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1 Martin Franke An dich verpflichtet Der Bundesgedanke am Beispiel der Ehe

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Martin Franke

An dich verpflichtetDer Bundesgedanke am Beispiel der Ehe

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Der Bundesgedanke derBibel am Beispiel der Ehe

Betrachtungen von einem Fachanwalt für Familienrecht 1

Etwas, das jeden von uns irgendwie betrifft,ist die Ehe. Sei es, dass wir in ihr stehen, vonihr träumen oder mit ihr abgeschlossenhaben – wie auch immer. Eine Vorstellungvon dem, was Ehe ist, haben jedenfalls alle.Doch was kommt da auf die Partner zu, diesich in einer lauen Maiennacht verliebt undnach kürzerer oder auch längerer Prüfungentschieden haben, zu heiraten? Die HochzeitSo kommen wir schon zu dem hier interessie-renden ersten Höhepunkt, nämlich dem „Ja“auf dem Standesamt. Die Frage ist nur: Wozuhaben die nunmehr ehemaligen Verlobten „Ja“gesagt? Was passiert da eigentlich? Auf dem Standesamt schließen die Eheleuteeinen Vertrag, in dem bestimmte Rechte undPflichten geregelt werden. Haben die Eheleutenicht zuvor bewusst einen bestimmten Inhaltgeregelt und formwirksam beim Notar abge-schlossen, so bedeutet ihr „Ja“ automatisch dieAnnahme des Standard-Ehevertrages, wie erim Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. In unserem Land steht die Ehe unter dem be-sonderen Schutz der Verfassung und bietetnach wie vor gewisse Vorteile. Welche diesesind, merken die Eheleute häufig unmittelbar– wenn es nicht gar der Grund zur Eheschlie-ßung war. Dagegen werden sie sich der ausdem Ehevertrag ergebenden Rechte undPflichten häufig erst dann bewusst, wenn dieEhe droht, am Ende zu sein. Über all dieseswurde aber auf dem Standesamt kein Wort ge-sagt2. In religiösen Kreisen ist es zudem üblich undheute auch wieder bei vielen beliebt, dass mankurze Zeit nach dem Standesamt in eine fest-lich geschmückte Kirche geht und dort wie-derum „Ja“ sagt. Jetzt fragt sich der

Interessierte hoffentlich: Was wird denn da ge-schlossen? Noch ein Vertrag? Dasselbe alsonoch mal, nur ein bisschen feierlicher? Bittetman dort um Gottes Segen, damit der zivile„Ehevertrag“ etwas länger hält als bei den mei-sten anderen? Nein! Nach der Lehre der Kirche schließendie Eheleute keinen Vertrag, sondern einenBund. Das ist nicht eine neue Wortschöpfungoder die feierlichere Formulierung für dasselbe, so wie die Braut in der Kirche typischer-weise ein noch schöneres, meist weißes Kleidanzieht, aber immer noch die gleiche Braut ist.Der Bund ist, wie wir sehen werden, vielmehretwas grundlegend Verschiedenes vom Ver-trag. Wir leben in einer Zeit, die von Verträgenund vom Vertragsdenken geprägt ist. Der Be-griff „Vertrag“ ist uns also geläufig. Aber zusagen, wo das Wort „Bund“ neben dem Ehe-bund in unserem Alltagsleben noch eine Rollespielt, fällt schon wesentlich schwerer3. Wasaber ist ein Bund und worin unterscheidet sichder Bund vom Vertrag? Was ist ein Vertrag?Ein einfaches Beispiel. Angenommen, duwachst samstagmorgens auf und dir fällt ein,dass du als fürsorgender Familienvater dranbist, die Brötchen zu holen. Du schlüpfst indeine Kleidung und wankst schlaftrunken zumBäcker um die Ecke. Da du noch nicht zu vielmehr als einem gemurmelten „Morgen“ fähigbist, der Bäcker aber weiß, wie viele Köpfedeine Familie hat, läuft alles ganz stillschwei-gend ab. Er packt die Brötchen – jedem seineLieblingsbrötchen – in die Tüte und legt sie aufdie Theke, während du in deiner Tasche nachdem Geld suchst, das deine Frau dir wohlweis-lich schon am Abend passend hineingetanhatte. Dann nimmst du die Tüte und gehst. So weit so gut. Keiner von euch beiden hatsich Gedanken gemacht, was da eigentlich ge-schehen ist. Es lief ja auch alles völlig unproble-matisch ab. Du kommst nach Hause und packstdie Brötchen auf den inzwischen von deinenlieben Kindern gedeckten Frühstückstisch. Die

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Kinder prüfen, ob ihre Lieblingsbrötchen dabeisind, die Frau schaut nach dem Wechselgeld.Soweit ist alles in Ordnung. Nachdem du dir dein leckeres Vollkornbröt-chen geschmiert hast, beißt du vollmundig hin-ein und – Knack! – steckt ein Zahn in demBrötchen fest. Bei genauerem Hinsehen stellstdu fest, dass das Brötchen nicht nur voller Kör-ner ist, sondern auch ein paar kleine Steinchenenthält. „Das ist ja unverschämt! Da kauft mansich ein so teures Brötchen frisch vom Bäckerseines Vertrauens und dann so etwas!“ deineFrau fordert dich auf, sofort zum Bäcker zurück-zugehen, während du widerstrebend fragst,was du da sollst. Aber da sie darauf besteht,ziehst du mit der Tüte Brötchen wieder zumBäcker und überlegst dir, wie es jetzt weiterge-hen soll. Und das fragen wir uns auch: Denn jetzt, woes ein Problem gibt, kommt es plötzlich ent-scheidend darauf an, was der Bäcker und dutatsächlich miteinander vereinbart habt.Davon wird abhängen, ob und wie sich dieSache lösen lässt. Schauen wir uns daher die schlaftrunkeneVerhandlung vom frühen Morgen einmal ge-nauer an: Auch ohne Worte wurden mehrereWillenserklärungen stillschweigend, aber recht-lich verbindlich, abgegeben, die ungefähr wiefolgt lauten: „Herr Bäcker, ich mache dir ein Angebot: Ichgebe dir mein gutes Geld und du gibst mirdafür deine guten Brötchen.“ Daraufhin der Bäcker: „Ich nehme dein fan-tastisches Kaufangebot an. Gib du mir deingutes Geld und ich gebe dir meine guten Bröt-chen dafür.“ Wie man sieht, liegen zwei sich inhaltlichentsprechende Willenserklärungen vor undman hat die Grundlage für einen gegenseiti-gen Kaufvertrag4. Dann nahm der Bäcker dieTüte mit den Brötchen und legte sie vor sichauf die Theke: „Lieber Kunde, hiermit möchteich dir die Brötchen übereignen. Wenn du siejetzt annimmst, sollen sie dein sein.“ Als du die Brötchentüte ergriffen hast, sag-test du damit: „Jawohl, so soll es sein, jetzt sind

