Obergrenze bei29 Schülern pro Klasse liegt. In der letzten vorliegenden Landesstatistikhaben die Gesamtschulen schon jetzt mit 28 Schülern im landesweitenDurchschnitt die größten Klassen aller Schulformen. Es kann auch nichtsein, dass die Gesamtschulen durch formale Gleichstellung bei denBandbreiten der Schulformen faktisch schlechter gestellt werden.

Behrend Heeren

Deutscher Städtetag: „Bildung gemeinsam verantworten“Bericht vom Bildungskongress des Deutschen Städtetagesam 8. und 9. November 2012, München

Anfang November fand der Bildungskongress des Deutschen Städtetages,des Spitzenverbands der deutschen Großstädte, in München im Kon-gresszentrum Gasteig, oberhalb der Isar gegenüber dem Deutschen Mu-seum gelegen, statt . Der letzte Bildungskongress des Städtetages im Jahre2007 endete mit der „Aachener Erklärung“.Etwa 1000 Bildungsexperten aus den Großstädten aller deutschen Länder,in erster Linie die verantwortlichen Schul-, Kultur und/oder Bildungsde-zernenten, daneben Vertreter zahlreicher in der Bildung und Kulturtätigen Verbände und Vereinigungen, Bildungsinstitutionen auf derzweitägigen Tagung waren anwesend. Oder wie man heute sagt: „Ent-scheider/innen aus der Bildungspolitik und dem Bildungssektor“ .Der Kongress, gegliedert in Vorträge und Workshops, wurde umrahmtvon einem kleinen, aber sehr spannenden Infomarkt und einem bayrisch-kulturellen Abendprogramm in der Muffathalle. Eröffnet wurde derKongress vom amtierenden Präsidenten des Deutschen Städtetages, dem

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Deutscher Städtetag: „Bildung gemeinsam verantworten“

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Münchener Oberbürgermeister Christian Ude mit einem Vortrag zumThema „Bildung als Zukunftsstrategie der Städte“ . Für Ude ist das Bil-dungsniveau aller Bürgerinnen und Bürger ein wichtiger Faktor für dieökonomische, soziale und kulturelle Entwicklung. Daher muss die Quali-tät der Bildungsangebote verbessert werden sowie mehr Chancengleich-heit und Teilhabe, und zwar unabhängig von sozialem Status oder Her-kunft, ermöglicht werden. Daher müssen alle Beteiligten, also Städte,Länder und der Bund an einem Strang ziehen und eben „Bildung gemein-sam verantworten“!

Weitere Reden hielten:o In Vertretung für die Bundesministerin für Bildung und Forschung

der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel, Düren.

Am zweiten Tag:o Jürgen Oelkers, Universität Zürich, zum Thema:

Bildungssysteme in Europa unter Berücksichtigung kommunalerBildungsverantwortung – ein Systemüberblick;

o Sylvia Löhrmann,Schulministerium NRW, zum Thema:Mehr Qualität und Chancengleichheit durch Zusammenarbeit vonLändern und Kommunen.

Die konkretere Arbeit fand in acht Workshops statt , die sich mit folgen-den aktuellen Aspekten der deutschen Bildungspolitik – in zum Teil sehrkontroverser Diskussion – auseinandersetzten:

1. Kommunale Bildungslandschaften und Bildungsmanagement

2. Bildung im Elementarbereich

3. Bildung ganztags, ganzheitlich4. Inklusion in der Bildung

5. Übergangsmanagement Schule-Beruf

6. Web 2.0 und Bildung7. Kulturelle Bildung

8. Weiterbildung und Lebenslanges LernenQuantitativ am stärksten nachgefragt waren die Workshops Nr. 1 (überein Drittel der Teilnehmer/innen), Nr. 3, Nr.4 sowie Nr. 7 und Nr. 5.

Am Ende verabschiedete der Kongress die nachstehend abgedruckte„Münchener Erklärung“.Es bleibt abzuwarten, ob Aspekte dieser Erklä-rung in den Ländern und den Großstädten mehr „Nachhall“ finden wer-den als die vorherige Aachener Resolution.

Dr. Meinolf Rohleder

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aktuelle Bildungspolitik

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Bildung gemeinsam verantwortenMünchner Erklärung des Deutschen Städtetagesanlässlich des Kongresses „Bildung gemeinsamverantworten“ am8./9. November 2012

Die Städte und Gemeinden in Deutschland haben ihr bildungspolitischesEngagement in den letzten Jahren verstärkt. Dabei spielt die kommunaleMitverantwortung für mehr Bildungsgerechtigkeit,Teilhabe und Qualitätebenso eine zentrale Rolle wie die gestiegene Bedeutung der Bildung fürnachhaltige Entwicklung.Bildung wird zunehmend zur zentralen Zukunftsstrategie der Städte undGemeinden in Deutschland:

– Die Bündelung und Vernetzung der Zuständigkeiten und Ressour-cen für Bildung aufder örtl ichen Ebene ermöglichen, Probleme zuidentifizieren und erfolgreiche Bildungsbiografien durch Gestaltungdes unmittelbaren Lebensumfeldes der Menschen zu fördern.

– Zugang zu Bildung ist ein nicht verhandelbares Grundrecht. Indemdie Städte und Gemeinden gemeinsam mit Bund und Ländern si-cher stellen, dass alle Menschen unabhängig vom sozialen Status,Alter, kulturellem Hintergrund und ihren finanziellen MöglichkeitenZugang zu Bildung bekommen, fördern sie die persönliche Entwick-lung jedesEinzelnen. Zugleich wird die demokratische Basis unse-rer Gesellschaft, ökonomischer Erfolg und der soziale Zusammen-halt gesichert.

– Ein leistungsfähiges Bildungsangebot ist eine zentrale Vorausset-zung für gut ausgebildete Fachkräfte und eine positive Standortent-wicklung. Frühzeitige und individuelle Förderung trägt nachhaltigdazu bei, Armut und Sozialkosten zu vermeiden.

Der Deutsche Städtetag hat in der „Aachener Erklärung“ im Jahr 2007 die„kommunale Bildungslandschaft“ als Leitbild für das bildungspolitischeEngagement der Städte und Gemeinden entwickelt. Hauptmerkmale derkommunalen Bildungslandschaft sind zum einen ein ganzheitl ichesBildungsverständnis, dasdie gesamte Bildungsbiografie einschließlichsozialer, kultureller und sportl icher Bildung einbezieht. Zum anderen sindKooperation und Vernetzung im Sinne eines Gesamtsystems von Erzie-hung, Bildung und Betreuung grundlegende Prinzipien. Viele Städte undGemeinden haben seitdem entsprechende Strukturen im Sinne eineskommunalen Bildungsmanagementsaufgebaut. Diese gilt es mit Unter-stützung der Länder und gegebenenfallsdesBundesweiterzuentwickeln.Die zukunftsfähige Weiterentwicklung des Bildungssystems kann durchein kommunalesEngagementallein ebenso wenig erreicht werden wiedurch die Länder oder den Bund. Vielmehr müssen die drei Ebenen

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Deutscher Städtetag: „Bildung gemeinsam verantworten“

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gemeinsam die Verantwortung für die Bildung unter Einbeziehung derZivilgesellschaft und der Eltern bzw. Familien wahrnehmen. Die beste-henden Hemmnisse für gemeinsamesHandeln in der Bildung in rechtli-cher, struktureller und finanzieller Hinsicht müssen beseitigtund zu einerkonstruktiven Zusammenarbeit weiterentwickelt werden. Nur so kann dieGleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Bildung erreicht werden.

Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Städtetag:

1. Kommunale Bildungslandschaften weiter entwickelnDie Städte und Gemeinden tragen maßgebliche Verantwortung in derBildung und sind Impulsgeber für die Bildungsentwicklung vor Ort. Sieerleben die ständig wandelnden Bedarfe in der Region unmittelbar.Daher sollten die Städte und Gemeinden Bildungslandschaften weiterentwickeln und Bildungsakteure in Verantwortungsgemeinschaften ver-netzen, um für den Einzelnen optimale Bildungsvoraussetzungen und -chancen zu schaffen. AlsGrundlage sollte ein dauerhaftes Bildungsma-nagement sowie ein Bildungsmonitoring vor Ort etabliert werden. DieLänder sind aufgefordert, sich aktiv an der Weiterentwicklung kommuna-ler Bildungslandschaften, unter anderem durch eine entsprechend orga-nisierte Schulaufsicht, die Förderung desinterkommunalen Austauschesund eine adäquate finanzielle Unterstützung zu beteil igen.

2. Kommunale Handlungsmöglichkeiten und Rechte in der Bildungerweitern

Eine funktionierende kommunale Bildungslandschaft erfordert mehrkommunale Gestaltungsmöglichkeiten. Dies gilt insbesondere für denSchulbereich, in dem die bestehende Kompetenzverteilung eine qualitati-ve Weiterentwicklung desBildungswesensmassiv behindert. Die mit derdemografischen und unterschiedlichen soziografischen Entwicklung,einem veränderten Schulwahlverhalten der Eltern und dem Trend zuintegrierten Schulen verbundenen Entwicklungen erfordern flexible Hand-lungsmöglichkeiten der Schulträger insbesondere bei der Schulorganisa-tion vor Ort. Die Städte und Gemeinden benötigen Kompetenzen, dieihrem erweiterten Anspruch und den veränderten Anforderungen an dieQualität der Bildung gerecht werden.

Die Länder sollten dem kommunalen Engagement durch erweiterteschulgesetzlich geregelte Kompetenzzuweisungen Rechnung tragen.Hierzu gehören insbesondere die Mitgestaltung bei der inneren Schul-entwicklung, eine substantielle kommunale Beteiligung bei der Schullei-terauswahl sowie weitgehende Handlungsfreiheit bei der Schulorganisa-tion vor Ort. Die Zuständigkeit der Länder für die grundlegenden gesetzli-

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aktuelle Bildungspolitik

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chen Rahmenbedingungen und einheitliche Standardsmussmit Blickaufdie Sicherstellung von Vergleichbarkeit und Mobilität erhalten bleiben.

Erfolgreiche Bildung gelingt umso besser, je früher qualitätsvolle Förde-rung gelingt. Im Bereich der frühkindlichen Bildung haben die Städte imUnterschied zu den Schulen (Ausnahme: Bayern) die volle Aufgabenver-antwortung und können auch inhaltlich aufdie Qualität Einfluss nehmen.Allerdingsschränkt die finanzielle Situation in vielen Städten die kommu-nalen Handlungsmöglichkeiten erheblich ein, etwa wenn es um einequalitative Aufwertung des Erzieherberufes geht. Eine solche, den ge-stiegenen Qualitätsanforderungen in der frühkindlichen Bildung entspre-chende Weiterentwicklung des Erzieherberufes, die auch die kulturelleund soziale Bildung alswichtige Säulen der Ausbildung begreift, wird nurgelingen, wenn sich Bund und Länder daran beteil igen.

3. Bildung gemeinsam v erantworten – Kooperationsv erbotabschaffen

Gute Bildung ist eine gemeinsame Aufgabe aller staatlichen Ebenen. Dieim Zuge der Föderalismusreform vorgenommene Entflechtung der Zu-ständigkeiten des Bundes und der Länder hat sich im Bildungsbereichnicht bewährt. Das „Kooperationsverbot“ und die Abschaffung der ge-meinsamen Bildungsplanung stehen einer zukunftsorientierten Weiter-entwicklung desBildungssystems in Deutschland entgegen. Das Koope-rationsverbot sollte daher baldmöglichst abgeschafft, Bildungsförderungwieder alsGemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern ausgestaltetwerden. Die Kommunen sind dabei verpflichtend zu beteil igen. Diesbedeutet nicht die Abschaffung des Föderalismus in der Bildung. Viel-mehr geht esim Sinne eines „kooperativen Föderalismus“ darum, demBund begrenzte Regelungsmöglichkeiten und Finanzzuweisungen anLänder bzw. Kommunen zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktursowie zur Umsetzung neuer Bildungsaufgaben von gesamtstaatlicherBedeutung wie z. B. dem Ausbau von Ganztagsschulen und der Inklusionzu ermöglichen.

