Der Runenstein Von Tanum - Ottar Grønvik

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  e r Runenstein von anu m — ein eli gionsg esch i ch tli ch es en km al aus u rn ordi scher ei t VON OTTAR GRØNVIK . rFu ndort 1.1. Der Ru ne nst i Tanum (KJ 61 ) ist wissenschaftlichen Wet sc onse i tde m f an g de s ori gen J ah rh nd rts b ka nn t; r wur de z merst nMal 823 pu bl i z i r t (vgl. Stephens 866 - 84, 1 , 1 96 ).' Damals lag er mit anderen St i ne z sa n al s Ste g üb r e i m kl i nWasse l au f mit r I sch r i f tse te ach oben, a n i ne m k li ne n We g z wi sc he n den f te n al l by u d tte l an a i m Ki ch spi l an m i m li ch n Bo hu sl än (v gl . B oi j e 886 , 259 ; Fri s 1924 30) , I m J ah re 866wu rd e re twa 6 km ord wär ts au f den Pl at z vor r K i rch e von anu m übe rführt. 1.2. Die ursprüngliche Lage des Ste i s ist ni ch t si ch r zu emi tte l . Anders ks te dsp rac h i e rmutun aus, daß de rStei n ursprünglich gerade ort e rr i c te t worden s i , wo e r sp äter gef nd n wur de , a m Schni ttpu ktz wi sc he nWe g und as se rl au f (B kst d 951 , 83) .  Da be i ac te r an i ne n de nks tei n oh ne rbi nd ng mit r rabanl ag e (B ks te d1 951 , 87) , nd re gl aube nd ag ge , der Stei n an ode rüb re i ne m Grab gestanden hat, wobe si e si ch vor al l m au f i hre sp r ach l i ch e De tu g der I sc hri f t be r fn (Friesen 1924 34; N or én 934, 03; Marstran r 952, 202) . A rch äologi sc h ist die rage i t z u ts i n (Krau se 966, 1 39) ; die Theorie von r Grabanlage hat ab r e i e ge wiss e Stütz e darin, aß v i e rn or i sc e Run nst i ne geradean, auf ode r i n räbern f nd n worden sind, KJ 61 gibt d i e Nummer der betre f enden Inschrift i n K rau se 966 an. 2 Dieses und al l e übrig n in i ser bh and l ng ange f ührten i tat e von nordischen rf as se rn si d vonmir (O. G.) ins Deutsche übertragen.

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  • Der Runenstein von Tanum ein religionsgeschichtliches Denkmal

    aus urnordischer Zeit

    VON OTTAR GRNVIK

    1. Der Fundort

    1.1. Der Runenstein von Tanum (KJ 61) ist der wissenschaftlichen Welt schon seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts bekannt; er wurde zum ersten Mal 1823 publiziert (vgl. Stephens 1866-84, 1, 196).' Damals lag er mit anderen Steinen zusammen als Steg ber einem kleinen Wasserlauf mit der Inschriftseite nach oben, an einem kleinen Weg zwischen den Gehften Kalleby und Trttelanda im Kirchspiel Tanum im nrdlichen Bohusln (vgl. Boije 1886, 259; Friesen 1924, 130), Im Jahre 1866 wurde er etwa 6 km nordwrts auf den Platz vor der Kirche von Tanum berfhrt.

    1.2. Die ursprngliche Lage des Steines ist nicht sicher zu ermitteln. Anders Bksted sprach die Vermutung aus, da der Stein ursprnglich gerade dort errichtet worden sei, wo er spter gefunden wurde, "am Schnittpunkt zwischen Weg und Wasserlauf" (Bksted 1951, 83).2 Dabei dachte er an einen Gedenkstein ohne Verbindung mit einer Grabanlage (Bksted 1951, 87), Andere glauben dagegen, da der Stein an oder ber einem Grab gestanden hat, wobei sie sich vor allem auf ihre sprachliche Deutung der Inschrift berufen (Friesen 1924, 134; Nordn 1934, 103; Marstrander 1952, 202). Archologisch ist die Frage nicht zu entscheiden (Krause 1966, 139); die Theorie von einer Grabanlage hat aber eine gewisse Sttze darin, da viele urnordische Runensteine gerade an, auf oder in Grbern gefunden worden sind,

    KJ 61 gibt die Nummer der betreffenden Inschrift in Krause 1966 an. 2 Dieses und alle brigen in dieser Abhandlung angefhrten Zitate von nordischen Verfassern sind von mir (O. G.) ins Deutsche bertragen.

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    2. Die Runen

    2.1. Der Stein ist ein mchtiger Block, fast 3 m hoch, ungefhr 1,5 m breit und 13-40 cm dick, Die Vorderseite hat die Form eines plum-pen Vierecks, dessen berseite unregelmig nach links oben ansteigt (siehe Fotos bei Friesen 1924, 128 f,; Marstrander 1952, 197; Krause 1966, Tafel 27).

    Die Runen gehen linkslufig von unten nach oben und bilden zu-sammen eine ungefhr 1,25 m lange Zeile, die sich lngs der Mittel-achse des Steins bis an die Steinkante oben hinzieht, Die Runen sind smtlich vorzglich erhalten und knnen mit Sicherheit gelesen und transliteriert werden:

    krawijan.haitinaRwas Dies sind drei Wrter in urnordischer Sprachform. Die beiden letzten Wrter knnen ohne weiteres als das Prdikat des Satzes bestimmt werden, als urn. haitinaR was = awn. heitinn vas (var), eine im Altwestnordischen wollbekannte Fgung. Das erste Wort lrawijan kann mit seiner Endung -an jeden obliquen Kasus eines schwachen Maskulinums oder aber den Infinitiv eines Verbs vertreten.

    2.2. Die Frage, ob die Inschrift in ihrem erhaltenen Zustand vollstn-dig ist oder ob einige Runen oben weggeschlagen sind, ist mehrmals diskutiert worden (vgl. Stephens 1866-84, 1, 196; Wimmer 1887, 156; Boije 1886, 260; Friesen 1924, 130; Marstrander 1952, 198; Krause 1966, 139).

    Sten Boije untersuchte den Stein im Jahre 1883 und stellte fest, da einige Teile der berseite "eine hellere Farbe haben und eine schrfere Kante gegen die Vorderseite bilden, was nach meiner Meinung auf eine Absplitterung deutet. [.,. ] Was am ehesten den Eindruck macht, eine Abspaltung erfahren zu haben, ist der Sektor unmittelbar rechts und danach vielleicht oberhalb der Inschrift." Er neigte deshalb zu der Annahme, da einige Splitter whrend des Transportes von Kalleby nach Tanum abgeschlagen sein knnten, glaubte aber nicht, da nach der Einritzung der Runen und vor dem Bekanntwerden der Inschrift ein umfangreicherer Abschlag erfolgt sein knnte (Boije 1886, 260).

