Der Herr des edlen Leders - Gerberei SPERR · 2013. 7. 11. · Leder –„buttrig“, wie der...

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Von Robert Edler Pöttmes – Schon seit Urzeiten dienen Tierhäute dem Men- schen als Kleidung, zum Schutz oder für Utensilien des täglichen Lebens. Der Westernfan denkt sofort an Winnetou und seinen Blutsbruder Old Shatterhand. An James Fenimore Coopers Le- derstrumpf, jenen unerschro- ckenen Waldläufer, der gemein- sam mit seinem Begleiter Chin- gachgook „ganz in Leder“ für Gerechtigkeit sorgte. Irgendwie ist ja auch Thomas Sperr einer der letzten Mohikaner. Der Pött- meser Gerber stellt fernab in- dustrieller Massenproduktions- methoden edles, sämisch ge- gerbtes Hirschleder her – als ei- ner von noch fünf Handwerksbe- trieben in ganz Deutschland. Ist Leder nicht einfach Leder? Von wegen. Der Laie staunt wie die Kinder bei „Willi will’s wissen“, wenn Thomas Sperr mit strahlendem Gesicht in die Geheimnisse des Gerbens eintaucht, die Unter- schiede der verschiedenen Ver- fahren erläutert – und einen fertigen neuseeländischen Hir- schen zum Fühlen vom Stapel nimmt. Kuschelig weich ist das Leder – „buttrig“, wie der Fach- mann sagt. Es schmiegt sich wie eine zweite Haut an die Hand und strahlt trotz erwarte- ter Strapazierfähigkeit einen kräftigen Schuss Noblesse aus. Kein Fehler ist auszumachen, keine Narbe oder gar ein Ein- schussloch. Das ist also der „Stoff“, aus dem Lederhosen der Spitzenklasse hergestellt werden. Hautfreundliche, un- verwüstliche Bekleidung fürs ganze Leben. Bis aus zwei Hirschen eine Hose werden kann, ist es ein weiter Weg. „Bestimmt 200 Mal“ hat Thomas Sperr jede einzelne Haut in der Hand. Vom ersten Waschen bis zum Färben und Schleifen (siehe Kasten) lauern viele Gefahren. „Das ist eben ein Naturprodukt. Während der zahlreichen Ar- beitsschritte kann viel passie- ren“, erläutert der 45-Jährige seine eigenen hohen Ansprü- che. Schliff, Härte, gleichmäßi- ge Farbgebung – „der Beruf des Gerbers lebt von der Erfah- rung“, betont Sperr. Von Gene- ration zu Generation wurde sie weitergereicht. Bis zum 30-jäh- rigen Krieg lässt sich die Tradi- tion in der Familiengeschichte zurückverfolgen. Seit 1795 ste- hen die Sämisch- und Weißger- bung im Mittelpunkt. Die Wur- zeln liegen in der Oberpfalz, anno 1910 schließlich über- nahm der Großvater von Tho- mas Sperr die Gerberei Scheer in Pöttmes. Er war es auch, der Enkel Thomas mit dem „Ger- ber-Virus“ infizierte. Trotz der beschwerlichen Handarbeit, die bis heute nur von wenigen Maschinen etwas erleichtert wird, hat der 45-Jährige die Be- rufswahl nicht bereut. Dabei ist er derzeit im Stress. Die Kunden warten sehnsüch- tig auf ihre Bestellungen – ge- gerbte Qualität lässt sich aber nun mal nicht beschleunigen. Zwei bis drei Monate ziehen ins Land, bis die Rohhäute reif sind für die Nähmaschinen. 2000 bis 3000 Hirschhäute bezieht Tho- mas Sperr pro Jahr. Sie kommen von großen Farmen aus Neu- seeland. Das hat seinen Grund: Die Hirsche dort sind groß, ihre Haut ist vor allen Dingen prak- tisch fehlerlos. Europäische In- landhirsche haben meist zahl- reiche Narben. Sie gehen auf die Dasselfliege zurück – ein fieser Parasit, der sich im Hirschfell einnistet. Im fernen Neuseeland gibt es diesen Schmarotzer nicht. Das freut die Hir- sche und den Gerber aus Pöttmes. Der verarbeitet freilich auch von Jägern in frei- er Wildbahn erlegte Hirsche, beispielsweise aus der Schweiz. Deren Häute werden aber fast ausschließlich als Futterleder verwendet. Oder für Hobbyin- dianer, die ein paar Narben und Löcher auf den Mokassin ver- tragen. Ebenfalls nur ein kleiner Teil der Produktion entfällt auf das „Lohngerben“. Für Schäfer und deren künftige Bettvorleger zum Beispiel, oder für die Waidmänner der Region. Die bringen unter anderem Fuchs-, Dachs- und Wildsauhäute. Per Weißgerbung werden sie dau- erhaft haltbar gemacht. Das Fell behält hierbei seine natürliche, dekorative Farbe. 