4. Engagement der Städte und Gemeinden finanziell sicher stellenKommunalesEngagement in der Bildung erfordert eine aufgabengerech-te Finanzausstattung. Zusätzliche Aufgaben der Städte und Gemeindenim Bildungsbereich können nur übernommen werden,wenn dasKonnexi-tätsprinzip strikt eingehalten und zusätzliche Mittel zur Verfügung gestelltwerden. Notwendig ist darüber hinauseine Reform der Bildungsfinanzie-rung mit tragfähigen Finanzierungsregelungen zwischen Bund, Ländernund Kommunen,die der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit gerechtwerden. Gleichzeitig sollten die zahlreichen Bildungsprogramme vonBund und Ländern stärker gebündeltund anstelle von Parallelstrukturenbesser mit den kommunalen Bildungslandschaften verzahnt werden.

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Neue integrierte Schulen in NRW ab Sommer 2013

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Neue integrierte Schulen in NRWab Sommer 2013Die folgenden integrierten Schulen starten mit dem nächsten Schuljahr:

Reg.-Bez. Kr eis Gesamtschulen Sekundar schulen

Arnsberg Ennepe-Ruhr-Kreis Ennepetal

Hochsauerlandkreis Arnsberg (Alt-Arnsberg)Arnsberg (Neheim-Hüsten)

Märkischer Kreis Meinerzhagen

Olpe Wenden Olpe / Drolshagen

Siegen-Wittgenstein FreudenbergSoest Bad Sassendorf* Geseke

Detmold Bielefeld Bielefeld*

Gütersloh Rheda-Wiedenbrück Versmold*

RietbergVerl

Höx ter Bad Driburg / Altenbeken Warburg / BorgentreichBrakel

Lippe Horn-Bad MeinbergKalletal-Varenholz*

LageLügde

Minden-Lübbecke Espelkamp*Petershagen

Preußisch OldendorfPaderborn Bad Lippspringe Bad Wünnenberg

Düsseldorf Düsseldorf Düsseldorf

Kleve Straelen / Wachtendonk

Krefeld Krefeld-Uerdingen

Mettmann Langenfeld HildenMettmannWülfrath

Neuss Grevenbroich Korschenbroich

Kaarst Neuss

Remscheid Remscheid

Solingen Solingen

Viersen GrefrathTönisvorst

Wesel HamminkelnXanten / Sonsbeck

Wuppertal Wuppertal-Katernberg

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aktuelle Bildungspolitik

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Reg.-Bez. Kr eis Gesamtschule Sekundar schule

Köln Aachen Würselen

Aachen / Düren Monschau / SimmerathEuskirchen Blankenheim / Nettersheim Mechernich / Kall

Heinsberg Heinsberg

WaldfeuchtOberbergischer Kreis Wiehl

Rhein.-Bergischer. Kr. Bergisch Gladbach-Gronau Rösrath

Rhein-Sieg-Kreis Hennef SwisttalKönigswinter Reken

Neunkirchen-SeelscheidSiegburg

Münster Borken Ahaus VelenBocholt Vreden

BorkenGescherRhede

Borken / Coesfeld Legden / Rosendahl

Recklinghausen Castrop-Raux el

Steinfurt Emsdetten Rheine-MitteHörstel Rheine-Mesum

Warendorf Oelde Beckum

TelgteWadersloh

* Schulen in privater Trägerschaft (Ersatzschulen)

Bewerbung für den Deutschen SchulpreisVor über 10 Jahren hat sich die Willy-Brandt-Gesamtschule Marl aufden Weg einer systematischen und vor allem gemeinsamen Unterrichts-entwicklung gemacht. Wir suchten Antworten auf unsere vielen Fragenzu gutem Unterricht und fanden Antworten, zum Beispiel auch auf denGGG-Kongressen, die seit vielen Jahren von einer Kollegengruppebesucht werden. Die vielfältigen Anregungen haben wir in den Diskussi-onsprozess der Schule gegeben und die Bausteine umgesetzt, die zuunserer Schule passten.

Insbesondere die Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim, Hauptpreis-träger des Deutschen Schulpreises 2007, hat uns besonders überzeugt, unsmit Fortbildungen unterstützt und uns auf dem Weg der systematischen

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Bewerbung f ür den Deutschen Schulpreis

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Schulentwicklung weitergebracht. Zurzeit arbeiten wir nach dem Vorbildder RBG an einem „begehbaren Lehrplan“ mit dem Ziel, fachübergrei-fende und kompetenzorientierte Jahrgangsschwerpunkte zu erarbeiten.

Die Öffnung für viele Impulse von außen und der verabredete innerschu-lische Kommunikations- und Steuerungsprozess machten uns zu einer„lernenden Organisation“. So nutzten wir das qualitativ hochwertigeFortbildungsnetz der Robert Bosch Stiftung mit wichtigen Impulsen fürdie schulische Praxis. Dabei konnten wir nicht nur unsere eigene Schuleweiter entwickeln, sondern wir merkten auch, dass wir durchaus auchandere Schulen mit unseren Konzepten bereichern können.Unser Gedanke, uns in dem Netzwerk des Deutschen Schulpreises nochbesser zu verankern, war nur folgerichtig: wir bewarben uns für denDeutschen Schulpreis. Bei der ersten Bewerbung im Jahre 2012 kamenwir unter die ersten 50 Schulen. In einer Beratung zu unseren Bewer-bungsunterlagen wurde deutlich, dass keine abstrakten Konzepte überunsere Schulprofile erwartet werden, sondern dass wir zu den gefordertensechs Qualitätsbereichen (Leistung, Umgang mit Vielfalt , Unterricht,Verantwortung, Schulklima, Schule als lernende Institution) möglichstkonkret berichten sollten. Das haben wir für die Bewerbung 2013 getan.Offensichtlich konnten wir die Jurymitglieder, die alle Bewerbungendurchgearbeitet haben, überzeugen, so dass wir jetzt einen wichtigenSchritt weiter gekommen sind und zu den 20 ausgewählten Schulengehören. Mit dieser, aus unserer Sicht, schon hohen Auszeichnung istverbunden, dass eine dreiköpfige Jury an 1 ½ Tagen in die Schule kommtund überprüft, ob die schriftliche Darstellung mit der schulischen Praxisübereinstimmt. Diese Juroren entscheiden dann darüber, ob wir zu den 15Schulen gehören, die im Juni zur Vergabe des Deutschen Schulpreisesnach Berlin fahren dürfen. Wir warten nun auf diese Entscheidung,können aber jetzt schon sagen, dass sich die Bewerbung gelohnt hat.

Es hat sich innerschulisch gelohnt, weil die ganze Schulgemeinde stolzauf ihre Schule ist. Es hat sich für die Anerkennung der Schule in derÖffentlichkeit über die Stadtgrenze hinaus gelohnt. Dies zeigt sich aktuellin unseren Anmeldungen für das kommende Schuljahr. Die Auswirkun-gen auf deren Anzahl und Leistungsbreite sind offensichtlich.

Hedi Mengert

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aktuelle Bildungspolitik

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Schulsozialarbeit in NRWspricht ab sofort mit einer StimmeLAG Schulsozialarbeit NRW wurde in Duisburg gegründet

Die Schulsozialarbeiter in Nordrhein-Westfalensprechen ab sofort mit einer Stimme. In der Duisbur-ger Clauberghalle gründeten 150 Schulsozialarbeiterdie Landesarbeitsgemeinschaft NRW, die zukünftigdie Anliegen der über 3000 Fachkräfte, die landes-weit an Schulen eingesetzt sind, vertreten soll. In der„Duisburger Erklärung“ formulierten die Gründerbereits ihre ersten Anliegen, sie fordern einheitliche

arbeits- und tarifrechtliche Bedingungen für alle Akteure im Bildungswe-sen. So unterliegen viele Schulsozialarbeiter derzeit nicht einheitlichenArbeitsbedingungen. Zudem fordern die vom Land NRW angestelltenSchulsozialarbeiter endlich einen eigenen Stellenpool, der nicht mehr aufdas Lehrerdeputat einer jeweiligen Schule angerechnet wird. Die Sozial-arbeiter fordern Mitsprache bei der Schulentwicklung, einheitliche Quali-tätsstandards für die Schulsozialarbeit an allen Schulen und vom Bil-dungsministerium endlich die Umsetzung der sträflich vernachlässigtenQualifizierung und Fortbildung aller Fachkräfte. Innerhalb eines Jahressoll der achtköpfige Sprecherrat die LAGin einen rechtlich abgesichertenVerein überführen.1

Die Gründungsversammlung verabschiedete die Duisburger Erklärung.Peter Schroers

Duisburger Erklärung – „Wir brauchen eine Stimme”Wir, die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen, gründen am heutigen Tag dieLandesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Nordrhein-Westfalen (nachf olgend„LAG Schulsozialarbeit NRW“)Schulsozialarbeit ist die intensiv ste Form der Kooperation zwischen Jugendhilf eund Schule. In den letzten 40 Jahren hat sich dieses Tätigkeitsf eld zu einemqualif izierten und spezialisierten Angebot der sozialen Arbeit an und in Schuleentwickelt. Es basiert auf den gesetzlichen Grundlagen und auf den Tätigkeits-prof ilen, die die z.Zt. ca. 3000 Fachkräfte für die jeweilige Schulf orm/Schule, denEinsatzort und den regionalen sowie sozialen Bezugsrahmen passgenau zu-schneiden.Mit der Gründung der LAG Schulsozialarbeit NRW v erf olgen wir f olgende Ziele: Wir werden die Vernetzung und den Austausch zwischen den Fachkräf ten

f ür Schulsozialarbeit f ördern, und zwar träger- und schulf ormübergreif end.

1 Weitere Infos unter: www.schulsozialarbeit-nrw.de

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Schulsozialarbeit in NRW spricht ab sof ort mit einer Stimme

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Bestehende Strukturen sollen dabei bei Bedarf unterstützt bzw. ergänzt undLücken im Netzwerk geschlossen werden.

Wir möchten in der medialen Darstellung und in den politischen Entschei-dungsprozessen, die sich auf das Bildungswesen insgesamt und auf unserTätigkeitsf eld insbesondere auswirken, ein „Sprachrohr“ f ür unsere Fach-gruppe sein.

Wir wollen Qualitätsstandards f ür Schulsozialarbeit (f ort-) entwickeln, dieallen Beteiligten im Bildungswesen als Orientierungshilf e dienen können.

Wir setzen uns f ür die Qualif izierung bzw. Fortbildung v on Fachkräf ten ein,sowohl durch eigene Angebote als auch in der Kooperation mit den Trägern,den Landesjugendämtern und sonstigen Anbietern.

Wir werden uns aktiv in den Prozess der Schulentwicklung einbringen.

Wir bieten uns an als Schnittstelle zu anderen Organisationen, wie z.B.Beruf sv erbänden, Gewerkschaf ten, Kirchen, Parteien etc.

Ein modernes Bildungssy stem hat als oberste Maxime die Schaff ung v on Chan-cengleichheit. Hierzu sind insbesondere der Ausbau integrativ er Schulf or-men/Schulen zum längeren, gemeinsamen Lernen, Ganztagsangebote, Maß-nahmen zur Realisierung der Inklusion und die Umgestaltung v on Über- bzw.Abgängen zu Anschlüssen im Bildungssy stem unabdingbar. Allen Bausteinengemein ist ein wesentlicher Gelingensf aktor: Vernetzung! Sozialarbeit ist dasFachgebiet, welches sowohl in der psy chosozialen Arbeit als auch in einemerweiterten Verständnis v on Bildung hierf ür eine ausgewiesene Expertise hat.Schulsozialarbeit ist in diesem Kontext mit den unterschiedlichen Methoden undHandlungsoptionen die Spezialdisziplin.Deshalb f ordern wir:

Schulsozialarbeit muss an allen Schulen in NRW installiert werden, undzwar in einem qualitativ angemessenen Umfang ohne Anrechnung auf dasLehrkräf tedeputat.

Die Fachkräf te für Schulsozialarbeit müssen in allen beteiligten Institutionenals gleichberechtigte Kooperationspartner selbstbestimmt handeln und de-mokratisch mitwirken können.

