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ROBERT GRUNERT Der Europagedanke westeuropäischer faschistischer Bewegungen 1940-1945

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ROBERT GRUNERT

Der Europagedanke westeuropäischer faschistischer Bewegungen 1940-1945

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ROBERT GRUNERT

Der Europagedanke westeuropäischer faschistischer

Bewegungen 1940-1945

Ferdinand Schöningh Paderborn · München · Wien · Zürich

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Umschlagabbildung: Propagandaplakat der NSB, 1940. Koninklijke Bibliothek/Nederlands Instituut voor

Oorlogsdocumentatie.

Der Autor: Robert Grunert, Dr. phil., geb. 1980, Studium der Geschichte und Soziologie an der

Universität Bremen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Diese Veröffentlichung lag dem Promotionsausschuss Dr. phil. der Universität Bremen als

Dissertation vor. Gutachterin: Prof. Dr. Doris Kaufmann

Gutachter: Prof. Dr. Hans-Henning Schröder Das Kolloquium fand am 01.11.2010 statt.

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich

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E-Book ISBN 978-3-657-77413-5 ISBN der Printausgabe 978-3-506-77413-2

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT .................................................................................................. 7

EINLEITUNG .............................................................................................. 9

1. FASCHISTISCHE PARTEIEN IN WESTEUROPA ............................. 25

1.1 Nationaal-Socialistische Beweging ..................................................... 25 1.2 Rex .................................................................................................... 33 1.3 Parti Populaire Français ..................................................................... 39 1.4 Marcel Déat und der Neosozialismus ................................................. 46

2. NATIONALSOZIALISTISCHE EUROPAVORSTELLUNGEN VOR 1940 ........................................... 51

3. DIE „EUROPÄISCHE NEUORDNUNG“ IM WESTEN ................... 61

3.1 Konsequenzen des „Westfeldzuges“ 1940 ........................................... 61 3.2 Organisation und Grundlinien der Besatzungspolitik ........................ 66

3.2.1 Niederlande .............................................................................. 68 3.2.2 Belgien ...................................................................................... 73 3.2.3 Frankreich ................................................................................ 78

4. NIEDERLANDE: „GERMANISCHER STAATENBUND“ ................. 87

4.1 Der Status der Niederlande im „Neuen Europa“ ................................ 87 4.1.1 Deutsche Anschlusspläne und Propaganda ................................ 87 4.1.2 Musserts Einsatz für nationale Souveränität .............................. 97

4.1.3 Die Infiltrationspolitik der SS ................................................... 116 4.2 Großniederländische Aspirationen ..................................................... 129 4.3 „Einsatz im Osten“ ............................................................................ 143

4.3.1 Militärische Kollaboration ........................................................ 143 4.3.2 Ostsiedlung und „germanischer“ Arbeitseinsatz ........................ 151

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INHALTSVERZEICHNIS 6

5. BELGIEN: „ROMANISIERTE GERMANEN“ ................................... 161

5.1 Die „Drehscheibe“ Europas ............................................................... 161 5.2 Die Wallonische Legion an der Ostfront und der Kampf

um die politische Vorherrschaft in Belgien ......................................... 178 5.3 Das „germanische“ Bekenntnis .......................................................... 192

5.3.1 Degrelles Rede vom Januar 1943 und ihre Auswirkungen ........ 192 5.3.2 Zwischen „Reichsgau Wallonien“ und

„Großburgundischem Reich“ ................................................... 206

6. FRANKREICH: ZWEITWICHTIGSTE MACHT DES FASCHISTISCHEN EUROPAS? ......................................................... 225

6.1 Parti Populaire Français ..................................................................... 225 6.1.1 Kampf gegen Vichy .................................................................. 225

6.1.2 Das Scheitern der europäischen Revolution .............................. 238 6.1.3 Doriot an der „Macht“ ............................................................. 252 6.2 Rassemblement National Populaire ................................................... 258

6.2.1 Die Einheitspartei des „revolutionären“ Frankreichs ................. 258 6.2.2 Ein (national-)sozialistisches Europa ......................................... 267 6.2.3 Déat in Vichy ........................................................................... 279

7. BILANZ: DER FASCHISTISCHE EUROPAGEDANKE ..................... 287

BIBLIOGRAPHIE ......................................................................................... 301

ABKÜRZUNGEN ......................................................................................... 313

PERSONENREGISTER ................................................................................. 315

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VORWORT

Die vorliegende Dissertation entstand in den Jahren 2007-2010 am Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bremen.

Zu besonderem Dank bin ich meiner Betreuerin Frau Prof. Dr. Doris Kauf-mann verpflichtet. Bereits bei der Erarbeitung der Fragestellung gab sie mir wert-volle Ratschläge zur Fokussierung des Themas und begleitete mich durch den ge-samten Schreibprozess hindurch. Ebenso möchte ich mich beim Zweitgutachter Herrn Prof. Dr. Hans-Henning Schröder sowie bei Herrn Dr. Jaromír Balcar be-danken, der mir während meiner Recherchephase konstruktiv und anregend zur Seite stand.

Dank der Unterstützung der Universität Bremen, die mich mit einem dreijäh-rigen Einzeldoktorandenstipendium förderte, war ich in der Lage, mich voll und ganz meinem Forschungsvorhaben zu widmen. In gleicher Weise gilt mein Dank der FAZIT-Stiftung, die die Veröffentlichung dieser Arbeit mit einem Druckko-stenzuschuss förderte.

Weiterhin danke ich den freundlichen Mitarbeitern der von mir besuchten Ar-chive in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland dafür, dass sie stets ein offenes Ohr für meine Anliegen hatten.

Zuletzt möchte ich mich herzlich bei meinen Eltern bedanken, die sowohl meinen persönlichen als auch meinen akademischen Weg immer uneingeschränkt und mit Liebe unterstützt haben. Hamburg, den 28.12.2011 Robert Grunert

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EINLEITUNG

Der Europagedanke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, d.h. die Idee eines auf bestimmten politisch-gesellschaftlichen und ökonomischen Grundlagen ge-einten europäischen Kontinents, stellt ein in der gegenwärtigen Forschung viel-diskutiertes Thema dar. Seine Relevanz und Aktualität bezieht es aus den histori-schen Verbindungslinien zum Prozess der europäischen Einigung in der Folge des Zweiten Weltkrieges. Die Idee eines vereinten Europas wird seitdem nahezu aus-schließlich mit liberalen und demokratischen Idealen in Verbindung gebracht und ist insofern in der gegenwärtigen Öffentlichkeit kaum anders denkbar.1

Jedoch existierten in Deutschland wie gleichsam im gesamten Europa der Zwi-schenkriegszeit und des Zweiten Weltkrieges mehrere miteinander rivalisierende Konzeptionen. Neben den demokratisch orientierten Ideen, die ihre Wirkungs-mächtigkeit in der zweiten Jahrhunderthälfte entfalteten, gab es einen Europadis-kurs autoritärer und rechtsextremer Provenienz. Die nationalsozialistische „Neu-ordnung“ Europas bildet in diesem Rahmen einen besonderen Teilbereich, den Birgit Kletzin mit dem Begriff eines „Europa aus Rasse und Raum“ umschrieben hat.2 Mit diesem verbindet sich einerseits das Ziel der Eroberung von „Lebens-raum“ im Osten, zum anderen die Schaffung eines politisch und ökonomisch dominierten „Großraums“ unter Vorherrschaft des Deutschen Reichs und der faktischen Zwangsauflösung diverser kleinerer Staaten. In einem vornationalen Sinne, der wiederum im Begriff des „Großgermanischen Reichs“ zum Ausdruck kam, sollte sich die „Neuordnung Europas“ vor allem nach den nationalsozialisti-schen Rassenkriterien vollziehen. Einigen europäischen Ländern wurde hierbei aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur „germanischen Rasse“ eine Art Sonderrolle zu-gedacht.

Neuordnungsplanungen für den Westen kamen allerdings erst 1940 als Er-gebnis der Besetzung weiter Teile West- und Nordeuropas auf die politische Agenda des Regimes. Die nationalsozialistische Propaganda bemühte sich nun-mehr nach Kräften, die deutschen Hegemonialvorstellungen im Sinne einer an-geblichen Verpflichtung zur „Neuordnung“ des Kontinents historisch und poli-tisch zu begründen. Man bezog sich explizit auf den mittelalterlichen Reichsge-danken als Ordnungsmodell, dessen zeitgemäße Ausprägung das „Großgermani-sche Reich deutscher Nation“ darstellen sollte. Der Führungsanspruch sollte wei-terhin durch vorgebliche Errungenschaften des Nationalsozialismus wie den so-

1 Bruneteau, Bernard, L’Europe nouvelle de Hitler. Une illusion des intellectuels de la France de Vichy,

Monaco 2003, S. 9. 2 Kletzin, Birgit, Europa aus Rasse und Raum. Die nationalsozialistische Idee der neuen Ordnung,

Münster 2000.

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EINLEITUNG 10

zialen Zusammenhalt in der „Volksgemeinschaft“ und die wirtschaftlichen Erfol-ge untermauert werden.

Ein wiederkehrendes Narrativ war außerdem die Einigung Europas zur Ab-wehr der „raumfremden Mächte“ USA und UdSSR. Die ausländischen Freiwilli-gen aus verschiedenen europäischen Ländern, die seit 1941 an der Ostfront ein-gesetzt waren, wurden so zu einer supranationalen „Europaarmee“ stilisiert, der deutsche Krieg gegen die Sowjetunion gleichsam zum Einigungskrieg umgedeu-tet, der das Ende der „europäischen Bürgerkriege“ bedeuten würde.3 Die offiziell propagierte Lesart der nationalsozialistischen „Neuordnung“ richtete sich mithin sowohl gegen traditionelle imperiale Herrschaftsvorstellungen als auch gegen das nationalstaatliche Souveränitätsprinzip.4 Jedoch wurde die konkrete politische Ausgestaltung „Europas“ stets bewusst nebulös und undetailliert gehalten, um etwaigen nationalen Ansprüchen kollaborierender Regierungen und Parteien kei-nen Vorschub zu leisten.

