der Mediation Mediation · 8 Coaching-assistierte Mediation J. Fenner 13 Glaubenssätze und ihre...

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Ausgabe 46 / II. Quartal 2012 Spektrum der Mediation www.bmev.de Die Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation e. V. Berichte zum Thema Coaching-assistierte Mediation Glaubenssätze und ihre Veränderung Klärung durch Aufstellung Qualitätssicherung & Weiterentwicklung Supervision in der Ausbildung Interkulturelle Mediation Neue Wege bei Kindesentführungen Berichte aus dem BM Zwölf Jahre Webmaster – Christian Bähner Mediation und Coaching

Transcript of der Mediation Mediation · 8 Coaching-assistierte Mediation J. Fenner 13 Glaubenssätze und ihre...

  • Ausgabe 46 / II. Quartal 2012

    Spektrum der Mediation

    www.bmev.deDie Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation e. V.

    Berichte zum Thema

    Coaching-assistierte MediationGlaubenssätze und ihre VeränderungKlärung durch Aufstellung

    Qualitätssicherung & Weiterentwicklung

    Supervision in der Ausbildung

    Interkulturelle Mediation

    Neue Wege bei Kindesentführungen

    Berichte aus dem BM

    Zwölf Jahre Webmaster –

    Christian Bähner

    Mediation und Coaching

  • Das Portrait4 BrückenbauerzwischendenKulturenRobertErkanimPorträt

    Berichte zum Thema5 Spielenwirambesten,wennderGegnernichtdaist?G.Barth&C.Söfftge

    8 Coaching-assistierteMediationJ.Fenner

    13 GlaubenssätzeundihreVeränderunginderMediationT.Kemper

    18 MediationundCoachingD.Klappenbach

    24 KlärungdurchAufstellenJ.Pahnke

    27 CoachingstattMediationT.Robrecht

    32 MediationsorientiertesCoaching(med.or.c©)H.Neubert-Klaus

    34 UnterscheidenmitSinn,LustundRespektK.Kreuser

    Qualitätssicherung & Weiterentwicklung36 KlärungshilfeundinnerbetrieblicheMediation,TeilIIT.Metzger

    44 WoSupervisiondraufsteht,sollteauchSupervisiondrinsein

    C.vanKaldenkerken

    Interkulturelle Mediation 48 EuropäischeFamilienmediatorInnen:NeueWegebeiKindesentführungen

    A.Loebel,C.Mattl&C.S.Thomsen

    Berichte aus dem BM 52 WirwerdenimmerPionierebrauchenKGOE–Koordinierungsgruppe

    Organisationsentwicklung

    54 VonderHomepagezurumfangreichenWebsiteChristianBähner

    verabschiedetsichalsWebmaster

    Bücher und mehr 56 EineeigeneHomepage?A.Dufeu&C.Oschmann

    57 EinfachmalNichtstun!M.Weisbord&S.Janoff

    58 SCHAM–dietabuisierteEmotionS.Marks

    59 InsideMediation,Lehr-DVDLisRipke

    60 GiraffeaufsHandy–EmpathieaufKnopfdruck?A.Weckert

    62 GelassenheitdurchAuflösunginnererKonflikteA.C.Wagner

    63 »DerKonfliktweißallesbesser!«R.Bauer-Mehren&A.Köstler

    Hinweise64 Ankündigung:Mediation–Konfliktkulturgemeinsamgestalten

    66 Impressum

    InhaltMediation und Coaching

    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    wennesdenneinevorrangigeAufgabe

    gibt,dieBerufsverbändefürCoachesund

    MediatorInnen(sowieauchTherapeuten,

    Supervisoren,Trainer,…)leisten,sosinddies

    DefinitionundSicherungvonQualität,Ethik

    undProfessionalität.DiesmussjederBerufs-

    verbandperSatzungundperAusbildungs-

    richtlinieninseinemBereichgewährleisten.

    DieexakteBeschreibungdesBerufsfeldes

    sowiedieklareDefinitionvonGrenzendes

    Handelnsgehörenunverzichtbardazu.

    Möglicherweiseschwierigwirdesdort,wo

    definierteTätigkeitsfeldereinanderüber-

    schneiden–soinnichtgeringemUmfang

    dieSchnittmengevonCoachingundMe-

    diation.EineKlarheitinderDefinitionder

    UnterschiedlichkeitenundderGrenzlinien

    zwischendiesenbeidenDisziplinenistdefini-

    tivnichtdurchKampfundKonkurrenzzuer-

    reichen,sondernnurdurcheinenintensiven,

    kollegialgeführtenDialogderDisziplinen.

    DerBundesverbandMediation(BM)undder

    DeutscheCoachingVerband(DCV)wollen

    diesenDialogimSinnhöchsterProfessiona-

    litätführen–gemeinsamzurWahrungihrer

    Aufgaben.EinLeitsatzdesDCVlautet»Ko-

    operationstattKonkurrenz«.Beiimmerun-

    übersichtlicherwerdendenAnbieter-und

    KlientenmärktenwirdeskeinleichtesUnter-

    fangensein,sichmiteinerquasikollektiven

    GelassenheitderBetrachtungvonUnter-

    schiedenundGemeinsamkeitenzustellen.

    WelcheDisziplinfängtwoan,welcheDiszi-

    plinhörtwoauf?MediationundCoaching

    müsseninHinsichtaufGemeinsamkeiten,

    UnterschiedeundChancenfürSynergien

    überprüftwerden.ProfessionalitätimUm-

    gangmitKlienten,Werteorientierungund

    Haltung,EthikundSouveränität–allesun-

    abdingbareGrundlagenfüreineTätigkeitals

    MediatorInoderalsCoach.

    DiegleichenWerteundQualitätenwerden

    DCVundBMdieBasisfürdieindividuelle

    undgemeinsameDiskussionderZukunft

    bieten–nichtzuletztsollauchdasSpektrum

    derMediationhierfüralsPlattformdienen!

    Lutz Salamon

    Vorstandssprecher des DCV

  • Das Portrait

    haben.BeideneinBeispielgeben,empo-

    wernundIntegrationvorleben,dasist

    ErkansZiel.Soistauchderinternationa-

    leKulturvereinausgerichtet,denRobert

    ErkanAnfang2012mitanderenzusam-

    mengegründethat.DerKulturverein

    »C2C-CulturetoCulture«plantundor-

    ganisiertzurzeitdasersteinternationa-

    leKinofilmfestivalinHanau.

    ÜberdenFilmfindetsichhierderBrü-

    ckenschlagauchzurFotografiewieder.

    Mit14JahrendrückteihmderVatersei-

    neSpiegelreflexkameraindieHand.

    SchnellerkannteErkan,dassermitBil-

    dernseinenEmotioneneineGestaltge-

    benkonnte.InderSchulewarer»derFo-

    tograf«,entwickelteganzklassischim

    schwarz-weiß-LabordieBilderundstell-

    tesiefürdieAbizeitungzusammen.

    »MitderGeburtmeinerbeidenKinder

    hatsichdieLeidenschaftfürFotografie

    wiebeiallenElternnocheinmalgestei-

    gert.«ErkanentdeckteseineVorliebefür

    SonnenblumenundMakroaufnahmen,

    dieeraufLeinwand,AlubondsundinFo-

    tobücherninSzenesetzte.

    Biszu3000FotosentstehenjedesJahr

    inzwischenvorallemaufFernreisen.

    »HierfindeichdasUrsprüngliche,die

    Landschafterdetmich.DurchFotos

    kannichauchKleinigkeitenfesthalten«,

    soErkan.

    LetztesJahristdergelernteBankkauf-

    mannnach25JahrenVertriebstätig-

    keit,u.a.alsMitgesellschafter,Unter-

    nehmerundVorstandineinemeigenen

    UnternehmenderVersicherungsbran-

    cheausdembisherigenBerufsleben

    ausgestiegen.DerKommunikationstrai-

    nerunddieeinjährigeMediationsaus-

    bildungmitSchwerpunktWirtschaft

    warfürihnderEinstiegineinenneu-

    enLebensabschnittunddenAufbausei-

    nerneuenUnternehmung.Schnellfand

    erzumBMundzuseinemAufgabenge-

    biet–denRechtschutzversicherern.Das

    bereitsvonErwinRuhnauundWalter

    LetzelbeackerteFeldbestelltRobertEr-

    kanalsSprecherderProjektgruppeMe-

    diation&Rechtsschutznungemeinsam

    mitweiterenProjektmitgliedernwei-

    ter.GesprächemitdenVerantwortlichen

    zeigendemMarketingexpertenErkan,

    wiesichderBMnachaußendarstellen

    sollte,damitdieAnsprüchederVersi-

    chereranMediatorInnenerfülltwerden.

    ErsprichtdieSprachederUnterneh-

    menundversteht,wennesum»ser-

    vicelevels«und»Handlungsleitfäden«

    geht.Erlässtnichtlockerimbürokra-

    tischenDschungelundprofitiertdabei

    vonseinerfrüherenTätigkeitalsSchnitt-

    stellezwischenConsultantsundVer-

    sicherern.»IchmöchtedenBMvoran-

    bringenundfürdiewertvolleArbeitder

    MediatorInnenwerben«,beschreibter

    seineMotivationundkönntedamitein

    BrückenbauerfürdieverschiedenenKul-

    turenimVerbandwerden.

    Nachdem in Ausgabe 44 ein Media-

    tor und Fotograf seine Bilder hono-

    rarfrei zur Verfügung gestellt hat,

    können wir in dieser Ausgabe Auf-

    nahmen von Robert Erkan zeigen.

    Für weitere Fotokünstler und ande-

    re Bildschaffende besteht ebenfalls

    diese Möglichkeit, sich hier zu prä-

    sentieren.

    »Ich kann Brücken bauen. Das habe ich

    schon in meiner Kindheit gelernt.«Ro-

    bertErkanbezeichnetsichalsDolmet-

    scher,derzwischendenKulturenseiner

    Elternvermittelthat.EristimSpan-

    nungsverhältniseinerkatholischen

    MutterausKroatienundeinemmusli-

    mischemVaterausderTürkeigroßge-

    worden.1966inFrankfurtamMainge-

    boren,erlebteerseineKindheit,geprägt

    vonderFragenachDeutschsein,Identi-

    tätundseinenWurzeln.»Ichhabemei-

    nenMilitärdienstinderTürkeiohneein

    Worttürkischzukönnen,absolviert«,

    erzählter.InDeutschlandgabesimmer

    nureinemöglicheIdentität,dieihm

    zugedachtwurde–Deutschland,Jugos-

    lawienoderTürkei.MitdieserPrägung

    engagiertsichRobertErkanheuteauch

    aufderpolitischenBühne.Dievonihmin

    HanaugegründeteWählergruppierung

    »ForumGemeinsamesHanau«mitihrem

    Motto»andersunddeutsch«undalsge-

    wähltesMitgliedimAusländerbeiratder

    StadtHanau,wurdensiefürdendeut-

    schenEngagementpreis2012nominiert.

    InZeitenderIntegrations-undMigra-

    tionsdebatteundbeieinemAnteilvon

    40%derMenschenmitMigrationshin-

    tergrundkannerIntegrationsunwillige

    erreichen,»ohnegleichineineRassis-

    teneckegestelltzuwerden«,soErkan.

    EsgibtaberauchvieleMenschen,diein

    Deutschlandgeborenoderaufgewach-

    sensind,wieerselbst,ihreelterlichen

    Wurzelnjedochnegierenoderverloren

    Brückenbauer zwischen den KulturenRobert Erkan im Porträt

    *RobertErkanMediatorundsystemischerCoachmitSchwerpunktWirtschaftundVersicherungen

    *E-Mail:[email protected]

    Kontakt

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation4

  • Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 5

    Spielen wir am besten, wenn der Gegner nicht da ist?

    Gernot Barth & Cordula Söfftge

    wirddavonausgegangen,dassdie

    KlientIndieeigenenRessourcenzur

    Problemlösunggrundsätzlichbe-

    sitzt,dieseaberaktuellnichtzugäng-

    lichsind.DieKlientInbleibtwährend

    dergesamtenIntervention»ExpertIn«

    fürdaseigeneLeben.ZentraleAufgabe

    einesCoachesodereinerMediatorInist

    esdabei,denProzesszusteuern.

    CoachingundMediationbasierenauf

    dengleichenzentralenPrinzipien:der

    Ergebnisoffenheit,derAnnahmeder

    EigenverantwortungderKlientInnen,

    demGrundsatzderFreiwilligkeitder

    Teilnahme,derVertraulichkeitderIn-

    »Im Fußball verkompliziert sich alles durch das Vorhandensein der gegnerischen Mannschaft« (Jean Paul Sartre).

    In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, wie sich die Steuerung von Konfliktlösungsprozessen durch

    die Anwesenheit der gegnerischen Partei(en) verändert. Hierbei nutzen wir unsere Berufserfahrung

    als Coach und MediatorIn. Betrachtungsgegenstand ist die Lösung einer Konfliktsituation am Beispiel

    eines Einzel-Coachings im Vergleich zum Setting der Mediation.

    Gemeinsame »Spielregeln« GrundsätzlichhabenCoachesund

    MeditorInneninvielerleiHinsichtein

    gleiches(theoretisches)Grundver-

    ständnis,wieMenschenLösungen

    entwickelnkönnen.Beideunterstüt-

    zenKlientInnenzeitlichbegrenzt–

    imSinneeinerKurzzeitintervention

    –beiderLösungsfindunginschwie-

    rigenoderkomplexenSituationen.