Die Gleichstellung mit den anderen Akteuren im Bildungswesen muss auchdurch eine arbeits- und tarif rechtliche Gleichstellung zum Ausdruck gebrachtwerden.

Für alle Fachkräf te f ordern wir einheitliche Rahmen- und Arbeitsbedingun-gen.

Wir beauf tragen die Fachgruppe „Gründung einer LAG“, die LAG Schulsozialar-beit NRW in einen gemeinnützigen Verein zu überf ühren. Wir beauf tragen denSprecherInnenkreis, bis zur Gründung des Vereins und zur Wahl eines ordentli-chen Vorstandes unsere Außenv ertretung und die Geschäf tsf ührung zu über-nehmen.

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aus der Arbeit der GGG

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AUS DER ARBEITDER GGG

Entschließung des GGG-Landeskongresses 2013:Integrierte Schulen - Forderungen an die LandespolitikZum Verhältnis von Gesamtschule und Sekundarschule

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmeram Landeskongress 2013 der GGGNRW in Kleve verstehen die Gesamtschule und die Sekundarschuleals integrierte Schulformen . Die pädagogische Orientierung beiderSchulformen und die innere Organisation sind im Wesentlichen gleich,abgesehen vom Sonderfall der kooperativen Sekundarschule.Der wesentliche Unterschied zwischen Gesamtschulen und integriertenbzw. teilintegrierten Sekundarschulen liegt in der Existenz einer eigenengymnasialen Oberstufe an den Gesamtschulen. Die eigene gymnasialeOberstufe mit der Möglichkeit des Abiturs erhöht die Akzeptanz beiEltern, die die Langform bevorzugen.

Das führt uns zu der Forderung:

Wenn in einer Kommune die Möglichkeit gegeben ist, alternativeine Sekundarschule oder eine Gesamtschule zu gründen, dann isteine Gesamtschule zu errichten.

In der Elternbefragung zur Bedarfsermittlung muss die Gesamtschu-le als Wahlmöglichkeit aufgeführt sein.

Sekundarschulen als integrierte Schulen werden von uns gleichran-gig unterstützt.

Sekundarschule und Gesamtschule als Ersatz für die Hauptschule,ohne mindestens die Realschule einzubeziehen, lehnen wir ab.

In größeren Städten findet man häufig beide Schulformen vor: Gesamt-schule und Sekundarschule. Wir streben eine enge partnerschaftlicheZusammenarbeit von Gesamtschulen und Sekundarschulen in solchenKommunen an. Das Fundament für eine solche Partnerschaft wird mitdem Kooperationsvertrag festgelegt,der die weitere Schullaufbahn vonSchülerinnen und Schülern nach Abschluss der Sekundarstufe I verläss-lich regelt.

Wo immer es möglich ist, sollte eine Sekundarschule mit einer Ge-samtschule kooperieren.

In Kommunen ohne Gesamtschulen unterstützen wir auch Koopera-tionen mit anderen weiterführenden Schulen.

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Entschließung des GGG-Landeskongresses 2013:Integrierte Schulen - Forderungen an die Landespolitik

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Aus der Einschätzung, dass sich Sekundarschulen und Gesamtschulen nurdurch die Existenz einer eigenen gymnasialen Oberstufe unterscheiden,ergeben sich u.a. folgende Konsequenzen:

In der Ausbildungs- und Prüfungsordnung gibt es in der Sekundar-stufe I zwischen den beiden Schulformen keinen Unterschied.

Es gelten in der Sekundarstufe I die gleichen Kernlehrpläne.

Die Vorschriften zur Klassengröße für die Sekundarschule und dieGemeinschaftsschule müssen auch auf die Gesamtschule übertragenwerden.

Für Sekundarschulen und Gesamtschulen gelten die gleichen Beför-derungs- und Besoldungsbestimmungen.

Das integrierte Schulsystem darf gegenüber dem gegliederten Sys-tem bei den Beförderungsämtern nicht benachteiligt werden.

Die Entwicklung zu einem Schulsystem mit attraktiven integriertenSchulen (Gesamtschulen und Sekundarschulen) wird durch folgendeMaßnahmen unterstützt:

Schulen aller Schulformen sind verpflichtet, alle Schülerinnen undSchüler bis zu einem ersten Abschluss zu behalten und zu fördern(„Abschulverbot“).

Auch am Gymnasium müssen alle Abschlüsse und die entsprechen-den Schullaufbahnen möglich sein.

Die Einrichtung eines Sozialindexes ermöglicht die gezielte Unter-stützung von Schulen mit besonderen Förderaufgaben.

Es muss den Schulen möglich sein, soziale Benachteiligungen aus-zugleichen, ihre Schülerinnen und Schüler zu fördern und erfolg-reich zu bestmöglichen Abschlüssen zu führen.

Schulen mit heterogener Schülerschaft und insbesondere inklusivarbeitende Schulen erfordern gezielte Unterstützung und bedarfsge-rechte Ausstattung. Ungleiches gleich zu behandeln, schreibt Unge-rechtigkeit fort.Die Heraufsetzung der Bandbreite/Klassengröße fürdie Gesamtschule ist nicht nachzuvollziehen und steht in krassemWiderspruch zur Absichtserklärung der Landesregierung, die Klas-sengrößen zu reduzieren.

Große Herausforderungen für das gesamte Schulsystem ergeben sich beider Umsetzung der UN-Konvention Inklusion . Folgende Forderungensind für das Gelingen dieses Prozesse unabdingbar:

Alle Schulformen sind an dem Prozess der Inklusion zu beteiligen.

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aus der Arbeit der GGG

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Die Größe der GU-Klassen ist eindeutig festzulegen und darf auchbei Anmeldeüberhang nicht überschritten werden.

Der zusätzliche Bedarf an Lehrerinnen oder Lehrern erfordert dieZuweisung von Ressourcen in erheblichem Umfang an die Schulenmit gemeinsamem Unterricht.

Bei der regionalen Zusammenarbeit benachbarter Kommunen tretenimmer wieder Probleme auf.

Wir fordern, dass Instrumente zur engeren kommunalen Zusammen-arbeit und überörtlichen Planung entwickelt und eingesetzt werden.

Die Entwicklung des gegliederten Schulsystems in Richtung auf einintegriertes bedarf einer stärkeren Orientierung des Prozesses durch dieLandesregierung. Im Rahmen der Ermöglichungspolitik haben Kommu-nen einen Spielraum erhalten, der im Einzelfall auch zu inakzeptablenLösungen führt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Klever Kon-gresses fordern deshalb:

eine stärkere Orientierung und Steuerung des Umbauprozesses inNRW durch das Ministerium,

die Einrichtung einer Steuergruppe mit Vertretern des Ministeriums,der Schulaufsicht und mit externen Beratern, vor allem Praktikernaus den Gemeinden und den Schulen.

Die Landesregierung stellt im Koalitionsvertrag fest:

„Der Zusammenhalt der Gesellschaft wird mit einem inklusiven Bil-dungssystem gestärkt. Verschieden zu sein ist normal. Alle Kindersollen willkommen und angenommen sein. Miteinander und vonei-nander zu lernen, eröffnet neue Lernchancen für alle Kinder. DieVielfalt der Menschen mit ihren unterschiedlichen Talenten und Fä-higkeiten ist eine Bereicherung.“

Die integrierten Schulformen (Sekundarschule und Gesamtschule) erwar-ten, dass diese Orientierung in der praktischen Politik stärker ihren Aus-druck findet.

Weitere Berichte v om Landeskongress mit ca. 250 Teilnehmern und seinensechs überfüllten Arbeitsgruppen sind für GiN II/2013 geplant.

Mitgliederversammlung 2013 wählte neuen VorstandAm 05.03.2013 wählte die Mitgliederversammlung der GGG NRW inKleve einen neuen Vorstand:

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Mitgliederv ersammlung 2013 wählte neuen Vorstand

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Funktion Name Aufgaben (vorläufig)

Vorsitzender Behrend Heeren Außenvertretung, Bildungspolitik

Stv. Vorsitzender Werner Kerski Internet, Newsletter

Stv. Vorsitzende Dagmar Naegele Bildungspolitik

Kassierer Dr. Michael Fink Kassenführung, Weiterbildungsinst.

Schriftführerin Karin Görtz-Brose Redaktion GiN

Stv. Schriftführerin Ingrid Birkmann Protokolle, Aktenführung

Beisitzer(innen) Sigrid Beer , MdL Bildungspolitik

Rena Braun Schulentwicklung, Lehrerausbildung,Inklusion

Georg Broens Sekundarschulen

Christine Fasselt Schulentwicklung, lokale Beratung,Weiterbildungsinstitute

Peter Heim Kontakte (Bez. Köln)

Erich Heine Senior Experts

Gabriele Pieper Sekundarschulen

Roland Schiefelbein Inklusion, Kontakte (Bez. Düsseldorf)

Dietrich Scholle Schulentwicklung, lokale Beratung

Ulrich Sternitzke Eltern in der GGG

Jürgen Theis Datenverarbeitung, VIS

Ulrich Thünken Schulentwicklung, lokale Beratung

Prof. Dr. Susanne Thurn Schulentwicklung, lokale Beratung

Das Kleve-Team, Werner Kerski S. Thurn, R. Michaelis B. Heeren

Bilder vomLandeskongress der

GGG NRWam 05.03.2013

in Kleve

In der Mitgliederversammlung W. Kerski, S. Löhrmann, Th. Brauer

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aus der Arbeit der GGG

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Schulentwicklung in Nordrhein-WestfalenIn einer Landesfachtagung der GGG NRW am 06.12.2012 blickte derLandesvorstand mit Lars Nelson über den Zaun nach Bremen und mitErnst Rösner nach innen, auf NRW

Schulentwicklung in BremenBremen baut seit 2009 sein Schulsystem zu einem Zwei-Säulenmodellum. Grundlage ist der Bremer Konsens zur Schulentwicklung vom19.12.2008,der zwischen der Bremer CDU, der SPD, den GRÜNEN undder FDP abgeschlossen wurde. Danach gibt es in Bremen nach derGrundschulzeit nur noch die Oberschulen (in unserem SprachgebrauchGesamtschulen mit und auch ohne gymnasiale Oberstufen) und Gymna-sien. Bemerkenswert ist aus der Sicht Nordrhein-Westfalens die Vertei-lung in diesem Zwei-Säulenmodell: 75 % der Kinder und Jugendlichen inBremen besuchen eine integrierte Schule.Schon vor dem Konsens ist Bremen einen etwas anderen Weg gegangenals die meisten anderen Bundesländer. Die Schulen neben dem Gymnasi-um hatten auch vor 2009 einen erheblichen Anteil der Bremer Schüler-schaft. Bremen hat sich mit dem Bildungskonsens dazu entschieden, dieGymnasialplätze auf den Iststand zu beschränken.Vor diesem Hintergrund hatten GGG NRW und SLV-GE den für dieOberschulen zuständigen Referenten der Senatorin für Bildung undWissenschaft, Lars Nelson, zur Fachtagung Schulentwicklung in Nord-rhein-Westfalen eingeladen.

Er informierte über wichtige Weichenstellungen für die Schulentwick-lung in Bremen und die Steuerung des Prozesses.2

Eckpunkte des Bremer Schulentwicklungsplans

Umgang mit Vielfalt: Individuelles Lernen, differenzierte Lernmög-lichkeiten, längeres gemeinsames Lernen

Unterrichtsqualität / Lernkultur: selbstgesteuerte Lernformen, fä-cherübergreifender Unterricht, Projekte

Schulleben / Schulklima

Teamarbeit in Jahrgangs- und Fachteams

2 Präsentation von Lars Nelsen: „Blick über den Zaun-Schulentwicklung in Bremen“ im Internet unter

www.GGG-NRW.de/PM-PDF/ Nelson+121206+Bremen_Schulentwicklung.ppt

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Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen

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Leistungsbeurteilung: prozessbezogen, Lernentwicklungsberichte,Rückmeldekultur

Diese Orientierung bindet gleichermaßen Oberschulen und Gymnasien.Im Bremischen Schulgesetz von 2009 werden die Merkmale für beideSchulformen konkretisiert .

Regelungen für die Oberschulen (Bremisches Schulgesetz)

In der Regel dauert der Bildungsgang bis zu Abitur 9 Jahre, aber auch G8ist an den Oberschulen möglich.