Die militärischen Rückschläge 1942/43 zwangen die nationalsozialistische Führung zwar, ihre Vorstellungen zumindest propagandistisch teilweise zu revi-dieren. Diese Neuausrichtung ging jedoch nicht auf einen echten Gesinnungs-wandel zurück, sondern vielmehr auf das Erkennen der Notwendigkeit, für die Organisation des „Totalen Krieges“ alle verfügbaren militärischen und ökonomi-schen Ressourcen Europas zu erfassen. Die Bevölkerungen der besetzten Länder sollten dementsprechend in Sicherheit gewogen werden, indem man ihnen eine konkretere politische Zukunft versprach.5 Diese Erkenntnis schlug sich Anfang 1943 u.a. in der Einrichtung eines „Europa-Ausschusses“ im Auswärtigen Amt nieder. Man zielte nunmehr auf die Errichtung einer antibritischen und anti-kommunistischen Föderation ab, in der insbesondere soziale Errungenschaften des Nationalsozialismus hergehoben wurden. Der Propagierung einer europäi-schen „Völkerfamilie“ stand jedoch von vornherein die rassenideologisch geleitete Differenzierung in „Volkszugehörige“, „Fremdvölkische“ und „Fremdrassige“ entgegen.6 Hinzu kam die immer radikalere ökonomische Ausbeutung der besetz-ten Länder, welche die im Sommer 1940 in Teilen Westeuropas durchaus beste-henden Illusionen über eine ernst gemeinte Form der europäischen „Zusammen-arbeit“7 nach und nach zunichte machte. In den Europavorstellungen der natio-

3 Elvert, Jürgen, Mitteleuropa! Deutsche Pläne zur europäischen Neuordnung (1918-1945), Stuttgart

1999, S. 333f. 4 Kletzin, Europa aus Rasse und Raum, S. 107. 5 Elvert, Jürgen, „Germanen“ und „Imperialisten“. Zwei Europakonzepte aus nationalsozialistischer

Zeit, in: Historische Mitteilungen 5 (1992), S. 177. 6 Kletzin, Europa aus Rasse und Raum, S. 79ff. 7 So im Falle des belgischen Sozialistenführers Henri De Man, der 1940 von einer deutschen Satu-

rierung ausging, die nationalistische Bestrebungen verringern und eine europäische Einigung be-günstigen sollte. Im deutschen Nationalsozialismus sah er bereits die klassenlose Gesellschaft ver-wirklicht und deutete den deutschen Sieg in Westeuropa als Triumph des Sozialismus. – Vgl. Mazower, Mark, Hitler’s Empire. Nazi rule in occupied Europe, London u.a. 2008, S. 473f. sowie Wagner, Wilfried, Belgien in der deutschen Politik während des Zweiten Weltkrieges, Boppard am Rhein 1974, S. 186f.

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EINLEITUNG 11

nalsozialistischen Führungsebene nahm die Schaffung eines „rassereinen“ Konti-nents folglich einen zentralen Stellenwert ein.

In der aktuelleren wissenschaftlichen Diskussion findet das Europabild der Nationalsozialisten wie auch jenes der „Konservativen Revolution“ in Deutsch-land mittlerweile stärkere Beachtung, im Gegensatz zu einer früher verbreiteten Tendenz, dieses von vornherein aus dem zeitgenössischen Diskurs als „antieuro-päisch“ auszuklammern. Der Europabegriff kann insofern nicht als allgemein übergreifende normative Vorstellung im Sinne des liberaldemokratisch-pluralistischen Ideals betrachtet werden, sondern war in seinen vielfachen Aus-prägungen vielmehr von den Interessenlagen der jeweiligen Akteure abhängig und zeitlich stets an den politischen und gesellschaftlichen Kontext gebunden.8

Unter dieser Prämisse war das hier skizzierte Verständnis einer vom national-sozialistischen Rassedenken bestimmten „Neuordnung“ mit Sicherheit die radi-kalste aller Formen rechtsextremen Europadenkens zwischen 1919 und 1945, je-doch beileibe nicht die einzige: Faschistische Bewegungen9 existierten während dieses Zeitraums in nahezu allen Teilen Europas, teilweise mit einer Popularität, die sich bis zur Massenanhängerschaft auswuchs, teilweise mit nur geringer Ver-ankerung in der Gesellschaft und dementsprechender politischer Einflusslosig-

8 Krüger, Peter, Europabewusstsein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Hudemann, Rai-

ner u.a. (Hg.), Europa im Blick der Historiker, München 1995, S. 32. So aktuell auch Conze, Va-nessa, Das Europa der Deutschen. Ideen von Europa in Deutschland zwischen Reichstradition und Westorientierung (1920-1970), München 2005, S. 4. Zu den Mitteleuropavorstellungen der „Konservativen Revolution“ vgl. insbesondere Elvert, Mitteleuropa sowie Breuer, Stefan, Anato-mie der Konservativen Revolution, Darmstadt 1993, S. 109f.

9 Die Klassifizierung faschistischer Organisationen entzieht sich in vielerlei Hinsicht herkömmli-chen Schemata, so dass auch in der gegenwärtigen Faschismusforschung eine eindeutig trenn-scharfe Definition als „Bewegung“ oder „Partei“ nicht ohne Weiteres möglich ist. Die Grün-dungsphase der partito nazionale fascista (PNF) Italiens zeichnete sich zu Beginn der 1920er Jahre gerade durch das Fehlen einer bürokratisch ausdifferenzierten Organisationsform aus, so dass hier der Bewegungscharakter im Vordergrund stand. Gleichwohl übernahm sie spätestens ab 1929 den Charakter einer „zumindest dem Anspruch nach hierarchisch gegliederten Führerpartei. Als solche war sie eine Partei neuen Typs.“ – Schieder, Wolfgang, Faschistische Diktaturen. Studien zu Italien und Deutschland, Göttingen 2008, S. 326. Ebenso vollzogen weitere, dem italienischen Vorbild nachfolgende faschistische Organisationen in Europa Wandlungen in der Form ihres in-neren Aufbaus. Ein Teil der hier untersuchten Gruppierungen nahm während der 1930er Jahre mehrfach an Parlamentswahlen teil und übernahm auf diese Weise formal die Funktion einer politischen Partei. Andererseits dürfte in der Eigenwahrnehmung der Faschisten wiederum der Bewegungscharakter vorrangig gewesen sein, da man sich als Gegensatz zu den etablierten „Sy-stemparteien“ betrachtete. Sven Reichardt konstatiert: „Die faschistischen Kampfbünde und Par-teien stellten sich als ein bestimmter Typus sozialer Bewegungen dar, der nicht zuletzt durch sei-ne öffentliche Gewaltpropaganda eine radikale Antihaltung gegen den Parlamentarismus und die sozialistische Arbeiterbewegung einnahm. In ihrem politischen Stil und in ihren Techniken der Machteroberung verbanden sie Repression und Akklamation. Dabei standen die paramilitärisch organisierten Kampfbünde und Milizen in einem steten Spannungsverhältnis zu den faschisti-schen Parteiorganisationen.“ – Reichardt, Sven/Nolzen, Armin, Editorial, in: Dies. (Hg.), Fa-schismus in Italien und Deutschland. Studien zu Transfer und Vergleich, Göttingen 2005, S. 15. Zu einem ähnlichen Befund gelangt Bauerkämper, Arnd, Der Faschismus in Europa 1918-1945, Stuttgart 2006, S. 42: „Der Faschismus oszillierte zwischen den Organisationsprinzipien einer Bewegung und einer Partei […].“

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EINLEITUNG 12

keit. Italien und Deutschland waren bekanntlich die einzigen Staaten, in denen eine faschistische Partei die Transition zum Regime aus eigener Kraft bewältigte. Eine Vielzahl von Bewegungen in anderen europäischen Ländern bezog sich so-mit vor allem in ihrer Gründungsphase programmatisch wie stilistisch explizit auf das italienische und ab 1933 in ungleich stärkerem Maße auf das deutsche „Mo-dell“. Dessen ungeachtet vertraten die faschistischen Bewegungen allerdings je-weils spezifische, ihren nationalen Gegebenheiten Rechnung tragende politische, ökonomische und kulturelle Standpunkte. Die jeweiligen Ausprägungen faschisti-scher Ideologie wiesen somit nicht nur im innenpolitischen, sondern auch und vor allem im außenpolitischen Bereich Auffassungen auf, welche die nationalso-zialistischen Vorstellungen in erheblicher Weise konterkarierten.

Auch bei der gebotenen Erweiterung des Blickwinkels auf den Faschismus als gesamteuropäisches politisches Phänomen lässt sich zunächst festzuhalten, dass jede faschistische Bewegung oder Partei in erster Linie einen radikalen Nationa-lismus propagierte. Der Gedanke einer nationalen Erneuerung verband sich in der Programmatik und Ideenlandschaft vieler Parteien jedoch explizit mit Über-legungen für eine Erneuerung auf europäischer Ebene: „However slavishly imita-tive or doctrinally original they were, most genuine fascist movements in the in-terwar period shared the belief that the problems which they sought to resolve in national life were the local manifestation of a wider crisis, a crisis of civilisation it-self.“10 Die europäische Identität wurde hierbei in gleichzeitiger Abgrenzung zum Kommunismus wie zum westlichen (angelsächsischen) Kapitalismus und zur par-lamentarischen Demokratie konstruiert. In der Idee eines vereinten Europas ei-genständiger faschistischer Staaten steckte somit auch ein bewusster politischer Konkurrenzentwurf zur kommunistischen Internationale.

Erste Ansätze zu einer „faschistischen Internationale“ wurden von Beginn bis Mitte der 1930er Jahre von Benito Mussolini propagiert. Zur Verbreitung der Idee eines universalen Faschismus nach italienischem Vorbild wurden die Co-mitati d’Azione per l’Universalità di Roma (CAUR) gegründet, aus deren Perspek-tive es keinen Widerspruch zwischen nationalistischem und universalistischem Aspekt des Faschismus geben sollte. Die Bemühungen auf transnationaler Ebene standen nicht zuletzt mit einer bewussten ideologischen Abgrenzung vom Natio-nalsozialismus in Zusammenhang. Seit dessen Aufstieg in Deutschland sah sich Mussolini erstmals einem Kampf um die Deutungshoheit im europäischen Fa-schismus ausgesetzt, wobei aber im konkreten Spannungsverhältnis zu Deutsch-land auch außenpolitische Konflikte wie die Österreichfrage eine Rolle spielten.11 Gerade die während dieses Zeitraums ablehnende Haltung Italiens gegenüber der antisemitischen und rassistischen Politik des „Dritten Reichs“ wurde jedoch von 10 Griffin, Roger, Europe for the Europeans. Fascist Myths of the European New Order 1922-

1992, in: Ders. (Hg.), A fascist century. Essays, Basingstoke u.a. 2008, S. 149. 11 Vgl. hierzu grundlegend Scholz, Beate, Italienischer Faschismus als „Export“-Artikel (1927-1935).

Ideologische und organisatorische Ansätze zur Verbreitung des Faschismus im Ausland, Trier 2001 sowie Ledeen, Michael A., Universal fascism. The Theory and Practice of the Fascist International, New York 1972.

