Der Vorsorgende Sozialstaat

56
Der Vorsorgende Sozialstaat Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen. Mit dem Gesicht zu den Menschen. Märkische Hefte 29 Mai 2014 Landtagsfraktion Brandenburg

description

Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen

Transcript of Der Vorsorgende Sozialstaat

Page 1: Der Vorsorgende Sozialstaat

Der Vorsorgende SozialstaatWie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Mit dem Gesicht zu den Menschen.

MärkischeHefte

29Mai 2014

LandtagsfraktionBrandenburg

Page 2: Der Vorsorgende Sozialstaat

2 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Impressum

Herausgeber SPD-Landtagsfraktion Brandenburg | Alter Markt 1 | 14467 Potsdam

Tel.: 0331 – 966 13 40 | Fax: 0331 – 966 13 07

E-Mail: [email protected]

Web: www.spd-fraktion.brandenburg.de

Verantwortlich Mike Bischoff, Parlamentarischer Geschäftsführer

Fotos SPD-Landtagsfraktion Brandenburg, Cover: istockphoto | fotoVoyager, S.12: fotolia | Dron,

S.26: fotolia | Christian Schwier, S.29: fotolia | contrastwerkstatt, S.33: fotolia | ehrenberg-bilder,

S.34: pixelio | Marvin Siefke, S.38: fotolia | Picture-Factory, S.44: pixelio | Rainer Sturm,

S.47: fotolia | Alexander Raths, S.51: fotolia | Sandor Kacso, S.52: fotolia | Matthias Enter

Satz & Layout medienlabor GmbH

www.facebook.com/SPDFraktionBrandenburg

Page 3: Der Vorsorgende Sozialstaat

3Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

vor sieben Jahren haben wir damit begonnen, eine vorsorgende Sozial- und Gesellschaftspo-litik für Brandenburg zu entwickeln. Wir wollen helfen, bevor Notlagen überhaupt entstehen. Wir wollen früher und wirkungsvoller fördern, damit spätere Probleme möglichst vermieden werden. Dabei haben wir klare Prinzipien: Wir wollen eine Gesellschaft, in der niemand zu-rückgelassen wird, in der alle faire Chancen bekommen und in der jeder seinen Beitrag leisten kann. Dafür engagiert sich die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag.

In den vergangenen Jahren haben wir auf diesem Weg eine Menge erreicht: Wir haben in Bran-denburg über 80 Programme und Maßnahmen zur vorsorgenden Gesellschafts- und Sozialpo-litik umgesetzt. Das Land investiert dafür jedes Jahr etwa 250 Millionen Euro. Und doch bleibt noch viel zu tun. Wir wollen unsere vorsorgende Politik weiterentwickeln – für alle Menschen im Land. Unser Ziel ist es, für alle Lebensalter und alle wichtigen Übergangsphasen besondere Hilfen anzubieten. Dazu haben wir konkrete Maßnahmen, Programme und Instrumente ent-wickelt, die in den unterschiedlichen Lebensphasen zum Tragen kommen.

In dieser Broschüre ziehen wir eine Zwischenbilanz über den vorsorgenden Sozialstaat in Bran-denburg. Zugleich blicken wir voraus und sagen, welche Aufgaben noch vor uns liegen. Denn wir wollen ein Brandenburg für alle – ein Land, das sozialen Aufstieg fördert, in dem jeder gebraucht wird. Ein Land, in dem es gerecht zugeht, mit mehr Lebenschancen für alle. Dafür werden wir auch in den kommenden Jahren arbeiten.

Klaus Ness MdL Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion

Page 4: Der Vorsorgende Sozialstaat

4 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Der Vorsorgende Sozialstaat in Brandenburg.Wie wir gleiche Chancen für alle schaffenBrandenburg ist ein junges Bundesland, das in den letzten zwei Jahrzehnten eine enor-me gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung genommen hat. Dazu zählen: eine Halbierung der Arbeitslosigkeit, ein deutliches Absinken der Schulabbrüche, ein ausgeglichenes Ausbildungsangebot, eine positive Wirtschaftsentwicklung und ein so-lider Haushalt. 95 Prozent der Brandenbur-gerinnen und Brandenburger schätzen die Lebensqualität in unserem Land sehr. Grund-lage dafür ist auch ein starker Sozialstaat.

Bereits 2006 hat sich Brandenburg zum Leitbild der vorsorgenden Sozial- und Ge-sellschaftspolitik bekannt. 2009 wurde dieser Anspruch zur Basis des Koalitions-vertrages. Um alle Brandenburgerinnen und Brandenburger aus allen Generationen und unabhängig von ihrer Herkunft bei ih-rer Lebensperspektive zu fördern, bedarf es eines zeitgemäßen Sozialstaates. An dem Zukunftsbild einer „Chancengleichheit von Anfang an“ arbeiten wir seit einigen Jah-ren intensiv. Was ist bislang im Einzelnen erreicht worden? Welche politischen Felder

wurden bestellt? Diese Zwischenbilanz bie-tet eine erste Darstellung der maßgeblichen Programme, Maßnahmen und Instrumente. Sie zeigen, dass wir die gesellschaftlichen Herausforderungen in Brandenburg im und mit dem Vorsorgenden Sozialstaat bewälti-gen können. Die größten Herausforderungen sind dabei:

■ Der demografische Wandel. Die Lebens-erwartung steigt weiter. Gleichzeitig wird die Zahl der Neugeborenen bis 2030 um etwa ein Drittel sinken. Die Brandenbur-gerinnen und Brandenburger werden we-niger und älter. In den nächsten 15 Jahren wird die Zahl der Erwerbsfähigen um ein Viertel, in einigen Regionen sogar um bis zu 50 Prozent zurückgehen. Ein soziales Miteinander der Generationen ist vor die-sem Hintergrund unerlässlich.

■ Die soziale Durchlässigkeit. Die Entwick-lung von Kindern und Jugendlichen darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Deshalb müssen wir, wo immer es geht, Durchlässigkeit und Aufwärtsmobilität er-höhen. Ziel muss es sein, alle Begabungen

Sylvia LehmannMitglied des Landtages,Solzialpolitische Sprecherin

Thomas GüntherMitglied des Landtages,Bildungspolitischer Sprecher

Page 5: Der Vorsorgende Sozialstaat

5Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

und Talente zu fördern. Wir müssen für Jede und Jeden in unserer Gesellschaft soziale Leitern aufstellen.

■ Zusammenarbeit organisieren. Ein be-sonderes Augenmerk müssen wir auf die Übergänge zwischen Lebensphasen richten, um Brüche zu verhindern und Weichenstellungen vorzunehmen. Un-terstützung und Förderung muss bruch-los erfolgen, sei es von der Familie in die Kita, von den Kitas in die Schule, von der Schule in den Beruf oder auch von der Erwerbstätigkeit in die Nachberufstä-tigkeit bzw. den Ruhestand. Staatliche Organisationen, Wohlfahrtspflege, Un-ternehmen und Zivilgesellschaft müssen wie ein Rad ins andere greifen.

Vorsorge ist mehr als eine Vision

Vorsorge hilft. Alle einschlägigen Studien zei-gen, dass früh investiertes Geld für eine sozia-le Politik gut angelegt ist. Je früher Kinder und Familien unterstützt werden, umso größer sind die Lebenschancen für alle. Insofern gilt für uns das Credo: „Je früher, desto besser“.

Mit der vorsorgenden Sozial- und Gesell-schaftspolitik ist ein moderner Ansatz entwi-ckelt worden, der verhindern soll, dass soziale Notlagen überhaupt erst entstehen. Es sind vor allem die großen existenziellen Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Krank-heit, Unfall, Rente und Pflegebedürftigkeit, die einer Absicherung bedürfen.

Page 6: Der Vorsorgende Sozialstaat

6 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Ergänzend dazu ist der Vorsorgende Sozial-staat stärker als bisher darauf gerichtet, das Eintreten von Hilfebedürftigkeit schon im Voraus zu verhindern. Er soll Menschen dazu befähigen, mit Umbruchsituationen eigenverantwortlich und solidarisch umzu-gehen. Der Vorsorgende Sozialstaat will die individuellen Fähigkeiten und Talente der Menschen stärken und hierfür passgenaue Unterstützung anbieten. Es geht um Ant-worten auf die demografische Entwicklung und Förderung für junge Familien, um die Bedingungen für Eltern und Kinder im Land weiter zu verbessern.

Wenn Sozialpolitik die Menschen unter-stützen soll, dürfen einzelne sozialstaatliche Leistungen nicht völlig getrennt voneinan-der konzipiert und verwaltet werden. Des-halb ist ein ressort- und politikfeldüber-greifendes Handeln wichtig.

Es sind vor allem Familienpolitik, Bildungs-politik, Gesundheitspolitik und Arbeits-marktpolitik, die für eine vorsorgende Sozialpolitik maßgeblich sind. Der Vorsor-gende Sozialstaat erschöpft sich aber nicht in diesen Feldern, sondern bildet das Dach, unter dem sich noch weitere sozial- und rechtsstaatliche Aufgabenbereiche be-finden. Beispielsweise spielen der soziale Wohnungsbau, Infrastrukturpolitik und Wirtschaftspolitik im weiten Sinne eben-falls eine unerlässliche Rolle.

Schlüsselpositionen vorsorgender Sozialpolitik nehmen eine bessere Bildung und Beratung in den unterschiedlichen Lebenslagen ein sowie eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik und eine Gesundheitspolitik, die Vorsorge und den Ausbau sozialer Infrastruktur be-inhalten.

Wie lässt sich Vorsorge konkret gestalten? Durch entsprechende Investitionen in Erzie-hung, Bildung und Gesundheit, vor allem durch eine qualitativ verbesserte Infrastruk-tur, soll die Notwendigkeit von Nachsorge reduziert werden. Die Einbindung von eh-renamtlicher Arbeit, insbesondere über sozi-ale Netzwerke, kann zudem unterstützende Kräfte der Gesellschaft mobilisieren. Unser Motto lautet: Miteinander, füreinander, soli-darisch Handeln.

Bestes Beispiel für Vorsorgearbeit sind frü-he und wirksame Interventionen im Kinder- und Jugendbereich wie frühe Familienhilfen, kindliche Frühförderung oder beratende Hilfen für Eltern. Damit können spätere Fehl-entwicklungen vor allem in der Kita und der Schule vermieden werden. Das „Netzwerk Gesunde Kinder“ zeigt, wie Vorsorgepolitik praktisch im Land umgesetzt werden kann. Seit 2006 sind, gefördert durch das Land, verschiedene lokale Netzwerke in fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten entstan-den. Sie haben die Aufgabe, Eltern bei der gesundheitlich-sozialen Entwicklung ihrer

Page 7: Der Vorsorgende Sozialstaat

7Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Kinder zu beraten und zu begleiten. Vorsorge beginnt frühzeitig, daher werden die Familien bereits in der Schwangerschaft betreut. Vor-sorge heißt nicht ein vollständig neues Hilfe-system zu entwickeln, sondern vorhandene Strukturen vor allem der gesundheitlichen und sozialen Fürsorge (auch in anderen Be-reiche) miteinander zu vernetzen, um wir-kungsvoller zu fördern. Vorsorge für jeden, das bedeutet, dass die Netzwerkangebote möglichst alle Kinder und ihre Familien in den Regionen erreichen sollen. Die Angebo-te sind freiwillig und Familien werden aufsu-chend beraten. Die jungen Familien werden bei der Betreuung ihrer Kinder durch ehren-amtliche Paten und Patinnen unterstützt. Die Einbindung des ehrenamtlichen Enga-gements ist ein entscheidender Moment

des Vorsorgeansatzes, denn diese Strukturen können Menschen in ihren verschiedenen Le-benslagen auffangen und sie können zu den vorhandenen dauerhaften Einrichtungen des Sozialstaates (Gesundheitsamt, Sozial- und Jugendamt, Jobcenter u. a.) ergänzend wirken und somit ein zusätzliches Angebot unterbreiten.

Politik der Netzwerke und der Kooperation

Sozialstaatliche Institutionen sind die festen Ankerpunkte unseres Sozialstaates, um individuelle Hilfe und Unterstützung zu gewähren. Damit diese Angebote genutzt werden und optimal wirken können, bedarf es jedoch gesellschaftlicher Vermittlungs- und Unterstützungsstrukturen. Dies gilt für Brandenburg als Flächenland umso mehr. Netzwerke können eine Scharnierfunktion übernehmen, indem sie zwischen staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Akteuren vermitteln. Ein gelungenes Beispiel dafür sind die „Netzwerk Gesunde Kinder”. Ihre Funktion besteht darin, junge Familien mit ihren Neugeborenen in vielfältiger Wei-se zu unterstützen. Über Netzwerke werden Menschen Informations-, Kooperations-, Hilfe- und Entfaltungsmöglichkeiten in einem sozialen Rahmen eröffnet. Der unmittelbare Kontakt zwischen Familien sowie Patinnen und Paten stärkt das solidarische Miteinander.

Page 8: Der Vorsorgende Sozialstaat

8 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Darüber hinaus sollen Netzwerke aber vor allem Menschen dazu befähigen, ihre eigenen Kräfte zu stärken und sich ihren Herausfor-derungen und Zielen im Sinne eines guten Lebens selbst zu stellen. Das kann gelingen, wenn eine verlässliche Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und hauptamtlichen sowie ehrenamtlichen Expertinnen und Ex-perten etabliert wird.

Netzwerke können auch die Kooperation zwischen Institutionen, Organisationen und Selbsthilfegruppen vorantreiben, und dies politikfeldübergreifend. Durch ein gemein-sames Herangehen soll die Wirksamkeit un-serer Sozialpolitik erhöht werden, denn sonst

werden Ressourcen verschenkt und Prozesse blockiert. Weitere Beispiele für Vernetzungs-strukturen sind die Lokalen Bündnis für Fa-milien und das Bündnis Gesund aufwachsen.

„Keinen zurücklassen“ – Lebensphasen-orientiertes Handeln

Vorsorge stiftet den größten Nutzen, wenn sie so früh, so intensiv und so zielgerichtet einsetzt wie möglich. Dabei ersetzt sie weder die Politik der Nachsorge noch ist sie ein Pri-vileg der frühen Lebensjahre. Ein besonderes Augenmerk müssen wir auf die Übergänge zwischen den Lebensphasen richten. Unter-stützung und Förderung muss bruchlos er-

Unser Erfolg in der Schulpolitik

In dieser Wahlperiode hat das Land 2.800 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt – so viele wie noch

nie zuvor. Das ist ein wichtiger Baustein für gute Bildung an unseren Schulen.