    CoachesundMediatorInnenverste-

    hensichdabeialseineArt»Katalysa-

    tor«fürdenProblemlösungsprozess–

    Zielistes,dieHandlungskompetenz

    derKlientInnenundderenSelbstre-

    flexionsfähigkeitzuerweitern.Hierbei

    haltesowieeinemressourcenorien-

    tierten(vs.problemzentrierten)Vor-

    gehen.Wesentlichistauchdieinnere

    HaltungderMediatorInbzw.desCoa-

    cheshinsichtlichdereigenenNeutra-

    lität,VerschwiegenheitundTranspa-

    renz(z.B.keine»undercover-Aufträge«

    durchdenAuftraggeber).

    WenngleichauchPrinzipienundHal-

    tunginvielerleiHinsichtkongruent

    sind,sounterscheidetsichdasVerfah-

    rendesEinzel-CoachingsimKonflikt

    unddessenFührungwesentlichdurch

    dieAnwesenheit»dergegnerischen

    Mannschaft«imMediationsverfahren.

    Berichte zum Thema

  • Berichte zum Thema

    Die Gegenseite ist anwesendCoachingundMediationsindProzesse

    derIdentitätsbildung.ImErgebnissol-

    lendieMediandInnen/Coacheeswis-

    sen,wersiesindundwassiewietun

    wollen.InKonfliktsituationendefinie-

    renwirunsineinemunreflektierten

    Zustand,v.a.überVorwürfebzw.»Du-

    Botschaften«(»derhat/derist...«)in

    Abgrenzungzur»Gegen«seite.DieEin-

    zelsitzungssituationimCoachingkann

    beieinemgutenVertrauensverhältnis

    zumCoach(»mein«Coach)einever-

    gleichsweiseschnellere,emotionalere

    undtiefereÖffnungbezüglichderei-

    genenAnteileanderSituationermög-

    lichen.InderMediationistesschwie-

    riger,denTeufelskreisderVorwürfezu

    durchbrechen,dadasRisikobesteht,

    imSelbstbehauptungsprozess(Win-

    dowI),das»Gesichtzuverlieren«(Wie

    starkvertraueichz.B.derMitmedian-

    dIn,dasswirklichnichtsnachaußen

    getragenwird?).Manbefindetsich

    permanentvordemanderenaufdem

    »Präsentierteller«.Zudembestehtal-

    leindurchdiePräsenzdesKonfliktgeg-

    nerseinkörperlichmessbarererhöhter

    Stresslevel(Kampf-oder-Flucht-Modus)

    beidenBeteiligten,derdieWahrneh-

    mungs-,Denk-undVerhaltensvorgän-

    gebeeinflusst(z.B.selektiveWahr-

    nehmung,self-fulfillingprophecy,

    eingeschränkteVerhaltensalternativen

    etc.)unddenKonfliktlösungsprozess

    erschwert.Andererseitswerdendie

    MediandInnendurchdiekonsequente

    MethodikderSelbstbehauptungqua-

    sidazu»gezwungen«,ihreIdentität

    zunehmendüberdieeigenenBedürf-

    nisseundnichtdurchdieAbgren-

    zungzurGegenseitezudefinieren.

    Wenndiesgelingt,kanndieInteres-

    senphase–geradeweil(!)der/dieAn-

    dereanwesendist–zueinerStärkung

    desSelbstführenundineinbesseres

    Selbstvertrauenmünden.Dieserhöht

    dieProblemlösungskompetenzder

    MediandInnen.AuchimFußballsport

    sindgeradediejenigenMannschaften

    erfolgreich,diesichihrerselbstbe-

    wusstsind,ihreneigenenStilhaben

    undsichnichtausschließlichoderpri-

    märaufdenGegnerkonzentrieren.

    WährendeineCoachingsitzungkeinen

    unmittelbarenEinflussaufdenKonflikt

    hat,sondernsichdasErgebnisderSit-

    zungerstimVerhaltendesCoacheesim

    realenUmfeldauswirkt,hateineMe-

    diationimmereinendirektenEffektauf

    dasKonfliktgeschehen(Deeskalation

    oderggf.EskalationinderSitzung).Ei-

    neCoachingsitzunggleicht–umim

    Bildzubleiben–ehereiner»Trainings-

    einheit«zurVorbereitungaufeinSpiel

    –dieMediationssitzungISTdasSpiel.

    DysbalancensinddaherinjederHin-

    sichtzuvermeiden.Dieserschwerteine

    ggf.notwendigeindividualisierteVor-

    gehensweise.ImCoachingkönnen

    dagegenpersönlicheDefizitez.B.

    imKommunikationsverhaltenbzw.

    vonEinstellungendesEinzelnenzielge-

    richtetbearbeitetwerden,wiez.B.die

    emotionaleVerarbeitungeinerTren-

    nungssituation.DieMediatorInhatin

    methodischerHinsichtweniger»Hand-

    lungsspielraum«alseinCoach,dessen

    »Werkzeugkoffer«jeweilssehrunter-

    schiedlichbestücktseinkannversus

    derMediationmiteinemweitgehend

    standardisiertenAblauf.

    DieMediatorInmusswiederCoachpar-

    teilich(!)sein,InteressenvertreterInder

    KlientInnen;jedocherhöhtsichdanndie

    Schwierigkeit:EineMediatorInmussAll-

    Parteilichsein(»unsere«MediatorIn).Ei-

    neweitereerhöhteAnforderungandie

    MediatorInistes,dieAufmerksamkeit

    gleichmäßigaufmehrerePersonenzu

    verteilen(z.B.hinsichtlichderBeobach-

    tungderKörperspracheoderRedezeit),

    umUngleichgewichtezuvermeiden.

    Konzentriertmansichgeradeaufeine

    Partei,kanndieandere»aussteigen«.

    DieseAnforderungsteigtmitderAn-

    zahlderMediandInnenwieinTeamkon-

    flikten.Esbedarfalsokommunikativer

    Techniken,umalleParteien»imBoot«

    zuhalten.Besonderssensibelsollteei-

    neMediatorInhinsichtlichderWort-

    wahlsein.Äußerungen,dieimCoaching

    (wenngleichesauchmitunteralsein

    methodischerFehlerinder»reinenLeh-

    re«angesehenwird)möglichsind,kön-

    nenineinerMediationzum»Prozesskil-

    ler«werden,wiez.B.würdigendeund

    wertschätzendeSätzewie»Dahatten

    Sieesjawirklichschwer.«;»DieseAuf-

    gabehabenSiejawirklichgutgelöst.«;

    »Esistschonetwasunverschämt,dass

    HerrXSieindieandereAbteilungge-

    schickthat.«;»Ichglaube,Siesindeine

    ganzstarkeFrau.«;»WashaltenSieda-

    von,dasProblemaufWeiseXzulösen?«

    DieseAussagenkönneneinenCoachee

    ggf.stärken–diedurchdiegleichenÄu-

    ßerungenentstandeneDysbalanceim

    Mediationsprozesskannzumunmittel-

    barenEntgleitenderMediationbzw.Es-

    kalationdesKonfliktsführen.DieReak-

    tionderMediandInnenerfolgtimmer

    alsunmittelbareResonanzaufdasGe-

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation6

  • Berichte zum Thema

    sagte.DieMediatorInwirdnichtmehr

    alsallparteilichbzw.neutralwahrge-

    nommen.UmdasBlattwiederzuwen-

    den,mussschnell,flexibel,selbstre-

    flektiertundempathischinterveniert

    werden(z.B.AnsprechenaufderMeta-

    ebene).ÄhnlichesgiltfürdenUmgang

    mitRatschlägen.

    WährendmancheCoachesdenAnsatz

    vertreten,dassRatschlägewährenddes

    Coachingssinnvollseinkönnen,gibt

    esauchdieGegenposition,insbeson-

    dereausdezidiertsystemischerSicht,

    dasseinCoachkeineRatschlägegeben

    sollte.RatschlägeimRahmeneinerMe-

    diationkönnenwiederumeine»Schief-

    lage«hinsichtlichderAllparteilichkeit

    derMediatorInerzeugen,wassichim

    Gesprächsverlaufspiegelnwird.Inhalt-

    licherInputdurchdieMediatorInsollte

    daher–wennüberhaupt–ausschließ-

    lichaufdieOptionsphasebegrenztsein

    undistineinerMediationmitnoch

    mehr»Vorsichtzugenießen«alsim

    SettingeinesCoachings.

    DoppelpassHinsichtlicheinesmöglichenZu-

    sammenwirkensvonEinzelcoaching

    undMediationinKonfliktfällense-

    henwireinweitesFeld,dassunse-

    rerErfahrungnachnochnichtinal-

    len»Spielarten«genutztwird.Prinzip

    dernachfolgendenÜberlegungenist

    nachwievordieTrennungderRol-

    levonCoachundMediatorIn,d.h.be-

    gleiteicheineKlientInalsCoach,kann

    ichindiesemFallnichtalsMediatorIn

    agierenundviceversa.Verfügtman

    persönlichüberKompetenzeninbei-

    denBereichenisteswichtig,dassden

    KlientInnentransparentist,inwelcher

    Rollemanagiertbzw.dassmannurei-

    nederbeidenRollenjeFalleinnehmen

    kann.DenkbaristdieKombinationbei-

    derMethodenz.B.Coachingeinzelner

    MediandInnenalsVorbereitungaufei-

    neMediation.Dieserscheintbeson-

    dersinFällensinnvoll,indeneneine

    hoheemotionaleBetroffenheitaufei-

    nerSeitegegebenist.Imeherrational

    ausgerichtetenVerfahrenderMedia-

    tionkanndieszum»Kreiseln«odergar

    StockendesProzessesführen.

    BesondersbeiFamilienmediationenim

    FalleinerTrennungfindetmandiese

    Situationsehrhäufig.OftisteinePar-

    teigarnichtzurMediationbereitbzw.

    befindetsichineinemfrüherenVer-

    arbeitungsstadiumderTrennungund

    istgefühlsmäßignochzustarkbe-

    troffen(i.d.R.gekränkt),umsichdem

    FindenvonLösungenzuwidmen.Die

    emotionaleStabilisierungkönntegut

    imRahmeneinesvorbereitendenoder

    auchbegleitendenCoachingsbearbei-

    tetwerdenunddamitdirektdieWahr-

    scheinlichkeiteinererfolgreichenMe-

    diationerhöhen.Zudiskutierenbleibt

    indiesemZusammenhangdieMög-

    lichkeit,dasimdeutschenMediations-

    raumwenigangewandteCaucus

    CoachingindieMediationderartzu

    integrieren,dassmediativeundCoa-

    ching-Technikenbzw.dasCoaching

    durcheinePersonangewandtwerden.

    »UnsereMediatorIn«würdebildlich

    gesprochenzu»meinemCoach«wer-

    denunddannwiederzurückkehren.

    DasRisikoausderSichtdesMedia-

    tionsverfahrenswärediedamitge-

    fährdeteTransparenzdesProzesses.

    DieMediatorInmüssteesgegenü-

    berdenMediandInnenzurBedin-

    gungmachen,dassallegewonnenen

    InformationenwiederindasVerfah-

    reneingebrachtwerdendürfen.An-

    sonstenbestehtnebenderVerletzung

    desTransparenzprinzipsauchdieGe-

    fahrderVerstrickungderMediatorIn.

    DamitwürdesichdieMediatorInin

    unzulässigerWeiseindasKonfliktlö-

    sungsverfahren»einbringen«.Umim

    BilddiesesArtikelszubleiben,wärees

    wiemiteinemSchiedsrichter,derin

    derHalbzeitpauseüberdiefinanzielle

    NotlageeinesFußballvereinsbeieiner

    Niederlageinformiertwird.

    Etwasprovozierendmöchtenwirda-

    herdieArgumentationumCoaching

    undMediationimFußballbildschlie-

    ßen.Esistschwierigundanspruchs-

    voll,eineMannschaftaufeineAusein-

    andersetzungvorzubereiten.Allerdings

    verkompliziertdieAnwesenheitdes

    GegnersnichtdasSpiel,sonderndiese

    machtdasFußballspielalssolches

    erstmöglich.

    *Dr.GernotBarth

    Pädagoge,DirektorAkademiefürSozia-lesundRecht(SHB),LeiterSteinbeisBe-ratungszentrumWirtschaftsmediationLeipzig-Stuttgart,Wirtschafts-undFa-milienmediatorseitzehnJahren.

    *E-Mail:[email protected]

    *CordulaSöfftge

    Diplom-Psychologin,seit2008tätigalsCoach(DCVzertifiziert)mitdenSchwerpunktenFührungskräfteent-wicklung,EmotionscoachingundReiss-Profile;MediatorinfürWirt-schaftundFamilie(Steinbeis).

    *E-Mail:[email protected]

    AutorInneninfo

    7Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

  • 8 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    Berichte zum Thema

    Coaching-assistierte Mediation

    JoAchim Fenner

    sprungs«liegtinderAbfolge,istalso

    inderStrukturdesProzesseszusehen.

