Der Spiegel No 33 Vom 08 August 2015

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Der Spiegel No 33 Vom 08 August 2015

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DIE SOOOH!-EINFACH-RATE VON OPELEINFACH ALLES IM BLICK FR 3**.Kraftstoffverbrauch Opel Mokka Selection 1.6 ecoFLEX Start/Stop, 85 kW (115 PS) innerorts 8,88,52 l/100 km, auerorts 5,85,52 l/100 km, kombiniert 6,96,62 l/100 km; CO2-Emission kombiniert 1591532 g/km (gem VO (EG) Nr. 715/2007). Effizienzklasse ED2Kraftstoffverbrauch Opel Mokka Edition 1.4 Turbo ecoFLEX, 103 kW (140 PS) innerorts 8,97,62 l/100 km, auerorts 5,95,12 l/100 km, kombiniert 7,06,02 l/100 km; CO2-Emission kombiniert 1601242 g/km (gem VO (EG) Nr. 715/2007). Effizienzklasse DBBeispiel-Kalkulationen: einmalige Leasingsonderzahlung 0,00, Laufzeit 48 Monate, effektiver Jahreszins 1,99 %, Sollzinssatz p. a., gebunden fr die gesamte Laufzeit, 1,99 %; Laufleistung 7.500 km/Jahr: *Fr den Mokka Selection 1.6 ecoFLEX Start/Stop, 85 kW (115 PS): voraussichtlicherGesamtbetrag112.913,00,mtl.Leasingrate220;Gesamtkreditbetrag/-fahrzeugpreis(UPE)23.205,00; Mehrkilometer 0,9/km, Freigrenze 2.500 km. **Fr den Mokka Edition 1.4 Turbo ecoFLEX, 103 kW (140 PS) inkl. oben genannter Innovation: voraussichtlicher Gesamtbetrag1 13.537,00, mtl. Leasingrate 282; Gesamtkreditbetrag/-fahrzeugpreis (UPE) 24.340,00;Mehrkilometer0,01/km,Freigrenze2.500km. 1Summeaus:Leasingsonderzahlungundmtl.Leasingraten. PrivatkundenangebotederOpelLeasingGmbH,MainzerStrae190,65428Rsselsheim,basierendaufdenunverbindlichen Preisempfehlungen der Adam Opel AG, zzgl. berfhrungskosten. Nach Vertragsabschluss steht Ihnen ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. berfhrungskosten sind nicht enthalten und separat an den anbietenden Hndler zu entrichten. Nur bei teilnehmenden Opel Partnern und bis 30. 09. 2015 gltig. 2Mit rollwiderstandsarmen Reifen.So einfach geht Rate nur bei Opel: z. B. den Mokka Selection schon ab 220* ohne Anzahlung. Oder den Mokka Edition schon ab 269** ohne Anzahlung und fr nur 3** mtl. mit Rckfahrkamera. Stellen Sie sich Ihren Opel Mokka mit vielen gnstigen Extras zusammen. Mehr Infos zur groen Raten-Offensive bei Ihrem teilnehmenden Opel Partner und auf opel.deab 220*Der Opel MokkaOH!ne AnzahlungDreitausend Menschen,dreiDutzendToilet-ten,dreiTrinkwasserstel-len:DieFlchtlingeimfranzsischenCalaissindverzweifelt. Europa ist hier,wiedieSPIEGEL-Redak-teureNicolaAb,Sven BeckerundChristophScheuermannerfahrenmussten,einSlum undbleibtdochSehnsuchtsortfrsovieleandere.ZumBeispielfrjene,dieaufdem Mittelmeer unterwegs sind, zusammengedrngt auf Holz- oder Schlauch-booten. SPIEGEL-Redakteurin Juliane von Mittelstaedt und der Fotograf ChristianWerner fuhren auf einem Schiff von rzte ohne Grenzen mit und durften er -le ben, wie 267 Menschen aus einem Boot gerettet wurden, eine gute Nachrichtin diesen Tagen. Eine andere lautete, am Mittwoch: Kutter gesunken, vor Libyen,Hunderte Tote. Der SPIEGEL stellt deshalb seine Flchtlingsserie um und beschf-tigt sich in dieser Ausgabe mit dem Drama auf dem Mittelmeer. In der nchstenWoche: das gute Deutschland wie Brger den Flchtlingen helfen. Seiten 76, 82VorvierJahrenhatteChi-nasStaatssicherheitdenAktionsknstlerAiWeiweiverschlepptundseinenPasseingezogen, nun durfte Ai aus-reisen.China-KorrespondentBernhardZandtrafinMn-chenaufeinenerleichtertenundzugleichnachdenklichenMann. Ai geniet den SommermitseinerLebensgefhrtinundseinemSohn,denerseiteinem Jahr nicht mehr gesehenhatte. Und er grbelt ber sich als Knstler und Aktivist, dem pltzlich ein zen-traler Gegenstand und Gegner fehlt der Staat, der ihn so lange festhielt, ber-wachte und kujonierte. Ai Weiwei hat mit den vergangenen vier Jahren nochlange nicht abgeschlossen, sagt Zand. Pekings Schatten sind lang. Seite 110Panikattacken,Herzrasen,pltzlichesHerzversagen bereitsmehrere Teenager sind nach dem bermigen Konsum von Energydrinks gestorben.In Litauen darf das Getrnk nicht mehr an Minderjhrige verkauft werden, inDeutschlandbeschrnktsichdiePolitikaufWarnhinweiseundAufklrungs-kampagnen.VieleJugendlicheschttendasZeugliterweiseinsichhinein,sagt Redakteurin Antje Windmann, die Hinweise auf den Getrnken interes-sierendieberhauptnicht.WindmannundihreKollegenKatrinElgerundBenjamin Knaack wissen nun alles ber die Risiken, sie selbst sind nicht in Ge-fahr: Die sen Drinks schmecken ihnen nicht. Seite 40DienchsteSPIEGEL-Ausgabe wirdwegendesFeiertagsMariHimmelfahrtbereitsam Freitag, dem 14. August, verkauft und den Abonnenten zugestellt. Die digitale Aus-gabe ist ab Donnerstag, 18 Uhr, verfgbar.3 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTOS: JASON FLORIO / MOAS.EU (O.); DIETER MAYR / DER SPIEGEL (U.)Betr.: Flchtlinge, Ai Weiwei, EnergydrinksDas deutsche Nachrichten-MagazinHausmitteilungDas deutsche Nachrichten-MagazinAi, ZandWerner, Mittelstaedt Worum geht es?Schulhfe sind oft langweilig. Pausenrume de, Klassenzimmer zu frontal. Das muss sich ndern! Wir suchen Design-Ideen, die die Schule attraktiver machen. Die Vorschlge sollen reproduzierbar und in vielen Schulen einsetzbar sein.Wie kann man teilnehmen?Mitmachen kann jeder! Die Einreichungfrist luft bis zum 31. August 2015. Die Wett be -werbs unter lagen und das Online-Formular fr die Beitrge gibt es unter www.spiegel.de/orange-award Wie luft der Wettbewerb ab?Aus allen Beitrgen stellen wir die zehn besten Ideen ab Ende September 2015 aufSPIEGEL ONLINE vor. Die Leser knnen dann ihrem Favoriten eine Stimme geben. Am 31. Oktober 2015 geben wir die Gewinner bekannt. Was gibt es zu gewinnen?Vergeben werden ein Jury- Preis und ein Publikumspreis. Beide Preise sind jeweils mit 2500 Euro dotiert. Die Sieger stellen wir im KULTUR SPIEGEL und auf SPIEGEL ONLINE vor. In Kooperation mit JETZT MITMACHEN! DAS DARF IN KEINER SCHULE FEHLEN!4 Titelbild: Montage DER SPIEGEL; Fotos Getty images (2)Wasserfall Godafoss in IslandVerzweifelter MutMigration Wer nach Europa will, riskiertmitunter mehrfach sein Leben: erst auf demBoot nach Italien, dann am Tunnel nachEngland. SPIEGEL-Teams erlebten einen Ret-tungseinsatz im Mittelmeer und begleite-ten Flchtlinge bei dem Versuch, die Zunevon Calais zu berwinden. Seiten 76, 82Druck auf die PresseAffren Mit dem Rauswurf von General-bundesanwalt Range will die Bundes-regierung nur scheinbar die Verfolgung vonJournalisten stoppen. Tatschlich lassenMinister und ihre Geheimdienste kaum etwas unversucht, um Reporter und deren Quellen einzuschchtern. Seite 24Rasend gnstigTextilien Die irische Kette Primark ver-kauft T-Shirts fr drei Euro und gilt Kritikern damit als Inbegriff des verant-wortungslosen Billigheimers. Im SPIEGEL-Gesprch verteidigt Nordeuropa-ChefWolfgang Krogmann das Geschft mit derschnellen Mode. Seite 66Wem gehrt das Wasser?Rohstoffe Die wichtigste Ressource wird knapp, Drren brei-ten sich aus. Der Klimawandel verschrft die globale Was -serkrise, aber in erster Linie ist sie Menschenwerk. Auch dieDeutschen tragen dazu bei, dass in anderen Lndern das Wasser ausgeht durch ihr Konsumverhalten. Seite 8FOTOS SEITE 4: RAINER GROSSKOPF / OKAPIA (O.); KAY NIETFELD / DPA (U. L.); CHRISTIAN WERNER / DER SPIEGEL (U. M.); FISCHER / DAVIDS (U. R.); SEITE 5: IMAGO (O.); JRGEN FRANK / DER SPIEGEL (M.); ANDREA ARTZ / DER SPIEGEL (U.)In diesem Heft5 DER SPIEGEL 33 / 2015TitelRohstoffe Klimawandel und Verschwendung lassen die kostbare Ressource Wasser knapp wer-den globale Krisen knnten die Folge sein 8DeutschlandLeitartikel Die Angst der Mchtigen verbindet die SPIEGEL-Affre und den Angriff auf Netzpolitik.org 6Wirtschaftsministerium genehmigt mehr Rstungsexporte / Bessere Absicherung frpflegende Angehrige / Bundes-polizist unter Kinderporno-Verdacht /Kolumne: Der schwarze Kanal 18Affren Scheinheilig hlt die Regierung im Fall Netzpolitik.org die Pressefreiheit hoch im Alltag drangsaliert sie Journalisten 24Medien Wie sich das Leben vermeintlicherLandesverrter gendert hat 26Bundeswehr Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bekommt ihre Rstungsprojekte nicht in den Griff 29Umwelt SPIEGEL-Gesprch mit dem Kieler Ministerprsidenten Torsten Albig ber das Regierungsversagen in der Energie- und Kohlepolitik 33Medizin Die Kassenarzt-Vereinigungenversinken in Skandalen 36Kunstmarkt Ein Buch beschreibt das illegale Geschft mit antiken Kulturgtern39Gesundheit Tdliche Gefahr durchEnergydrinks 40Essay Notizen aus einer deutschen Kneipe von SPIEGEL-Autor Stefan Berg 46Strafjustiz Musste die Jesidin Margret K. sterben, weil sie zum Christentum konvertieren wollte?48Prominente Das Geschft mit Deutschlandsucht den Superstar50Faktencheck Hat die CSU ein Verfassungsproblem? 51GesellschaftSechserpack: Was Ursula von der Leyenwirklich gut kann / Nur noch die Deutschen lieben ihren Strandkorb52Eine Meldung und ihre Geschichte Warum derVogel bei einem Schtzenfest auch nach ber 500 Schssen nicht von der Stange fiel 53Atomwaffen Katholische Priester und Nonnen fordern seit 35 Jahren die Atommacht USA heraus 54Homestory Was passiert, wenn man inBerlin einen Pass beantragen, eine Wohnunganmelden oder ein Auto zulassen will 59WirtschaftAtomkonzerne wehren sich gegen Gabriel-Plan / Asylbewerber sollen frher als Leiharbeiter anfangen 60Internet Hacker bringen Autos und medizi -nische Gerte unter ihre Kontrolle und verunsichern Kunden und Konzerne 62Schuldenkrise Die griechischen Banken brauchen dringend Kapital, doch die Geldgeber zgern 65Textilien SPIEGEL-Gesprch mit Primark-Manager Wolfgang Krogmann ber Erfolg und Ethik der Billigmodekette 66Gastronomie Food-Trucks ersetzen Kantine und Imbissbude71Lufthansa Konzernchef Carsten Spohr will sparen,indem er Kurzstreckenpiloten auf Langstreckenjets fliegen lsst 72Serie Teil III: Migration Unterwegs mit den Nothelfernvon rzte ohne Grenzen, die im Mittelmeer Flchtlinge aus Seenot retten 76Das Flchtlingsdrama von Calais82AuslandDer neue Taliban-Chef verschwieg jahrelangden Tod seines Vorgngers Mullah Omar /Moskau lehnt deutschen Militrattach ab 74Kuba In Havanna testen Knstler, Restaurant -besitzer und Geschftsleute die neueFreiheit und treiben so den Aufbruch voran86Israel Verteidigungsminister Moshe Yaalonhlt das Nuklearabkommen mit Iran fr einen historischen Fehler 89Global Village Ein 19-Jhriger aus Amsterdamerstellt die genauesten Karten von den unbersichtlichen Kriegsgebieten in Nahost 90SportDer Markenwert von Deutschlands Fuball-stars / Uno-Sonderberater Willi Lemke berseine komplizierten Vermittlungsbemhungenzwischen Sd- und Nordkorea 91Fuball Wie Trainer Thomas Tuchel BorussiaDortmund wiederbeleben will 92Leichtathletik Verdchtige Blutdaten setzenden Weltverband IAAF unter Druck 96Wissenschaftrzte ohne Grenzen will die Ebola-Epidemiein Westafrika mit erfolgreich getestetem Impfstoff beenden / Babysitter iPad / Was verraten die Bruchkanten des Boeing-Wrack-teils ber den Absturz von Flug MH370?98Medizin Hunderte Eltern sind mit ihrenschwerst epilepsiekranken Kindern nach Colorado Springs gezogen, weil es dort Cannabisl gibt die letzte Hoffnung 100Physik SPIEGEL-Gesprch mit dem amerika-nischen Nobelpreistrger Frank Wilczek ber Schnheit in den Naturgesetzen und seine kuriose Wette auf Susy-Teilchen 104Geschichte Spurensuche im Sherwood Forest wo tummelte sich der wahre Robin Hood? 107KulturEin kritisches Buch ber Stalin wird in Russland nicht erscheinen / Die Kokain-Serie Narcos / Kolumne: