Der verwirrte Patient in der ZNA - notfallpflege-online.de - Demenz... · – akutes Abdomen –...

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28.02.15 Verwirrt in der ZNA 1 Der verwirrte Patient in der ZNA Dr. med. Michael Musolf, MBA Chefarzt Klinik für Geriatrie / Ärztlicher Direktor Evangelisches Amalie Sieveking Krankenhaus

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28.02.15 Verwirrt in der ZNA 1

Der verwirrte Patient

in der ZNA

Dr. med. Michael Musolf, MBA

Chefarzt Klinik für Geriatrie / Ärztlicher Direktor

Evangelisches Amalie Sieveking Krankenhaus

28.02.15 Verwirrt in der ZNA 2

Hippocrates

... „bei akutem Fieber, Lungenentzündung,

Hirnhautentzündung und akuten Kopf-

schmerzen beobachte ich, dass die

Patienten mit den Händen in der Luft

umherfuchteln, auf der Bettdecke Flusen

zupfen und Spreu von der Wand pflücken.

All diese Zeichen sind ungünstig, im

Grunde tödlich.“

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Begrifflichkeiten

Delirare

• De vom

• li(ra) Weg

• ire gehen

• „Neben der Spur sein“

Akute psychische Störung mit Kognitions- und

Bewusstseinsstörung organischer Ursache

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Häufigkeit / Inzidenz

• betroffene Krankenhauspatienten

• ca. 20 % (7-70%)1

• ambulant erworben und bei Klinikaufnahme bestehend

• bei 50% dementiell Erkrankter

• 25-50% deliranter Patienten haben eine Demenz

• neuauftretend im Krankenhaus2

• Innere Medizin: 3-31%

• Chirurgie: 10-15%

• ältere Patienten mit Hüftfraktur: ca. 50%

1: Royal V´Collage of Psychiatrics, 2005

2: Prof. Hager, Hannover, 2004

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Häufigkeit / Inzidenz

• betroffene Krankenhauspatienten

• ca. 20 % (7-70%)1

• ambulant erworben und bei Klinikaufnahme bestehend

• bei 50% dementiell Erkrankter

• 25-50% deliranter Patienten haben eine Demenz

• neuauftretend im Krankenhaus2

• Innere Medizin: 3-31%

• Chirurgie: 10-15%

• ältere Patienten mit Hüftfraktur: ca. 50%

1: Royal V´Collage of Psychiatrics, 2005

2: Prof. Hager, Hannover, 2004

In bis zu 70% der Fälle wird

das Delir nicht erkannt

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Erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Delir …

• höheres Lebensalter (meist über 70 Jahre)

• männliches Geschlecht

• vorbestehende Demenz

• vorbestehende Depression

• Multimorbidität

• Frailty-Syndrom (Gebrechlichkeits-Syndrom)

• Dehydratation u/o Mangelernährung

• Alkoholabhängigkeit

• Störung der Perzeption / Sensorik

• schwere akute Erkrankung besonders Fraktur / Trauma

• Polypharmakotherapie

NeuroGeriatrie 1-2011: 20-25

• plötzlicher Beginn mit rasch progredienter Symptomatik

• unvermittelt auftretende unmotivierte Aggressivität

• gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus

• Affektstörung

• optische u/o akustische Halluzinationen

• Wahnvorstellungen

• Formale Denkstörungen

• Desorientiertheit

• Körpersymptome

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Klinik des akuten Delir

• plötzlicher Beginn mit rasch progredienter Symptomatik

• unvermittelt auftretende unmotivierte Aggressivität

• gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus

• Affektstörung

• optische u/o akustische Halluzinationen

• Wahnvorstellungen

• Formale Denkstörungen

• Desorientiertheit

• Körpersymptome

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Klinik des akuten Delir

Nicht selten rasch wechselnde

Ausprägung der Symptome

ODER Wechsel der Symptome

• hirnorganisch

• zerebrale Tumoren / Metastasen

• subdurales Hämatom

• Comotio cerebri

• zerebrale Ischämie / Apoplex

• Meningitis, Enzephalitis

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R. Schütz „Alter und Krankheit - Praxis der Allgemeinmedizin“ 1987, 23

