Der Mensch hat eine Unterschrift

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Der Mensch hat eine Unterschrift Der Mensch hat eine Unterschrift Bilder und Texte aus dem Humanus-Haus

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Bilder und Texte von Menschen mit einer Behinderung aus dem Humanus-Haus

Transcript of Der Mensch hat eine Unterschrift

Der Mensch hat eine Unterschrift

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Bilder und Texte aus dem Humanus-Haus

Das vorliegende Buch zeigt Werke, die 2009/10 erstmals im Rahmen der Ausstellung

«Der Mensch hat eine Unterschrift» im Humanus-Haus gezeigt wurden. Es präsentiert

Zeichnungen, Mal- und Textarbeiten von Menschen mit einer Behinderung. Gradlinig

und kompromisslos werden Lebenserfahrungen auf vielfältige und kraftvolle Art ausge-

drückt. Das Menschsein hat einen künstlerischen Ausdruck gefunden.

«Mir scheint in der Kunst von Menschen mit Behinderung etwas von dem ans Licht zu

drängen, was mit solchen Widerstands-, Krisen- und Konfl iktprozessen zu tun hat –

wie in aller und jeder Kunst, die uns berührt. Das macht das Unvollkommene vollkom-

mener, das Naive tiefgründig, das Einfache komplex. Die Künstlerinnen und Künstler

des Humanus Hauses haben ihren Lebenserfahrungen einen Ausdruck verliehen, an

dem sich unsere Erfahrungen als Betrachtende und Lesende brechen, spiegeln und

verwandeln können.» Prof. Dr. Rüdiger Grimm

www.der-mensch.ch

RAFFAEL-VERLAG RAFFAEL

ISBN 978-3-9521326-6-1

5

Inhaltsverzeichnis

5 Inhaltsverzeichnis

7 Zu diesem Buch

8 Zum Geleit

9 Humanus-Haus Beitenwil

10 Kunsttherapie in der Heilpädagogik und Sozialtherapie

13 Begegnungskreis

29 Textbilder

53 Malerei

56 Gestützte Kommunikation

86 Anhang

6

Begegnungskreis | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10

Malerei | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10

7

Zu diesem Buch

Das vorliegende Buch zeigt Werke von Men-

schen mit einer Behinderung, die erstmals im

Rahmen der Ausstellung «Der Mensch hat

eine Unterschrift – Im künstlerischen Dialog

mit Menschen aus dem Humanus-Haus»

gezeigt wurden.

Es gehört zu den Grundsätzen des Lebens im

Humanus-Haus, dass alle Menschen intensiven

Zugang zu Kunst und künstlerischem Schaffen

haben können. Dies geschieht einerseits durch

ein reichhaltiges Kulturprogramm, andererseits

durch die angebotenen anthroposophi schen

Kunsttherapien.

Ausgangspunkt der Ausstellung war die von

Clemens Wild gemalte Porträtreihe «Begeg-

nungskreis». Diese Bilder führten die beiden

Therapeutinnen Elke Bühler (Malen) und

Monika Kellersberger (Sprache) zur Idee, über

die Mittel der bildenden Kunst und der Spra-

che eine Ausstellung zum Thema Menschsein

zu verwirklichen. Sie haben die Menschen im

Humanus-Haus zur Mitarbeit ermutigt und sie

in ihrem Schaffen begleitet. Dabei ist eine Fül-

le von Bildern und Texten entstanden.

Ende 2009, Anfang 2010 wurden die Werke

während dreier Monate in einer grossen,

öffentlichen Ausstellung im Humanus-Haus

gezeigt. Das Echo war gross. Die Initiative, ein

Buch zur Ausstellung herauszugeben, geht

auf Marcel Eichenberger, einen begeisterten

Besucher zurück. Nachdem die Gesellschaft

für Kunstpflege und Jugendbildung in Basel,

finanzielle Unterstützung zugesagt hatte,

konnte die Arbeit beginnen.

Die Stiftung Humanus-Haus bedankt sich bei

allen Beteiligten, die dieses Buch und die Aus-

stellung ermöglicht haben!