    SchauenwirandieserStelleaufdie

    »Wertehierarchie«oder»Wertepyra-

    mide«,diesooderähnlichBasiswis-

    senfürMediatorInnenundCoachesist

    (s.hierzuAbb.1):InPhaseIdesVer-

    fahrensarbeitenwiraufdenEbenen

    1und2,esgehtalsoumFähigkeiten

    undVerhalten.SchaffendieParteien

    es,einenklarenKontraktzuschlie-

    ßenundsichIhreverbindlichenAr-

    beitsvereinbarungenzugeben?InPha-

    seIIgehtesumdieDarstellungund

    dieWahrnehmungderPositionen.Al-

    soebensoumdenUmgangmitFähig-

    keitenundVerhaltensowiezusätzlich

    umdieEbenederÜberzeugungen

    (derEinfachheithalbersindhierdie

    »Glaubenssätze«integriert).

    PhaseIII–dasHerausarbeitender

    eigenenInteressen–wirktals»Kern

    desVerfahrens«,wenntatsächlicheine

    BeschäftigungderKonfliktparteienmit

    denjeweiligenWertenunddereigenen

    Identitätstattfindet.

    PhaseIV–dieErarbeitungvonLösungs-

    optionen–kannvonder»einfachen«

    Vertragsverhandlung(Stufen1und2)

    bishinzursinnstiftendenLösungeines

    Konflikts(Stufe6)reichen(z.B.beiRe-

    gelungenzurUnternehmensnachfolge.

    WirfokussierenhieraufWirtschafts-

    MediationundWirtschafts-Coaching).

    Eine der in dieser Kürze markantesten Definitionen des Mediations-Verfahrens lautet: »Mediation

    ist ein strukturiertes Verfahren zur kooperativen Bearbeitung von Konflikten, bei dem die Beteiligten

    unter Anleitung eines allparteilichen Dritten eigene Lösungen erarbeiten.« So weit, so gut! Was je-

    doch soll geschehen, wenn die »Struktur« allein nicht wirkt? Wenn die Konfliktparteien (noch) nicht

    über die Fähigkeit verfügen, die Chancen zur Veränderung zu erkennen?

    DasMediationsverfahrenge-winntseinebesondereWirk-samkeitausseinemstruktu-rellenAblauf:Positionenformulieren,

    Themen(felder)beschreiben,Interes-

    senerkennen.Dasbedeutet,vom»ich

    will«,überdieFrage»worübermüssen

    wirhierreden«,hinzum»dasistmir

    besonderswichtig,dasleitetmich«zu

    gelangen.EinKonflikt,deraufderEbe-

    nevonForderungenausgetragenwird,

    hatstetsseineWurzelnindergegen-

    seitigundfürsichselbstnichtbeach-

    tetenBedürfnis-bzw.Interessenlage

    derBeteiligten.DiebesondereBeto-

    nung(undauchdietatsächlicheWirk-

    samkeit)desobenformulierten»Drei-

  • Abb.1:Wertehierarchie

    Wertehierarchie

    ImklassischenMediationsverfah-

    renistdasInstrumentvonEinzelge-

    sprächen(auch:Shuttle-Mediation,

    Caucus-Mediation)wohlbekanntund

    wirdgeradeauchinschwierigenPha-

    seneinesMediationsverfahrensprak-

    tiziert.AndieseFormlehntsich–zu-

    mindestinTeilaspekten–diehier

    vorgestellteIntegrationdesCoaching-

    Ansatzesan.AllerdingsmitdemAn-

    spruch,diebesonderenSicht-und

    Wirkungsweisendessystemischen

    Coachingserfolgreichundeffektivein-

    zusetzen.CoachingindiesemSinnist

    ebensowiedieMediationein»ziel-,

    lösungs-undressourcenorientiert(es)«

    Verfahren(vgl.»Ethikrichtlinien«des

    DCVe.V.).Coachingzielt–ebensowie

    dieMediation–aufdiebewussteVer-

    antwortungsübernahme,dieEigen-

    verantwortlichkeitderBeteiligten

    (MediandInnenundCoachees)ab.

    Aus der Praxis: Das »Vorab-Coaching« (Phase I)NichtseltenscheiternMediationsver-

    fahrenbereitsimVorfeld.Mediation–

    wieauchCoaching–istüberraschend

    oftmitÄngstenbelegt.DieUnsicher-

    heit»wasdaaufmichzukommt«äu-

    ßertsichrechthäufiginBlockaden,in

    AbwertungengegenüberdemVerfah-

    renoderauchineinem»Als-Ob-Einver-

    ständnis«(»…ichtuemalso,alsobich

    einverstandenwäre…«).Eshatsichals

    sehrwirkungsvollerwiesen,insolchen

    Fällen,indenenEingangsblockadenvon

    erheblicherBedeutungsind,einbisdrei

    Coaching-Sitzungenvoranzustellen.

    Konkretbedeutetdies,dasMediations-

    verfahrenineinerEingangssitzung(ge-

    meinsammitdemAuftraggeber)zu

    vereinbaren,dannjedochindividuell

    mitjederKonfliktparteimiteinem

    (Mini-)Coaching-Prozesszustarten.

    DieParteienwerdenvorabinunterstüt-

    zendwirkendenEinzel-Coachingsindie

    Lageversetzt,denAnforderungendes

    Verfahrensgerechtwerdenzukönnen.

    AufkeinenFalldürfendieprozessver-

    antwortlichenMediatorInnendenHin-

    weisunterlassen,dassessichhierum

    deutlichzuunterscheidendeSettings

    handelt.Coaching-undMediations-

    prozessdürfennichtmiteinanderver-

    mengtwerden.Wennicheinenkurzen

    Coaching-Prozessvordemeigentlichen

    Mediationsverfahreninstalliere,dann

    mussdeutlichwerden,dasseshier-

    bei(noch)nichtumdieKonfliktbear-

    beitunggeht,sondernalleinumdieFä-

    higkeitdesjeweiligenCoachees,sich

    selbst(bewusst)vertretenunddasGe-

    genüberwertschätzendundrespektvoll

    behandelnzukönnen.DieUnterschei-

    dungderbeidenSettingssollteauch

    durchorganisatorischeMaßnahmen

    deutlichmarkiertwerden:

    Esbietetsichan,einenabweichenden

    Stundensatzzuberechnen(der»Stun-

    densatzMediation«liegtaufgrunddes

    Aufwandesz.B.50,00۟berdemCoa-

    ching-Satz).DieEinzel-Coachingsfin-

    denineinemanderenRaumalsdasei-

    gentlicheMediationsverfahrenstatt.

    AngebotundVertragmitdemAuf-

    traggeberstellendieseUnterschei-

    dungdeutlichdar.DenMediandInnen

    wirdimEingangsgesprächdeutlicher-

    läutert,weshalbausMediatorInnen-

    sichtdieCoachingsnotwendigsind.Da-

    beiwirdnichtzwischendenParteien

    gewichtet,wernunmehrdesCoachings

    bedarf.NachMöglichkeitsolltemitbei-

    denParteienimgleichenUmfanggear-

    beitetwerden,inderPraxishatessich

    jedochalseindurchausgangbarerWeg

    erwiesen,der»bedürftigerenPartei«ein

    oderzweiCoaching-Sitzungenmehrzu-

    zugestehen.DasimAnschlussandie

    Coachings»offiziell«startendeMedia-

    tionsverfahrenwirddeutlichalseinei-

    genes,neuesVerfahrendeklariert.Von

    großerBedeutungistes,dieVerschwie-

    genheitausdenCoachingsabsolutzu

    wahren–hieristfürMediatorIn/Coach

    allerhöchsteProfessionalitätgefordert.

    DieKlammer,diebeideVerfahrensan-

    sätzeumgibtundmiteinanderinBe-

    ziehungsetzt,bestehtauszweiEle-

    menten:DieArbeitsvereinbarung,die

    indiesemSettingdesVorab-Coachings

    bereitsimVorgesprächmitbeiden

    MediandInnengeschlossenwerden

    sollte,istfürdasgesamteVerfahren

    gültig.Hierwerdendefinitivnicht

    durchdenMediator»vorgefertigte«

    EckpunkteandieWandgehängt!Ge-

    radedieErarbeitung,vonz.B.einan-

    derausredenlassen,Vertraulichkeit

    wahren,wertschätzenderUmgang

    undvielesmehr,istjabereitseineer-

    ste,mediationsrelevanteVerhandlung.

    DiePhasederErstellungder»Arbeits-

    vereinbarungen«dientderMediatorIn

    Berichte zum Thema

    9Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    Fähigkeiten,Fertigkeiten,Kenntnisse

    Verhalten

    Überzeugungen,Glaubenssätze*

    Werte

    Identität

    Sinn

    * »Überzeugungen« und »Glaubenssätze« (Beliefs) sind hier in einer Ebene zusammengefasst.

    Ebene1:

    Ebene2:

    Ebene3:

    Ebene6:

    Ebene5:

    Ebene4:

  • 10 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    alsbestesDiagnose-Instrumentund

    sichertfürdasVerfahrendieEinhal-

    tungvonGrenzen.InderPhaseeines

    möglichen»Vorab-Coachings«stellt

    dieerarbeiteteVereinbarungdenWer-

    tekanondar,andemsichdielösungs-

    undressourcenfokussierteCoaching-

    Arbeitorientiert.

    ZweitesElementderverbindenden

    KlammerdesVerfahrensistdieWerte-

    hierarchie(s.Abb.1).

    SieistGrundlagejeglichendiagnos-

    tischenVerstehensundjeglicherInter-

    vention.EsmusssowohldemCoachals

    auchdenMediatorInnenbewusstsein,

    welcheDynamikdiejeweilsangespro-

    cheneEbenederWertehierarchieaus-

    lösenkann–imGuten(»Heilenden«)

    wieauchimSchädlichen(überbor-

    dendeEskalation).Geradehierseida-

    raufhingewiesen,dasseinequalifi-

    zierte,verbandszertifizierteAusbildung

    eineMindestvoraussetzungfürdieAus-

    übungdieserbeidenBerufsfeldersein

    sollte.Hinzukommenselbstverständ-

    lichdaslebenslangeSammelnvonEr-

    fahrungenunddieständigeBereit-

    schaftzurReflektion(Supervision).

    »DasVorab-Coaching«könnenwirder

    PhaseIdesMediationsverfahrenszu-

    ordnen,dajabereitseineersteSitzung

    (gegebenenfallsmitdemAuftragge-

    ber)zurErklärungdesVerfahrensstatt-

    gefundenhat.HieristdieKlarheitder

    TrennungbeiderVerfahrennochrela-

    tiv»einfach«,daüblicherweisenoch

    keineEskalationenimProzessverlauf

    stattgefundenhaben.Solltediesinden

    folgendenPhasenIIbisIVgeschehen,

    wirdesmöglicherweiseschwieriger,

    ausdemVerfahrenherausdasSetting

    zuändern–sozusageninderjewei-

    ligenPhasedenProzesszuunterbre-

    chenundeine»Coaching-Schleife«ein-

    zufügen(sieheAbb.2).Alssehrwichtig

    seiandieserStellevermerkt,dasses

    immernureinenVertraggebenkann,

    entwederCoachingoderMediation.

    HiermussdieabsoluteRollenklarheit

    sichergestelltsein!Kommenwirnunzu

    densichunterscheidendenCoaching-

    Interventionenindenunterschied-

    lichenPhasenderMediation.

    »Coaching-Schleife« in Phase IIInPhaseIIdesMediationsverfahrens

    gehtesumdieFähigkeit,deneigenen

    Standpunktdarzustellen,umdieFä-

    higkeitdeskonsequentenZuhörens

    undumdasVerhalten,demGegenüber

    nichtinsWortzufallen.HierwirdEbe-

    ne3(UmgangmitÜberzeugungenund

    Glaubenssätzen/Beliefs)derWertehie-

    rarchieeinewichtigeRollespielen.Die

    Fähigkeit,deneigenenTunnelblickzu

    öffnenunddasvehementeBeharren

    aufeinerForderunghinzueinem»Blick

    aufdasGanze«zuverändern,istdas

    ZieldieserPhase.DasBetrachtenund

    dasentsprechendeFormuliereneines

    Themenfeldes(»…worübermüssen

    wirhiersprechen,umzueinerKlärung

    zugelangen?«)istfürdieKonfliktpar-

    teiendieerstegroßeHerausforderung

    imVerfahren.Oftgelingtdiesdurch

    dieVermittlungvonsystemischen

    Sichtweisen,durchBemühenderMeta-

    Ebene,durchdenSchrittvomassoziier-

    tenineinendissoziiertenZustand.

    IndiesemZusammenhangbedeutet

    DissoziationetwasgänzlichAnderes

    alsderinderPsychologiebenutzteBe-

    griffder»dissoziativenStörung«oder

    einPhänomeneinerneuropsycholo-

    gischenSchädigung.Hierbedeutetes,

    unterstütztdurchz.B.Raumanker,aus

    demVerharrenimeigenen»Gefühls-

    Gefängnis«(Wut,Zorn,Trauerusw.)he-

    rauszutretenundauseinerAußensicht

    (konsequentesanalogesAnkern)dieSi-

    tuationzubeschreiben.AusPositionen

    werdenThemen,ausThemenwerden

    Themenfelder.Manchmalgelingtdies

    auchnicht.ZumindestnichtimMedia-

    tions-Setting.BevornundasVerfahren

    zuscheiterndrohtoderunwirksamals

    Pseudo-EinsichtohneNachhaltigkeit

    endet,kanndasMediationsverfahren

    vorübergehendgestopptundineine

    Coaching-Schleifeüberführtwerden.