sie mein.“ Ebenso hast du ihm dein Geld über-eignet mit den (unausgesprochenen) Worten:„Lieber Bäcker, hier ist mein Geld. Nimm es hin,es soll dein sein.“ Der Bäcker, freudig erregt: „Selbstverständ-lich nehme ich das Geld an. Nun ist es mein.“Damit hat er das Eigentum am Geld und du dasEigentum an den Brötchen erworben undgleichzeitig die so genannten Hauptleistungs-pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt.

Das Problem und seine LösungJetzt aber stehst du wieder in seinem Ladenmit der erwiesenermaßen mangelhaften Ware.Denn der Bäcker hat dir eben für dein gutesGeld keine guten Brötchen gegeben. Was solljetzt passieren? Darüber habt ihr in der frühenMorgenstunde weder nachgedacht, geschwei -ge denn geredet. Und selbst wenn ihr über dieeine oder andere Variante eines Mangelfalls ge-sprochen hättet, so wäre der Fall eines abge-brochenen Zahns im Brötchen mit Sicherheitnicht bedacht worden. Da die meisten Bürger überfordert wären,sich stets für alle Eventualitäten bei Vertragsab-schlüssen konkrete, letztlich auch funktionie -rende Regeln auszudenken, und im übrigendies auch zeitlich sehr aufwendig wäre, greiftan dieser Stelle eben der Rückgriff auf die ge-setzlichen Regeln. Je nach der Qualität desRechtsstaats, in dem man lebt, sind diese mehroder weniger gut. Die Geschichte beim Bäcker geht daher wiefolgt weiter: Unser Bäcker ist angesichts des ab -gebrochenen Zahns in seinem Brötchen hell -wach und es dämmert ihm, dass einReparaturversuch am Brötchen hier nicht dasrech te Mittel ist. Er bietet daher an, im vagenVer such die Sache noch zu retten, die Brötchenein bisschen billiger zu machen. Du aber hastjegliches Vertrauen zu den Brötchen verloren.Denn was nützt es dir, zu wissen, dass das Bröt-chen, in dem vielleicht auch dein nächsterZahn abgebrochen stecken könnte, zumSchnäppchenpreis von dir erworben wird? EinBrötchen kann gar nicht so billig sein, um dieerheblichen Zahnarztkosten auszugleichen.

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Daher bestehst du auf Umtausch, d.h. Rückab-wicklung des gesamten Kaufvertrages. DerBäcker kriegt seine Brötchen wieder und dudein Geld. So kommt es, dass du dein Geld wie -der nach Hause bringst und der Bäcker seineBrötchen, zum Teil angeknabbert, aber umeinen Zahn bereichert, wieder zurück erhält. Dass im weiteren Verlauf des Samstagesbeide – jeweils beraten durch ihre Anwälte –einen weiteren juristischen Schlagabtauschstarten, in dem sie sich über Schadensersatz,die Berücksichtigung des bereits vertilgten An-teils am Brötchen5 oder darüber streiten, ob esnicht vielleicht ein Wackelzahn war, der so-wieso jeden Moment rausgefallen wäre6, blen-den wir jetzt einmal aus. Dass die Rückabwicklung so reibungslos ge-klappt hat, obwohl unsere beiden nicht geraderedselig waren, liegt daran, dass sie einen imGesetz sinnvoll geregelten Kaufvertrag ge-schlossen haben, in dem sich Leistung und Ge-genleistung im Gleichgewicht gegenüberstehen. Das zumindest ist die Idealvorstellung.Und solange der Bäcker einen nicht über denTisch zieht, weil er weiß, wie schlaftrunken manbist, geht auch alles gut. Taucht dann auf dereinen oder anderen Seite ein Mangel auf, istauch dieser Fall geregelt. Bis hin zu dem Punkt,dass die Sache irreparabel ist und nichts mehrgeht. Mit der Folge, dass der Vertrag komplettrückabgewickelt wird. Das ist das Vertragsdenken7, das unser ge-samtes Verhalten prägt, so dass wir auch ohnedarüber genauer nachzudenken in der Lagesind, bei einem schlichten Brötchenkauf sechsWillenserklärungen abzugeben bzw. anzuneh-men. Wir können uns darauf verlassen, dassauch im Mangelfall alles seine rechtliche Ord-nung hat. Und weil das meistens so gut klappt,ist unser ganzes Miteinander in allen Lebensla-gen davon geprägt.

EhevertragNun aber zurück zum Ehevertrag. Wendet mandas Prinzip „Leistung und Gegenleistung“ aufdie Ehe an, dann könnten dem im Standesamterklärten „Ja“ vielleicht folgende Motive zu

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Dem Bäcker dämmert, dass ein Reparaturversuch am Brötchen nicht das rechte Mittel ist.