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EINLEITUNG 13

vielen europäischen Faschisten (vorerst) geteilt.12 Ebenso fielen hier aber die uni-versalistischen, gesamteuropäischen Vorstellungen auf fruchtbaren Boden.

In der Selbstwahrnehmung der Akteure spielte der Faschismus einem Vor-schlag von Aristotle Kallis zufolge auf drei verschiedenen Ebenen eine Rolle: Zu-nächst innenpolitisch als eine spirituelle und soziale Revolution, welche die „De-kadenz“ der traditionellen politischen Eliten beseitigt und die nationale Gemein-schaft bzw. „Volksgemeinschaft“ zustandebringt. Auf dieser Ebene war der Fa-schismus ein überlegenes Modell innerhalb der Nation. Darüber hinaus konnte er sich als überlegenes Modell gegenüber anderen Nationen oder Völkern manifestie-ren und schließlich, durch Projektion dieser beiden Bedeutungen auf eine dritte Ebene, als überlegenes Modell in der Weltgeschichte. Hieraus resultierte die Ver-bundenheit einer exklusiven, integralen Form des Nationalismus mit der Vertei-digung einer „supranationalen Zivilisation“. Aus einem welthistorischen „ewigen Kampf“ der Kulturen, Religionen, Regionen oder „Rassen“ wurde so ein europäi-scher Führungsanspruch abgeleitet. Die Rassenvorstellungen der Nationalsoziali-sten stellten in diesem Rahmen die denkbar extremste Begründung einer angebli-chen Mission zur Verteidigung „Europas“ dar, während im Falle Italiens vielmehr auf eine Überlegenheit der italienischen (römischen) Kultur abgestellt wurde.13 Im osteuropäischen Faschismus (Rumänien, Ungarn) hingegen wurde „Europa“ vor allem als christliche kulturelle Einheit betrachtet, die in ihrer Essenz gegen die „jüdische Kultur“ sowie den bolschewistischen Materialismus gerichtet war.14

Der Faschismus besaß somit bereits während der 1930er Jahre eine nations-übergreifende, europäische Komponente, die auch dem deutschen Nationalsozia-lismus nicht gänzlich abgesprochen werden kann. Weitaus stärker war diese Komponente jedoch bei den faschistischen Bewegungen verschiedener west- und nordeuropäischer Länder ausgeprägt, so beispielsweise in der British Union of Fascists (BUF) um Oswald Mosley. Eindeutig nahm man sich in der Selbstbe-trachtung als Teil einer internationalen Bewegung wahr, wie es ein prominenter BUF-Funktionär ausdrückte: „Fascism as the expression of the European will-to-renewal is essentially a Pan-European movement. It draws its strength from the historic seats of European culture.“15 Zwar gelang es in Westeuropa keiner faschi-

12 Gleichwohl haben neuere Untersuchungen herausgestellt, dass die Faktoren Rassismus und

Antisemitismus auch im faschistischen Italien eine größere Rolle spielten, als zuvor angenommen wurde. Radikalisierungsschübe waren hier seit Mitte der 1930er Jahre zuerst im Abessinienkrieg, später in der italienischen Besatzungspolitik im Zweiten Weltkrieg auszumachen. Vgl. hierzu als Überblick Schlemmer, Thomas/Woller, Hans, Der italienische Faschismus und die Juden 1922-1945, in: VfZG 53 (2005), S. 164-201.

13 Zu den Europaplänen des faschistischen Italiens im Zweiten Weltkrieg vgl. aktuell Fioravanzo, Monica, Die Europakonzeption von Faschismus und Nationalsozialismus (1939-1943), in: VfZG 58 (2010), S. 509-541.

14 Kallis, Aristotle A., To Expand or not to Expand? Territory, Generic Fascism and the Quest for an ‚Ideal Fatherland’, in: Journal of Contemporary History 38 (2003), S. 242ff.

15 Drennan, James (Pseudonym für Bill Allen), BUF, Oswald Mosley and British Fascism, London 1934, S. 219, hier zitiert nach Love, Gary, ‚What’s the Big Idea?’. Oswald Mosley, the British Union of Fascists and Generic Fascism, in: Journal of Contemporary History 42 (2007), S. 447.

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EINLEITUNG 14

stischen Partei, sich eine reelle Chance auf eine Machtbeteiligung oder gar Über-nahme der Regierung zu erarbeiten. Die dortigen Demokratien erwiesen sich während der Zwischenkriegszeit letztlich als stabil und das Stimmenpotential der meisten Parteien erreichte nicht annähernd das der NSDAP oder der PNF. Es ge-lang ihnen aber auch deshalb nicht, von der Bewegungs- in die Regimephase überzutreten, da im Gegensatz zu den beiden faschistischen Massenbewegungen Deutschlands und Italiens ein Bündnis mit den konservativen Eliten des Landes nicht zustande kam.16 Gleichwohl war Faschismus kein marginales Problem: Par-teien, Sympathisanten und Theoretiker waren in allen westeuropäischen Ländern vorhanden und das demokratische Regierungssystem durchaus nicht unumstrit-ten.17

Der Beginn des Krieges, die deutsche Besatzung und der damit einhergehende Zusammenbruch der parlamentarischen Demokratie in den eroberten Gebieten West- und Nordeuropas schienen dann die Karten neu zu verteilen: Die meisten einheimischen Faschisten gingen zunächst davon aus, aufgrund ihrer subjektiv wahrgenommenen Geistesverwandtschaft zum Nationalsozialismus die Regie-rungsgewalt übernehmen zu dürfen oder zumindest in Teilen übertragen zu be-kommen. Die militärische Niederlage von 1940 wurde so als gemeinsamer faschi-stischer Sieg über die Demokratie auf dem europäischen Festland uminterpre-tiert. Die weit verbreitete Bereitschaft zur Kollaboration mit der Besatzungsmacht konnte somit als logische Folge des Bestrebens, Nationalismus und Internationa-lismus in der faschistischen Ideologie zu vereinen, begründet werden.18

Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion bewirkte dann mit der Aussicht auf eine vollständige Vernichtung des zweiten ideologischen Hauptgegners einen wei-teren Begeisterungsschub. Dieser spiegelte sich sichtbar in den Freiwilligenmel-dungen aus nahezu allen besetzten Ländern für die Wehrmacht oder Waffen-SS wieder. An diesen nationalen „Legionen“ beteiligten sich zwar nicht ausschließ-lich Angehörige der faschistischen Parteien. Gleichwohl waren diese bemüht, die

16 Reichardt/Nolzen, Editorial, S. 15f. Robert O. Paxton hat in Anknüpfung an die Arbeiten Wolf-

gang Schieders ein Fünfstufenmodell des Faschismus entwickelt, das die Bewegungs- und Partei-phase von der Machterringung und der darauffolgenden Regime- und Radikalisierungsphase (im deutschen Nationalsozialismus) unterscheidet. – Vgl. Paxton, Robert O., The Five Stages of Fas-cism, in: Journal of Modern History 70 (1998), S. 1-23.

17 Orlow, Dietrich, Fascists among themselves. Some observations on west European politics in the 1930s, in: European Review 11 (2003), S. 246. Im ost- und südosteuropäischen Faschismus war das Thema einer europäischen Integration hingegen weniger stark vertreten. Eine Ausnahme bil-dete hier der Führer der ungarischen Pfeilkreuzler Ferenc Szálasi. Im Allgemeinen jedoch standen nationale Zielsetzungen im Vordergrund, so im Falle der Slowakei und Kroatiens, die erst 1939 bzw. 1941 mit deutscher Protektion ihre nationale „Souveränität“ erreicht hatten. – Vgl. Salew-ski, Michael, Ideas of the National Socialist Government and Party, in: Lipgens, Walter u.a. (Hg.), Documents on the History of European Integration. Continental Plans for European Union 1939-1945, Bd. 1, Berlin u.a. 1985, S. 47. Vgl. zu den Pfeilkreuzlern grundsätzlich Szöllösi-Janze, Margit, Die Pfeilkreuzlerbewegung in Ungarn. Historischer Kontext, Entwicklung und Herr-schaft, München 1989. Zur rumänischen Eisernen Garde vgl. Heinen, Armin, Die Legion „Erzen-gel Michael“ in Rumänien. Soziale Bewegung und politische Organisation, München 1986.

18 Morgan, Philip, Fascism in Europe 1919-1945, London 2003, S. 172.

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EINLEITUNG 15

Zahl der Meldungen aus ihren Reihen stetig zu erhöhen, um sich anhand der so erworbenen militärischen „Verdienste“ eine günstige Ausgangslage für die Nach-kriegsordnung zu erarbeiten, die das „Neue Europa“ des Nationalsozialismus zu versprechen schien.

Die tatsächliche Praxis der Besatzung sowie die schweren militärischen Rück-schläge in der zweiten Kriegshälfte zogen jedoch immer stärkere Zweifel und teilweise auch offene Konflikte mit der deutschen Seite nach sich. Die erhoffte Machtübernahme wurde den Faschisten verwehrt, die deutschen Militär-, aber auch die Zivilverwaltungen arbeiteten stattdessen bevorzugt mit konservativen Eliten aus Politik, Wirtschaft und Militär zusammen. Auch die soziale Revoluti-on, mit der die einheimischen faschistischen Bewegungen den deutschen Natio-nalsozialismus stets assoziiert hatten, schien somit auszubleiben, zumal im Hin-blick auf die materielle Auspressung der besetzten Gebiete.19 Ungeachtet der asymmetrischen Machtverhältnisse unternahmen die Faschisten seitdem Anstren-gungen, um die deutschen Verantwortlichen von ihren eigenen Vorstellungen zu überzeugen. Nationale Ansprüche standen hierbei ebenso zur Debatte wie die in-ternationalistischen Ambitionen. Zunehmend wurde das Fehlen einer echten ge-samteuropäischen Perspektive kritisiert.

Die folgende Untersuchung unternimmt vor diesem Hintergrund eine verglei-chende Betrachtung der faschistischen Parteien der Niederlande, Belgiens und Frankreichs, namentlich die Nationaal-Socialistische Beweging (NSB), Rex (Rexi-sten/Rexistische Bewegung) sowie die Parti Populaire Français (PPF) und das (erst 1941 gegründete) Rassemblement National Populaire (RNP). Auf der länderüber-greifenden Ebene ist der Vergleich als Methode insofern vielversprechend, als dass sich alle drei Staaten mit der deutschen Besatzung ab 1940 in einer ähnlichen Si-tuation befanden. Weitere interessante Aspekte ergeben sich aus den Verflech-tungen und Konflikten dieser Parteien untereinander, die sich u.a. in territorialen Streitfragen manifestierten. Die Auswahl der Untersuchungsgegenstände begrün-det sich auf der einzelnen Länderebene zum einen daraus, dass die Organisatio-nen in ihrer programmatischen Ausrichtung als diejenigen jeweils genuinen fa-schistischen Parteien des Landes gelten können, zum anderen aus ihren ver-gleichsweise hohen Mitgliederzahlen und damit ihrer Relevanz gegenüber kleine-ren Parteien, schlussendlich aus dem Grad ihres Eingebundenseins in die politi-sche Kollaboration.