Der Unterricht in der Oberschule berücksichtigt die unterschiedlicheLernfähigkeit und die individuellen Neigungen der Schülerinnen undSchüler durch eine zunehmende Differenzierung auf unterschiedlichenAnforderungsniveaus und führt zu den entsprechenden Abschlüssen.

Die Höchstfrequenz in der Oberschule liegt bei 25 Schülerinnen undSchülern.

Entsprechend dem Sozialindex der Schule erfolgt eine zusätzliche Zuwei-sung von Stellen. Diese werden auch zu einer Reduzierung der Klassen-frequenz unter 25 genutzt.

Bemerkenswert ist auch: 2/3 der Oberschulen verzichten in den Jahrgän-gen 5 bis 8 auf Ziffernnoten und geben Lernentwicklungsberichte.

Regelungen für die Gymnasien (Bremisches Schulgesetz)

Der Bildungsgang bis zum Abitur dauert in der Regel 8 Jahre. Kenn-zeichnend sind deshalb eine verdichtete Lernzeit und ein hohes Lerntem-po auf einem Anforderungsniveau. Klassenwiederholungen sind an denGymnasien bis zur 9. Jahrgangsstufe untersagt, ein Abschulen an dieOberschulen ebenso. Ziel des Gymnasiums ist das Abitur. Das Gymnasi-um ermöglicht aber auch den Erwerb aller anderen Abschlüsse. DieHöchstfrequenz im Gymnasium liegt bei 30 Schülerinnen und Schüler, jenach Sozialindikator auch weniger.

Steuerung des Prozesses

Das Land Bremen unterstützt den Umbauprozess durch folgende Maß-nahmen:

o Eine Steuergruppe mit Vertretern der Schulaufsicht, des Landesinsti-tuts und mit externen Beratern begleitet den Prozess.

o Beraterteams unterstützen die Schulen und entwickeln einen Bera-tungsleitfaden.

o Das Land stellt einen Expertenpool zusammen. Die Hälfte der Kos-ten für die Beratung der einzelnen Schule trägt das Land.

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aus der Arbeit der GGG

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o Die Schulen und hier besonders die Pilotjahrgänge werden entlastet:Es gibt 8 Planungsstunden für den Pilotjahrgang und 4 für die fol-genden Jahrgänge

Was kann Nordrhein-Westfalen hieraus lernen?Die GGG NRW regt an, dass sich die rot-grüne Landesregierung in NRWmit den Maßnahmen des rot-grünen Senats in Bremen vertraut macht undsich daran orientiert .

Die GGG NRW fordert seit langem ein Abschulverbot für alle Schulformen, auch für das Gymnasium.

Auch am Gymnasium müssen alle Abschlüsse und die entsprechen-den Schullaufbahnen möglich sein.

die Einrichtung eines Sozialindexes. Es muss den Schulen möglichsein, soziale Benachteiligungen auszugleichen, ihre Schülerinnenund Schüler zu fördern und erfolgreich zu bestmöglichen Abschlüs-sen zu führen.

die bedarfsgerechte Ausstattung von Schulen mit einer heterogenenSchülerschaft, insbesondere von inklusiv arbeitenden Schulen. Un-gleiches gleich zu behandeln, ist nicht gerecht.

eine stärkere Orientierung und Steuerung des Umbauprozesses inNRW durch das Ministerium. Nicht alles, was möglich ist, ist auchgut. Die Einrichtung einer Steuergruppe nach Bremer Vorbild wäresicher hilfreich, um den Umbauprozess zu begleiten.

Werner Kerski

Schulen des gemeinsamen Lernens in Nordrhein-Westfalen3

Gelingensbedingungen und Hindernisse

… Schulen des gemeinsamen Lernens haben in Nordrhein-WestfalenHochkonjunktur.Die Errichtungschancen sind allerdings ungleich. Sie sind umso besser,

je ausgeprägter der kommunalpolitische Konsens ist;

je klarer sich vorhandene Schulen positiv zur Umwandlung positio-nieren;

je professioneller die Vorbereitung der neuen Schule begleitet wird;

3 Auszüge aus dem Vortrag von Ernst Rösner am 06.12.2012.Den vollständigen Vortragstext findet man im Internet unter

www.GGG-NRW.de/PMPDF/Roesner+121206+Kommunalbefunde.pdf

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Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen

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je besser und konkreter die Information der Eltern ausfällt (auchdurch Besuche bestehender Schulen);

je klarer das neue Schulangebot als Aufwertung oder gar Rettungdes weiterführenden Schulangebotes wahrgenommen wird.

Weniger günstig sind die Gründungsvoraussetzungen folgerichtig dort,

wo ein kommunalpolitisches Einvernehmen nicht herstellbar ist;

wo bestehende Schulen mit öffentlicher Unterstützung Widerstandgegen ihre Auflösung leisten;

wo Konzeptentwicklung und Elterninformation nicht überzeugen(nicht zuletzt in der Frage des gebundenen Ganztagsbetriebs);

wo mit neuen Schulen keine subjektiv erkennbare Verbesserungeines kommunalen Bildungsangebotes erreichbar scheint;

wo eine geplante Sekundarschule als minderwertiges Angebot ge-genüber Realschulen oder Gesamtschulen diskreditiert wird.

Verhältnis zwischen Gesamtschule und Sekundarschule… Damit bin ich auf einer Veranstaltung der GGG bei einem schwierigenThema, nämlich dem Verhältnis von Sekundarschulen und Gesamtschulen.Dabei sollte dieses Verhältnis gar nicht problematisch sein, wenn für dieDiskussion ein rationaler Zugang gewählt wird. Wir müssen nur viereinfache Fragen beantworten:

1. Wie viele Schülerinnen und Schüler sind am Ort zu versorgen?2. Welche Gebäude stehen für eine veränderte Nutzung zur Verfü-

gung?3. Wie ist die Finanzkraft des Schulträgers? Kann er beispielsweise den

Ausbau und die Ausstattung vorhandenerSchulen bestreiten?

4. Wie sollen die Belange der bestehenden Oberstufen mit Wunsch derEltern nach einer Gesamtschule in Einklang gebracht werden?

Um hier einmal eineunmissverständliche Klarstellung vorzunehmen: WoSekundarschulen und Gesamtschulen grundsätzlich möglich sind, istfür mich die Gesamtschule die erste Wahl. Das ist in der konzeptionel-len Überlegenheit einer Schule begründet, die ohne Wechsel auch dasAbitur ermöglicht. Mehr aber auch nicht.Ich halte es für einen schweren Fehler, das pädagogische Konzept einerSekundarschule gegenüber dem einer Gesamtschule als zweitrangig zubewerten. Auch wenn in Sekundarschulen eine längst überholte Schul-formgliederung schulrechtlich möglich ist, so zeigen doch fast alle päda-gogischen Konzepte einen ausgeprägten innovativen und integrativen

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Aus der Arbeit der GGG

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Ansatz – einschließlich vorsichtiger Annäherung an gemeinsamen Unter-richt für Kinder mit und ohne Behinderungen. Mehr noch: Die Freiheitder Konzeptentwicklung erlaubt Unterrichtsformen, die denen der Ge-samtschulen in nichts nachstehen: Viel Binnendifferenzierung, sogarjahrgangsübergreifender Unterricht. In der Schulwirklichkeit wird vontraditionellen Differenzierungsformen nur sehr selten Gebrauch gemacht.Das ist auch bei kleinen Systemen kaum umsetzbar. …

Dr. Ernst Rösner

Internet-Seitender GGG NRW

GGG NRW: die Eingangsseite www.GGG-NRW.de

GGG a ktuell: Schule und Bildungspolitik www.GGG-NRW.de/Aktuell

GiN - Die Internetausgabe dieser Zeitschrift www.GGG-NRW.de/GiN

Bildungsf orschung und Bildungsstatistik www.GGG-NRW.de/BildStat

Druckschriften der GGG www.GGG-NRW.de/Dr uck

Verzeichnis„Integrierte Schulen in Nordrhein-Westfalen“

www.GGG-NRW.de/VIS

Bildungsref orm und Schulstruktur www.GGG-NRW.de/Str uktur

Qualitätsf orschung www.GGG-NRW.de/Qual

Schule in Europa (und anderswo) www.GGG-NRW.de/Eur opa

Lehrerausbildung www.GGG-NRW.de/LAB

Praxis in der Schule www.GGG-NRW.de/Schule

Weiterbildung bei der GGG www.weiterbildung-fuer-schulen.de

(oder www.w-f-sch.de)

Der GGG-Bundesv erband www.GGG-Bund.de

Das EU-MAIL-Projekt www.EU-MAIL.info

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Primusschulen in NRW:Chancen f ür Zukunft-weisende Schulentwicklung

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SCHWERPUNKT: PRIMUS

Primusschulen in NRW:Chancen für Zukunft-weisende SchulentwicklungDrei Geschichten und Mut machende Thesen

Eine erste Geschichte

Als ich zur Schule ging, kannte ich ab der v ierten Klasse die „anderen“ Kindernicht mehr, die nicht wie ich mit dem Bus zum Gy mnasium f uhren, sondern inder „Volksschule“ blieben … wenigstens aber besuchten sie weiter die ge-wohnte Schule, mussten nicht auf abgestuf te Verliererschulen wechseln.Meine Tochter ist mitten in der gesellschaf tlichen Normalität auf gewachsen,weil sie „alle“ Kinder und Jugendliche mit ihren Verschiedenheiten um sichhatte: langsame und leicht lernende – technisch brillante und künstlerischbegabte – bewegungsgestörte und sinneseingeschränkte – arme und reiche –religiös gebundene und ungebundene – in Familien oder Heimen lebende –gewaltausgesetzte und überbehütete ... Mit ihnen, durch sie und an ihnenkonnte sie f ür sich lernen, wie v ielf ältig die Welt ist. Erf ahren konnte sie, wieschwer aushaltbar bisweilen das Miteinander v on Verschiedenheit, wie schwerlebendige, teilhabende Demokratie ist. An Auseinandersetzungen, bisweilenauch bewusster Abgrenzung hat sich ihre eigene Wahrnehmung der Weltgeschärf t. Ihr Kinderleben war somit reicher als das meine: Mir ist zu v iel anWirklichkeit v orenthalten worden.

Seit 1974 ist die Laborschule Bielefeld eine Schule, die sich immerschon, da inklusiv und ohne jegliche äußere Leistungsdifferenzierung, alsbesonders konsequente Gesamtschule empfand und die heute „Primus-schule der ersten Stunde“ genannt werden könnte. Darin liegt kein Wi-derspruch zur Gesamtschulidee, sondern eine Bestätigung für sie. DieLaborschule umfasst die Jahrgänge 0 bis 10, war von Anfang an ohneOberstufe gedacht, hatte aber neben sich das Oberstufenkolleg als Ange-bot für jene Schülerinnen und Schüler, die unter demselben Dach ihrAbitur machen wollten. Viele aber wählten andere gymnasiale Oberstu-fen von Gesamtschulen oder Gymnasien oder beruflichen Schulen: Mit16 kann man selbst gut begründbare Entscheidungen für die individuellpassende Oberstufe treffen.Als konsequente Gesamt- oder eben Primusschule spiegeln die Kinder,die die Laborschule mit 5 Jahren nach einem Aufnahmeschlüssel auf-nimmt, die soziale Zusammensetzung einer Großstadt einschließlicheines Anteils so genannter „besonderer“ Kinder von 10% wider. Immerschon war sie also eine inklusive Schule ohne „Integrationsklassen“, sah(idealerweise) in den vielfältigen Unterschieden ihrer Kinder in jeder

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Schwerpunkt: Primus

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Gruppe einen Reichtum, der den Alltag spannend macht, wenn man ihndenn nutzt. Sie wollte und will jedem Einzelnen in seinen unterschiedli-chen Möglichkeiten gerecht werden, verzichtet daher auf jegliche Formäußerer Leistungsdifferenzierung und bis zum Ende des 9. Schuljahresauf Noten oder vergleichende Leistungsrückmeldungen. Nach fast 39Jahren Erfahrung mit dieser Struktur sind wir der Überzeugung, dassdarin bedeutend mehr an Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten liegenals in einem allzu früh selektierenden System und können diese Überzeu-gung wissenschaftlich abgesichert belegen, beispielsweise durch Abgän-gerstudien, die jährlich seit 1985 durchgeführt werden.Manchmal sagen wir mit ein wenig Sarkasmus: „Kaum sind schlappe 39Jahre vorüber, schon tut sich was in der Bildungspolitik und Schulent-wicklung des Landes“. Die erweiterten Möglichkeiten für Gesamtschu-len, äußere Leistungsdifferenzierungen länger auszusetzen, gehört dazu –und ganz sicherlich die Chance für Gemeinden und Kommunen, Primus-schulen zu errichten. Einige Vorteile liegen auf der Hand:

Die Schule bleibt im Dorf – sinnbildlich gesprochen: also auch mit-ten in einer Großstadt.