    Die Inschrift als solche weist mehrere Zge auf, die auf Vollstn-digkeit hindeuten. (1) "Whrend nmlich die Runen in krawijan ziemlich gro und spatis gestellt sind, werden sie in haitinaR stark gekrzt und zusammengedrngt, um auf dem briggebliebenen Teil des Steines Platz zu finden. Erst als der Ritzer am Schlusse des Wortes haitinaR erkannte, da fr das letzte Wort gengend Raum

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    brig war, durften die Runen wieder etwas anschwellen" (Friesen 1924, 130; vgl. Moltkes Foto bei Marstrander 1952, 200). (2) Die vierte Rune von hinten, sr R, hat der Runenmeister so hoch gemacht, da die Seitenzweige vollstndig ber die umgebenden Runen hinaufragen; "in this way he saved the distance of nearly a whole letter" (Stephens 1866-84, 1, 201; danach Boije 1886, 261; Friesen 1924, 130). (3) Die letzte Rune s steht dicht an der Steinkante, ist aber gro und wohlgeformt und in keiner Weise beschdigt. (4) Die Inschrift endet mit einem vollen Wort, und es wre in Wahrheit ein seltsamer Zufall, wenn eine Bruchlinie genau zwischen zwei Runen und zwei Wrtern verlaufen sollte (vgl. Marstrander 1952, 200). (5) Hinzu kommt ein formales sprachliches Argument, Die Inschrift endet mit einem finiten Verb, und Stze mit dem Verbum finitum in Endstellung sind ein wohlbekannter Wortstellungstyp im Altgermanischen,

    Aus diesen Grnden darf man wohl mit Vollstndigkeit der Inschrift rechnen, vorausgesetzt natrlich, da die drei Wrter sich zu einem syntaktisch korrekten Satz vernnftigen Inhalts verbinden lassen. Das ist denn auch die herrschende Auffassung unter den Runologen seit der Beschreibung des Steins durch Boije 1886. Die Ausnahmen sind Marstrander (Marstrander 1952), der aus sprachlichen Grnden mit dem Verlust eines Wortes nach was rechnete, und Antonsen (Antonsen 1975).

    3. Kritisches Referat der bisherigen Deutungsversuche

    3,1. Sophus Bugge 1866

    Sophus Bugge meinte (Bugge 1866, 248 ff.), das sprachlich nicht aus-gedrckte Subjekt des Satzes msse 'der Stein' sein, und bersetzte: "Er (der Stein) wurde des Thravinge genannt" (indem man damals Rune 6 .6 als ng bestimmt hatte). Gegen diese Deutung knnen meh-rere Einwnde erhoben werden. (1) Der Ausdruck haitinaR was findet sich in jngerer Sprachform sowohl auf nordischem wie auf westgermanischem Gebiet, vgl, Bei-spiele wie awn. Knfror var s heitinn Akv 1, as. Zacharias unas he-hEtan Hel 76, ahd, in thero steti thin Abilena unas heizzan Tat 13, 1, aengl. se yldesta ws Jared Mien Gen 1063, ws his ealdfder Ecgkeo hten Beow 373. Das Prdikat dieser Stze hat die durativ-prteritale Bedeutung 'hie', d.h, 'trug den Namen'. Demnach wre fr unsere

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    Inschrift eine Bedeutung 'Er (der Stein) hie des Thravinge' anzu-setzen. Problematisch daran ist das Prteritum, denn man erwartet ja, da sich eine Inschrift auf die jeweilige Gegenwart bezieht und in diesem Fall den aktuellen Namen des Steins und nicht seine frhere Benennung angibt. (Vgl, Igijem hallaR Stenstad KJ 81 `Igjas Stein', das als 'Dies ist der Stein der Igja' zu paraphrasieren ist.)

    Um dieser Schwierigkeit zu entkommen nahm Sophus Bugge an, da haitinaR was nicht 'war genannt', sondern 'wurde genannt' zu bersetzen sei, und da die Konstruktion dem griechischen Aorist Passiv entspreche (Bugge 1866, 251). Die Bedeutung des Runensatzes wre demnach: 'Er (der Stein) wurde des Thravinge genannt', d.h. 'er bekam den Namen "des Thravinge (Stein)" '. Von Grienberger machte spter (Grienberger 1900, 290) darauf aufmerksam, da man "im sinne dieser erklrung [...] auf einen besonderen benennungsact schlieen [mte], dessen inhalt und ergebnis in der inschrift mitgeteilt wre."

    Die hier vorgeschlagene bersetzung ist aber kaum zulssig. In Greins Sprachschatz der angelschsischen Dichter findet sich nur ein einziger Beleg mit ws gehten (mit prfigiertem Partizip) in punktu-eller (aoristischer) Aktionsart, und diese Bedeutung ist offenbar kon-textbedingt: Crist ws on Pg eahtodan (dge Hlend gehten Menol 4 'Kristus wurde am achten Tag Heiland genannt' (Grein 1912). In den brigen recht zahlreichen Belegen hat aeng. ws heiten deutlich durative Bedeutung, und das ist somit auch fr das Urnordische als die normale aktionale Interpretation vorauszusetzen. Eine solche Bedeu-tung pat aber nicht in den Runentext hinein: Es ist nach wie vor nicht einzusehen, warum der ehemalige Name des Steins bekanntgegeben werden sollte.

    (2) Ein weiterer Einwand gegen die Deutung Sophus Bugges besteht darin, da in den zahlreichen Belegen mit der Fgung aeng, ws laiten, as. uuas hetan usw. das Prdikativ immer im Nominativ steht; niemals steht es (elliptisch) im Genitiv. (3) Bugges Deutung setzt eine zweimalige Interpolation des Wortes `Stein' voraus, erstens als Subjekt, zweitens als Subjektsprdikativ. Ein solcher Satz mit doppelter Ellipse hat keine Parallele in den alten Inschriften, ja kaum noch im ganzen altgermanischen Schrifttum.

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    3.2. Carl Marstrander 1952 3.2.1, Marstrander bernimmt die von Bugge befrwortete Bedeutung der Fgung haitinaR was und versucht, die oblique Form des Wortes firawijan anders zu erklren. Er betrachtet nmlich die Inschrift als unvollstndig und ergnzt sie wie folgt:

    firawijan haitinaR was [namne] I`ch wurde mit dem Namen Prawija benannt'.

    Syntaktisch ist ein solcher Satz vielleicht mglich. Im Gotischen, Althochdeutschen und Altwestnordischen wird der Dativ des Wortes `Name' mehrmals so (d.h. instrumental) verwendet, vgl. Marstrander 1952, 202 mit Beispielen wie sah Jan haitans was namin Malkus Joh 18, 10 'und dieser hie mit Namen Malkus', then ther anderemo namen hiez Petrum Tat 22,6, gir, er odru nafni ht Gymir Lok. Prosa, eino nafni htomk aldregi Gr 48. Die Form abrawijan wre dann als definitiver Genitiv zu erklren (vgl. Nygaard 1905, 123 mit Belegen wie gfu &km honum Qnundar nafn Hkr). Die Verwendung eines definitiven Genitivs bei dem Verb heita ist jedoch eine Seltenheit, die Marstrander nur mit einem Beispiel belegen kann: ok htom jd hjna nafni Sigsk 68 `und wir hieen dann mit Namen Eheleute'. Ein Per-sonenname steht jedoch in solchen Fgungen niemals im Genitiv. Im Gotischen steht er immer im Nominativ (drei Belege bei Marstrander 1952, 202), und dafr weist auch das Altwestnordische einen Beleg auf (Lok. Prosa), Die angenommene urnordische Konstruktion ist deshalb nicht unproblematisch.