95 Prozent der Produkti- on werden zu Bekleidung. In erster Linie sind es Lederhosen, zu denen die neuseeländischen Hirsche verarbeitet werden. Ei- ner der Abnehmer sitzt im eige- nen Haus. Bruder Wolfgang Sperr ist Kürschner und erfüllt den Kunden gemeinsam mit ei- ner angestellten Lederschnei- dermeisterin alle Wünsche. Vom Gehrock bis zur bestickten „Krachledernen“. Das Geschäft läuft gut, Tracht ist wieder „in“. Früher wurden Lederhosenträ- ger eher belächelt, heute fühlen sich auch junge Menschen wohl in traditioneller Kluft und zeigen dies auch. Nicht nur auf dem Oktoberfest oder anderen Traditionsveranstaltungen. Na- türlich gibt es die „Lederwix“ auch von der Stange. Günstig aus Ziegenleder beispielsweise. „Doch wer mal in eine echte schlüpft, spürt den Unterschied sofort“, betont Wolfgang Sperr selbstbewusst. Eine „echte“ at- met mit der Haut des Trägers, sie sitzt passgenau und beglei- tet den Käufer treu ein Leben lang. Sämisch gegerbtes Leder hat inzwischen aber auch andere Abnehmer gefunden. Ein Fuß- ball-Hersteller hat den „Leder- hosenball“ im 50er-Jahre-Look kreiert, Restaurants verpacken ihre Speisekarten in Hirschle- der. Neuerdings setzen sogar Raumausstatter auf das edle Material. Nicht nur für die Couch oder Stühle im Nobelho- tel, sogar Türe und Wände wer- den mit weichem Hirschleder „made in Pöttmes“ verkleidet. „Das ist ein teurer Spaß“, schmunzelt Thomas Sperr. Nein, über mangelnde Nachfra- ge könne er nicht klagen. Leder ist gefragt, und der „Herr des Leders“ auch. Erst kürzlich drehte der ORF für eine Wis- senssendung in den heiligen Gerberhallen in Pöttmes. Jen- seits der Alpen sind die Sä- mischgerber wohl schon ganz ausgestorben. Womit wir wieder beim „letz- ten Mohikaner“ angelangt wä- ren. Thomas Sperr ist 45 Jahre „jung“ und wird so gesehen noch geraume Zeit die Liebe zu seinem selten gewordenen Handwerk pflegen. Wie es dann weitergeht, das ist allerdings noch ungewiss. Sperr hat zwei Söhne, beide haben zumindest bis dato andere Berufsziele. Füchse gibt es genug. Jäger aus der Region las- sen die Felle bei Thomas Sperr gerben. Vermut- lich aus den wenigsten werden aber Pelzmäntel. Pelze stehen in der Kritik von Tierfreunden. Hirschleder für die Türverkleidung und den „Lederhosenball“ „Tracht ist wie- der in“: Wolf- gang Sperr ist Kürschner und verarbei- tet das edle Hirschleder seines Bru- ders. Die Pro- duktpalette reicht vom Gehrock und der aufwändig bestickten Le- derhose bis zur alltags- tauglichen „Lederwix“. Der Herr des edlen Leders Sämischgerber Thomas Sperr ist einer der letzten seiner Zunft Erfahrung, Qua- litätsbewusst- sein und die Lie- be zu seinem Handwerk zeich- nen Thomas Sperr aus. Rechts ist der Sämischgerber am hölzernen Gerbfass zu se- hen, links bei der mühevollen Färbung der Hirschhäute, die noch heute ausschließlich per Hand er- folgt. Fotos: Edler DAS GERBEN Thomas Sperr ist auf das auf- wendige Sämisch- und Weiß- gerben spezialisiert. Hier die wichtigsten Arbeitsschritte bei der Herstellung von sä- misch gegerbtem Hirschle- der: Die Hirschhäute aus Neuseeland werden im höl- zernen Gerbfass einge- weicht. Damit werden sie zum so genannten „Walken“ mit Dorschlebertran vorbe- reitet, das ebenfalls im Fass über die Bühne geht. Danach werden die Häute zum Trocknen aufgehängt – das löst eine langsame Oxidation des Fischöls aus, die für die eigentliche Gerbung verant- wortlich ist. Das Einwalken und Trocknen wird mehr- mals wiederholt. Dieser Gerbprozess dauert in der Regel zwei bis drei Monate. Im nächsten Schritt geht es wieder ab ins Holzfass – der überschüssige Tran wird mehrmals ausgewaschen. Zwischen den Waschvorgän- gen wird die „Narben- schicht“ (glatte Oberseite des Leders) mit einer speziellen Maschine abgestoßen. Die ausgewaschenen Häute wer- den nun einmal mehr zum Trocknen aufgehängt. Erst danach werden sie „gestollt“ (weichgemacht). Vor dem Färben wird das Hirschleder geschliffen, um einen feinen Velours zu erhalten. Im Hause Sperr werden althergebrachte Färbmetho- den angewandt. Die Hirsch- leder werden mehrmals mühsam mit Bürsten auf der Oberfläche (der ehemaligen Narbenschicht) mit Farbstof- fen wie Blau- und Gelbholz- extrakt behandelt. Die haut- freundliche Unterseite bleibt unbehandelt. Nach dem Fär- ben wird das Hirschleder auf der Rückseite geschliffen, zu guter Letzt noch gemessen, entstaubt und zum Versand fertig gemacht für Säckler, Lederschneider und alle Liebhaber dieses aufwendig gegerbten Materials. Die Weiß- oder Alaunger- bung zählt ebenfalls zu den ältesten Gerbverfahren. Der Gerbstoff setzt sich im We- sentlichen aus Aluminium- sulfat und Kochsalz zusam- men. Die Lederseite wird bei dieser Gerbart weiß, daher die Bezeichnung Weißger- bung. Häufig findet sie An- wendung zur Herstellung von Dekorationsfellen oder für Schaffelle als Bettvorle- ger. Das Fell behält seine na- türliche Farbe. Alles zum Thema Gerben kann man auch im Internet auf der Website www.gerbe- rei-sperr.de nachlesen. (roe) LOKALES Reportage am Samstag Nr. 122 / Samstag, 29. Mai 2010 19