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Grun de liegen: Ich möchte gerne diese junge,attrak tive, dynamische Frau haben und bin imGegenzuge dazu bereit, nicht nur mit ihr vielevergnügliche Stunden zu verbringen, sondernauch für den nötigen finanziellen Rahmen zusorgen. Wenn sich dann aber 15 Jahre später heraus-stellt, dass sie anfängt, Falten im Gesicht zuhaben und nicht mehr ganz so attraktiv aus-sieht, dann stellt sich die Frage nach demGleichgewicht zwischen Leistung und Gegen-leistung. Denn so hatte man es sich eigentlichnicht vorgestellt. Darüber hinaus ist man inzwi-schen auch befördert, verdient ein bisschenmehr und kann sich einen größeren Wagen lei-sten. Da also die eigene Leistung in der Vergan-genheit sogar noch gestiegen ist, hätte mandoch eigentlich ein Recht auf eine eher nochattraktivere Frau als bisher. Und tatsächlich: beinäherem Umschauen findet sich eine Jüngere,die Männer mit großem Wagen sehr anziehendfindet und die einem nahe legt, dass man viel-leicht mit ihr einen neuen Vertrag schließenkönne. Vorher muss man nur noch den altenVertrag rückabwickeln …

Das Problem und seine LösungVor dem Standesamt wird nicht im Detail dar-über geredet, wie eine Auflösung der Ehe aus-sehen könnte, wenn dereinst einmal einMangel auftauchen sollte. Aber auch hier giltdasselbe wie beim Kaufvertrag oben; der Ge-setzgeber hat in seiner Weisheit allgemeine Re-geln im BGB zum Ehevertrag aufgesetzt. Nun ist die Ehe im Vergleich zum Kauf ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis, wie es ausdem Miet- oder Arbeitsverhältnis her bekanntist. Eine Rückabwicklung dergestalt, dass mandie am Hochzeitstag vertraglich zugesagte Per-son im ursprünglichen Zustand wieder zurückgibt und im Gegenzug seine eigene Freiheit imgleichen Zustand zurück erhält, ist eben nichtmöglich. Daher wurden für Dauerschuldver-hältnisse entsprechend angepasste Rückab-wicklungsregeln aufgestellt. Bei der Ehe nenntsich das Ganze Scheidung, mit all ihren Folgen.

Die innerliche BuchhaltungZugegeben, das war jetzt sehr platt formuliert,aber de facto läuft es ganz genauso ab. Internhaben wir vom Vertragsdenken her eine ArtBuchhaltung von Soll und Haben, in dereneiner Spalte aufgelistet wird, was wir alles lei-sten und in der anderen, was der andere allesnicht tut. Wenn z.B. deine Frau anregt, ob dudich nicht ein wenig mehr um die Kinder küm-mern könntest, so kannst du blitzschnell rea-gieren und sie darauf hinweisen, was sie in denletzten Wochen alles falsch gemacht hat undwo sie die Zeit, die sie besser mit den Kindernhätte verbringen können, sollen, müssen, an-derweitig genutzt hat. Und du bist fein raus ausdem Schneider. Sollte das nicht reichen, kannst du ihr nochaufzählen, was dich noch alles an ihrem Verhal-ten ärgert, auch wenn das mit den Kindern garnichts zu tun hat. Entnervt gibt deine Frau aufund du freust dich, dass du deine interne Ver-tragsbuchhaltung so gut in Schuss hast. Bei einem solchen Schlagabtausch ist dasVertragsdenken sehr deutlich zu erkennen: Ichleiste und du leistest. Aber in dem Moment, indem man das Gefühl hat, dass die eigene Lei-stung nicht mehr im Gleichgewicht zur Gegen-leistung steht, empfinden wir, dass ein Mangelvorliegt. Ob das objektiv stimmt oder nicht,spielt dabei gar keine Rolle. Das Gefühl, mehrzu leisten als der andere, reicht aus, um ein Pro-blem zu haben. Nun hängt es nur noch von dereigenen Persönlichkeit und Leidensbereit-schaft ab, wann der Punkt kommt, an dem esreicht. Wenn dann noch eine Krise dazukommt, fängt man an, darüber nachzudenken,ob man das Ganze nicht irgendwie „rückabwik-keln“ kann. Vielleicht bleibt man noch wegender Kinder und wahrt die Form. Aber dann hatman als Ausgleich für all den Mangel oder alsBelohnung für das Aushalten vielleicht an sei-nem Arbeitsort eine „ganz gute Bekannte“. Zu-mindest vollzieht man in seinem Herzenbereits die Trennung, weil die offene Trennungnicht schicklich ist oder man als Frommer seinGesicht verlieren könnte.

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Hier erkennen wir das Vertragsdenken in derEhe wieder. Aber nicht nur die Ehe ist vom Ver-tragsdenken geprägt, sondern all unsere Bezie-hungen und Freundschaften. Und wenn wirganz ehrlich sind, auch unsere Beziehung zuGott.

Was ist ein Bund?Was nun aber ist ein Bund? Welcher Unter-schied besteht zwischen einem Bund undeinem gegenseitigen Vertrag? Auch hier möchte ich auf ein Bild, eine Ge-schichte zur Illustration zurückgreifen: Ein er-folgreicher König wird von seinem neidischenNachbarkönig angegriffen, den es nach dessenGold gelüstet. Es gelingt unserem König aberunter vielen Opfern, den Feind zurückzuschla-gen und sogar zu besiegen. Der gegnerischeKönig wird gefangen genommen und in Ket-ten durch die Hauptstadt geführt. Nur mitMühe gelingt es den Leibwachen des Königs,den Gefangenen an den nach Rache dürsten-den Bürgern des Landes vorbei sicher vor denRichterstuhl zu bringen. Dort spricht der Königdas Urteil: „Du hast einen Angriffskrieg geführt,großen Schaden und viele Tote in meinem Volkverursacht, und du hast verloren. Die gerechteStrafe ist dein Tod.“ Der siegreiche König wirdan dem Aggressor ein Exempel statuieren undihn vor allen Augen töten. Wenn nun in dieser Situation der siegreicheKönig zu dem Besiegten, der sein Leben ver-wirkt hat, sagt: „Ich schenke dir dein Leben,indem ich einen Bund mit dir schließe. Du hastkeinen Rechtsanspruch darauf, denn du bistdes Todes und es wäre nur rechtens, dich zutöten. Aber ich verpflichte mich selbst, deinLeben zu erhalten. Als Zeichen und zum Schutzmeines Bundes erlaube ich dir, an meinem kö-niglichen Hofe zu leben“ –, dann kann der Be-siegte auf den rechtmäßigen Vollzug derTötung bestehen oder aber den ihm angebo-tenen Bund annehmen. Bei einem Bund gehtes also immer darum, dass sich jemand einsei-tig an einen anderen verpflichtet8.