    3.2.2, Marstranders Deutungsvorschlag ist auch mit anderen Schwchen behaftet.

    (1) Das unausgedrckte Subjekt des Satzes ist nach Marstrander ek `ich', d.h. "der Runenmagiker". Seine wichtigste Begrndung dafr ist der Name Prdwija, dem er die Bedeutung 'der heftige Sehnsucht (awn. pr) verursacht' beilegt. Ein solcher Name knne, meint er, "nur von einem Magiker oder einem bernatrlichen Wesen getragen werden" (Marstrander 1952, 202).

    Das Wort soll ein Nomen agentis sein; es kann aber nicht unmit-telbar von dem Substantiv awn. br f 'Sehnsucht' < germ. *Praw abgeleitet sein, denn das wrde ein Nomen agentis mit der Bedeutung `der Sehnschtige, jemand, der sich heftig sehnt' ergeben. Um die erwnschte Bedeutung zu erreichen, postuliert Marstrander ein von

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    *ibraw `Sehnsucht' abgeleitetes Verb urn. * fireiwijan `Sehnsucht be-wirken', "eine Art Kausativ vom Typ svfa", wozu ein Nomen agentis urn. *fira-wija m `jemand, der Sehnsucht verursacht' gebildet worden sei. Der Ansatz eines solchen Wortes ist jedoch sehr fraglich: Erstens ist kein Verb awn. *firfa `Sehnsucht verursachen' belegt; zweitens ist die Wortbildung (mit Dehnstufe) problematisch, und drittens werden die Nomina agentis auf germ, -jan in ltester Zeit gewhnlich von Substantiven und nicht von Verben abgeleitet (vgl. Kluge 1926, 12-13; Meid 1967, 92, 1), Marstranders Erklrung dieses Wortes ist deshalb abzulehnen (so auch Krause 1966, 139). (2) Dadurch ist an der Grundlage seiner These, da die Subjektperson ein Runenmagiker ist, stark gerttelt. Hinzu kommt, da der Runen-meister, wenn er in den alten Inschriften als eigene Person hervortritt, sich klar und deutlich mit dem Pronomen ek und einem Namen oder Epitheton im Nom. Sing. prsentiert (vgl. ek hlewagastiR Gallehus, ek guclija Nordhuglo, ek erilaR Jrsberg). (3) Marstrander beurteilt die Zeitreferenz der Fgung haitinaR was falsch, wenn er die Inschrift mit "Ich wurde mit dem Namen Prawija benannt" bersetzt und daraufhin behauptet, da dies "in Wirklich-keit" mit Drciwija haite 'ich heie Prawija' gleichwertig sei (Marstrander 1952, 202). Wie oben gezeigt, hatte die Fgung im Altgermanischen normalerweise durative Aktionsart, bedeutete 'ich/er hie (so und so)' und mute sich auf die Vergangenheit beziehen. Diese Inschrift ist somit keine Parallele zu Inschriften mit dem Verb haite im Prsens, wie Miiha haite Kragehul, Hariuha haitika Seeland-Br. II. (4) Marstranders Deutung setzt voraus, da oben am Stein ein Stck abgeschlagen sei (mit dem Worte namne). Das ist unbeweislich (vgl. oben 2,2), und "nur eine evidente Deutung" knnte eine solche Annahme wahrscheinlich machen, wie es Marstrander selbst ausdrckt (Marstrander 1952, 201).

    3.3. Von Grienberger 1900 und Adolf Noreen 1903, 1923 Von Grienberger (Grienberger 1900, 294) schlug vor, bei der Deutung dieser Inschrift das Verb awn. heita in der Bedeutung uocari beiseite zu lassen und lieber von dem Verb awn, heita in der Bedeutung `to promise, vow' auszugehen. Demnach wre die Inschrift `Thrauingani devotus sum/est' zu bersetzen, und der Personenname wrde im Dativ stehen. Diesen Vorschlag nahm Noreen in die 3. und 4. Ausgabe seiner Grammatik auf (Noreen 1903, 344; Noreen 1923, 389; Noreen

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    1970, 389) und bersetzte; "Dem Prefinge/Dem Prfe wurde (der Stein) verheien (oder gewidmet)".

    Marstrander hielt das fr mglich: "Man kann auch bersetzen: 'er (der Stein) wurde dem Prawija versprochen (oder gewidmet, A, No-reen)', d.h. der Stein mit allem, was er vertritt, den Kult und das damit verbundene pfer" (Marstrander 1952, 201). Wenn er sich trotzdem fr eine andere Interpretation entschied, geschah das, weil der Name Prwija nach seiner Auflassung von einem Runenmagiker zeuge, der als solcher als Subjektperson auftreten msse,

    Religionsgeschichtlich scheint von Grienbergers und Noreens Deu-tung akzeptabel zu sein. Wir haben gute Grnde fr die Annahme, da der Grabstein als eine Art Altar fungierte, an dem die Kulthand-lungen fr den Toten verrichtet wurden (vgl. Grnvik 1981, 174 f,) und der deshalb dem Toten gewidmet war.3

    Sprachlich gibt jedoch diese Deutung zu Bedenken Anla: 'einem etwas versprechen' heit im Altwestnordischen immer heita e-m e-u mit sowohl Personen- wie Sachobjekt im Dativ. Im Passiv ergibt das eine unpersnliche Fgung vom Typ honum var heitit steini. Eine grundlegende Regel der germanischen Syntax besagt nmlich, da bei der Umbildung eines Aktivsatzes zu einem Passivsatz das Ak-kusativobjekt des Aktivsatzes zum Nominativsubjekt im Passivsatz wird, whrend die Genitiv- und Dativobjekte unverndert bleiben (vgl. die Belege aus der altwestnordischen Dichtung bei Grnvik 1985, 125; weiter Behaghel 1923-32, 2, 211; Dal 1962, 130, 168). Diese Regeln fr die Aktiv-Passiv-Konversion haben fr alle altgermanischen Sprachen Gltigkeit. Dennoch hat niemand bisher an der Syntax des hier besprochenen Deutungsvorschlages Ansto genommen.

    Wahrscheinlich hat man stillschweigend angenommen, da das Verb urn. *haitan in der Bedeutung 'versprechen' sein Sachobjekt im Akku-sativ nahm, wie die entsprechenden prfigierten Verben im Westger-manischen (as. gilt -elan, ahd. giheizzan, aengl. geheetan). Unter dieser Voraussetzung wre natrlich eine Passivfgung mit 'er (der Stein)' als Subjekt ohne weiteres mglich.

    Hier stehen wir somit der grundlegenden Frage gegenber, ob wir in den alten Runeninschriften des Nordens eine gemeinsame nord-und-westgermanische Sprache suchen drfen, deren Sprachformen und Fgungsregeln in spterer Zeit sowohl im Westgermanischen wie im Nordischen vertreten sind, oder ob wir davon auszugehen haben, da

    3 Insofern knnte diese Inschrift meine Interpretation und Ergnzung der Tune-Inschrift unterbauen: (bi-fal)h-k WdurFe staina, vgl. Grnvik 1984, 51-56.