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Von Robert Edler

Pöttmes – Schon seit Urzeitendienen Tierhäute dem Men-schen als Kleidung, zum Schutzoder für Utensilien des täglichenLebens. Der Westernfan denktsofort an Winnetou und seinenBlutsbruder Old Shatterhand.An James Fenimore Coopers Le-derstrumpf, jenen unerschro-ckenen Waldläufer, der gemein-sam mit seinem Begleiter Chin-gachgook „ganz in Leder“ fürGerechtigkeit sorgte. Irgendwieist ja auch Thomas Sperr einerder letzten Mohikaner. Der Pött-meser Gerber stellt fernab in-dustrieller Massenproduktions-methoden edles, sämisch ge-gerbtes Hirschleder her – als ei-ner von noch fünf Handwerksbe-trieben in ganz Deutschland. IstLeder nicht einfach Leder? Vonwegen.

Der Laie staunt wie die Kinderbei „Willi will’s wissen“, wennThomas Sperr mit strahlendemGesicht in die Geheimnisse desGerbens eintaucht, die Unter-schiede der verschiedenen Ver-fahren erläutert – und einenfertigen neuseeländischen Hir-schen zum Fühlen vom Stapelnimmt. Kuschelig weich ist dasLeder – „buttrig“, wie der Fach-mann sagt. Es schmiegt sichwie eine zweite Haut an dieHand und strahlt trotz erwarte-ter Strapazierfähigkeit einenkräftigen Schuss Noblesse aus.Kein Fehler ist auszumachen,keine Narbe oder gar ein Ein-schussloch. Das ist also der„Stoff“, aus dem Lederhosender Spitzenklasse hergestelltwerden. Hautfreundliche, un-verwüstliche Bekleidung fürsganze Leben.