Page 9: Der Vorsorgende Sozialstaat

9Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

folgen, sei es beim Übergang von der Familie in die Kita, von der Kita in die Schule, von der Schule in den Beruf oder vom Erwerbsleben in die Nachberufstätigkeitsphase. Staatliche Organisationen müssen wie ein Rad ins ande-re greifen und von Netzwerken wo nötig und hilfreich unterstützt und ergänzt werden.

Ob der Übergang von der Kita in die Grund-schule, von der Schule in die berufliche Aus-bildung und dann in den Arbeitsmarkt oder vom Erwerbsleben in die Phase der Nachbe-rufstätigkeit bzw. den Ruhestand gelingt, hat maßgeblichen Einfluss auf die individuellen Lebensperspektiven. Denn diese Übergänge im Erwerbs- und Privatleben sind immer wie-der mit größeren Risiken verbunden, und ein Scheitern kann weitreichende Konsequenzen mit sich bringen. Der Vorsorgende Sozialstaat bietet ein umfassendes Hilfs- und Unterstüt-zungsinstrumentarium für Jeden, damit kriti-sche Momente wie Schulabbruch, Arbeitslosig-keit, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit besser bewältigt werden können.

Damit Vorsorge gelingen kann, werden für die verschiedenen Lebensphasen alters- und lebenslagenspezifische Hilfen angeboten. Ge-zielte Unterstützungsangebote und soziale Netzwerkarbeit in diesen Übergängen können präventiv wirken, um Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den verschiedenen Lebenspha-sen zu befähigen, selbstbestimmt und erfolg-reich ihr Leben zu gestalten.

Vorsorgende Politik weiterentwickeln

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wollen wir die vorsorgende Politik konsolidieren und weiterentwickeln. Dabei werden wir einen Schwerpunkt auf die Jugendphase setzen: Wir denken dabei an den Übergang von der Schu-le in die Ausbildung, an den Übergang an die Hochschulen aus bildungsferneren Schichten sowie an die ersten Ausbildungsjahre. Des-halb haben wir Projekte vorbereitet, die sich der Berufsvorbereitung und der besonderen Hilfe für den Ausbildungserfolg widmen.

Viel erreicht, aber noch viel zu tun!

Vorsorgende Politik ist nicht von heute auf morgen zu etablieren. Sie ist ein sozialer und politischer Prozess, den wir mit großem En-gagement aufgenommen haben. Wir werden eine vorsorgende und inklusive Perspektive für unsere Gesellschaft nur Stück für Stück entwickeln können. Unser Ziel besteht darin, für alle Lebensalter und alle wichtigen Über-gangsphasen besondere Hilfen und Angebote zu entwickeln. Fragen der Gleichstellung, In-klusion und Integration werden wir in diese Angebote stets einbeziehen. Denn es geht um eine Gesellschaft, in der niemand zurück-gelassen wird und jede und jeder faire Chan-cen erhält, um seiner selbst willen, aber auch um einen eigenen gesellschaftlichen Beitrag leisten zu können.

Page 10: Der Vorsorgende Sozialstaat

10 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Lebensphasen

1

2

3

4

Frühe Lebensphase Geburt eines Kindes

Aufnahme in KITA oder andere Betreuung außerhalb der Familie

Grundschule – Sek I

Sek I – Sek II Sek I – Ausbildung

Sek II – Ausbildung

Auszug aus dem ElternhausHochzeit/PartnerschaftFamiliengründung (Eltern-schaft) nach Singlelebenoder Partnerschaft

Potenzielle Risiken:Eintritt von Arbeits-losigkeit

Trennung/Scheidung

Eintritt von P�egebe-dürftigkeit bei Eltern

Beru�icher Wiedereinstiegnach Familiengründung

Beginn Weiterbildung

Erwerbstätigkeit-Nachberufstätigkeit/Ruhestand

Auszug der KinderEintritt von Unterstützungs- und P�egebedürftigkeitTod von Angehörigen und Freunden

KITA-Grundschule

Kindheitsphasen

Jugendalter(Frühe Jugend/Pubertät)

Jüngeres und

Mittleres Erwachsenenalter

Älteres Erwachsenenalter

Frühe Kindheitphase(Baby- und Kleinkindalter bis 3 Jahre)

Mittlere Kindheitphase(3 Jahre bis Einschulung)

Späte Kindheitphase(Grundschulalter)

Frühförderung

Berufs-orientierung

Beziehungenzu Freunden

Berufsausbildung/Studium

Erwerbstätigkeit

Vereinbarkeit Familie/Er-werbstätigkeit/P�ege

Beru�iche Entwicklung/Weiterbildung

NachberufstätigkeitBürgerschaftliches EngagementIndividuelle Selbstverwirk-lichung

Generationsüber-greifendes Familienleben

Gesund alt werden

gesellschaftlicheTeilhabe

Selbstbestimmtheit

Familienleben

Vielfalt der Familienformen

Finanzielle Unab-hängigkeit/Selbst-verwirklichung

Heranwachsender Kinder

Schulbildung

GesundAufwachsen

Chancen- undBildungsgerech-tigkeit

unabhängig von

sozialer Her-kunft/Geschlecht/Behinderung/Migrationshinter-grund

IndividuelleFörderung

Kultur-/Freizeit-/Bildungsangeboteim Freizeitbereich

Außerfamiliale Betreuung, Förderung, Bildung und Erziehungin KITA oder durch Tagesp�egeperson

Leben einesKindes in Familien

Schwerpunktbereiche Übergänge und besondere Lebenssituationen

Page 11: Der Vorsorgende Sozialstaat

11Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Lebensphasen

1

2

3

4

Frühe Lebensphase Geburt eines Kindes

Aufnahme in KITA oder andere Betreuung außerhalb der Familie

Grundschule – Sek I

Sek I – Sek II Sek I – Ausbildung

Sek II – Ausbildung

Auszug aus dem ElternhausHochzeit/PartnerschaftFamiliengründung (Eltern-schaft) nach Singlelebenoder Partnerschaft

Potenzielle Risiken:Eintritt von Arbeits-losigkeit

Trennung/Scheidung

Eintritt von P�egebe-dürftigkeit bei Eltern

Beru�icher Wiedereinstiegnach Familiengründung

Beginn Weiterbildung

Erwerbstätigkeit-Nachberufstätigkeit/Ruhestand

Auszug der KinderEintritt von Unterstützungs- und P�egebedürftigkeitTod von Angehörigen und Freunden

KITA-Grundschule

Kindheitsphasen

Jugendalter(Frühe Jugend/Pubertät)

Jüngeres und

Mittleres Erwachsenenalter

Älteres Erwachsenenalter

Frühe Kindheitphase(Baby- und Kleinkindalter bis 3 Jahre)

Mittlere Kindheitphase(3 Jahre bis Einschulung)

Späte Kindheitphase(Grundschulalter)

Frühförderung

Berufs-orientierung

Beziehungenzu Freunden

Berufsausbildung/Studium

Erwerbstätigkeit

Vereinbarkeit Familie/Er-werbstätigkeit/P�ege

Beru�iche Entwicklung/Weiterbildung

NachberufstätigkeitBürgerschaftliches EngagementIndividuelle Selbstverwirk-lichung

Generationsüber-greifendes Familienleben

Gesund alt werden

gesellschaftlicheTeilhabe

Selbstbestimmtheit

Familienleben

Vielfalt der Familienformen

Finanzielle Unab-hängigkeit/Selbst-verwirklichung

Heranwachsender Kinder

Schulbildung

GesundAufwachsen

Chancen- undBildungsgerech-tigkeit

unabhängig von

sozialer Her-kunft/Geschlecht/Behinderung/Migrationshinter-grund

IndividuelleFörderung

Kultur-/Freizeit-/Bildungsangeboteim Freizeitbereich

Außerfamiliale Betreuung, Förderung, Bildung und Erziehungin KITA oder durch Tagesp�egeperson

Leben einesKindes in Familien

Schwerpunktbereiche Übergänge und besondere Lebenssituationen

Page 12: Der Vorsorgende Sozialstaat

12 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Chancen- und Bildungsgerechtigkeit müssen unabhängig sein von der sozialen Lage, vom Geschlecht, vom Migrationshintergrund oder einer Behinderung. Chancengleichheit in der Bildung ist vor allem durch die Förde-rung guter Kitas und Schulen zu erreichen.

Eine gute medizinische Betreuung von Kindern ist die Grundlage für einen guten Start ins Leben. Durch Netzwerke, engere Kooperationen und aufeinander abgestimm-te Versorgungs-, Präventions- und Gesund-heitsförderungsangebote sind die Rahmen-bedingungen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern zu optimieren. Dazu gehören Kindergesundheit und Kinderschutz ebenso wie eine frühe individuelle Förderung und die Verhinderung von Armutsrisiken.

Kinder brauchen ein stabiles familiäres Um-feld, unabhängig davon ob sie in (Ursprungs-) Familien, mit Pflegeeltern oder in betreuten Wohneinrichtungen leben. Unbeeinflusst von der sozialen Lage und der finanziellen Situa-tion seiner Familie sollen jedem Kind gleiche Zugangsmöglichkeiten zur gesundheitlichen Versorgung und zur Bildung geboten werden.

In allen Kindheitsphasen von der Geburt bis zum Ende der Grundschulzeit bildet die Familie den zentralen Ort zur Sicherung des kindlichen Wohlbefindens. Das Zusammen-leben von Kindern und Eltern steht im Mit-telpunkt. Die Familie ist neben Kindertages-stätten für das Kind der entscheidende Ort von Bildung, Betreuung und Erziehung.

In der mittleren Kindheitsphase (bis Schulein-tritt) erweitert sich der Lebensraum des Kin-des. Insbesondere wenn Eltern wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen, finden Bildung, Betreuung und Erziehung des Kindes zum Beispiel auch in Kindertageseinrichtungen oder durch Tagespflegepersonen statt.

1. die frühe lebensphase

Gesund aufwachsen

Der Vorsorgende Sozialstaat in Brandenburg.Eine Zwischenbilanz

Page 13: Der Vorsorgende Sozialstaat

13Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für die frühe Lebensphase. ■ Für die Gesundheit und den Schutz von Kindern

· Früherkennungs- und Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen

· Leitfaden zur Früherkennung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

· Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen

· Frühförderung für behinderte und entwicklungsgestörte Kinder

· Netzwerk Gesunde Kita: Mittelansatz für 2012-2014 jeweils 30.000 Euro

· Netzwerkstelle Schulverpflegung

· Bündnis Gesund Aufwachsen ■ Für gute Erziehung, Bildung und Betreuung und Versorgung in Kitas, Tagespflege, Eltern-

Kind-Gruppen

· Absenkung des Betreuungsschlüssels in Kita-Einrichtungen

· Sprachstandsförderung

· Investitionen in die Ausbildung von Erzieher/innen (u.a. Versechsfachung

der Fachschulausbildung)

· Fachhochschulausbildung „Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit“

· Eltern-Kind-Gruppen

· Kooperation Kita-Schule ■ Für gute Schulbildung

· Verbesserung der Leistungsergebnisse über verbindliche Standards

· Landeshortkonzeption

· Ganztagsschul-Programm ■ Für gute Bildung für alle: Für Kinder und Jugendliche mit einer Lern- oder geistigen Behinde-

rung, einer körperlichen Behinderung oder einer langfristigen Erkrankung

· Integrations-Kitas

· Förderschulen/Schulen mit sonderpädagogischem Bedarf

· Eine Schule für alle ■ Für die Förderung von besonderen individuellen Fähigkeiten und Begabungen

· Projekt „Lesestart“

· Förderprogramm „Musische Bildung für alle“ – Musikschulen/Kunstschulen:

Mittelansatz für 2012-2014 jeweils 1,3 Millionen Euro

· Förderung von Bibliotheken

· Sportförderung

Page 14: Der Vorsorgende Sozialstaat

14 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Die späte Kindheitsphase beginnt mit der Einschulung des Kindes. Bildung und Er-ziehung werden nun verpflichtend in der Schule wahrgenommen. Neben Familie und Schule treten weitere Erfahrungsbereiche für das Kind, wie der Besuch eines Hortes, die Nutzung von Angeboten in der Freizeit (Vereine, Sport, Musikschulen, Angebote der offenen Kinderarbeit), gemeinsame Zeiten mit Freunden. Auch der Einfluss von Medien verstärkt sich in dieser Altersphase.

Netzwerke Gesunde Kinder

Das Land Brandenburg fördert seit 2006 den Aufbau regionaler „Netzwerke für Gesunde Kinder“. Wir tun das, um auch weiterhin ein kinderfreundliches Klima in Brandenburg zu schaffen, um jungen Menschen Mut zu machen, ihre Kinderwünsche zu verwirkli-chen, und um ein gesundes und sozialver-trägliches Aufwachsen von Kindern zu ermöglichen.

Netzwerke Gesunde Kinder

Derzeit gibt es 18 Netzwerke Gesunde Kinder an 30 Standorten in fast allen Landkreisen und kreis-

freien Städten in Brandenburg. In diesen Netzwerken sind etwa 1.200 ehrenamtliche Patinnen und

Paten bzw. Lotsinnen und Lotsen und 25 Hebammen tätig. Sie begleiten insgesamt 4.200 Familien.

Page 15: Der Vorsorgende Sozialstaat

15Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Das Ziel der Netzwerke ist es, die gesund-heitlich-soziale Entwicklung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren zu fördern. Durch die Netzwerke soll die Zusammenar-beit der Akteure im Bereich Frühe Hilfen ver-netzt werden. Hierfür werden ehrenamtliche Patinnen und Paten als zentraler Baustein der Netzwerke gewonnen. Niederschwellige Angebote und persönliche Beratungen sol-len zum Beispiel dazu beitragen, dass Vorsor-geuntersuchungen wahrgenommen werden oder die Beziehung zwischen Eltern und Kin-dern unterstützt wird. Zielgruppe für diese Beratung und Begleitung sind Schwangere, Mütter, Väter und Erziehungsberechtigte.Die Netzwerke Gesunde Kinder umfassen alle regionalen Akteure und Leistungen von Gesundheit und Familie. Zu den Akteuren ge-hören niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen, Hebammen, geburtshilfliche Kliniken, klinisch tätige und niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte, Gesundheits-, Jugend- und Sozialämter, Schwangerschafts-konfliktberatungsstellen, Physiotherapeu-tinnen und -therapeuten, Logopädinnen und Logopäden, Sozialpädiatrische Zentren und Frühförderstellen.