    HiernochmalsderHinweis:Derneue

    Abb.2:Coaching-assistierteMediation

    Phase 0: »Vorphase«

    Phase I: »Rahmen,Kontraktklärung«

    Phase II: »DarstellungdesKonflikts«

    Phase III: »Interessen«

    Phase IV: »Lösungs-optionen«

    Phase V: »Vereinbarung«

    Phasen der Mediation:

    Coaching-ArbeitaufEbenenderWertehierarchie

    1/2 1/2/3 4/5/(6) 1-5/6

    Coaching-assistierte Mediation

    Berichte zum Thema

  • Berichte zum Thema

    11

    Kontrakt(Einzel-Coaching)mussallen

    Beteiligtenklarsein!IndieserCoa-

    ching-SchleifewirdüberdieStufen1

    und2derWertehierarchiehinausvor

    allemmitEbene3gearbeitet:Umgang

    mitÜberzeugungenundGlaubenssät-

    zen(»IchhabeRecht«,»DieWeltist

    so,wieichsiesehe«).AlsGlaubenssät-

    zeverstehenwirLebensregeln,dieder

    Menschfürwahrhält.Essindverall-

    gemeinerteErfahrungen,dieihmbei

    derBewältigungdesAlltagsSicherheit

    geben.Daranzuarbeiten,diesenicht

    zutilgen,sondernetwasNeues(eine

    Wahlmöglichkeit)demaltenBelief

    zurSeitezustellen,gelingteherim

    CoachingdennimkollektivenProzess

    derMediation.HierliegenAnsatzund

    BegründungfürdieCoaching-Schleife

    inPhaseII.ZurückgekehrtinsMedia-

    tionsverfahrenhabensich–soferndie

    Arbeitgelungenist–SummeundViel-

    faltderSichtweisenundAnnahmen

    deutlichvergrößert.

    »Coaching-Schleife« in Phase IIIVondenThemenfeldernzumInteresse

    –oder:»WasistIhnenwirklichwich-

    tig?«DiesistdieentscheidendeFrage,

    dennwennimResultatdaraufabge-

    zieltwird,dassMenscheneigenver-

    antwortlichundselbstbewussteine

    Lösunganstrebenundvereinbaren,

    dannhatdiesunbedingtinKongru-

    enzmitdeneigenenWertenzuge-

    schehen.Sonstfunktioniertesnicht

    undistauchethischnichtvertretbar.

    Wasabertun,wenndieKonfliktpar-

    teiensichIhrerInteressen,Wünsche

    undBedürfnissenichtbewusstsind?

    Hieristderzusätzliche»geschützte

    Raum«desEinzel-CoachingsvonVor-

    teil.EsistmithindieschwersteAufga-

    befürdieMediandInnen,sichbezüg-

    licheigenerBedürfnisseundWertezu

    äußernunddieBedürfnissedesande-

    renwahrzunehmen.Eskanndemdia-

    logischenProzessinPhaseIIIdesMe-

    diationsverfahrensdienlichsein,diese

    ArbeitaufderWerte-Ebene(Ebene4)

    One-To-Oneineinemeingeschobenen

    Coaching-ProzessvoneinbisdreiSit-

    zungengesondertdurchzuführen.

    AuchhiergiltwiederumderGrund-

    satz:BefristeterAusstiegausdemMe-

    diationsverfahrennurdann,wennder

    Prozessdeutlichgestörtodergefähr-

    detist.Greiftmanzuvoreiligzudieser

    Verfahrensvariante,sowirddasWerk-

    zeugstumpf.DieWiedereinsetzung

    derMediationmussdeutlichmar-

    kiertwerden(s.o.).Wichtigistauch,

    dassdasimEinzel-CoachingErarbeite-

    teaufkeinenFallvomCoach/Mediator

    imMediationsverfahrenveröffentlicht

    wird.SolltedieseCoaching-Interven-

    tioninPhaseIIIeinekonstruktiveWir-

    kunggehabthaben,sowirddieErar-

    beitungvonLösungsoptioneninPhase

    IVderMediationumeinVielfaches

    einfacherund–wasdieErgebnisse

    betrifft–sicherersein.

    »Coaching-Schleife« in Phase IVRelativhäufigwirdeineMediatorIn

    beimBrain-StormingoderbeiderRea-

    litäts-undMachbarkeitsprüfungfest-

    stellen,dassnichtwirklichaufeinem

    »höherenQualitätsniveau«überLö-

    sungenverhandeltwird.AltePosi-

    tionenwerdengebetsmühlenartig

    wiederholtundsichgegenseitig»um

    dieOhrengeschlagen«.DerGraben-

    kriegistwiedereröffnet.Wirwissen,

    wasdiesbedeutet:ZurückinPhase

    IIeinschließlichderNotwendigkeit,

    auchPhaseIIInochmalsdurchlaufen

    zumüssen!

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 11

  • 12 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    *Dr.JoAchimFennerWirtschafts-MediatorundLehr-Mediator(DGMW),Senior-CoachundLehr-Coach(DCV);Lehr-Supervisor(EAS);freiberuflicherTrainerundBerater,Aus-bildervonProzesstrainern;AusbilderundMediatorinCAM(CoachingAssi-stedMediation/CoachingAssistierteMediation)

    *E-Mail:[email protected]

    AutorInneninfo

    DiebisherigeErfahrunghateshier

    besondersdeutlichgezeigt,dassin

    dieserSituationeinjeweiligesEinzel-

    Coaching(imgeringenUmfang,meist

    genügtjeParteieinezweistündige

    Sitzung)äußerstzeit-undressourcen-

    sparendseinkann.IndieserEinzelsit-

    zungwirdmitderjeweiligenPartei

    nochmalsaufdieerarbeitetenzusätz-

    lichenFähigkeiten,ErfolgebeiVer-

    änderungendeseigenenVerhaltens,

    zusätzlicheSichtweisenundÜberzeu-

    gungensowieaufdieerfahreneNähe

    zudeneigenenWerteneingegangen.

    WährenddiesesCoachingsistessehr

    wichtig,imSinnvonErgebnissiche-

    rungundNachhaltigkeitimmerwie-

    derdenAdvocatusdiabolizuspielen.

    Alsozufragen:»Angenommen,dasEr-

    gebniskönntenochbesseraussehen,

    wasmüsstezusätzlichnochgewähr-

    leistetsein?«Diesstellteineprovoka-

    tiveInterventiondar,diedieCoachees

    bzw.MediandInnenanstoßensoll,sich

    dereigenenVerantwortungundden

    FolgendeseigenenHandelnsbewusst

    zuwerden.Sichauszuruhenaufver-

    meintlichangenehmenLösungsansät-

    zen(»WaschmirdenPelz,abermach

    michnichtnass!«)wirdsomitweniger

    wahrscheinlich.

    GelingtdieseCoaching-Intervention

    undbeideParteiensindinderLage,ei-

    genverantwortlicheLösungsoptionen

    zuerarbeiten,sobestehtindieserPha-

    seIVdesMediationsverfahrensdie

    Chance,dieEbenederIdentitätzuer-

    leben.Wieeingangserwähnt,bietet

    dieMediationalstransformativerAn-

    satz(alsoüberdiereineSachklärung

    hinaus)dieChance,imSinnedesin-

    dividuellenWachstumswieder(oder

    erstmals)zusichselbstzufinden.

    WelcheBeziehungenzuanderenFa-

    milienmitgliedernhabenwelchenEin-

    flussaufmichselbst?Wasbedeutet

    es,WertschätzungfürdaseigeneLe-

    benswerkerfahrenzukönnen?Was

    bedeutetes,wirklichesVertrauenvon

    derVorgänger-Generationzuerfah-

    ren?DiessindnurwenigeBeispiele,

    dieimRahmenvonMediationenzur

    RegelungvonUnternehmensnachfol-

    genrelevantseinkönnen.

    Berufsrolle Coach, Berufsrolle MediatorInHierinPhaseIV–wieindenmöglichen

    Coaching-SchleifenderPhasenIbisIII

    –dientderCoachmitseinergenauge-

    kennzeichnetenunddifferenzierten

    Rolledazu,diebeteiligtenParteienda-

    beizuunterstützen,ihreeigeneAuto-

    nomiebesserwahrnehmenundleben

    zukönnen.DiesistderSchlüsselfürei-

    ne»erfolgreiche«Konfliktlösung.

    DieDiskussion,inwieweitCoachund

    MediatorIneinunddieselbePerson

    sindbzw.seinkönnen,wirdinderPra-

    xisentschieden.UnterderVoraus-

    setzung,dasseinCoach,dasseine

    MediatorIndasHandwerkbeherrscht

    undprofessionellfürdieeigeneRol-

    lenklarheitund-abgrenzungsorgen

    kann,wirddieÜbernahmedieser

    »Doppelfunktion«möglichsein.Ganz

    sichermussindesdieForderungBe-

    standhaben,diequalifiziertenAusbil-

    dungenderjeweilsrelevantenVerbän-

    de(z.B.DGMW,BM,DCV)durchlaufen

    undsichkontinuierlicheigenerReflek-

    tiongestelltzuhaben.

    Berichte zum Thema

    An

    zeig

    e

  • Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 13

    Glaubenssätze und ihre Veränderung in der Mediation Ansätze des NLP-Coachings in der Mediation

    Till Kemper

    tung.HabendieMediandInnengegen-

    überderMediationalsVerfahrenund

    denMediatorInnenalsPersonpositive,

    alsoförderlicheGlaubenssätze,wird

    dasVerfahrenflüssiglaufen.Sindaber

    zuvielinBezugaufdieMediationoder

    dieMediatorInhinderlicheGlaubens-

    sätzebeidenMediandInnenvorhan-

    den,istdieMediationproblematisch

    oderbishinzumScheiternverurteilt.

    BestehenamEndehinsichtlichderab-

    schließendenMediationsvereinbarung

    undgegenüberderanderenPartei

    nichtausreichendförderliche,positive

    Glaubenssätze,wirddieVereinbarung

    nichtnachhaltigsein.Denneinenach-

    haltigeMediationsvereinbarungsetzt

    voraus,dassdieMediandInnendie-

    sefreiwilligschließenundsichandie-

    sehaltenwollen.Wirhandelnnurdann

    freiwillig,wennunserHandelninEin-

    klangmitunserenGlaubenssätzen

    steht.FolglichistesfürMediatorInnen

    hilfreichsichmitdenWesenderGlau-

    benssätzeauseinanderzusetzenund

    WegefürihreVeränderungzukennen.

    Hierzuwirdzunächstdefiniert,was

    Glaubenssätzesindundwosieunsin

    Mit diesem Artikel soll ein Brückenschlag vom NLP-Coaching hin zur Mediation versucht werden,

    indem es die Coachingansätze zur Veränderung von Glaubenssätzen, wie sie im Neurolinguistischen

    Programmieren (NLP) betrieben werden, auf den Kontext der Mediation überträgt und somit eine

    neue Perspektive auf das Thema eröffnet.

    Einleitung DieserArtikelbeschäftigtsichmitder

    ProblematikderGlaubenssätzeinder

    Mediation.GlaubenssätzesindÜber-

    zeugungen.Jederhatsie,verändertsie

    undbildetsichneue.Siesindsehrwirk-

    kräftig,dasieunserHandelnundunse-

    reWeltsichtprägen;siewirkenalsself-

    fullfillingprophecies.Esgibtsowohlfür

    diePersonförderlichealsauchhinder-

    licheGlaubenssätze.

    DasieunserHandelnprägen,sindsie

    fürMediatorInnenvongroßerBedeu-

    Berichte zum Thema

  • derMediationbegegnen(I.).Sodann

    werdenMethodenzurNutzugbzw.Än-

    derungvonGlaubenssätzenbeschrie-

    ben(II.),wiealsoGlaubenssätzeab-

    geschwächtoderverstärktwerden

    können.ZumEndewirdinderSchluss-

    betrachtung(III.)eineZusammenfas-

    sungundeinFazitgegeben.

    I. Warum sind Glaubenssätze für MediatorInnen wichtig?

    1) Definition

    Glaubenssätze(engl.beliefs)sindÜber-

    zeugungen,Dogmen,diejederüber

    sichselbstunddieUmweltbildet.In

    summakönnensieauchalsunsereEin-

    stellungzuunsererUmweltdefiniert

    werden.Glaubenssätzesindsehrwirk-

    mächtig,dasiewieFilteraufunse-

    reWahrnehmungwirken:wirsehen

    undhörennurdas,wasinunserMo-

    dellderWeltpasst,daswiederumauf

    unserenGlaubenssätzenberuht.Wenn

    wirbeispielsweise–wieeinPessimist

    –fürabsolutrichtighielten,dassdie

    WeltunddieMenschenvonGrundauf

    schlechtseien,dannwürdenwirauch

    alles,wasunsgeschiehtalsBeweisda-

    für,alsoalsUnglückundschlechtwahr-

    nehmen;inderPsychologiebenennt

    mandiesesPhänomenauchalsself-

    fulfillingprophecy(Mohl,S.693).Doch

    Glaubenssätzewerdennichtnurüber

    dieUmweltgebildet,sondernauch

    überdieeigenePerson,wieetwa»Ich

    bineinguterAutofahrer.«Undindem

    GlaubenssätzedieWahrnehmungun-

    seresSelbstundderWeltprägen,be-

    einflussensieauchunserHandelnund

    dieReaktionenaufunserHandeln.