Dieser Faktor spielt insofern eine entscheidende Rolle, da neben innerparteili-chen Aktivitäten und Konfliktlinien vor allem die Interaktion mit den verschie-denen in die Besatzungs- und Kollaborationspolitik involvierten deutschen Stel-len näher beleuchtet werden soll. So war beispielsweise die traditionelle Rechte, die das Fundament des französischen Vichy-Regimes bildete, eher weniger kolla- 19 Gleichwohl sind hierbei landesspezifische Unterschiede zu berücksichtigen, da der Faschismus im

Gegensatz zum Kommunismus keine allgemeine Kapitalismuskritik kannte. Nicht der Kapitalis-mus als solcher, sondern lediglich bestimmte negative „Auswüchse“ wie Finanzkapitalismus oder „jüdischer“ Kapitalismus wurden angeprangert. – Vgl. Mann, Michael, Fascists, Cambridge u.a. 2004, S. 15f.

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borationsbereit als die „Neue Rechte“ der 1930er Jahre. Andreas Wirsching führt dies darauf zurück, dass der deutsche Nationalsozialismus die „aus dem 19. Jahr-hundert stammende, über weite Strecken verschwörungstheoretisch fundierte völkisch-antisemitische Ideologie mit den kommunistisch-faschistischen Potentia-len der Nachkriegszeit“ verband. Diese Verbindung sei jedoch in der französi-schen „bonapartistischen“ (gegenrevolutionären) Rechten nicht eingegangen worden. Deren Grundströmungen wie Katholizismus und latinité gingen in we-sentlichen Punkten an Ideologemen des Nationalsozialismus vorbei und konnten auch durch Verbindendes wie Antikommunismus und Antiparlamentarismus nicht aufgefangen werden. Nationalismus und Deutschfeindlichkeit waren in die-sem Milieu weitaus bedeutender als bei den früheren Kommunisten bzw. Soziali-sten Jacques Doriot und Marcel Déat, die auf eine Verständigung mit dem na-tionalsozialistischen Deutschland auf verwandter ideologischer Basis hinarbeite-ten.20

Gleichsam hatten zwar die Croix de Feu bzw. in ihrer parteipolitischen Inkar-nation die Parti Social Français (PSF) in den 1930er Jahren weitaus mehr Mit-glieder als die PPF (auf ihrem Höhepunkt waren es ca. 1,2 Mio.), jedoch ist in der Forschung umstritten, ob sie als genuine faschistische Partei klassifiziert wer-den kann. Die aktuelle umfassende Studie von Sean Kennedy kommt zu dem Schluss, dass die PSF zwar gewisse organisatorische, sozialstrukturelle und kultu-relle Ähnlichkeiten mit Nationalsozialismus und Faschismus aufwies, ihrer politi-schen Zielstellung nach jedoch vielmehr einer autoritär-nationalistischen Bewe-gung gleichkam.21 Hinzu kommt, dass sie sich an der politischen Kollaboration ab 1940 praktisch kaum beteiligt hat.

Eine ausführliche Aufarbeitung und Verortung faschistischer Europakonzepte, die auch deren wechselhaftes, zum Teil spannungsgeladenes Verhältnis zum deut-schen Nationalsozialismus berücksichtigt, stellt immer noch eine Forschungs- lücke dar – zumal aus einer Perspektive, in der die einheimischen faschistischen Bewegungen auch als handelnde Subjekte mit eigenständigen programmatischen Ansätzen und inneren Konflikten betrachtet werden. In Deutschland hat sich zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt Hans-Werner Neulen mit dieser Thema-tik auseinandergesetzt. Angesichts seiner überaus unkritischen Beurteilung der „europäischen“ Rolle der Waffen-SS kann seinen Arbeiten jedoch eine apologeti-sche Tendenz nicht abgesprochen werden.22

20 Vgl. Wirsching, Andreas, Vom Weltkrieg zum Bürgerkrieg? Politischer Extremismus in Deutschland

und Frankreich 1918-1933/39. Berlin und Paris im Vergleich, München 1999, S. 506. In Frank-reich hat sich daher der Begriff des collaborationnisme in Abgrenzung zur collaboration eingeprägt: „Collaborationism was explicitly about ideas and doctrine. Whereas collaboration implied a working relationship between victor and vanquished, collaborationism can be defined as an ideo-logical ‚alliance’ or ‚coming together’.“ – Davies, Peter, The extreme right in France, 1789 to the present. From de Maistre to le Pen, London u.a. 2002, S. 115.

21 Kennedy, Sean, Reconciling France against Democracy. The Croix de Feu and The Parti Social Français, 1927-1945, Montréal u.a. 2007, S. 112ff.

22 Neulen, Hans-Werner, Eurofaschismus und der Zweite Weltkrieg. Europas verratene Söhne, Mün-chen 1981.

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Innerhalb der betreffenden Staaten war die wissenschaftliche Auseinanderset-zung mit den einheimischen faschistischen Bewegungen vor allem aus politischen Gründen zunächst problembehaftet, da nach 1945 für vorerst lange Zeit die Be-schäftigung mit den – identitätsstiftenden – Aktivitäten der nationalen Wider-standsbewegungen im Vordergrund stand. Allgemein dominierte hier in der älte-ren Forschung eher eine Perspektive, in der die Faschisten in den besetzten Län-dern als willfährige Marionetten bzw. Befehlsempfänger der deutschen Seite dar-gestellt wurden, deren Ziele nahezu vollständig mit denen der Nationalsozialisten übereinstimmten. Der zweifellos nicht zu vernachlässigende Aspekt der politi-schen und militärischen Kollaboration der einheimischen Faschisten – mithin die direkte oder indirekte Stützung der nationalsozialistischen Verbrechen – über-deckte somit die parallel existierenden eigenen, von den deutschen Zielvorstel-lungen auch abweichenden Bestrebungen.

Auch in den Niederlanden waren moralische Zuschreibungen von goed und fout von 1945 bis Anfang der 1980er Jahre prägend. Die Mitglieder und Anhän-ger der NSB galten insofern zwangsläufig als foute Niederländer und somit als Va-terlandsverräter.23 Allerdings veröffentlichte das damalige niederländische Rijksin-stituut voor Oorlogsdocumentatie immerhin bereits 1947 eine Edition der „germa-nischen“ Staatenbundspläne des Parteiführers Anton Adriaan Mussert.24 In den 1960er und –70er Jahren folgten mehrbändige Quelleneditionen zur Korrespon-denz des NSB-Führungsmitgliedes Meinoud Marinus Rost van Tonningen25 so-wie zur Politik der SS in den Niederlanden, auch im Bezug auf die dort 1940 ge-gründete „Germanische SS“.26 Gleichwohl bleibt eine umfassende Monographie zur Geschichte der NSB ein Desiderat.27 Die frühe niederländische Historiogra-phie behandelte diese zumeist lediglich als einen Unteraspekt von Gesamtbe-trachtungen der Besatzung und der Kollaboration.28 Dies gilt ebenfalls für die grundlegenden deutschen Studien zur Besatzungspolitik in den Niederlanden von Gerhard Hirschfeld und Konrad Kwiet.29 Die Studie Ronald Havenaars zu den

23 Strupp, Christoph, Der verachtete Führer. Anton Adriaan Mussert und die unliebsame Rechte in

der niederländischen Historiographie, in: Berger Waldenegg, Georg Christoph (Hg.), Führer der extremen Rechten. Das schwierige Verhältnis der Nachkriegsgeschichtsschreibung zu „grossen Män-nern“ der eigenen Vergangenheit, Zürich 2006, S. 164.

24 Vijf nota’s van Mussert aan Hitler over de samenwerking van Duitschland en Nederland in een bond van Germaansche volkeren 1940-1944, Den Haag 1947.

25 Fraenkel-Verkade, Ernst (Hg.), Correspondentie van Mr. M. M. Rost van Tonningen, Deel 1 1921-Mei 1942, Den Haag 1967 sowie Barnouw, David (Hg.), Correspondentie van Mr. M. M. Rost van Tonningen, Deel 2 Mei 1942-Mei 1945, Zutphen 1993.

26 In’t Veld, N.K.C.A. (Hg.), De SS en Nederland. Documenten uit SS-Archieven 1935-1945, 2 Bände, Den Haag 1976.

27 Diese Lücke ist jetzt für die Anfangsjahre der NSB vorerst geschlossen worden durch: Te Slaa, Robin/Klijn, Edwin, De NSB. Ontstaan en opkomst van de Nationaal-Socialistische Beweging, 1931-1935, Amsterdam 2009.

28 Strupp, Der verachtete Führer, S. 161ff. 29 Hirschfeld, Gerhard, Fremdherrschaft und Kollaboration. Die Niederlande unter deutscher Besat-

zung 1940-1945, Stuttgart 1984; Kwiet, Konrad, Reichskommissariat Niederlande. Versuch und Scheitern nationalsozialistischer Neuordnung, Stuttgart 1968.