Eine Gemeinde, ein „Kiez“, eine Nachbarschaft kann mit ihrerSchule als Mittelpunkt kulturell lebendiger sein und bleiben.

Gewachsene nachbarschaftliche Beziehungen und gesellschaftlicheStrukturen im Kleinen bleiben länger erhalten, wenn Kinder längergemeinsam in eine Schule gehen.

Eine solche Schule kann ein Kennenlernen, Verstehen, Annehmenvon kulturell, religiös, sprachlich, ethnisch verschiedenen Familienerleichtern und zur gegenseitigen Bereicherung durch neue Horizon-te begleiten.

Ein Mehr an sozialem Miteinander in einer bunten Gesellschaft „imKleinen“ kann demokratische Strukturen festigen.

Auch kleinere System können effektiv arbeiten, wenn die Schulevertikal aufgebaut ist , also 10 oder (wenn die Schule wie unsere denJahrgang 0 dazu nimmt) 11 Jahrgänge unter einem Dach vereint.

Jahrgangsmischung kann beispielsweise als pädagogische Chancefür mehr und passgenaueres Lernen genutzt werden: Als Angebot fürreiche Profilierungsmöglichkeiten im Wahlunterricht wie auch imKernunterricht.

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Primusschulen in NRW:Chancen f ür Zukunft-weisende Schulentwicklung

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Nicht zuletzt: Viel Zeit – unnötig vertaneLebenszeit – viel Kraft undviel Geld kann gespart werden, wenn lange Schulwege wegfallen.

Von weiteren Vorteilen müssen viele Menschen erst überzeugt werden.Noch ist der Glaube fest verankert, Schule müsse so sein, wie sie „immerschon“ in Deutschland war, nur eine homogene Lerngruppe könnte allengerecht werden, frühzeitige Selektion sei daher die beste Option. Nochfällt es Vielen schwer, sich vorzustellen, dass von der Vielfalt alle profi-tieren: die langsam Lernenden, die von anderen Kindern oft leichter undmehr noch lernen als von ihren Erwachsenen - die Kinder aus benachtei-ligten Familien, die in der Schule neue Sprach- und Verhaltensvorbilderfinden – die Kinder, die ganz anders denken, spüren, sich verhalten,wahrnehmen als die „Norm“, wenn es diese überhaupt gibt und damit daseigene Denken und Fühlen relativieren - vor allem aber unserer Erfah-rung nach die leicht Lernenden und oft in unseren Schulen Unterforder-ten, die durch „passgenaue“ Aufgaben und zugetrauter Selbstständigkeitmitunter unglaubliche Leistungen vollbringen.Der Überzeugungsprozess muss andauern, obwohl auch hier die Vorteiledes längeren gemeinsamen Lernens auf der Hand liegen, wenn man sichauf die nachgewiesenen positiven Erfahrungen anderer Länder, besonde-rer Schulen in unserem Land und auch der Laborschule einmal einlässt,damit zunächst Ungewohntes zulässt:

In einer solchen Schule wird jedes Kind als „hochbegabt“ angese-hen, weil uns die Hirnforschung (Hüther) lehrt, dass das so ist – nurnicht nach althergebrachten schulischen Kategorien.

In einer solchen Schule bemühen sich die Lehrenden, passgenaueAufgaben für alle zu stellen und erleben selbst Unterricht plötzlichals vielfältiger und reicher.

In einer solchen Schule erstaunen individuelle Leistungspräsentatio-nen und -rückmeldungen von Qualität und Vielfalt , die ermutigen zuimmer mehr Leistung (Portfolio, öffentliche Präsentationen, Profil-märkte, individuelle Beratungszeiten, zielgerichtete Lernvereinba-rungen, sichtbar gemachte Leistung zum „Anfassen“ und „Aufhe-ben“).

In einer solchen Schule müssen Kinder nicht schon in ihrer sensiblenKindheits- und ersten Pubertätsphase durch genormte Leistungs-rückmeldungen entmutigt werden, die den Mut für und das Zutrauenzu mehr Leistung allzu oft verhindern.

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Schwerpunkt: Primus

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In einer solchen Schule haben Kinder und Jugendliche dadurch mehrMöglichkeiten, ihr Selbstbewusstsein zu erhalten und zu stärken.

In einer solchen Schule wird Kindern und Jugendlichen also mehrZeit zum Lernen und Muße zum Entwickeln geschenkt, weil gesell-schaftliche Selektion zunächst keine Rolle spielt .

In einer solchen Schule bleiben Lebenswegentscheidungen für Kin-der, Jugendliche und ihre Familien länger offen.

Eine solche Schule bietet also etwas ganz besonders Wichtiges: Zeitzum Wachsen und Werden.

Eine zweite Geschichte

Wir erleben in der Laborschule jedes Jahr, welche of t unv orhersehbaren,gänzlich unerwarteten Entwicklungsschübe Kinder bezogen auf ihre Leis-tungsmöglichkeiten in der Pubertät machen ... v orausgesetzt, sie wurden inden Jahren zuv or nicht entmutigt, gekränkt durch Versagenserlebnisse, v er-stört in ihrem Selbstbewusstsein. „Billy hat sich richtig angeknipst“, hat Mariaeinmal über Billy zu Beginn seines 8. Schuljahres gesagt. Sie war mit ihmzusammen, seit sie beide 5 Jahre alt sind, kennt ihn gut, hat ihn wie alleanderen als in sich selbst v erschlossenen Jungen erlebt, der nie mitbekam,was um ihn herum geschah ... der auch nach mehreren Jahren Englischunter-richt als Antwort auf jede Frage „y es I am“ sagte … der nur mühsam eigeneGedanken zu Papier brachte und mit Zahlen kaum etwas anzuf angen wusste.Sowohl die Schule als auch seine besorgten Eltern haben nichts unv ersuchtgelassen, ihn zu v erstehen, zu unterstützen, zu f ördern. Plötzlich aber war der„da“, bei uns, mit uns. Von dem Moment an hat er wie wild und äußerst erf olg-reich gearbeitet, Unmengen v on „Stoff“ nachgeholt: f reiwillig, selbstbestimmt.Die Schule hat er mit einem FOS-Abschluss verlassen – spätestens in seinemdritten Schuljahr hätte ihn zu seiner Zeit eine Regelschule auf eine Förder-schule überweisen müssen. Dort aber wäre er nicht v on Kindern wie Mariaumgeben gewesen, die ihn all die Jahres als einen der ihren, wenn auchbisweilen etwas seltsamen behandelt haben, hätte ihn die Normalität einer gutgemischten Gruppe nicht tragen und f ördern können, wäre kaum noch so v ielan Selbstwertgef ühl bei ihm bewahrt geblieben - das er aber doch brauchte,um in den letzten Jahren auf holen zu können, was zuv or f ür ihn im Nebel blieb.Mindestens so v iel wie Billy v on Maria hat Maria v on Billy gelernt, v ielleichtmehr weil Wichtigeres.

Jede Primusschule hat die Chance, eine Schule zu werden wie die be-schriebene. Weitere Vorteile muss sie sich dann aber erst erarbeiten undvermutlich erkämpfen:

Lehrerinnen und Lehrer müssen umdenken, „Verschiedenheit nut-zen“ lernen und das „besser lernen in heterogenen Gruppen“ selbsterfahren haben.

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Primusschulen in NRW:Chancen f ür Zukunft-weisende Schulentwicklung

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Unterricht kann nicht mehr im Gleichschritt, zielgleich, lehrerorien-tiert erfolgen, wie schon lange obsolet, aber immer noch Praxis.

Dafür brauchen Lehrende Unterstützung durch Fortbildung: Indivi-dualisierung, auch der wertschätzende Umgang mit Verschiedenheitals Voraussetzung von Inklusion will neu gelernt sein.

Gruppenstärken müssen mindestens in der Zeit dieses Prozesses von‚Schule neu denken’ und ‚Unterricht anders machen’ deutlich ge-senkt werden, um die wahrnehmbare Aufbruchstimmung bei vielenKolleginnen und Kollegen nicht durch Überforderung zu ersticken.

Primusschulen brauchen Freiheiten zum Entwickeln – angedachtsind sie bereits mit größeren pädagogischen Möglichkeiten als Re-gelschulen, etwa in der Freiheit , andere Leistungsrückmeldungenstatt Noten geben zu dürfen, weil individualisierendes Lernen nor-mierendem Prüfen und Bewerten widerspricht.

Die Behörden müssen lernen, ganz viel Vertrauen in die Schulent-wicklungsprozesse von neuen Primusschulen zu setzen, damit diesein Ruhe - auch über Fehler –voranschreiten können.

Die geplante wissenschaftliche Begleitung kann Primusschulen zumErfolg verhelfen, wenn sie nicht von außen aufgedrückt, sondern„auf Augenhöhe“ zusammen mit jenen erfolgt, die die Schulentwick-lungsprozesse im Alltag mit den Kindern und Jugendlichen zu ver-antworten haben.

Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Gesamtschulen und ihren Ober-stufen dient der Beruhigung von Eltern, dass es nach dem zehntenSchuljahr im Sinne dieser veränderten Pädagogik gut weiter geht.

Diese Zusammenarbeit kann zugleich aber zu mehr Mut für weitereSchul- und Unterrichtsentwicklung der beteiligten Schulen führen:eine große Chance für beide Systeme!

Eine dritte GeschichteFreitag, 9 Uhr – der Leistungskurs Sport, bestehend aus 22 Jungen undMädchen der Jahrgänge 8, 9 und 10 ist in der Sporthalle und wartet auf knapp50 Jungen und Mädchen der Jahrgänge 0, 1 und 2. Für diese Kinder haben siesich wie jeden Freitag eine 60 minütige Sportstunde überlegt, sie genaugeplant und detailliert auf geschrieben: entwicklungsangemessen, körperge-recht, bewegungsintensiv , kompetenzsteigernd, gefahrenbedacht. Hinter ihrerPlanung stehen Auseinandersetzungen mit der Theorie, die nun praktischwirksam und ihre Handlungen bestimmend umgesetzt werden soll. Ist einesolche intensiv e Theorie-Praxis-Umsetzung mit der anschließenden Ref lexionalleine schon eine Leistung, dann ist es die Durchf ührung allemal. Zum Auf -

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Schwerpunkt: Primus

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wärmen der ziemlich lebhaf ten, wuseligen Kinderschar haben sich die „Gro-ßen“ lustige Übungen ausgedacht, die die Riesengruppe in geordnete Bahnenlenkt. Danach werden die Kinder auf Stationen auf geteilt, an denen die Leis-tungskursschülerinnen und -schüler den Kleinen genau erklären, was hier zutun ist, ihnen Hilf estellungen bieten, ihre Bewegungen beobachten. Besuche-rinnen und Besucher, ganz besonders sicherlich die Schulleiterin der Schulesind beeindruckt und auch angerührt, wenn sie beobachten, wie sorgsam undbedacht, einf ühlsam und hochkonzentriert und zugleich geduldig die „Großen“mit den „Kleinen“ umgehen – wie die „Kleinen“ die „Großen“ bewundern ... undwie den „Großen“ das gut tut. Orhan, ansonsten nicht gerade ein angepassterSchüler, hat schneller noch als alle Erwachsenen wahrgenommen, dass Leoselig lächelnd, aber ein wenig orientierunglos, durch die große Halle wuselt. Errennt hinter ihm her, kniet sich v or ihn, f ängt ihn auf , wirbelt ihn herum, nimmtihn an die Hand, begleitet ihn zu seiner Station und hilf t ihm dann, dort eineÜbung zu bewältigen. Leo ist stolz, will Orhan nicht mehr loslassen – Orhanf ühlt sich gebraucht, wächst sichtbar daran, ebenso stolz! Am Ende der Stundeerzählen die Kleinen den Großen, was sie erlebt und gelernt haben – be-schreiben die Großen den Kleinen, was sie gesehen und erf ahren haben –ref lektieren die Großen im Anschluss ihren Unterricht mit so v iel kritischemBlick, pädagogischer Einf ühlung und sportdidaktischer Kompetenz, wie wir sieuns v on ausgebildeten Lehrkräf ten wünschen.