    GrundsätzlichgibtesförderlicheGlau-

    benssätzeundhinderliche.Förderliche

    sindsolche,dieunsereFähigkeitenund

    unserSelbstvertrauenstärkenunduns

    soinunseremHandelnunterstützen,

    wieetwa:»Ichschaffealles,wennich

    esnurwill!«;»Allesistmöglich!«;Ich

    binvomGlückbegünstigt!«»Ichbinein

    guterAutofahrer/Vater/etc.!«oderaber

    auch»IchbineineguteMediatorIn!«

    und»Mediationisteinerfolgreiches

    undeffektivesKonfliktlösungssystem!«

    HinderlicheGlaubenssätzesindsolche,

    dieunserHandelndurchnegativeAffir-

    mationenerschweren:»Ichbinschlecht

    inEnglisch!«;»Immerbinichschuld!«;

    »IchhabenieGlück!«oderabereben

    »MediationistdochbloßeinWarmdu-

    scher-Geschwätz!«oder»Mediationist

    Geld-undZeitverschwendung;ichgehe

    lieberzumAnwalt!«

    GutanGlaubenssätzenist,dasssie

    veränderbarsind.D.h.mankanndie

    förderlichenbeliefsverstärkenunddie

    hinderlichenabschwächen.Dafürist

    eswichtigzuwissen,wieGlaubenssät-

    zeentstehen.

    SiewerdenausReferenzerfahrungen

    gebildet.DaskönnenKommentare

    undAussagenvonAutoritätspersonen

    oderFreundensein,ebensoauchdas

    konkreteErlebniseinerSituationmit

    hoheremotionalerBeteiligung.Ei-

    nesolchekönnteetwaeingelungener

    VortragvoreinemPlenumgewesen

    seinodereineerfolgreichePrüfung,

    diedenGlauben»Ichschaffealles!«

    geprägthat.SehrvieleGlaubenssätze

    rührennochausderKindheit,sind

    alsogewissermaßenanerzogenwie

    »Diesoderjenesgehörtsichnicht!«

    oder»DubisteincleveresKind!«.

    SieweisenstetseineengeKorrelati-

    onzuunserenWertenauf.Wennal-

    soeineAussagegegeneinendereige-

    nenWerteverstößt,wirddieAussage

    nichtalsGlaubenssatzangenommen.

    Jestärkerbzw.jemehrWertesiein

    sichaufnimmt,umsostärkeristdie

    Überzeugung.

    2) Wie erkennt man Glaubenssätze?

    ObwohlGlaubenssätzeauchdasVerhal-

    tenderjeweiligenPersonprägen,wäre

    esvermessenzusagen,mankönnedie-

    sezuverlässigalleinausdemHandeln

    derPersonansichableiten;derInterpre-

    tationsspielraumistzugroß.

    DasichGlaubenssätzemeistinAus-

    sagesätzenäußern,istesmöglich–

    mitTrainingundrelativerSicherheit

    –GlaubenssätzeausderSpracheder

    Personzuelizitieren;Sprachemeint

    hier,wiesichdiePersonausdrückt.

    SomanifestierensichbeliefsinFest-

    stellungenundGeneralisierungen,

    diediePersontrifft.Wennbeispiels-

    weiseeineMediandInimVorgespräch

    oderPhase1derMediationdenEin-

    wandbringt,»Mediationbringtdoch

    nichts!«oderdieeineParteiüber

    dieanderesagt:»Siesagtehniedie

    Wahrheit!«oder»Immergibtermir

    dieSchuld!«,sogewährtdiePartei

    EinblickeinihreÜberzeugungen.

    DersichersteWegist,zufragen,was

    diejeweiligePersonüberdaseineoder

    andereThema,dieeineoderande-

    rePersondenkt,welchePrinzipiensie

    hat,wiedieWeltfürsieaussieht.

    3) Relevanzrahmen in der Mediation

    a) Für die MediatorIn:

    Entscheidendist,welcheGlaubens-

    sätze,welcheEinstellungdieMedia-

    torIngegenüberderMediationselbst

    undgegenüberderQualitätalsMe-

    diatorInhat.Sowäreesideal,wenn

    siedavonüberzeugtwäre,dassdas

    PhasenmodellderMediationeine

    starkeWirkkrafthat,alsKonflikt-

    lösungsmodelleffektivistundman

    mitdessenHilfenahezujedenKon-

    fliktindenGriffbekommenkann.

    Berichte zum Thema

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation14

  • Berichte zum Thema

    AuchsolltedieÜberzeugungbeste-

    hen,alsMediatorIndienotwendigen

    Toolszubeherrschensowiedasnot-

    wendigeProblembewusstseinzube-

    sitzen.DennsowerdenMediatorIn-

    nenSouveränitätundKompetenz

    ausstrahlenundsichermediieren.

    VongleicherWichtigkeitistauch,was

    fürGlaubenssätzebzgl.Menschenund

    ihrerHandlungenvorliegen.Sowäre

    etwaderGlaubenssatzförderlich,dass

    jederMenschausseinemWeltmodell

    herausstetsnurdasBeste(fürsich)

    will,alsostetsauseinerpositivenAb-

    sichtheraushandeltundvorallem,

    dassjederMenschseineigenesModell

    derWelthat.DennsoeineEinstellung

    hilftderMediatorInallparteilichund

    offengegenüberdenMediandInnen

    undihrenWeltsichtenzusein.Hinder-

    lichdagegenwäreeinsehrpessimis-

    tischesMenschenbildoderetwadie

    Überzeugung,dassMediatorInnener-

    fahrungsgemäßerkannthaben,dass

    jederKonfliktsichnuraufdieVerlet-

    zungderBedürfnissenachAnerken-

    nung,RespektundFairnessgründet

    unddeshalbstetsderselbeLösungs-

    weganzuwendensei.

    b) Für die MediandInnen:

    DieGlaubenssätzederMediandIn-

    nenkönneninvielerleiHinsichtmaß-

    geblichfüreineerfolgreicheMedia-

    tionsein.Soistessinnvoll,sichals

    MediatorInzufragen:

    › WelcheEinstellunghabendieMediandInnengegenüberderMedia-

    tionundgegenüberderMediatorIn?

    › WelcheÜberzeugungenhatsichdieMediandInüberdenanderen

    gebildet?

    › Welchebeliefshater/siezudemKonfliktentwickelt?

    › WelcheGlaubenssätzehatdieMediandIn,diedaseigeneHandeln

    alsrichtigerscheinenlassen?Undim

    SinneeinesPerspektivenwechsels:

    WelcheGlaubenssätzewäreessinn-

    vollzuverändern(zubestärken/abzu-

    schwächen),damiteinekonsensuale

    Lösungmöglichist?

    WennalsolediglicheineMediandIn

    denbeliefhat,dassMediationalsVer-

    fahrennichtsbringt,dasser/sieallein

    dieWahrheitunddenrechtenWeg

    kennt,dassderANDEREkeineEin-

    sichtsfähigkeithatundnuraufeine

    Chancewartet,»umdenDolchinden

    Rückenzustoßen«,dassderKonflikt

    ausweglosverfahrenundjederKon-

    sensunmöglichist,dannwirddieMe-

    diationmithöchsterWahrscheinlich-

    keitscheitern,wennMediatorInnen

    esnichtschaffen,dieseGlaubenssätze

    abzuschwächen.

    DasichGlaubenssätzeauchkollektiv

    bildenkönnen,istesauchinteressiert

    zuhinterfragen:

    › WelcheGlaubenssätzehabendieMediandInnengemeinsamundalle

    BeteiligtenzurMediationund

    ihrerChanceindiesemFall?

    › WelcheÜberzeugungenwerdenbeiderMehrparteienmediationin

    undunterdenGruppenderTeilneh-

    mendengebildet?

    IIMethodenDieFrageistnun,wiekönnenfürdie

    MediationförderlicheGlaubenssät-

    zeerzeugtundverstärktsowiehinder-

    licheabgeschwächtwerden.

    1) Implementierung und Verstärken

    von förderlichen Glaubenssätzen

    DieImplementierungbzw.Verstär-

    kungvonpositivenGlaubenssät-

    zenkanninsbesonderewichtigsein,

    umdasVertrauenindasVerfah-

    renderMediation,dieFähigkeiten

    derMediatorIn,aberauchindieVer-

    lässlichkeitderanderenParteiund

    dieTragfähigkeitderLösungzustär-

    ken.Auchistesmöglich,beiderEnt-

    wicklungderLösungsoptionenmehr

    KreativitätoderLösungsoffenheitzu

    schaffen,wennmanbeispielsweiseei-

    neoptimistischeEinstellungzurZu-

    kunftsfähigkeitderBeziehungderPar-

    teienverstärkt.

    a) Ständiges, überzeugendes

    Wiederholen

    Dieeinfachste,abergewissermaßen

    auchunsichersteOption,einengün-

    stigenGlaubenssatzzuetablieren,ist

    dieständigeüberzeugendeundüber-

    zeugteWiederholung.Dennwenndie

    MediatorIneinenGlaubenssatzwie

    etwa»WirwerdendasDingschon

    schaukelnunddasSchiffsicherinden

    Hafenbringen!«,»Sieschaffendas!«

    oder»SiehabenalleRessourcen,um

    denKonflikteinvernehmlichzulösen!«

    vonAnfanganinüberzeugenderWei-

    sedenMediandInnenindenKonflikt

    mitgibtundauchselbstdavonüber-

    zeugtist,dannwirdsichmithöchster

    WahrscheinlichkeitmitderZeitdie

    IdeeindenKöpfenfestsetzen;diemei-

    stenMediatorInnenbenutzendiese

    Methodeunbewusst.DieWahrschein-

    lichkeitderRezeptiondesGlaubens-

    satzessteigt,jemehrZuversichtund

    Sicherheitdabeiausgestrahltwird.Et-

    wasunsicheristdieMethodedeshalb,

    weilderZeitpunktschwerzubestim-

    menist,abwanndieserImplementie-

    rungsversuchFrüchteträgt.

    b) Argumente nennen

    DiezweiteMöglichkeitist,Argumente

    füreinebestimmteFeststellungan-

    zubringen.Erscheinendiesefürdie

    MediandInnenlogischundstehensie

    15Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

  • Berichte zum Thema

    imEinklangmitderenWeltbildund

    Werten,sowirddieFeststellungim-

    merattraktiverundkannzumeigenen

    Glaubenssatzsammelsuriumhinzuge-

    fügtwerden.

    WennalsoMediatorInnenbeispiels-

    weiseimVorgesprächdieMediation

    alseffektivesKonfliktlösungssystem

    vorstellenundArgumentebringen,

    warumeseffektivist,wieetwadie

    besserenGestaltungsmöglichkeiten

    gegenübereinemGerichtsverfahren,

    wenigerWartezeit,mehrNachhaltig-

    keitundGanzheitlichkeitaufgrundder

    BedürfnisorientiertenLösungenetc.,

    werden(potenzielle)MediandInnen

    dieseAussagealsüberzeugendemp-

    finden,wenndieArgumentezumbe-

    stehendenWeltbildpassen.

    c) Referenzen nennen

    EinigeMenschenhabeneinegewisse

    Präferenz,nichtsosehrauflogische

    Argumentezuachten,sonderneher

    aufReferenzen,AutoritätenundTra-

    ditionen.Wennmanalsowieoben

    denGlaubenssatzvermittelnwill,

    dassMediationeffektivist,istesfür

    mancheMenschenwichtigzuhö-

    ren,inwelchenoderwievielenFäl-

    lensichdieMediationalseffektiver-

    wiesenhat;wievielErfahrungdie

    MediatorInnenmitbringenundwas

    sagtdieWissenschaftdazu.Eskönnte

    heißen:»DieErfahrunghatgezeigt,

    dasssichMediationindieserArtvon

    KonfliktenalseffektiveralseinGe-

    richtsverfahrenerwiesenhat.«»Inei-

    nerVielzahlvonFällen/Aufgrundder

    langjährigenErfahrunghatsichhe-

    rausgestellt…«oder»Wissenschaft-

    liche/psychologischeStudienhaben

    nachgewiesen,dassderVorteilder

    Mediationdarinbesteht,dassmehr

    aufdieEmotionen,InteressenundBe-

    dürfnisseeingegangenwerdenkann,

    diefüreinetragfähigeunddauerhafte

    Konfliktlösungsowichtigsind.«

    d) Referenzerfahrungen bieten oder

    »auffrischen«

    Einbereitsbestehenderpositiver

    Glaubenssatzkanndadurchverstärkt

    werden,dassmandieReferenzerfah-

    rung»auffrischt«.»Waswardasfür

    eineSituation,füreinGefühl,wo-

    raussichderGlaubenssatzgründet?«

    DurchNachfragensetzensichdie

    MediandInnenwiederindieSituation

    hinein.SokönnendiepositiveErfah-

    rungunddamitderGlaubenssatzauf-

    gefrischtundverstärktwerden.

    SolleinneuerGlaubenssatzimple-

    mentiertwerden(wiez.B.»WennSie

    gutzusammenarbeiten,istderKon-

    flikteineChance,einefürSieopti-

    maleLösungzuerarbeiten.«)besteht

    aberfürdiesenGlaubenssatznochkei-

    neReferenzerfahrung,sogibteszwei

    Möglichkeiten:

    Entwederwirentwerfeneinklares

    Bild,wieeinesolcheSituationaussähe

    undlassendieMediandInnendieer-

    folgreicheSituationgedanklichdurch-

    lebenundsichhineinfühlen;eswird

    quasieinsogenanntesfuturepacein-

    itiiert.EskanneinegänzlichneueRe-

    ferenzerfahrunggeschaffenundein

    Glaubenssatzimplementiertwerden.