Besser wei ich es nicht 108Dissidenten Ai Weiwei sucht jetzt in Europa eine neue Rolle als Knstler 110Skandale Wie sich die Opfer gegen den mut-malichen Vergewaltiger Bill Cosby wehren114Dokumentationen Der Schriftsteller Jonathan Littell dreht einen Film ber afrikanische Kindersoldaten 118Legenden SPIEGEL-Gesprch mit Londons Brgermeister Boris Johnson ber sein Idol Winston Churchill und ein Europa ohne Grobritannien 120Literaturkritik Monique SchwittersBeziehungsroman Eins im Andern 123Bestseller 113Impressum, Leserservice 124Nachrufe 125Personalien 126Briefe 128Hohlspiegel /Rckspiegel 130Thomas TuchelEr ist der Jungstar der Trainer-branche und soll BorussiaDortmund wieder zu einemSpitzenteam formen. Einschwieriges Unterfangen: Ak-zeptiert der Klub den Reform-eifer des Neuen und verste-hen ihn seine Spieler? Seite 92Megan RiceSie ist Nonne, 85 Jahre alt undsa mehrmals im Gefngnis.Dabei ging es ihr nur um denWeltfrieden: Mit zivilem Ungehorsam wollte Rice dieAtommacht USA bndigen.Jetzt zieht sie Bilanz, 70 Jahrenach Hiroshima. Seite 54Boris JohnsonEr ist der Brgermeister vonLondon und hat eine Biografieber Winston Churchill geschrie-ben. Im SPIEGEL-Gesprch schil-dert er dessen Einzigartigkeitund behauptet, Europa ohneGrobritannien wre nicht dasEnde der Welt. Seite 120 Wegweiser fr Informanten: www.spiegel.de/investigativDieInhaltewarennichtentscheidend,damalsnicht,diesmal nicht. Damals, 1962, hatten unsere Vorgngerin der SPIEGEL-Redaktion eine zwar wichtige und in-vestigative, aber doch sperrige und gewiss nicht landesverr-terische Geschichte zusammengetragen. Der Kanzler verlieseine Hauptstadt Bonn. Wie der Fhrer zu Beginn des West-feldzuges am 10. Juni 1940 frhmorgens, bezog er einen Be-fehlsbunker in der Eifel. So beginnt jener berhmteste TextderSPIEGEL-Geschichte,rund8000Wrterund16Seitenlang. Das Nato-Manver Fallex 62 habe erwiesen, so stehtes da, dass im Kriegsfall die deutsche LebensmittelversorgunghnlichschnellzusammenbrechenwrdewiedasSanitts-wesen; bis zu 15 Millionen Westdeutsche wrden einen Atom-krieg nicht berleben. Deutschland sei zur Abwehr bedingtgeeignet, dieses Fazit der Nato zitierten unsere Vorgnger. Stolz waren sie zunchst nicht. Rudolf Augstein schwenkteimKonferenzraumdasHeftundfragte:Hatwohlkeiner gelesen?TitelautorConradAhlerssagte:EinemhsameLektre.NurfrbesondersinteressierteLeserver-daulich.AlsAugsteininhaftiertwar,103Tagelang,warernichtganzderfurchtlose Chef, den sich die Redaktiongewnscht htte; eigentlich habe er dieGeschichte nicht einmal gelesen, sagteer den Ermittlern. Als er freikam, warAugstein angstfrei und Strau der Ge-prgelte.Geschichte,soKarlMarx,ereignesichzweimal,zunchstalsTragdieunddannalsFarce.DiesmalalsohatdasBlogNetzpolitik.orggeschrieben,dassimBundesamtfrVerfassungs-schutzeineneueEinheitdaranarbei-tensolle,massenhaftInternetinhaltewie Kontaktlisten oder Facebook-Verbindungen zu berwa-chen (siehe Seite 24). Die Betreiber des Blogs, Andre Meisterund Markus Beckedahl, sind so keck wie kundig, recherchie-ren, kuratieren und kommentieren gekonnt, und weil sie sichnichtberschtzen,fandensiejeneTexte,umdieesnungeht, nicht weiter gefhrlich. Die Plne des Verfassungsschut-zes waren gar nicht so neu, waren lngst ein Gesprchsthemain Berlin. Landesverrat, damals, 1962? Und allen Ernstes heute wieder,im Sommer 2015? Neulandesverrat*?Damals, 1962, war Dieter Wild 31 Jahre alt und RedakteurimRessortDeutschlandII,underverdiente1500MarkimMonat; in den Neunzigerjahren war er unser stellvertretenderChefredakteur. Dieter Wild erzhlt, dass die Staatsmacht 1962gegen den SPIEGEL ausgerckt sei, um ihn zu zerstren; eswareinekriegsmigeBesatzung,derganzeSpeersortinHamburgvollerPolizeiwagen.SiegfriedBuback,ErsterStaatsanwalt, habe dann in der Redaktion gestanden und die* Eine Wortschpfung des Kollegen Moritz Stadler, 26.Druckfahnen gelesen, ein Akt der Zensur, so Wild. Die Re-daktion habe Bedrckung und ernsthafte Sorge empfunden. Das ist heute anders. Das dmmliche Verfahren muss undwirdeingestelltwerden;beiNetzpolitik.orgsorgtmansichkaum mehr, angeblich lachen sie dort schon wieder. Esgibtdennochsomanches,wasbeideFlleverbindet.DamalswieheutesolltenInformantengejagtwerden,daswar Regierungen und ihren Helfern wichtiger als der Schutzder Pressefreiheit. Und es stimmt etwas nicht im politischenSystem, wenn die Justiz den Diensten dient und beide sichgegen Medien verbnden; und wenn Staatsanwlte und Ge-neralbundesanwlte fr politische Interessen verheizt werdenknnen, wenn also (damals) ein Verteidigungsminister oder(heute)einVerfassungsschutzchefdieJustizmissbrauchenknnen. Es braucht mindestens starke und vom brigen Ka-binett unabhngige Justizminister und eher noch eine Debatteber die Freiheit von Justiz und Presse in neuen Zeiten. Denn vor allem waren und sind dadie Unsicherheit und die Angst der Re-gierenden in einer Phase des Wandels.1962 waren Obrigkeit und BundeswehrAutoritten,Mnnerentschieden,obihre Gattin arbeiten durfte, der Feindstand im Osten. Der SPIEGEL war an-ders,fragte,kritisierte.Strau(DieSchweine, jetzt haben wir sie endlich.)ertrug diesen Augstein nicht, Adenauerwitterte einen Abgrund von Landes-verrat, beide sahen, dass in der Repu-blik etwas Neues und bedrohlich Freiesanfing.1962beganndasJahr1968,so Franziska Augstein. HeuteweidieBundesregierung,dass sie sich verstrickt hat in eine Aff-re,indersieursprnglicheinOpferwar.Siewei,dasssieunfhigist,dieeigenenBrgervornur noch offiziell befreundeten Geheimdiensten zu schtzen.Sie traut sich aber nicht, noch immer nicht, der NSA und denUSA Grenzen zu ziehen, gibt keine Fehler zu, erklrt nichts,schweigt blo, regiert nicht. Angela Merkel hat von dem An-griff auf Netzpolitik.org wahrscheinlich nichts gewusst; aberwas da passiert ist, passt in ihre Amtszeit: auf keinen Fall ge-gen die groe NSA antreten immer auf die Kleinen.Und die Geheimdienste sehen, dass ihre Arbeitsgrundlageverschwindet: Geheimnisse. Alles kann herauskommen, fallses denn digitale Spuren hinterlassen hat; und alles hinterlsstdigitale Spuren. Wie geht man mit neuer Ungewissheit um?MankanneinevernderteGegenwartalsAbenteuerbe-gren.Straukonntedasnicht,understaunlichist,dassauchdieamtierendeRegierungundihreHelferdasnichtschaffen.53Jahrespter.DasseseineplumpeWutattackewar, wieder solch ein Racheakt verunsicherter lterer Herren,das ist das Jmmerliche, was die beiden Affren verbindet.Klaus Brinkbumer Twitter: @Brinkbaeumer 6 DER SPIEGEL 33 / 2015NeulandesverratDie Angst der Mchtigen fhrte zur SPIEGEL-Affre und zu den Attacken gegen Netzpolitik.org. FOTO: ANDREAS PEIN / LAIFBro des Bloggers BeckedahlLeitartikelDas deutsche Nachrichten-Magazin* Finanzierungspartner sind Geschsbanken, Sparkassen, Genossenschasbanken und Direktbanken.** Bei einer Energieeinsparung von mindestens 30 % (Premiumstandard) gelten fr einen Kredit ber 500.000 EUR zur Modernisierung von Produktionsanlagen in der Preisklasse B folgende Konditionen: 1,50 % Sollzins p. a. und 1,51 % Eektivzins p. a. bei 10 Jahren Laufzeit, 2 tilgungsfreien Anlauahren und 10-jhriger Zinsbindung. Fr einen Kredit ber 3 Mio. EUR fr einen Neubau zum KfW-E zienzhaus 55 gelten in der Preisklasse B identische Konditionen. Zustzlich wird der Rckzahlungsbetrag durch einen Tilgungszuschuss von bis zu 5 % des Zusagebetrages (maximal 50 EUR je Quadratmeter) gemindert (Stand 17.07.2015).Machen Sie Ihren Betrieb energiee zient und zukunsfhig mit gnstigen Krediten und Tilgungszuschssen der KfW. Ob Produktionsanlage, Lichttechnik oder Neubau: Nutzen Sie die energiee ziente Modernisierung Ihres Betriebs, um nachhaltig wettbewerbsfhig zu bleiben. Je mehr Energie Sie sparen, desto hher die staatliche Frderung. Mehr Infor-mationen bei Ihrem Finanzierungspartner* oder direkt Beratungstermin anfragen unter: kfw.de/beratungstermin.Energiee zient modernisieren ab 1 % e. p. a.**Unser Rezept ist schnell erklrt: weniger Energiekosten, mehr Erfolg.Mit einer KfW-Frderung fr Unternehmer, die auf Energiee zienz setzen.8 DER SPIEGEL 33 / 2015Ausgetrockneter See in KalifornienBis zum letzten TropfenRohstoffe Das Wasser wird knapp, weltweit nehmen Drren zu mitschuldig daran sindVerbraucher, die spanische Erdbeeren kaufen, aber auch Regierungen und Konzerne, die sich an der wichtigsten Ressource der Zukunft bereichern. Sie ist wertvoller als Erdl. TitelMnner wie Edward Mooradian ret-tenKalifornien,dennohnesiegbeeshierkaumnochWasser,und ohne Wasser gbe es, im vierten Jahreiner epischen Drre, nur noch Wste. Esist deshalb ein zynischer Scherz oder dieganzeGeschichteineinemSatzundvorallem eine tragische Wahrheit, dass Mn-ner wie Edward Mooradian Kalifornien zu-gleichzerstren.SieverschlimmerndieNot, die sie lindern wollen. Catch-22 nen-nendasdieAmerikaner,wennesnurschlechte Alternativen gibt; wenn das Spielverloren ist, so oder so.An einem Sonntagmorgen im Juli stehtEdwardMooradianzwischenOrangen-undZitronenbumcheninderNhevonFresnoimCentralValley,jenemLand-strichimHerzenKaliforniens,derdieUSA,KanadaundEuropamitObst,Ge-mse und Nssen versorgt. Es ist erst kurzvor acht Uhr, aber hei und fast windstill.Mooradian,braungebranntundkrftig,mitHelmundSonnenbrille,schaltetdieBohranlage auf seinem Truck ein. Sie gibteinwtendesGurgelnvonsichundver-senkt ein langes Rohr in der Erde.Mooradian bohrt nach Grundwasser, undseitdem in Kalifornien die Flsse und Seenaustrocknen, tut er das Tag und Nacht, sie-ben Tage die Woche. Sein Auftragsbuch frdienchstenMonateistsovoll,dassernicht mehr ans Telefon geht. Er knnte dieAnrufernurvertrsten,undesbedrcktihn, ihre Verzweiflung zu hren. Sie brau-chen dringend Wasser, die Bauern, die we-genderDrrevordemBankrottstehen,aber auch Familien, die Alten und die Kran-ken,dieseitMonatenoderauchJahrenohneeinenTropfenflieendesWasser lebenmssen,hierinKalifornien,dem Urlaubsparadies, The Golden State.Beim letzten Brunnen sind wir bis auf360Meterruntergegangen,sagtMoora-dianundwischtsichmitdemUnterarmdenSchweiausdemGesicht.Erdeutetauf das Schlamm speiende Loch: Das hiersoll blo 120 Meter tief werden, das kn-nen wir auch im Schlaf.Die Frage ist nur, ob er da unten Wasserfindet.Wennja,wreseinAuftraggeber,ein Landwirt, vorerst gerettet. Die kilome-terlangenReihenidentischaussehenderObstbumchenbliebengrn,imGegen-satz zu der Verwstung um sie herum: ris-sige Erde, fahlgelbe Wiesen und tote Bu-me, deren ste mahnend in den Himmelragen wie Dinosaurierknochen. Undwennnicht?Krzlichhabenwirhier in der Nhe ein 270 Meter tiefes Lochgebohrt, das trocken war, erzhlt Moora-dian.OMann,dashatmichkrankge-macht.DiearmenLeute,siehattensichverschuldet fr diesen Brunnen. Nicht nur die kalifornischen Flsse undSeenversiegen,auchdastiefliegendeGrundwasser schwindet rapide. Denn dieMehrheitder40MillionenKaliforniersaugt inzwischen an dieser letzten Wasser-reserve, so heftig und unkontrolliert, dassder Boden unter ihnen absackt, im Extrem-fall bis zu drei Meter im Jahr. Der unterir-discheSpeicherkollabiert.Deshalbwer-den Brcken instabil, Bewsserungskanleund Straen gehen kaputt. Dieses Grundwasser erneuert sich nicht;es ist viele Tausend Jahre alt. Immer tiefermuss bohren, wer das Wettrennen um dieletzten Vorrte gewinnen will. Mnner wie Edward Mooradian helfenDurstigenundVerzweifelten,anWasserzu kommen. Und zugleich tragen sie dazubei, dass hier bald alles zusammenbricht. Die durstige Welt Aus dem All betrachtet mag die Erde