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    die Runensprache des 3.-5, Jahrhunderts eine nordische (urnordische) Sprache ist, Diese letztere Hypothese fordert, da wir berall dort, wo zwischen dem Westgermanischen und dem Nordischen alte Unterschie-de bestehen, in der Runensprache spezifisch nordische Sprachformen und Gebrauchsweisen suchen. Ich habe frher nachzuweisen versucht, da die Runensprache phonologisch, morphologisch und lexikalisch mehrere nordische Sonderzge aufweist (Grnvik 1981, 57-69), und finde es deshalb wenig glaubhaft, da urn. *haitan eine spezifisch westgermanische syntaktische Regel befolgen und das Sachobjekt im kkusativ zu sich nehmen sollte, um so mehr als die egentmliche altwestnordische Konstruktion mit zwei Dativobjekten unbedingt alt sein mu,

    Auch deswegen halte ich es fr notwendig, von Grienbergers und Noreens Deutung abzulehnen.

    3,4. Von Friesen 1924 und Arthur Nordn 1934, 1940

    3.4.1. Einen ganz anderen Weg als die bisher genannten Forscher schlug von Friesen ein. In krawijan sah er eine Schreibung fr den Infinitiv urn. *firaujan > awn. fireyja `sich sehnen', eine bleitung von awn. fir f < urn, *abrawd- in der Bedeutung "Sehnsucht, sehnschtiges Verlangen, unruhiges Drngen" (Friesen 1924, 131). Weiter behaup-tete er, da das Verb urn. *haitan kkusativ der Person und Infinitiv regieren konnte, und zwar in der Bedeutung 'einem gebieten, etwas zu tun'. uf diese Weise gelangte er zu dem Passivsatz 'sich zu sehnen wurde er geheien (wurde ihm geboten)'.

    Dies ist nach von Friesen als ein feierlicher Fluch gegen den Grab-schnder zu verstehen (Friesen 1924, 134). Die Verwnschung soll bewirken, "da derjenige, der davon betroffen wird, von Sehnsucht, Migedeihen, Unruhe heimgesucht wird [. ,.] und vor mystischen Mch-ten keine Ruhe findet" (Friesen 1924, 132). Seine endgltige para-phrasierende bersetzung lautet: "Seine Ruhe und sein Gleichgewicht zu verlieren, in ngsten zu leben und zu verderben wurde ihm (d.h. dem mglichen Grabschnder) auferlegt" (Friesen 1924, 134).

    3.4.2. Nach von Friesen soll das Verb urn. * firaujan > awn. fireyja (Prt, firda, wozu analogisch fir, firan) hier in einer Bedeutung stehen, die man sonst bei den Verben thra und thrana im Mittel-schwedischen finden kann, nmlich 'aus Sehnsucht hinschwinden, ver-schmachten, verderben' (Friesen 1924, 132). Dies fand Nordn un-wahrscheinlich: "Diese Bedeutung von isl. kreyja mu jedoch mit

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    gutem Fug als welliger gebruchlich bezeichnet werden als die ge-whnliche, die noch heute in dem schwedischen Verb trd hervortritt: `1. sich sehnen, wonach sehnschtig verlangen, Heimweh haben [.,.]' (Rietz). Die Grundbedeutung 'unruhige Sehnsucht' scheint bei tr viel zu stark zu sein, als da man sich vorstellen kann, da die Bedeutung linschwinden, verderben' [,..] in einer formelhaften nwendung des Wortes am Anfang des 5. Jahrhunderts die wesentliche gewesen ist" (Nordn 1940, 321 f.).

    Nordn schlgt deshalb vor, da der Fluch gegen den Toten ge-richtet ist und ihn hindern soll, das Grab zu verlassen und als Wie-dergnger herumzuspuken. Seine bersetzung lautet: "Sehnsucht (nach dem Grabe zurck) sei [sic, schwed, vare] ihm (dem Beerdigten) auferlegt" (Nordn 1934, 103). Dieser Deutung haben sich spter von Friesen (mndlich) und etwas zgernd auch Krause angeschlossen (Krause 1966, 140): "sich zurckzusehnen (nach dem Grabe) war er (der etwaige Wiedergnger) geheien", 3.4.3. Gegen diese Deutung erheben sich allerlei Zweifel und Einwen-dungen. (1) Die Schreibung brawijan fr erwartetes *braujan ist sonderbar und hat keine gleichwertige Parallele in harija Skng (KJ 85) fr sonstiges harja. (2) Das Verb awn. heita steht mit einem persnlichen kkusativobjekt in einigen Redewendungen, die von Friesen herangezogen hat: heita e-n tt, brott, hedan, af vist, at rnum usw, Das Verb hat hier die Bedeutung `jemanden herausrufen, wegrufen usw.', d.h. `jeman-den bitten oder auffordern herauszukommen, wegzufahren usw,' (vgl. Fritzner 1954, 1, 777). Die Bedeutung des Verbs kommt hier der von von Friesen angegebenen Bedeutung `einem etwas gebieten' sehr nahe. Voraussetzung dafr ist aber, da das Verb von einem adverbiellen Glied Ilt, brott, hedan oder dgl, begleitet ist, was in dem urnordischen Satz nicht der Fall ist. uch kann awn. heita in diesen Fgungen mit keinem Infinitiv verbunden werden.

    Wenn awn. heita durch einen Infinitiv ergnzt ist, steht das Perso-nenobjekt im Dativ und die Bedeutung ist immer 'versprechen (pro-mise)', vgl, nisi, heita e-m ad gera e-t (Blndal 1920-24, 314), awn. Njll het at fara Nj 49, htusk keir af haudri Hkon reka Jmsv 12.

    Um eine Konstruktion *haitan + kkusativ der Person -I- Infinitiv mit der Bedeutung 'einem gebieten, etwas zu tun' fr das Urnordische begrnden zu knnen, mu von Friesen deshalb aengl. &Wan heran-ziehen (Friesen 1924, 133, mit zwei Belegen aus Beowulf), das hufig

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    so verwendet wird, vgl. hebt his engel On n 365 'er hie seinen Engel gehen'. hnliches gilt fr as. htan (nu hiet he m an thesan sTa fa ra n Hel 122) und ahd, heizzan (er hiaz inan irwintan tfr II 9, 52 'er hie ihn umkehren').

    Ein Durchgang des westgermanischen Materials bringt jedoch an den Tag, da die entsprechende Passivfgung in alter Zeit nicht belegt ist, und das ist kein Zufall. Diese Konstruktion gehrt nmlich zu dem bekannten Typ "kkusativ mit Infinitiv", der dadurch gekenn-zeichnet ist, da der kkusativ das logische Subjekt des Infinitivs ist. Fr solche Fgungen gilt seit alters folgende Regel: "Die Fgungen mit kkusativ und reinem Infnitiv knnen im llgemeinen nicht ins Passiv umgesetzt werden" (Dal 1962, 104). "Der kkusativ in der Verbindung kkusativ mit Infinitiv kann nicht zum grammatischen Subjekt gemacht werden" (Dal 1962, 153). Daraus folgt, da die Konstruktion, die von Friesen, Nordn und. Krause fr das Urnordische vorausgesetzt haben, syntaktisch nicht mglich ist. Die in der ltesten literarischen Zeit geltende Restriktion in der Anwendung dieses Verbs mu auch fr das Urnordische gegolten haben.