Bis aus zwei Hirschen eineHose werden kann, ist es einweiter Weg. „Bestimmt 200Mal“ hat Thomas Sperr jedeeinzelne Haut in der Hand.Vom ersten Waschen bis zumFärben und Schleifen (sieheKasten) lauern viele Gefahren.„Das ist eben ein Naturprodukt.Während der zahlreichen Ar-beitsschritte kann viel passie-ren“, erläutert der 45-Jährigeseine eigenen hohen Ansprü-che. Schliff, Härte, gleichmäßi-ge Farbgebung – „der Beruf desGerbers lebt von der Erfah-rung“, betont Sperr. Von Gene-ration zu Generation wurde sieweitergereicht. Bis zum 30-jäh-rigen Krieg lässt sich die Tradi-tion in der Familiengeschichtezurückverfolgen. Seit 1795 ste-hen die Sämisch- und Weißger-

bung im Mittelpunkt. Die Wur-zeln liegen in der Oberpfalz,anno 1910 schließlich über-nahm der Großvater von Tho-mas Sperr die Gerberei Scheerin Pöttmes. Er war es auch, derEnkel Thomas mit dem „Ger-ber-Virus“ infizierte. Trotz derbeschwerlichen Handarbeit,die bis heute nur von wenigenMaschinen etwas erleichtertwird, hat der 45-Jährige die Be-rufswahl nicht bereut.

Dabei ist er derzeit im Stress.Die Kunden warten sehnsüch-tig auf ihre Bestellungen – ge-gerbte Qualität lässt sich abernun mal nicht beschleunigen.Zwei bis drei Monate ziehen insLand, bis die Rohhäute reif sindfür die Nähmaschinen. 2000 bis3000 Hirschhäute bezieht Tho-mas Sperr pro Jahr. Sie kommenvon großen Farmen aus Neu-seeland. Das hat seinen Grund:Die Hirsche dort sind groß, ihreHaut ist vor allen Dingen prak-

tisch fehlerlos. Europäische In-landhirsche haben meist zahl-reiche Narben. Sie gehen aufdie Dasselfliege zurück – einfieser Parasit, der sich imHirschfell einnistet. Im fernenNeuseelandgibt es diesenSchmarotzernicht. Dasfreut die Hir-sche – undden Gerberaus Pöttmes. Der verarbeitetfreilich auch von Jägern in frei-er Wildbahn erlegte Hirsche,beispielsweise aus der Schweiz.Deren Häute werden aber fastausschließlich als Futterlederverwendet. Oder für Hobbyin-dianer, die ein paar Narben undLöcher auf den Mokassin ver-tragen.

Ebenfalls nur ein kleiner Teilder Produktion entfällt auf das„Lohngerben“. Für Schäfer undderen künftige Bettvorleger

zum Beispiel, oder für dieWaidmänner der Region. Diebringen unter anderem Fuchs-,Dachs- und Wildsauhäute. PerWeißgerbung werden sie dau-erhaft haltbar gemacht. Das

Fell behälthierbei seinenatürliche,dekorativeFarbe.

95 Prozentder Produkti-

on werden zu Bekleidung. Inerster Linie sind es Lederhosen,zu denen die neuseeländischenHirsche verarbeitet werden. Ei-ner der Abnehmer sitzt im eige-nen Haus. Bruder WolfgangSperr ist Kürschner und erfülltden Kunden gemeinsam mit ei-ner angestellten Lederschnei-dermeisterin alle Wünsche.Vom Gehrock bis zur bestickten„Krachledernen“. Das Geschäftläuft gut, Tracht ist wieder „in“.Früher wurden Lederhosenträ-

ger eher belächelt, heute fühlensich auch junge Menschenwohl in traditioneller Kluft undzeigen dies auch. Nicht nur aufdem Oktoberfest oder anderenTraditionsveranstaltungen. Na-türlich gibt es die „Lederwix“auch von der Stange. Günstigaus Ziegenleder beispielsweise.„Doch wer mal in eine echteschlüpft, spürt den Unterschiedsofort“, betont Wolfgang Sperrselbstbewusst. Eine „echte“ at-met mit der Haut des Trägers,sie sitzt passgenau und beglei-tet den Käufer treu ein Lebenlang.

Sämisch gegerbtes Leder hatinzwischen aber auch andereAbnehmer gefunden. Ein Fuß-ball-Hersteller hat den „Leder-hosenball“ im 50er-Jahre-Lookkreiert, Restaurants verpackenihre Speisekarten in Hirschle-der. Neuerdings setzen sogarRaumausstatter auf das edleMaterial. Nicht nur für die

Couch oder Stühle im Nobelho-tel, sogar Türe und Wände wer-den mit weichem Hirschleder„made in Pöttmes“ verkleidet.„Das ist ein teurer Spaß“,schmunzelt Thomas Sperr.Nein, über mangelnde Nachfra-ge könne er nicht klagen. Lederist gefragt, und der „Herr desLeders“ auch. Erst kürzlichdrehte der ORF für eine Wis-senssendung in den heiligenGerberhallen in Pöttmes. Jen-seits der Alpen sind die Sä-mischgerber wohl schon ganzausgestorben.