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ideologischen Grundlagen der NSB spart wiederum die Besatzungszeit aus.30 Eine Ausnahme bildet die erstmals 1984 erschienene, bisher einzige vollständige Bio-graphie Musserts.31

Ein ähnlicher Befund lässt sich für Belgien festhalten. Auch hier wurde die Ge-schichte der einheimischen Faschisten zumeist in entsprechende größere Darstel-lungen zur Besatzungszeit eingebettet.32 Darüber hinaus fand vor allem die militä-rische Kollaboration größere Beachtung.33 1994 wurde die vollständige Geschich-te des Vlaams Nationaal Verbond (VNV) von Bruno de Wever aufgearbeitet34, während die Untersuchung des britischen Historikers Martin Conway von 1993 weiterhin als Standardwerk über die wallonischen Rexisten während der Besat-zung gelten kann.35 Transnationale Aspekte im Sinne einer gesamteuropäischen faschistischen „Revolution“ werden hier durchaus angeführt, kommen jedoch vor dem Hintergrund einer vollständigen Darstellung aller Facetten der Kollaborati-onspolitik zwangsläufig nicht ausführlich zur Geltung. Mit entsprechender Vor-sicht sind hingegen die Erinnerungen des Rexistenführers Léon Degrelle zu ge-nießen, der sich nach seiner Flucht ins spanische Exil 1945 zu einem der Wort-führer des neofaschistischen Milieus der Nachkriegszeit aufschwang.36

Auch in Frankreich erschienen erst in den 1980er und -90er Jahren monogra-phische Abhandlungen über die faschistischen Bewegungen während der Zwi-schenkriegs- und der Besatzungszeit. Für die Parti Populaire Français unter Jac-ques Doriot ist hier vor allem das Werk Jean-Paul Brunets zu nennen, das als po-litische Biographie gleichwohl eng an der Person Doriots bleibt.37 Zuvor konnte die Studie Dieter Wolfs von 1967 als Referenzwerk zur Geschichte der PPF gel-ten.38 Die erste ausführliche biographische Auseinandersetzung mit dem Chef des Rassemblement National Populaire, Marcel Déat, unternahm Reinhard Schwar-zer39, dem im deutschsprachigen Bereich eine Gesamtdarstellung von Politik, Or-

30 Havenaar, Ronald, De NSB tussen nationalisme en „volkse“ solidariteit. De vooroorlogse ideologie van

de Nationaal-Socialistische Beweging in Nederland, Den Haag 1983. 31 Meyers, Jan, Mussert. Een politiek leven, Soesterberg 2. Aufl. 2005 (1. Aufl. Amsterdam 1984). 32 Vgl. u.a. Willequet, Jacques, La Belgique sous la botte. Résistances et collaborations 1940-1945, Pa-

ris 1986 sowie Verhoeyen, Etienne, La Belgique occupée. De l’an 40 à la libération, Brüssel 1994. Eine ausführlichere Darstellung zur Politik der Rexisten im ersten Besatzungsjahr liefert Balace, Francis, Rex 40-41. L’engrenage de la trahison, in: Ders. (Hg.), Jours noirs (Jours de guerre 8), Brüssel 1992, S. 56–109.

33 Bruyne, Eddie de, Les Wallons meurent à l’est. La Légion Wallonie et Léon Degrelle sur le front russe, 1941-1945, Brüssel 1991.

34 Wever, Bruno de: Greep naar de Macht. Vlaams-nationalisme en nieuwe orde, Tielt 1994. 35 Conway, Martin, Collaboration in Belgium. Léon Degrelle and the Rexist Movement 1940-1944,

London 1993. Zur Vorkriegsgeschichte der Rexisten vgl. Étienne, Jean Michel, Le mouvement rexiste jusqu’en 1940, Paris 1968.

36 Degrelle, Léon, Denn der Hass stirbt… Erinnerungen eines Europäers, München 1992; Ders., Hit-ler geboren in Versailles, Tübingen 1993.

37 Brunet, Jean-Paul, Jacques Doriot. Du communisme au fascisme, Paris 1986. 38 Wolf, Dieter, Die Doriot-Bewegung. Ein Beitrag zur Geschichte des französischen Faschismus, Stutt-

gart 1967. 39 Schwarzer, Reinhard, Vom Sozialisten zum Kollaborateur. Idee und politische Wirklichkeit bei

Marcel Déat, Pfaffenweiler 1987.

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ganisation und Sozialstruktur des RNP von Reinhold Brender folgte. Dieser ging auch bereits auf die Europavorstellungen Déats ein.40 Jean-Paul Cointet veröffent-lichte 1998 die erste französischsprachige Biographie Déats, in der auch die Aus-einandersetzung mit der Geschichte des RNP breiten Raum einnimmt.41 Im Be-reich der Erinnerungsliteratur sind außerdem die posthum veröffentlichten Me-moiren Déats sowie des PPF-Generalsekretärs Victor Barthélemy zu nennen, für deren Verwendung gleichwohl ähnliche Vorbehalte wie gegenüber den apologeti-schen Ausführungen Degrelles Geltung besitzen.42

Die vorliegende Arbeit kann sich somit auf eine vorhandene, wenn auch eher geringe, Anzahl von Einzelstudien zu den dortigen faschistischen Bewegungen stützen, im Fall der Niederlande auch auf eine größere Menge veröffentlichten Quellenmaterials. Allerdings spielten die zu untersuchenden transnationalen As-pekte – Europagedanke und faschistischer „Internationalismus“ – in der älteren Forschung eine eher untergeordnete Rolle. Klaus Kiran Patel bemängelte hierbei eine allgemeine Fixierung der Zeitgeschichtsforschung auf die nationalgeschicht-liche Perspektive. Freilich ist gerade die Genese des Nationalsozialismus in Deutschland ohne eine intensive Auseinandersetzung mit der deutschen Natio-nalgeschichte und Faktoren wie Militarismus, einer Kontinuität der Eliten und bürokratischen Traditionen nicht nachvollziehbar, wie Patel herausstellt. Bei ei-ner Europäisierung des Themas bestehe immer auch die Gefahr der Relativierung nationalsozialistischer Verbrechen, so dass es hier gewichtige Gründe gebe, die für eine Beibehaltung dieser Perspektive sprächen. Jedoch sei dem deutschen Natio-nalsozialismus angesichts des Charakters des 19. und 20. Jahrhunderts als „Zeit-raum transnationaler Verdichtung“ gleichzeitig eine transnationale Rolle zuge-kommen, die trotz dieser berechtigten Bedenken nicht unterschlagen werden dür-fe.43 In ähnlicher Weise bezeichnete Roger Eatwell 1998 das Phänomen des fa-schistischen „Internationalismus“ als „one of the most under-researched aspects of fascism.“44

Gleichwohl zeichnet sich mittlerweile in der neueren Faschismusforschung ei-ne Tendenz ab, die bisher vernachlässigten Transfer- und Beziehungsaspekte mehr in den Blick zu nehmen. Die Kontakte zwischen den Regimes und Bewe-gungen, die gegenseitige Rezeption und der Austausch stehen somit stärker im Vordergrund, als dies früher der Fall war.45 Diese Entwicklung geht vor allem auf die Ansätze britischer und US-amerikanischer Historiker wie Roger Griffin, Stan-

40 Brender, Reinhold, Kollaboration in Frankreich im Zweiten Weltkrieg. Marcel Déat und das Ras-

semblement National Populaire, München 1992. 41 Cointet, Jean-Paul, Marcel Déat. Du socialisme au national-socialisme, Paris 1998. 42 Déat, Marcel, Mémoires politiques, Paris 1989; Barthélemy, Victor, Du communisme au fascisme.

L’histoire d’un engagement politique, Paris 1978. 43 Patel, Klaus Kiran, Der Nationalsozialismus in transnationaler Perspektive, in: Blätter für deut-

sche und internationale Politik 49 (2004), S. 1124. 44 Eatwell, Roger, The drive towards synthesis, in: Griffin, Roger (Hg.), International Fascism. The-

ories, Causes and the New Consensus, London 1998, S. 195. 45 Reichardt, Sven, Was mit dem Faschismus passiert ist. Ein Literaturbericht zur internationalen

Faschismusforschung seit 1990, Teil 1, in: Neue Politische Literatur 49 (2004), S. 399.

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ley Payne, Roger Eatwell, Michael Mann, Robert O. Paxton oder Aristotle A. Kallis seit Beginn der 1990er Jahre zurück.46 Im deutschsprachigen Bereich müs-sen hier die aktuellen Arbeiten Wolfgang Schieders und Sven Reichardts ange-führt werden, die sich mit dem politischen, organisatorischen und kulturellen Transfer zwischen den faschistischen Bewegungen und Regimes in Italien und Deutschland auseinandersetzen.47

Hieran anknüpfend zielt das erkenntnisleitende Interesse dieser Arbeit somit zum einen im jeweiligen nationalen Kontext auf eine Aufarbeitung und einen Vergleich des Europabildes der einzelnen faschistischen Parteien, zum anderen auf transnationaler Ebene auf dessen Kontrastierung mit den in der gegenwärti-gen Forschung diskutierten „Neuordnungs“-Konzepten im Nationalsozialismus. Der Untersuchungszeitraum beschränkt sich hier auf die Jahre 1940 bis 1945. Es wird jedoch auch nach Veränderungen innerhalb dieses Zeitraums gefragt, die wiederum vor dem Hintergrund des jeweiligen innen- wie außenpolitischen Wandels zu interpretieren sind. Auf die Situation während der 1930er Jahre wird in einer einleitenden kurzen Zusammenfassung zur Entstehung der einzelnen Parteien und zu den Ursprüngen nationalsozialistischer Europavorstellungen ein-gegangen.48

Dem Einwand Dietrich Orlows, dass eine vergleichende Studie zu internatio-nalistischen Aspekten des Faschismus möglichst 1939/40 enden sollte, da die Be-satzung eine Extrem- bzw. Zwangssituation darstellte und das Verhältnis nicht mehr auf gänzlich freien Stücken beruhte49, ist entgegenzuhalten, dass der faschi-stische Europagedanke seine größte Relevanz zweifellos zwischen 1940/41 und 1945 erlangte, wobei der Charakter des „Weltanschauungskrieges“ eine wichtige Rolle spielte. Der Zweite Weltkrieg markierte somit den Kulminationspunkt des einleitend dargestellten Spannungsverhältnisses, nicht zuletzt, da Kriege im All-gemeinen „transnationale Räume [eröffnen], die in Form von Konflikten und Vernichtung, aber auch von Kooperationen und Bündnissen Gesellschaften auf das Engste miteinander verflechten.“50

46 Vgl. als Auswahl Griffin, Roger, The nature of fascism, London 1991; Ders. (Hg.), Fascism. Criti-

cal Concepts in Political Science, 5 Bände, London 2004; Ders., Modernism and fascism. The sense of a beginning under Mussolini and Hitler, Basingstoke u.a. 2007; Eatwell, Roger, Fascism. A His-tory, London 1995; Paxton, Robert O., The Anatomy of Fascism, London 2004; Morgan, Philip, Fascism in Europe, 1919-1945, London 2003; Payne, Stanley, A history of fascism, Madison 1995; Kallis, Aristotle A., Fascist ideology. Territory and Expansionism in Italy and Germany, 1922-1945, London 2000; Mann, Fascists; Iordachi, Constantin (Hg.), Comparative fascist studies. New Per-spectives, London 2010.

47 Schieder, Faschistische Diktaturen; Reichardt, Sven, Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Ge-meinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA, Köln u.a. 2002; außerdem Reichardt/Nolzen, Faschismus in Italien und Deutschland. Vgl. weiterhin Breuer, Stefan, Nationa-lismus und Faschismus. Frankreich, Italien und Deutschland im Vergleich, Darmstadt 2005.

48 Vgl. hierzu ausführlich Orlow, Dietrich, The lure of fascism in western Europe. German Nazis, Dutch and French fascists, 1933-1939, New York 2009.