    3.5. Elmer H. Antonsen 1975

    ntonsen versucht, das Problem der obliquen Form des Wortes Prawi-jan durch die nnahme zu erklren, da die Inschrift unvollstndig ist und zugleich in zwei Stze zerfllt:

    firateijan, haitinaz was

    Trawija's (monument). (I,he) was commanded/called

    Die elliptische Formel mit dem Namen des Toten im Genitiv (ohne da ein Wort fr 'Stein' oder 'Grab' damit verbunden wre) findet sich auf den Steinen von Saude (wandardclas) und Belland (kefian), vgl. Krause 1966, 188 f. Hier steht aber der Personenname als einziges Wort auf dem Stein, so da dem Leser unmittelbar klar wird, da die Inschrift elliptisch ist.

    Ein wort in obliquer Form steht niemals elliptisch, wenn die Inschrift mit anderen Wrtern weitergeht, Ein Personenname im Nominativ kann dagegen syntaktisch isoliert vor einem folgenden Satz stehen, wie etwa InfiingaR Reistad und flaclulaikaR Kjlvik (sc, 'liegt hier'). Der darauf folgende Satz hat dann immer sein eigenes, sprachlich ausgedrcktes Subjekt, so da auch hier deutlich angezeigt ist, da der vorangehende Name einen eigenen Satz bildet,

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    Bei dieser Sachlage scheint es mir nicht berechtigt, das erste Wort der Tanum-Inschrift als elliptisch abzutrennen, um mit dem folgenden Wort einen neuen Satz beginnen zu lassen. brigens ist die nnahme vom Verlust mehrerer Runen nach dem Worte was sehr unsicher, vgl. oben 2.2 und 3,2.2,4. ber die bersetzung 'I, he was commanded' siehe oben 3.4.3,2, ber `1,he was called' oben 3.1,1 und 3.2.2,3.

    4, Eigene Deutung

    4.1. Nach dieser bersicht ber die syntaktischen Probleme, die die Inschrift firawijan haitinaR was bereitet, stellt sich von selbst die Frage: Gibt es etwa im ltwestnordischen Spuren von einer persn-lichen Passivkonstruktion mit heita, die vom Typ Knfrodr var s heitinn kv 1 ( 3.1,1) verschieden ist?

    Im Neuislndischen ist tatschlich eine solche Fiigung im Gebrauch, ist aber auf ein sehr spezielles Verwendungsgebiet beschrnkt: 871 kona [, ..] er iickum manni heitin (Blndal 1920-24, 314) 'diese Frau ist mit einem anderen Manne verlobt', Diese Fiigung beruht offenbar auf ei-ner Sonderanwendung des Verbs heita in der Bedeutung 'versprechen'. Vielleicht ist sie schon in einer Skaldenstrophe belegt:

    fivit eldgrundar Endils ttgcYri mr trdolu betr unnum nt ntri nr an heitin vri. Hfr lv 3

    `denn ich liebe jetzt die aus edlem Geschlecht stammende, tchtige Frau (eldgrundar Endils traclu) fast mehr, als wenn sie mir versprochen wre' (vgl. die bersetzung von Finnur Jnsson in SKJ 1912, 1, B, 158).

    Dieser Teil der Strophe ist jedoch schlecht berliefert, und die oben angefhrte Rekonstruktion Finnur Jnssons ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Im altenglischen ist aber eine genau entsprechende Fgung sicher belegt, vgl. sio gehten (is), geong goldhroden, gla-dum suna Frdan Beow. 2024 'sie ist, jung und goldgeschmckt, dem frhlichen Sohn Frodes versprochen'. Die bereinstimmung zwischen dem neuislndischen und dem altenglischen usdruck deutet auf hohes lter.

    Innerhalb des Nordischen steht diese usdrucksweise isoliert da, denn im Aktiv fordert das Verb awn. heita zwei bjekte im Dativ, auch wenn beide bjekte Personen sind, vgl. Hefir minn fadir meyjo

  • 284 OTTAR GRNVIK

    sinni grimmom heitit Granmars syni RH 1, 18 'mein Vater hat seine Tochter dem grimmigen Sohn Granmars versprochen', Im Passiv wre deshalb eine unpersnliche Konstruktion zu erwarten, und dafr kann man in der Prosa auch Belege finden, wie kom sv, at Brai var heitit meyjunni Eg 7. Wenn nun eine persnliche Passivfgung mit speziali-sierter Bedeutung daneben steht (nisi, hn var rum marmi heitin), mu diese eine ltere Konstruktion vertreten (heita + kkusativ der Person -F Dativ der Person), die im ktiv frh aufgegeben wurde und sich nur in passivischen Partizipialkonstruktionen erhalten hat,

    In der Inschrift von Tanum haben wir es offenbar mit einer derartigen Passivfgung zu tun. Diese mu ein personanzeigendes Subjekt haben und kann nur bedeuten: 'Dem Prawija war (ich/er) versprochen'.

    4.2. Was bedeutet denn firawija, -an m? Das Wort lt sich unschwer als eine bleitung zu awn. fir f < urn. *firaw- 'Sehnsucht' erklren, Es ist mit einem Suffix -jan gebildet, das zur Bildung von Nomina agentis diente und gerade im ltesten Nordischen produktiv war (vgl. Kluge 1926, 12-13; Meid 1967, 92, 1). Die Suffixvariante -ijan trat hier ein, weil dadurch die phonemische Struktur der Wurzel un-verndert bleiben konnte. Die Bildung ist also vom Urnordischen aus gesehen durchsichtig und klar; das Wort kann nur bedeuten `jemand, der sich (heftig) sehnt, der Sehnschtige'.

    Zu bemerken ist, da das Wort awn. fir f hufig von der Sehnsucht des Mannes nach einer Frau verwendet wird, vgl. fir() muna oss of vi eldask Korm lv 2 'meine Sehnsucht (nach dir) wird niemals veraltern' (hnlich Mhkv 13, 27, Sigsk 7, Fj 50).

    Wenn die Inschrift statt haitinaR die Form *haitinu gehabt htte: firawijan *haitinu was, wrde die Subjektperson eine Frau sein: `(sie) war dem Sehnschtigen versprochen'. Ein solcher Satz wrde den oben 4.1 zitierten islndischen und altenglischen Belegen genau entspre-chen und einen netten Sinn haben: Zeugnis einer glcklichen Verlo-bung. Die Form haitinaR setzt aber voraus, da die Subjektperson mnnlich ist, wie auch Jrawija, uf welche Situation zeigt dies hin? Wird im nordischen Kulturkreis ein Mann jemals einem anderen Mann oder einem Wesen mnnlichen Geschlechts versprochen?