Textbilder | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10

8 Der gleichermassen lakonischen wie fakti-

schen Aussage «Der Mensch hat eine Unter-

schrift» ist nichts hinzuzufügen. Sie stimmt

und lässt staunen. Auch andere Sätze brennen

sich unmittelbar ins Bewusstsein ein: «Ich

habe das Gefühl, ich bin zur Welt gekommen,

um der Gesellschaft einen Gefallen zu tun».

Oder «Manchmal sehe ich die Aufgabe klar

vor mir, andere Male frage ich mich, warum

bin ich noch da…». Sätze, die so herausste-

chen, gewinnen eine merkwürdige Autorität

und Gültigkeit, deren Ursprung dunkel, aber

fern jeder Banalität ist: Sie treffen uns – und

treffen zu.

Wie alle künstlerischen Tätigkeiten entstam-

men auch die bildenden und redenden, bzw.

schreibenden Künste einem individuellen

Ausdrucksprozess, in diesem Fall dem Ringen

um Form und Inhalt im Medium von Farbe

und Sprache. Es handelt sich um eine Wech-

selwirkung, denn der künstlerisch gestaltende

Mensch sucht seinen Ausdruck im Material

– und wird seinerseits durch es. Kunst wird

dadurch zu einem dialogischen Entwicklungs-

und Wandlungsprozess.

Authentische Kunsterfahrung entstammt

einem Vorgang, in dem sich etwas Neues,

Einmaliges und Zukünftiges ereignet, das sich

bedeutungsvoll in der Biographie niederschla-

gen kann. Er trifft gleichermassen den Gestal-

tenden wie den Nacherlebenden: Eine Erfah-

rung an den Grenzen, denn das eigentliche

Element der Kunst ist nicht das vordergründig

Schöne oder elysisch Beschauliche, sondern

das Ringen mit den Widerständen des «Ma-

terials», oder, besser gesagt, «des Lebens».

Denn was wir den Widerständen abringen,

wird uns mehr und tiefer zu eigen als das

Selbstverständliche und Offenkundige.

Es lässt uns zu uns selbst kommen.

Mir scheint in der Kunst von Menschen mit

Behinderung etwas von dem ans Licht zu

drängen, was mit solchen Widerstands-,

Krisen- und Konfliktprozessen zu tun hat –

wie in aller und jeder Kunst, die uns berührt.

Das macht das Unvollkommene vollkom-

mener, das Naive tiefgründig, das Einfache

komplex. Nur unter diesen Bedingungen

wird, wie Beuys meinte, «jeder Mensch zum

Künstler». Die Künstlerinnen und Künstler

des Humanus-Hauses sind es zweifellos ge-

worden. Sie haben ihren Lebenserfahrungen

einen Ausdruck verliehen, an dem sich unsere

Erfahrungen als Betrachtende und Lesende

brechen, spiegeln und verwandeln können.

Prof. Dr. Rüdiger Grimm

Zum Geleit

Rüdiger Grimm ist Sekretär der Konferenz für Heilpädago-

gik und Sozialtherapie der Medizinischen Sektion der Freien

Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum in

Dornach und Professor für Heilpädagogik an der Alanus

Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter (DE).

9Die Stiftung Humanus-Haus Beitenwil in der

Gemeinde Rubigen bei Bern wurde 1974

gegründet. Ihr Zweck ist es, Lebensräume

zu gestalten, in denen Menschen mit Behin-

derungen im Zusammenleben mit anderen

Menschen Förderung erfahren und sich entfal-

ten können.

Das von einer Parkanlage, Obst- und Gemüse-

gärten umgebene Areal in Beitenwil umfasst

ein altes Landgut, mehrere Werkstatt- und

Wohngebäude, einen Saal sowie ein Schwimm-

bad. In der Dorfgemeinschaft leben und

arbei ten 83 Menschen mit unterschiedlichen

Fähigkeiten und Behinderungen. Dazu bietet

das Humanus-Haus 20 Arbeits- und Beschäf-

tigungsplätze für Menschen, die ausserhalb

wohnen.