Primarstufenkinder, Sekundarstufenschülerinnen und -schüler zusammenüber den ganzen Tag hinweg heißt für mich vor allem, die Gesamtschuli-deen von gemeinsamem Lernen und Miteinander leben in einer Schulefür alle Kinder konsequent weiter zu denken und entsprechend umfassendweiter zu entwickeln. Wenn Schulen darin einen Wert erkennen, dasMiteinander entsprechend gestalten und daraus Schulkultur entsteht,gewinnen alle Beteiligten: Die Lehrenden der Schule, die den gesamtenEntwicklungsweg eines Kindes bis zur Pubertät und seinen Einstieg ins„fast“ Erwachsenenleben verfolgen können – die Kleinen, die sich an denviel bewunderten Großen orientieren – die Großen, die wahrnehmen,welchen Weg sie zurückgelegt haben und auch, wie viel sie weitergebenkönnen von dem, was sie auf diesem Weg gelernt haben. Wenn unsereZehnerinnen und Zehner ihr Abschlussfest planen, laden sie jedes Jahrdie 190 Kinder der Eingangsstufe (Schuljahre 0/1/2) ein, damit sie ihnenzum Auftakt ihres Festes die drei Strophen des Liedes „Wir werdenimmer größer, jeden Tag ein Stück“ vorsingen. Tränen fließen dann nichtnur bei Eltern und Großeltern, sondern auch jenen, die nach 11 Jahrenihre Schule verlassen wollen, um hoffentlich zuversichtlich und gestärktzu je eigenen Zukünften aufzubrechen.

Susanne Thurn

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Borken: Gemeinsames Lernen v on Klasse 1 bis 10

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Borken: Gemeinsames Lernen von Klasse 1 bis 10Die Borkener Montessori-Schulen praktizieren schon lange,was jetztzu einem Schulversuch wird

Von Anfang an dabei„Ich kann mich sogar noch an die Montessori-Spielstube erinnern. Die

Erzieherin trug immer so schöne Ohrringe“, sagt Jule, die aktuell die 10.Klasse der Montessori-Gesamtschule in Borken besucht und kurz vorihrem Abschluss der Sekundarstufe I steht. Sie gehört zu den fünf Schüle-rinnen und Schülern der Abschlussklasse, die bereits 15 Jahre lang (!!!)„am Stück“ die Montessori-Einrichtungen in der westfälischen Kleinstadtbesuchten. Mit zehn Monaten können die Kinder dort in die vorbereiteteMontessori-Umgebung „einsteigen“ und mit sechzehn Jahren können siediese mit einem Abschluss der Sekundarstufe I verlassen. Länger geht esnicht, denn die Montessori-Einrichtungen in Borken sind klein. DasKinderhaus hat drei Gruppen, die Grundschule arbeitet jahrgangsüber-greifend (1-4) mit vier Klassen, die Gesamtschule ist einzügig und hat170 Schüler/innen. Alle vier Einrichtungen arbeiten integrativ/inklusiv.

Modell „Montessori Borken“Als sich in Borken 1985 (nach fünf Jahren Erfahrung mit der Montessori-Pädagogik vom Kleinkind- bis zum Vorschulalter in selbstorganisiertenEinrichtungen) Pädagogen mit Eltern zusammen schlossen, um Kindernauch eine selbst organisierte schulische „Bildungszukunft“ zu ermögli-chen, hätten sie gerne eine „PRIMUS-Schule“ gegründet, denn das,wonach sie suchten, gab es in der Bildungslandschaft nicht. WichtigeImpulse für die Suche nach Alternativen zu dem bestehenden Schulsys-tem kamen aus der Montessori- und Reformpädagogik und ließen sich soumreißen:

Lernen ist ein individueller und selbstbestimmter Prozess, der be-sonders dann nachhaltig ist, wenn er aktiv und selbstbestimmt mit-gestaltet werden kann.

Lernen ist ein emotionaler, sozialer, motorischer, musisch-kreativerund eben auch kognitiver Prozess (kurz: Kopf-Herz-Hand), alleEbenen müssen auch in der Schule einen Raum haben.

Lernen findet überall statt und kann nicht auf institutionelles Lernenbegrenzt werden – schulisches Lernen muss mit Erfahrungen aus derLebenswelt verbunden werden und die Lebenswelt muss in ihrer Be-deutung für das Lernen erschlossen werden.

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Fächereinteilungen und Noten sind kaum geeignet, nachhaltigeLernprozesse zu initiieren.

Gemeinsames Lernen, Diversität und Inklusion sind für die Entwick-lung und ganzheitliche Bildung bereichernd und lernfördernd, dieausgewogene und selbstverständliche Teilhabe aller gesellschaftli-chen Gruppen und Jugendlichen an gemeinsamer Bildung ist nichtnur ein Menschenrecht (Deutscher Bildungsrat 1973; seit 2009 auchUN-BR-Konvention).

Das Lernen folgt – je nach Alter – unterschiedlichen entwicklungs-psychologischen Gesetzmäßigkeiten und muss von den Entwick-lungsbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen aus gedacht werden.

Da diese Impulse in den Augen der InitiatorInnen für alle Altersstufenvon 5 bis 18 Jahren Gültigkeit besaßen, sich andererseits aber sehr vonden Vorgaben, Selbstverständlichkeiten und Traditionen des Bildungssys-tems unterschieden, mussten nach einem mühsamen Ringen mit derSchuladministration schlussendlich zwei Schulen gegründet werden: 1.die Montessori-Grundschule Borken und 2. die Montessori-GesamtschuleBorken bis zur Klasse 10 – beide mit der gleichen pädagogischen Grund-haltung unter dem Dach des privaten Schulträgers Montessori Borkene.V., aber leider aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten desSchulträgers an verschiedenen Standorten.

Montessori-PädagogikAufbauend auf wichtigen Prinzipien/Grundsätzen der Montessori-Pädagogik finden sich in den Borkener Schulen quasi als rotes Band:

o Möglichkeiten der „freien Wahl der Tätigkeiten“ durch entsprechen-de Wahlmöglichkeiten, z.B. in Wochenplänen, Epochen, usw.;

o Heterogenität der Lerngruppen durch Gruppen mit behinderten undnicht behinderten, leistungsdifferenten Schülern und (zum Teil)durch altersgemischte Klassen;

o geänderte Rolle des Erwachsenen in erster Linie als Berater/in undBegleiter/in (und nicht als Bewerter/in), der anstelle von Notenschriftliche Leistungsbeschreibungen und -rückmeldungen vor-nimmt, möglichst ohne zu bewerten;

o eine vorbereitete Umgebung durch das Bereitstellen von Material,die Einrichtung der Klassen und die Einbeziehung eines Schulbau-ernhofes und anderer Lernorte:

o Räume und Zeiten für gemeinsame Erfahrungen und Interaktion.

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Borken: Gemeinsames Lernen v on Klasse 1 bis 10

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Jedes „Schulalter“ hat dabei Schwerpunkte, die in unterschiedlichenOrganisationsformen Berücksichtigung finden. Die Schulanfänger arbei-ten hauptsächlich frei und epochal, ab Klasse 4 setzt ein verstärkterFachunterricht in D, M und E ein, ab Klasse 5 wird die Freiarbeit durchWochenplanarbeit abgelöst, nach Erlangung eines bestimmten „Selbstor-ganisationsniveaus“ arbeiten die Schüler ab Klasse 7 vermehrt an offenenArbeitsaufträgen/Aufgabenstellungen, z.B. an wöchentlichen Projektta-gen oder im Epochenunterricht der Klassen 9 und 10, wo die Jugendli-chen zunehmend andere Lernwege und Erfahrungen, z.B. darstellerischeSzenen, Videoclips, Hörspiele, Präsentationen, Manuskripte, Modelleusw., in ihre Lernwege integrieren können.

Chancen auf dem Weg von 1 bis 10Gerade hat die Gesamtschule 25 von 30 Grundschülern des vierten Jahr-gangs für das Schuljahr 2013/2014 aufgenommen. Zehn von ihnen habenschon gemeinsam ab dem ersten Lebensjahr die Montessori-Spielstubebesucht, kennen sich also schon seit acht oder mehr Jahren. In den Mont-essori-Einrichtungen erhalten Kinder also die Chance, einen pädagogischkonzipierten Lernweg über viele Jahre hinweg mit einer zumindest ingroßen Teilen beständigen sozialen Gruppe zu beschreiten. Sie erhaltendie Möglichkeit, sich innerhalb ihrer unterschiedlichen Entwicklungspha-sen auch gemeinsam unterschiedlich zu entwickeln. Dies bedeutet abernie, dass unterschiedliche Entwicklungs- und damit eventuell auch unter-schiedliche schulische „Leistungsstände“ dazu führen, Freundinnen undFreunde zu verlieren oder gar in andere pädagogische Konzepte bzw.andere Schulen wechseln zu müssen. Alle können zusammen groß wer-den, aus dem Vorschulalter zu Schulkindern werden und das Kindesalterals Jugendliche verlassen. Viel länger als sonst üblich sammeln hierKinder mit unterschiedlicher Herkunft, Begabung, Erfahrungswelt,Leistungsfähigkeit, Religion, Motivation, mit differenten (Förder-)Be-darfen, familiären Hintergründen,kulturellen Bindungen, verschiedenemAlter, Geschlecht, Arbeitstempo usw. gemeinsame Erfahrungen imUmgang miteinander und im gemeinsamen Lernen.

Ein solches Modell „von 10 Monaten bis zu 16 Jahren“ und damit daseiner Schule „von Klasse 1 bis 10“ ist auch Ausdruck einer inklusivenBildungskultur. Was in den Kindergärten und vielen Grundschulen nochselbstverständlich ist, ändert sich in Borken in der weiterführenden Schu-le nicht. Alle Kinder und alle Familien sind auch hier willkommen. DasKlima in den Einrichtungen ist geprägt von Zuwendung, Empathie,

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Ermutigung und mit zunehmendem Alterauch von Respekt, Engagementund Freude an der eigenen Leistung. Dabei beeinflussen Zusammenhalt,Toleranz und gegenseitige Hilfe den Erfolg aller Schülerinnen und Schü-ler nachhaltig und positiv. In besonderer Weise können hier auch stabileBeziehungen zwischen den Kindern und Jugendlichen und den Pädago-ginnen und Pädagogen entstehen. Jedes Kind wechselt während seinesSchullebens nur einmal die soziale Bezugsgruppe / Klassengemeinschaft- wobei ein Teil der Mitschüler/innen immer konstant bleibt - und nurdreimal das Pädagogen-Team / seine Klassenlehrer/innen (aus Sekundar-stufen- und Sonderpädagogen). Dieses Klassenlehrer/innen/team vonzwei Erwachsenen ist verantwortlich für die Lernentwicklung und Lern-begleitung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Gerade Letzteresverstärkt die Tatsache, dass es neben der Entstehung hoher sozialerKompetenzen auch keine „Schulversager“ gibt, und dass die Schülerin-nen und Schüler gemessen an den Aussagen der abnehmenden Schulenoder Betriebe sehr gute Voraussetzungen für die Bewältigung der jewei-ligen kognitiven und sozialen Anforderungen mitbringen.