• psychogen

– Depression

– unbekannte Umgebung

– Dunkelheit

– akute Trauerarbeit

– Einsamkeit

Potentiell delirogen …

• hypoxisch

• kardiale Insuffizienz

• akuter Myokardinfarkt

• Herzrhythmusstörungen

• akute Blutungsanämie

• fieberhafter Infekt / Sepsis

• akut exacerbierte Ventilationsstörung

• Akute Lungenembolie

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• Intoxikation

• Entzug

Potentiell delirogen …

R. Schütz „Alter und Krankheit - Praxis der Allgemeinmedizin“ 1987, 23

• metabolisch

• Hypo-, Hyperglykämie

• Urämie

• Hypokaliämie

• Exsikkose, Wasserintoxikation

• Hypo-, Hyperthyreose

• Hyperkalziämie

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• Schmerz

– Überlaufblase

– Stuhlverhalt / Obstipation

– akutes Abdomen

– okkulte Frakturen

Potentiell delirogen …

R. Schütz „Alter und Krankheit - Praxis der Allgemeinmedizin“ 1987, 23

Potentiell delirogene Medikamente

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Neuroleptika z.B. Chlorpromazin, Promethazin

Trizyklische

Antidepressiva

z.B. Amitryptilin, Doxepin

Spasmolytika z.B. Butylscopolamin

Antihistaminika z.B. Diphenhydramin

H2-Blocker z.B. Cimetidin, Ranitidin

Ophtalmologica z.B. Atropin-haltige Augentropfen

Antiparkinsonmittel z.B: Anticholinergika, Dopaminagonisten, L-Dopa

Analgetika z.B. generell Opioide und Opiate, Azetylsalizylsäure in höherer

Dosierung, NSAR

Antikonvulsiva z.B. Phenytoin, Valproinsäure, Carbamazepin

Antibiotika z.B. Gyrasehemmer, Sulfonamide, Tuberkulostatika

Benzodiazepine z.B. der Entzug von Benzodiazepinen

andere z.B. Kortikosteroide, Lithium, Digitalisglykoside, Propanolol, Clonidin,

Chinidin, Ciclosporin, Theophyllin, Lidocain, Mexiletin

Delir-Screening

CAM ~ Confusion Assessement Method

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Formen des Delir

• Hypoaktive Form (29%)

• Bewegungsarmut

• Vigilanzminderung / Lethargie => Decubitusrisiko ↑

• Hyperaktive Form (21%)

• gesteigerte motorische Aktivität, Unruhe => Sturzrisiko ↑

• Halluzinationen, Verhaltensauffälligkeiten

• Mischform (43%)

• Wechsel von Hypo- und Hyperaktivität

• Vigilanz fluktuierend

• Keine psychomotorischen Veränderungen (7%)

O‘Keeffee und Lavan, 1999

Geriatrie-Report 01-2013: 52-54

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Therapie

• Anamnese (Delir? / Demenz?)

• kausale Behandlung der Grundkrankheit

• allgemeine Basismaßnahmen

• Umgebungsanpassung

• ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Nahrung

• Überwachung insbesondere es agitierten Patienten

• DK, Infusion, Fixierung vermeiden

• stringenter Einsatz sedierender Medikamente

• Medikation auf das Wesentliche kürzen!

• spezifische medikamentöse Therapie

• so wenig wie möglich und so kurzfristig wie möglich!

Medikamentöse Therapie des deliranten Syndroms:

Verwirrt in der ZNA

Lorazepam

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Medikamentöse Therapie

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Prognose / Outcome

• verlängerter stationärer Aufenthalt

• akut erhöhte Mortalität (2-20 fach)

• langfristig erhöhte Mortalität (2 fach)

• ¼ der Delir-Patienten verstirbt binnen 3-4 Monaten

• erhöhte Re-Hospitalisierungsrate

• Risiko für Demenzentstehung erhöht (3 fach)

Cole und Primeau, 1993

Reichwald, 1996

Hager, 2004

Das akute Delir ist Marker

einer schlechten Prognose

Take home message

• Delir ist ein sehr häufiges Krankheitsbild bei akut erkrankten,

älteren, multimorbiden Patienten

• Delir verschlechtert bedeutsam die Prognose, daher frühzeitig

erkennen und konsequent behandeln

• Delir hat ein hohes Rezidivrisiko und triggert kognitiven Abbau

• Diagnose anhand Anamnese und klinischer Untersuchung

• mehrheitlich nicht-neurologisch/psychiatrische Erkrankungen

• viele Medikamente können ein Delir auslösen

• Delir-Patienten sollten die ZNA rasch durchlaufen

• Delir-Patienten sollten innerhalb der Klinik nicht verlegt werden

• Die Behandlung sollte immer „multimodal“ erfolgen!28.02.15 Verwirrt in der ZNA 18

28.02.15 Verwirrt in der ZNA 19

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit !

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