Der Bund im Alten TestamentDiesen Gedanken haben wir auch beim Bun-desschluss9 zwischen Gott und Noah: Dieganze Menschheit geht ob ihrer Bosheit undÜbertretungen (Vertragsverletzung / Mangel)in der Sintflut unter. Niemand hätte ein An-recht gehabt zu sagen: Gott, du musst jetzt hierdieses oder jenes tun! Aber Gott verpflichtet sich völlig einseitigvon sich aus und sagt: Noah, ich schließe mitdir einen Bund, in dem ich mich selbst be-grenze und verpflichte: Ich werde weder dichnoch deine Familie noch deine Nachkommenjemals wieder durch eine Sintflut auslöschen.Als Zeichen des Bundes setzt Gott einen Regen-bogen (1.Mo.6,18 / 9,9ff). Er verzichtet auf dieMöglichkeiten, die er gehabt hat. Noah – ansich des Todes geweiht wie alle anderen Men-schen – kann sich nur entscheiden, ob er denBund annimmt oder nicht. Der Inhalt dieses Bundes wird im Zuge derimmer weiter gehenden Offenbarung konkre-ter ausgestaltet. Insbesondere der Bund mitAbram10 markiert den Beginn der GeschichteGottes mit seinem Volk, an dem auch wir teilhaben (1.Mo.17,2-7-14). Auch wenn jeder weitere Bundesschluss inder Bibel von den Umständen her anders aus-sieht, so ist es doch immer dieses Element, dassGott sich, ohne dazu verpflichtet zu sein, selbstbegrenzt und zu einem bestimmten Handelnverpflichtet, welches uns begegnet. Als Bei-spiel seien in diesem Lichte nur die Bundes-schlüsse mit Abraham11, Isaak12 und Jakob13

genannt. Der Bundesgedanke wird in der Offenba-rung der Heiligen Schrift über die Person Got-tes und seinem Wesen zum prägendenElement der Beziehung zu seinem Volk, so dasswir von dem Volk des Bundes sprechen14. Undauch Männer, die nach dem Herzen Gottessind, waren Männer, die den Bundesgedankenverstanden haben und anfingen, ihn zeichen-haft zu leben, wie Jonathan15, David16 oder Sa-lomo17. Der Bund mit den Vätern war aber nur dieGrundlage, der Hinweis auf den eigentlichen

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Bund, der Gott alles gekostet hat: Nämlich denTod seines Sohnes Jesus Christus. Die Prophe-ten18 berufen sich auf den Bund und bringenihr geistgewirktes Verlangen nach dem NeuenBund zum Ausdruck. Jesus selbst greift im zen-tralen Moment vor seinem Tod den Bundesge-danken wieder auf19 und erklärt den Jün gernund der ganzen Menschheit das Wesen seinesSterbens als den ultimativen Bund, in dem sichGott vorbehaltlos selbstverpflichtend an dieMenschheit in ihm hingibt, die ihn ablehnt undihn töten will.

Der Bund im Neuen Testament20

Im Neuen Testament, das auf Griechisch nieder-geschrieben wurde, findet sich das Wort„Bund“21 nicht. Den Autoren war bewusst, dassgenau der entscheidende Aspekt des Bundes-gedankens – die freiwillige, einseitige, unabän-derbare22 und unwiderrufliche23 Selbst-verpflichtung und das damit häufig einherge-hende „Bluts-Zeichen“24 – nicht von dem grie-chischen Verständnis des Wortes „Bund“wie dergegeben wird. Das griechische Wort für„Bund“ ist nur eine Variante zum Vertrag zwi-schen gleichberechtigten Partnern mit einemLeistungsaustausch, wie wir es auch aus demVertragsdenken kennen. Sie haben daher ganzbewusst ein anderes Wort aufgegriffen, dasihren Zuhörern die entscheidenden Punkte desBundes deutlich macht: das Wort „Testament“25. Das heißt: An den allermeisten Stellen, wennwir in unserer Bibelübersetzung „Bund“ lesen,steht in Wirklichkeit im griechischen Urtext dasWort „Testament“ (z. B. Apg.3,25 „Ihr seid der Pro-pheten und des Testamentes Kinder“; Apg.7,8„und gab ihm das Testament der Beschneidung,und er zeugte Isaak …“; Röm.9,4 „die da sind vonIsrael, welchen die Kindschaft gehört und dieHerrlichkeit und das Testament und das Gesetz “).Auch die zentralen Worte Jesu über den NeuenBund benutzen im griechischen Urtext dasWort „Testament“. (z.B. Mt.26,28 „… das ist meinBlut des neuen Testaments, welches vergossenwird …“; Mk.14,24; Lk.22,20). Paulus greift dasauf und spricht regelmäßig von dem „Neuen Te-stament“, das Jesus in seinem letzten Abend-