einblauerPlanetsein,dochnur2,5ProzentdiesesWasserssinds.Siewerdenver-schwendet,verdreckt,vergiftet,undsiesind himmelschreiend ungerecht verteilt. Die Weltbevlkerung hat sich seit 1950fast verdreifacht, der Wasserkonsum etwaversechsfacht. Und weil die Menschen mitihrem Treibhausgasaussto das Klima aufder Erde verndern, wchst die Ungerech-tigkeit noch.Wenn die Rede davon ist, dass Wasserknapp wird, geht es zunchst einmal umMenschen, die Durst leiden. Nahezu eineMilliardeMenschenmssenverseuchtesWasser trinken, weitere 2,3 Milliarden lei-denunterWassermangel.Wiesollenim-mermehrMenschenmitimmerwenigerWasser ernhrt werden? Aber es geht eben lngst nicht nur umMenschen in Entwicklungslndern. Es gehtauchumdiegewaltigenWaldbrndein Kalifornien, die durch Drren begnstigtwerden,umdieverdrrendenAnbauge-biete in Spanien, die Geschfte von globa-lenKonzernen.IngigantischemAusmawird Wasser verschwendet, um Profite zumachen und Landwirtschaft an Orten zubetreiben, wo sie nicht hingehrt.Das Prinzip aller Dinge ist Wasser, soerkannte schon im 6. Jahrhundert vor Chris-tusderPhilosophThalesvonMilet.Gutzweieinhalbtausend Jahre spter, am 28. Juli2010, hielten es die Vereinten Nationen frntig,denZugangzuWasserzumMen-schenrecht zu erklren. Es war ein Akt derVerzweiflung:KeinanderesihrerMillen -niumsziele hat die Uno so deutlich verfehltwie jenes, die Zahl der Menschen ohne die-sen Zugang bis 2015 zu halbieren. Es geht um die Frage: Ist Wasser ein f-fentlichesGut,einMenschenrecht,oderletztlich eben doch Handelsware, Konsum-gut, Geldanlage?Wie jedes Jahr trafen sich Ende JanuarWirtschaftsfhrerundEntscheiderderWeltimwinterlichverschneitenDavos,um die groen Fragen der Zeit zu disku-tieren. Eine lautete: Welches ist das grte9 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: LUCY NICHOLSON / REUTERSgesellschaftliche und konomische Risikoder kommenden zehn Jahre? Zur Auswahlstanden 28 Risiken, darunter Kriege, Mas-senvernichtungswaffen und Seuchen. DieAntwort der globalen Wirtschaftselite lau-tete: Wasserkrisen.Dass der Verbrauch von Erdl verringertwerden muss, ist seit Jahren ins Bewusst-seinderVerbrauchergedrungen.berWasser hingegen machen sich nur die we-nigstenGedankendabeiistesdieRes-source der Zukunft, wertvoller als l, weilnichtersetzbar.UnddarberhinausderQuell allen Lebens.Deutschlandist,auchwasWasseran-geht, ein ziemlich glckliches Land. VieleSeen sind heute so sauber, dass man darinbaden kann. Die Deutschen gehen ins Frei-bad, sie fahren ans Meer, sie duschen, sooft und so lange sie wollen. Doch sie tragen meist ohne es zu wissen dazu bei, dassWasser in vielen anderen Teilen der Weltknapp wird.EinSPIEGEL-TeamistanvielenOrtender Welt der Frage nachgegangen, was ge-schieht,wenndasWasserausgeht undwelche Lsungen es gibt: in Brasilien, dasseinen Wasserreichtum bis vor Kurzem frunerschpflich hielt; in Spanien, wo Bau-ern mit geraubtem Wasser Erdbeeren frdeutsche Konsumenten produzieren; undinKalifornien,wodieRekorddrredenamerikanischen Traum gefhrdet. Die Fra-ge, wem das Wasser gehrt, fhrte in Bo-livien zu einem Wasserkrieg. Israel, wedermit Wasser noch mit Frieden gesegnet, hatRezepte gefunden, von denen auch anderelernen knnen.Brasilien: Zerstrte Heiligtmer AmAbend,wenndasWasserkraftwerkvon Pirapora do Bom Jesus seinen Ausstoverringert, verwandelt sich der beschauli-che Ort in die Kulisse fr einen Horrorfilm.Schmutzig weier Schaum steigt aus demRioTietauf,derdurchdasStdtchen 60 Kilometer nordwestlich von So Paulofliet. Der Schaum kriecht die Wnde derHuser hoch, bedeckt die UferpromenademiteinerWatteschicht,hlltdieBrckeber dem Fluss ein und treibt in Flockenber den Platz vor der Kirche. Im Restaurant von Maria Luiza Villelados Santos stand das Schaumgebirge neu-lich bis unters Kchenfenster sieben Me-ter ber dem Rio Tiet, der vor ihrem Hausvorbeifliet.DerFlussisttot,sagtdieWirtin.Soriechterauch:Einbeiender,fauliger Gestank steigt auf.JedesJahrvonMaibisAugust,wennimbrasilianischenSdostenTrockenzeitherrscht, rufen die Stadtvter von PiraporadoBomJesusdenUmweltnotstandaus.Der Wasserpegel des Rio Tiet sinkt, dieKonzentration der Rckstnde von Reini-gungsmitteln, Shampoo und anderen Che-mikalienimWasseristnochhheralssonst. Ein Wehr vor der Stadt wirbelt dasWasser auf; so bildet sich der Schaum. IndiesemJahrstehtdieweieWandbesonders hoch, denn der Rio Tiet fhrtso wenig Wasser wie noch nie. BrasiliensSdosten, die am dichtesten besiedelte Re-gion des Landes, wird von der schlimmstenDrreseitber80Jahrenheimgesucht.Die letzte Regenzeit fiel praktisch aus. ImSistemaCantareira,einemriesigenSystem von Stauseen, das ber neun Mil-lionen Menschen in So Paulo mit Wasserversorgt, ist der Pegel auf 18,4 Prozent ge-fallen.DergrtenStadtSdamerikasdroht das Wasser auszugehen. Die Regierenden schieben die Schuld aufden Klimawandel. Drei Jahre lang hat eszu wenig geregnet, klagt Benedito Braga,der fr die Wasserversorgung von So Pau-lo zustndige Minister der Landesregierung.Darauf ist unser System nicht ausgelegt. Doch die Wassernot ist vor allem Men-schenwerk eine selbst verschuldete Krise,die Lndern eine Warnung sein sollte, dieweniger reich mit Wasser beschenkt sind.Dasheit:allenanderenLndern.Brasi-lienrhmtsich,dassesdiegrtenS-wasservorrte der Welt besitze.Die Brasilianer glaubten, dass Wasser im-mer da sein werde, von jedem nach Belie-ben zu nutzen. Sie stauen Strme auf, umEnergie zu gewinnen, begradigen Flusslufe,verseuchen Gewsser mit Fkalien und In-dustriemll. Rinderzchter holzen Uferb-schungen ab, Obstbauern entnehmen Was-ser und splen Pestizide zurck in die Flsse.In Rio de Janeiro schrubben Hausangestellteden Brgersteig mit Trinkwasser, Reiche wieArme duschen oft dreimal am Tag. Erstjetztwirdvielenklar,dassderReichtum endlich ist. In So Paulo hat die10 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTOS: RAFAEL PACHECO (L.); MONICA GUMM / DER SPIEGEL (R.)Verschmutzter Rio Tiet nordwestlich von So Paulo: Kulisse fr einen HorrorfilmWassergesellschaft den Druck in den Lei-tungenreduziert,umdenVerbrauchzudrosseln. In hher gelegenen Stadtviertelnkommt nun oft tagelang kein Wasser an. Dabei ist die Millionenmetropole prak-tisch auf Wasser gebaut. Hunderte Flsse,Bche und Quellen durchziehen So Paulo.Sie entspringen in den grnen Hgeln derMata Atlntica, des Atlantischen Regen-waldes, der frher die Kstenregionen Bra-siliens bedeckte.Docheristweitgehendabgeholzt;diemeisten Flsse sind zubetoniert oder ver-dreckt.DerTietundderPinheiros,diewichtigsten Flsse von So Paulo, nehmenMll und Kot aus Hunderttausenden Haus-halten auf. Sofas, tote Tiere und gelegent-lich auch Leichen treiben in der Brhe.Das Wasser fr So Paulo wird aus berhundert Kilometer entfernten Stauseen indieStadtgeleitet,dieFlssedienenderEntsorgung der Fkalien.DennochhuldigenvieleBrasilianerih-renFlssenundWasserfllen,alswrensie gttliche Weihesttten. Wir behandelnunser Wasser wie ein Heiligtum, aber wirbernehmen keine Verantwortung fr sei-ne Bewahrung, sagt Malu Ribeiro, Direk-torin der Umweltschutzorganisation SOSMata Atlntica.DerBauvonKlranlagenundAbwas-serleitungen bringt bei Wahlen keine Stim-men, deshalb setzen sich wenige Politikerdafrein.SiebauenlieberneueStau-becken, klagt der Umweltaktivist AdrianoSampaio.UnddieBaukonzernefinan -zierenihrenWahlkampf.Sampaio,einschmaler Mann mit zerschlissenem Hemd,steht in einem Grngelnde in So Paulo.Ein Bach pltschert zu seinen Fen. Hieran der Quelle ist er sauber, einige HundertMeter weiter wird er zum Abwasserkanal. Der Aktivist sprt verschttete Gews-ser auf. In einem Park im Westen der Stadthat er einen See angelegt. Einmal wurdeer festgenommen, weil er auf einem Platzden Asphalt aufgestemmt und Teiche frei-gelegt hatte. Wenn wir alle Gewsser inder Stadt sanieren wrden, sagt Sampaio,htten wir keine Versorgungskrise.Die Behrden bestreiten das. Die Ge-wsser sind entweder zu dreckig oder fh-ren zu wenig Wasser, sagt Minister Braga.Er empfiehlt den Brgern, Brunnen zu bau-en umselbsthier,imwasserreichstenLand, das Grundwasser anzuzapfen. Spanien: Wasserraub fr ErdbeerenDer Boden ist rissig, nur niedrige Stachel-bsche mit harten Blttern wachsen hier.Die Sonne brennt auf den feinen Sand, dersich in den Furchen sammelt: Der Oberlaufdes Arroyo de la Rocina ist ausgetrocknet,unddasschonseitSommerbeginn.Will-kommeninAndalusien,imgrtenErd-beeranbaugebiet Spaniens.Im Frhling glitzert hier ein Plastikmeer,soweitdasAugereicht.DieLandschaftsieht aus wie von Christo verpackt, berallFolien zum Schutz der Ware, die zu groenTeilen in Deutschland landet.Seit dem Beitritt Spaniens zur Europi-schen Gemeinschaft 1986 wird hier die be-wsserte Landwirtschaft gefrdert. So be-gann der Rausch um das rote Gold: Erd-beeren. Damit kann man viel und leichtGeldverdienen,sagtFelipeFuentelsazvon der Umweltschutzorganisation WWF.Doch die Plantagen um die Stadt Huelvaverbrauchen ber 20 Millionen Kubikme-ter Wasser pro Jahr so viel, wie in 8000olympische Schwimmbecken passt. Rund2000 Hektar Wald fielen ihnen bislang zumDer Index zur Bedrohung durch Wassermangel basiert auf zwlf gewichteten Faktoren wie Verfgbarkeit, Entnahme und Verbrauch von Wasser, aber auch auf hydrologischenKomponenten wie Gre der Swasservorkommen, Einzugsgebiete, Abuss- und Erneuerungsraten der Oberchengewsser zu allen Jahreszeiten. Wird mehr Wasser vomMenschen entnommen als verfgbar ist und sich erneuert, gert es zum knappen Gut, um das Bevlkerung, Landwirtschaft und Industrie konkurrieren.Quelle: World Resources Institute, 2015geringesRisikoextremhohesDaskostbarste GutWasserknappheit quatorISRAELSPANIENBRASILIENUSASO PAULOKALIFORNIENBOLIVIENFresnoLosAngelesEast PortervilleKALIFORNIENUSATel AvivRischon LezionISRAEL BRASILIENSo PauloPirapora doBom JesusSO PAULOCochabambaBOLIVIENLa PazSPANIENHuelvaNationalparkDoana11 DER SPIEGEL 33 / 2015Umweltschtzer Fuentelsaz Eine halbe Million illegale Brunnen TitelOpfer. Laut einer Studie des WWF wurden63 Prozent dieser Flche nicht gepachtet,sondern illegal bepflanzt. Zwei Drittel derFincaswerdenausillegalenQuellenbe-wssert. So hat das Rocina-Flsschen in den ver-gangenen30JahrendieHlfteseines Wassersverloren.DabeiisteseinerderwichtigstenZuflssefrdenNaturparkDoana,ReservatfrselteneVgelundWildtiere.IneinemGebietvon1,5Qua-dratkilometern fanden Fuentelsaz und sei-ne Kollegen im Wald versteckt 52 Brunnenund sieben Auffangbecken. InganzSpanien,soschtztdasLand-wirtschaftsministerium, werden aus einerhalben Million illegaler Brunnen Hundert-tausende Hektar Land widerrechtlich be-wssert.DasverschlingtjhrlicheineGrundwassermenge,diedenBedarfvon60 Millionen Menschen decken knnte. Auf der Lagune bei der Wallfahrtskapel-le von Roco, im Herzen des Naturschutz-gebiets,staksennochFlamingosherum.DochdaswichtigstespanischeFeucht-gebietschrumpft.ImmerwiedermeldenFuentelsazundseineKollegendenWas-serraub bei den andalusischen Behrden.AberdieBrgermeisterlassenihreFreundegewhren.MachtlosmssendieUmweltschtzer zusehen, wie die PolitikerdenBauernnochmehrWasserverspre-chen.DiespanischeRegierunghateineUmleitunggenehmigt,mitderausdemFluss Guadalquivir Wasser herbeigeschafftwerdensoll.EinWahnsinn,schimpftWWF-Mann Fuentelsaz: Damit werde derwiderrechtlicheAnbaugleichsamlegali-siert.AuerdemfhrederGuadalquivirschon heute zu wenig Wasser.AusgerechnetjenesLand,daseuropa-weit mit am strksten vom Klimawandelbetroffenist,leistetsichdasschlechtesteWassermanagement.SpanienmssemithherenTemperaturen,wenigerNieder-schlgen und mehr Verdunstung