Humanus-Haus Beitenwil

Sinnvolle Arbeit und Beschäftigung sowie An-

lehren sind in folgenden Bereichen möglich:

Bäckerei, Schreinerei, Holzwerkstatt, Weberei,

Musikinstrumentenbau, Kreativwerkstatt,

Unterhaltswerkstatt, Wäscherei, Küche, Gärt-

nerei, Kräuterverarbeitung sowie auf dem

Bauernhof. Mit etwa 150 Mitarbeitenden ist

das Humanus-Haus der grösste Arbeitgeber in

der Gemeinde Rubigen.

Ein reichhaltiges kulturelles Leben prägt den

Dorfalltag. Künstlerische Therapien (Malen,

Musik, Sprachgestaltung, Eurythmie) sowie

Massage und Bäder sind fester Bestandteil des

Angebots.

Im «Laden & Café» werden Gäste empfangen

und – unter anderem – Erzeugnisse aus den

Werkstätten verkauft. Im Saal finden regel-

mässig öffentliche Vorträge, Konzerte und

Theateraufführungen statt.

Laden & Café

Innenhof Paracelsus-Haus

Paracelsus-Haus

Das Humanus-Haus Beitenwil ist eine

Camphill-Dorfgemeinschaft und arbeitet

auf der Grundlage der Anthroposophie. Für

die Zukunft wird an einer konzeptionellen

Erweiterung gearbeitet, welche den Vortei-

len der gewachsenen Dorfstruktur und den

zunehmenden Bedürfnissen nach Selbstän-

digkeit und Autonomie gerecht wird. Dazu

ist vorgesehen, weitere Begegnungs- und

Kontaktmöglichkeiten mit der umliegenden

Bevölkerung zu schaffen. Die Ausstellung

«Der Mensch hat eine Unterschrift» ist ein

gutes Beispiel dafür.

12

13

Begegnungskreis

14 Clemens Wild, geboren 1965, lebt seit seinem

17. Altersjahr im Humanus-Haus. Er hat eine

künstlerische Leidenschaft entdeckt: Er zeichnet

Comics. In ihnen verarbeitet er unter anderem

seine Erinnerungen an die Schulzeit. Er hat

dabei nicht nur Ausdauer, sondern auch gros-

se Fähigkeiten entwickelt – insbesondere im

Porträtieren von Menschen.

Wie es dazu kam, dass er das Bedürfnis ver-

spürte, alle Menschen im Humanus-Haus zu

porträtieren, erklärt Clemens Wild mit diesen

Worten: «Irgendwann, als ich ein Zirkusbild

fertig gemalt hatte, suchten wir nach einem

neuen Thema. Ich kritzelte mit Elke zusammen

Tiere und Menschen auf ein grosses Blatt

Papier. Da hatten wir plötzlich die Idee, Men-

schen aus dem Humanus-Haus zu zeichnen.

Die erste Figur gelang mir so gut, dass ihr

noch 99 weitere folgten.»

«Die meisten Menschen konnte ich recht gut

auswendig zeichnen. Bei jenen, die ich oft

sah, war es natürlich leichter. Früher zeichnete

ich zuerst die Schuhe oder die Füsse, bis ich

auf Anraten von Elke mit dem Kopf begann.

So ist es leichter, die Proportionen zu erfassen.

Lange glaubte ich eben, man müsse unten

beginnen, weil die Menschen auch von unten

nach oben wachsen.»

Aus diesen Anfängen ist das Projekt «Begeg-

nungskreis» hervorgegangen, das nun 100

von rund 260 möglichen Porträts zeigt. Ent-

standen ist ein Werk, das auf eindringliche

Weise zum Ausdruck bringt, aus welch grosser

Vielfalt an Individualitäten die Gemeinschaft

des Humanus-Hauses besteht. Der Begriff

Begegnungskreis weist übrigens auf die wö-

chentliche Versammlung aller BewohnerInnen

und Mitarbeitenden hin.

