Der biografische Anker in der Kitteltasche

18
Der biografische Anker in der Kitteltasche Daniel Holzem, Köln

description

Daniel Holzem, Köln

Transcript of Der biografische Anker in der Kitteltasche

Page 1: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Ankerin der Kitteltasche

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

Daniel Holzem, Köln

Page 2: Der biografische Anker in der Kitteltasche

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

Daniel Holzem, Köln

Die Zeitgeschichte ...

umfasst die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Ereignisse, die für eine Population eines Kulturkreises in etwa identisch sind (z.B. Krisen, Kriege, Staatsformen).

Der Lebenslauf ...

umfasst alle persönlichen Lebensdaten (z.B. Eltern, Geburtstag, Schule, Ausbildung, Heirat) sowie alle beruflichen, sozialen und geografischen Lebenssituationen (z.B. Schultyp, soziale Schicht, Milieu, Berufsausübung, geografische Herkunft, Migration).

Die Lebensgeschichte(n) ...

umfasst alles das, was der Mensch wie mit wem erlebt hat (z.B.Stories, Geschichten, Anekdoten).

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Komponenten von Biografie

Page 3: Der biografische Anker in der Kitteltasche

� � � � � � � � � � � � ! � " # � $ � � % � & " � �

Daniel Holzem, Köln

Hinter meinem Handeln steckt stets eine Absicht,

dass für mich eine Bedeutung hat und nach dem ich handele

– mit und ohne Demenz!

Die Biografie ist die Quelle meines Verhaltens,

sie erklärt es, ermöglicht das Verständnis und löst es.

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Komponenten von Biografie

Biografie

Zeitgeschichte Lebenslauf

Lebensgeschichte(n)

Page 4: Der biografische Anker in der Kitteltasche

' ( ) * + ( , ( , ( - ( * . ( / 0 * 1 ) ( 2 * 3 / ( - )

Daniel Holzem, Köln

Ich akzeptiere die Realität des Bewohners und orientiere mein Handeln daran.

Ich will wissen: Warum lebt der Bewohner momentan diese Realität / dieses Verhalten? Was steckt dahinter?

Ich will das Leben / die Biografie des Bewohners kennen lernen!

Ich will sensibel sein für die Gefühle und Antriebe des Bewohners!

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Grundhaltung

Page 5: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Erinnern ...

4 5 6 7 8 5 9 5 9 5 : 5 7 ; 5 < = 7 > 6 5 ? 7 @ < 5 : 6

Daniel Holzem, Köln

Menschen erinnern sich anhand von Impulsen / Reizen.

Durch einen einzelnen Reiz (z.B. ein Geruch, Bild, Lied, Gegenstand, Kleidung etc.) können Gedächtnisspuren aktiviert, möglicherweise Assoziationsketten in Gang gesetzt und Geschichten entlockt werden.

= Einen werfen!!

Ohne Impulse / Reize erfolgt keine Reaktion,

sondern Hospitalismus, Gesundheitsschäden und

Sterben statt (Er-)Leben

Page 6: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

... und Vergessen

A B C D E B F B F B G B D H B I J D K C B L D M I B G C

Daniel Holzem, Köln

Transfer von Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis gelingt nicht mehr; die

Brücke ist zerstört.

Informationen im Langzeitgedächtnis werden allmählich abgebaut; beginnend mit den aktuellsten Informationen wird das Langzeitgedächtnis wie ein Wollknäuelabgewickelt.

(Demenzgesetze nach H. Buijssen)

Page 7: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

... und Vergessen

N O P Q R O S O S O T O Q U O V W Q X P O Y Q Z V O T P

Daniel Holzem, Köln

Wir bewegen uns in der eigenen Biografie zurück in Richtung „Prägungszeit“ (= die ersten 20-25 Lebensjahre):

Sie beschreibt diejenige Lebensphase eines jeden Menschen,

... die ihn primär in seinem Verhalten, seiner Grundhaltung, seinen Bewältigungsstrategien (Copings) prägt.

... wo sie das erste Mal mit Lebensthemen wie Ausbildung u. Beruf, Beziehung u. Trennung, Lösung von der Primärfamilie u. Aufbau einer eigenen sozialen Struktur, Pubertät u. Erwachsen werden, Heirat u. Familiengründung usw. konfrontiert werden und diese bewältigen lernen.