1.200 ehrenamtliche Patinnen helfen

Die regionalen Netzwerke Gesunde Kinder haben sich als sehr gute Instrumente zur Kin-der- und Familienbegleitung bewährt. Das Land fördert jeden Netzwerk-Landkreis mit

60.000 und jede kreisfreie Stadt mit derzeit 30.000 Euro. Die ehrenamtlichen Patinnen und Paten werden einheitlich geschult, be-suchen die Familien und sind damit persön-liche Ansprechpartnerinnen und Ansprech-partner der Eltern. Sie sind eine wesentliche Säule der Unterstützung von Familien.

Netzwerke weiter ausbauen

Die Reichweite der regionalen Netzwerke unterscheidet sich stark und reicht von 50 Prozent bis zu weniger als zwei Prozent bei neueren Netzwerken. Die berechnete Ge-samtreichweite der Netzwerke liegt in den Einzugsgebieten im Land bei etwa 19 Pro-zent. Fast 7.000 Familien und Kinder wurden bisher erreicht.

Die Unterstützung der erfolgreichen Arbeit der regionalen Netzwerke Gesunde Kinder wird im Rahmen des Familien- und Kinder-politischen Programms der Landesregierung vom August 2011 fortgesetzt. Andere Bun-desländer wie Rheinland-Pfalz und Hessen orientieren sich mittlerweile in der Frühen Hilfe am Brandenburger Modell. Wir wollen

„Kinder sollen gesund und glücklich aufwachsen. Von ihrer Gesundheit, ihrem Bildungsstand und ihren Lebenschancen hängt die Zukunft unseres Landes ab. “

(aus der „Potsdamer Erklärung zur Kindergesundheit“ 2009)

Page 16: Der Vorsorgende Sozialstaat

16 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

die Netzwerke Gesunde Kinder in der ge-samten Fläche Brandenburgs etablieren. Im Mittelpunkt der Arbeit in den nächsten Jah-ren geht es uns darum, das erfolgreiche Mo-dell der Patenarbeit nachhaltig zu sichern, erfolgreiche Strukturen zur Teilnehmerge-winnung herzustellen, eine überregionale Koordinierungsstelle zur Bündelung des zivilgesellschaftlichen Engagements einzu-richten sowie die Qualität der Netzwerk-Ar-beit weiter zu steigern.

Bündnis Gesund Aufwachsen inBrandenburg

Im Bündnis Gesund Aufwachsen (BGA) haben sich mehr als 60 staatliche und nichtstaatli-che Akteure, wie zum Beispiel Krankenkas-sen, Wohlfahrtsverbände, die Rentenversi-cherung, der Städte- und Gemeindebund, die Landesärztekammer und der Landesverband der Kinder- und Jugendärzte auf Initiative des Gesundheitsministeriums zusammen-geschlossen. Ziel ist es, die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg zu analysieren, Defizite in der Prävention, der Früherkennung, Frühförde-rung sowie der ambulanten und stationären pädiatrischen Versorgung aufzudecken und gemeinsam Ziele und Maßnahmen zur Ver-besserung der Angebote zu vereinbaren.

Handlungsfelder und Arbeitsgruppen des Bündnisses sind:

■ Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung ■ Frühe Hilfen und Pädiatrische Versorgung ■ Unfall- und Gewaltprävention ■ Seelische Gesundheit ■ Mundgesundheit

Früherkennungs- und Vorsorgeunter-suchungen

Vorbeugen ist besser als Heilen. Deshalb setzt vorsorgende Sozialpolitik auf Prävention. Des-halb sind die Früherkennungs- und Vorsorge-untersuchungen für Kinder und Jugendliche so wichtig. Deren Ziel ist es, präventive Maß-nahmen wie Schutzimpfungen vorzunehmen, Krankheiten, Entwicklungsauffälligkeiten und (drohende) Behinderungen zu erkennen sowie den medizinischen Handlungsbedarf und ins-besondere den Frühförderbedarf festzustellen.

Page 17: Der Vorsorgende Sozialstaat

17Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Um die zeitliche Lücke nach der Schuleingangs-untersuchung im Sinne der Kindergesundheit zu schließen, sollten jedoch alle bereits vor-handenen Untersuchungsangebote, auch die der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, be-rücksichtigt werden, um so die bereits vorhan-denen Möglichkeiten besser miteinander zu verbinden. Die Landesregierung setzt deshalb auf vermehrte Aufklärung und Information.

Des Weiteren sollten von allen Krankenkas-sen neben den gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen auch die U10 (7-8 Jahre), U11 (9-10 Jahre) und die J2 (16-17 Jahre) als Standardleistung angeboten werden.

Damit könnten alle Kinder und Jugendlichen dieses Untersuchungsangebot, unabhängig von der finanziellen Situation, wahrnehmen.

Immer mehr Kinder nehmen an Vorsorge-untersuchungen teil

In Brandenburg wurde 2008 ein zentrales Einladungs- und Rückmeldewesen für die Vorsorgeuntersuchungen U6-U9 sowie die J1-Untersuchungen eingeführt. So behält man den Überblick über alle Termine, ver-schickt Einladungen zu den Untersuchungen und erinnert gegebenenfalls nochmals dar-an. Dass es funktioniert, zeigen die Teilnah-mezahlen, die sich seitdem ständig erhöhen. Bei der U8 stiegen sie sogar von 79 Prozent auf 86 Prozent an. Um noch mehr Familien zur Teilnahme zu bewegen, wird der Infor-mationsaustausch weiter optimiert.

Quelle: LUGV

Kinder, die bis zur Einschulung an allen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben:

Kinder, die bis zur Einschulungan allen Vorsorgeuntersuchungenteilgenommen haben:

2004

72% 80% 82% 83% 87%

2006 2008 2010 2012

Vorbeugen ist besser als Heilen. In Brandenburg wurden 2008 ein zentrales Einladungs- und Rück-

meldewesen für die Vorsorgeuntersuchungen U6-U9 sowie die J1-Untersuchungen eingeführt.

Dass dieses System funktioniert, zeigen die Teilnahmezahlen, die sich seitdem ständig erhöhen.Quelle: LUGV

Page 18: Der Vorsorgende Sozialstaat

18 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Sprachstandsfeststellung und -förderung

Sprachkompetenz ist eine der wichtigs-ten Voraussetzungen für nachhaltige Bil-dungserfolge. Sie ermöglicht nicht nur soziale Teilhabe, sondern bildet die Grund-lage für Problemverständnis und Interak-tion. Im Landesdurchschnitt erhalten 16 Prozent der Kinder in ihren Familien nicht genügend Anregungen für die Entwicklung ihrer Sprachkompetenz. Die Sprachförde-rung ist umso wirksamer und nachhaltiger, je früher sie einsetzt und je mehr sie in das Alltagsleben der Kinder integriert ist. Hier bietet die Kita mit ihrem Bildungsauf-trag, qualifizierten Fachkräften und ent-sprechenden Förderinstrumenten einen günstigen Ort, um Defizite zu ermitteln, auszugleichen (kompensatorische Sprach-

förderung) und zugleich die Stärken der Kinder systematisch zu fördern.

Sprachstandsfeststellung und Sprachförde-rung haben zum Ziel, dass alle Kinder beim Übergang von der Kita in die Schule über eine ausreichende Sprachkompetenz ver-fügen, um gut in die Schullaufbahn starten zu können. Deshalb haben wir in Branden-burg das Landesprogramm zur kompensa-torischen Sprachförderung umgesetzt. Seit dem Schuljahr 2009/2010 ist die Teilnahme an einer Sprachstandsfeststellung und bei Bedarf an der Sprachförderung für alle künf-tigen Erstklässler verbindlich. In allen rund 1.450 Kitas des Landes mit Kindern im Vor-schulalter stehen entsprechend qualifizierte Fachkräfte für die Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung zur Verfügung. Von

Page 19: Der Vorsorgende Sozialstaat

19Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

den ca. 13.000 Erzieherinnen und Erziehern im Land wurden mehr als 2.800 Fachkräfte für die kompensatorische Sprachförderung qualifiziert.

Sprachförderbedarf bei Kindern gesunken

Insgesamt wendet das Land 4,5 Millionen Euro für das Landeskonzept zur Sprachför-derung in den Kitas auf. Der Anteil der Kin-der mit Sprachförderbedarf konnte dank der guten Arbeit in den Kitas und den zur Verfü-gung stehenden Ressourcen von 19,7 Prozent im Jahr 2010 auf mittlerweile rund 16 Pro-zent im Jahr 2013 gesenkt werden.

Im Jahr 2011 wurde außerdem das Sprachför-der-Konzept weiterentwickelt. Ein besonde-rer Schwerpunkt liegt jetzt bei der alltagsin-tegrierten Sprachförderung von Anfang an. Für das Landesprogramm „Sprachberatung im Setting Kita“ stehen seit 2012 ca. 1,4 Milli-onen Euro jährlich zur Verfügung, mit denen Sprachberatung in den Kitas sowie der Auf-bau regionaler Unterstützungsstrukturen in den Landkreisen und kreisfreien Städten ge-fördert wird.

Auch die kompensatorische Sprachförderung wurde weiterentwickelt. Um eine stärkere Verknüpfung mit dem Kita-Alltag zu ermög-lichen, kann die Sprachförderung nun auch außerhalb der speziellen Sprachförderkurse durch besondere Angebote im Alltag der Kin-

dertagesstätten stattfinden. Dafür stehen jährlich 3,1 Millionen Euro zur Verfügung.

Darüber hinaus sind mehr als 100 Kitas im Land durch das Bundesprogramm „Frühe Chancen“ personell verstärkt worden, um die frühe Sprachförderung zu verbessern. Die Fach-kräfte dieser Kitas werden neben der zusätz-lichen Qualifizierung zur Sprachentwicklung und Sprachförderung auch für die kollegiale Beratung und Coachingaufgaben ausgebil-det, damit sie für die Unterstützung der Kol-leginnen und Kollegen qualifiziert sind.

Verbesserung in Kitas und in der Kinder-tagespflege

Bereits seit dem Jahr 2000, also schon lan-ge vor Inkrafttreten des bundesgesetzlichen Rechtsanspruches auf Kindertagesbetreuung zum 1. August 2013, besteht in Brandenburg ein Rechtsanspruch auf Bildung, Betreuung

Kinder mit Sprachförderbedarf in Brandenburg

Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

2009/10 2010/11 2011/12 2012/13

20% 18% 17% 16%

Page 20: Der Vorsorgende Sozialstaat

20 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

und Erziehung von Kindern unter drei Jahren, wenn die Eltern berufstätig, in Ausbildung oder anderweitig an der Betreuung ihrer Kin-der gehindert sind. Darüber hinaus gibt es im Land Brandenburg einen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung in Kita und Hort vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Versetzung in die fünfte Schuljahrgangsstufe. Wir wollen die Qualität von Bildung, Betreuung und Erziehung in den Kindertagesstätten weiter verbessern.

Besserer Betreuungsschlüssel – 1.000 neue Erzieherinnen und Erzieher

Im Jahr 2010 haben wir den Personalschlüs-sel für die Mindestausstattung der Kitas mit qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern verbessert. Brandenburg belegt seitdem bei der Kindertagesbetreuung bundesweit Spitzenwerte. Wir haben in Brandenburg die dritthöchste Betreuungsquote bei Unter-3-jährigen bundesweit. Eine pädagogische Fachkraft bei den Unter-3-Jährigen betreut nunmehr sechs statt sieben Kinder. Bei den 3- bis 6-Jährigen ist das Betreuungsverhältnis auf 12 statt vormals 13 Kinder pro Erzieherin oder Erzieher gesenkt worden. Allein dafür wurden im Land 1.000 zusätzliche Erzieherin-nen und Erzieher in den Kitas eingestellt. Für die Verbesserung des Kita-Personalschlüssels werden pro Jahr zusätzlich ca. 40 Millionen Euro Landesmittel eingesetzt. Die Landesaus-gaben für die Kindertagesbetreuung sind da-

mit seit dem Jahr 2008 von 137 Millionen Euro auf 218 Millionen Euro im Jahr 2013 gestiegen. Die Ausgaben des Landes pro Kind stiegen in diesem Zeitraum um 52 Prozent.

Zusätzlich unterstützt das Land die Fach-kräfteausbildung mit 2,3 Mio. Euro jährlich. Mit 7,2 Prozent an den Gesamtausgaben von Land und Kommunen steht Brandenburg auf Platz 2 der Nettoausgaben für die frühkind-liche Bildung und Erziehung bundesweit.

Um den Übergang zwischen den beiden Bil-dungseinrichtungen optimal zu gestalten, müssen die Grundschulen mit den Kitas aus ihrem Einschulungsbereich Kooperations-vereinbarungen schließen. Der „Gemeinsa-me Orientierungsrahmen für die Bildung in Kindertagesbetreuung und Grundschule“ gibt der pädagogischen Arbeit in beiden Be-reichen einen verbindenden Rahmen. Heute

Landeszuschüsse für Kita-Betreuung pro Kind in Euro

Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

594

2008 2009 2010 2011 2012 2013

635 666

+52%

862 854903

Page 21: Der Vorsorgende Sozialstaat

21Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

ist der fachliche Austausch zwischen Kitas und Grundschule in Brandenburg gelebte Praxis. Die Arbeitsstelle Gorbiks-Transfer beim Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg unterstützt und berät bei der Ausgestaltung der Übergangsphasen.

Qualifizierung des pädagogischen Personals

Eltern erwarten zu Recht eine qualitativ hochwertige Bildung, Betreuung, Erziehung und eine altersentsprechende Förderung ih-rer Kinder. Um dies zu gewährleisten, wur-

den umfangreiche Maßnahmen zur Qualifi-zierung des Personals und zur langfristigen Sicherung des Fachkräftebedarfs im Kita-Bereich ergriffen:

Die Kapazitäten bei der Fachschulausbildung für Erzieherinnen und Erzieher wurden in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Sie wurden von ca. 700 Erzieher-Fachschülerin-nen im Schuljahr 2002/03 auf etwa 4.400 im Schuljahr 2011/12 erhöht – Tendenz steigend. Jährlich schließen rund 1.200 Erzieherinnen und Erzieher diese Ausbildung erfolgreich ab und stehen als staatlich anerkannte Fachkräf-te den Kindertagesstätten zur Verfügung.

Hinzu kommen noch die derzeit rund 155 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der drei-jährigen Fachhochschulausbildung „Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit“ an der Fachhochschule Potsdam. Die Absolventin-nen und Absolventen dieses Studiengangs sind für besonders qualifizierte Aufgaben in der Kita – etwa in der Leitung – befähigt.