    4,3, In Saxos Erzhlungen, in Fornaldarsagas und in Mrchen hat tto IIfler (116fler 1952) Spuren einer alten Glaubensvorstellung gefunden, die darin besteht, da ein Ehepaar vor der Empfngnis oder vor der Geburt ihr Kind einem Gott versprechen (geben, weihen) konnte, Dieser Gott wrde seinen Verehrer im Leben schtzen und ihn nach

  • Der Runenstein von Tanum 285

    dem Tode zu sich nehmen. Besonders von din wird dies berichtet. Er half seinen Schtzlingen im Leben, lie sie aber gnadenlos fallen, wenn ihre Zeit zu Ende war, um sie in sein Totenreich aufzunehmen. Dies nennt Hfler "die germanische Individualweihe" und hlt es fr eine wichtige Institution der altgermanischen Religion.

    Ein so kritischer Forscher wie Hans Kuhn rechnet auch mit einer solchen religisen Praxis: "Neben der Weihung von Feinden an den Kriegs- und Totengott hat es auch die ganz andere gegeben, mit der man einem Gotte Freunde zu eigen gab, um ihnen seinen besonderen Schutz zu sichern [,. .]. Diese Weihung lebt in der berlieferung hauptschlich in der Schicht der Sage und ist deshalb nicht ernst genommen, doch hat jetzt tto Hfler ihre Bedeutung stark heraus-gearbeitet" (Kuhn 1954, 427; Kuhn 1971, 372). Anne Holtsmark sieht ebenfalls hier "mehr oder minder vage Erinnerungen an heid-nischen Kult" (Holtsmark 1953, 145), und sogar lIflers ntagonist in dem Streit um die Rk-Inschrift, Elias Wessn, gibt zu, da dies "religionsgeschichtlich sicherlich von bedeutendem Interesse" ist (Wessn 1953, 173).

    4,4. In einem ufsatz von 1983 habe ich zu zeigen versucht, da diese religise Praxis der dunklen Schlupartie der Rk-Inschrift zugrunde-liegt. Einleitend werden (in der Form von minni 'Erinnerungen', d.h. `Gedchtnissprche') zwei Fragen gestellt, die ich hier in normalisierter altwestnordischer Sprachform wiedergebe, zuerst:

    hverr Ingoldinga vceri goldinn at kvnar hisli? `wer von den Nachkommen Ingvalds bei der Opferhandlung der Frau (einem Gotte) gegeben' wre?'

    und danach:

    hveim s borinn nir drengi? `welchem tapferen Burschen ein Verwandter (awn. niar) geboren sei?'

    Die ntwort auf diese letzte Frage verteilt sich auf zwei ussagen (minni), Zuerst wird die Identitt des tapferen Burschen durch seine Heldentaten angedeutet:

    4 Den Ansatz dieser Bedeutung des Verbs awn. gjalda, Part. goldinn werde ich in einer spteren Arbeit nher begrnden.

  • 286 OTTAR GRNVIK

    *Villi *nis (es-a) fiat, kna kntti Man; *villi *nis (es-a) fiat, n at *lni rdr

    `Das ist kein Irrtum, er konnte den Riesen quetschen; das ist kein Irrtum, auch nicht, da er den Verderber rtet (d.h. ttet).'

    Danach wird sein in komplizierten Runen verborgener Name wrtlich ausgedrckt und von hymnischen ttributen begleitet, die zugleich den Hhepunkt und den Schlu der Inschrift

    Drr, *sifi, va *veri 'Thor, Vershner (der Familien)5 , Schtzer der Tempel'.

    Die ntwort auf die Frage, wem ein Verwandter geboren sei, ist also; dem Gotte Thor. Und die ntwort auf die erste Frage, wer bei der pferhandlung der Frau (dem Gotte) gegeben worden sei, kann nur sein: der Sohn Vmod, zu dessen Verehrung und ndenken die ganze Runeninschrift hergestellt wurde. Weil er bei der pferhandlung "der Ehefrau" (d.h. der Ehefrau Varins, des Runenritzers) dem Gotte Thor gegeben (versprochen) wurde, wird er als dessen Verwandter, als Drs nidr geboren. hnlich ist wohl auch die Tatsache zu erklren, da Hkon jarl als Yggs nidr (Vell 20) und ragna konr (Vell 32) und da Knige und Huptlinge in Ynglingatal und Hleygjatal als Freys oder Ts Ottungr bezeichnet werden: Vor ihrer Geburt waren sie schon durch ein religises Rituale einem Gotte zugeeignet.

    Bei dieser Deutung erweist sich die Rk-Inschrift als ein wichtiges religionsgeschichtliches Dokument, das die in Frage stehende religise Praxis fr die frhe Wikingerzeit sicherstellt.

    Sifi' lt sich besser so erklren denn als 'Gatte der Sif' (Grnvik 1983, 128). Das Wort ist wohl, wie auch *veri (1.c. 127), ein Nomen agentis, kurzsilbig und deshalb analogisch gebildet. Es gehrt zu einem spter verlorenen Verb, das als got. gasibjon, aengl. (ge)sibbian 'vershnen' gut belegt ist, vgl. aber auch awn. sifjadr 'durch Schwgerschaft verbunden, verwandt'. Ursprnglich bedeutete es offenbar 'zwei Familien durch Heirat verbinden und dadurch vershnen'. Eine solche Funktion kann ohne Schwierigkeit dem Gotte Thor zugetraut werden, vgl. seine Weihefunktion in der DrymskviZa. 6 Die durchgehende und alles verbindende Formel sakumukmini = sggam'k minni `ich sage einen Gedchnisspruch (eine kurze Gedenkrede) auf' und ihre Beziehung zu dem jngeren Ausdruck moela fyrir minni, drekka minni (e-s) werde ich in einem spteren Aufsats nher errtern.

  • Der Runenstein von Tanum 287

    4,5, In einer vor kurzem erschienenen rbeit (Grnvik 1987) habe ich den nfang der Inschrift von Stentoften (KJ 96) behandelt und darin die epische Einleitung zum folgenden Grabschutzformular ge-sucht. Nach erneuten Uberlegugen zur Lesung und Deutung der z. T, beschdigten Runen lege ich hier eine etwas modifizierte Deutung vor, die mit der traditionellen Lesung der Runen besser iibereinstimmt7 :

    niu hA-boruR niu ha-gestumR hAku-wolAfR gAf A(h) hAriwolAfR ruAg(i) usnu hle `Neun hd-Shnen, neun hd-Gsten Hlfr opferte (sc. Beigaben); gab Herjolfr dem Sohne einen Grabhgel aus Feuer.'

    Einige Sprachformen bedrfen eines kurzen Kommentars, Da das Verb awn. gefa in sakraler Verwendung in der Bedeutung 'opfern, weihen' belegt ist (Beck 1967, 124; Diiwel 1984, 148), kann es auch hier in dieser Bedeutung (aber ohne bjekt) stehen, In dem Worte /ah/ sehe ich nicht mehr (wie Grnvik 1987, 125) eine alte Konjunktion, sondern das Prteritum des starken Verbs urn. *jehan, jah (= as., ahd. jehan) mit lautgesetzlichem Schwund des anlautenden j-. Eine neugebildete Prsensform iAr = jiiI? liegt auf der Spange von Formas vor und zwar in der Bedeutung 'geben, bertragen' (Grnvik 1987, 41); dort wie hier regiert das Verb Dativ der Person d- Dativ der Sache. In mAgi steckt das Wort /mgi/ = awn. megi 'dem Sohne'; nach der u-Synkope um 550 war das die lautgesetzliche Dativform (< urn. *magiu). In hle sehe ich eine Schreibung fr /hl/ = awn. hl < urn. hlaiwa (B, KJ 78), got. hlaiw usw. 'Grab, Grabhgel'. In literarischer Zeit ist dieses Wort vermutlich in den dinsnamen Ill.fefgar und Hlfreyr belegt (Noreen 1923, 97, 3; Vries 1962, 236), sonst nicht. (In dieser Inschrift bezeichnet die Rune M e somit nicht nur die Phoneme /e,e:/, sondern auch /,:/: ein kurzes // in gestumR = /gstumR/ und ein langes /:/ in hle = /hl:/. Vor dem erhaltenen Umlautsfaktor wird dagegen // als )I( notiert, vgl. mAgi = /mgi/ und hAri = /hri/ wie auch hAbu = /h4gbil/.)