Auf den nachfolgenden Seiten ist eine Aus-

wahl dieser Porträts zu sehen. Sie zeigen

betreute Menschen, Mitarbeitende und deren

Kinder sowie Ehemalige. Auffallend ist die

Treffsicherheit, mit der Clemens Wild die ein-

zelnen Gestalten erfasst und kennzeichnende

Accessoires hinzufügt. An der Mimik sind sei-

ne Figuren kaum zu erkennen – es ist vielmehr

das Bild als Ganzes, das bei jenen Betrachtern,

die mit den Menschen im Humanus-Haus ver-

traut sind, meistens rasch zur Erkenntnis führt:

«Diese Person kenne ich doch...».

Elke Bühler, Maltherapeutin

Selbstporträt Clemens WildClemens Wild erklärt seine Bilder

Begegnungskreis

15

Porträt Thomas Suska Porträt Valentin Suska Porträt Natascha Suska

16

Porträt Ruedi Wälchli Porträt Monika Kellersberger Porträt Corinne Mosimann Porträt Chöying PhurtagPorträt Frank Bürgel

17

Porträt Cem Hamurabi Porträt Pius Gegenschatz Porträt Isabelle BrodmannPorträt Maria Lidia CandidoPorträt Simone Tritten

24

Porträt Elke Bühler

Porträt Nathalie Brunner

Porträt Andrea Bühlmann

Porträt Frank Bürgel

25

Porträt Alexander Kubicek

28

29

Textbilder

30 Am Anfang der Textarbeit standen Fragen:

«Der Mensch? Was bedeutet es, ein Mensch

zu sein? Was ist mir wichtig am Menschen?»

und «Wer bin ich?»

Die Fragen lösten Gedanken aus und es erga-

ben sich Gespräche, die ich mitgeschrieben

habe. In der Sprachtherapie wird unter an-

derem das Gespräch geübt. Sich mitteilen zu

können und fähig zu sein, in einen lebendigen

Austausch mit dem Gegenüber zu treten, sind

wichtige Grundbedürfnisse des Menschen.

Unsere Gespräche waren eine Art Spuren-

suche. Es war mein Ziel, einen Raum zu schaf-

fen, in dem die Erzählenden ihre Ideen, Bilder

und Gedanken, die zu Beginn vielleicht nur

vage vorhanden waren, entwickeln konnten.

Die nun vorliegenden Texte enthalten sehr

persönliche Aussagen, die ganz aus dem Mo-

ment heraus entstanden sind.

In einem weiteren Schritt wurden die Texte

oder Teile davon* auf ein farbiges Blatt Papier

abgeschrieben. Dies war eine Gelegenheit,

den eigenen Gedanken noch einmal zu be-

gegnen und sie allenfalls zu berichtigen. Die

individuellen Aussagen erhielten durch die

Handschriften eine weitere Qualität und eine

sinnlich wahrnehmbare Originalität.

Monika Kellersberger, Sprachtherapeutin

Textbilder

* Die auf das Papier (50 x 70 cm) abgeschriebenen

Textteile sind in diesem Buch in einer leicht fetteren

Schrift gesetzt.

31Der Mensch hat eine Unterschrift.

Chöying Phurtag

Ich bin gern hier auf der Welt. Ich habe

gern Kinder und Bébé. Am liebsten hätte

ich auch ein Bébé im Bauch. Mein Freund

wäre der Vater und ich die Mutter. Ich

möchte gern mit meinem Freund in die Ferien

nach Amerika. Er sagt ja. In Amerika gehen

wir in eine Beiz essen, in der Stadt. Wir tan-

zen zusammen, dann packen wir wieder und

kommen heim.

Meine Brüder sind wichtig. Ivo und Tobias,

weil ich sie gern habe. Ich bin schon Tante.

Tante Laura.

Laura Zysset

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Der Mensch hat zwei Beine und zwei

Arme, er kann arbeiten. Ich brauche Luft

und andere Leute, sonst ist es langweilig.

Wichtig ist, dass ich über mein Leben sel­

ber bestimmen kann, weil ich nicht alles

will, was die Anderen wollen.