Über die Öffnung der Kitas für Quereinstei-gerinnen und Quereinsteiger wurden seit dem Jahr 2010 mehr als 1.500 zusätzliche Fachkräfte für Kitas gewonnen. Seit 2013 stehen für Quereinsteigerinnen und Quer-einsteiger 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um die Kindertagesstätten bei der Qualifizie-rung zu unterstützen.

Ausgaben des Landes und der Kom-munen für frühkindliche Bildung in Prozent der öffentlichen Ausgaben

Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

Ausgaben des Landes und der Kommunenfür frühkindliche Bildung in % der öff. Ausgaben

Baden-Württemberg

Mecklenburg-Vorpommern

Berlin

Brandenburg

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Thüringen

Rheinland-Pfalz

Hessen

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Saarland

Schleswig-Holstein

Bremen

Hamburg

Bayern

0% 2% 4% 6% 8% 10%

Page 22: Der Vorsorgende Sozialstaat

22 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Bereits seit 2012 stehen jährlich 750.000 Euro für sogenannte Konsultationskitas zur Fach-kräftequalifizierung zur Verfügung. An ge-genwärtig 55 Standorten entwickeln sie ein besonderes Profil für Fragen der Ausbildung und Entwicklung pädagogischer Kompeten-zen. Sie sollen auf alle Ausbildungskitas im Land ausstrahlen und vorrangiger Ansprech-partner für die Fachschulen sein, um die Ver-zahnung der Ausbildungsorte Schule und Praxis weiter zu verbessern.

Ganztagsschulen in Brandenburg

Bildung ist mehr als die Vermittlung von Fachwissen. Schule ist auch ein wichtiger

Lern- und Lebensort, um Alltagswissen zu vertiefen und soziale Kompetenz zu erlernen. Brandenburg hat bereits 2003 damit begon-nen, ein flächendeckendes Angebot an Ganz-tagsschulen aufzubauen. Mit dem Auf- und Ausbau von Ganztagsangeboten sind insbe-sondere die folgenden Ziele verknüpft:

■ Lern- und Förderangebote sind für mög-lichst viele Schülerinnen und Schüler zu ver-tiefen, um sie stärker individuell zu fördern.

■ Gemeinsames soziales Lernen ist zu un-terstützen und soziale Ausgrenzung zu minimieren.

■ Attraktive Lern- und Lebensorte sind für junge Menschen zu schaffen.

Lust am Lesen wecken: Ina Muhß, jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, liest am Vorlesetag Kindern

an der Grundschule vor. Wem als Kind viel vorgelesen wird, der greift auch später selbst gerne zum Buch.

So wird die Lese- und Sprachkompetenz der Kinder bereits frühzeitig gefördert.

Page 23: Der Vorsorgende Sozialstaat

23Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

■ Der persönlichen Begegnung zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften sowie der Verbindung von fachlichem und sozialem Lernen ist mehr Raum zu schaffen.

■ Die Erreichbarkeit jugendkultureller Angebote ist zu sichern, insbesondere in dünnbesiedelten Regionen.

■ Durch die Kooperation von Jugendhil-fe, Schule und anderen Trägern sind für Schülerinnen und Schüler verstärkt die Ressourcen, die im Gemeinwesen vorhan-den sind, nutzbar zu machen.

■ Für eine bessere Vereinbarkeit von Fami-lie und Beruf der Eltern ist zu sorgen. Dies bedeutet insbesondere ein Angebot für aktive Väter.

Zum Schuljahr 2004/2005 gab es landesweit 152 Schulen im Grundschul- und Sekundar-stufen I-Bereich mit einem Ganztagsan-gebot, im Schuljahr 2012/2013 konnte die Anzahl auf 422 Schulen gesteigert werden. Insgesamt nehmen über 91.000 Schülerinnen und Schüler (46 Prozent) ein Ganztagsange-bot wahr. Die Ganztagsschulen bieten neben verlässlichen Unterrichtszeiten zusätzliche Lern- und Förderprogramme. Sie tragen zur Erhöhung von Chancengerechtigkeit bei, da ihre Angebote für alle Kinder offen stehen, unabhängig von der Finanzsituation und dem Bildungsinteresse ihrer Eltern.

Besonders in ländlichen Regionen wird im Rahmen der Ganztagsschule für Kinder und

Jugendliche die Erreichbarkeit von kulturellen und sportlichen Freizeitangeboten sicherge-stellt. Brandenburgische Ganztagsschulen sind in ein soziales Umfeld eingebettet, zu dem sowohl Betriebe, Sportvereine, Musik-schulen als auch Träger freier Jugendhilfe gehören. Für Eltern lassen sich durch die ganztägige Betreuung ihrer Kinder Familien-tätigkeit und Erwerbsarbeit einfacher mitei-nander vereinbaren.

Eine Schule für alle

Bildungsstudien zeigen, dass eine „gute Bildung für alle“ besonders gelingt, wenn lernstarke und lernschwache Kinder gemein-sam in einer anregungsreichen Umgebung unterrichtet werden und ein besonderes Au-genmerk auf die individuelle Förderung im gemeinsamen Unterricht gelegt wird. Seit fast zwei Jahren findet deshalb in 84 Grund-schulen im ganzen Land die Integration von Schülern mit besonderen Förderbedarfen in das normale Unterrichtsgeschehen statt. Damit machen wir einen wichtigen Schritt hin zu mehr Chancengerechtigkeit – gerade auch für die Schülerinnen und Schüler, die es in unserem Schulsystem bisher besonders schwer hatten.

Inklusion bedeutet im Land Brandenburg eine „Schule für alle“ – eine Schule, in der jede Schü-lerin und jeder Schüler sich mit ihren Stärken und Schwächen entfalten kann. Eine Schule

Page 24: Der Vorsorgende Sozialstaat

24 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

für Kinder und Jugendliche mit speziellen Begabungen genauso wie für diejenigen, die unserer besonderen Fürsorge und Förde-rung bedürfen. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, hat Brandenburg unter anderem 100 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, die ab sofort die Lehrerkollegien an den sogenannten „Pilotschulen“ verstärken.

Ziel ist und bleibt es, das Bildungssystem durch eine hohe Unterrichtsqualität mit individueller Förderung und Chancenge-rechtigkeit für alle Kinder weiter zu ver-bessern. Die Schule der Zukunft ist die in-klusive Schule als Lern- und Lebensort für alle Kinder. Das Prinzip heißt Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler – am gemeinsa-men Lernen und an der Gemeinschaft ihrer Schule. In Zukunft wird es immer wichtiger,

dass Schülerinnen und Schüler ein mög-lichst hohes Kompetenzniveau erreichen. Die Bildungschancen aller Jugendlichen müssen weiter verbessert werden. Ziel ist es, dass noch mehr junge Menschen über eine qualifizierte Berufsausbildung, ein Studium oder eine Kombination aus bei-dem auf anspruchsvolle Berufstätigkeiten vorbereitet werden. Die Zahl der Schülerin-nen und Schüler ohne Abschluss ist deutlich zu verringern. Dafür ist es wichtig, Kinder möglichst früh, umfassend und individu-ell zu fördern. Individuelle Förderung und Unterstützung setzen aber auch inklusive Strukturen voraus, die Bildungswege durch-lässig machen.

Page 25: Der Vorsorgende Sozialstaat

25Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Brandenburg bei inklusiver Bildung mit an der Spitze

Brandenburg gehört zu den Ländern, die im Schulgesetz schon jetzt den Vorrang des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbe-darf festgeschrieben und hier inzwischen seit mehr als 20 Jahren wichtige Erfahrun-gen gesammelt haben. Während bundes-weit im Schuljahr 2011/2012 lediglich 25 Pro-zent der Schülerinnen und Schüler mit den Förderbedarfen wie „Lernen“, „emotionale und soziale Entwicklung“, „Sprache“, „kör-perliche und motorische Entwicklung“, „Se-hen“ oder „Hören“, eine allgemeinbildende Schule besuchten, waren es im Land Bran-denburg bereits über 40 Prozent. Die noch bestehenden parallelen Systeme „Förder-schulen“ und „allgemeine Schulen mit dem Vorrang des gemeinsamen Unterrichts“ werden wir Schritt für Schritt zu einem in-klusiven Schulsystem weiterentwickeln. Da-bei liegt noch ein langer Weg vor uns.

Im Schuljahr 2012/2013 sind in ganz Bran-denburg 84 Pilotschulen für inklusive Bildung gestartet. In ihnen werden Schülerinnen und Schüler mit den sonderpädagogischen Förderbedarfen Lernen, Sprache sowie emo-tionale und soziale Entwicklung (LES) ge-meinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne Förderbedarf unterrichtet.

Damit soll an die guten Erfahrungen ange-knüpft werden, die bereits in den letzten Jahren mit inklusiver Bildung gemacht wur-den, neue Erkenntnisse sollen gewonnen und auch Vorbehalte entkräftet werden. Die Pilotschulen sollen hier ansetzen, Er-kenntnisse vertiefen und auf dem Weg zu einer „Schule für alle“ eine Brückenfunktion übernehmen. Eine Evaluation der Universität Potsdam ergänzt diesen Prozess mit einer wissenschaftlichen Bewertung. Um diese Vorhaben absichern zu können, sind für die Pilotschulen 117 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden. Damit werden die Grundlagen gelegt, um in der Legislaturperio-de 2014 bis 2019 den Ausbau der inklusiven Bildung zielgerichtet fortsetzen zu können.

Seit dem Wintersemester 2013/2014 bietet die Universität Potsdam zusätzlich einen Studiengang für Grundschullehrerinnen und -lehrer mit dem Schwerpunkt „Inklusion“ an. Dafür wurden fünf Professuren eingerichtet. Für die Lehramtsreform wurden außerdem für die kommenden drei Jahre 15 neue Stel-len aus dem Hochschulpakt bewilligt.

Page 26: Der Vorsorgende Sozialstaat

26 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Das Jugendalter umfasst einen nicht genau umrissenen Abschnitt im menschlichen Le-benslauf etwa vom 11. bis zum 25. Lebensjahr. Heute wird im Vergleich zu früher ein immer weiter ausgedehnter Lebensabschnitt als Jugendalter verstanden mit Freiräumen zur individuellen Lebensgestaltung. Es handelt sich um einen früher einsetzenden Über-gang vom Kind zum Jugendlichen bei gleich-zeitiger Verlängerung des Jugendalters durch eine qualifizierte Ausbildung (Beruf, Studium).

Die psychische Seite dieser Phase ist durch erhöhte Verletzlichkeit und verstärkte Be-wältigungsanforderungen gekennzeichnet. Die Jugendlichen streben nach mehr Eigen-verantwortung. Sie sind auf der Suche nach eigenen Lebensformen. Das Jugendalter endet mit der äußerlichen Ablösung vom Elternhaus durch soziale und ökonomische Selbstständigkeit.

Auch für diese Lebensphase geht es um Chancen- und Bildungsgerechtigkeit un-abhängig von der sozialen Herkunft, dem Geschlecht, einer Behinderung oder einem Migrationshintergrund. Daher sind Maßnah-men erforderlich, die Kindern und Jugendli-chen ihren Fähigkeiten und Interessen ent-sprechende Bildungs- und Ausbildungswege

ermöglichen, unabhängig vom Finanzstatus und Bildungsinteresse ihrer Eltern.

Um die Schul- und Ausbildungsabbrecher-quoten sowie die Zahl der vorzeitigen Ver-tragsauflösungen zu senken, wollen wir Jugendliche bei zukunftsorientierenden Entscheidungen der Berufswahl besser unter-stützen. Ein Ansatz ist, eine strukturierte Berufsorientierung mit Praktika mindestens ab der 7. Klasse in allen Schulformen zu ent-wickelnd. Damit wird auch ein reibungsloser Übergang von der Schule in die Ausbildung oder zum Studium gefördert. Ein Berufsbil-dungsabschluss ist als zentrales Element eines reibungslosen Überganges von der Ausbildung in den ersten Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Zugleich bleibt das duale Ausbildungssystem mit seinen Strukturen und Partnern das zentrale Element der be-ruflichen Bildung, das es zu stärken gilt.

2. das jugendalter

Schule und Beruf: Mehr Chancen für alle

Page 27: Der Vorsorgende Sozialstaat

27Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das Jugendalter.

■ Für eine gute Vorsorge

· Schulvisitationen und aufsuchende Schulberatung

■ Für die Oberschulen/Sekundarstufe II

· Stärkung und Weiterentwicklung der Oberschulen (Initiative Oberschule – IOS)

· Intensivierung der Berufsorientierung an Schulen

· Netzwerke Schule-Wirtschaft

· Maßnahmen zur Senkung der Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne

Abschluss (über alle Schulformen hinweg)

· differenzierte Bildungswege (Gymnasium, Gesamtschule, Oberstufenzentrum)

und Leistungs- und Begabtenklassen an ausgewählten Gymnasien

■ Für eine besser Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe

· Absicherung der Schulsozialarbeit über das 510-Stellenprogramm

· Unterstützung und Begleitung von Schulverweigererprojekten durch kobra.net

■ Für eine gute Berufsorientierung und Erstausbildung

· Kooperation von Schulen, Hochschulen und Wirtschaft

· Programm zur Qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem

■ Für mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Chancen für alle:

· Schulsozialfonds (Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 1,5 Millionen Euro)

· Brandenburgisches Ausbildungsförderungsgesetz (Schüler-BaföG)

· Mobilitätsticket (Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 2,5 Millionen Euro)

· Stiftung „Hilfe für Familien in Not – Stiftung des Landes Brandenburg“

· Verzicht auf Studiengebühren

Page 28: Der Vorsorgende Sozialstaat

28 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Schüler-Bafög

Im Jahr 2010 wurde das Brandenbur-ger Schüler-Bafög eingeführt und damit auch eine Lücke im Bundes-Bafög (Aus-bildungsförderungsgesetz) geschlossen. Das Brandenburger Schüler-Bafög ist bundesweit einmalig. Es hat zum Ziel, die Chancengerechtigkeit beim Zugang zur Bildung zu fördern, und zwar unabhängig vom Einkommen der Eltern. Brandenbur-ger Schulen weisen im Ländervergleich eine positive soziale Durchlässigkeit auf. Das ist auch weiterhin zu unterstützen und zu fördern. Das Schüler-Bafög erleich-tert Kindern aus einkommensschwachen Familien, sich für das Abitur oder die Fachhochschulreife zu entscheiden und diese abzuschließen.