Seit dem 6. Schulrechtsänderungsgesetz NRW, das 2011 verabschiedetwurde, sind solche Modelle vorgesehen, die belegen sollen, ob durchlängeres gemeinsames Lernen „die Chancengerechtigkeit und die Leis-tungsfähigkeit des Schulwesens erhöht werden und die Schülerinnen undSchüler zu besseren Abschlüssen geführt werden können“. Ohne eineAntwort vorweg nehmen zu wollen entspricht genau das den Erfahrungenund dem Gefühl in den Borkener Montessori-Schulen mit der Möglich-keit eines bruchlosen Übergangs „von 1 bis 10“.Und im Eckpunktepapier des MSW vom 28.06.2013 zum „SchulversuchPRIMUS“ heißt es:

„ ... In diesem Schulversuch soll erprobt werden, wie stark die Bin-dung von Schülerinnen und Schülern der Grundschule an eine sol-che Schule in der Sekundarstufe I ist und ob es gelingt, Bildungsbio-grafien ohne Brüche zu ermöglichen. Besonderes Augenmerk giltdabei der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler.Darüber hinaus sollen Erkenntnisse gewonnen werden, welche be-sonderen Voraussetzungen Lehrkräfte dieser Schulen erfüllen müs-sen und in welchen Klassen Lehrkräfte mit Lehrämtern der Primar-stufe oder der Sekundarstufe I sinnvoll eingesetzt werden können.“

Auf die Ergebnisse aus diesem neuen Versuch ist man auch in Borkengespannt, in den Erfahrungen der hier tätigen Lehrer/innen sind die

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Borken: Gemeinsames Lernen v on Klasse 1 bis 10

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Chancen und das Potential einer solchen Bildungsorganisation ein Schatz,der bislang kaum zur Kenntnis genommen wurde und ungenutzt war.

HeterogenitätEine besondere Bedeutung hat dabei die Heterogenität der Lerngruppen.Zu dem gemeinsamen Lernen in den Borkener Schulen zählen selbstver-ständlich schon immer Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedarfen.Denn vor allem im sozialen Miteinander vieler verschiedener Persönlich-keiten in einer Lerngruppe können Schülerinnen und Schüler einen„Anderen“ erleben und kennen und schätzen lernen. In dem sie angehal-ten und eingeladen sind, Möglichkeiten und Grenzen bei anderen zuerkennen, lernen sie zugleich auch sich selber und die eigenen Möglich-keiten und Grenzen kennen. Wenn die sehr offensichtlichen Bedürfnisseund Eigenheiten einiger Mitschüler/innen im Zusammenleben Berück-sichtigung finden müssen, bekommen im gemeinsamen Lernen auch dieeigenen Bedürfnissen und Eigenheiten Raum und den Rang einer Selbst-verständlichkeit, die von den anderen wahrgenommen und befragt wer-den können, um sich dann auch verändern und entwickeln zu können.

Natürlich braucht dieses Lernen auch eine gute Moderation durch dieLehrkräfte und einen personellen Input.Dabei geht es im Grundsatz darum, dass jeder bereit und in der Lage seinsollte, auf andere in der Klasse einzugehen, sie zu verstehen und mitihnen gemeinsam zu arbeiten. Das ist einer der Gelingensfaktoren für„inklusive“ Schulen. In den wöchentlichen Stuhlkreisen werden von denSchülerinnen und Schülern Probleme thematisiert und „verhandelt“ .Dabei erlernen die Schülerinnen und Schüler Formen des Umgangs mitnatürlich entstehenden Konflikten. Weiterhin haben die wöchentlichenKlassenratssitzungen das Ziel, immer wieder alle in der Klasse vorhande-nen Schülerinnen und Schüler und Interessen wahrnehmbar zu machenund einzubeziehen. Auch die jährlichen Klassenfahrten ab Klasse 1 habenihre wichtigste Begründung in den Sozialerfahrungen, die die gemeinsa-me Arbeit in vielen Bereichen tragen. Der menschliche Umgang und dasInteresse aneinander richtet sich bei Kindern und Jugendlichen denErfahrungen in Borken nach nicht nach Schulformen oder Intellekt, wennein Raum für diesen Umgang gegeben ist. Dann kann man auch von einer„inklusiven Kompetenz“ einer Schulklasse sprechen. Denn in einer„Schule für alle“ gibt es zwangsläufig Kinder und Jugendliche, die nichtnur durch die Erwachsenen, sondern vor allem auch durch die Mitschü-ler/innen zu persönlicher Stabilität und Leistungsfähigkeit kommen.

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Innerhalb der Lerngruppen von Klasse 1 bis Klasse 10 erscheint es denSchüler/innen selbstverständlich, dass von Seiten der Lehrkräfte unter-schiedliche Anforderungen an unterschiedliche Schüler/innen gestellt unddamit auch unterschiedliche Leistungserwartungen verbunden sind. Dabeigibt es auch übergeordnete Leistungen (Anstrengung, Hilfe geben, Hilfenannehmen, Ordnung halten, Störungen vermeiden, Aufrichtigkeit, kom-munikative Kompetenz, Empathie,...), die jede/r im Rahmen seiner Mög-lichkeiten erbringen soll. Die Wahrnehmung, Akzeptanz und Anerken-nung sehr verschiedener Leistungen in einer Klasse eröffnet erst dieLernchancen für alle. Diese Akzeptanz ist umso größer, je mehr dieSchülerinnen und Schüler von ihren Mitschülern wissen, je mehr sie dieseinnerhalb und außerhalb von Unterricht erlebt und erfahren haben.

FazitMit den Borkener Montessori-Schulen steht Kindern und Jugendlicheneine Lernumgebung bereit , die nicht von Selektion und den damit ver-bundenen Selektionsinstrumenten geprägt ist .Ganz im Gegenteil könnenhier Zusammenarbeit in der Gruppe, gegenseitiger Respekt, Wertschät-zung der Andersartigkeit , Toleranz gegenüber Schwächeren oder Stärke-ren, Akzeptanz unterschiedlicher Leistungen und Leistungsfähigkeitenerlernt und gelebt werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Dis-kussion um den durch die UN-Behindertenrechtskonvention forciertenBegriff der INKLUSION, wird diesem Modell von 1 bis 10 (bezogen aufdie schulischen Jahrgänge) jetzt die längst überfällige Aufmerksamkeitzuteil, u.a. weil hier zu sehen ist, dass alle Kinder und Jugendlichen, wieunterschiedlich sie auch sein mögen, hier herausgefordert werden undgemeinsam mehr lernen, wachsen und sich entwickeln können.

Hans-Werner Bick und Hartmuth Schlüter-Müller

_________________________

Anhang: Leitbild der Montessori-GesamtschuleDie Montessori-Gesamtschule versteht sich als ein zukunftsweisendesModell einer zukunftsfähigen Gesellschaft, in der Diversität (Vielfalt)und Inklusion als Selbstverständlichkeit und Bereicherung erfahrenwerden dürfen und einer ganzheitlichen und individuellen Persönlich-keitsentwicklung zugutekommen.

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Borken: Gemeinsames Lernen v on Klasse 1 bis 10

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Deshalb werden neben kognitiven auch kreativ-musische, kommunikati-ve, sozial-emotionale und körperlich-motorische Entwicklungen angeregtund unterstützt.

Zentrale Werte der Schule sind

- Anforderungen und Herausforderungen- Wertschätzung und Respekt

- gleichberechtigte Teilhabe und Beteiligung

- Verringerung von Barrieren- Authentizität und Aufrichtigkeit

- Gewaltlosigkeit- Mut und Neugier/Offenheit

- Einfühlungsvermögen und Unterstützung

- Vertrauen und Freude im Miteinander- Entfaltung und Entwicklung individueller Möglichkei-

ten/Fähigkeiten und Maßstäbe

Auf der Grundlage der Leitgedanken und Werte sorgt die Schule

für die Bereitstellung/Vorbereitung von angemessenen und unter-schiedlichen Lernerfahrungsräumen in und außerhalb des Schulge-bäudes,

für eine möglichst optimale schüler/innen/gerechte Unterrichtsorga-nisation, die so oft es geht auf die Bedeutsamkeit von Lerninhaltenausgerichtet sein soll und deshalb auch fächerverbindendes und fä-cherüberschreitendes Lernen ermöglicht ,

für eine lern- und arbeitsfördernde Atmosphäre,

für tragfähige und transparente Vereinbarungen und klare Regeln,

für eine umfassende und förderliche Kommunikation unter und zwi-schen allen Beteiligten (Eltern, Schüler/innen und Mitarbeiter/innenund Schulträger),

für eine Einbindung und Vernetzung der Schule in den Ortsteil, dieStadt und die Region.

Die Organisation und Ausgestaltung der Arbeit in der Schule orientiertsich an Prinzipien der Montessori-Pädagogik. Daneben ist die Arbeitauch abhängig von materiellen Ressourcen sowie von neuen Erkenntnis-sen aus Wissenschaft und Forschung und von der Fantasie, dem Engage-ment und dem Mut der beteiligten Mitarbeiter/innen und Eltern. Deshalbbleibt die Überarbeitung und Verbesserung der Schule und die Schulpro-grammarbeit eine beständige Aufgabe aller Beteiligten.

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Die Grünauer Schule

Eine Gemeinschaftsschule im Bezirk Berlin-Treptow-KöpenickUrsprünglich als Grundschule konzipiert (sie umfasst in Berlin die Jahr-gänge 1 bis 6) wurde sie zur Gemeinschaftsschule ausgebaut und hat indiesem Schuljahr (2012/13) erstmals den 10. Jahrgang erreicht.Als ihr konstituierendes Merkmal hebt auch diese Gemeinschaftsschuledas längere gemeinsame Lernen hervor, die Kinder werden nicht zu frühsortiert , in heterogenen Lerngruppen lernen sie nach unterschiedlichenreformpädagogischen Ansätzen. So bietet die Grünauer Schule vielfältigeLernangebote wie Freiarbeit , Wochenplan, Clubarbeit , Werkstattarbeit ,Projekte – jedes Kind kann seine individuellen Lernfortschritte erleben.Gemeinschaftsschulen sind grundsätzlich Ganztagsschulen; die GrünauerSchule arbeitet in der Grundstufe im offenen Ganztagsbetrieb, in derMittelstufe im „geschlossenen Ganztag“.

Zum geographischen Standort und sozialen Umfeld der Schule:Die Schule liegt in einer ruhigen Straße im Stadtteil Grünau in Berlin-Köpenick. Auf dem Schulgelände befinden sich das Grundschulgebäude(mit Klassenräumen, Gruppenräumen, Mensa, Bibliothek, Sekretariat,Schulleiterinbüro), das Fachhaus (mit Klassenräumen, NW-Räumen, PC-Räumen, Werkstätten, Lehrküche), der Altbau (Klassenräume 7-10,praxisorientierte Klasse, Schülerclub, Büro des stellvertretenden Schullei-ters), die Aula, die kleine Turnhalle, die große Sporthalle und der Fuß-ballplatz. Die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler kommen aus gutsituierten, deutschsprachigen, bildungsnahen Elternhäusern. Das Ein-zugsgebiet weist also eine geringe soziale Belastung auf.Auf einer von der GGG NRW im März 2012 veranstalteten Tagung zumThema „Neue Wege für Schulen in NRW– Zusammenschluss von Grund-schulen und Sekundarschulen“ interessierten uns vor allem die konkretenMotive, Entwicklungsbedingungen und die Realisierung dieser Schulen:Können wir in NRW aus diesen Erfahrungen für die sog. PRIMUS-Schulen etwas lernen?Die Grünauer Schule war eine im Ostteil der Stadt „aufgewachsene“Grundschule. Zur Gemeinschaftsschule, die die Jahrgänge 1 bis 10 um-fasst, wurde sie entwickelt, um jede Selektion von Anfang an zu vermei-den, da ja die Kinder ohne Schulwechsel von der Primarstufe in dieSekundarstufe wechseln können. Übrigens hat sich mit dieser Entwick-lung die Zahl der Schüleranmeldungen verdoppelt.

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Die Stadtteilschule Styrum in Mülheim an der Ruhr

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Zur Entwicklung des Konzepts –Einige Bedingungen und Erfahrungen:

Grundlegend wichtig war und ist es, ein einheitliches pädagogischesKonzept für die alle Jahrgänge von 1 bis 10 zu entwickeln. Wie ein roterFaden durchziehen folgende Prinzipien den Schulalltag: Verpflichtungzum Sozialengagement, Partizipation, Logbuch mit Zielvereinbarungen,Methodentraining.