Mit anderen Menschen zusammen kann ich

segeln gehen, reden, arbeiten und festen.

Beim Reden merkt man, ob man dieselben

Interessen hat. Wenn man die gleichen Inte-

ressen hat, kann man über das Thema reden,

man kann Erlebnisse, gute und schlechte,

teilen. Auch Trauriges und Schönes kann man

besprechen.

Ich weiss meistens was ich will, weil ich

darüber nachdenke oder es spüre. Mei­

stens sage ich auch, was ich will.

Ernst Horat

Für den Mensch ist die Liebe wichtig. Die

Aufgabe der Menschen ist die Arbeit. Wir

kommen zur Welt, um etwas zu lernen.

Damit die Welt nicht leer ist, hat Gott die

Menschen erschaffen.

Sich anstrengen im Gehirn ist wichtig, dass

man die Augen offen hat, zum Beispiel auf

der Strasse, auch.

Die Liebe ist wichtig, damit man nicht so

alleine ist.

Michael Siegenthaler

Der Mensch kommt einmal auf die Welt.

Er kommt um die Welt kennen zu lernen.

Wir kommen zum Arbeiten, wir bekommen

Lohn und zu Essen.

Mir ist wichtig, dass es keine Kriege mehr

gibt. Aber das ist nicht überall so.

Wichtig ist, dass wir zu trinken haben und

schlafen können. Um glücklich zu sein,

brauchen wir Freunde. Freunde machen

Freude, weil man Kontakt hat.

Ich habe ein paar Freunde. Einem Freund

schreibe ich manchmal ein SMS und frage,

wie es ihm geht. Es ist wichtig den Kontakt

nicht zu verlieren. Man kann auch Briefe

schreiben, das habe ich schon gemacht,

meinem Götti.

Zum Mensch gehört auch, dass er irgend­

einisch wieder gehen muss. Er stirbt und

kommt in den Himmel, also die Seele, da

bin ich sicher.

Angel Gerber

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Ich bin Künstler zwar. Male Bilder zu Ge­

burtstag und Weihnacht und verschenke sie.

Ich bin ein Künstler, weil die anderen sagen,

ich male gut und ich sage im Herz, dass ich

ein Künstler bin. Im Zimmer schreibe ich ab,

Gedichte oder so.

Für mich sind Gespräche mit den Eltern wich-

tig. Ich vermisse meine Eltern und wünsche zu

ihnen zu gehen.

Mein Vater geht «ga platzge» mit Menschen

und ich helfe ihm dabei. Dann organisieren

wir Feste, ich spiele die Flöte und singe.

Ich bin als kleiner Bub auf die Welt ge­

kommen 1980. Meine Mutter hat mich

geboren. Ich habe «schnurre» gelernt,

später kam mein Bruder zur Welt, da

lernte ich «lavere», das nützte nichts. Ich

ging nach Bern in die Kinderklinik und

lernte sprechen. Beim Sprechen kann ich

korrigieren und einsehen, was ich falsch

mache. Ich beisse in meine Finger, wenn ich

wütend bin. Besser wäre es, wenn ich dann

ein Gespräch hätte.

Traurig sein gehört zum Mensch, dann

kann man «usegränne» und nachher kann

man wieder etwas entwickeln.

Ich habe viele Kollegen und Kolleginnen,

die brauche ich zum Helfen, um zusam­

men ein Problem zu lösen.

Michael Flühmann

36 Mir scheint wichtig, dass man gut und

gesund lebt. Ich bin zur Welt gekommen

weil meine Mutter mit mir schwanger

war. Ich probiere in diesem Leben ganz

fest selbständig zu werden. Ich glaube,

dass ich das kann. Um glücklich zu leben,

brauche ich ein Zuhause, ich erlebe an

verschiedenen Orten Zuhause sein.

Ich bin froh, dass ich lebe.

Ich habe es gern, wenn ich mit anderen

Leuten zusammen bin, aber auch wenn

ich allein bin geniesse ich meine Ruhe. Als

Baby musste ich viel im Spital sein, daran

erinnere ich mich aber nur wegen den

Fotos im Album. Zum Glück ist das vorbei.