rechnen,sagtderKlimaforscherJonathanGmezCantero aus Madrid, der das EuropischeParlament und die Uno bert.Wenn alles so weitergehe wie bisher, soGmez,werdesichderSdenSpaniensbis zur Jahrhundertmitte in eine Wsten-landschaft verwandeln. hnliche Progno-sen gibt es fr den gesamten Mittelmeer-raum, den Nahen Osten und Teile Indiens,Chinas und Australiens.Dabei wre die Katastrophe zumindestteilweise vermeidbar: Der weltweite Han-del mit Nahrungsmitteln, schreibt die ka-nadische Wasseraktivistin Maude BarlowinihremBuchBlaueZukunft,istbeinherer Betrachtung ein Handel mit Was-ser.ProblematischistderHandeldann,wenn dieses virtuelle Wasser in die fal-sche Richtung fliet: von wasserarmen inwasserreiche Regionen, zum Beispiel vonSpanien nach Deutschland.DerbritischeGeografJohnAnthony Allan entwickelte in den Neunzigerjahrendas Konzept des virtuellen Wassers, umzuerforschen,wiedurchdenHandelmitAgrargtern Wasser um die Welt befrdertwird.DarausleitetederniederlndischeWasserforscher Arjen Hoekstra den BegriffWasser-Fuabdruck ab. Dieser beschreibt,wie viel Wasser zur Herstellung einzelnerGter direkt und indirekt genutzt wird: 80Liter fr eine Orange, 109 Liter fr ein GlasWein, 15500 Liter fr ein Kilo Rindfleisch.Lnder wie Spanien, sagt Hoekstra, ver-schlimmertenihreWassernot,indemsieProdukte mit groem Wasser-Fuabdruckexportierten.DenndasvirtuelleWasser,dasinFormvonErdbeerenoderZitrus-frchtendasLandverlsst,wirdlokalenWasserkreislufendauerhaftentzogen.WerhingegenwasserintensiveProdukteeinfhrt, schont eigene Wasserquellen.70ProzentdesWassers,dasweltweitverbraucht wird, flieen in die Landwirt-schaft.WeilauchdieAgrarindustriedenGesetzen eines Systems unterliegt, das glo-balen Handel und groe Konzerne frdert,werden gewaltige Mengen virtuellen Was-sers um die Welt geleitet.Wrden sie in die richtige Richtung ge-lenkt etwavonDeutschlandnachSpa-nien , knnten sie die Not wasserarmerRegionenverringern.Stattdessengehrtausgerechnet Deutschland zu den grtenImporteuren virtuellen Wassers. Spanien msse seine landwirtschaftlicheProduktionumstellenunddenbewsser-ten Anbau einschrnken, fordert JonathanGmez, der Klimaforscher. Doch Politikerfrdern lieber die Plnderung der Wasser-reserven, solange es noch geht.UnddeutscheVerbraucher,diespani-scheErdbeerenkaufen,tragendazubei,dass es in Spanien eines Tages so zugehenknnte wie heute schon in Kalifornien.USA: Ein kalifornischer AlbtraumIch habe das Desaster nicht kommen se-hen, sagt Donna Johnson, 72, graue Kurz-haarfrisur,TurnschuheundOhrringeinNeonfarben.AlskeinWasserausunse-rem Brunnen kam, dachte ich, die Pumpeseikaputt.DasHuschenderJohnsonsist, wie die meisten hier in East Porterville,mit einem Brunnen ausgestattet, aus demGrundwassergepumptwird.AberdieseBrunnensindwenigertiefalsjenederLandwirtschaftsbetrieberundherum.Sietrocknen aus. Die Hlfte der 7000 Bewoh-ner von East Porterville lebt nun ohne flie-endes Wasser, manche seit zwei Jahren.Donna Johnson sammelt Spenden undbringt ihren Nachbarn Mineralwasser. DieBehrdenliefernWassercontainerundmobileDuschen.Einenneuen,tieferenBrunnenknnensichdiemeistenhiernicht leisten. East Porterville liegt in einerRegion in Central Valley, die zu den pro-duktivsten Landwirtschaftszonen der Welt12 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: LUCY NICHOLSON / REUTERSVerdorrte Mandelbume im kalifornischen Central Valley: Ich dachte, 1 kg Rindeisch 1 kg Hhnereisch 1 Liter Milch 1 Glas Wein 1 kg KseWie viele Liter Wasser bei der Herstellung vonNahrungsmitteln insgesamt verbraucht werden,verschmutzt werden oder verdunsten.Quelle: waterfootprint.org15500 1020 1091 kg Mandeln8047 4325 5060gehrt und zu den rmsten Regionen Ka-liforniens. Amerika, die globale Supermacht, siehthier aus wie ein Entwicklungsland: kaputteStraen,zerfallendeHuser,Menschenohne Wasser. Die Wasserkrise wird zur hu-manitrenKatastrophe,weildieabsurdeAgrarpolitikvielerTrockenregionenin Kalifornien auf die Spitze getrieben wird. RcksichtsloseralsanderswowurdenFeuchtgebieteausgetrocknet,umbews-serte Landwirtschaft zu ermglichen. Zumamerikanischen Traum, wie er in Kalifor-nien gelebt wird, gehrt es, die Natur zubezwingen, die Wste und die Wasserkreis-lufe.Wasserwirdbereinen1500Kilo-meter langen Aqudukt von Norden nachSden transportiert. So konnte im SdendieMillionenstadtLosAngelesheran-wachsen und im Central Valley die Agrar -industrie. Das rcht sich nun: Im Sdwesten derUSAsteigendieTemperaturenschnellerals im globalen Durchschnitt, weil die aus-gleichende Wirkung gesunder Wassersys-teme fehlt. Mit steigenden Temperaturennimmt auch die Verdunstung zu was dieTrockenheit weiter verschlimmert.Die Landwirtschaft trgt 2 Prozent zurkalifornischen Wirtschaftsleistung bei. Undsie verschlingt 80 Prozent des Wassers.DochalsGouverneurJerryBrownimApril den Notstand ausrief und die BrgerKaliforniensverpflichtete,ihrenWasser-konsumum25Prozentzureduzieren,meinte er damit nicht die Landwirte. Siedrfen der Erde weiterhin so viel Wasserabpressen, wie sie knnen. DerBundesstaatproduziertrunddieHlfte des Gemses, der Frchte und derNsse, die in den USA erzeugt werden, au-erdemgroeMengenMilchundFleisch.Wurden vor zehn Jahren 16 Prozent dieserAgrarprodukte ins Ausland exportiert, sindes heute 25 Prozent. Vier von fnf Mandelnauf dem Weltmarkt kommen von hier. DerFuabdruck einer Mandel: vier Liter.Sollen wir unsere Nahrungsmittel etwalieberbeidenChinesenkaufen?,fragtDennisSimonian.Mehrals180verschie-deneObst-undGemsesortenbautderLandwirtinderNhevonFresnoan.Si-monian ist 72 Jahre alt, ein robuster Mannmit streng nach hinten gekmmtem grau-em Haar, der seinen Beruf liebt, auch nachber 50 Jahren. Schon sein Grovater undsein Vater waren Obstbauern, heute arbei-tet eine seiner Tchter auf der Farm. Ihre Waren verkaufen sie in einem eige-nenLadenundandieSupermarktketteTrader Joes, die zu Aldi-Nord gehrt. DieJumbo-Rosinen, sagt Simonian, wrdenauch nach Deutschland geliefert. Er erzhltdas in seinem Bro, die Jalousien sind he-runtergezogen, drauen glht die Luft. In diesem Jahr musste er einen Teil sei-ner Felder brach liegen lassen, weil aus sei-nenBrunnennichtgenugWasserkam.Wir fhren hier einen Krieg um Wasser,sagt er, und nur die Strksten berleben.Er habe schon lange auf Trpfchenbews-serungumgestellt,aberesgebeimmernoch Bauern, die ihre Felder fluteten. Wer in Kalifornien wie viel Wasser ausberirdischenQuellenverbrauchendarf,dasregelteinkompliziertesSystemvonWasserrechten. Doch zwei Drittel des Was-serskommeninzwischenausderTiefe,und da herrscht Anarchie. Im September2014unterzeichnetederGouverneureinGesetz, das erstmals die Entnahme regelt bis es wirksam wird, vergehen wohl nochJahrzehnte. Grogrundbesitzerschlepptenlbohr-anlagenausTexasheran,umanWasserzukommen,erzhltSimonian.DagegenhttenkleinereBetriebekeineChance.DeshalbbraucheesjetztRegeln,nichterst in 25 Jahren. Auerdem neue Dm-me und Reservoirs. Und warum nicht einePipeline,dieWasserausAlaskainden Sden transportiere? Mit Erdl geht dasdoch auch. Das globale GeschftSo abwegig ist die Idee gar nicht. Neuer-dingsistderTransportvonWasserauswasserreichen in wasserarme Gebiete tat-schlicheineOption:IslndischeUnter-nehmen wie Brurfoss HF planen, einhei-misches Wasser wie l oder Flssiggas inriesigen Tankern weltweit zu verschiffen.DennwhrendPolitikernochvorderEinsichtzurckschrecken,dassWasserkein unerschpflicher Rohstoff ist, habenKonzerne und Investoren die Risiken derKnappheit lngst erkannt und auch dieChancen. Willem Buiter, Chefkonom derCitibank, brachte die Einschtzung seinerBrancheschonvorvierJahrenineinemStrategiepapieraufdenPunkt:WasserwirdinmeinenAugenalsAnlageklassel,Kupfer,landwirtschaftlicheProdukteund Edelmetalle in den Schatten stellen. WeiteTeilederPrivatwirtschaft,aberauch neue Technologien wie das Fracking,knnen ohne Wasser nicht funktionieren.RohstoffkonzernehabendeshalbeinenGroteilder84MilliardenDollarauf-gebracht,dieprivateFirmenzwischen13 DER SPIEGEL 33 / 2015Titeldie Pumpe sei kaputt 2011 und 2014 in Verfahren zum Wasser-sparen investiert haben.AberauchdieLebensmittel-undGe-trnkeindustrieveranschlagtgroeSum-men, um ihren Wasserverbrauch zu mini-mieren.DerweltgrteNahrungsmittel-konzern Nestl, der von Kritikern verdch-tigt wird, weltweit nach der Kontrolle berWasserquellen zu streben, nahm im Herbst2014 in Mexiko eine Milchpulverfabrik inBetrieb, die kein externes Wasser bentigt.Sie verwendet stattdessen das Wasser, dasder Milch durch Trocknung entzogen wird.DashollndischeUnternehmenDutchRainmakerhateinWindradgebaut,das,mithilfe der erzeugten Energie, Wasser ausderLuftkondensiert.AndereentwickelnWaschmaschinen und geruchsfreie Toiletten,die praktisch ohne Wasser funktionieren.DieVerknappungdeseinzigenRoh-stoffs, fr den es keinen Ersatz gibt, locktzunehmend auch Investoren an. Sie setzenauf Anlageobjekte wie Entsalzungsunter-nehmen, Wasserspartechnologien, Wasser-versorgerundAbwasseraufbereiter.Beivielen Banken kann man sein Geld in Was-serfonds anlegen. Darin befindet sich meisteineMischungausweltweitagierendenWasserversorgungskonzernenwieden franzsischen Weltmarktfhrern Suez undVeoliasowiekleineren,spezialisiertenWassertechnikunternehmen.Wie lukrativ das Geschft mit dem Was-ser ist, zeigt der Aktienanstieg von Veolia:Innerhalb der letzten zwlf Monate stiegdas in Paris gehandelte Papier um 64 Pro-zent,beinahedreimalsovielwieFrank-reichs Leitindex CAC 40. Die rund 15 Was-serfonds allen voran der Schweizer FondsPictetWater brachtenindenvergan-genendreiJahrenRenditenvonbiszu 22,5 Prozent pro Jahr. PeterBrabeck-Letmathe,Verwaltungs-ratsprsident von Nestl, betreibt seit 2012ein Blog ber die Wasserkrise. Dem WallStreet Journal sagte er: Gebt 1,5 ProzentdesWassersumsonstab,erklrtsiezumMenschenrecht.Aberberlasstdierest -lichen98,5ProzentdemMarkt.DessenKrfte werden die bestmgliche Ordnungschaffen.Um weltweit die notwendige Infrastruk-tur fr die Wasserversorgung auf- und aus-zubauen, mssten 1,3 Billionen US-Dollarpro Jahr investiert werden, schtzt die Or-ganisation fr wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung. Eswrennichtnursinnvolle,sondernlebensrettende Investitionen: Jhrlich ster-ben 842000 Menschen, weil ihnen sauberesWasser fr Ernhrung und Hygiene fehlt.Westliche konomen propagieren ange-sichts dieser Zahlen gern eine hnliche Ideewie Nestls Brabeck: Der Markt soll es rich-ten.InstitutionenwiederInternationaleWhrungsfonds machen Kredite davon ab-hngig, dass ffentliche Unternehmen, auchWasserversorger, privatisiert werden ak-tuell etwa, im Zusammenspiel mit der Eu-ropischen Union, in Griechenland.Bolivien: Der WasserkriegLa guerra del agua nennen die Bolivia-nerjeneMonateimFrhjahr2000,die BcherundFilmewiedenJames-Bond-Kinohit Ein Quantum Trost inspirierten.Auf Druck der Weltbank hatte Bolivienangefangen, die Wasserversorgung zu pri-vatisieren. In Cochabamba, der drittgr-ten Stadt, nahm eine Tochterfirma des US-Konzerns Bechtel den Betrieb auf.Wenn ein Land Untersttzung von au-en brauchte, dann der rmste Staat Sd-amerikas:MehralsdieHlftederzehnMillionen Bolivianer lebt bis heute in gro-er Armut, die Kriminalittsrate ist hoch,Kinderarbeitnormal.DasKlimaindenAnden ist harsch und trocken, die Bdensind wenig fruchtbar. Die ErderwrmungtrifftBolivienhart:DieGletscher,dieinderTrockenzeitvonAprilbisOktoberSchmelzwasserliefern,schrumpfen,undes regnet noch weniger als frher. Der private Wasserversorger erhhte diePreise auf einen Schlag um bis zu 