    Wennz.B.beiderEntwicklungderLö-

    sungsoptionhinzueinerVereinbarung

    einMediandoderauchbeidegrund-

    sätzlichvoneinemLösungsansatzan-

    getansind,abernochnichtvollvon

    seinerWirksamkeitüberzeugtsind,

    könnteesheißen:»WennSiedieAu-

    genschließenundSieerlebendieSi-

    tuationXamTagY,SiesehendieUm-

    gebungunddasGegenüber,Siehören,

    wasgesprochenwirdundSienehmen

    dasGrundgefühlwahr,wiesichdieSi-

    tuationXanfühlt…glaubenSie,dass

    derLösungsansatzfunktioniert?!«

    Wichtigist,dassdieMediatorInkeine

    eigeneWertungeinfließenlässt.Viel-

    mehrmussdieÜberzeugung,dassder

    Lösungsansatzfunktioniertundman

    demGegenübervertrauenkann,von

    derMediandInselbstgebildetundan-

    genommenwerden

    DiezweiteMöglichkeitist,mitHil-

    fevonAnalogienoderMetapherndie

    ErfahrungenausÄHNLICHENRefe-

    renzerfahrungenzugänglichzuma-

    chenundeinenaltenGlaubenssatz

    aufeineandere,ähnlicheSituationzu

    übertragenundsoeinenneuenGlau-

    benssatzaufzubauen.

    WennsichdieMediandInnenkeinBild

    voneinerSituation,einemLösungsan-

    satzodereinerAussagemachenkön-

    nen,dannkanndieMediatorIndie

    Interventioneinleitenmit:»Schau-

    enSie...Dasist,alsobSie…tun/sa-

    gen/erleben.UnddieWirkungistwie

    bei.«DerVorteilderUtilisierungvon

    AnalogienundMetaphernist,dass

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation16

  • Berichte zum Thema

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 17

    denMediandInnenimmereinInter-

    pretationsspielraumverbleibt.Wich-

    tig,damitdieAnalogienundMeta-

    phernfunktionieren,ist,dasssiein

    dasWeltbildderMediandInnenpas-

    sen.Werwenigbisgarnichtsportlich

    ambitioniertist,wirdbeiMetaphern

    ausdemBereichSportkeinenZugang

    haben.EineMetapherimhistorischen

    oderkulturellenKontextwäreviel-

    leichteffektiver.AberkeineSorge,Sie

    merken,wenneineMetaphernicht

    angenommenwirdundprobierenes

    miteinerneuen.

    DochdenMediandInnenverbleibtnicht

    nureinInterpretationsspielraum,son-

    dernzugleicherlaubenMetaphernund

    Analogienihnen,vonderProblemstel-

    lungzuabstrahieren,somitweniger

    gefühlsbetontzureagierenundneue

    Einsichtsmöglichkeitenzueröffnen.

    2) Veränderung von hinderlichen

    Glaubenssätzen

    a) Grundlage des Glaubenssatzes

    erfragen

    DereinfachsteWegeinenhinderlichen

    Glaubenssatzabzuschwächenist,ihn

    zuhinterfragen.WennetwadieÜber-

    zeugunggeäußertwird,dassMedia-

    tionineffektivseioderähnliches,so

    kanngefragtwerden,aufwelcheEr-

    fahrungoderQuelledieMediandIn

    dieseFeststellunggründet.Derposi-

    tiveNebeneffektist,dasshierschon

    eingewisserPerspektivwechseldurch

    Musterunterbrechungherbeige-

    führtwerdenkann,dahäufigerwar-

    tetwird,dassaufeinesolcheFeststel-

    lungehereinRechtfertigungsversuch

    derMediatorInnenfolgt;durchdieGe-

    genfrageaberwird»derSpießumge-

    dreht«undwirbeschäftigenunsnicht

    mitderPosition,sonderngehenauf

    dieSuchenachdenArgumentender

    MediandInnenundwiderlegendiese.

    GibteskeineArgumenteoderkonnten

    dieArgumenteentkräftetwerden,ist

    derWegfreifüreinenneuenpositiven

    Glaubenssatz.

    b) Gegenbeispiele suchen

    EineweitereMethode,dieaufdieFa-

    milientherapeutinVirginiaSatirzurück-

    geht,istdasErschütternhinderlicher

    GlaubenssätzedurchGegenbeispiele.

    LinguistischgesehensindGlaubenssät-

    zesogenannteGeneralisierungen,Ver-

    allgemeinerungen.Dennauseineroder

    wenigenReferenzerfahrungenwirdein

    beliefgebildet,derfortanfüralleähn-

    lichenSituationenoderPersonengel-

    tensoll.AnstattalsowiezuvordieUr-

    sache,dieReferenzerfahrungdes

    Glaubenssatzeszuerfragen,kannsich

    dieMediatorInauchaufdieSuchenach

    Gegenbeispielenbegeben,diederVer-

    allgemeinerungwiderspricht.

    DamitdieseGegenbeispielevonden

    MediandInnenangenommenwerden,

    istesoptimal,sieselbstnacherlebten

    Gegenbeispielenzufragen.Wennal-

    soetwaeinMediandwiederholtäu-

    ßert:»IchkannXnicht!«Dannkann

    dieMediatorInnachSituationenim

    LebendesMediandenfragen,indem

    erähnlicheSituationenschonerfolg-

    reichbewältigthat;insgesamtsollten

    mindestensdreipositiveGegenbei-

    spielegefundenwerden,diedemhin-

    derlichenGlaubenssatzwiderspre-

    chen.DochVorsicht:MediatorInnen

    solltenhiernichtihreRolleverlieren

    undsichaufkeineDiskussioneinlas-

    sen.DieDiskussionbirgtdieGefahr,

    dasssienichtmehralsGesprächsfüh-

    rerwahrgenommenwerden,sondern

    alsgleichwertigeDisputanten–sie

    würdenselbstzurPartei.

    EineeleganteMethodeistauchzufra-

    gen,unterwelchenVoraussetzungendie

    MediandInnensichvorstellenkönnten,

    dassdieVerallgemeinerungnichtmehr

    gilt.DieFrageistalso,wasgeschehen

    müsste,damitsichetwasändert.Solche

    FrageneignensicherstabPhase3,der

    Interessen-undBedürfnissuche.

    EsgibtnochvieleandereMethoden

    zurVeränderungvonGlaubenssätzen;

    diesewürdenjedochm.E.denRah-

    mensprengen.

    3) Schlussbetrachtungen

    Glaubenssätzesindeinsehrwirk-

    mächtigesPhänomen.Undwennwir

    alsMediatorInnenlernen,siezuerken-

    nenundmitihnenzuarbeiten,dann

    könnenwirderPflichtgegenüberden

    MediandInnenbessernachkommen,

    dasVerfahrenderMediationsoeffek-

    tivwiemöglichzugestalten.Klarist

    aberauch,dassdieKenntnisumdie

    GlaubenssätzeundihreVeränderbar-

    keitinderHandderMediatorInnen

    einscharfesSchwertsindundsie

    sichnachdenethischenGrundsät-

    zenentscheiden,obundwiesiever-

    antwortungsvollbenutztwerden.Ziel

    kannesnichtsein,beliebigGlaubens-

    sätzezuverändernodergarzuver-

    ursachenodersietherapeutischzu

    nutzen.VielmehristesPflichtvon

    MediatorInnennachbestemWissen

    undGewissenzuentscheiden,welche

    Interventionenmöglichundnotwen-

    digsind,umdasMediationsverfahren

    ethischkorrektzuführen.

    *Dipl.jur.TillKemperM.A.MasterundLehrtrainerdesNLPundalsAusbilder,Coach,TrainersowieMediatortätig;erhältWorkshopsundSeminareinBerlinundMünchen.STRAKON–Dr.K.KemperGmbH,STRategischeKONfliktinterventionenwww.strakon.org

    *E-Mail:[email protected]

    AutorInneninfo

    Literatur

    *Dilts,RobertB.;Hallbom,T.;Smith,S.:Identität,GlaubenssystemeundGe-sundheit,Paderborn2006.

    *Mohl,Alexa:DerGroßeZauberlehrling.Teil2,Paderborn2006.

    *O´Conner,Joseph;Seymour,John:NeurolinguistischesProgrammieren:GelungeneKommunikationundper-sönlicheEntfaltung,Freiburg2005.

    *Montada,Leo;Kals,Elisabeth:Mediation.EinLehrbuchaufpsycho-logischerGrundlage,Basel2007.

  • 18 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    Mediation und Coaching Besonderheiten und Voraussetzungen der Synergie Ein Statement aus Praxis, Ausbildungsarbeit und Zertifizierung

    Doris Klappenbach

    Der Ausbildungsmarkt zeigt, dass es unterschiedliche Modelle gibt, Mediations- und Coachingkom-

    petenzen miteinander zu verknüpfen. Die allgemeinen Grundlagen professioneller Kommunikation,

    wie sie auch in anderen Formaten (Therapie, Beratung, Supervision, Training) Standard sind, halten

    in ihrer Gesamtheit sehr viele gut geeignete Basiskompetenzen bereit. Wenn Mediation als Vermitt-

    lungsverfahren im Konflikt1 und Coaching als Begleitung im Zielerreichungsprozess2 verstanden

    wird, lassen sich Mediation und Mediative Kommunikation als überaus geeignete Basiskompetenz

    für Coaching heranziehen. Insbesondere, wenn es um Paar- und Teamcoaching geht und der Zieler-

    reichungsprozess Themen auf Ebene der Konfliktklärung und/oder Entscheidungsfindung einbezieht.

    Das Mediationsverfahren lässt sich v. a. in Vorgesprächen, Einzelgesprächen und Nachgesprächen,

    aber auch durch eine mediativ umgesetzte Zielorientierung im Phasenverlauf sinnvoll durch Coa-

    chingkompetenzen anreichern oder erweitern. Die Verbindung beider Formate erscheint vor allem

    mit dem Grundsatz der Ressourcen- und Bedarfsorientierung lohnend, wenn es darum geht, den

    KlientInnen und ihren Anliegen umfassend gerecht zu werden.

    Berichte zum Thema

    1 »Mediation ist eine hochwertige Dienstleistung von Mediatorinnen und Mediatoren aus verschiedenen Berufs- und Tätigkeitsfeldern. […] Sie befä-higt Konfliktparteien zu einem gemeinsamen Umgang mit Konflikten, führt zu Klärung von Beziehungen und entwickelt die Konfliktkompetenz der Medianden. […] Mediation ist gekennzeichnet durch Ergebnisoffenheit, Vertraulichkeit und Freiwilligkeit. […] Mediatorinnen und Mediatoren handeln allparteilich, sind frei von Kontextverantwortung und verfügen über ein professionelles Konfliktverständnis.« (bmev.de)

    2 «Professionelles Coaching setzt ganz auf die Entwicklung individueller Lösungskompetenz beim Klienten. Der Klient bestimmt das Ziel des Coachings. Der Coach verantwortet den Prozess, bei dem der Klient neue Erkenntnisse gewinnt und Handlungsalternativen entwickelt. Dabei wird dem Klienten die Wechselwirkung seines Handelns in und mit seinem Umfeld deutlich. Coaching ist als strukturierter Dialog zeitlich begrenzt und auf die Ziele und Bedürfnisse des Klienten zugeschnitten. Der Erfolg von Coaching ist messbar und überprüfbar, da zu Beginn des Prozesses gemein-sam die Kriterien der Zielerreichung festgelegt werden.« (dvct.de)

  • Berichte zum Thema

    Ein FallbeispielIchsitzeinmeinemBüro.Ichdrehe

    denKopfnachrechts:zweihängende

    Mundwinkel.IchdrehedenKopfnach

    links:zweihängendeMundwinkel.Ich

    folgere:HierwirdeinsichererRahmen

    gebraucht,umdiezudiesenMund-

    winkelngehörendenMünderinBe-

    wegungzusetzen.

    DersichereRahmenistbesprochen:

    Vereinbarthabendiebeidenmitein-

    ander:Vertraulichkeit,sichgegensei-

    tigausredenzulassenundzuzuhören.

    MeineAnregung,Wertschätzungund

    SelbstverantwortlichkeitalsKriterien

    füreinensicherenGesprächsrahmen

    aufzunehmen,fandensiesogut,dass

    siesichauchdiesfürdaskommende

    Gesprächgegenseitigzugesichert

    haben.

    …WirkommennunzumWesentlichen:

    zumZielunseresGesprächs.Beide

    möchtengern,dassihrZusammenle-

    benbesserfunktioniert.Ichgreifedas

    aufundregediebeidendazuan,nach-

    einanderzuschildern,wiesiedieSitu-

    ationjeweilsempfinden.

    Jana,sieistStudentin,beginntzuer-

    zählen,undesscheintihrsichtlichgut

    zutun,inRuheredenzukönnenund

    durchmeinaktivesZuhörenzuer-

    fahren,dasssiegehörtundverstan-

    denwird.Siekonzentriertsichauf

    mich,wenigeraufJens.IhreMundwin-

    kelpendelnsichirgendwoinderMit-

    tezwischenKinnundNaseein.Auch

    Jens’Mundwinkelwerdendabeibe-

    weglicher.ErrunzeltdieStirn,wennJa-

    naredetundentspanntsiemanchmal,

    wennerdievonmirallparteilichum-

    formulierteVariantedesGesagtenda-

    zuhört.Ichfassezusammen,wasich

    vonJanaaufdenPunktgebrachtver-

    standenhabe:»Siehabeneinenneuen

    Job.Siefühlensichdortsehrgefordert

    undbrauchenimMomentbesonders

    Jens‘Unterstützung?«Sienickt.Ichfra-

    ge,obsiefürserstenochetwasergän-

    zenmöchte.SieschütteltdenKopf.