Womit wir wieder beim „letz-ten Mohikaner“ angelangt wä-ren. Thomas Sperr ist 45 Jahre„jung“ und wird so gesehennoch geraume Zeit die Liebe zuseinem selten gewordenenHandwerk pflegen. Wie es dannweitergeht, das ist allerdingsnoch ungewiss. Sperr hat zweiSöhne, beide haben zumindestbis dato andere Berufsziele.

Füchse gibt es genug. Jäger aus der Region las-sen die Felle bei Thomas Sperr gerben. Vermut-lich aus den wenigsten werden aber Pelzmäntel.Pelze stehen in der Kritik von Tierfreunden.

Hirschleder für dieTürverkleidung und

den „Lederhosenball“

„Tracht ist wie-der in“: Wolf-gang Sperr istKürschnerund verarbei-tet das edleHirschlederseines Bru-ders. Die Pro-duktpalettereicht vomGehrock undder aufwändigbestickten Le-derhose biszur alltags-tauglichen„Lederwix“.

DerHerr

des edlenLeders

SämischgerberThomas Sperr isteiner der letzten

seiner Zunft

Erfahrung, Qua-litätsbewusst-sein und die Lie-be zu seinemHandwerk zeich-nen ThomasSperr aus.Rechts ist derSämischgerberam hölzernenGerbfass zu se-hen, links beider mühevollenFärbung derHirschhäute,die noch heuteausschließlichper Hand er-folgt. Fotos: Edler

DAS GERBEN

Thomas Sperr ist auf das auf-wendige Sämisch- und Weiß-gerben spezialisiert. Hier diewichtigsten Arbeitsschrittebei der Herstellung von sä-misch gegerbtem Hirschle-der: Die Hirschhäute ausNeuseeland werden im höl-zernen Gerbfass einge-weicht. Damit werden siezum so genannten „Walken“mit Dorschlebertran vorbe-reitet, das ebenfalls im Fassüber die Bühne geht. Danachwerden die Häute zumTrocknen aufgehängt – daslöst eine langsame Oxidationdes Fischöls aus, die für dieeigentliche Gerbung verant-wortlich ist. Das Einwalkenund Trocknen wird mehr-mals wiederholt. DieserGerbprozess dauert in derRegel zwei bis drei Monate.Im nächsten Schritt geht eswieder ab ins Holzfass – derüberschüssige Tran wirdmehrmals ausgewaschen.Zwischen den Waschvorgän-gen wird die „Narben-schicht“ (glatte Oberseite desLeders) mit einer speziellenMaschine abgestoßen. Dieausgewaschenen Häute wer-den nun einmal mehr zumTrocknen aufgehängt. Erstdanach werden sie „gestollt“(weichgemacht). Vor demFärben wird das Hirschledergeschliffen, um einen feinen

Velours zu erhalten.Im Hause Sperr werden

althergebrachte Färbmetho-den angewandt. Die Hirsch-leder werden mehrmalsmühsam mit Bürsten auf derOberfläche (der ehemaligenNarbenschicht) mit Farbstof-fen wie Blau- und Gelbholz-extrakt behandelt. Die haut-freundliche Unterseite bleibtunbehandelt. Nach dem Fär-ben wird das Hirschleder aufder Rückseite geschliffen, zuguter Letzt noch gemessen,entstaubt und zum Versandfertig gemacht für Säckler,Lederschneider und alleLiebhaber dieses aufwendiggegerbten Materials.

Die Weiß- oder Alaunger-bung zählt ebenfalls zu denältesten Gerbverfahren. DerGerbstoff setzt sich im We-sentlichen aus Aluminium-sulfat und Kochsalz zusam-men. Die Lederseite wird beidieser Gerbart weiß, daherdie Bezeichnung Weißger-bung. Häufig findet sie An-wendung zur Herstellungvon Dekorationsfellen oderfür Schaffelle als Bettvorle-ger. Das Fell behält seine na-türliche Farbe.

Alles zum Thema Gerbenkann man auch im Internetauf der Website www.gerbe-rei-sperr.de nachlesen. (roe)

LOKALES R e p o r t a g e a m S a m s t a g Nr. 122 / Samstag, 29. Mai 2010 19