Der IFM-Kongress 2016 - TU Wien · Immobilien- und Facility Managements auszutauschen. acility...

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2.12.2016 Der IFM-Kongress 2016 - Die unabhängige Immobilien-Redaktion http://www.immobilien-redaktion.at/2016-12/articles/der-ifm-kongress-2016.html 1/3 Jeden Montag und Donnerstag neue Artikel, Interviews und Kommentare. HOME ARTIKEL INTERVIEWS, KOMMENTARE & PORTRAITS CHECKLISTEN, TIPPS & INFOS EVA BRUNNSTEINER F EVA BRUNNSTEINER Der IFM-Kongress 2016 Dezember 2016 – Lesedauer: 4–5 Minuten Neue Arbeitswelten, Roboter und FM, weltwirtschaftliche Entwicklungen und ihre Einflüsse auf das Immobilien- und Facility Management waren Themen am 9. IFM-Kongress in der technischen Universität Wien. Rund 170 Teilnehmer aus mehr als 15 Ländern nutzten die Chance, sich über aktuelle Themen des Immobilien- und Facility Managements auszutauschen. acility Management hat ein Ziel: das Kerngeschäft bestmöglich zu unterstützen und die Performance des Auftraggebers zu verbessern. Das gesamte Marktvolumen von FM in Österreich beträgt nach einer vorsichtigen Schätzung rund sieben Milliarden Euro mit rund 450.000 Arbeitsplätzen. Im Vergleich dazu liegt das Volumen in Deutschland bei rund 130 Milliarden Euro mit rund vier Millionen Mitarbeitern gesamt. Neue Arbeitswelten im „Dorf“ Richard Wilkinson, Vorstand von Immorent, und Peter Weiss, Head of Group PMO, Erste Group Bank AG, präsentierten nicht nur ein Bürogebäude, sondern das offene „Dorf“, den ERSTE Campus in Wien. 25 Bankstandorte, die über ganz Wien verstreut waren, wurden an einem Standort zusammengeführt. Ein in dieser Dimension am Bankensektor einzigartiges Vorgehen in Wien und Österreich, „wo im Atrium alle willkommen sind, wo Homebases zur besseren Kommunikation beitragen und jeder sich selbst den Arbeitsplatz sucht, der für seine Arbeit aber auch für sein Wohlbefinden am besten ist“, begeistert sich Alexander Redlein, Abteilungsleiter IFM der TU-Wien. Arbeitsplatz ist Sicherheit Wenn immer 15 bis 30 % der Mitarbeiter nicht im Büro sind, warum soll dann jeder seinen eigenen Arbeitsplatz haben? Antwort: Weil laut Gehirnforschern der eigene Arbeitsplatz im Unterbewusstsein mit Jobsicherheit verknüpft ist. Wie aber ist dieses Paradigma zu durchbrechen? Weiss: „Durch gemeinsames Besichtigen von Referenzprojekten, intensive Einbindung der Mitarbeiter und ,Meinungsbildner‘. Dann kann der Vorstand innerhalb von 15 Minuten überzeugt werden, dass auch er für sich keine Einzelbüros braucht.“ Die Best-Practice-Beispiele überzeugen beigestellt Mag. Eva Brunnsteiner studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft mit Kunstgeschichte an der Universität Wien. Sie arbeitet heute als PR-Beraterin und freischaffende Journalistin für Fachmagazine und Online- Redaktionen. Ihre Themenbereiche sind Architektur & Immobilien und Kunst & Kultur. E-Mail: [email protected]

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EVA BRUNNSTEINER

F EVA BRUNNSTEINER

Der IFM-Kongress 2016

Dezember 2016 – Lesedauer: 4–5 Minuten

Neue Arbeitswelten, Roboter und FM, weltwirtschaftliche Entwicklungen und ihre Einflüsse auf das

Immobilien- und Facility Management waren Themen am 9. IFM-Kongress in der technischen Universität

Wien. Rund 170 Teilnehmer aus mehr als 15 Ländern nutzten die Chance, sich über aktuelle Themen des

Immobilien- und Facility Managements auszutauschen.

acility Management hat ein Ziel: das Kerngeschäft bestmöglich zu

unterstützen und die Performance des Auftraggebers zu verbessern.