mahl gestiftet hat (1.Kor.11,25; 2.Kor.3,6). Insbesondere in Gal.3,15ff. sowie Heb.9, 15ff.führen die Briefschreiber ausdrücklich den Ge-danken des Testaments aus, um ihren Zuhö-rern das Wesen des Bundes deutlich zumachen. Denn das Testament ist wie der Bundeine einseitige, freiwillige Entscheidung desErblassers26, in dem er sich einseitig verpflich-tet, ohne dass irgend jemand einen Rechtsan-spruch darauf hätte, alles, was er hat oder aberTeile hieraus in einer bestimmten Weise denErben unabänderbar und unwiderruflich zu-kommen zu lassen. Das ärgert ja die Erben immer so: Der reicheErbonkel Dagobert27 kann zu nichts gezwun-gen werden. Er kann frei entscheiden, dass dieNeffen Tick und Trick nichts bekommen, wäh-rend der Neffe Treu 50% des Erbes erhält undder nette Junge von nebenan, der ihm immerdie Kohlen aus dem Keller geholt hat, die ande-ren 50% bekommt. Dagobert ist insoweit frei. Auch der Aspekt der Unwiderruflichkeit unddas Zeichen des Blutes sind im Testament wie-derzufinden. Denn erst mit dem Tod des Erblas-sers wird das Testament unwiderruflich undunabänderlich angeordnet, egal, wie sich dieErben (danach) benehmen. Ein Erbe kann ein-zig und allein entscheiden, ob er das Erbe an-nimmt oder nicht. Nimmt er es aber an, so hater es zu den Bedingungen anzunehmen, die imTestament angeordnet sind. Auch, wenn dasz.B. heißt, das Wohnrecht der „heiß geliebten“Tante Daisy in dem ererbten Haus auf Lebens-zeit zu respektieren und die begehrte vollstän-dige DVD-Videothek des Erbonkels alsVermächtnis an den Rechtsanwalt auszuhändi-gen, der den Erbonkel stets so gut beraten hat.Auch der Erbonkel als Erblasser selbst kannnichts mehr ändern, denn er ist ja tot28. Es sind eben diese wesentlichen Merkmaledes Bundes, die die Autoren des Neuen Testa-ments veranlasst haben, statt von „Bund“ vom„Testament“ zu sprechen. Und obwohl in denmeisten heutigen deutschen Übersetzungenan den meisten einschlägigen Stellen inhaltlichzu Recht wieder das Wort „Bund“ steht, spre-chen wir trotzdem vom Alten und Neuen Testa-

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ment, z.B. in Bezug auf die Einteilung der Bibel.Die Kirche hat immer verstanden, dass im Altenwie auch im Neuen Testament und durch dieganze Kirchengeschichte bis heute der Bundes-gedanke eigentlich der prägende Gedanke ist,der das Wesen Gottes uns gegenüber deutlichmacht und unser Verhältnis zu ihm bestimmt.Vor diesem Hintergrund können wir vielleichtauch das Reden der Propheten mit Gott besserverstehen, wenn sie sinngemäß sagen: „Gott,du hast völlig Recht, das Volk geht immer wie-der in die Irre. Wir leben entgegen dem, waswir vereinbart haben. Nach dem Vertragsden-ken war es das. Doch weil du einen Bund mituns geschlossen hast, wirst du uns nicht auslö-schen. Um deines Namens willen – weil du treubist und an deinem Bund festhältst – wirst dudich unser erbarmen29 …“

Was bedeutet nun der Bundesgedanke fürunser Eheverständnis?Wer keinen bzw. nicht nur einen Ehevertrag30,sondern einen Ehebund schließt, der sagt vordem Altar zu seiner Braut: „Ich verpflichte mich,dich für den Rest meines Lebens zu lieben.Alles, was ich bin und habe, möchte ich hierfüreinsetzen. Dies ist nicht an Bedingungen odereine Gegenleistung gebunden. Ich muss diesnicht tun, keiner zwingt mich dazu, es ist meinevöllig freie Entscheidung, dir zu sagen: Ich ver-pflichte mich an dich unwiderruflich.“ Oder ro-mantischer: „Ich schenke mich dir aus ganzemHerzen, bis dass der Tod uns scheidet.“ Nach diesen Worten könnte die Feier zuEnde sein. Die Frau könnte antworten: „Wun-derbar, das habe ich gehört! Aber ich habenoch ein paar weitere Eisen im Feuer, und viel-leicht bekomme ich ja noch ein paar mehrSelbstverpflichtungen dieser Art31.“ So haltenin der Kirche alle an dieser Stelle den Atem anund sind gespannt, was die Frau sagen wird.Nimmt sie den Bund an oder nicht? Ich hatte das unverschämte Glück, dassmeine Frau, obwohl sie mich schon recht gutkannte, nicht nur meinen Bund angenommenhat, sondern ihrerseits meinte, dass sie genaudasselbe vorhätte. Und so hatten wir wirklich

Anlass, eine „Hoch-Zeit“ zu feiern. Denn in derPraxis macht es einen enormen Unterschied,ob Bund oder Vertrag: So gibt es beim Bundnämlich nichts aufzurechnen. Ich habe michunwiderruflich verpflichtet, sie zu lieben. Solltesie dennoch einmal etwas Unrechtes tun (wasnatürlich fast nie vorkommt und mir nurmanchmal flüchtig so erscheint), so ist auchdas kein Grund, ihr meine Liebe zu entziehen.Ich habe mich verpflichtet, sie zu lieben, undzwar weder an Vorleistungen noch an Bedin-gungen geknüpft.

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• Keine Buchhaltung mehr!Dies zu verstehen, ist ungemein heilsam für dieEhe. Man kann seine ganze Buchhaltung überBord werfen. Warum will ich mir mein eigenesLeben schwer machen, indem ich über Fehlerund Versagen des anderen Buch führe, ausdem ich niemals Rechte ableiten, ja es ihmnoch nicht einmal vorhalten könnte? Undwenn ich doch einmal anfange, aufzurechnen,erinnert mich der Heilige Geist ganz schnellund fragt: „Was hattest du damals geschlossen– einen Vertrag oder einen Bund?“ Selbst, wennich ein noch so gutes Argument gegen meinenPartner an der Hand gehabt hätte, es würdemir nichts nutzen. Wir haben kein Recht, aus unseren Ehen aus-zubrechen! Wir sind und bleiben dem Partner,der Partnerin verpflichtet. Selbst, wenn er / sieweggeht. Das ist ja auch der Grund, warum dieJünger ausriefen, als sie endlich verstanden,wie Jesus die Ehe sieht: „Wenn die Sache desMannes mit der Frau so steht, so ist es nicht rat-sam zu heiraten“ (Mt.19,10).