(Psychobiografische Pflege n. Prof. E.Böhm)

Page 8: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

[ \ ] ^ _ \ ` \ ` \ a \ ^ b \ c d ^ e ] \ f ^ g c \ a ]

Daniel Holzem, Köln

Annahme:

Das Verhalten von Menschen ist stets biografisch

geprägt.

Ziel:

Mit Menschen mit einer Demenz in Kontakt treten über

einen biografieorientierten „Anker“, der idealerweise mit

der Prägungszeit oder aber potentiellen Life-Events des Bewohners kompatibel ist.

Page 9: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

h i j k l i m i m i n i k o i p q k r j i s k t p i n j

Daniel Holzem, Köln

Visueller AnkerAuditiverAnker

NasalerAnker

Oraler AnkerTaktiler Anker

kinästhetischerAnker

Page 10: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

u v w x y v z v z v { v x | v } ~ x � w v � x � } v { w

Daniel Holzem, Köln

Anwendungsprinzipien:

⇒ Wahrnehmen ermöglichen,

d.h. Reaktionszeit gewähren, nötige Hilfsmittel einsetzen (Brille, Klemmer, Opernglas, Hörgerät), Sichtfeld, Lichtverhältnisse, Akustik, Sinnzusammenhang

⇒ Zwanglosigkeit

⇒ Keinen Leistungsdruck

⇒ Freiheit der Reaktion

⇒ Reaktion ist der Orientierungsrahmen

Page 11: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

Daniel Holzem, Köln

Biografiestationen: Frauenzeitschriften, Rennwagen, Geld, Schuhe, Filme u. Stars, Essen u. Trinken, Werbung, Mondlandung, Hochzeit, Fußball

Zeitstationen: Aussaat, Ernte, Werktag-Sonntag, Feste u. Feiertage

Rituale: Gottesdienste, Tischgebete

Soziale Alltags- und Arbeitsrunden: arbeiten, werken, basteln, wirtschaften

Soziale Freizeitrunden: Kaffeeklatsch, Frühschoppen, Feierabendbier, Matinée, Skatrunde, Sportschau, Salongespräch

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Page 12: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche ...

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

Daniel Holzem, Köln

... dient zur Gestaltung und beziehungs- und biografieorientierten Aufwertung der „normalen“ arbeitsalltäglichen Begegnungen und Situationen.

... muss klein genug sein um bequem in die Kitteltasche zu passen.

... wird stets mit sich getragen und bei Begegnungen als Medium der Kontaktaufnahme und -gestaltung eingesetzt.

... kann im Grunde alles sein,

z. B. eine Muschel, ein kleines Bild, ein Stein, ein Stück Stoff, ein Kruzifix, ein Ball, ein Wollknäuel, ein Strumpf, eine Lupe, ein paar Briefmarken, ein Stempel, ein Teesieb, eine Musikkassette, eine Zitrone, Lieder, Gedichte, Buchtitel, Sprichworte.

Page 13: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

� � � �   � ¡ � ¡ � ¢ � � £ � ¤ ¥ � ¦ � � § � ¨ ¤ � ¢ �

Daniel Holzem, Köln

Hr. Schmitz betrachtet das Bild, lächelt und berichtet über seine Ferien auf dem Bauernhof als Kind; wirkt entspannt und fröhlich.

Ein Bild in der Kitteltasche ...

(idealerweise kartoniert o. laminiert)

Page 14: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

© ª « ¬ ­ ª ® ª ® ª ¯ ª ¬ ° ª ± ² ¬ ³ « ª ´ ¬ µ ± ª ¯ «

Daniel Holzem, Köln

Fr. Meier nimmt sie in die Hand betastet sie, riecht an ihr, reibt mit ihr an der Wange. Wirkt aufmerksam, interessiert und konzentriert.

Eine Muschel in der Kitteltasche ...

Page 15: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

¶ ·̧ ¹ º · » · » · ¼ · ¹ ½ · ¾ ¿ ¹ À ¸ · Á ¹ Â ¾ · ¼ ¸

Daniel Holzem, Köln

Fr. Meier nimmt sie in die Hand betastet sie, riecht an ihr, reibt mit ihr an der Wange. Wirkt aufmerksam, interessiert und konzentriert.