Das Brandenburger Schüler-Bafög ist ein durchschlagender Erfolg. Seit Einführung im Jahr 2010 haben es schon über 2.300 Schüle-rinnen und Schüler in Anspruch genommen – Tendenz steigend. Schüler-Bafög erhält, wer finanziell bedürftig ist. Das hängt vom Einkommen der Eltern ab und entspricht den Sätzen, die auch für die Bundesförderung gelten. Dabei gab es zunächst eine finanziel-le Staffelung in zwei Stufen: 50 und 100 Euro monatlich. Von 2014 an erhalten alle Empfän-ger einheitlich 100 Euro. Bis zum 18. Lebens-jahr wird das Geld auf das Konto der Eltern gezahlt.

Der Weg zum Abitur wird nicht mehr durch einen zu kleinen Geldbeutel der Eltern ab-geschnitten. Das belegen die im Rahmen ei-ner Evaluation der Technischen Hochschule

Page 29: Der Vorsorgende Sozialstaat

29Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Wildau veröffentlichten Zahlen eindrücklich: 51 Prozent der Befragten sagten, dass sie ohne die Förderung den Weg zum Abitur so nicht hätten gehen können. Und bei 75 Pro-zent der Befragten hat die Förderung sogar den Wunsch nach einer weiteren Ausbildung wie der Aufnahme eines Studiums geweckt.

Berufsvorbereitung und Berufsorientierung

Wichtige Aufgabe der Oberschule ist die Vermittlung von Qualifikationen und Kom-petenzen in Vorbereitung einer späteren beruflichen Ausbildung. Die wesentlichen pädagogischen Ziele der Oberschule sind die Anschlussfähigkeit des Wissens und der Fä-higkeit zum lebenslangen Lernen, die Mitbe-stimmungsfähigkeit, die Ausbildungsfähig-keit und einer Stärkung der Persönlichkeit.

Über arbeitsweltbezogene Bildungsange-bote soll die Berufsorientierung von Schü-lerinnen und Schülern gestärkt werden. Darüber hinaus soll durch zielgerichtete Maßnahmen die Zahl der Schulabgänge-rinnen und Schulabgänger ohne Schulab-schluss reduziert werden.

Mit der „Initiative Oberschule“ als einem der zentralen Instrumente zur Stärkung der Ober-schule soll insbesondere die Berufsvorberei-tung von Schülerinnen und Schüler über einen breit angelegten Kanon an Bildungsinhalten gestärkt werden. Neben der Vermittlung von schulischem Fachwissen geht es auch um die Stärkung von Schlüsselkompetenzen, die im künftigen Berufsalltag gebraucht werden. Da-bei kooperieren die Oberschulen sowohl mit Wirtschaftsunternehmen der Region als auch

Page 30: Der Vorsorgende Sozialstaat

30 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

mit Trägern der außerschulen Bildung und mit Kultureinrichtungen.

Seit Beginn der „Initiative Oberschule“ im Schuljahr 2007/2008 wurden an den Schulen etwa 1.900 IOS-Schulprojekte durchgeführt, und an der Hälfte aller Oberschulen wurde das Konzept „Praxislernen“ eingeführt. Da-mit wurden rund 135.000 Schülerinnen und Schüler erreicht.

In der Förderperiode der Europäischen Union von 2007 bis 2013 standen den 148 Oberschu-len ca. 25 Millionen Euro aus Mitteln des Eu-ropäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes für die „Initiative Oberschule“ zur Verfügung. Ergänzend können für IOS-Schulprojekte zur vertiefenden Berufsorientierung Mittel der Bundesagentur für Arbeit eingesetzt werden.Im Schuljahr 2013/14 stehen den brandenbur-gischen Oberschulen ca. 2,6 Millionen Euro für Projekte im Rahmen des Förderprogramms „Initiative Oberschule (IOS)“ zur Verfügung.

Dank dieser Mittel entwickeln die Oberschu-len mit außerschulischen Partnern in Ergän-zung zum Unterricht Projekte, um die Ausbil-dungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu verbessern, ihre Sozialkompetenzen zu stärken und eine bessere individuelle Berufs-orientierung zu ermöglichen. Dazu erhalten die Schulen professionelle Beratung und Un-terstützung durch die IOS-Regionalpartner.

Schulabbrecherquoten sinken

Die Schulabbrecherquoten an Gymnasien, Ober- und Gesamtschulen in Brandenburg sind in den vergangenen Jahren gesunken. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss an Oberschulen konnte in den ver-gangenen Jahren von 3,3 Prozent im Schuljahr 2008/2009 auf zuletzt 2,3 Prozent deutlich gesenkt werden. Damit zeigt sich, dass die Oberschule eine Schulform ist, in der die Ju-gendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft optimal auf ihre Zukunft und auf

Entwicklung der Schulabgänger ohne Berufsbildungsreife nach Schulformen

Entwicklung der Schulabgänger ohne Berufsbildungsreife in Prozent nach Schulformen

2008/09

3,3%

0,6%

0,1%

2,9%

0,4%

0,1%

2,3%

0,4%

0,1%

2,3%

0,2%

0,1%

Schulform

Oberschule

Gesamtschule

Gymnasium

2009/10 2010/11 2011/12

Quelle: Schuldatenerhebung 2012/2013, MBJS

Quelle: Schuldatenerhebung 2012/2013, MBJS

Page 31: Der Vorsorgende Sozialstaat

31Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

das spätere Berufsleben vorbereitet werden – die ‚Initiative Oberschule’ hat daran maß-geblich Anteil.

Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft für Brandenburg Das „Netzwerk Zukunft. Schule und Wirt-schaft für Brandenburg e.V.“ und die Lan-desarbeitsgemeinschaft SchuleWirtschaft regt die Kooperation und die Vernetzung zwischen Schulen, Hochschulen, Wirtschaft und weiteren gesellschaftlichen Partner an. Sie sollen besser und enger miteinander kooperieren, um die Ausbildungsfähigkeit und damit die Zukunftschancen branden-burgischer Schülerinnen und Schüler zu ver-bessern. Die Regionaldirektion Berlin und Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, die Brandenburgische Landesrektorenkon-ferenz sowie der Deutsche Gewerkschafts-bund Landesbezirk Berlin-Brandenburg unterstützen den Verein als Kooperations-partner.

Mit einem vielfältigen Angebot wie bei-spielsweise Berufs- und Studienorientie-rungstourneen, dem Berufswahlpass und Fortbildungsveranstaltungen werden Un-ternehmen, Schulen, Eltern und Schüler bei ihren Aktivitäten zur Berufsorientierung unterstützt.

Lernort Schülerfirma

In Brandenburger Schulen waren Ende 2012 insgesamt 121 Schülerfirmen aktiv. Brandenburg ist damit im Ländervergleich vorbildlich aufgestellt. Die Integration von Schülerfirmen ist ein wichtiges Instrument zur Berufsvorbereitung. Hier werden Krea-tivität, Durchsetzungsvermögen und Orga-nisationstalent auf ganz besondere Weise gefördert. Hinzu kommt, dass soziale Kom-petenzen und grundlegendes ökonomi-sches Wissen in einem begleiteten Rahmen vertieft herausgebildet werden können. Die Verknüpfung von theoretischem Schulwis-sen mit der praktischen Anwendung in ei-ner Schülerfirma ermöglicht eine besondere Qualität des Lernens.

Mit der Servicestelle Schülerfirmen gibt es ein landesweites Unterstützungsportal, das die Landesregierung gemeinsam mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gGmbH (DKJS) und ihrem regionalen Partner in Brandenburg „kobra.net“ initiiert hat. Die Servicestelle berät, qualifiziert und vernetzt Schülerfirmen im Land Brandenburg. Insbe-sondere die Kooperation von Schülerfirmen mit Partnern aus der Wirtschaft ist ein we-sentlicher thematischer Arbeitsschwerpunkt der Servicestelle.

Page 32: Der Vorsorgende Sozialstaat

32 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Ausbildungsplatzprogramme Ost 1992 – 2012

In den Gründungsjahren des Landes Bran-denburg Anfang der 1990er Jahre konnten viele junge Menschen mangels Ausbil-dungsplätzen keine Ausbildung beginnen. Zeitweilig standen nur 10.000 Ausbildungs-plätze für 35.000 Bewerberinnen und Be-werber zur Verfügung. Der Bund hat deshalb gemeinsam mit den ostdeutschen Bundes-ländern im Rahmen der Ausbildungsplatz-programme Ost (APRO) ab Mitte der neun-ziger Jahre die Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze gefördert. Durch diese Programme sollte die Lücke zwischen der Nachfrage an Ausbildungsstellen und dem Angebot an Ausbildungsplätzen geschlos-sen werden.

Darüber hinaus wurden in Brandenburg zusätzliche Plätze angeboten, um allen ausbildungsfähigen und ausbildungswilli-gen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot unterbreiten zu können. Gefördert wurden drei Umsetzungsmodelle:

■ die duale Ausbildung in betrieblichen Überkapazitäten (betriebsnahe Ausbil-dung),

■ die (vollzeitschulische) Berufsausbildung im Kooperativen Modell und

■ die duale Ausbildung in Projekten, die sich neben der weiteren Erschließung

betrieblicher Ausbildungskapazitäten auf die Weiterentwicklung des betriebsnahen Fördermodells ausrichteten.

Insgesamt wurden im APRO von 1997 bis 2012 über 60.000 Jugendliche gefördert, da-von mit 34.000 über die Hälfte in betriebsna-her Ausbildung. Bund und Land setzten ins-gesamt ca. 735 Millionen Euro Fördermittel ein, davon das Land allein fast 543 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen am Ausbildungsmarkt erfolg-te im Ausbildungsjahr 2009/2010 letztmalig eine Neuauflage der Förderung zusätzlicher Ausbildungsstellen im Rahmen des Ausbil-dungsplatzprogramms Ost.

Über die Jahre haben sich die Rahmen-bedingungen in der Ausbildung grundle-gend verändert. Inzwischen gibt es weniger Jugendliche, die noch an die Ausbildungs-fähigkeit herangeführt werden müssen. Auch bestehen Disparitäten zwischen den Ausbildungsberufen, zu denen die Un-ternehmen vorwiegend gerne ausbilden würden, und den Vorstellungen der Jugend-lichen. Unternehmen haben teilweise Schwierigkeiten, Schulabgängerinnen und -abgänger für ihre Ausbildungsplätze zu finden – im Jahr 2012 sind 36 Prozent der Stellen unbesetzt geblieben.

Die BIBB-Übergangsstudie 2011 zu den Über-gangsprozessen Schule – Beruf untersuchte

Page 33: Der Vorsorgende Sozialstaat

33Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

die Bildungs- und Berufsbiografien von 18- bis 24-jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen und kam zu dem Ergebnis, dass bundesweit etwa 12 Prozent der Auszu-bildenden ihre erste duale Berufsausbildung im ursprünglich gewählten Beruf innerhalb von 36 Monaten ohne einen Abschluss be-enden. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum Teil wissen die Jugendlichen nicht, ob sie nach ihrer Ausbildung übernommen werden. Mangelnde Perspektiven schaffen unnötige Verunsicherung. Hier stehen die Unternehmen in der Pflicht.

Aber auch eine effektive Berufsorientierung rückt immer mehr in den Vordergrund. Ju-gendliche brauchen eine bessere Übersicht

über die diversen Entwicklungsmöglichkei-ten und müssen individuell vorbereitet wer-den – etwa durch ein ehrenamtliches Men-toring-Programm mit einem professionellen Coaching.

Page 34: Der Vorsorgende Sozialstaat

34 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Die Lebensphase des mittleren Erwachsenen-alters (etwa ab 25 bis 55 Jahre) wird wesent-lich von der Erwerbstätigkeit geprägt. Ein gu-ter Einstieg ins Erwerbsleben, eine berufliche Entwicklung und Berufserfolg bestimmen wesentlich die Lebensqualität und tragen zur Zufriedenheit bei. Erwerbstätigkeit bildet eine entscheidende Grundlage für finanzielle Unabhängigkeit, aber auch und vor allem für die Selbstverwirklichung: Erwerbsarbeit kann sinnstiftend sein, der Arbeitsort bietet einen sozialen Raum für Kontakte zu Kollegen und Freunden. Arbeit ist also mehr als Broterwerb, es geht vielmehr um persönliche Herausfor-derungen und Anerkennung.

Schwierigkeiten beim Berufseinstieg, lan-ge Phasen bis zur beruflichen Etablierung, eine hohe berufliche Unsicherheit, Zeiten von Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsver-hältnisse, aber auch Arbeitsbedingungen wie unregelmäßige Arbeitszeiten und lange Wegstrecken zur Arbeit – all das hat Auswirkungen auf Entscheidungen für ein Zusammenleben in Partnerschaft und mit Kindern. Eine wichtige Rolle kommt daher der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit mit den Anforderungen an das Familienleben zu. Auch berufliche Qualifizierung – be-rufsbegleitend oder in Zeiten von Erwerbs-losigkeit – trägt entscheidend dazu bei,

berufliche Entwicklungspfade zu eröffnen und Übergänge zu gestalten.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf Kinder sind das wichtigste Gut unserer Ge-sellschaft. Deshalb ist eine familienfreund-liche Lebens- und Arbeitswelt wichtig. Wir wollen die guten Rahmenbedingungen und Gestaltungsspielräume für Familien in unse-rem Land weiter verbessern. Dabei ist für uns eine gute Betreuungsinfrastruktur zentral, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten und Mütter und Väter zu unterstützen. Aber auch die Vereinbarkeit von Angehörigenpflege und Beruf wird immer wichtiger. Dabei setzen wir auch auf eine star-ke Sozialpartnerschaft. Der enge Austausch von Betriebsräten, Gewerkschaften, Perso-nalverantwortlichen und Betriebsleitungen ist wichtig, um die Arbeitsbedingungen zu

3. das jüngere und mittlere erwachsenenalter

Zusammenhalt – Förderung – Beratung

Page 35: Der Vorsorgende Sozialstaat

35Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

verbessern und zugleich die Wettbewerbsfä-higkeit der Unternehmen zu stärken.

Lokale Bündnisse für Familie

Wir haben in Brandenburg ein familien- und kinderfreundliches Klima. Dazu tragen die Lokalen Bündnisse für Familien bei. Schon an über 56 Orten im ganzen Land haben sich Unternehmen, Vereine, Verbände und Stif-tungen zusammengetan. Sie arbeiten Hand in Hand. Es geht ihnen um eine bessere Ver-einbarkeit von Familie, Beruf und Pflege, um mehr soziale Teilhabe, nachbarschaftliche Netzwerke und Beteiligungsmöglichkeiten

von Familien vor Ort. Für uns ist klar: Ein fa-milien- und kinderfreundliches Klima stärkt die Regionen und macht sie attraktiver für Unternehmensansiedlungen und Fachkräfte.