300 Pro-zent und forderte auch Geld fr Regenwas-ser, das die Einwohner selbst sammelten. Wir normalen Leute mussten ein Vier-telunseresEinkommensfrWasseraus-geben, erzhlt der Gewerkschafter OscarOlivera, ein lterer Mann mit Lederkappeund ausgeleiertem Hemd. Er steht auf derPlaza Principal, dem Hauptplatz von Co-chabamba, und deutet auf Einschusslcherin den Mauern: Glauben Sie mir, wir wa-ren bereit zu sterben.OliveragehrtedamalszudenAnfh-rern des Widerstands. Brger errichtetenStraenblockaden, warfen Steine und ver-brannten ihre Wasserrechnungen. Der da-malige Prsident Hugo Banzer lie die Ar-mee einrcken. Fnf Demonstranten wur-denerschossen,Hunderteverletzt.VierMonate dauerte der Kampf, dann gab sich14 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: NOAH BERGER / DPAWaldbrand im Norden Kaliforniens: Zum amerikanischen Traum gehrt es hier, die Natur zu bezwingen dieRegierunggeschlagen.DiePrivatisie-rung wurde rckgngig gemacht.Fnf Jahre spter whlten die BolivianerEvo Morales zum Prsidenten, einen Indiound Vertreter der Koka-Bauern. Er schufein Wasserministerium. In der neuen Ver-fassungistdasRechtaufWasserfestge-schrieben. Denn anders als seine Vorgngerwei Morales, was es bedeutet, keines zuhaben.Als ich ein Kind war, lebten wir einenKilometerentferntvomnchstenBrun-nen, sagt Morales, meine Mutter musstedas Wasser in einem Tonkrug nach Hausetragen. Der Prsident sitzt auf einem Pols-tersessel in einem goldglnzenden Saal imRegierungssitzvonLaPaz.Wasserdarfkein Geschft sein, sagt er, es muss einffentliches Gut sein.Seine Regierung arbeite daran, Wasser-netze auszubauen und die sanitre Basis-versorgung zu verbessern, so Morales. Erwerde nicht ruhen, bis alle Bolivianer mitsicherem Wasser versorgt seien. Zwei Millionen mssen noch immer ver-schmutztes Wasser trinken, vier Millionenhaben keine Sanitranlagen. Doch es gibtFortschritte: Hatte 1990 noch weniger alsdie Hlfte der Bolivianer sauberes Trink-wasser, sind es heute 83 Prozent. hnliche, wenn auch nicht ganz so dra-matischeGeschichtengibtesausvielenLndern zu erzhlen. Die Hoffnung, dassPrivatfirmen eher als der Staat in der Lagewren, den Brgern sauberes, bezahlbaresWasser zu liefern, erfllte sich selten. DennwasetwabeimStromganzgutfunktioniert, ist bei Wasser im Grunde einDenkfehler schlichtdeshalb,weilnureine Konzession pro Gemeinde zu verge-ben ist. Was bedeutet, dass es keine Kon-kurrenz gibt. Private WasserunternehmenbernehmenoftkostenlosLeitungen,PumpwerkeundWasserspeicher,nutzensiegnstigunddiktierenfortandieWas-serpreise. Die Erwartung, dass sie im Ge-genzug die Infrastruktur ausbauen, wurdemeist enttuscht.Deshalb folgten in den vergangenen Jah-ren viele Lnder und Stdte dem BeispielBoliviens und brachten ihr Wasser wiederunter ffentliche Kontrolle, etwa in Argen-tinien, Indonesien, Ghana und Mali. NirgendwoaberwerdenmehrPrivati-sierungen und Kooperationen mit privatenAnbieternrckgngiggemachtalsinEuropa auch in Deutschland. InStuttgarterwirkteeinBrgerbegeh-ren 2013, dass die Stadt die Anteile einesprivatenWasserversorgerszurckkaufenmuss. 2014 stellte die Landeskartellbehr-de dort eine berhhung des Wasserprei-ses fest und verfgte, das dieser im Schnittum 30 Prozent gesenkt werden muss. Auch in Berlin, wo die Wasserbetriebe1999 teilprivatisiert worden waren, schnell-te der Preis nach der vereinbarten Karenz-zeit von drei Jahren um 28 Prozent in dieHhe. Investitionen zum Erhalt der Infra-struktur wurden um mehr als ein Viertelreduziert. Doch auch die Berliner wehrtensich:MiteinemVolksbegehrenerzwangeineBrgerinitiativeEinsichtindieVer-trge. Heraus kam eine Ungeheuerlichkeit:BerlinhattedenbeteiligtenKonzernenRWE und Veolia eine Renditegarantie ge-geben ber30Jahre.2012beschloss das Bundeskartellamt, dass die Preise um18 Prozent zu senken seien. Ein Jahr spterbeugte sich der Senat dem Druck und kauf-te die Anteile zurck. Zu europaweiten Protesten kam es, alsdie Europische Kommission 2012 versuch-te, Wasser in die Konzessionsrichtlinie auf-zunehmen und damit allerorts das Tor frprivate Wasserversorger zu ffnen. Mehrals 1,5 Millionen Menschen unterzeichne-ten einen Aufruf fr einen freien Zugangzu Wasser, mit Erfolg: Wasser wurde vonder Richtlinie ausgenommen. Wohl nirgendwo ist der Widerstand derMenschen gegen eine Privatisierung so ve-hement und so emotional wie beim Was-ser.DaselementarsteallerGter,sodasallgemeine Empfinden, darf nicht den ein-zigaufGewinnorientiertenKrftendesMarktes berlassen werden. Israel: Das Wunder in der WsteDavid Ben-Gurion, der erste Ministerpr-sident Israels, trumte schon vor der Staats-grndung davon, die Wste zum Blhenzubringen.SeineNachfolgertunheutealles dafr, dass der Traum wahr wird.Avraham Tenne, 68, ist einer der Archi-tektendiesesisraelischenWasserwun-ders.BisvorKurzemleiteteerinderstaatlichen Wasserbehrde die AbteilungMeerwasserentsalzung. Er steht in Hosen-trgern und mit einem roten Helm in derSorek-Anlage in Rischon Lezion, der gr-tenEntsalzungsanlagederWelt.Ausei-nem Hahn befllt er einen Plastikbecherund nimmt einen Schluck. Besser als Mi-neralwasser, behauptet er.Aus dem Mittelmeer wird Salzwasser indieAnlagegepumptundvonAlgenundMeerestieren gereinigt. Dann wird es in dieMembranhalle geleitet, das Herz der An-lage,durchRhren,diemitTausendenKunststoffmembranen ausgestattet sind. BeidersogenanntenUmkehrosmosewirddasMeerwasser unter hohem Druck hindurch-gepresst. So entstehen entsalztes Wasser undSalzkonzentrat. Pro Stunde produziert dieAnlage 26 Millionen Liter Wasser genug,um den Groraum Tel Aviv zu versorgen.DieUmkehrosmose-Technologiever-braucht weniger Energie als die thermaleEntsalzung, bei der das Meerwasser erhitztwird.WirhabenTechnikenentwickelt,die zustzliche 40 Prozent Energie einspa-ren knnen, sagt Tenne. Trotzdem flieenrundzehnProzentdergesamtenStrom-produktion des Landes in die Entsalzung,ein hoher Anteil, zumal Israel bisher kaumerneuerbare Energien nutzt. Umweltbelas-tungen,dieetwadurchdieRckleitungdesSalzkonzentratsinsMeerentstehen,sind noch wenig erforscht.Tenne, seit Kurzem im Ruhestand, ent-schied sich 2005, fr den Staat zu arbeiten.Israel litt unter einer schweren Drre. DiewichtigstenWasserreservendesLandes,der See Genezareth und das Grundwasser,wurdenbernutzt,derJordanwar,auchwegen der bewsserungsintensiven Land-wirtschaft, zum Rinnsal verkommen. Die Regierung grndete eine nationaleWasserbehrde und fhrte einen progres-sivenWasserpreisein:VerbrauchteinHaushaltmehralseineStandardmenge,kostet jeder weitere Tropfen mehr. Auer-deminvestiertesiegezieltinForschung;deshalb ist Israel heute fhrend, was vieleWassertechnologien betrifft. Kein anderes Land recycelt so viel Ab-wasser, um es in der Landwirtschaft ein-zusetzen. Die Recyclingquote liegt in Israelbei 86 Prozent, in Spanien bei 17 Prozent,in den USA bei 1 Prozent. Die Trpfchen-bewsserungwurdeinIsraelerfunden,ebenso ein System zur digitalen berwa-chung von Wasserleitungen, das Lecks auf-sprt.Nirgendwosonstwirdsoenergie-sparend Meerwasser entsalzt.WhrendTennesZeitentstandenvierEntsalzungsanlagen, die heute rund 600 Mil-lionenKubikmeterWasserproduzieren,fast ein Drittel der bentigten Menge. Wirhaben die Lcke gefllt, sagt er stolz. berihmanderWandprangteinDavidstern.Zum Schluss mchte er noch etwas loswer-den: Ich wnsche mir, dass wir das Wassermit unseren Nachbarn teilen, sagt er. Essollte ein Mittel fr den Frieden sein.Davon allerdings ist das Land weit ent-fernt:WhrendsichdieIsraelisberihrWasserwunder freuen, fliet in vielen pa-lstinensischen Haushalten im Westjordan-15 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: AMIT SHABI / LAIF / DER SPIEGELIsraelischer Ingenieur Tenne Besser als Mineralwasser Titelland nur einmal pro Woche Wasser. LautdemOsloII-Abkommenvon1995hatIsrael ein Anrecht auf 80 Prozent des imWestjordanland gewonnenen Wassers, denPalstinensern stehen lediglich 20 Prozentzu eine ungerechte Lsung, die ursprng-lich temporr sein sollte.DasBeispielIsraelzeigt,dassmanimUmgang mit Wasser vieles richtig machenund dennoch in Gefahr sein kann. Dannnmlich, wenn andere durstig bleiben.Noch elender ist die Situation im Gaza-streifen:Hiersind96ProzentallerWas-serquellenmitSalz-undAbwasserver-schmutzt. Es mangelt an Trinkwasser, dieQualitt ist miserabel. Das Militr warnte,dassdieWasserkriseinGazaeinSicher-heitsrisiko fr den jdischen Staat sei. VorKurzem verdoppelte Israel die Menge ent-salzten Wassers, die es nach Gaza liefert. SoistIsrael,dasWasserwunderland,Vorbild und Warnung zugleich. Es lebt vor,wiemitknappenWasservorrteneinewachsendeZahlvonMenschenversorgtwerden kann. Ntig sind dazu Regierende,die den Wert von Wasser erkennen unddie sich dafr verantwortlich fhlen, dassdas Menschenrecht, gengend Wasser frein Leben in Wrde zu haben, verwirklichtwird. Die Wasserversorgung an private Un-ternehmen zu delegieren ist keine Lsung.NtigistaberaucheineAgrarpolitik,die sich daran orientiert, wie viel Wassergenutzt werden kann, ohne eine kaliforni-scheKatastrophezuriskieren.Wasser -intensive Landwirtschaft in Trockenregio-nen, zumal fr den Export, ist selten eineschlaue Idee. Wenn ein Land darauf nichtverzichten kann oder will, sollte es zumin-dest moderne Technologien zum Wasser-sparen frdern. Und Lnder wie Deutsch-land,dieselbstkeineWassernotkennen,sollten den Import von Produkten hinter-fragen,welchedieWasserversorgungimHerkunftsland gefhrden.EineWelt,dieausdenFugengert,kannauchDeutschlandnichtkaltlassen.Esgeht,zuallererst,umMenschlichkeitund Verantwortung, um Milliarden, die frWasser kmpfen mssen, whrend wir imberfluss leben. Es geht dann um die Fra-ge,wiesichWasserkriegeundHungers-nteverhindernlassen,dienchstenFlchtlingskrisen.MitdemKlimawandelrckt auch die Wasserkrise nher, sie er-reichtnachdemweitentferntenKalifor-nien auch die sdlichen Lnder Europas undselbstDeutschlandmuss,zumindestim Sden, vermehrt mit Drren rechnen.Es geht also, in Zeiten der Eurokrise, nichtzuletzt auch um Stabilitt in Europa.Im 15. Stock eines Brogebudes an derStraederHoffnung,derHopeStreetinLos Angeles, sitzt die Antwort des kalifor-nischenStaatesaufdieWasserkrise.RickSilva ist der erste Wasserpolizist von LosAngeles,einfreundlicherMannmitnachrechtsgescheiteltemgrauemHaarundei-nem blauen Poloshirt. Er soll die Einwohnerdazu erziehen, Wasser zu sparen.Ich versuche es lieber mit Aufklrungals mit Bestrafung, sagt Silva. Er ist keinrichtiger Polizist, sondern arbeitet bei derWasserbehrde. In deren Namen schreibter nun Briefe an Einwohner, die ihren Gar-ten zu oft oder zur falschen Zeit bewssernund von ihren Nachbarn verpetzt wurden. Manchmalfhrterauchinseinemleuchtblauen Honda Civic durch Los An-geles, auf der Suche nach Verschwendern.Strafzettelverteilternur,wennereinenWassersnder persnlich ertappt: 100 Dol-lar beim ersten Mal, dann 200 und 300 Dol-lar.DieEinnahmenindererstenHlftedes Jahres waren bescheiden: 6200 Dollar. Silva sieht das positiv: Ich denke, dassdie Leute den Ernst der Lage begreifen,sagt er. Los Angeles versucht zu helfen,soguteskann.DerGouverneurhabenuneinmalbeschlossen,dieLandwirt-schaft nicht anzutasten also konzentrie-ren wir uns auf die 20 Prozent des Wasser-verbrauchs, die wir beeinflussen knnen.Doch Los Angeles ist gro, und Rick Sil-va kann nicht berall sein, er kann auchnicht die Politik ersetzen. Er hofft, dass esbaldvielregnet.Bisdahinbekommterdrei Mitarbeiter. Gemeinsam sind sie dannvierWasserpolizisten,verantwortlichfrvier