Natürlich war ich auch später noch im

Spital. Ich glaube, das gehört einfach zu

mir. Ich bin nicht sicher.

Es ist gut, dass ich hier eine Arbeit habe.

Arbeiten gehört zum Menschenleben. Es

gibt Menschen, die nicht arbeiten können,

sie haben vielleicht eine starke Behinde­

rung, sind krank oder finden keine Arbeit.

Keine Arbeit finden ist, glaube ich, nicht

einfach – sicher nicht!

Pascale Kuratli

Für die Menschen sind die Knochen wich­

tig, damit wir fest halten. Rippen schützen.

Das Herz ist wichtig, es hilft, dass das Blut

fliesst. Das Speiseröhrli brauchen wir fürs

Essen und Trinken. Schienbein ist gut fürs

Bewegen. Die Nase brauche ich zum At­

men.

Für den Mensch ist die Gruppe wichtig,

andere Leute, für den Ausgang, ins Kino,

Theater, den Fussballclub, in den McDonald

zum Essen und Trinken bestellen, einfach das

Leben teilen.

Der Magen ist wichtig fürs Abnehmen, man

soll nicht zu viel essen.

Damit wir glücklich sind, müssen wir la­

chen.

Mit dem Mund können wir gut reden und

erzählen. Mir gefallen bei den Menschen

die Frauen. Ich habe verliebt und ich gehe

küssen und armen. Sex machen heisst, die

Frau wird schwanger und es kommt ein

Baby. Echli das Herz spüren ist auch, wenn

man verliebt ist.

Danilo Esposito

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Für den Mensch ist alles wichtig.

Für mich zum Beispiel das Velo, ich fahre gern.

Ich hatte schon einen Unfall mit dem Velo, das

möchte ich nicht mehr.

Ich helfe den anderen Menschen gern das Auto

aus dem Schnee befreien.

Ich habe gern, wenn man mit mir lieb ist, aber

weniger gern, wenn man mich mit Schnee

wäscht.

Ich habe gern andere Menschen um mich, ich

bin ein Team.

Ich bin am Murtensee zur Welt gekommen.

Warum, weiss ich nicht.

Alexander Kubicek

52

53

Malerei

54 Die Malenden, die ich in diesem Projekt be-

gleiten durfte, haben mich oft in Erstaunen

versetzt. Gestaunt habe ich über die Selbstver-

ständlichkeit ihres Ausdrucks, über die Sicher-

heit ihrer Farbwahl, über das Elementare, das

Archaische in ihrer Arbeit.

Ich konnte Phasen des Wartens, des Innehal-

tens beobachten, dann wieder klare, sichere

Zeichenbewegungen. Die Malenden haben

sich auf unterschiedlichste Weise dem Thema

Mensch genähert. Einige haben Erlebnisse aus

der Vergangenheit verarbeitet, andere religi-

öse Themen oder Märchenfiguren, wiederum

andere haben Freunde, MitbewohnerInnen

oder gar sich selber ins Zentrum gestellt.

Im Gespräch und mittels gestützter Kommuni-

kation (siehe Seite 56) haben wir thematisiert,

wie schwierig es ist, innere Werte zu malen

oder zu zeichnen. Kann ich meine Stummheit

malen? Die Liebe? Das, was mich bewegt?

Die Hilfestellungen versuchte ich so gering

wie möglich zu halten. Einige Bilder sind von

Menschen gemalt worden, die wenig oder gar

nicht sprechen. Bei ihnen kann das Bild die

eingeschränkten sprachlichen Möglichkeiten

ergänzen, kann ein nicht verbaler Kommuni-

kationsträger sein – eine Brücke zum Du.

Elke Bühler, Maltherapeutin

Malerei

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Nathalie Brunner

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Uwe Petersen

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Uwe Petersen

Uwe Petersen

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Uwe Petersen

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Corinne Mosimann

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Corinne Mosimann

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Corinne Mosimann