Nach den Erfahrungen der Schulleiterin Sabine Scholz war es für denEntwicklungsprozess wichtig, die Vielfalt der Veränderungswünsche aufzwei bis drei Themen zu reduzieren. Dabei sollte man bei gut entwickel-ten Tendenzen beginnen, diese dann ggf. mit weniger erfolgreichenkoppeln.

Probleme:Fachfremder Unterricht und wenig kompatibler Stundenplan

Um fachfremden Unterricht qualifiziert durchführen zu können, ist fä-cherübergreifende Kooperation nötig. Diese „kostet Zeit“ , ohne weitereRessourcen wird sie nicht zu realisieren sein. Die Stundenpläne derPrimar- und der Mittelstufe sind kaum kompatibel, dennoch ist eineKooperation wichtig. Die Empfehlung: Durchlässigkeit zwischen beidenStufen ist einzurichten, auch um das nötige Verständnis für die jeweiligeArbeit zu erreichen.

Fazit:Das gemeinsame Lernen ganz unterschiedlicher Kinder und Jugendlicherlässt sich besonders konsequent an der Schulevon 1 bis 10 durchführen,da von Anfang an der Schulalltag von reformpädagogischen Prinzipiengestaltet wird und die Ausrichtung auf eine pädagogische, soziale, perso-nelle Kontinuität hier am ehesten gewährleistet ist .

Ingrid Birkmann

Die Stadtteilschule Styrum in Mülheim an der RuhrDer Stadtteil Styrum in Mülheim an der Ruhr ist typisch für viele Stadt-teile im Ruhrgebiet nördlich des sozialen Äquators. Styrum ist von derSchwerindustrie (Mannesmann-Röhrenwerke) gekennzeichnet. Styrumzählt zu den zwei sozial schwächsten Stadtteilen in Mülheim mit einemrelativ hohen Migrantenanteil (wesentlich türkischer Herkunft). DieBildungssituation wird durch das Nebeneinander von Gemeinschafts-

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Schwerpunkt: Primus

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grundschulen und konfessionellen Grundschulen erschwert. Ungewolltverstärken die Konfessionsschulen die soziale Segregation. Der Rück-gang der Schülerzahlen zwingt die Stadt, die Zahl der Grundschulen undder Grundschulstandorte zu verringern.

Das jetzige Konzept der Stadtteilschule Styrum (STS) ist in einem fünf-jährigen Prozess entstanden. Es umfasst die drei Styrumer Grundschulen(eine Gemeinschaftsgrundschule sowie jeweils eine katholische undevangelische Grundschule) mit sechs Standorten und die Willy-Brandt-Gesamtschule. Ausgangspunkt dieses Projektes war eine vom Rat derStadt Mülheim beschlossene Zukunftswerkstatt für eine zukunftsfähigeBildungslandschaft in Mülheim-Styrum. Diese Werkstatt wurde professi-onell extern moderiert und fand unter Einbeziehung aller relevantenInstitutionen und der einzigen weiterführenden Schule in Styrum, derWilly-Brandt-Gesamtschule statt .

Im Rahmen dieser Werkstatt entstand die Idee einer Zukunftsschule mitLeuchtturmcharakter für den Stadtteil Styrum. Diese Schule sollte vomKindergarten bis zum Abitur gehen und eine echte Ganztagsschule sein.Alle Styrumer Schulen sollen gleiche Bildungschancen haben.

Wichtig war auch die Erkenntnis, dass die Konkurrenz zwischen denGemeinschaftsgrundschulen und den konfessionellen Grundschulenletztlich allen Grundschulen und dem Stadtteil schadet. Hieraus ergabsich die Idee einer Schule mit einem Konzept und zwei Standbeinen fürden ganzen Stadtteil.

Am Ende der Werkstatt entstand der Wunsch, diese Idee weiter zu einemkonkreten Konzept zu entwickeln und es gründete sich die „InitiativeStyrumer Bildungslandschaft“ , deren Koordinierung der Gesamtschullei-ter übernehmen sollte.

Diese Initiative,an der sich alle Styrumer Schulen beteiligten, informiertesich über Schulen, die Vorbildcharakter für Styrum haben könnten underreichte, dass die Stadt Mülheim 2011 eine zweite Zukunftswerkstatt fürdie Weiterentwicklung der Bildungslandschaft in Styrum durchführte. Indieser Werkstatt wurde das Modell einer Stadtteilschule mit zwei Stand-beinen von Jahrgang eins bis zehn und an einem der beiden Standorte biszum Jahrgang dreizehn entwickelt. Die Konfessionalität der zwei Grund-schulen soll in einer mehrkonfessionellen Stadtteilschule aufgehobenwerden.Die Ergebnisse dieser Zukunftswerkstatt dienten den Grundschulen undder Gesamtschule als Grundlage einer gemeinsamen Stellungnahme aller

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Die Stadtteilschule Styrum in Mülheim an der Ruhr

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Styrumer Schulkonferenzen zum Bildungsentwicklungsplan der StadtMülheim an der Ruhr. In dieser Stellungnahme wird die Stadtteilschuledurch ein Leitbild, Ziele und pädagogische und organisatorische Merk-male konkretisiert . Hier sind auszugsweise einige Merkmale der Stadt-teilschule (STS) zitiert:

1. Die STS besteht aus zwei Grundschulen (Auguststraße und Zastrowstraße) undder Gesamtschule.

2. Die STS hat ein gemeinsames pädagogisches und organisatorisches Konzept.3. Sie umfasst die Jahrgänge 1 -13.4. Es gibt verbindliche von der Qualität und Quantität zunehmende Kooperationen

zwischen dem Primar- und dem Sekundarbereich.5. Sie befindet sich an zwei Standorten.6. Sie ist mehrkonfessionell.7. Sie ist inklusiv.8. Sie ist interkulturell.9. Sie ist eine Ganztagsschule.10. Es gibt feste Kooperationen mit Einrichtungen im Stadtteil.11. Die Grundschulen und die Gesamtschule sind in der ersten Phase im System

eigenständig und eigenverantwortlich.12. Es gibt ein Leitungsteam, das sich aus den Schulleitungen der drei Schulen zu-

sammensetzt.13. Ein pädagogischer Ausschuss mit Lehrern aus den drei Schulen und je einem

Leitungsmitglied aus den drei Schulen koordiniert die fachliche und pädagogi-sche Weiterentwicklung der Stadtteilschule.

14. Die Stadtteilschulkonferenz setzt sich aus Eltern, Lehrern, Schülern und Slg-Vertretern zusammen.

15. Die STS nimmt am Modellversuch des Landes NRW Schule von 1-10 teil.16. Die STS kooperiert mit dem Ministerium für Integration.

Dieser gemeinsame Vorschlag aller Einzelschulen einer Stadtteilschulefand bei allen Parteien und im Rat großen Anklang. Auch deshalb, weildeutlich wurde, dass es nicht um Schulen, sondern um die Kinder imStadtteil und den Stadtteil insgesamt geht. Dies verdeutlicht ein Auszugaus der Präambel des Konzepts:

Die Styrumer Schulen sehen die Schulentwicklung als Stadtteilentwicklung an. Oh-ne eine weitgehende Investition in die Zukunft der Styrumer Kinder und somit in dieBildungsarbeit der Schulen sehen wir, dass das soziale Gefüge des Stadtteils in ei-ne noch schlimmere Schieflage geraten wird als es bisher sich schon darstellt.Während die Sozialdaten den Stadtteil Styrum als Problemstadtteil ausweisen, istder Stadtteil andererseits durch eine gute soziale Vernetzung gekennzeichnet. Die-se gute soziale Infrastruktur wird jedoch in einem schleichenden Prozess ausge-

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Schwerpunkt: Primus

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höhlt. Bildungsstarke und sozial starke Familien wenden sich vom Stadtteil ab odertragen sich mit Abwanderungsgedanken.Die deutschstämmigen und die Familien mit Migrationshintergrund leben einver-nehmlich nebeneinander und zum Teil miteinander. Es gibt auch hier gegenläufigeEntwicklungen. Das Miteinander muss im Interesse beider sozialen Gruppierungengestärkt werden.Hier kommt den Kindergärten und den Schulen eine besondere Rolle zu. Deshalbhaben die Teilnehmer der beiden Zukunftswerkstätten eine Bildungslandschaft fürStyrum entwickelt, die die Schulentwicklung als Stadtteilentwicklung sieht. DiesesStatteilschulmodell berücksichtigt die spezifischen Probleme und Möglichkeiten desStadtteils Styrum es könnte aber auch Modellcharakter für viele Stadtteile in dernördlichen Ruhrregion haben.Deshalb ist eine Aufnahme des Schulmodells in den Modellversuch des Landes imRahmen des Schulkonsenses sinnvoll. Daneben soll eine flankierende Unterstüt-zung aus dem Integrationsministerium beantragt werden.

Mittlerweile ist der Prozess so weit gediehen, dass der schwierige Akt derAufhebung der Konfessionsgebundenheit der beiden konfessionellen GSdurch ein Feststellungsverfahren in diesem Jahr durch den Schulträgerangegangen wird.

Inhaltlich kooperieren alle Styrumer Schulen quantitativ und qualitativzunehmend. Das geschieht zwischen den Grundschulen und zwischen denGrundschulen und der Gesamtschule auf unterschiedlichen Ebenen. Alsherausragend können hier zwei gemeinsame jeweils ganztägigeLehrerfortbildungen aller Styrumer Schulen mit allen Lehrern genanntwerden.

Leider passt das vorbildhafte Styrumer Modell nicht in die Rahmenbe-dingungen von PRIMUS. Deshalb sahen sich die Styrumer Schulleiterveranlasst, den städtischen Schuldezernenten zu bitten, vorläufig voneiner Einbeziehung der Stadtteilschule in PRIMUS abzusehen. Hier einAuszug aus der entsprechenden Begründung:

… Seit Ende Juni 2012 liegen diese jetzt in dem Schreiben „Eckpunkte Schulver-such PRIMUS“ vor, in dem jetzt die Vorgaben für eine Beteiligung definiert sind.Danach ist eine Beteiligung der STS an PRIMUS derzeit nicht möglich. Die Eck-punkte mögen vielleicht der rechtlichen Verfahrensklarheit dienen, pädagogischdienen sie eher der Verhinderung und weniger der Ermöglichung innovativer Pro-jekte. Aus unserer Sicht ist das bedauerlich, stellt doch das Projekt der STS einlandesweit bemerkenswertes Vorhaben dar, das schon jetzt Teilaspekte vonPRIMUS in Eigeninitiative der Styrumer Schulen verwirklicht hat.

Behrend Heeren

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Die Stadtteilschule Styrum in Mülheim an der Ruhr

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BEITRITTSERKLÄRUNG

Ich erkläre meinen Beitritt/Wir erklären unseren Beitritt zurGemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule (GGG) -Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V.

Ich/Wir zahle(n) als einen Jahresbeitrag von

Einzelmitglied 70 € (normaler Beitrag)

Einzelmitglied 35 € (reduzierter Beitrag)

Einzelmitglied 10 €(Auszubildende, Schülerinnen, Schüler,Studentinnen, Studenten, Arbeitslose)

korporatives Mitglied 120 €

Vor- und Zuname:

Anschrift: Telefon:

E-Mail: Geburtsdatum:

Gesamtschule (falls dort tätig): Beruf:

Ort, Datum: Unterschrift:

Einzugsermächtigung

Hiermit ermächtige ich Sie widerruflich, die von mir zu entrichtenden Beiträge vonmeinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Wenn mein Konto die erforderlicheDeckung nicht aufweist, besteht seitens der kontoführenden Bank keine Ver-pflichtung zur Einlösung. Aufgrund eines Austritts zu viel gezahlte Beiträge sindmir auf Anforderung zurückzuzahlen.Name des Kontoinhabers:

Wohnort:

Kontonummer: Bankleitzahl:

Bank:

Ort, Datum: Unterschrift:

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Gesamtschulein Nordrhein-Westfalen I /2013 Beitrittserklärung

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