49 Ders., Fascists among themselves, S. 259. 50 Patel, Der Nationalsozialismus in transnationaler Perspektive, S. 1126.

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Der Hauptteil der Arbeit umfasst innerhalb der einzelnen Länderstudien ver-schiedene Themenkomplexe, die jeweils im Kontext der Besatzung für die ein-heimischen Faschisten besonders relevant waren. Hierbei spielte vor allem der zu-künftige politische Status des Landes eine wichtige Rolle, wobei das Spektrum von Befürwortern eines vollständigen „Anschlusses“ an das Deutsche Reich über einzelne territoriale Zugeständnisse bis hin zum Eintreten für die größtmögliche politische Eigenständigkeit des Landes innerhalb eines europäischen Verbundes reichte. Zudem stellte sich die Frage, inwieweit sich der spezielle Charakter der eigenen Bewegung angesichts nationalsozialistischer „Gleichschaltungs“-Maßnahmen bewahren ließ.

Ein weiterer übergreifender Aspekt ist der Krieg gegen die Sowjetunion, der in faschistischen Kreisen durchaus als „europäischer Einigungskrieg“ betrachtet wurde. Der eigene militärische Beitrag in Form der Abstellung von Freiwilligen aus den Parteireihen sollte aus ihrer Sicht aber auch den Zweck der Sicherung ei-nes „angemessenen“ Platzes im „Neuen Europa“ erfüllen. Darüber hinaus be-trachtete man die Freiwilligeneinheiten als Kern einer zukünftigen gesamteuro-päischen Verteidigungsarmee. Mit der deutschen Besatzung im Osten gingen au-ßerdem Pläne für eine wirtschaftliche Beteiligung der „germanischen“ Länder einher. Im Fall der Niederlande lief sogar ein bedingt selbständiges Siedlungspro-jekt an. Im Kontrast mit den deutschen Hegemonialplänen im Westen sind wie-derum die eigenen Expansionsziele der einheimischen Faschisten von Interesse: So strebte die NSB einen Zusammenschluss der Niederlande mit Flandern an („Dietsches“ Reich), während die wallonischen Rexisten für die unbedingte Be-wahrung des belgischen Einheitsstaats einstanden und ihr Parteichef Degrelle gleichzeitig territoriale Ansprüche an Frankreich stellte, mit denen er sich auf die Errichtung eines „großburgundischen“ Reichs berief.

Um jedoch den jeweiligen Besonderheiten der nationalen Hintergründe ge-recht zu werden, sollen nicht alle dieser genannten Themenfelder in gleichem Maße gewichtet werden. Auch werden einige weitere Aspekte der Kollaborations-politik wie u.a. die Besetzung regionaler Verwaltungsposten, die Aktivitäten der paramilitärischen Organisationen, die Unterstützung bei der Rekrutierung und Aufspürung von Arbeitskräften sowie die Beteiligung an antijüdischen Maßnah-men angesichts der thematischen Fokussierung auf den faschistischen Eu-ropagedanken zurückgestellt.

Der Intention entsprechend, Handeln und Motivationen der Faschisten der westeuropäischen Länder in den Vordergrund zu heben und die deutsche Per-spektive zurückzustellen, stützt sich die Untersuchung vor allem auf die erhalte-nen Bestände dieser Parteien in den jeweiligen nationalen Archiven. Diese wur-den durch einige Bestände aus dem Bundesarchiv Berlin sowie dem Archiv des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) in München ergänzt. Der größte Teil des Mate-rials entstammt der Führungsebene der Parteien. Hier entstanden die Grundli-nien der „Außen“-Politik gegenüber der deutschen Besatzungsmacht und wurden die wichtigsten für die Fragestellung relevanten Beschlüsse gefasst. Demgegen-über hatte die Haltung an der Parteibasis in diesem Bereich keine ausschlagge-

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bende Wirkung. Hinzu kommt, dass die Aktivitäten der Parteiführer und ihres erweiterten Führungszirkels ausführlicher dokumentiert sind. Es wurden jedoch auch einige Unterorganisationen wie Propaganda, Schulung oder Auslandsorgani-sation mit einbezogen. Das parteiinterne Schriftgut umfasst u.a. Befehle, Anwei-sungen, Aufzeichnungen und Entwürfe von Reden, Denkschriften und Sitzungs-protokolle. Weiterhin wurden einzelne Akten aus den Nachkriegsprozessen sowie die jeweiligen Pressebestände der Parteien in Form ihrer wichtigsten Publikati-onsorgane ausgewertet.

Das Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie in Amsterdam (NIOD) verwaltet das nahezu vollständig erhaltene Parteiarchiv der NSB, welches sich als besonders ergiebig erweisen sollte. Hier konnte auf eine Vielzahl bisher noch nicht verwendeten Quellenmaterials zugegriffen werden, auf das sich der aller-größte Teil des Niederlande-Kapitels stützt. Darüber hinaus war insbesondere der Bestand des deutschen Generalkommissariats für das Sicherheitswesen (Höherer SS- und Polizeiführer Nord-West), der auch die politischen Konzeptionen der „Germanischen SS“ dokumentiert, aufschlussreich für die Nachzeichnung der parteiinternen Konflikte. Die Auseinandersetzungen Musserts mit Himmler und der SS lassen sich anhand der Sipo/SD-Berichte aus den Niederlanden sowie der im Bundesarchiv Berlin befindlichen Korrespondenz des Reichsführers-SS und der Bestände des SS-Hauptamts nachvollziehen.

In Brüssel archiviert das Centre d’Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés Contemporaines (CEGES) die Bestände der rexistischen Partei, die neben den Ak-tivitäten des Parteichefs Degrelle vor allem einen Einblick in die Diskussion des weiteren Führungskreises der Rexisten bieten. Von besonderem Interesse waren zudem Korrespondenzen und Aufzeichnungen einzelner Funktionäre wie Pierre Daye und insbesondere José Streel, der innerhalb der Führungsebene einen Ge-genpol zu Degrelle darstellte. Für das Verhältnis zur deutschen Seite waren au-ßerdem neben den SD-Berichten die dort vorhandenen Bestände der Militärver-waltung Belgien/Nordfrankreich relevant. Die monatlichen Tätigkeitsberichte der Militärverwaltung sind vollständig im Archiv des IfZ auffindbar. Die Darstel-lung der „großniederländischen“ Politik der NSB konnte im Brüsseler Archiv noch durch einzelne Bestände des Vlaams Nationaal Verbond (VNV) ergänzt werden.

Die französischen Parteien stellen insofern einen Sonderfall dar, als dass die entsprechenden Parteiarchive nur sehr lückenhaft erhalten geblieben sind. Dies resultiert aus der Entscheidung der jeweiligen Führungen, vor der Flucht ins deutsche Exil im August 1944 das möglicherweise belastende Material zu ver-nichten.51 Der Großteil der noch verfügbaren Schriftstücke stammt daher aus französischen Polizei- und Geheimdienstakten. Insofern lassen sich interne Vor-gänge und Auseinandersetzungen hier schwieriger nachvollziehen. Einen wichti-gen Anhaltspunkt bieten allerdings die ausführlichen Informantenberichte der politischen Polizei über öffentliche Kundgebungen der Parteien, aber auch über 51 Brunet, Doriot, S. 377 bzw. Cointet, Déat, S. 321.

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geschlossene Versammlungen. Diese finden sich zum einen in den Beständen von Polizei und Innenministerium in den Pariser Archives Nationales (AN), zum an-deren in den Archives de la Préfecture de Police de Paris (APP). Weiteres Schriftgut ließ sich in den Akten über Kollaborationsprozesse auffinden, die in den Archives Nationales gelagert sind. Hier befindet sich auch das von 1939 bis 1945 geführte Journal de guerre Marcel Déats, das einen Einblick in die Denkmuster des RNP-Chefs sowie die inneren Abläufe seiner Partei bietet. Eine wichtige Quellensamm-lung zur Besatzungszeit stellt die seit einiger Zeit im Internet verfügbare, vom französischen Institut d’Histoire du temps présent (IHTP) publizierte vollständige Edition der Lageberichte des Militärbefehlshabers Frankreich und der Synthesen der Berichte der französischen Präfekten dar.

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1. FASCHISTISCHE PARTEIEN IN WESTEUROPA

1.1 Nationaal-Socialistische Beweging

Die NSB gründete sich im Dezember 1931 unter dem Vorsitz Anton Adriaan Musserts (1894-1946) und Cornelis van Geelkerkens (1901-1976), Musserts langjährigem Vertreter in der Position des Leiders (Führer). Es gelang der NSB in verhältnismäßig kurzer Zeit, sich als die schlagkräftigste der bis dahin existenten faschistischen Splitterparteien in den Niederlanden1 zu etablieren: 1934 betrug der Mitgliederstand bereits 30.000, 1935 erreichte er einen vorläufigen Höchst-stand von 50.000.2 Ziel der Partei war die Einführung eines antidemokratischen und antiparlamentarischen Einparteienstaates, wobei man sich bis zur Mitte der 1930er Jahre deutlich am Vorbild Mussolinis orientierte. Wirtschaftlich vertrat die NSB dementsprechend einen Korporativismus unter Anerkennung des Rechts auf Privatbesitz.3 Die soziale Zusammensetzung der Parteibasis umfasste im We-sentlichen Teile des Kleinbürgertums, Beamte, Offiziere sowie Großgrundbesitzer in Niederländisch-Indien.4 Weitere Kernelemente der NSB-Programmatik waren Antikapitalismus, –kommunismus und –liberalismus und infolge der später zu-nehmenden Orientierung am deutschen Nationalsozialismus auch das Führer-prinzip und die Idee der „Volksgemeinschaft“, die der Fixierung auf den Staat als zentralem Akteur entgegenstand.

Die anfängliche politische Orientierung der NSB in Richtung Italiens war je-doch mit einer bisweilen kritischen Distanzierung von der Politik des nationalso-zialistischen Deutschlands verknüpft. Beispielsweise äußerte man sich negativ über die Zurückdrängung der SA nach 1933, die man als sozialrevolutionäres Kernelement des deutschen Nationalsozialismus rezipiert hatte.5 Folglich wirkte die Liquidierung der SA-Spitze am 30. Juni 1934 auf viele NSB-Mitglieder, ein-schließlich Mussert, nicht nur aufgrund ihrer Brutalität schockierend.6 Weitere Konfliktfelder lagen insbesondere auf dem Gebiet der Kirchenpolitik und der Ju-

1 Hierzu zählten u.a. die Nationaal Front oder die NSNAP (Nationalsozialistische Niederländische

Arbeiterpartei). 2 Kwiet, Konrad, Zur Geschichte der Mussert-Bewegung, in: VfZG 18 (1970), S. 172 sowie

Stokes, Lawrence D., Anton Mussert and the NSB: 1931-45, in: History 56 (1971), S. 389. 3 Havenaar, De NSB, S. 70ff. 4 Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration, S. 160f. 5 Orlow, Dietrich, Der Nationalsozialismus als Markenzeichen und Exportartikel. Das Dritte

Reich und die Entwicklung des Faschismus in Holland und Frankreich 1933-1939, in: Büttner, Ursula (Hg.), Das Unrechtsregime. Internationale Forschung über den Nationalsozialismus, Bd. 1: Ideologie, Herrschaftssystem, Wirkung in Europa, Hamburg 1986, S. 448.