    7 In einem Brief vom 15. Dezember 1987 teilte mir Marie Stoklund mit, da sie nach Autopsie im Sommer 1987 die herkmmliche Lesung von Rune IV 11 als N in bevorzuge und meine Lesung der Rune IV 13 als r k nicht akzeptieren knne; die erhaltenen Spuren liessen eher auf eine Rune X g schlieen.

  • 288 OTTAR GRNVIK

    Das nur hier belegte Wort usnu = /ysnu/ kann nur Dat, Sg, Ntr. eines djektivs awn. *ysinn < urn. *usinaR sein, in dem man ein mit dem Suffix -ina- gebildetes Stoffadjektiv zum Substantiv awn. ysja f. `Feuer' < urn, *usj erkennt (vgl. Vries 1962, 636). Das Syntagma ysnu hleTe (Dat. Sg,) bedeutet somit 'ein Grabhgel aus Feuer'; so kam ihnen der hoch emporflammende Scheiterhaufen mit den Leichen der Verstorbenen und den vielen Beigaben vor.8

    Die Inschrift berichtet, dalfr und Herjolfr neun Mnner ehren-voll beerdigt haben, Von diesen neun wird einer als der Sohn des Herjolfr bezeichnet; vermutlich war er der Anfhrer der neun Mnner. Auch lfr wird ein naher Verwandter des verstorbenen Huptlings gewesen sein, etwa der Grovater, der nkel oder der Bruder.

    Einen nhaltspunkt fr eine nhere Beschreibung der neun Mnner haben wir in ihrer Bezeichnung als 'h-Shne' und `hci-Gste'. Nehmen wir an, da das Adjektiv awn, h-r 'hoch' hier in der Bedeutung `sozial hochstehend, vornehm' steht, geraten wir in groe Schwierigkeiten. Die neun Mnner knnen ja nicht zugleich die Shne und die Gste des Herjolfr sein seine Shne wrde Herjolfr nicht zugleich als Gste bezeichnen; brigens scheint er nur einen Sohn unter den Gefallenen zu haben. Bei der nnahme, da die brigen acht Mnner die Shne des Illfr sind, versteht man nicht, warum nicht auch seine Vaterschaft angedeutet wird; und wie erklrt man dann die `Gste'? Da die Benennungen 'Shne' und `Gste` sich auf respektive Iferjolfr und

    8 Da es sich hier um die Weihe eines Grabes handelt, besttigen die folgenden Worte hideRrunono = hTdeR riinoni5 'das Lager der vertrauten Freunde', die ich jetzt (anders als Grnvik 1987, 128) als den Anfang der folgenden Grabschutzformel betrachte. Das Wort riinon ist der regelmige Gen. Plur. eines schwachen Mas-kulinums, das als awn. reini m 'vertrauter Freund' weiterlebt; seiner Herkunft nach (< germ. *ga-rianan-) bezeichnet es eigentlich Mnner, die Geheimnisse miteinan-der teilen, was ja fr diese neun Mnner vortrefflich pat, vgl. unten ber ihre Odin-Weihe. Das Wort hT6eR ist ein ursprnglicher es-Stamm, der spter sein -R analogisch verloren hat (vgl. awn. hiJ n 'Tierlager, Brenhhle' und GrOnvik 1987, 69); es scheint hier in einer lteren Bedeutung 'Lager, Ruhesttte (fr Menschen)' vorzuliegen, von der es auch im Altwestnordischen Spuren gibt (Grnvik 1987, 128). Neben dem alten es-Stamm run. hi-deR (> awn. hi 0) stand eine j-Ableitung urn. *h[dija n, seit etwa 500 *hi i (> awn. hdi, altschw. hUe). Es ist nun mglich, da finn. hiisi, obl. hiide-, dessen lteste Bedeutung 'burial place' ist (Koski 1977), als Lehnwort auf dieses nordische Wort zurckgeht, vgl. den Beitrag von Mauno Koski in diesem Band der SIDA. Das wre eine starke Sttze fr die oben angesetzte Bedeutung des runischen Wortes. Die Lehnwort-Theorie ist jedoch nicht ganz sicher, da fr das finnische WCirt auch eine andere Erklrung in Betracht kommt, siehe Koski 1977.

  • Der Runenstein von Tanum 289

    Hlfr beziehen sollte, ist syntaktisch unmglich. Um von diesen Schwierigkeiten loszukommen, mssen wir die Be-

    zeichnungen `hd-Shne' und 'h-Gste' mit dem dinsnamen *Hvi, obl. Hva 'der Hohe' (Hvm 109, 111, 164) verbinden; urn. *hauha-> hd- ist die alte Kompositionsform sowohl der starken wie der schwachen Form des djektivs.

    Die neun Mnner werden also zuerst 'hd-Shne' = 'dins-Shne' genannt. Das besagt wohl, da sie schon vor ihrer Geburt dem din zugeeignet waren und deshalb als seine Shne angesehen wurden, ganz wie Vmod in der Rk-Inschrift als der Verwandte Thors galt. Dem-zufolge haben wir es hier mit din-Kriegern zu tun, die vermutlich gleichzeitig im Kampf gefallen waren und hier eine gemeinsame Grab-und Kultsttte bekamen.

    Wenn sie danach 'hd-Gste' = 'dins-Gste' benannt werden, kann das nur bedeuten, da sie jetzt din in Walhall besuchen werden. Die Bezeichnungen hd-borumR und hd-gestumR sind es also, die in dieser Reihenfolge der Inschrift ihre religise Perspektive verleihen. Hier sprt man die feste berzeugung der din-Verehrer, da die ihm geweihten Krieger nach dem Tode in sein Totenreich aufgenommen werden. Diese zentrale Glaubensvorstellung der altnordischen Reli-gion kommt hier zum ersten Mal in einem schriftlichen Denkmal zum usdruck. 4.6. uf die beiden Inschriften von Rk und Stentoften gesttzt, kn-nen wir jetzt auch den Sinn der Tanum-Inschrift begreifen: firawijan haitinaR was `dem Prawija war (er) versprochen'. In Prawija mu der Name eines Gottes stecken, und das unausgedriikte Subjekt des Satzes kann sich wohl nur auf den Toten beziehen, dem der Stein errichtet wurde.9 Hier ist also ein heidnischer Grab- oder Gedenkstein, der von dem innigen Verhltnis des Toten zu seinem Gotte zeugt.