• Der Bund ermöglicht zu streiten!Wenn dem aber doch so ist, weil Gott es sosieht32, dann stellt sich vielmehr die Frage: Wiegehe ich mit dem anderen um? Plötzlich hatman ein ganz hohes Eigeninteresse33, dass sichder Partner richtig wohl fühlt und nicht geht.Und man achtet sehr darauf, dass nichts zwi-schen den Partnern steht, sondern versucht, esso schnell wie möglich auszuräumen. Das istmanchmal nicht einfach, weil das bedeutet,sich mit dem Anderen auseinanderzusetzen.Richtig streiten müssen die meisten von unsüberhaupt erst lernen. Aber „Streitkultur undKonfliktfähigkeit“ ist ein neues Thema34.

• Auch Gott sagt „Ja“Es ist extrem hilfreich, wenn man einen Gotthat, der nicht nur zu einem selbst, sondernauch zu dem mit dem Partner geschlossenenEhebund „Ja“ gesagt hat. Meine Frau und ich,wir wissen, wir können zusammen auf die Kniegehen und sagen: „Wir kriegen es nicht gere-gelt. Wir haben Mist gebaut (oder sind gar fest

davon überzeugt, dass der andere Mist gebauthat). Wir wissen nicht mehr weiter. Aber wir wis-sen auch, dass du dich an uns mit deinem ewi-gen Bund verpflichtet hast, und daraufvertrauen wir. So, wie du die Dinge siehst, sowollen wir sie auch sehen.“ Und, oh Liebe, oh Wunder – wir wurdennicht nur dreimal und sogar auf Dauer runder,sondern es gilt: Da wir noch nicht gestorbensind, lieben und streiten wir uns noch heute35.

• Gott ist Bundesstifter …Am Beispiel Ehe wird deutlich, dass der BundGottes den entscheidenden Unterschiedmacht. Er hat sich zuerst an uns verpflichtet. Erhat damit zum Ausdruck gebracht: Ich liebedich, jeden einzelnen! Ob du mich magst odernicht, ob du mich ablehnst oder nicht, ob dumich suchst oder nicht, das ist völlig egal.Bevor du geboren warst, habe ich mich schonan dich verpflichtet. Und das gilt, solange dulebst. Ich tue alles, um dir die Chance zu geben,ein Leben in Fülle, ja sogar das ewige Leben zubekommen. Ich tue alles, damit du Anteil hastan dem göttlichen Leben, das heißt an meinemeigenen Leben. Das ist meine Verpflichtung andich, die mich alles gekostet hat, und die unwi-derruflich auf Ewigkeit Bestand hat. Du kannstmeinen Bund annehmen oder ihn ausschlagen.Aber es ändert nichts an meiner Selbstver-pflichtung an dich. Vielen Menschen ist dieses Angebot desBundes nicht bekannt; andere wissen davon,haben aber die Bedeutung des Bundes für ihrLeben nicht wirklich erfasst. Einige haben denBund, obwohl sie um sein Angebot wussten,ausgeschlagen. Das bricht das Herz Gottes wiedas eines jeden Liebenden. Aber Gott reagiertnicht darauf, wie man erwarten könnte – mitZorn und endgültiger Ablehnung –, sondern erstreckt seine Hand aus und wirbt um dich:„Nimm diesen Bund an! Denn ich bin Gott undweiß, was für dich gut ist. Vertraue mir!“ Der Teufel hat von Anfang an das Misstrauengesät, dass wir Gott nicht vertrauen können. Erwolle nicht wirklich unser Bestes, sondern wirmüssten es uns selbst nehmen. Darum warf er

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gegenüber Adam und Eva die Frage auf: „SollteGott wirklich gesagt haben?“ (1.Mo.3,1) Es hat Gott alles gekostet, um das Miss-trauen, das aus dieser Lüge entstanden ist, ausder Welt zu räumen. Mit dem Tod seines Soh-nes am Kreuz als Zeichen des Bundes machtGott unwiderruflich deutlich: Ich gebe michselbst in Jesus und sterbe für dich. Ich bin dasBundesopfer, ich nehme den Tod auf mich, derdie Konsequenz eures Handelns ist und schaffeso die Grundlage für ein ewiges Leben in Ge-meinschaft mit mir. So kann Gott nicht mehr vorgeworfen wer-den, dass er das eigentliche, das Beste für sichzurückbehält. Vielmehr hat er sich rückhaltlosfür uns dahingegeben, um uns die Grundlagezu geben für ein echtes Leben, für unsere Ehenund das Familienleben und unsere Arbeit undDienste. Die Grundlage, dass ich überhaupt be-fähigt bin zu lieben. Das ist das, was die Weltbraucht. Sie braucht nicht mehr Kirchenge-bäude oder schönere Gottesdienste, sondernsie braucht Männer und Frauen, die aus demBund leben, den Gott mit ihnen geschlossenhat. In den meisten christlichen Traditionenspielt bis heute die Feier des von Jesus einge-setzten Abendmahls zu Recht eine zentraleRolle. Im Vollzug dieser Feier werden wir jedesMal neu in den Bund Gottes hinein genom-men, und zugleich ist er als die Grundlage fürunser gemeinsames Leben als Volk Gottes ge-

genwärtig. Sagen Sie das nächste Mal bei die-ser Feier bewusst Ja zu diesem, seinem wun-derbaren Angebot!