6 Ders., A Difficult Relationship of Unequal Relatives: The Dutch NSB and Nazi Germany 1933-1940, in: European History Quarterly 29 (1999), S. 360.

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denverfolgung: So bekämpfte man zwar den politischen Katholizismus innerhalb der Niederlande, verurteilte jedoch gleichzeitig den nationalsozialistischen Kir-chenkampf.7 Die NSB war dauerhaft bemüht zu versichern, dass im Falle einer Machtübernahme die organisierte Religion keinerlei Repressalien ausgesetzt sein werde8 – nicht zuletzt, da die negative Außenwirkung der NS-Kirchenpolitik ein großes Hindernis für die Partei darstellte, die seitens der öffentlichen Meinung in den Niederlanden ab 1933 zunehmend mit dem deutschen „Vorbild“ assoziiert bzw. gleichgesetzt wurde. Die niederländische katholische Kirche stand hierbei an vorderster Front einer lagerübergreifenden NSB-Gegenbewegung.9

Ebenso propagierte die NSB anfänglich keinen Antisemitismus und führte so-gar über 1940 hinaus eine gewisse Anzahl jüdischer Parteimitglieder in ihren Rei-hen. Hierbei wurde zwischen alteingesessenen jüdischen Staatsbürgern und Ju-den, die nach dem Ersten Weltkrieg eingewandert waren, qualitativ differen-ziert.10 Im Zuge des Wahlerfolgs 1935 (7,94%) hielt jedoch eine sukzessive Aus-breitung antisemitischer Ressentiments und Klischees Einzug in die Parteipresse, die allerdings noch eher traditionell verwurzelt waren und aus Sicht der NSB le-diglich einen Auswuchs des allgemeinen Kampfes gegen innenpolitische „Feinde“ darstellten.11 Der NSDAP-Auslandsorganisation in den Niederlanden ging diese Entwicklung nicht weit genug. Der dortige Leiter beurteilte die Einstellung der NSB zur Judenfrage auf mittlerer und unterer Funktionärsebene als „meist ein-wandfrei in unserem Sinne, während Mussert selbst die sonderbar unklare Hal-tung einnimmt, dass die vor 1914 angesiedelten Juden als Holländer anerkannt werden.“12 Eine deutliche Verschärfung der antisemitischen Linie in der NSB

7 So wies der NSB-Parlamentarier Max de Marchant et d’Ansembourg in einem Schreiben an van

Geelkerken v. 29.12.1938 darauf hin, dass in niederländischen rechtskatholischen Kreisen eine starke Tendenz zur Bewunderung der sozialen Errungenschaften des deutschen Nationalsozialis-mus existiere und dass man nun versuche, der NSB den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem man sich lediglich sozial- und wirtschaftspolitisch an Deutschland orientiere, darüber hinaus aber die religiöse Freiheit beschütze. Daher müsse die NSB in ihrer Öffentlichkeitsarbeit klar heraus-stellen, dass die deutschen Errungenschaften auf eine geistige Erneuerung des Volkes zurückzu-führen seien, die nur der Nationalsozialismus bewirken könne; allerdings solle man auch verein-zelt auf die „Fehler“ des NS-Regimes in der Religionspolitik hinweisen (NIOD 123/1695).

8 Auf eine Nachfrage bezüglich einer Verwandtschaft der NSB zum deutschen Nationalsozialismus antwortete der NSB-Propagandaleiter Frans Eduard Farwerck in zwei Schreiben v. 4. und 11. April 1935, dass in Deutschland Dinge geschähen, die nicht zum niederländischen Volkswesen passten. Ein Blick auf die Entwicklung von Faschismus und Nationalsozialismus in verschiede-nen Ländern würde verdeutlichen, dass der deutsche Nationalsozialismus eine besondere Ausprä-gung darstelle und dass in den Niederlanden mit Sicherheit keine „deutschen Methoden“ ange-wandt werden würden. Es müsse dementsprechend ein besonderer Wert auf die Anpassung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens an den „christlichen Charakter“ des niederländi-schen Volkes gelegt werden (NIOD 123/421).

9 Orlow, A Difficult Relationship, S. 361ff. 10 Kwiet, Mussert-Bewegung, S. 174f. 11 Als sich in den Niederlanden 1935 eine gegen die NSB gerichtete demokratische Mehrparteien-

front bildete, wurde diese als „jüdische Verschwörung“ diffamiert. – Vgl. Orlow, A Difficult Re-lationship, S. 365.

12 Otto Butting an Ernst Wilhelm Bohle (02.01.1939), NIOD 88/2 VIII.

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ergab sich ab 1936 infolge der Herausbildung eines radikalen Parteiflügels, der vom NS-Rassenantisemitismus beeinflusst war.13

Die Leitfigur dieses „völkischen“ und „großgermanischen“ Flügels war der 1936 in die NSB eingetretene Meinoud Marinus Rost van Tonningen, ein aus-gewiesener Finanzexperte, der zuvor als Völkerbundsvertreter in Wien tätig gewe-sen war. Aufgrund seines dortigen prodeutschen Engagements war er bereits im August 1936 zu einem Besuch bei Hitler eingeladen worden, noch vor Mussert, der erst im November seinen ersten Deutschlandbesuch antrat.14 Im September desselben Jahres wurde Rost von Himmler empfangen, der ihn seitdem als seinen wichtigsten Vertrauensmann in den Niederlanden bezeichnete. Seine eindeutige politische Positionierung machte ihn zum meistgeschätzten NSB-Funktionär in Deutschland.15 Nach seinem Parteieintritt wurde Rost zum Leiter der Abteilung „Ausländische Angelegenheiten“ sowie zum Schriftleiter der neuen NSB-Tageszeitung Het Nationale Dagblad ernannt, die einen deutlich radikaleren, anti-semitischeren und deutschfreundlicheren Kurs fuhr als das NSB-Hauptorgan, die Wochenzeitung Volk en Vaderland. In weiteren neuen Publikationen wie De Wolfsangel, Der Vaderen Erfdeel und De Volksche Wacht wurde die „Blut und Bo-den“-Ideologie der SS und des „Ahnenerbes“ rezipiert und propagiert.16

Damit erwuchs der NSB eine bedeutende innerparteiliche Opposition, die rasch zur inneren Zerrissenheit führte: Rassenantisemitismus, eine zunehmende Militarisierung der Partei sowie die ausdrückliche Zustimmung zum Expansions-kurs NS-Deutschlands hielten nun Einzug in den Parteidiskurs und machten die NSB für weite Teile der niederländischen Öffentlichkeit, die in ihr ohnehin nicht viel mehr als die „Fünfte Kolonne“ Deutschlands sahen, vollends untragbar.17 Seit 1937 war die Partei im Niedergang begriffen, bei den Wahlen 1939 erreichte sie landesweit nur noch 3,89%. Die Mitgliederzahl sank bis zum deutschen Ein-marsch im Mai 1940 auf etwa 30.000.18

13 Havenaar, De NSB, S. 106. 14 Mussert äußerte bei dieser Gelegenheit eine gewisse Furcht vor deutschen Expansionsabsichten

bezüglich der Niederlande (ADAP, C, Bd. VI, 1, Dok. 41). 15 Berger, Peter, Im Schatten der Diktatur. Die Finanzdiplomatie des Vertreters des Völkerbunds in

Österreich, Meinoud Marinus Rost van Tonningen 1931-1936, Wien 2000, S. 495. 16 Henkes, Barbara/Rzoska, Björn, Volkskunde und „Volkstumspolitik“ der SS in den Niederlan-

den. Hans Ernst Schneider und seine „großgermanischen“ Ambitionen für den niederländischen Raum, in: Dietz, Burkhard u.a. (Hg.), Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919-1960), Bd. 1, Münster 2003, S. 299ff.

17 Orlow, Fascists among themselves, S. 260. Freilich war die Radikalisierung der NSB nicht aus-schließlich auf den Einfluss Rost van Tonningens zurückzuführen. Rost wirkte vielmehr als Kata-lysator denn als Auslöser dieser Entwicklung, die auf den allgemeinen Misserfolg der NSB zu-rückzuführen war, der es entgegen des Wahlerfolgs von 1935 nicht gelungen war, eine veritable Massenbasis zu errichten. Einen vermeintlichen Ausweg aus dieser Sackgasse suchte man nun in Radikalisierungsmaßnahmen und einer aggressiveren Agitation. – Vgl. Berger, Im Schatten der Diktatur, S. 493.

18 Stokes, Anton Mussert, S. 389.

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Außenpolitisch propagierte die NSB die Errichtung eines dietschen, d.h. großnie-derländischen Staatsgebildes, welches alle Menschen und Gebiete niederländi-scher Sprache und Kultur umfassen sollte, namentlich die Flamen in Belgien und in Teilen Nordfrankreichs, die niederländischen und belgischen Kolonialgebiete sowie – als erweitertes Fernziel – die niederländisch sprechenden Südafrikaner. Die Exponenten eines explizit dietschen Kurses setzten sich allerdings erst ab 1935/36 innerhalb der NSB durch.19 Mit der Broschüre „Staatkundige richtlijnen der Nationaal-Socialistische Beweging in Nederland“ (März 1936) wurde das Denken in „völkischen“ Begriffen offizieller Teil der Parteiprogrammatik, wobei die diesbezüglichen Vorstellungen der NSB nicht mit den rassistischen Grundsät-zen des deutschen Nationalsozialismus gleichzusetzen waren.