Millionen Einwohner.Nicola Ab, Jens Glsing, Felix Lill, Michaela Schiel, Samiha Shafy, Helene ZuberMail: [email protected]; Twitter: @samihashafy16 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: ILIA YEFIMOVICH / GETTY IMAGESAnimation: Warum das Wasser knapp wirdspiegel.de/sp332015wasser oder in der App DER SPIEGELSpielende Kinder in einem Brunnen in Jerusalem: Wasser sollte ein Mittel fr den Frieden seinSEITE LDT NICHT?BITTE UMBLTTERN.ZUHAUSE IM BESTEN NETZ18 DER SPIEGEL 33 / 2015Deutschland investigativFOTO: XINHUA / IMAGOEin Impressum mit dem Verzeichnis der Namenskrzel aller Redakteure finden Sie unter www.spiegel.de/kuerzelVorratsdatenspeicherungNur mit AnlassBundesjustizminister HeikoMaas (SPD) betont seit Wo-chen, dass der neue Gesetz-entwurf zur Vorratsdaten-speicherung allen rechtlichenVorgaben entspricht inter-ne Dokumente lassen aller-dings daran zweifeln. Da-nach knnte es sein, dass derEntwurf nicht im Einklangmit einem Urteil des Euro-pischen Gerichtshofs(EuGH) steht, mit dem dieEU-Richtlinie zur Vorrats -datenspeicherung im April2014 fr ungltig erklrt wur-de. Das Urteil der Luxembur-ger Richter sei so weitrei-chend, dass man womglichallenfalls noch eine Art an-lassbezogener Speicherungvon Telekommunikationsda-ten, etwa fr einen be-stimmten Personenkreis,vorsehen knne, schrieb einReferatsleiter aus dem Minis-terium nach dem Urteil.hnlich lautete die Einscht-zung in einer neunseitigenVorlage fr Maas drei Wo-chen spter: Nach demEuGH-Urteil msse es wohleinen Zusammenhang zwi-schen den zu speicherndenDaten und einer Bedrohungder ffentlichen Sicherheitgeben. Die von Maas geplan-te Vorratsdatenspeicherungist jedoch keineswegs an-lassbezogen oder auf be-stimmte Personen beschrnkt;vielmehr sollen die Telekom-munikationsdaten aller Br-ger fr bis zu zehn Wochengespeichert werden. hip, wowVerteidigungWaffen fr die WeltDer Bund wollte Rstungsexporte deutlich beschrnken nun sind sie auf Rekordkurs.Die Bundesregierung hat zwischen Januar und Ende Juni2015 deutlich mehr Rstungsexporte genehmigt als im Vor-jahreszeitraum. Dies geht aus einer parlamentarischen Anfra-ge des Linken-Abgeordneten Jan van Aken hervor. Dem-nach ist der Wert der sogenannten Einzelgenehmigungen umrund 50 Prozent auf nun 3,31 Milliarden Euro gestiegen.Rechnet man die Sammelausfuhrgenehmigungen hinzu, zu-meist Kooperationen mit Nato-Partnern, ergibt sich ein Ge-samtwert von insgesamt 6,35 Milliarden Euro. Damit hatBundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bereits inden ersten sechs Monaten des Jahres Ausfuhren in einerHhe genehmigt wie fast im gesamten Jahr 2014. Bewilligtwurden unter anderem die Lieferung von 12 SprpanzernFuchs nach Kuwait, vier Tankflugzeugen an Grobritan-nien und einem U-Boot der Dolphin-Klasse an Israel. Be-sonders drastisch fiel der Anstieg der Exporte in die arabi-schen Staaten und nach Nordafrika aus. Hier hat sich dieSumme von 219 auf 587 Millionen Euro mehr als verdoppelt.Das sind dramatische Zahlen, die vor allem fr Sigmar Ga-briel hochnotpeinlich sind, sagt van Aken. Der SPD-Chefhatte zu Beginn seiner Amtszeit angekndigt, die Rstungs-exporte deutlich zu beschrnken. gorU-Boot der Dolphin-Klasse im Hafen von Haifa in Israel1und1.deBESTENETZInternetmade in GermanyIn Deutschlands hrtestem Festnetz-Test mit rund 1,7 Millionen Messungen von Sprachqualitt, Datenraten und vielem mehr berzeugt 1&1 mit Bestnoten. Damit verweist 1&1 die Deutsche Telekom auf den zweiten Platz und erzielt als einziger von 9Anbietern die Note sehr gut. 1&1 ist der fhrende alternative DSL-Anbieter.BEI 1&1 GIBTS DASAsylrechtGabriel bestrktHetzerAziz Bozkurt, 33, ist Bundesvor-sitzender der SPD-Arbeitsge-meinschaft Migration und Viel-falt. Er wirft seiner Partei unddem Vorsitzenden Sigmar Ga-briel vor, in der Flchtlingsfragekopflos zu agieren.SPIEGEL: Herr Bozkurt, dieFlchtlingskrise ist das grteinnenpolitische Thema desJahres. Ist die SPD daraufvorbereitet?Bozkurt: Die Vorschlge derParteispitze wirken leiderkopflos. Wir haben in der Koalition einiges fr Flcht-linge erreicht: einen schnel -leren Zugang zum Arbeits-markt, die weitgehende Abschaffung der Residenz-pflicht. Aber diese Kompro-misse wurden teuer erkauft.Die Union hhlt das Asyl-recht aus. Und die SPD-Fh-rung lsst es geschehen.SPIEGEL: Inwiefern?Bozkurt: Meine Partei hat aufDruck der Union Serbien,Bosnien und Ma-zedonien zu si-cheren Her-kunftsstaaten er-klrt. Und nungehen wir wo-mglich noch ei-nen Schritt wei-ter und dehnendie Liste auf denKosovo, Alba-nien und Monte-negro aus.SPIEGEL: Flcht-linge vom Bal-kan erhalten in der Bundesre-publik so gut wie nie Asyl. Istes da nicht vernnftig, dieVerfahren zu beschleunigen?Bozkurt: Die Zeitersparnisdurch die Neuregelung istverschwindend gering undwir beschneiden auch nochdas Grundrecht auf Asyl. Dieses erfordert die Prfungeines jeden Asylgesuchs.SPIEGEL: Selbst der grne Mi-nisterprsident WinfriedKretschmann hat die Neure-gelung mitgetragen.Bozkurt: Eine fatale Fehlent-scheidung. Mazedonien ent-wickelt sich zu einem failedstate. Experten sprechenschon von brgerkriegshn-lichen Zustnden. Wir abernennen solche Zustnde si-cher.SPIEGEL: Die SPD behauptetvon sich, die Partei der Ein-wanderer und Neubrger zusein.Bozkurt: Das sind wir traditio-nell wie keine andere politi-sche Kraft. Wir bekommenaber ein Problem, wenn amMorgen GeneralsekretrinYasmin Fahimi rechtsextremeHassbriefe an-prangert und amAbend SigmarGabriel Pegida-Agitatoren alsbesorgte Br-ger verharm-lost. GabrielsNachgiebigkeitgegenber Ras-sisten verunsi-chert viele SPD-Anhnger undbestrkt rechteHetzer. pop20 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTOS: DIMITAR DILKOFF / AFP (O. R.); HC PLAMBECK (U.)Vielleicht ist die Idee, Mecklenburg- Vorpommern fr die Flchtlinge zuffnen, doch nicht so schlecht. DerMenschenrechtsbeauftragte derSddeutschen Zeitung, HeribertPrantl, hat den Vorschlag gemacht,die Asylsuchenden an der Ostsee anzusiedeln. Er ist dafr sehr geschol-ten worden. Es hie, das sei zynisch. Aber wenn man darber nachdenkt, hat die Idee einigesfr sich.Es gibt viel Platz in Mecklenburg-Vorpommern, das istschon mal von Vorteil. Die meisten Flchtlinge kommenaus eher lndlichen Regionen, also finden sie sich schnellzurecht. Die Grostadt kann fr Menschen, die den Ver-kehr nicht gewohnt sind, sehr gefhrlich sein. Angeblichleben im Osten sogar wieder Wlfe, was aber auch keinHinderungsgrund ist. Im Kosovo hausen ganze Wolfs-rudel, und in Afrika ist man noch wildere Tiere gewohnt.Das einzige wirkliche Problem, das ich sehe, sind dieNachbarn. Der Mecklenburger reagiert auf Fremde eherablehnend, weshalb es schon Besucher aus Berlin dortschwer haben. Auerdem gibt es berdurchschnittlich vie-le Nazis. Aber vielleicht kann man eine Betreuungsprmieausloben. Oder man macht eine Mauer drum herum undsperrt die Nazis aus.berall denken sie fieberhaft darber nach, wie sie dieFlchtlinge unterbringen knnen, die nach Deutschlandkommen. ber 400000 werden es dieses Jahr sein, da istFantasie gefragt. Auch fr die Sddeutsche Zeitung istSiedlungspolitik ein ungewohntes Terrain, aber warumnicht mal nach vorn denken? Die Einwanderer knnensich mit den Erfahrungen ihrer uralten Subsistenzwirt-schaft, also der Selbstversorgung, eine bescheidene Exis-tenz aufbauen, schreibt Prantl. Das wre der Auftaktzu einer neuen europischen Grnderzeit.Ich finde jede Form von Grndergeist klasse, auch wennich mir nie htte trumen lassen, dass die Zukunft Europasnoch einmal in der Agrarwirtschaft liegen knnte. Ich habeimmer gelesen, der Reichtum einer Nation wie Deutsch-land sei in den Kpfen, weshalb wir ganz viel fr die Bil-dung tun mssten. Jetzt ist also wieder Hand arbeit gefragt.Mir ist allerdings aufgefallen, dass es ein gewisses Ungleich-gewicht zwischen der Leidenschaft gibt, mit der fr dieAufnahme von noch mehr Flchtlingen getrommelt wird,und dem tatschlichen Engagement. Das mag am Wohnortliegen. Die meisten Journalisten leben in Innenstadtvier-teln, in die sich nie ein Flchtling verirren wird. Das ist si-cher ein blder Zufall, aber es entwertet ein ganz klein biss-chen das Pldoyer fr mehr Menschlichkeit, wie ich finde.Andererseits ist es fr die Fremden vielleicht ganz gut,wenn sie erst langsam an die grne Biomarktwelt heran-gefhrt werden. Als in Bremens alternativem Vorzeige-viertel Ostertor vor drei Jahren die Errichtung eines Asyl-heims anstand, hie es frsorglich auf einer Sitzung desStadtteilbeirats: Selbstverstndlich habe man nichts gegenFlchtlinge, sie seien herzlich willkommen. Aber woan-ders sei es einfach besser fr sie. Mecklenburg ist fr denAnfang wirklich nicht so schlecht. (Siehe auch Elke Schmitters Kolumne auf Seite 109.)An dieser Stelle schreiben Jan Fleischhauer und Jakob Augstein im Wechsel.Jan Fleischhauer Der schwarze KanalAsyl in MecklenburgFlchtlinge in MazedonienBozkurtGriechenlandAbgeordnete sollenmehr mitredenDer Bundestag und das Euro-paparlament wollen den Re-gierungen bei der Griechen-landrettung genauer auf dieFinger schauen. Der Vorsit-zende der CDU/CSU-Bundes-tagsfraktion, Volker Kauder,fordert eine Einbeziehungder Abgeordneten, sollte eineweitere Brckenfinanzierungfr Athen notwendig werden.Gerade in Angelegenheiten,die Griechenland betreffen,ist eine enge Abstimmungder Regierung mit dem Bun-destag notwendig, um Ver-trauen zu erhalten, sagt Kau-der. Die Brckenfinanzierungwrde erforderlich, wenn sichdie Geldgeber mit Griechen-land nicht bis zum 20. Augustauf ein neues Hilfspaket ei -nigen. Der Vorsitzende derCDU/CSU-Gruppe im Euro-paparlament, Herbert Reul,verlangt zudem eine strkereRolle der EU-Abgeordneten.Ich halte die Einsetzung ei-nes Sonderausschusses imEU-Parlament fr zwingenderforderlich, sagt Reul. Die-ser solle die Arbeit der Troi-ka aus EU-Kommission, Euro-pischer Zentralbank und Internationalem Whrungs-fonds berwachen. ran, pauPflegereformGrhe bessertEntwurf nachPflegende Angehrige kn-nen auf eine deutlich bessereAbsicherung hoffen. Wer ausdem Beruf aussteigt, um sichum alte oder kranke Ver-wandte zu kmmern, fr densollen von den Pflegekassendauerhaft Beitrge zur Ar-beitslosenversicherung ein - gezahlt werden. Bislang wer-den Beitrge nur whrendder maximal sechsmonatigengesetzlichen Pflegezeit ber-nommen. Die Neuregelunghat Bundesgesundheitsminis-ter Hermann Grhe (CDU)nun nachtrglich in seinenGesetzentwurf fr die zweiteStufe der Pflegereform aufge-nommen. Am Mittwoch willdas Kabinett darber beraten.Auerdem sollen den betreu-enden Angehrigen in Zu-kunft hhere Ansprche andie gesetzliche Rentenkassegutgeschrieben werden. Al-lein dafr will die Pflegever -sicherung knftig rund 400Millionen Euro pro Jahr be-reitstellen. Vor allem Men-schen, die Schwerstpflegebe-drftige betreuen, werdenvon der neuen Regelung pro-fitieren. cos21 DER SPIEGEL 33 / 2015Deutschland investigativFOTO: REYNALDO PAGANELLI / KEYSTONE; KARIKATUR: KITTIHAWK FR DEN SPIEGELVersicherungenDie unbotmigeNeugier der DAKDas Bundesversicherungsamt(BVA) hat wegen eines dubio-sen Fragebogens ein aufsichts-rechtliches Prfverfahren ge-gen die DAK-Gesundheit ein-geleitet. Die Krankenkassehatte bundesweit Zehntausen-de Versicherte angeschrieben,deren Arzt husliche Kran-kenpflege verschrieben hatte.So wollte sie prfen, ob dieLeistungen wirklich ntigsind und ob statt teurer am-bulanter Pflegedienste Freun-de oder Nachbarn einsprin-gen knnten, etwa beim Anziehen von Kompressions-strmpfen. Dabei