    Jenserzählt.Auchihmscheintes

    sichtlichgutzutun,inRuheredenzu

    könnenunddurchmeinaktivesZu-

    hörenzuerfahren,dassergehört

    undverstandenwird.Erkonzentriert

    sichaufmich,wenigeraufJana.Sei-

    neMundwinkelsindrechtbeweglich.

    Mehrundmehrentspanntsichauch

    seineStirn.GanzimGegenteilzuder

    vonJana,diesichnunimmerwieder

    einmalinFaltenlegt.Ichfassezusam-

    men,wasichvonJensaufdenPunkt

    gebrachtverstandenhabe:»Siefreu-

    ensich,beiIhrenElternausgezogen

    zuseinundnuninBerlinmitJanazu-

    sammenzuwohnen(?).Esbedeutet

    vielfürSie,wieSiesagten‚endlichfrei

    zusein’(?).AlsJanaIhnenvordreiTa-

    gendenPutzplanzeigte,densiean-

    gefertigthat(ichguckezuJana,die-

    senickt),hattenSieAngst,IhrGefühl

    vonFreiheitzuverlieren?«Jensbestä-

    tigtdies.Ichfrage,oberandieserStel-

    lenochetwasergänzenmöchte,und

    ersagt:»Spätervielleicht.«

    Ichfassezusammen,wasichbishier-

    hervonbeidengehörthabe:

    »IchhabedenEindruck,Siefreuensich

    beidedarüber,nunzusammengezogen

    zusein.VonIhnen,Jens,habeichge-

    hört,Siegenießenesbesonders,dass

    Sie–anders,alsSieesvonIhremLe-

    benbeiIhrenElternerzählthaben–

    wieSiesagen›jetztselbstentscheiden

    können,wannundwieSiewastun‹.

    EsgehtIhnendabeiumdasfürSie

    sehrwichtigeGefühlvonFreiheit.Von

    Ihnen,Jana,habeichgehört,dassSie

    esinihreraktuellenberuflichenSitu-

    ationsehrgenießen,nachHausezu

    kommenunddortJensvorzufinden,

    demsiedannvonihremTagerzählen

    können.Siesagten,Siebrauchenim

    MomentvorallemUnterstützungund

    19Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

  • 20 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    habenz.B.einenPutzplangemacht,

    weilSiedenken,dassesIhnenimge-

    meinsamenZusammenlebendabei

    hilft,dieWohnungsoweitinOrdnung

    zuhalten,dassSiesichdarinwohl

    fühlen.Sie,Jens,wollensich,wieSie

    sagten,auchgernmitJanazusammen

    inIhrergemeinsamenWohnungwohl

    fühlen.AnlässlichdesPutzplansbe-

    fürchtenSie,einenTeilIhresFreiheits-

    gefühlseinzubüßen.«

    Janasagt:»Ichbinauchgernfrei–

    aberichfindeesübertrieben,sichwe-

    geneinesPutzplansgleicheinge-

    schränktzufühlen.«Jenssagt:»Und

    ichfindeesübertrieben,zubehaupten,

    ichwürdeDichnichtunterstützen.«Ich

    frage:»Heißtdas,dassIhrAnliegenein

    funktionierendesZusammenlebenist,

    indemSiesichgegenseitigunterstüt-

    zenunddochfreifühlen?«Sienicken.

    …WirredennocheineWeileüberdas

    genaueZielderbeiden.Ichhaltedaraus

    schoneinmaldievonJanaundJensfor-

    mulierteÜberschrift»EntspanntesZu-

    sammenleben«amFlipchartfest.

    WirbesprecheneinigekonkreteSi-

    tuationen.Janabeschreibt,wassie

    braucht,umsichinderWohnungwohl

    zufühlen.IchfassedasvonihrGe-

    hörteimmerwiederzusammenund

    wirfilternzusammenheraus:Janabe-

    mühtsich,geradeunterdemmomen-

    tanenDruckgutfürsichselbstzusor-

    gen.SiekannJens‘Bedürfnisnach

    Freiheitgutverstehen.Auchwennsie

    manchmalwiesieberichtet›neidisch‹

    istaufJens‘entspanntesVollzeitstu-

    dententum.Esistihrauchwichtig,

    dassJenssichfreifühlt:Weilsieihn

    liebt.WeilihrseineentspannteAus-

    strahlungguttut,wennsiegestresst

    vonderArbeitkommt.Weilsieesihm

    gönnt,nachdemsielangemiterlebt

    hat,wieerunterseinemVerhältnis

    zuseinergroßenSchwesterzuhause

    gelittenhat.

    JensergreiftaufmeineNachfragehin

    (»Siesagtenjavorhin,Sieunterstüt-

    zenJana…«)schließlichdieGelegen-

    heit,Janazuerzählen,waserimAlltag

    tut,umsiebewusstzuunterstützen.

    WennichmirdiebeidenindieserPha-

    sedesGesprächesbetrachte,dann

    siehtesfastsoaus,alsobihreOhren

    wachsenwürden:beiJanadaslinke,

    beiJensdasrechte.

    MeineAufgabeist,denVerständnis-

    prozesszwischenbeidenzuunterstüt-

    zen.Eshilftjetzt,dasBewusstseinda-

    fürzuschärfen,dassVerständnisnicht

    gleichEinverständnisheißt.Inmeinen

    Umformulierungentrenneich,was

    indemGesagtenansachlichemIn-

    halt,GefühlundBewertungsteckt.Ich

    filtereInteressenundBedürfnissehin-

    tervondenbeideneingenommenen

    Positionenheraus.

    AlsJensnunwütendsagt,Janawür-

    deihmüberhauptnichtzutrauen,dass

    ersiewirklichunterstützenwill,bitte

    ichihn,diesanhandeinesBeispielszu

    konkretisieren.Dasfälltihmandieser

    Stelleleicht:

    JanahabesichvorzweiTagen»wieder

    einmalüberihnaufgeregt«.Erschaut

    Janaan,diediesauchgleichbestätigt.

    SieergreiftdieGelegenheit,ummirzu

    erzählen,dasssiefürdieArbeitbeson-

    dersfrühaufstehenmusste:Siehat-

    tekaumgeschlafenundinderKüche

    genervteinestehengelasseneKaffee-

    tassevorgefunden.Wirfilternheraus,

    dassJanadiesenachdemimStreit

    überdenPutzplanalsZeichendafür

    gedeutethatte,dassJenssiedemons-

    trativnichtunterstützenwolle.»Deu-

    tung!«fälltmirJensungeduldigins

    letzteWort.Janaziehtunweigerlich

    dieAugenbrauehoch.Jensverschränkt

    dieArmevorderBrust.Ichbitteihn,

    seinBeispielweiterzuerzählen.Ichse-

    he,dassesihmvorÄrgernichtganz

    leichtfällt:SeineMundwinkelkämp-

    fensichtlich.TrotzdemerzähltJens

    Berichte zum Thema

  • Berichte zum Thema

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 21

    nun(begleitetdurchnochvonseinem

    ÄrgerberichtendeGesten),wieeran

    besagtemMorgennochetwasfrüher

    alsJanaaufwachte.AufdemRückweg

    vonderToilettedachteermitschlech-

    temGewissenandasGesprächüber

    denPutzplanundgingstattzurückins

    BettindieKüche.WährendJenswei-

    tererzählt,beobachteichimAugen-

    winkelJanaslinkesOhrundbinganz

    sicher,eswachsenzusehen:Erfüllt

    vonderEinsicht,erhätteamAbend

    zuvorvölligüberreagiert,warJensder

    Gedankegekommen,dass»Janaeinen

    frischenKaffeesichergutgebrauchen

    kann,wennsiegleichaufstehenund

    zurArbeiteilenmuss«.Alsomachteer

    ihreinenKaffeeundstellteihnsohin,

    dasssieihnnichtübersehenkonnte…

    DieAufklärungdieserfürbeidenoch

    sehrpräsentenSituationbringtJana

    undJensdazu,sichintensivermitih-

    renjeweiligenBedürfnissenausein-

    anderzusetzen.Ichlehnemichauf

    meinemStuhlunauffälligzurück.Ich

    denke:DienunerreichteGrößeder

    OhrennimmtmirbestimmteinenTeil

    derUmformulierungsarbeitabundbe-

    halterecht:BeidescheinennunihrGe-

    genübergenauerhörenzukönnen.Ich

    stelleverständnissichernde,konkreti-

    sierendeNachfragenundfassekurz,

    ergebnissicherndzusammen.

    UnterdemamFlipchartbereitsno-

    tierten(Grob)Ziel»EntspanntesZusam-

    menleben«notiereichschließlichdie

    herausgefiltertenBedürfnisse–ange-

    fangenmitUnterstützungundFreiheit.

    …IneinemBrainstormingsammelnJa-

    naundJensIdeen,wiesichmöglichst

    vielederamFlipchartzusammenge-

    tragenenBedürfnisseimAlltagerfül-

    lenkönnen.Kreativitätgehtdabeivor

    Realität.Ichnotierewertungsfreialle

    Ideen.Erstalsdenbeidennichtsmehr

    einfällt,machenwirunsdaran,inRuhe

    zubesprechen,wassichausderIdeen-

    sammlungfürdenAlltaganLösungen

    undAlternativenentwickelnlässt.

    …WirhaltendieausderKombination

    voneinzelnenIdeenundeinerentspre-

    chendenRealitätsprüfunggewonnenen

    MaßnahmenfürdenAlltagfest.Jens

    undJanagegenüberbenutzeichdabei

    nichtdenBegriff»Maßnahmen«.Ichsa-

    ge»Memo«unddassessichbewährt

    hat,dieausgeklügeltenIdeenschriftlich

    festzuhalten,damitmansiesichnicht

    merkenmuss.WährenddesAufschrei-

    bensregeichJensundJanaimmerwie-

    deran,zuüberprüfen,obimAlltagauch

    allesgegebenist,umdiejeweiligeIdee

    umsetzenzukönnen.

    BeidenehmendasMemomitnach

    Hause.SiehängenesinderKücheauf.

    BeimnächstenTreffenberichtensie,

    wieesmitderUmsetzungimAlltagge-

    laufenist.(vgl.Klappenbach2010)

    Mediation oder Coaching?Mediationskompetenz im Coaching und

    Coachingkompetenz in der Mediation

    WennichdieTeilnehmendeninun-

    serenStudiengängenfrage,obdies

    eineMediationodereinCoachingdar-

    stellt,bekommeichrechtunterschied-

    licheAntworten.Diejenigen,diesich

    inihremStudiumaufMediationund

    MediativeKommunikationkonzentrie-

    renundteilnehmen,weilsieMedia-

    tionskompetenzeninihremberuflichen

    undprivatenAlltagnutzenwollen,ant-

    wortenhäufig,esseieineMediation.

    DieJuristInnensetzenentgegen,dass

    alleinderAnlassnichtaufeineMedia-

    tionhinweiseundderbeschriebene

    ProzessnunwirklichkeineAlternati-

    vezueinemGerichtsverfahren(Pers-

    pektiveMediationalsADR)darstellt.

    DieCoachessagendaraufhinoft,essei

    einCoachingmitangewandterMedia-

    tionskompetenz.Manchesagen,essei

    wedernoch.Wennichdannfrage,was

    esdanngewesensei,kommtalsAnt-

    wortetwaswieeineGesprächsführung

    aufBasismediativerKommunikation.

    Traditionellherangezogenwirdhier

    zurKlärungdesäußerenRahmensals

    Kriterium,obesumeinVermittlungs-

    verfahrenzwischenzweiodermehr

    Beteiligten,eineKonfliktlösungdurch

    MediationalsAlternativezuGerichts-

    odergerichtsnahenVerfahrengeht,

    oderumdasErreicheneinesZiels,

    welchesdurchdieBegleitungbzw.

    »Beratung«einesressourcen-undziel-

    orientiertarbeitendenCoachesunter-

    stütztwerdensoll.Fachlichgesehen

    kannmanzumArbeitsbündnisfürdie

    inhaltlicheGestaltungdesGesprächs

    dieBedarfederBeteiligtenermitteln

    und–soferndieswiesoofthilfreich

    erscheint–imFalleeines(insbeson-

    derePaar-undTeam-)CoachingsMe-

    diationskompetenzen,imFalleeiner

    MediationCoachingkompetenzenhe-

    ranziehen,umdasVerfahrenzube-

    günstigen.ImFallbeispielwirdein

    großerAnteilmediativenAgierens

    deutlich.AuchdieHaltungderhin-

    zugezogenenPersonistdeutlichmehr

    einPacingalseinLeading,wieesfür

    einCoaching(aufbauendaufdasPa-

    cing)charakteristischist.3

    PacingbeschreibtsichaufdasGegen-

    übereinzustellen.DiesesGrundprinzip

    dersog.›HilfezurSelbsthilfe‹beinhal-

    tet,ihn/sieimGesprächdortabzuho-

    len,woer/siesteht,SchrittfürSchritt

    inihren/seinenSchuhenzugehen(vgl.