Es entwickelte sich ein Dilemma, das nie gänzlich aufgeklärt werden konnte: Sollte der Begriff des „Völkischen“ eine Rassen- oder eine Sprach- und Kultur-verwandtschaft zwischen Völkern bezeichnen? Eine Festlegung auf den Rassenbe-griff hätte zur Konsequenz gehabt, dass die Verwandtschaft zu den „germani-schen“ Völkern (und damit zu Deutschland) höher anzusiedeln gewesen wäre als diejenige zwischen den Niederlanden und Flandern. Im Angesicht dieses Diskur-ses spiegelte sich bereits der Konflikt zwischen zwei immer stärker divergierenden Parteiflügeln ab, der während der Besatzung voll zum Ausbruch kommen sollte.20 Aus Sicht Musserts war „völkisch“ praktisch mit „dietsch“ gleichzusetzen, wäh-rend der radikale Flügel unter Rost van Tonningen den Begriff vielmehr mit „großdeutsch“ bzw. „großgermanisch“ assoziierte, was wiederum den Gedanken eines „Anschlusses“ der Niederlande ans Deutsche Reich implizierte. Als Zuge-ständnis gegenüber den Radikalen legte Mussert ab Mitte der 1930er Jahre einige Lippenbekenntnisse zur nationalsozialistischen Rassenlehre ab, jedoch kam es da-bei zu keiner verbindlichen Definition der Begriffe „völkisch“, „germanisch“ oder „dietsch“.21

Über die großniederländische Programmatik hinaus bekannte sich die NSB zu einer „faschistischen Internationale“ zugehörig. Bei einer Rede in Utrecht im Fe-bruar 1934 hatte sich Mussert explizit auf die Prognose Mussolinis aus dem Vor-jahr berufen, dass in zehn Jahren ganz Europa faschistisch sein würde: „Da wir auf der Basis derselben Weltanschauung stehen, werden die europäischen Natio-nen einander begreifen und verstehen lernen und werden sie einsehen lernen, wie sehr wir europäischen Nationen einander nötig haben, um mit vereinten Kräften die europäische Kultur zu neuer Blüte zu bringen [...].“22 Die NSB-Positionen 19 Das erste NSB-Programm von 1932 hatte das außenpolitische Hauptaugenmerk noch auf die in-

donesische Kolonie gelegt, während Flandern zweitrangig behandelt wurde. – Vgl. Berg, Jan-Jaap van den, Dietsland Houzee! De NSB, het VNV en Groot-Nederland, o.O. 1993, S. 57f. (in der Bi-bliothek des Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie aufzufinden). Ronald Havenaar sieht in der Hinwendung zum dietschen Gedanken schlichtweg eine Einreihung der NSB in die imperialistischen Bestrebungen der Regimevorbilder Italien und Deutschland (Havenaar, De NSB, S. 118f.).

20 Van den Berg, Dietsland Houzee, S. 66f. 21 Havenaar, De NSB, S. 119 u. 150. 22 Redensammlung Musserts 1931-1939, NIOD 123/105.

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waren hierbei in vielerlei Hinsicht mit denen der italienischen CAUR, die im April 1935 ihren Kongreß in Amsterdam veranstalteten, identisch: So bekannte man sich zur Garantie der nationalen Integrität insbesondere kleinerer Staaten, zur Verhinderung des Aufkommens einer einzigen Hegemonialmacht in Europa sowie zur Verurteilung des Rassismus nationalsozialistischer Prägung.23

Bereits in der Zwischenkriegszeit wurde deutlich, dass der Antisemitismus aus-ländischer faschistischer Bewegungen aus der Perspektive vieler nationalsozialisti-scher Stellen ein maßgeblicher Faktor für deren politische Beurteilung war.24 Im November 1938 wandte sich Rost van Tonningen in seiner Funktion als Parla-mentarier an das Auswärtige Amt, um zu erfragen, wie die deutsche Regierung zum sog. „Guyana-Plan“ der NSB für die „Lösung der Judenfrage“ stehe. Dieser Plan, der seit einiger Zeit in den Reihen der NSB kursierte, umfasste die Depor-tation aller europäischen Juden nach Guyana und sollte dem niederländischen Ministerpräsidenten Hendrik Colijn als Memorandum übergeben werden. Als Hintergrund für dieses Vorhaben gab Rost die massiven Rückwirkungen der nie-derländischen „Hetzwelle“ gegen Deutschland nach den Novemberpogromen an, die sich auch auf die NSB übertragen habe. Der Plan sollte somit eine „Ent-lastungsoffensive“ darstellen „durch einen positiven Vorschlag zur Lösung der Ju-denfrage“. In diesem Zusammenhang wünschte sich Rost auch ein größeres deut-sches Presseecho auf den NSB-Plan sowie ein gemeinsames öffentliches Eintreten von Italien und Deutschland. Jedoch zeigte sich das Auswärtige Amt skeptisch gegenüber den Vorschlägen Rost van Tonningens, der immerhin innerhalb der NSB als radikaler Antisemit galt: „Das einzige Bedenken, was ich sehe, ist, dass wir bisher der Gründung eines geschlossenen jüdischen Staates vollkommen ab-lehnend gegenüberstanden, da ein solcher die Zentrale aller gegen die judenfeind-lichen Staaten und Parteien gerichteten Bestrebungen werden würde.“25

Da die expansiven, „großdietschen“ Ideen der NSB um 1934 programmatisch noch nicht artikuliert waren, findet sich zu diesem Zeitpunkt auch noch keine diesbezügliche Beurteilung von deutscher Seite ein. Allerdings wurden ähnlich lautende Pläne des flämischen Verdinaso (Verbond van Dietsche Nationaal-Solidaristen) als „völkisch richtig“ bezeichnet, wenngleich sie unter den herr-schenden politischen Verhältnissen als unrealistisch galten.26 Der Autor einer 1935 erschienenen Schrift zur flämischen Frage hingegen äußerte sich ablehnend

23 Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration, S. 162. Allerdings hatte die Debatte über eine

einheitliche „Judenpolitik“ bereits den faschistischen Kongress von Montreux im Dezember 1934 intern gespalten. – Vgl. Ledeen, Universal fascism, S. 121.

24 Orlow, Nationalsozialismus als Markenzeichen, S. 440f. 25 Ernst Woermann an Auswärtiges Amt (23.11.1938), NIOD 086a/487. Seit Oktober 1938 wur-

den keine Juden mehr in die NSB aufgenommen. Von der kleinen Anzahl noch verbliebener „Volljuden“ in der Partei „trennte“ sich Mussert im Oktober 1940. 1943 wurden sie nach There-sienstadt deportiert. – Vgl. Kwiet, Konrad, Mussert, „Mussert-Juden“ und die „Lösung der Ju-denfrage“ in den Niederlanden, in: Graml, Hermann u.a. (Hg.), Vorurteil und Rassenhaß. Antise-mitismus in den faschistischen Bewegungen Europas, Berlin 2001, S. 161ff.

26 Panstingl, Günther, Zeitgeschichtliche Entwicklungen in Holland, in: Zeitschrift für Politik 24 (1934), S. 212f.

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gegenüber den Vorstellungen des Verdinaso-Führers Joris van Severen, da dieser für einen Vielvölkerstaat aus Flamen, Wallonen, Nordfriesen, Luxemburgern und Niederländern einträte. Dies widerspräche zum einen dem völkischen Prinzip und könne zum anderen auch nicht im Interesse des flämischen Nationalismus liegen.27 Ein weiterer Artikel von 1937 erwähnte zwar die „dietschen“ Vorstellun-gen Musserts, ohne diese jedoch in irgendeiner Form politisch zu bewerten.28

Joseph Goebbels betrachtete die NSB während ihres elektoralen Höhenflugs offenbar als aus deutscher Sicht durchaus wertvolle politische Kraft: „[...] Mussert guter Redner. Das ist schon etwas. Und sehr für Deutschland. Dafür ist er uns schon wertvoll. Also weiter wohlwollend behandeln. Vielleicht setzt er sich doch noch durch.“29 Der bisherigen Konkurrenzpartei NSNAP, die sich im Gegensatz zur NSB bedingungslos prodeutsch artikulierte und offen für einen „Anschluss“ der Niederlande ans Deutsche Reich warb, wurde hingegen eine klare Absage er-teilt: Aufgrund von befürchteten außenpolitischen Komplikationen intervenierte das Auswärtige Amt bei der niederländischen Regierung mit dem Ziel, der NSNAP ihren Namenszusatz „Hitler-Bewegung“ verbieten zu lassen.30 Gleichzei-tig sollte hiermit die NSB gestärkt werden: „Die getroffene Entscheidung wird von der NSB-Bewegung zweifellos sehr begrüßt werden, da die Rappard-Bewegung sie vor allem in der Gegend von Arnheim stark bekämpft hat. In unse-rem Interesse kann es nur liegen, wenn die nationalsozialistischen Splitterparteien in Holland verschwinden und in der NSB aufgehen.“31

Kurze Zeit später wiederum wurde vom Auswärtigen Amt beanstandet, dass die NSB sich Anfang 1937 angeblich antideutscher Wahlkampfrhetorik bedient habe.32 Solche „Absetzbewegungen“ waren allerdings mehr als taktischer Versuch zu werten, sich gegenüber der eigenen Öffentlichkeit zu rehabilitieren, denn inof-fiziell kam es von deutscher Seite in vielfachen Fällen zu einer verdeckten, meist finanziellen Unterstützung für ausländische faschistische Bewegungen. Als zu-nehmend problematisch erwies sich hierbei seit Mitte der 1930er Jahre, dass auch

27 Bährens, Kurt, Die flämische Bewegung. Europäisches Problem oder innerbelgische Frage, Berlin

1935, S. 44. 28 Stödtner, Gerhard, Weltanschauung und Programm der Mussert-Bewegung, in: Zeitschrift für

Politik 27 (1937), S. 234. 29 Fröhlich, Elke (Hg.), Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente. Teil 1: Aufzeich-

nungen 1924-1941, Bd. 3, München 1987, Eintrag v. 22.01.1937 (im Folgenden: Goebbels-Tagebücher).

30 In einem Brief an Hitler v. 23.12.1936 erklärte der NSNAP-Führer Ernst Herman van Rappard hierzu, der Namenszusatz solle lediglich verdeutlichen, „dass wir eine 100% deutsche Bewegung sein wollen, im Gegensatz zu den anderen sogen. N.S.-Parteien unserer nur-niederländisch sein wollenden Volksgenossen [...].“ Aus diesem Grund bat er Hitler bzw. die maßgeblichen deut-schen Stellen, ihr Vorhaben nicht umzusetzen, denn: „Unser Kampf gegen den holländischen Nationalismus (besser Lokal-Patriotismus!) und um die deutsche Seele und um den großdeut-schen Gemeinschaftssinn unseres Stammes ist ja so schwer genug.“ (BA R 43 II/1462).

31 Gesandtschaft Den Haag an AA (26.02.1937), BA R 43 II/1462. Die NSNAP hatte sich auf-grund interner Konflikte während der 1930er Jahre in drei Parteien aufgespalten, die allerdings alle denselben Namen führten.

32 Julius Graf von Zech-Burkersroda an AA (04.02.1937), ADAP, C, Bd. VI, 1, Dok. 180.