… und seine Kinder sind es auchWir Jünger Jesu, die wir Menschen nach demHerzen Gottes sein wollen und uns deshalbvon ihm prägen lassen, sind gerufen zu einemLebensstil aus dem Bund und im Bund. Diesführt dazu, dass wir in unseren Beziehungenverbindlich sind. Dies betrifft nicht nur unsereEhen, Familien und Freundschaften. Auch nichtnur unsere christlichen Versammlungen, son-dern gerade unsere Beziehung zum Nächstenin der Nachbarschaft und auf unseren Arbeits-stellen36. Nur so können wir Salz und Licht seinund sein Wesen in diese Welt leuchten lassen.Gott kennen und ihn bekannt zu machen heißtdaher eben auch, verbindlich zu leben. BundesreifeZum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen: Jelänger ich mich mit diesem Thema befasse undmich selbst kennen lerne, desto mehr wird mirbewusst, wie weit ich selbst es noch gar nichtbegriffen habe, aber wie wunderbar es ist, vomGottesbund ergriffen zu sein und in eine echteBundesreife hineinzuwachsen. Es ist dieseBündnisreife, die ich Ihnen persönlich für sichund alle Ihre Beziehungen von ganzem Herzenwünsche.

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(1) Dies ist die erweterte Fassung eines Tex-tes aus unserem Freundesbrief „Aufwind“,Ausgabe 1/07

(2) Juristen nennen das konkludentes Han-deln.

(3) Mancher kennt das Wort Blutsbund viel-leicht noch aus den Romanen von Karl May.Die studentischen Verbindungen betrach-ten ihre Vereinigung auch als auf immer ge-schlossenen Lebensbund. Dann gibt es nochStaatsbündnisse, und schließlich leben wirin der Bundesrepublik Deutschland.

(4) Für den juristisch Interessierten: BeimKaufvertrag handelt es sich um einen ge-genseitigen, sog. synallagmatischen Vertrag(Synallagma, gr.-nlat.). Von einem gegensei-tigen, im Synallagma stehenden Vertragspricht man, wenn die Leistungspflichtenim Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, wenneben die Leistungspflicht des Verkäufers zurÜbereignung und Eigentumsverschaffungder Kaufsache im „Abhängigkeitsverhältnis“zur Kaufpreiszahlung des Käufers steht.

(5) sog. Abzug neu für alt oder Aufwendungs-ersatz

(6) sog. Kausalitätsfrage

(7) Für den juristisch Interessierten: Das Zi-vilrecht kennt neben den synallagmati-schen Verträgen weitere Vertragsformen,die zwar auch zweiseitig sind, aber in dersich nur eine Seite verpflichtet (z.B. Schen-kung), und ordnet ihnen jeweils anderenVorschriften zu. Darüber hinaus gibt es ein-seitige Verfügungen (z.B. Testament) undWillenserklärungen (z.B. Kündigung); aberauch letztere ist empfangsbedürftig, setztalso zwingend ein Gegenüber für das Wirk-samwerden voraus, ohne dass sie deshalbein Vertrag, geschweige denn ein synallag-matischer Vertrag wäre. Im Nachfolgendengehe ich aber von dem unser Denken prä-genden synallagmatischen Vertrag mit sei-nem typischen „do et des“ („Ich gebe, weil /damit du gibst“) aus.

(8) Für den theologisch und juristisch Inter-essierten: Nicht irritieren soll, dass bei vielentheologischen Nachschlagewerken undauch Theologen, die sich intensiv mit die-sem Thema befassen, sich einleitend dersinngemäße Satz findet: Bund ist bzw.meint Vertrag. Soweit diese Behauptungüberhaupt begründet wird, zeigt sich, dassdie Autoren nichtjuristisch zwischen zwei-seitigen, synallagmatischen Verträgen undeinseitigen Verfügungen differenzieren. So-weit dies zumindest inhaltlich geschieht,wird entweder auf die unterschiedlichenSchichten der Bünde abgestellt oder auf ei-nige Beispiele verwiesen, in denen das hebr.Wort ,ber’it’ auch als synallagmatischer Ver-trag verstanden werden könnte.

ברית (9) (ber’it)

(10) Erst im Rahmen des Bundesschlusseserhält Abram seinen neuen Namen – einenGedanken, den wir bei Petrus (vormalsSimon) und Paulus (vormals Saulus) und

durch die ganze Kirchengeschichte bei derTaufe bzw. Ordenseintritt tradiert finden;auch vielleicht eine Anregung, beim Ehe-bund einen neuen Namen anzunehmen …

(11) 1.Mo.15,7ff; 17,2ff; Luk.1,72-75;Apg.3,25; Gal.3,16

(12) 1.Mo.17,19-21; 26,3f

(13) 1.Mo.28,13ff; 1.Chr.16,17

(14) Das ganze 2. Buch Mose ist die Ge-schichte des Bundesschlusses Gottes mitseinem Volk auf der Grundlage des zuvormit den Vätern geschlossenen Bundes (s.2.Mo.2,24)

(15) 1.Sa.18,3; 20,16; 23,18

(16) 2.Sa.5,3

(17) 1.Kö.5,26

(18) siehe z. B. Jes.54,9f, Jer.31,31ff;Hes.34,25; 37,26; besonders hilfreich auchMaleachi Kap. 2 u. 3

(19) Mt.26,28 u. parallel Mk.14,24; Lk.22,20

(20) Für den theologisch Interessierten: DieZweiteilung in eine Zeit des Alten Bundesals Vorbereitung und eine Zeit des NeuenBundes der Erfüllung, in der wir heute lebendürfen, ist leider aufgrund der äußerst pro-blematischen Geschichte von uns Christengegenüber unseren Mit-Bundesgenossen,den Juden, eine nicht gerade glückliche re-daktionelle Einteilung des Wortes Gottes(näher hierzu: D. Trobisch „Die Endredaktiondes Neuen Testaments, Fribourg und Göttin-gen 1996); suggerieren die Wörter „alt“ und„neu“ doch einen endgültigen Ersatz desAlten durch das Neue und vermitteln gleich-zeitig eine Wertung, die sich aber so nichtder Schrift entnehmen lässt (s. stellv. Paulusin Rö.9-11). Diese Problematik wird auchnicht durch die gut gemeinten Vorschlägeverbessert, vom ersten und zweitenBund/Testament zu sprechen, zumal dieBibel ausdrücklich vom Neuem spricht.