Die Lokalen Bündnisse für Familie sind freiwillige Zusammenschlüsse. Hier enga-gieren sich Kommunen und Unternehmen, Kammern, Vereine und Verbände, Kirchen, Kitas und Mehrgenerationenhäuser und viele andere. Sie alle engagieren sich ehren-amtlich. Sie sprechen vor Ort die Familien in allen Lebensbereichen an. So haben die Familien den größten Nutzen, weil die Ar-beit direkt vor Ort ansetzt und passgenaue

Lokale Bündnisse für Familien in Brandenburg

Quelle: Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

PR

OPR

UM

BAR

OHV

HVL

PM

TF LDS

OSLSPN

Bad Belzig

Niemegk

TreuenbrietzenWiesen-

burg

Prenzlau

Lychen

Nordost-Uckermark

Schwedt

NauenRathenow

Falkensee

Neuruppin

Kolkwitz

Drebkau

Bernau

Eberswalde

EE

Bad Freienwalde

Oranienburg

Potsdam

Baruther Urstromtal

Teltow / Stahnsdorf

LudwigsfeldeNuthetalKönigs

Wusterhausen

Frankfurt(Oder)

Rückersdorf

Falkenberg

Senften-berg

CottbusForst

Spremberg

Zehdenick

Wittstock

Kyritz

Eisen-hütten-

stadt

Beeskow

ZEWS

Storkow (Mark)

StrausbergNeuenhagenSchöneiche

GrünheideErkner

Perleberg

WittenbergeAngermünde

Guben

Brandenburg

MOL

LOSFürsten-

walde

Cottbus/S.Madlow

Gemeinsam für ein familienfreundliches Klima im ganzen Land: Mit den vielen Lokalen Bündnissen

vor Ort setzt Brandenburg Maßstäbe in der Familienpolitik.

Page 36: Der Vorsorgende Sozialstaat

36 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

verbunden mit der Tarifautonomie. Sie ist zudem im Hinblick auf die Anpassungs-fähigkeit und Produktivitätsentwicklung einer Volkswirtschaft ein wichtiger Stand-ortvorteil. Die Stärkung der Sozialpartner-schaft ist somit ein zentrales landespo-litisches Ziel zur Steigerung der Qualität der Arbeitsbedingungen, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, und zur Erhöhung der Attraktivität und Wett-bewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

Sozialpartner im Dialog: Für Gute Arbeit und Fachkräftesicherung Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Landesregierung haben im Mai 2011 eine „Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft“ unterzeichnet. Ziel ist die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Tarifparteien und eine höhere Tarifbindung der Unternehmen und der Beschäftigten. Das Engagement der Tarifpartner ist Zei-chen ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Standort. Im Sozialpartnerdialog setzen die Tarifparteien gemeinsame Pro-jekte und Kampagnen um und setzen sich für „Gute Arbeit“ ein, auch um einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten und die Attraktivität des Landes zu fördern.

Im „Brandenburger Sozialpartnerdialog“, der als Gremium über die Dachverbände hi-naus mit den Sozialpartnern der Branchen

Lösungen für die lokalen Problemlagen ent-wickelt werden.

Bereits seit 2006 kann die Gründung eines Lo-kalen Bündnisses durch Landesmittel in Form einer Anschubfinanzierung in Höhe von bis zu 10.000 Euro finanziell unterstützt werden. Wir wollen die erfolgreiche Arbeit der Lokalen Bündnissen für Familie im Land weiter stärken. Dabei hilft das Familien- und Kinderpolitische Programm der Landesregierung von 2011.

Stärkung der Sozialpartnerschaft

Die Sozialpartnerschaft ist integraler Bestand-teil des deutschen Modells der Arbeitsbe-ziehungen und charakteristisch für eine gut funktionierende soziale Marktwirtschaft. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände stehen allerdings durch den ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen und demogra-fischen Strukturwandel seit einigen Jahren vor erheblichen Herausforderungen. Im Jahr 2011 war nur jeder fünfte ostdeutsche Be-trieb tarifgebunden, in Westdeutschland traf dies auf jeden dritten Betrieb zu. Dadurch ist die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände geschwächt.

Das deutsche Modell der sozialen Markt-wirtschaft funktioniert aber nur mit star-ken Akteuren sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite. Eine funk-tionierende Sozialpartnerschaft ist eng

Page 37: Der Vorsorgende Sozialstaat

37Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Chemie, Metall, Handel, Bau und Hotel- und Gaststätten gebildet wurde, werden Fragen der Tarifbindung und Lohnentwick-lung behandelt. Handlungsfelder sind Aus-bildung, Vereinbarkeit von Beruf und Fa-milie einschließlich der Pflege sowie eine altersgerechte Arbeitswelt.

Der Sozialpartnerdialog bietet vielfältige Chancen für Zusammenarbeit und Aus-tausch. Er soll dazu beitragen, die großen strukturellen Herausforderungen auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt zu bewälti-gen, indem Ressourcen gebündelt und ge-meinsame Ziele verfolgt werden. All das

trägt dazu bei, den Wirtschaftsstandort Brandenburg und den Arbeitsmarkt im Land auch für die Zukunft attraktiv zu gestalten.

Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit

Für (werdende) Mütter und Väter stellt die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstä-tigkeit eine große Herausforderung dar. Das gilt auch für Unternehmen, die längere Auszeiten von Mitarbeitern wegen der Ge-burt von Kindern überbrücken müssen. Die rechtliche Lage ist komplex und für Beschäf-tigte wie Personalverantwortliche nicht ein-fach zu überblicken. Die Landesregierung

Page 38: Der Vorsorgende Sozialstaat

38 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

hat deshalb 2008 die Servicestelle Arbeits-welt und Elternzeit bei der LASA Branden-burg eingerichtet. Die Servicestelle berät sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber kostenfrei zur Organisation und Gestaltung von Mutterschutz und Elternzeit sowie zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie. Sie unterstützt Unternehmen bei der Sicherung der betrieblichen Abläufe. Beschäftigte werden beraten, wie sie famili-

enbedingte Auszeiten günstig gestalten, den Qualifikationserhalt sichern und anschlie-ßend gut geplant an den Arbeitsplatz zurück-kehren können. Zudem berät die Servicestelle zur Aufteilung von Familien- und Erwerbsar-beit, ermutigt Väter zur Inanspruchnahme der Elternzeit und sensibilisiert die Arbeitge-berseite entsprechend.

■ Für eine besser Vereinbarkeit von Studium, Erwerbstätigkeit und Familienarbeit und Pflege

· Familienfreundliche Hochschule – Förderlinie 1

· Graduiertenstipendien einschließlich Familienzuschläge

(Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 310.000 Euro)

· Modellprojekt „Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit“

· Wettbewerb „Familienfreundliches Unternehmen“

· Programm „Einstiegszeit“

· INNOPUNKT-Initiative „Beruf, Familie, Pflege – Neue Vereinbarkeits-

lösungen für Brandenburg“ (2010-2013: insgesamt 2,5 Millionen Euro investiert)

■ Für mehrere Wege zum Abitur:

· Schulen des zweiten Bildungsweges/Online-Abitur

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (1)

Page 39: Der Vorsorgende Sozialstaat

39Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung

Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wird es im-mer wichtiger, die Arbeits- und Beschäf-tigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erhalten. Für die Beschäftigten selbst geht es dabei zu-nächst um die finanzielle Unabhängigkeit

und die Versorgung der Familie, es hat aber auch weitreichende Konsequenzen für die Alterssicherung. Denn Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit beeinflussen zum einen die tatsächlichen Chancen für einen erfolgreichen Eintritt bzw. Verbleib im Ar-beitsmarkt. Zum anderen geht es um die subjektive Wahrnehmung der eigenen Be-schäftigungssicherheit. Beides wirkt sich nachweislich auf das Bindungsverhalten

■ Um niemanden zurückzulassen:

· Umsetzung der Nationalen Strategie zur Alphabetisierung und

Grundbildung Erwachsender (2012-2016)

■ Für eine umfassende, zielorientierte Lehrerbildung

· allen Studierenden der Lehramtsstudiengänge werden inklusions-

pädagogische Grundlagen vermittelt,

· Lehrämter werden sich an den Schulstufen im Land Brandenburg

orientieren, um fachlich stärker auf pädagogische Spezifika der jeweiligen

Schulstufe vorbereitet zu sein.

■ Vorrang für Kinder und Familien: Umsetzung des Familien- und Kinderpolitisches

Programms des Landes Brandenburg

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (2)

Page 40: Der Vorsorgende Sozialstaat

40 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

und insbesondere die Familienplanung aus, die sich für Beschäftigte im mittleren Er-wachsenenalter stellt.

Betriebliches Gesundheitsmanagement zielt auf die Führung des Unternehmens genauso wie auf die Unternehmenskultur, das Betriebs-klima, die Qualifikation der Beschäftigten, die Gestaltung der Arbeitsumwelt und das Ver-halten der einzelnen Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter ab. In der Folge werden Ausfälle durch Krankheit reduziert, Motivation und Leistungsfähigkeit gestärkt, was die Wettbe-werbsfähigkeit und den wirtschaftlichen Er-folg von Unternehmen steigert.

Bei der INNOPUNKT-Initiative „Gesund ar-beiten in Brandenburg – Betriebliche Ge-sundheitspolitik stärken“ werden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) darin

Für gute Familienbildung, familiäre und soziale Beratung:

· Elternordner „Gesund groß werden“ (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 15.000 Euro)

· Elternbriefe/Begrüßungspaket (Mittelansatz 2012/2013/2014:

177.300/195.200/205.000 Euro)

· Ausbau des Netzwerkes Gesunde Kinder (Mittelansatz 2012-2014:

jeweils 1,03 Millionen Euro)

· Ratgeber für Familien (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 40.000 Euro)

· Beratungsangebote der Familienverbände (Verbandsförderung 2013-

2014: 200.000 Euro pro Jahr. )

· Ausbau der Lokalen Bündnisse für Familien (Mittelansatz 2012-2014:

jeweils 50.000 Euro)

· Familienberatungsangebote der Verbraucherzentrale, von Schuldner-

beratungsstellen und anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen

· Eltern-Kind-Zentren

· Auskommen mit dem Einkommen (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 18.000 Euro)

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (3)

Page 41: Der Vorsorgende Sozialstaat

41Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (4)

Für Familienerholung und Familienferien

· Familienpass Brandenburg (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 320.000 Euro)

· Familienferienreisen (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 300.000 Euro)

· Veranstaltungsformate von Kultureinrichtungen speziell für Familien

· Generationsübergreifende kulturelle Bildungsangebote im Rahmen

des Konzeptes Kulturelle Bildung

Für eine familienfreundliche Gesellschaft

· Landeswettbewerb „Familien- und kinderfreundliche Gemeinde“

(Mittelansatz 2013-2014: rund 77.000 Euro)

· Brandenburger Familienpreis

· Pilotmodell familienfreundlicher Landkreis (2012-2014: 100.000 Euro pro Jahr)

unterstützt, betriebliches Gesundheits-management und Gesundheitsförderung einzuführen.

Das Sozialpartnerprojekt „Netzwerk KMU – Gesundheitskompetenz für Unternehmen“ wird in Trägerschaft des Bildungswerks der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg e. V. umgesetzt. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Gründung eines gemeinsamen

Netzwerkes durch den Kooperationsverbund Unternehmensverbände in Berlin und Bran-denburg e. V. (UVB), den Deutschen Gewerk-schaftsbund (DGB) und die AOK Nordost (AOK). Dieses Netzwerk initiiert Erfahrungs-austausch zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und stärkt die Gesundheits-kompetenz im Unternehmen zum Beispiel durch die Qualifizierung von Beschäftigten zu Gesundheitscoachs.

Page 42: Der Vorsorgende Sozialstaat

42 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

das Durchschnittsalter bis 2030 von heute knapp 45 auf über 53 Jahre. 2030 werden auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter bereits 78 Menschen kommen, die über 65 Jahre alt sind. Das entspricht einer Vervierfa-chung des Altenquotienten in nur 40 Jahren. Dabei wird die demografische Entwicklung die regionalen Unterschiede zwischen den Berlin-nahen und den Berlin-fernen Regio-nen weiter verstärken.

Gesellschaftliche Veränderungen, Bildung und medizinischer Fortschritt haben dazu geführt, dass Menschen länger gesund, körperlich und geistig leistungsfähig blei-ben. Der Beginn von schwerer Erkrankung, Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ver-lagert sich immer mehr ans Lebensende.

Die mit dem Ende der Berufstätigkeit ge-wonnene freie Zeit kann dazu genutzt werden, viele Wünsche und Ziele zu nutzen. So bieten eine Nachberufstätigkeit und das bürger-schaftliche Engagement die Chance, lang-jährig erworbenes Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen in einem neuen Kontext einzu-bringen. Gemeinsame Aktivitäten mit der Partnerin oder dem Partner, den Freunden und im generationsübergreifenden Famili-enleben, Freude an Reisen und am Hobby bedeuten einen Gewinn an Lebensqualität.

Das höhere und höchste Erwachsenenal-ter umfasst bis zu drei Generationen, von der Spätphase der Erwerbstätigkeit bis ins hohe Alter. In dieser Lebensphase erleben die meisten Menschen sowohl Aktivität als auch Unterstützungsbedürftigkeit. Menschen in dieser Lebensphase gehören in Brandenburg zu der am stärksten wachsenden Bevölke-rungsgruppe. Eine geringe Geburtenzahl, die Abwanderung junger Menschen, der Eintritt geburtenstarker Jahrgänge in das Seniorenalter sowie die steigende Lebens-erwartung verändern die Altersstruktur in Brandenburg. Prognosen sagen bis 2030 ei-nen Rückgang der Bevölkerung um rund 12 Prozent voraus, zugleich steigt der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung. So steigt

4. das ältere erwachsenenalter

Teilhabe – Gesundheit – Lebensqualität

Page 43: Der Vorsorgende Sozialstaat

43Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das ältere Erwachsenenalter.