Das gesamte Marktvolumen von FM in Österreich beträgt nach einer

vorsichtigen Schätzung rund sieben Milliarden Euro mit rund 450.000

Arbeitsplätzen. Im Vergleich dazu liegt das Volumen in Deutschland bei rund

130 Milliarden Euro mit rund vier Millionen Mitarbeitern gesamt.

Neue Arbeitswelten im „Dorf“

Richard Wilkinson, Vorstand von Immorent, und Peter Weiss, Head of Group

PMO, Erste Group Bank AG, präsentierten nicht nur ein Bürogebäude, sondern

das offene „Dorf“, den ERSTE Campus in Wien. 25 Bankstandorte, die über

ganz Wien verstreut waren, wurden an einem Standort zusammengeführt. Ein

in dieser Dimension am Bankensektor einzigartiges Vorgehen in Wien und

Österreich, „wo im Atrium alle willkommen sind, wo Homebases zur besseren

Kommunikation beitragen und jeder sich selbst den Arbeitsplatz sucht, der für seine

Arbeit aber auch für sein Wohlbefinden am besten ist“, begeistert sich Alexander

Redlein, Abteilungsleiter IFM der TU-Wien.

Arbeitsplatz ist Sicherheit

Wenn immer 15 bis 30 % der Mitarbeiter nicht im Büro sind, warum soll dann

jeder seinen eigenen Arbeitsplatz haben? Antwort: Weil laut Gehirnforschern

der eigene Arbeitsplatz im Unterbewusstsein mit Jobsicherheit verknüpft ist.

Wie aber ist dieses Paradigma zu durchbrechen? Weiss: „Durch gemeinsames

Besichtigen von Referenzprojekten, intensive Einbindung der Mitarbeiter und

,Meinungsbildner‘. Dann kann der Vorstand innerhalb von 15 Minuten überzeugt

werden, dass auch er für sich keine Einzelbüros braucht.“

Die Best-Practice-Beispiele überzeugen

beigestellt

Mag. Eva Brunnsteinerstudierte Publizistik undKommunikationswissenschaftmit Kunstgeschichte an derUniversität Wien. Sie arbeitetheute als PR-Beraterin undfreischaffende Journalistin fürFachmagazine und Online-Redaktionen. IhreThemenbereiche sindArchitektur & Immobilien undKunst & Kultur. E-Mail:[email protected]

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Und weiter: So ein Umzugsprojekt wie der Erste Campus besteht immer aus

drei vernetzten Themen, den IT-Mobilitätsthemen, dem People-Management,

nämlich, daraus ein positives Arbeitsumfeld durch Möblierung und dergleichen

zu schaffen, und drittens dem Changemanagement. „Effiziente und damit

kostengünstige Arbeitsprozesse interessieren alle. Die merken Sie nie, die merken Sie

nur, wenn etwas nicht geht“, so Weiss. Es wurden viele 100 Betriebsprozesse

angeschaut und festgestellt, dass sie einfach nicht mehr passen. Auch bei den

Arbeitsprozessen wurde alles komplett neu aufgestellt. Da ging es

hauptsächlich um das Thema Papier. So konnte der Verbrauch von rund 11

Laufmetern Papier pro Person auf maximal 2,4 Laufmeter reduziert werden.

Wie das möglich ist? Laut Peter Weiss durch Motivation der Mitarbeiter. Es

wurden zum Beispiel im Sommer 2016 in nur sechs Wochen während der

Urlaubszeit rund 220 Tonnen Papier gesammelt und gespart. Das entspricht

ungefähr der Strecke von Wien nach Wiener Neustadt.

Auch die tatsächlich erlebte Geschichte von Peter Weiss vom klassischen

dunklen Bankkorridor, wo alle dicken Eichenholztüren geschlossen sind, das

Linoleum am Boden gesprungen ist und der Innendienst-Mitarbeiter mit

Birkenstock-Sandalen und Jogginghosen erstaunt aufschaut, wenn wirklich

jemand seinen Arbeitsplatz betritt, gehört der Vergangenheit an.

Und das Ganze rechnet sich auch noch!

Laut Richard Wilkinson entstehen 90 % der Innovationen in Gesprächen.

Durch die Zusammenfassung der über 25 Standorte treffen sich die Leute

wieder. Auch Andreas Treichl, Vorstand der Erste Group, sieht das als

wichtigste Auswirkung des neuen Campus.

Aber das bedeutet auch einen Wandel im Betrieb: Es gibt keine Umzüge mehr

im Erste Campus. „Wenn sich dieses Konzept weiter durchsetzt, verschwindet eine

ganze Branche – zumindest im Office-Bereich“, so Alexander Redlein.

Roboter und FM: Mensch oder Maschine? – Wie sieht dieZukunft aus?

Markus Vincze, Professor für Robotik, sieht die goße Wahrscheinlichkeit, dass

in 10 bis 15 Jahren alle repetitiven Arbeiten von Robotern durchgeführt

werden.