Ein Lied in der Kitteltasche ...

(ein unerschöpfliches Reservoir bietet z.B. www.ingeb.org)

Page 16: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Biografische Anker werfen

Ã Ä Å Æ Ç Ä È Ä È Ä É Ä Æ Ê Ä Ë Ì Æ Í Å Ä Î Æ Ï Ë Ä É Å

Daniel Holzem, Köln

Fr. Müller nimmt Das Rezept in die Hand, betrachtet es, nickt bedeutungsvoll und steckt es in die Tasche ihrer Kittelschürze.

Eine Rezept in der Kitteltasche ...

//VVTTTLTLVVDDIIFFOO��

;;VVUUBBUUFFOO��

��������((SSBBNN�NN�##VVUUUUFFSS ��� ���&&JJFFSS � �

FFJJO�O�44DDIIVVTT�TT�..JDJDMIMI � ���������((SSBBNNN�N�

;;VVDDLLFFSS � ���������((SSBBNNN�N�

HHFFNNBBIIMMFOFOF�F�))BTBTFFMMOOÛÛTTTTFF � �FFJJOOF�F�

..FFTTTTFFSSTTQQJJUU[[F�F�##BBDDIIQQVVMMWWFFS�S�������

Page 17: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Ð Ñ Ò Ó Ô Ñ Õ Ñ Õ Ñ Ö Ñ Ó × Ñ Ø Ù Ó Ú Ò Ñ Û Ó Ü Ø Ñ Ö Ò

Daniel Holzem, Köln

77JJFFMMFFO�O�%%BBOOLL

GGÛÛS�S�**IISSF�F�""VVGGNNFFSSLLTTBBNNLLFFJJUU��

33BBVVN�N�GGÛÛS�S�**IISSF�F�''SSBHBHFFOO

Page 18: Der biografische Anker in der Kitteltasche

Der biografische Anker in der Kitteltasche

Verwendete Literaturen

Ý Þ ß à á Þ â Þ â Þ ã Þ à ä Þ å æ à ç ß Þ è à é å Þ ã ß

Daniel Holzem, Köln

Brinker, Andrea: Freiheit der Gefühle. In: Altenpflege 07/1997, S. 41-42

Buijssen, Huub: Das Monster der Vergesslichkeit in „Altenpflege“ 3/1999, S. 30-33

Bundesministerium für Gesundheit u. Soziale Sicherung (Hg.): Wenn das Gedächtnis nachlässt. Ratgeber für die häusliche Betreuung demenzkranker älterer Menschen; Berlin 2003

Feldbinder, Helgard: Integrative Validation nach Nicole Richard. In: Pflegen ambulant 06/2002, S. 21-24

Höwler, Elisabeth: Gerontopsychiatrische Pflege – Lehr- und Arbeitsbuch für die Altenpflege. Hagen 2007

Kerkhoff, Barbara: Biografiearbeit – Schlüssel für eine individuelle Begleitung in der Pflege. In: Die Schwester/Der Pfleger 10/2002, S. 830-833

Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) (Hg.): Grundsatzstellungnahme Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz in stationären Einrichtungen. Essen 2009

Popp, Manfred: Einführung in die Grundbegriffe der allgemeinen Psychologie. München 1995

Powell, Jenny: Hilfen zur Kommunikation bei Demenz. Köln 2006

Reinhard-Kahlmann, Susanne: Mehr Empathie als Sympathie. In: Altenpflege 03/1999, S. 34-36

Richard, Nicole: Das Puzzle des Lebens. In: Altenpflege 06/2006, S. 42-43

Scheich, Sylvia: Helfende Hände. In: Altenpflege 08/2000, S. 32-35

Tackenberg, Peter und Abt-Zegelin, Angelika: Demenz und Pflege. Eine interdisziplinäre Betachtung. Frankfurt / Main 2004

Trilling, Angelika; Steiner, Irene; Jansen, Birgit: Erinnern mit Verwirrten. In: Pflegen ambulant 04/2002, S. 25-31

Vogelauer, Astrid und Pfusterer, Karin: Das Psychobiografische Pflegemodell nach Böhm. http://www.pflegenetz.at/index.php?option=com_content&task=view&id=46&Itemid=71