    Rogers/Schmid1991),sichihr/ihmauf

    natürlicheWeiseanzugleichen.Pacing

    desVerhaltensumfasstdieHaltung,

    Gestik,Mimik,denBewegungsrhyth-

    mus,daspersönlicheTempound/oder

    auchdasAtemtempodesGegenübers

    zuübernehmen.BeigelungenerKom-

    munikation(z.B.indurchVertrautheit

    geprägtenBeziehungen)gestaltensich

    derartigeAngleichungsprozessespon-

    tan.Dieslässtsichinderalltäglichen

    Kommunikationvielfachbeobachten.

    InprofessionellerBeratungundBeglei-

    tungdientdasPacingdemKontaktauf-

    bau,derEtablierungundWahrungdes

    sicherenRahmensimGesprächspro-

    zess.EsentsprichtinhaltlichdemKon-

    zeptdeseinfühlendenVerstehens(Em-

    pathie)nachCarlR.Rogers.

    LeadingbezeichnetdieaktiveFührung

    imRahmenvonverbalerundnonver-

    balerKommunikationundKooperation.

    3 Bzgl. Ursprung, Gemeinsamkeiten und Un-terschieden in der Verwendung der Begriffe Pa-cing und Leading ist hier zu verweisen auf den Ansatz des NLP (vgl. Bandler, Richard; Grinder, John: The Structure of Magic. 1989).

  • 22 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    Berichte zum Thema

    InderInteraktionaufBasiseinesge-

    lungenenRapportsentstehtLeading

    durcheingegenseitigesPacing(Folgen)

    derBeteiligten.LeadingistalsoeinAn-

    gebot,dassichdurchdieReaktiondes

    Gegenübersdefiniert–nurwenndas

    Gegenübertatsächlichfolgt,findetLea-

    dingstatt.UmfassendesPacingerhöht

    dieWahrscheinlichkeiteinesausrei-

    chendenRapportsalsGrundlagefürdie

    UmsetzungvonLeading(vgl.Klappen-

    bach2006,S.181f).

    InderSeminardiskussionergänzeich

    (nebeneinigenBemerkungenzuSym-

    bolcharakterundRelevanzdiesesFall-

    beispielsfürdenArbeitsalltaginWirt-

    schafts-,sozialen,juristischenund

    weiterenBerufsfeldern),dassdieur-

    sprünglicheAnfrageinetwalautete:

    »Wirhabenetwaszuklären–wann

    habenSieeinenTerminfüruns?«und

    führeinunsereLeitfädenfürMediation

    undCoachingein.Ichkombiniereletzt-

    lichbeidemitdemGrundsatz:Einkon-

    kretesArbeitsbündnisistderSchlüssel

    zumErfolginderMediationundim

    Coaching–vorallemdann,wennsich

    dasArbeitsbündnisnichtaufdasSet-

    tingunddenäußerenRahmenunddie

    Entscheidung»MachenwirjetztMe-

    diationoderCoaching?«beschränkt,

    sondernesebensopersonenzentriert

    undbedarfsorientiertwieressourcen-

    orientiert,ergebnisoffenundimSinne

    derethischenStandards4gestaltet

    wird.DieErweiterungdesMediations-

    leitfadensumPhasenelementeaus

    demCoachingprozessfördertdieKlar-

    heitbezüglichderZiele,Erwartungen

    undHoffnungen,diemitdemAnlie-

    genderKonfliktlösungverbundensind

    sowiedenressourcenorientiertenUm-

    gangmitihnen.DiefürCoachingcha-

    rakteristischeZielorientierungimMe-

    diationsverfahrenergebnisoffenund

    allparteilichumzusetzen,begünstigt

    denLösungsfindungsprozess.DieInte-

    grationdesPhasenmodellsderMedia-

    tioninandereFormateprofessioneller

    Kommunikationistvielseitig.Obdabei

    mediiertwirdodernicht,hängtvom

    EinsatzmediativerKompetenz(v.a.

    HaltungundMethoden)inderDurch-

    führungderPhasenab–imCoaching-

    rahmenbietetsichMediationzur

    BearbeitungvonKonfliktenundEnt-

    scheidungssituationen(wieinderAb-

    bildungdargestellt)an.

    I Formales Arbeitsbündnis: Coachingrahmeneinrichten,InformationüberArbeitsweise,Kosten,OrtundweiteresFormalesklären,

    Terminvereinbarung,formalesArbeitsbündnis

    II Zielstellung und Themenklärung: WelcheZielewollenSiemitdemCoachingerreichen?WasistIhrZielfürdasCoachingheute/dienächsten…

    Minuten?

    III Bearbeitungsphase: Veränderungsprozesseanregen,Perspektivenerweitern,RessourcenzurZielerreichungmobilisierenaufden

    Ebenen…

    IIIa) Ziel (Zielfindung,

    Zielerreichung)

    IIIb) Konflikt(bzw.

    Entscheidungssituation)

    IIIc) Leben(Leben,Lebensgestaltung,Lebensgeschichte)

    IIId) System

    Welche Bedürfnisse und Interessen erfüllen sich, indem Sie das Ziel erreichen? DasDenkenvomProblem zur

    Lösbarkeit lenken.Welche Ressourcen lassen sich zur Zielerreichung mobilisieren?

    … • Sicheren Rahmen

    schaffen

    • Konfliktdarstellung

    • Herausfiltern von Bedürf-

    nissen und Interessen

    hinter den Positionen

    • Lösungsfindung

    … …

    IV Zielumsetzung, Öko-Check und Praxistransfer: WielässtsichdasZielkonkreterreichenundimAlltagumsetzen?Praxistransferunterstützen

    Abb.MediationskompetenzimCoaching5

    4 Vgl. European Code of Conduct for Mediators: http://www.mediate.de/verhaltenskodex.htm und Kodex »ETHIK für Coaches« des Deutschen Verbandes für Coaching und Training e. V. dvct

  • Berichte zum Thema

    Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 23

    *Dr.DorisKlappenbachDirektorindesInstitutsfürMediativeKommunikationundDiversity-Kom-petenz(IMK)anderInternationa-lenAkademiefürinnovativePädago-gik,PsychologieundÖkonomie(INA)derFreienUniversitätBerlin.Ausbilderin/MediatorinBM/SDM-FSM–MitgliedderAnerkennungskommissionBM.Coach/Trainerin/Gutachterindvct–MitgliedderZertifizierungskommissiondvct.www.diversity-kompetenz.com

    *E-Mail:[email protected]

    AutorInneninfo

    Literatur

    *Klappenbach,Doris:PerspektivenmediativerKompetenzentwicklung.2012

    *Klappenbach,Doris:BasismodulMedia-tionundMediativeKommunikation.Studienheft1.InstitutfürMediativeKom-munikationundDiversity-Kompetenz.InternationaleAkademie(INA)derFreienUniversitätBerlin2010.

    *Böhmer,Annegret;Klappenbach,Doris:MitHumorundEleganz.SupervisionundCoachinginOrganisationenundInstitu-tionen.2007

    *Rogers,CarlR.;Schmid,PeterF.:Person-zentriert.1991

    *Klappenbach,Doris:MediativeKommu-nikation.2006(unv.Neuauflage:2011).

    *www.bmev.de.BundesverbandMedia-tion(BM)e.V.28.05.2012

    *www.dvct.de.DeutscherVerbandfürCoachingundTraining(dvct)e.V.28.05.2012

    *www.mediate.de.CentralefürMedia-tion.VerlagDr.OttoSchmidt.28.05.2012

    SolangeCoachingalsBegleitungdefi-

    niertwird,impliziertdieseinengroß-

    enPacing-AnteilimVerfahren,dersich

    durchmediativesAgierenundden

    EinsatzvonMediationskompetenz

    imCoachinghervorragendumset-

    zenlässt.6EsgibtMediationsverfah-

    ren,diesokomplexsind,dasssieinkl.

    derdiversgeführtenEinzel-/Gruppen-,

    Team-undPaargesprächeauchals

    Coachingprozessbeschriebenwerden

    können.WenndabeiLeadingbasie-

    rendaufeinemumfangreichenPacing7

    undbezogenaufdieGestaltungdes

    Prozesses(EinsatzvonFragetechniken,

    Phasengestaltung,situationsgerechtes

    Methodenangebot)umgesetztwird,

    istdieseineVariantedesEinsatzesvon

    Coachingkompetenz,diedasMedia-

    tionsverfahrenebensoergebnisoffen

    wiezielorientiertbereichernkann.

    ZusammenfassungDiePraxiszeigt,dassesoftweniger

    aufdieBezeichnungeinesAngebotes

    alsaufdasHerausfilternderindividu-

    ellenBedarfslage(n)derKlientInnen

    undeinentsprechendgeklärtesAr-

    beitsbündnisankommt.Wesentlich

    beiderKombinationvonMediation

    undCoachingist,dassdieSynergie

    desVerfahrensandieKompetenzder

    professionellAgierendengeknüpft

    istundhierzueinefundierteAusbil-

    dunginbeidenBereichenüberausför-

    derlichist(vgl.Klappenbach2012).

    Vorallem,umeinedenethischen

    StandardsentsprechendeArbeitshal-

    tungzubegünstigenundweilesohne

    dieBerücksichtigungvonStandards

    undQualitätssicherungskriterienim

    DschungelausunterschiedlichenDe-

    finitionen(WasistMediation?Wasist

    Coaching?)leichtzuIrritationenkom-

    menkann.8

    AlsAusbilderinfürMediation,Coa-

    chingundTrainingunddurchmeine

    ArbeitinderAnerkennungskommis-

    siondesBMsowiedemBeiratundder

    Zertifizierungskommissiondesdvct

    kommendasBewusstseinfürdieRe-

    levanzderAbgrenzungdereinzelnen

    FormateprofessionellerKommunika-

    tionundderUmgangmitdenStan-

    dardsalsVermittlungsaufgabezudie-

    serPraxisperspektivehinzu.ImSinne

    derQualitätssicherungisteswichtig,

    Ziele,KennzeichenundHerangehens-

    weisenzudifferenzieren,diefürMe-

    diationundCoachingcharakteristisch

    sind(vgl.weitereBeiträgeindiesem

    Heft).AuchTraditionundTrendsind

    SchlüsselwörterindiesemBereich.

    AufdereinenSeitezubetrachten

    sindVerfahrenundMethoden.Auf

    deranderenSeiteHintergrundund

    professionelleHaltungdesAnsatzes

    undnichtzuletztderPerson,derKli-

    entinnenundKlienten.

    5 Im Grundlagenbuch zur Coachingausbil-dung »Mit Humor und Eleganz« (Böhmer/Klappenbach 2007) werden Methoden und psychologische Modelle anhand der vier Coa-chingthemen bzw. -anlässe Ziel, Konflikt, Le-ben und System beschrieben. Diese sind in dem abgebildeten Leitfaden als Ebenen auf-genommen.

    6 Pacing im Gespräch wird (auf der Ebene der Kommunikation) gezielt durch »Aktives Zuhö-ren«, beim Paraphrasieren umgesetzt. Pacing auf Ebene von Gefühlen und inneren Verar-beitungsprozessen bezieht dabei ein, welche Wahrnehmungskanäle das Gegenüber bevor-zugt. Auf Ebene der Werte und Glaubenssätze werden Ziele und Erwartungshaltungen des Gegenübers fokussiert. Auf Ebene der Iden-tität ist es wichtig, im Pacing das Selbstbild des Gegenübers bedingungslos wertzuschät-zen, wie es im Sinne der Personenzentrierung nach Carl Rogers (vgl. Klappenbach 2006) als grundlegend für eine stabile Gesprächsba-sis ist.

    7 Durch Pacing lässt sich ein fundierter Rap-port (ein positiver unmittelbarer Kontakt) aufbauen. Auf dieser Grundlage ist ein nach-haltiges Leading möglich, welches sich an den ethischen Grundsätzen von professionellen Angeboten der »Hilfe zur Selbsthilfe« orien-tieren sollte.

    8 So erklärte mir ein an unseren Zertifikats-studiengängen interessierter Jurist, er wür-de auch ohne Ausbildung seit Jahren Media-tion machen. Er wisse überhaupt nicht, was im Coaching, was ja eine nun auch noch zu allem Übel von der Führungskraft geforderte Beratungsleistung zur Optimierung von Ar-beitsleistungen seiner Mitarbeiter sei, die Be-antwortung juristischer Fragen und eine Ent-scheidung von außen, wer nun Schuld an dem Streit hat, zu suchen habe. Nach dem Luftho-len setzte er hinzu, dass er sich zwar grund-sätzlich über Aufträge freue, er sich aber ehr-lich gesagt so langsam frage, »worüber in Herrgott’s Namen sich die Leute ständig strei-ten müssen und ob die in ihrem Leben nichts anderes zu tun haben, als ihn um seine Mei-nung zu fragen. Sie würden ja sowieso hinter-her nicht wirklich machen, was er ihnen rät.«

  • 24 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation

    Jörg Pahnke

    Berichte zum Thema

    Klärung durch Aufstellen Achtsames Coaching

    Was hat Coaching mit Auf-stellungsarbeit zu tun?VorJahrenkameineKlientinzumir,

    diesichfastgemobbtsahdurchihre

    unmittelbareweiblicheVorgesetzte.

    DerFallspieltesichabineinemgroß-

    enWirtschaftsverbandundkannex-

    emplarischherangezogenwerdenfür

    dieEntwicklungmeinerMethodik.Ich

    arbeitetemitihrübereinJahralsihr

    Coach,wobeisiemitHilfede