    4.7. Prawija ist also das heiti (der Deckname) eines Gottes, der durch

    9 Setzt man versuchsweise den Runenritzer (ek 'ich') als Subjekt an, strt das Tempus Prteritum. Denn von einem lebendigen Menschen erwartet man ja, da er von sich selbst sagt: `Ich bin einem Gotte versprochen (geweiht)'. Mit Prteritum wrde der Satz besagen, da er sich jetzt von seinem Gottesverhltnis losgelst htte. Dagegen kann eingewendet werden, da Passivfgungen mit vas (var) im Altwestnordischen oft mit 'wurde' bersetzt werden knnen, und ein Satz wie 'ich wurde einem Gott versprochen' knnte auch von einem lebendigen Gottesverehrer ausgesprochen sein. Bei der Annahme eines 'ich' als Subjekt wrde also der Satz gerade im Hinblick auf das Gottesverhltnis doppelsinnig sein, und das pat doch sehr schlecht auf einem Grab- oder Gedenkstein.

  • 290 OTTAR GRNVIK

    diesen Namen als 'der Sehnschtige, der sich (heftig) Sehnende' be-zeichnet wird. Gibt es einen frhnordischen Gott, der wegen seiner (heftigen) Sehnsucht so bekannt ist, da ein solcher Name ihn charak-terisieren und identifizieren wrde?

    Eine in literarischer Zeit wohlbekannte Mythe handelt von dem Gotte Freyr, dem Sohn des Njgrar, der eines Tages eine beraus schne Frau in den Jotunheimar erblickte; das war Gerar, die Tochter des Riesen Gymir. Par af fekk hann hugsttir miklar heit es in der Prosaein-leitung der Skrnisml, und in dem Gedicht wird berichtet, da er ofreidr 'sehr zornig' war, weil er sie nicht haben durfte. Tagelang sa er allein in seinem Haus med mikinn m6trega 'mit groem Kummer im (aufgeregten) Sinn' (Sk 3),

    Sein Diener Skrnir fhrt dann nach den Jotunheimar, um fr ihn zu werben, und durch Drohungen erzwingt er ihr Gelbde, innerhalb von neun Tagen dem Gott im Hain Barri zu begegnen: "dort wird Gerar dem Sohn des Nkror Freude gnnen." ls Freyr dies erfhrt, antwortet er mit den berhmten Worten:

    Lyng er ntt, langar ero tver, hv um fireyjak fir*? 'Lang ist eine Nacht, lnger sind zwei, wie halte ich drei aus?'

    Sk 42

    Von nfang bis Ende ist also Freyr in diesem Gedicht als der von sehnschtigem Verlangen nach der Riesentochter erfllte Gott dar-gestellt. Es ist zwar mglich, da gewisse alte mythische Elemente in diesem Gedicht literarischen Zwecken angepat sind; wahrscheinlich ist jedoch, da das Motiv der leidenschaftlichen Sehnsucht altererbter Mythenstoff ist und zum traditionellen Bild des Fruchtbarkeitsgottes gehrte es pat sehr gut zur Vorstellung von einem mnnlichen Fruchtbarkeitsgott .

    "Hinter der Mythe von Freyr und Geror liegt wahrscheinlich ein rituelles Frhlingsfest, in dem die 'heilige Hochzeit' zwischen dem Gott und der Erdgttin mit Prozessionen gefeiert wurde, wie sie Tacitus in seiner Schilderung der Erdgttin Nerthus und ihres Kults beschreibt" (Halvorsen 1980-82, 4, 618). Die Vorstellung von dem Fruchtbar-keitsgott und seiner leidenschaftlichen Sehnsucht nach der Erdgttin bzw. der Riesentochter wird deshalb eine zentrale, alte und weithin verbreitete religise Vorstellung gewesen sein. Darauf deutet auch die

  • Der Runenstein von Tanum 291

    bildhafte Darstellung des Freyr cum ingenti priapo, die sich laut dam von Bremen (um 1070) im Tempel von Uppsala befand,"

    Die Personenbezeichnung Prawija 'der Sehnschtige' kann deshalb kaum auf einen anderen Gott als Freyr bezogen werden, wenn sie wie hier in einem Kontext erscheint, der gerade eine Bezeichnung fr einen Gott erwarten lt.

    4.8. Der Inhalt der Tanum-Inschrift ist somit, da der Tote, dein der Stein errichtet wurde, dem Fruchtbarkeitsgotte Freyr versprochen war. Daraus folgt von selbst, da er ihm auch im Leben gedient hatte. Was wir aus den Inschriften von Rk und Stentoften heraus-lesen knnen, weist auf die weitere Vorstellung hin, da er nach dem Tode zu seinem Gott gekommen war, Dadurch wird verstndlich, wieso man die Inschrift auf seinem Grabstein (oder Gedenkstein) so knapp formulieren konnte. In ihrer gedrngten Form zeugt sie von heidnischer Glaubensgewiheit: Man wute, da der Tote dem Gott versprochen war; es erbrigte sich hinzuzufgen, da er nun auch bei seinem Gotte angelangt war.

    5. Schlubemerkungen ben haben wir drei nordische Runeninschriften besprochen, die von der alten heidnischen Sitte zeugen, ein noch ungeborenes Kind einem Gotte zu geben bzw. zu versprechen, d.h. durch ein religises Ritual es dem Gotte zuzueignen. Diese religise Institution, von der tto Hfler bei Saxo, in Fornaldarsagas und in Mrchen noch Spuren fand und die er "die germanische Individualweihe" nannte, ist somit fr die ltere nordische Zeit sicher bezeugt.

    Festzustellen ist nun, da man allen drei Hauptgttern des Nordens, dem Thor, dem din und dem Freyr Schtzlinge weihte. Da es sich bei Saxo und in den Fornaldarsagas nur um Weihungen an din handelt, wird darauf beruhen, da din im Sptheidentum gerade bei Kriegern und Skalden hohes nsehen und groe Beliebtheit gewonnen hatte und deshalb in literarischen Quellen hufig erwhnt wird.

    Die betreffenden Runensteine sind unterschiedlichen lters. Der Rk-Stein ist auf die frhe Wikingerzeit (800-820), der Stein von Sten-toften auf das 6. Jahrhundert (550-580/600) und der Stein von Tanum mit einer rein urnordischen Inschrift auf den Zeitraum 200-500 zu

    1 ber die 1979 in stfold in Norwegen gefundene Holzfigur mit erigiertem Phallos aus der Zeit um 300 siehe Johansen 1985.

  • 292 OTTAR GRNVIK

    datieren. Die Formen der Runen j, R und w sowie die Schriftrichtung von rechts nach links passen in den letzten Teil dieser Epoche nicht gut hinein. Krause datiert die Inschrift auf die Zeit um 400, und das mag das Richtige treffen. Die erwhnte religise Praxis erstreckt sich also von der spten Rmerzeit bis in die frhe Wikingerzeit hinein.

    Diesen Runensteinen mssen wir somit eine religise Funktion zu-erkennen, Diese Mglichkeit ist wohl auch bei der Interpretation anderer alter Runeninschriften in Betracht zu ziehen.

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