■ Für Aktives Altern in Brandenburg

· Leitlinien und Seniorenpolitisches Maßnahmenpaket der Landesregierung

(Mittelansatz 2012-2014: jeweils 185.000 Euro)

■ Für Ehrenamtliches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen – Landes-

seniorenrat und kommunale Seniorenbeiräte

· Brandenburgische Seniorenwoche

· Ehrungen/Preise

■ Für ein modernes Altersbild – Altersdiskriminierung verhindern

· Überprüfung der Brandenburger Rechtsvorschriften auf diskriminierende

Altersgrenzen

■ Lebensqualität erhalten – Pflegebedürftigen helfen

· „Bündnis Gesund Alt werden in Brandenburg“

· Mundgesundheit bei älteren Menschen

· Älter werden – aber sicher

· Gesundheits- und Bewegungsförderung bei älteren Menschen

· Gute Praxis – Gesund älter werden in Brandenburg

· Niedrigschwellige Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre

Angehörigen

· Unterstützungsangebote für pflegende Familien

· Modellprojekt „Vereinbarkeitslotsen Pflege und Beruf“

· Auf- und Ausbau der Pflegestützpunkte

Page 44: Der Vorsorgende Sozialstaat

44 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Aktives Altern

Ziel einer vorsorgenden Seniorenpolitik und der Idee des aktiven Alter(n)s ist die selbst-verständliche Teilnahme älterer Menschen an der Entwicklung, Planung und praktischen Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens. Dies erfordert zum einen, Ältere in ihren Ak-tivitäten zu stärken und ihnen Raum für ak-tive Teilnahme zu bieten.

Die Lebenswirklichkeit dieser Lebensphase verlangt gleichermaßen Rahmenbedingungen für eine selbstbestimmte aktive Lebensgestal-tung und für Lebensumstände mit bestehen-dem oder drohendem Hilfe- und Pflegebedarf. Grundsätzliche Entscheidungen und daraus folgende Veränderungen, die zum Beispiel die Wohnsituation und das Lebensumfeld betref-fen, müssen getroffen und vollzogen werden.

Der Wunsch, solange wie möglich selbstän-dig in der Häuslichkeit zu leben und am Leben der Gemeinschaft teilzuhaben, bleibt bei aller Verschiedenheit der Lebenssituationen

und der Lebensstile für die Menschen in dieser Lebensphase charakteristisch. Auch gewinnen Maßnahmen zum Erhalt der körper-lichen und geistigen Leistungsfähigkeit und zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit ver-stärkt an Bedeutung.

Auch ältere Menschen, die an schweren Gebrechen oder an Demenz leiden und die vermehrt auf Hilfe angewiesen sind, haben Ansprüche an eine selbständige Lebensfüh-rung im privaten Haushalt. Sie brauchen spe-zifische Hilfsangebote, Schutz und Wahrung ihrer Interessen, gesellschaftliche Teilhabe und Bewahrung vor Vereinsamung zugleich.

Mit der längeren Lebenszeit der Menschen wächst auch die gemeinsame Lebenszeit der Generationen. Lebensqualität im Alter setzt ein solidarisches Miteinander der Genera-tionen voraus. Vor diesem Hintergrund wur-de das „Aktive Altern“ als zentrale Leitlinie für die Senioren- und Pflegepolitik entwickelt.

Leitlinien und Seniorenpolitisches Maßnahmenpaket

Der demografische Wandel ist ohne die Ressourcen der Älteren und ihre umfas-sende gesellschaftliche Teilhabe nicht zu bewältigen. 2007 wurden mit Leitlinien Zielstellung und Voraussetzungen der Seniorenpolitik der Landesregierung be-gründet und Handlungsfelder bestimmt.

Page 45: Der Vorsorgende Sozialstaat

45Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Aktives Altern, die Unterstützung einer selbst-verantwortlichen Lebensführung bis ins hohe Alter, das sind Bestandteile des Konzeptes vorsorgender Sozialpolitik in Brandenburg: „Zugänge schaffen – Kompetenzen aktivieren – Verantwortung stärken“. Die Koalitionsver-einbarung legte 2009 fest, die Leitlinien zu evaluieren und fortzuentwickeln. Dies mün-dete im Seniorenpolitischen Maßnahmen-paket der Landesregierung „Aktives Altern in Brandenburg“ 2011 bis 2014. Es umfasst eine große Bandbreite von Maßnahmen. Die Schwerpunkte sind:

■ Altersbilder, Öffentlichkeitsarbeit ■ Wohnen und Leben ■ Arbeiten ■ Engagieren ■ Gesundheit und Sport ■ Bildung, Kultur und Tourismus

Ehrenamtliches Engagement

Das ehrenamtliche Engagement älterer Brandenburgerinnen und Brandenburger ist hoch. Ein Drittel der über 60-Jährigen engagieren sich im Ehrenamt. Die Zivilge-sellschaft in Brandenburg ist darauf ange-wiesen, dass die wachsende Bevölkerungs-gruppe der Älteren sich mit ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und ihrer Zeit ehrenamtlich und nachbarschaftlich engagiert. Die Fokus-sierung und Bündelung der einzelnen Politik-bereiche auf aktives Altern, Politik mit und

für Seniorinnen und Senioren, ermöglicht, dass Menschen im höheren und höchsten Er-wachsenenalter ihre Potentiale einbringen. Gesellschaftliche Teilhabe ist zugleich der beste Weg, um die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu stär-ken, soziale Netzwerke zu bewahren oder auch neu zu knüpfen.

Ältere Menschen arbeiten aktiv in den Hei-mat- und Kulturvereinen, bei der Freiwilli-gen Feuerwehr, in den Lokalen Bündnissen für Familie und als Patinnen und Paten im „Netzwerk Gesunde Kinder“ mit. Sie leis-ten Nachbarschaftshilfe und Betreuungsar-beit, unterstützen Pflegeeinrichtungen im Besuchsdienst, durch ihre Mitarbeit in den Bewohnerschaftsbeiräten oder als Ombuds-leute. Sie sind Mitglieder und auch Übungs-leiterinnen und Übungsleiter in Sportvereinen. Ihre Unterstützung ist in den Schulen, den Mehrgenerationenhäusern, in der Integrations-arbeit und im Umweltschutz gefragt.

Gesellschaftliche Teilhabe durch Senioren-beiräte

Ein bedeutendes Feld für ehrenamtliches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe haben sich mehr als 2.000 ältere Frauen und Männer in den ca. 180 örtlichen kommunalen Brandenburger Seniorenbeiräten geschaffen. Es gibt sie in allen 14 Brandenburger Landkrei-sen, den kreisfreien Städten sowie in mehr

Page 46: Der Vorsorgende Sozialstaat

46 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

als der Hälfte der Städte und Gemeinden. Sie haben die Funktion kommunaler Senioren-vertretungen.

Die Aufgabe der Seniorenbeiräte besteht in der Beratung und Unterstützung der örtli-chen kommunalen Vertretung und der Ver-waltung in allen Fragen, die Belange der älte-ren Generation betreffen. Der Seniorenbeirat kann damit sicherstellen, dass die Interessen einer in der Kommune wachsenden Zahl älterer Menschen ausreichend Berücksich-tigung finden. Neben diesen Aufgaben ist es besonders in den ländlichen Gemeinden wichtig, dass der Seniorenbeirat regelmäßig politische, sportliche und kulturell-gesellige Veranstaltungen initiiert oder organisiert.

So tragen die Seniorenbeiräte dazu bei, die Kommunen lebenswerter zu machen. Sie stär-ken den sozialen Zusammenhalt der Seniorin-nen und Senioren untereinander und leisten einen unersetzlichen Beitrag dazu, Verein-samung alter Menschen zu verhindern oder zu lindern. Die Zusammenarbeit zwischen Jungen und Alten in der Gemeinde ist fester Bestandteil der Arbeit jedes Seniorenbeirats. Durch ihre Hilfe in Schulen und Kindereinrich-tungen („Oma-und-Opa-Tage“) sowie zum Beispiel die Mitarbeit im Lokalen Bündnis für Familie stärken die Seniorenbeiräte die Soli-darität zwischen den Generationen.

Der 1998 gegründete Seniorenrat erfüllt die Funktion einer Seniorenvertretung des Landes Brandenburg. Er ist Mitglied der Bun-desarbeitsgemeinschaft der Seniorenvertre-tungen der Länder. Zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit gehören:

■ Einflussnahme auf die Gewährleistung von sozialer Alterssicherung, Gesundheits-vorsorge und pflegerischer Betreuung,

■ Abbau von Altersdiskriminierung, ■ Weitergabe historischer Erfahrungen und

lebenslang gewonnener Wertvorstellun-gen an die nachfolgenden Generationen. Orientierung auf eine niveauvolle und al-tersgerechte kulturelle, künstlerische und sportliche Betätigung älterer Menschen, Schaffung von Möglichkeiten zum lebens-langen Lernen und

■ Mitarbeit in den für die Seniorenarbeit relevanten staatlichen und gesellschaft-lichen Landesgremien, Mitgliedschaft in landesweit tätigen Initiativen und Pro-jekten.

Jährlicher Höhepunkt der Arbeit des Seni-orenrates und der Seniorenbeiräte ist die Brandenburgische Seniorenwoche, die 2013 ihr zwanzigjähriges Jubiläum beging.

Page 47: Der Vorsorgende Sozialstaat

47Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Gesundheit und Lebensqualität, Pflege-bedürftigkeit

Seniorenpolitik und Pflegepolitik gehö-ren zusammen. Der Anspruch und die Be-reitschaft der Älteren, ihr Leben aktiv und selbstbewusst zu gestalten, muss mit Al-terungsprozessen, die auf Mehrbedarf an medizinischen Leistungen, Prävention und Rehabilitation, Hilfe- und Pflegeangebote hinauslaufen können, vereinbart werden.

Lebens- und Wohnbedingungen sowie die Gesundheitsversorgung sind so zu gestal-ten, dass Pflegebedürftigkeit vermieden

oder verzögert wird. Zum anderen geht es darum, eine regionale Beratungs-, Betreu-ungs- und Pflegekultur mit bedarfsgerech-ten Versorgungs- und Hilfestrukturen zu schaffen.

Hoher Bedarf an Pflegepersonal

1999 gab es in Brandenburg 64.000, im Jahr 2011 bereits etwa 96.000 pflegebedürftige Menschen. Bis 2030 ist von einer Zunahme um 70 Prozent auf über 160.000 Pflegebe-dürftige auszugehen. Damit wären mehr als 7 Prozent der Bevölkerung pflegebe-dürftig. Daraus ergibt sich eine erhebliche

Page 48: Der Vorsorgende Sozialstaat

48 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Bedarfserhöhung an Pflegepersonal – von etwa 29.000 Fachkräften in 2011 auf mehr als 50.000 in 2030.

Um diese Fachkräfte zu gewinnen, müssen die Pflegeberufe attraktiv gestaltet werden. Zu „Guter Arbeit“ in der Pflege gehört vor allem eine Vergütung, die den vielfältigen Anforderungen und der Verantwortung der Pflegekräfte gerecht wird. Um das zu schaffen, brauchen wir eine Verständigung von Ar-beitgebern und Gewerkschaften – etwa auf einen Tarifvertrag in der Pflege, der bei Vor-liegen der entsprechenden Voraussetzungen für allgemeinverbindlich erklärt wird.

Um die von einer großen Mehrheit an Pfle-gebedürftigen und ihren Angehörigen ge-wünschte häusliche Pflege ermöglichen zu können, brauchen wir zum einen eine verbes-serte Finanzierung ambulanter Dienste ge-rade im ländlichen Raum, zum anderen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Dieser Aspekt spielt in der Brandenburger So-zialpartnerschaft eine besondere Rolle.

Gemeinsam mit der Pflegekasse und den re-gionalen Pflegestrukturen wollen wir Unter-stützungsangebote für pflegende Angehörige flächendeckend entwickeln. Das Familienpfle-gezeitgesetz des Bundes ist nicht ausrei-chend, denn es besteht auf Familienpflegezeit kein Rechtsanspruch, und die Begrenzung auf 24 Monate ist oft nicht bedarfsgerecht.

Für Menschen, die ihre Pflege trotz Pflegekas-se und eigener Mittel nicht finanzieren kön-nen, wendeten Land und Kommunen im Jahr 2011 insgesamt ca. 38,5 Millionen Euro auf, davon waren 33 Millionen Euro Landesmittel.Derzeit sind in den Einrichtungen und Diens-ten rund 5.100 Altenpflegerinnen und Al-tenpfleger tätig. Sie stellen etwa ein Fünftel aller Beschäftigten in der Pflege. Das Land stellt ausreichend Schulplätze in den staat-lich anerkannten Altenpflegeschulen für die Erstausbildung zur Verfügung und finan-ziert mit jährlich etwa 4,4 Millionen Euro die Schulkosten für die Regelausbildung. Jähr-lich beginnen knapp 400 junge Frauen und Männer diese dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger. Da-neben haben in 2012 etwa 100 als Umschü-lerinnen und Umschüler und 100 in der Pfle-ge Tätige berufsbegleitend eine Ausbildung aufgenommen.

Die Alzheimer-Gesellschaft koordiniert seit 2002 im Land den Auf- und Ausbau von nied-rigschwelligen Betreuungsangeboten für Menschen mit Demenz. Es sind landesweit über 220 Betreuungsangebote entstanden, über 2.150 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wurden für die Begleitung von De-menten geschult. Sie entlasten pro Jahr etwa 3.000 pflegende Angehörige und Familien zu Hause im Gesamtumfang von über 200.000 Stunden.

Page 49: Der Vorsorgende Sozialstaat

49Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Modellprojekt „Vereinbarkeitslotsen Pflege und Beruf“

Rund 77 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden in Brandenburg in ihrem häuslichen Umfeld gepflegt. Für pflegen-de Angehörige, die berufstätig sind, ist die Vereinbarkeit von Erwerbsleben und Pflege-tätigkeit oft eine organisatorische Heraus-forderung. Sie sind genauso wie Arbeitgeber und Unternehmen an Modellen interessiert, Beruf und Pflege gut miteinander zu verein-baren. Häufig fehlen aber vor Ort niedrig-schwellige Beratungsangebote zu Versor-gungsmöglichkeiten älterer Menschen und zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf durch geschulte Personen. Gleichzeitig müssen Vereinbarkeitslösungen systematisch in Un-ternehmen bekannt gemacht werden.

Im Rahmen des Modellprojekts „Vereinbar-keitslotsen Pflege und Beruf“ in Eisenhüt-tenstadt geht es darum, den Informations- und Beratungsbedarf der Betriebe und Beschäftigten zu gewährleisten. Konkret ist eine „Vereinbarkeitslotsin“ am Pflegestütz-punkt angesiedelt, die lokale Unternehmen kontaktiert und arbeitsrechtliche sowie innerbetriebliche Vereinbarkeitslösungen befördert. Gleichzeitig wirbt sie um und ko-ordiniert bürgerschaftlich engagierte Kon-taktpersonen, die nach Fortbildung in ihrem Umfeld zu Vereinbarkeitsmöglichkeiten von Pflege und Beruf und zu Grundfragen der

pflegerischen Versorgung beraten können. Innerhalb kurzer Zeit konnten viele Ehren-amtliche gewonnen und ausgebildet wer-den. Auch die Betriebe zeigen steigendes Interesse. Lokal vernetzte Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen sind ein wichti-ger Eckpunkt der Brandenburger Senioren- und Pflegepolitik. Die erfolgreiche Einbin-dung des Ehrenamtes ist auch in diesem Bereich unerlässlich.