Was bleibt für den Menschen? Alle Bevölkerungsgruppen müssen sich

weiterbilden, Menschen erledigen vor den Robotern die flexiblen,

schöpferischen Aufgaben. Damit werden Menschen auch von gesundheitlich

anstrengenden Tätigkeiten entlastet, und ihre Sicherheit und Gesundheit

wächst. „Derzeit werden aber eher Themen wie Sensorik und Internet of Things,

sprich die Vernetzung der einzelnen Anlagen in den Gebäuden, wirtschaftlich

sinnvoll genutzt“, erläutern Gerhard Schenk von HSG Zander und Michael

Freitag von Sodexo. Denn die Roboter für komplexere Aufgaben, wie z.B.

Reinigungsroboter, sind noch nicht ausgereift. „Aber auch diese werden sie in den

nächsten fünf bis zehn Jahren übernehmen können“, meint Redlein.

Sind Roboter unsere Zukunft?

Reinigungsroboter oder Roboter, die Rasen mähen, sind bereits relativ üblich.

Aber Pflegeroboter, sogenannte Hobbits, sind in Entwicklung und werden für

ältere oder pflegebedürftige Menschen eine Möglichkeit darstellen, in Zukunft

immer besser leben zu können. Und die selbstfahrenden Autos von Tesla sind

sowieso in aller Munde. Derzeit fährt allerdings noch der Mensch. Rechner

vergleichen die Entscheidungen des selbstfahrenden Systems mit den

Entscheidungen des Fahrers und lernen daraus. Diese Lernfähigkeit wird die

Zukunft im Büro massiv verändern.

Work on the Move II

Über weltweite Trends informierten Prof. Michael Marmot (UK) und Pat

Turnbull (US), MitautorInnen des erfolgreichen Buches „Work on the Move II“.

„Im Jahr 2020 werden 40 % der Beschäftigten als Einzelunternehmer arbeiten“, so

Marmot. Sie werden in einzelne Projekte für bestimmte Zeit eingebunden. Das

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bedeutet weitreichende Veränderungen auch in der benötigten Infrastruktur

und den Services. Co-Working-Spaces gewinnen überall an Bedeutung.

Wohnung und Büro wachsen zusammen. Ob dafür Micro-Flat-Konzepte

geeignet sind, ist fraglich.

New Ways of Working

Im „War for Talen“ werden weltweit junge, bestens ausgebildete, technisch

kompetente Digital Natives umkämpft. Heutzutage ist es für die meisten

Menschen möglich, von überall digital zu arbeiten. Dennoch macht die

Anwesenheit anderer Mitarbeiter im selben Gebäude einen Arbeitsplatz auch

sehr attraktiv, da die Möglichkeit für persönliche Treffen, Zusammenarbeit

und Networking besteht. Ermöglicht ein Arbeitsplatz einerseits individuelles

Arbeiten, andererseits Besprechungen und Teamarbeit, so ist die

Arbeitsumgebung ein machtvolles Instrument, das die Unternehmenswerte

unterstützt, Arbeitskräfte inspiriert und dem Unternehmen zum Erfolg

verhilft. „Facility Manager müssen daher lernen, eine optimale Infrastruktur und

Services zu bieten, sonst wird es Human Relations (Personal) oder IT übernehmen“,

so Pat Turnbull.

Firmen wie zum Beispiel Google, Facebook und technische Start-ups setzen

vermehrt auf eine Arbeitsumgebung, die soziale Interaktionen, die Wahl des

eigenen Arbeitsplatzes und Spaß bei der Arbeit zulässt.

Serviceleistungen werden teurer

Überhaupt sind weltwirtschaftliche Entwicklungen und ihre Einflüsse und

Auswirkungen auf das Immobilien- und Facility Management zu

berücksichtigen. Facility Management greift in jeden Bereich des Bauens und

Wohnens ein.

„Aber auch in der Finanz stehen Änderungen bevor. Nicht nur in den USA steigen die

Zinsen, auch in Europa ist ein Anstieg der langfristigen (10 Jahres-) Zinsen in den

nächsten Monaten zu sehen. Man soll sich nicht täuschen lassen, dass die

kurzfristigen Zinsen die nächsten Jahre weiter bei 0,5 % bleiben. Langfristige

Steigerungen werden schon jetzt eingepreist,“ so Hofstätter von Raiffeisen

Research. Das wird langfristig natürlich auch die Serviceleistungen des Facility

Management teurer machen.

Alexander Redlein fasst zusammen: „Wenn etwas passiert, passiert es sehr

schnell. Es geht also darum, sich vorzubereiten. Die Roboter stehen dank

intelligenten Technologien vor der Tür, und es gibt plötzlich eine ganze andere Art

und Weise, wie Serviceprovider anbieten können.“ Denn letztendlich ist es egal, ob

ein Mensch oder ein Roboter die Leistung erbringt – Hauptsache, sie passt.

Marktplayer, die sich dieser Tatsache nicht stellen und auch die damit

verbundene Kosteneinsparung nicht realisieren, werden eine alles andere als

rosige Zukunft haben. •

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Ganz etwas anderes …

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