suggeriertedie DAK, dass sie Pflegeein-stze nur dann bewilligenund bezahlen werde, wennvorher der Fragebogen aus-fhrlich beantwortet werde.In dem Schriftstck heit esunter anderem: Welche Per-sonen leben in Ihrem persn-lichen Umfeld (dazu gehrenneben den Angehrigen auchFreunde und Nachbarn)?Und: Bitte schildern Sie,welche Personen die Manah-me(n) bernehmen kann.Der Bundesverband privaterAnbieter sozialer Dienste be-schwerte sich darber beimBundesversicherungsamt:Laut Gesetz mssten hchs-tens Mitbewohner einenKranken pflegen. Auerdemverleite die DAK ihre Versi-cherten dazu, rechtswidrigdie persnlichen Daten vonBekannten mitzuteilen. AufSPIEGEL-Anfrage bescheinig-te die Behrde jetzt der Kas-se ein grundstzlich zulssi-ges Bemhen um wirtschaftli-che Mittelverwendung. DasAmt errtere jedoch derzeitmit der Kasse eine Optimie-rung der Verfahrensweise nicht zuletzt aus Daten-schutzgrnden. Auch dieBundesdatenschutzbeauftrag-te hat die DAK zu einer Stel-lungnahme aufgefordert. DieKasse hat jetzt berechtigteKritik an einzelnen Formulie-rungen zum Anlass genom-men, den Fragebogen in die-ser Form nicht mehr einzuset-zen. stgKittihawkKauderBundespolizeiSchmuddelmaterialauf DatentrgerDie Staatsanwaltschaft Han-nover hat ihre Ermittlungengegen einen Bundespolizis-ten ausgeweitet, der auf ei-ner Wache am Hauptbahn-hof Migranten geqult habensoll. Neben den Vorwrfender Krperverletzung imAmt und des unerlaubtenWaffenbesitzes ermittelt dieStaatsanwaltschaft nun auchwegen des Verdachts des Be-sitzes von Kinderpornogra-fie. Bei einer Hausdurchsu-chung entdeckte die Polizeiim Mai mehrere Datentrger,auf einem war verdchtigesMaterial gespeichert. Ober-staatsanwalt Thomas Klingebesttigte den Verdacht:Wir prfen, ob es eindeutigdem Beschuldigten zugeord-net werden kann. Der Poli-zist will sich nicht zu denVorwrfen uern. AnfangMai hatten Kollegen der Bun-despolizei Anzeige gegen ihnerstattet. Via WhatsApp soller damit geprahlt haben, wieer auf der Wache am Bahn-hof mit Auslndern umge-sprungen sei; nicht alle Vor-wrfe haben sich bisher be-sttigt. Neben dem Fall inHannover sollen Bundespoli-zisten in den vergangenenfnf Jahren in bis zu sechsweiteren Fllen Migrantenmisshandelt oder erniedrigthaben. Das geht aus einerAntwort der Bundesregie-rung auf eine Kleine Anfrageder Linkspartei-Abgeordne-ten Ulla Jelpke hervor. Entsprechende Vorwrfestnden im Bereich der BundespolizeidirektionenBerlin, Frankfurt, Mnchen,Stuttgart und Pirna im Raum. gud, wow 22 DER SPIEGEL 33 / 2015Deutschland investigativFOTOS: MARTIN LEISSL / LAIF (O.); PAUL MILLER / DPA (U.)GesundheitWiderstand gegenApple-BonusIn der Groen Koalition regtsich Widerstand gegen diePlne gesetzlicher Kranken-kassen, den Kauf von Fit-nessmessern wie der AppleWatch zu bezuschussen. Ichuntersttze gute Prventions-programme, aber ich haltenichts von Marketingma-nahmen der Kassen auf Kos-ten der Beitragszahler, sagtUnionsfraktionsvize GeorgNlein. Auch sein SPD-Kol-lege Karl Lauterbach hltden Bonus fr fragwrdig.Damit wollten die Kassengut gebildete, junge und ge-sunde Mitglieder abwerben,sagt er. Die Kassen knntendann demnchst auch Lauf-schuhe bezuschussen. Aus-gelst hatte die Diskussiondie AOK Nordost, die denKauf einer Apple Watch mitbis zu 50 Euro belohnen will;die von der Uhr erhobenenDaten sollen allerdings nichtan die Kasse bertragen wer-den. Konkurrenten der AOKNordost hatten angekndigt,hnliche Zuschsse zu prfen. Linken-Gesundheits -expertin Kathrin Voglerspricht von einer uerstfragwrdigen Blte des Kran-kenkassenwettbewerbs. cosDer AugenzeugeKonflikt um LebensmittelHarald Wrges, 61, ist Leiter der Tafel in Wetzlar. Die Einrich-tung, die gespendete Lebensmittel an Bedrftige verteilt, hatderzeit so viele Kunden wie nie. Das liegt auch daran, dass immer mehr Flchtlinge kommen ein Trend, der auch an-derswo verzeichnet wird. Deutschlandweit versorgen sich der-zeit 120000 Asylbewerber mit kostenlosen oder stark verbil-ligten Lebensmitteln der Tafel-Bewegung. Der Bundesverbandschtzt, dass die Zahl bis Ende des Jahres auf 150000 an -steigen wird; jeder zehnte Kunde wre dann ein Flchtling.Eine Entwicklung, die Wrges Sorge bereitet.Wir haben in Wetzlar mittlerweile etwa 4500 Kunden,darunter 800 Flchtlinge, die in unserem Landkreis leben.Um Menschen die Anreise mit dem Bus zu ersparen, er-ffnen wir bald zwei neue Ausgabestellen in Nachbardr-fern, zustzlich zu den vieren, die wir schon betreiben.Wir setzen uns fr Flchtlinge ein und untersttzen sie,aber weil wir nicht unbegrenzt Lebensmittel einsammelnknnen, ist es unmglich, immer mehr von ihnen zu ver-sorgen, auch wenn Behrden das mancherorts offenbarglauben. Es gab in den vergangenen Jahren eine regel-rechte Abschiebung von Bedrftigen zu den Tafeln. ,Diewerden sich schon kmmern, dachten sich einige Amts-mitarbeiter wohl. Bisher ist die Mehrheit unserer angestammten Kundenbereit, mit den Flchtlingen zu teilen. Die Frage ist nur,wie lange das noch so bleibt. Wenn Hartz-IV-Empfngerund andere Bedrftige, die bisher von der Tafel profitierthaben, pltzlich deutlich schlechter untersttzt werdenknnen als vorher, wird das die Stimmung beeintrchti-gen, dann droht ein Konflikt um Lebensmittel. Bei uns imLandkreis gibt es Orte, wo die Rechten sehr stark sind.Dort bekomme ich bereits zu hren: ,Die armen Deut-schen lasst ihr im Regen stehen.Wir haben nun einige Flchtlinge in unser Tafel-Team ge-holt, um die Akzeptanz in der Bevlkerung zu strkenund den Fremden ein Gesicht zu geben. Es ist trotzdemder Punkt gekommen, wo wir nicht noch mehr Flcht -linge versorgen knnen. Bewohnern eines Erstaufnahme-lagers haben wir aber zumindest angeboten, sich mit Kleiderspenden einzudecken, und es bekommen auchalle einen Kaffee, die zu uns kommen. Mehr ist momen-tan nicht mglich, denn viele Tafeln leiden auch darunter,dass es immer schwerer fllt, gengend Spenden und Lebensmittel aufzutreiben. Schon allein deswegen darfder Staat nicht so oft auf unsere Arbeit verweisen, wennBedrftige nach zustzlichen Hilfen fragen. Ansonstendroht der Zusammenbruch des Tafel-Systems.Aufgezeichnet von Anna ReuWerbung fr die Apple Watchwir verbinden menschen in europawww.telekom.com/europaDeutschlandHaraldRangemachteeinenkmp-ferischenEindruck,alserdenSPIEGEL Ende Juli zum Gesprchempfing.SeinenbravenSchnauzerhatteer schon vor einiger Zeit durch einen ver-wegenen Dreitagebart ersetzt. Der 67-Jh-rige erinnerte an seinen Amtseid, den eralsjungerStaatsanwaltinGttingenge-leistet hatte nmlich stets ohne Ansehender Person zu ermitteln. UnderverbatsichjedeEinmischungdurch die Politik. Weisungen von der Re-gierunghabeichbislangnichtbekom-men,sagtederGeneralbundesanwalt.IchbinfreiinmeinerEntscheidung.Ahnte er bereits, dass seine Ermittlungengegen zwei Journalisten bald sein Amt unddie Bundesregierung erschttern wrden?Zwei WochenspterstandRangeinKarlsruhe vor den Mitarbeitern seiner Be-hrde und lie sich feiern. Es war der Tagnach seiner Kampfansage an die Bundes-regierung,derereinenunertrglichenEingriffinseineArbeitvorwarf undwenigeStundennachseinerEntlassung.Ihm sei es wichtiger, in den Spiegel schau-en zu knnen als in die Zeitung, sagte Ran-ge.Ichhabeesfrmichgetan,undichhabe es fr die Behrde getan. Seine Ju-risten quittierten es mit tosendem Applaus. Jubel in Karlsruhe, Entsetzen in Berlin:EinigwieseltengingenBundeskanzlerinAngelaMerkel(CDU)undihreMinisterauf Distanz. Ganz so, als htten sie nichtdas Geringste damit zu tun, dass der StaaterstmalsseitderSPIEGEL-Affrevor53JahrenwiedereinErmittlungsverfahrengegenJournalistenwegenLandesverratserffnet hatte.Rangeistnunweg.Wasbleibt,isteinScherbenhaufen,andemsichnochdereineoderanderePolitiker,Ministerialeoder Behrdenchef schneiden knnte. Bin-nen weniger Tage wurden in Berlin Fragen,dievongrundstzlicherBedeutungfreineDemokratiesind,aufgeworfenundnur unzureichend beantwortet: Wie haltenesStrafverfolgerundVerfassungsschutzmit der Pressefreiheit? Wie unabhngig istDeutschlands Strafrechtspflege? Und wiegenau drfen gewhlte Geheimdienstkon-trolleure eigentlich Geheimdienste kontrol-lieren?Scheinheilig setzen sich in diesen Tagendie Kanzlerin, Justizminister Heiko Maas(SPD) und Innenminister Thomas de Mai-zire (CDU) fr die Pressefreiheit ein inderPraxisverfolgendieRegierungsleuteundihreGeheimdienstchefseinePolitikdes Einschchterns und Abschreckens vonJournalisten und ihren Quellen.UndichteStellenundInformanten(Whistleblower) werden gesucht und kri-minalisiert.EineseitJahrzehntenkaumnochgehrteVokabelwieLandesverratgehrt im Berliner Politsprech auf einmalwieder zum Repertoire. All das angeblichzum Schutz eines hohen Guts: Die Sicher-heit soll erhht, der Schutz vor Terroristenverbessertwerden.Dochzugleichgertdie sensible Balance zwischen Exekutive,Legislative, Judikative und der Presse alsvierter Gewalt ins Wanken.Ranges Fall ist nur der vorlufige Hhe-punktineinemProzess,denderUS-Whistle blower Edward Snowden im Som-mer2013mitseinenEnthllungenberdie globalen Sphaktivitten des amerika-nischen Geheimdienstes NSA begann.Seither haben die Bundesregierung undihreSicherheitsbehrdennichtsunver-sucht gelassen, Aufklrung nur in dem vonihnen gesetzten Rahmen zuzulassen. WaseinStaatsgeheimnisist,definierteinzigund allein das Kabinett. Wer das anzwei-felt und sei es mit gutem Grund , luftGefahr, mit der ganzen Schrfe des Geset-zes verfolgt zu werden. NachfortwhrendenEnthllungendurchdiePresseundderAufklrungsar-beitdesNSA-Untersuchungsausschussesim Bundestag wirkt die Regierung mrbe.Ihre Taktik, eine Mischung aus AbschottenundAttackieren,offenbart,wieunsicherMerkel und ihre Leute geworden sind. Im-mer verbissener versuchen sie, ihre angeb-lichen Staatsgeheimnisse zu schtzen. Mitdem Ergebnis, dass sie den eigenen Parla-mentariern nicht mehr trauen.Die Verantwortlichen der Exekutive ver-schanzensichseitdenSnowden-Enthl-lungenineinerWagenburg.SowurdenAktenandenNSA-Untersuchungsaus-schusslckenhaftundingroteskemAus-ma geschwrzt geliefert sogar das Da-menprogrammbeimBerlin-BesucheinesNSA-Direktors sollte die deutschen Parla-mentarier nichts angehen. DochsosehrsichdieRegierungauchmht, den Damm zu sichern, stetig sickernNeuigkeitendurch.Oftwirddabeideut -lich, dass der Stempel geheim auch zur VertuschungproblematischerGeheim-dienstoperationen dient. Dass der Bundes-nachrichtendienst (BND) fr die NSA Da-tenkabelinFrankfurtangezapfthatundparlamentarischeKontrolleureberdaswahre Ausma tuschte; dass der Verfas-sungsschutz sich mit der CIA in einer Tarn-wohnungimRheinlandeinrichtete,umden Terror zu bekmpfen, und dabei denDatenschutzaushhlte;dassselbstdasKanzleramt gelegentlich von den eigenenSpionen bergangen wurde all das httedie Regierung gern fr sich behalten. Aberder Damm hlt nicht.Die Verantwortlichen reagieren daraufzunehmend ungehalten. Hans-Georg Maa-en beispielsweise, Prsident des Bundes-amts fr Verfassungsschutz (BfV), drohteimgeheimtagendenParlamentarischenKontrollgremium des Bundestages wieder-holt mit Strafanzeigen wegen Geheimnis-verrats.ImGesprchmitVertrautenlieer wissen, das Gremium gehre eigentlichaufgelst,weilselbstJournalistenver-schwiegener seien.GemeinsammitKlaus-DieterFritsche,demGeheimdienstkoordinatorimKanz-leramt, warnte Maaen die Abgeordneten:SolltendieAmerikanerirgendwanndieZusammenarbeitimAnti-Terror-KampfaufkndigenundsollteesdanacheinenAnschlag in Deutschland geben, dann ht-24 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTOS: KROHNFOTO.DE (L.); CHRISTIAN