Darüber hinaus suggeriert die Zweitei-lung, dass es zwei, aber auch nur zweiBünde gegeben habe, was beides so auchnicht stimmt. Aber auch hier helfen die inder Theologie verbreiteten „Ein-Bund-„ bzw.„Zwei-Bünde-Theorien", der man frohgemuteine „Viel-Bünde-Theorie" (siehe nurGal.4,24: duo diathekai; Rö.9,4; Sir.44-47) hin-zufügen kann, nicht wirklich weiter, da sieaus sich heraus auch nicht verständlich sind,sondern wünschenswert ist eine vertiefteBeschäftigung und daraus folgende Predigtzum besseren Verständnis. (Hilfreiche Lite-ratur zum Einstieg in die Problematik: Nor-bert Lohfink, SJ, Frankfurt, u.a. „Ein Bundoder zwei Bünde in der Heiligen Schrift",Vortrag 1999, „Der ungekündigte Bund?“,Freiburg 1998; Walter Groß: .,Zukunft Israel- Alttestamentliche Bundeskonzepte unddie aktuelle Debatte um den Neuen Bund,Stuttgart 1998, jeweils mit weiteren Nach-weisen)

(21) suae (summachie)

(22) „unänderbar“ Ps.89,35; Jes.54,10; 59,21;Gal.3,17

(23) „ewig“ Ps.111,9; Jes.55,3; 61,8;Hes.16,60-63; Heb.13,20

(24) 1.Mo.15,9+10; s.a. das Schlachten undBesprengen mit dem Blut der Opfertiere inden Bundesanordnungen; Und: dass esauch ein Blutzeichen bei jedem Ehebundgeben könnte (!), soll hier nur am Rande er-wähnt sein.

(25) dak (diatheke), einseitige Verfü-gung, Testament; in der lateinischen Bibel-übersetzung Vulgata entsprechend mittestamentum und in den deutschen wört-lich zutreffend mit Testament übersetzt.

(26) Das Wort kommt nicht von erblassen,sondern von Erb-Lassen.

(27) Comicserie „Onkel Dagobert“, Walt Dis-ney / Don Rosa (Egmont Ehapa Verlag)

(28) Dass abweichend von diesem Grundge-danken im deutschen Erbrecht die Beson-derheit gilt, dass ein sog. Pflicht-Teil auch fürden Erblasser unabänderlich ist, ändertnichts daran, dass diese Ausnahme nur dieauch im deutschen Erbrecht bestimmendeGrundregel der Testierfreiheit bestätigt.

(29) z.B. Dan.9,3-19

(30) Unter bestimmten Umständen machtes in der Tat Sinn, einen Ehevertrag mit aufden Einzelfall zugeschnittenen Bestimmun-gen zu schaffen.

(31) Der Bund stellt zwar keine Vorbedin-gungen an den anderen. Aber er hat Rah-menvorgaben, die für beide, denAnbietenden, wie auch für den Annehmen-den, verbindlich sind: bei der Ehe ist diesu.a. die Exklusivität. Das heißt, sie könntenicht den Bund annehmen und gleichzeitignach weiteren Angeboten Ausschau halten.

(32) stellv. Mal.2,13-16 und Mt.19,3-26

(33) lies Eph.5, 25-32!

(34) Ich kann nur empfehlend auf entspre-chende Angebote der Beratung aufmerk-sam zu machen.

(35) Und wenn wir dennoch scheitern? Diesist ein ganz wichtiges Thema, das geradeauch unter Menschen, die sehr bewusstJesus Christus nachfolgen, noch einer Bear-beitung bedarf und ein gesondertes Themafür sich ist. Aber fest steht, dass sich jedeAntwort an dem Maßstab von Gottes Bun-destreue messen lassen muss und es keineLösung ist, sein Wort klein zu machen –trotz oder gerade angesichts unseres Schei-terns.

(36) In diesem Lichte sind die ErmahnungenPaulus selbst an Sklaven zu verstehen, ihrenirdischen Herren wie dem HErrn zu dienen(Eph.6,5-6).

Anmerkungen

Page 12: Der Bundesgedanke am Beispiel der Ehe - kiwoarbeit.de dich verpflichtet (nue).pdf · Bibel am Beispiel der Ehe Betrachtungen von einem Fachanwalt für Familienrecht 1 ... bist, die

Wir leben in einer Zeit, die von Verträgen und vom Vertragsdenken geprägt ist. Unser ganzes Leben, unsereEhen, Freundschaften und Beziehungen sind davon beeinflusst: Gibst du mir – dann gebe ich dir. Selbst inunser Verhältnis zu Gott wirkt dieses Denken hinein, oftmit fatalen Folgen für unser Glaubensleben.

Wir müssen unserem Denken eine völlig neue Grundlagegeben: den Bund. Was ist ein Bund, worin unterscheidet ersich vom Vertrag, und welche Konsequenzen ergeben sichdaraus für unser Leben, für unsere Ehen, Freundschaftenund Beziehungen, in denen wir stehen?

Der Autor: Martin Franke ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in der Kanzlei FZF (www.fzf.de) in Frankfurt am Main.Er ist verheiratet mit Carola und lebt dort zusammen mit ihr und den drei gemeinsamen Kindern.

Herausgeber: Offenes sozial-christliches Hilfswerk e.V., Goschwitzstr. 15,02625 Bautzen, Tel. 03591-4 89 30; www.kiwoarbeit.deTitelfoto: dancerP/photocase.com, Graphiken: Stefan Lehnert