Bündnis Gesund älter werden

Das „Bündnis Gesund älter werden“ wurde 2012 auf Initiative des Gesundheitsminis-teriums gegründet. Das Bündnis folgt den Grundsätzen für ein aktives Altern und ist Teil des seniorenpolitischen Maßnahmen-pakets. Das Bündnis vereint Partner, die sich gemeinsam dafür einsetzen, die Bedingun-gen für ein gesundes Älterwerden im Land zu verbessern. Gegenwärtig sind 34 Mit-glieder im Bündnis aktiv: Krankenkassen, Landesseniorenrat und Seniorenbeiräte, Landessportbund, Wohlfahrtsverbände und Landeszahnärztekammer, Ministerien und Hochschulen.

Gute Betreuung, Prävention und Rehabilitation

Eine angemessene medizinische Betreu-ung, gesundheitliche Prävention und Reha-bilitation spielen für aktives Altern und die

Page 50: Der Vorsorgende Sozialstaat

50 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Erhaltung hoher Lebensqualität im Alter eine entscheidende Rolle. Ein gesundheits-förderlicher Lebensstil liegt auch in der Verantwortung des Einzelnen. Individuelle Lebensverhältnisse, aber auch soziale Fak-toren können diesen Lebensstil erschweren oder erleichtern.

Auf der Grundlage aktueller Gesundheitsda-ten erarbeiten die Mitglieder des Bündnisses gemeinsam Ziele und verabreden nötige Maß-nahmen. Im Vordergrund steht dabei, die be-reits vorhandenen Aktivitäten im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention bei äl-teren Menschen zu bündeln und auszubauen.

Individuell belastende Phasen wie der Über-gang vom Erwerbsleben in den Ruhestand,

die Konfrontation mit altersbedingten kör-perlichen und geistigen Einschränkungen, Eintreten von Pflegebedürftigkeit können erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Die Bündnispartner setzen sich gemeinsam dafür ein, dass diese Übergänge durch ab-gestimmte Hilfe, Selbsthilfe und Unterstüt-zungsangebote auch bei gesundheitlicher Beeinträchtigung gut gemeistert werden können. Erkrankungen müssen in diesen Pro-zess integriert werden. Das Bündnis will dazu beitragen, die Selbstbestimmung über die ei-gene Gesundheit zu stärken und die Lebens-qualität zu verbessern, um Krankheiten und Pflegebedürftigkeit im Alter hinauszuzögern oder sogar zu verhindern.

Verteilung der Pflegestützpunkte im Land Brandenburg

Quelle: Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Potsdam-Mittelmark

(Werder)

(Luckenwalde)

(Lübben)

(Falkensee)

(Perleberg)

(Neuruppin)

(Schwedt)

(Oranienburg)(Eberswalde)

(Strausberg)

(Erkner/Eisenhüttenstadt)

(Herzberg)(Forst)

(Senftenberg)

Havelland

Prignitz Ostprignitz-Ruppin

Uckermark

Barnim

Märkisch-Oderland

Frankfurt (Oder)

Oder-Spree

Dahme-Spreewald

Elbe-Elster

Ober-spree-wald-Lausitz

Spree-Neiße

Cottbus

Potsdam

BerlinBrandenburg a.d.H.

Oberhavel

Teltow-Fläming

Page 51: Der Vorsorgende Sozialstaat

51Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Auf- und Ausbau von Pflegestützpunkten

Der demografische Wandel führt auch zu einer stark steigenden Zahl von pflegebedürftigen Menschen in Brandenburg. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind häufig auf den Pfle-gefall nicht vorbereitet und meist nur einge-schränkt in der Lage, die erforderliche Pflege zu organisieren. Es besteht ein stark wachsender Bedarf an Beratung, Begleitung und im Ein-zelfall an Übernahme eines komplexen Fall-managements. Seit 2008 besteht zudem ein Rechtsanspruch der Versicherten gegen ihre jeweilige Pflegekasse auf Pflegeberatung.

Bis Mitte 2013 wurden 19 Pflegestützpunkte landesweit in allen Landkreisen und kreis-freien Städten eingerichtet. Pflegestütz-punkte richten zunehmend Außenstellen ein bzw. bieten Außensprechstunden an. Es ist eine wachsende Nachfrage nach Beratungs-leistungen zu verzeichnen. Die Pflegestütz-punkte haben sich in der Brandenburger Pflegelandschaft bewährt und müssen nun konsequent weiterentwickelt werden. Eine unabhängige und kompetente Beratung vor Ort ist unerlässlich insbesondere für pfle-gende Angehörige.

Beteiligung von Kommunen, Kranken- und Pflegekassen

Um eine landesweite Beratungsinfrastruk-tur zu etablieren, die in Fragen von Sozial-

leistungs- und Hilfesystemen in der Pflege, Gesundheit und der Daseinsvorsorge kom-petent berät, wurden neben den Verbänden der Kranken- und Pflegekassen auch die Kommunen integriert. Damit werden die Kompetenzen der Sozialversicherungsträ-ger mit denen der Sozialhilfeträger und der Kommunen gebündelt, und den Menschen mit Pflegebedarf und ihren Angehörigen wird eine umfassende Beratung angeboten.

Die Pflegestützpunkte beraten und unter-stützen Pflegebedürftige und ihre pflegen-den Angehörigen wohnortnah. Sie sollen (präventive) Versorgungs- und Betreuungs-angebote abstimmen, koordinieren und vernetzen. Die laufenden Betriebskosten tragen die beteiligten Träger je zu einem Drittel. Kommunen und Kassen entsenden jeweils eigenes Personal in die Pflegestütz-punkte.

Page 52: Der Vorsorgende Sozialstaat

52 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

5. lebensphasenübergreifende programme

Gleichstellung – Inklusion – Integration

Lebenschancen sind nach Geschlecht im-mer noch ungleich verteilt. Das beginnt mit ungleicher Behandlung von Mädchen und Jungen in der Familie, setzt sich fort in der unreflektierten und umso schwerer zurück-zuweisenden Vermittlung von Geschlechts-rollen durch die Bildungsinstitutionen, mün-det in nach Geschlecht segmentierte und segregierte Ausbildungs- und Arbeitsmärk-te, auf der Ebene der betrieblichen Arbeits-märkte verbunden mit dem erschwerten Zugang von Frauen zu Führungspositionen.

Neue Chancen, faires Miteinander, gute Lebensperspektiven

Das Gleichstellungspolitische Rahmenpro-gramm für Brandenburg greift die Grund-prinzipien des vorsorgenden Sozialstaats auf. Es fördert die Chancengleichheit und

stärkt Netzwerke und Kooperationen unter Einbindung der zivilgesellschaftlichen Ak-teure wie auch der Institutionen der Gleich-stellungspolitik auf kommunaler und Lan-desebene.

Gleichstellungspolitik ist integraler Bestand-teil einer Politik des Vorsorgenden Sozial-staats. Sie muss auf folgende vorrangige Handlungserfordernisse reagieren:

■ Eine zentrale Aufgabe ist es, die Verfes-tigung von Geschlechtsrollen durch die Institutionen des Bildungssystems zu re-duzieren.

■ Wir brauchen eine Politik der guten Ar-beit einschließlich Durchsetzung von Lohnstrukturen, welche die dauerhafte Abhängigkeit von Geringverdienenden von Transferleistungen eindämmt. In Deutschland sind Frauen in dieser Gruppe noch deutlich stärker überrepräsentiert als in anderen europäischen Ländern.

■ Wir brauchen eine Politik der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ins-besondere für Väter im Zusammenwirken zwischen Wirtschaftsunternehmen und Verbänden sowie staatlichen Institutio-nen, um partnerschaftliche Aufteilung von Familienaufgaben nicht nur zu er-möglichen, sondern gezielt zu fördern.

Page 53: Der Vorsorgende Sozialstaat

53Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für lebensphasenübergreifende Programme.

■ Ein Land für alle

· Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket für das Land Brandenburg

(Mittelansatz 2013/2014: jeweils 100.000 Euro)

■ Für gute Lebensperspektiven, ein faires Miteinander und neue Chancen

· Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm für das Land Brandenburg

2011-2014

■ Für die Integration von Familien sowie Fachkräften mit Migrationshintergrund

· Landesintegrationskonzeption

· Unterbringungskonzeption

· Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache

Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket

In Brandenburg leben rund 420.000 Men-schen mit Behinderung, davon etwa 300.000 mit Schwerbehinderung. Das ist gut wein Sechstel der Gesamtbevölkerung. Mit zuneh-mender Alterung der Gesellschaft wird sich diese Zahl noch erhöhen. Das Behinderten-politische Maßnahmenpaket ist ein erster Schritt zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behin-dertenrechtskonvention). Es soll zur Rea-lisierung der Leitidee der Inklusion beitra-gen. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch die Möglichkeit erhält, sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen – und zwar unab-

hängig von individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen.

Das Behindertenpolitische Maßnahmen-paket verdeutlicht einen Paradigmenwech-sel: Weg vom sozialpolitischen Fokus hin zur Querschnittsperspektive – Politik für Menschen mit Behinderung ressort- und politikfeldübergreifend.

Gleichberechtigte Teilhabe

Die Mehrzahl der Behinderungen wird im Lau-fe des Lebens erworben. Nur vier bis fünf Pro-zent aller Menschen sind von Geburt an be-hindert. Menschen mit Behinderungen bilden keine homogene Gruppe. Die Formen und der Umfang von Behinderungen sind vielfältig

Page 54: Der Vorsorgende Sozialstaat

54 Märkische Hefte 29 | Mai 2014 Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

und verschieden. Daraus ergibt sich zugleich der Auftrag: Wir müssen den Sozialraum so gestalten, dass alle Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam leben, wohnen und arbeiten können. Das ist der Bezugs-punkt des Behindertenpolitischen Maßnah-menpakets. Es beschreibt Maßnahmen, die darauf abzielen, Barrieren Schritt für Schritt abzubauen und eine gleichberechtigte Teil-habe für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.

Leitprinzip Inklusion

Die umgesetzten Maßnahmen zeigen ers-te Erfolge. Ein grundlegender Schritt zur Inklusion ist 2012 mit der Neufassung des Behindertengleichstellungsgesetzes getan worden, in dem der Gedanke der Inklusion als Leitprinzip verankert ist.

Arbeit und Beschäftigung ist ein zentrales Teilhabefeld für Menschen mit Behinde-rung. Arbeit sichert den Lebensunterhalt, schafft soziale Kontakte, ermöglicht Aner-kennung sowie Wertschätzung und stiftet Identität. Wichtige Themenschwerpunkte sind daher die Verbesserung der Berufso-rientierung, Förderung der betrieblichen Ausbildung, Alternativen zur Werkstätte so-wie Förderung neuer Arbeitsplätze für Men-schen mit einer Schwerbehinderung.

Beispielhaft zwei Maßnahmen: ■ In Umsetzung der Bund-Länder-„Initiative

Inklusion“ (Mittel des Ausgleichfonds) und eines begleitenden Landesförderpro-grammes (Mittel Ausgleichsabgabe) wur-de für Schülerinnen und Schüler mit son-derpädagogischem Förderbedarf „geistige Entwicklung“, „körperlich-motorische Ent-wicklung“, „Hören“ und „Sehen“ ein Ange-bot für eine vertiefte berufliche Orientie-rung entwickelt, das zwei bzw. vier Jahre vor Schulabschluss einsetzt. Insgesamt haben bereits rund 700 junge Menschen an dem mehrjährigen Berufsorientie-rungsverfahren mit den Kernelementen Kompetenzanalyse, Berufswegekonferen-zen, begleitete Praktika teilgenommen. Die Umsetzung vor Ort wird von den In-tegrationsfachdiensten des Landes koor-diniert. Bis Ende 2013 wurden dafür rund 3,2 Millionen Euro eingesetzt.

■ Bis 2015 werden gemeinsam von Bund (1,2 Millionen Euro) und Land (1,5 Millio-nen Euro) neue Arbeitsplätze für arbeits-lose Menschen mit Behinderung über 45 Jahre gefördert. Umgesetzt wird das Förderprogramm durch das Integrations-amt in enger Abstimmung mit den Agen-turen und Jobcentern vor Ort. Aktuell haben 70 arbeitslose schwerbehinderte Menschen – unterstützt durch das Förder-programm – eine neue Beschäftigung er-halten. Ziel ist es, bis 2015 mindestens 250 neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Page 55: Der Vorsorgende Sozialstaat

55Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Informationen zu wichtigen Themen der Landespolitik...können Sie kostenfrei per Post erhalten. Bestellungen nehmen wir telefonisch unter 0331 – 966 13 55 oder per E-Mail an [email protected] gern entgegen.

■ Auf einen Blick – Die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag

■ Kurzbilanz der Wahlperiode „Das ist unser Erfolg“

■ Flyer – Kurzbilanz „Vorsorgender Sozialstaat. Wie wir gleiche Chancen für alle schaffen“

■ Brandenburgs Kommunalgesetze

■ Faltblatt – 10 Antworten zu Brandenburgs Schüler-Bafög

■ Faltblatt – Gemeinsames Lernen. Wie kommen wir zu einer Schule für alle?

■ Broschüre „Auf dem Weg zur Industrie 4.0. Strategiepapier für eine sozialdemokratische Industriepolitik

■ Elektronischer Newsletter (dafür benötigen wir Ihre E-Mail-Adresse)

■ Schriftenreihe „Märkische Hefte“

Lieferbar sind noch folgende Titel:

Energieland Brandenburg – Herausforderungen und Chancen der Energiewende.Zukunft im ländlichen Raum – Wie wir das Leben auf dem Land lebenswert gestalten.Gemeinsames Lernen. Wie kommen wir zu einer Schule für alle?Das Reiseland Brandenburg für die Zukunft gestalten.Viel geschafft – noch viel zu tun! Eine Bilanz der Wahlperiode 2009-2014.Der Vorsorgende Sozialstaat. Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

24.25.26. 27.28. 29.

Page 56: Der Vorsorgende Sozialstaat

SPD-Fraktion im Brandenburger LandtagAlter Markt 1

14467 PotsdamTel.: 0331 – 966 13 40Fax: 0331 – 966 13 07

www.spd-fraktion.brandenburg.de

www.facebook.com/SPDFraktionBrandenburg