THIEL (R.)Die GeheimniskrmerAffren Die Pressefreiheit attackiert, die Justiz beschdigt, den Generalbundesanwaltaus politischen Grnden gefeuert: Im verzweifelten Bemhen, fragwrdige Interna zu schtzen, haben Regierung und Geheimdienste einen Scherbenhaufen angerichtet.Innenminister de Maizire Druck auf potenzielle Verrter 25 DER SPIEGEL 33 / 2015Justizminister Maas26 DER SPIEGEL 33 / 2015FOTO: HANS CHRISTIAN PLAMBECK / LAIFVielleicht lsst sich jhe Berhmt-heitambestenanderZahlderWirrkpfe messen, die auf einmalanrufenunddieWeltlageerklren mssen. Bei Markus Beckedahl rufen in letzter Zeit viele an. Beckedahl ist Chef -redakteurdesBlogsNetzpolitik.org, gegen ihn und seinen Redakteur AndreMeisterwurdenErmittlungenwegenLandesverratseingeleitet.NunmeldensichamTelefonvermeintlicheKompli-zen,diederMeinungsind,dassgegensiealleermitteltwerde,geheimnatr-lich. Selbst ernannte Reichsbrger rufenan,dieBeckedahlbesnftigenwollen:Landesverrat knne es gar nicht geben,weilesjaschlielichauchdieBundes -republiknichtgebe.Neulichfragteje-mand, ob man bei plutonischen Angrif-fen helfen knne. Nee, sorry, sagteBeckedahl und legte auf. Spter mussteer Journalisten des russischen Staatsfern-sehens rausschmeien, die ungefragt inseinem Bro gefilmt hatten.Beckedahl ist 39 Jahre alt, ein freund-licherWahlberliner,dererklrt,erbe-mhesich,eineunaufflligeFrisurzutragen.SeinLebenseibisherziemlichnormal verlaufen, sagt er. Das hat sichpltzlich gendert. Er arbeitet in einemkleinen Eckbro im fnften Stock einesBerlinerHinterhofs.FnfKollegensit-zen im gleichen Zimmer, sie finanzierensichdurchSpenden.Esistheihieroben, vor Beckedahl liegen ein piepsen-desHandy,dasihnauchnachtsnervt,undeineFlascheClub-Mate.Erhabeweniggeschlafen,abererseinichtge-stresst,sagtBeckedahl,erseiimFlow.Es gibt nicht viele glanzvolle Momente,wenn man zu Massenberwachung undVorratsdatenspeicherung bloggt. Geradeist einer davon. Beckedahl kommt aus einem kleinenDorf in der Nhe Bonns. Er war bei derGrnenJugend,ermochteComputer,nach der Schule kam er in Kontakt mitHackern des Chaos Computer Club undbegannsichfrberwachungzuinte-ressieren.VorzwlfJahrenfingeran,ber Geheimdienste zu schreiben, nochbevor Edward Snowden mit der NSA zutunhatte,dasbetontergern.Erver-schlsselt schon lange seine Mails, tele-foniert mit Kryptophones und berlegtsichgenau,waserimInternetpreisge-ben will. Wir sind eine der bestgeschtz-ten Redaktionen, die es in Deutschlandgibt, sagt er. Es war Beckedahl immerwichtig, die Kontrolle zu behalten. AberdasistsptestensseitdemMomentschwierig geworden, in dem seine MutterimARD-Videotextdavonerfuhr,dassihrem Sohn die Verhaftung drohe.Seit diesem Tag, dem 30. Juli, als ihmder Generalbundesanwalt schriftlich mit-teilte,dassgegenihnundseinenRe-dakteur Andre Meister ermittelt werde,habensichzweiDingegendert.ZumeinenistHaraldRangenichtmehrGeneral bundesanwalt.Zumanderen bekommtBeckedahlsBlogjetztmehrSpenden. Die Washington Post berich-tetberihn,dieTagesschau.Becke-dahl sagt, manchmal komme ihm das al-les ein bisschen gro vor, was da geradepassiert, er htte es gern eine Nummerkleiner. Vorwrfe wie Landesverrat ken-ne er nur aus Geschichtsbchern.Darin werden vermeintliche Verrterals die Helden der Pressefreiheit gefei-ert:AugustBebel,CarlvonOssietzky,RudolfAugstein.DieVerfahrengegensie waren spektakulr und fhrten meistzumGegenteildessen,wasvomAn -klger beabsichtigt war: Ossietzky wur-de der Friedensnobelpreis verliehen, derSPIEGEL wurdezumSturmgeschtzderDemokratie.BeckedahlplantT-Shirts zu drucken mit der Aufschrift EinAbgrund an Landesverrat. Der damali-ge Bundeskanzler Konrad Adenauer hat-te sich so zur SPIEGEL-Affre geuert.Auch Visitenkarten sind im Gesprch.Wenn man dem gut gelaunten Becke-dahl gegenbersitzt, bekommt man denEindruck,dassfrherallesschlimmerwar. Im 18. Jahrhundert konnte man frLandesverratgerdertwerden.1962drohtenAugstein15JahreZuchthaus,am Ende verbrachte er 103 Tage in Un-tersuchungshaft.Im21.JahrhundertdrucktmanT-ShirtsundberlegtsicheinenTwitter-Hashtag.EsisteinHap-pening.Eigentlich wollte Beckedahl nach demSchreibendesStaatsanwaltsamWo-chenende ins Grne fahren, dann habensie in der Redaktion doch beschlossen,eine kleine Demo zu machen, das Wet-ter war auch sehr gut. Aber wohin lau-fen? Zum Innenministerium? Da luftkeinerhinnachMoabit,sagtBecke-dahl.AmEndesindsiemitmehrals2000 Leuten zum Justizministerium ge-laufen, das liegt schn in Mitte und warnicht zu weit weg. Beckedahl hielt einSchildhoch,aufdemstand:HermitdenDokumenten!Einandererhattesich ausgedacht: Vertrauen ist gut, Lan-desverrat ist besser, das hat Beckedahlam besten gefallen.Nur eine Sache macht Beckedahl Sor-gen. Er schaut sich um in dem Bro. Ersagt,Geheimdienstegehensehrsubtilvor.Ermussdeshalb,unteranderem,nocheinenWanzendetektorbesorgen.Erberlegt,obderVerfassungsschutzWanzen in seinem Haus eingebaut hat,vielleichtwirderbeschattet,vielleichtwerdenseineTelefongesprcheabge-hrt. Eine mgliche Totalberwachungist fr einen Menschen, der fast sein gan-zes Berufsleben gegen berwachung ge-kmpft hat, ein Albtraum.ErberlegtsichdeshalbsehrgenauimGesprch,waserPrivateserzhlt,solche Informationen knnten hilfreichsein fr eine Geheimdienstanalyse. Soprivatmig, da sagen wir nix, sagt er.MandarfaberschonberBeckedahlschreiben, dass er Musik hrt und Sach-bcher liest. Manchmal schaut er Fern-sehserien. Golf spielt er nicht. Er habeFreunde aus der Hackerszene, die schonetwas paranoid seien, sagt er. Er sei ei-gentlich froh, dass ihm das bisher erspartgebliebensei.ErhabeweiterhineinepositiveGrundstimmung,erhabewei-terhinVertrauenindenRechtsstaat.Wenndasallesvorbeiist,willersichpersnlichbeimGeneralbundesanwaltbedanken. Jonathan StockLandesverrat ist besserMedien Ein Blogger wird zum Helden im Kampf gegen die Geheimdienste.Video: So arbeitet Netzpolitik.orgspiegel.de/sp332015netzpolitik oder in der App DER SPIEGELRedakteure Meister, BeckedahlIm 18. Jahrhundert wurde man gerdert Deutschlandten die Parlamentarier die Toten auf demGewissen.Auch Innenminister de Maizire setztepotenzielle Geheimnisverrter unter Druck.IneinemBriefandasKontrollgremiumbeschwerte sich seine Staatssekretrin Emi-lyHaberberangeblicheIndiskretionender Abgeordneten. Vorsorglich wies Haberdarauf hin, dass Geheimnisverrat strafbe-wehrt sei.Mitte Oktober 2014 erreichte die Obleu-te des NSA-Ausschusses ebenfalls ein Brief,der Absender war in diesem Fall Kanzler-amtschefPeterAltmaier(CDU).DerBe-treff: Weitergabe von eingestuften Infor-mationen der Bundesregierung an Presse-medien. Darin listete Altmaier vier FllevermeintlicherDurchstechereienauf,da-runter eine an den SPIEGEL und eine andasBlogNetzpolitik.org.Eshandlesichum einen gegenwrtig noch ungeklrtenInformationsabfluss, rumte Altmaier ein,drohtejedoch:Ichbehaltemirvor,imWiederholungsfall Strafanzeige gegen un-bekannt zu erstatten.VierWochenspterkndigteGeheim-dienstkoordinator Fritsche im Vertrauens-gremium des Bundestags Vollzug an. DasMa an Geheimnisverrat sei nun voll, dieRegierung werde Anzeige erstatten.Diese blieb jedoch aus. Merkel soll per-snlich davor gewarnt haben, die Eskala-tion auf die Spitze zu treiben. Im Kanzler-amt heit es dazu heute: Man muss immerpolitischabwgen,wasmanvermittelnkann. Die Geheimdienstler kuschten, ver-gaen aber nicht.Unterdessen baut die Regierung auf ei-ner anderen Ebene gegen Whistleblowervor: mit einem Gesetz zur Einfhrung ei-ner Speicherpflicht und einer Hchstspei-cherfrist fr Verkehrsdaten, wie der neueAnlauffreineVorratsdatenspeicherungheit. Von der ffentlichkeit kaum regis-triert,wirdesvoraussichtlichdieArbeitvonJournalistenundInformantener-schweren. Zwar sollen die Telekommuni-kationsdatensogenannterBerufsgeheim-nistrger,zudenenJournalistenzhlen,auchknftignichtverwertetwerden;ge-speichert werden sie trotzdem. Dies unter-grabe den Schutz von Informanten, kriti-siert der Deutsche Journalistenverband.EinandererParagrafindemGesetz-entwurf wird manch investigative Recher-che in ein kriminelles Licht rcken. Es gehtumdieAnnahmeoderVerffentlichungvertraulicher Daten, die vorher rechtswid-rig von einem Informanten beschafft wur-den,beispielsweiseDatenberSteuer -snder.DaskanninZukunftalsDaten-hehlereimitFreiheitsstrafebiszudreiJahren oder mit Geldstrafe geahndet wer-den, Amtstrger sind ausgenommen. Ebenso Journalisten; aber nur, wenn siemit den Daten in Vorbereitung einer kon-kretenVerffentlichungzutunhaben,wie es in der Begrndung zu dem Entwurfheit.Dasaberistrealittsfern:ObsichDatenfreineVerffentlichungeignen,kann ein Journalist erst entscheiden, wenner diese Daten gesichtet und analysiert hat. Die Risiken fr die journalistische Ar-beit werden eindeutig grer, sagt UlrichSchellenberg, Prsident des Deutschen An-waltvereins.ErsiehtdasumstritteneGe-setzesvorhaben als Teil einer gefhrlichenEntwicklung. Whrend die Regierung diestaatlichenberwachungsmanahmenmassiv ausweitet, versucht sieandererseitsumso mehr, ihre eigenen Geheimnisse zuschtzen.Dass sie dabei trickst und tuscht, davongehendieObleutedesNSA-Ausschussesseitdem4.Februar2015aus.AnjenemTag erschienen Staatssekretr Fritsche undBND-Prsident Gerhard Schindler in derObleuterunde. Sie htten den Abgeordne-ten in einem abhrsicheren Saal Brisantesmitzuteilen und dafr Sprechzettel vorbe-reitet. Es gehe um eine Angelegenheit, die,sollte sie bekannt werden, der Bundesre-publik schweren Schaden zufgen knne.GemessendaranlieenFritscheundSchindlerindemGesprcherstaunlicheUnvorsichtwalten.Ohnezuberprfen,ob die anwesenden Mitarbeiter der Obleu-teberechtigtsind,Geheiminformationenzuerhalten,undohnedieMobiltelefoneim Saal zu beachten, berichteten sie offen-herzigbereineheikleOperationdesBNDmitdembritischenGeheimdienstGCHQ in den Jahren 2012 und 2013. Wieman heute wei, lief die Sache unter demCodenamen Monkeyshoulder.SovielSorglosigkeitmachtedieAus-schussmitglieder misstrauisch. Noch bevorSchindler und Fritsche fertig waren, zogendie Abgeordneten sich zu einer Beratungzurck. Die ansonsten oft zerstrittene Run-de war sich einig, dass hier womg lich eineFalle aufgebaut werde: Sollten Details derGeheimdienstoperation ffentlich werden,knnte die Regierung auf den unzuverls-sigen Ausschuss zeigen. Die Obleute ent-schlossen sich daher, die Sitzung sofort zubeenden,undschicktendieverdutzten Behrdenvertreter nach Hause. RundzwlfStundenspterberichteteFocus Online ber die streng geheime Ope-ration und offenbarte dabei auch Details,die nach bereinstimmender Aussage derObleute am Vortag nicht genannt wordenwaren. Wer hatte sie den Journalisten ge-steckt? Und mit welchem Ziel? Nicht erst seitdem argwhnen Parlamen-tarier, dass es in der Regierung und ihrenBehrden Menschen gibt, die ein perfidesSpiel treiben, um die Aufklrungsarbeit inder NSA-Affre zu sabotieren. Man hatoffenbar Angst, dass noch mehr rauskom-men knnte, sagt der Vorsitzende des Par-lamentarischen Kontrollgremiums, AndrHahn (Linke). DerSPD-ObmannimNSA-Ausschuss,ChristianFlisek,wundertsich:VieleIn-formationen,derenPreisgabeunsvorge-worfenwurde,habenwirselbsterstausderZeitungerfahren.Diewirklichen Leaks sind im Kanzleramt, im Verfassungs-schutz und in anderen Behrden.Insbesondere im Innenministerium undbeim Verfassungsschutz sei die NervosittdeshalbmitHndenzugreifen,heitesinBerlinerSicherheitskreisen.FrdenGrnen-Obmann Konstantin von Notz istdas kein Wunder: Das Bundesamt fr Ver-fassungsschutz wird ja erst noch in den Fo-kus unserer Ausschussarbeit rcken undda gibt e