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Derzeitiger Einsatz von Flammschutzmitteln in Kunststoffen sowie die toxikologischen Auswir- kungen ausgewählter Flammschutzmittel Abschlussarbeit Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig Dipl.-Ing. Ulrike Hahn München, den 30.06.2010

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Derzeitiger Einsatz von Flammschutzmitteln inKunststoffen sowie die toxikologischen Auswir-

kungen ausgewählter Flammschutzmittel

AbschlussarbeitPostgradualstudium Toxikologie

der Universität Leipzig

Dipl.-Ing. Ulrike HahnMünchen, den 30.06.2010

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides statt, diese Arbeit eigenständig und nur unter Verwendung derangegebenen Quellen erstellt zu haben.

München, den 30.06.2010 Ulrike Hahn

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Danksagung

Ich danke meiner Familie für ihre Unterstützung insbesondere während der Erstellung derAbschlussarbeit. Ganz besonders für die vielen Stunden, die mir immer wieder freigehaltenwurden und die vielen Abendkaffees.

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Abstrakt

In dieser Arbeit wurden mehrere Flammschutzmittel ausgewählt, die aktuell oder zukünftig inbedeutendem Maße eingesetzt werden. Insbesondere die aufgeführten halogenfreienFlammschutzmittel stellen einige der Alternativen für die Substitution von Flammschutzmit-teln dar, deren Einsatz beschränkt wurde (z. B. bromierte Diphenylether). In einigen Veröf-fentlichungen werden die Substitute allein aufgrund der Tatsache für unbedenklicher erklärt,weil sie z. B. nicht wie polybromierte Diphenylether die PBT-Kriterien erfüllen. Auf die jewei-ligen Auswirkungen der Substanzen wird nur teilweise eingegangen. Daher wird versuchtdiese für folgende Flammschutzmittel darzustellen:

Hexabromcyclododecan Tetrabrombisphenol A Tris(chlorpropyl)phosphat Roter Phosphor Ammoniumpolyphosphat Aluminiumhydroxid Magnesiumhydroxid Natriumtetraborat-Decahydrat Nanomaterialien im Allgemeinen

Die Risiken von polybromierten Diphenylethern sind ausreichend dokumentiert und werdendaher in dieser Arbeit nicht nochmals betrachtet, auch wenn einige Substanzen theoretischnoch für begrenzte Zwecke eingesetzt werden dürfen.

Diese Arbeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Toxizität der Reinsubstanz sondernbetrachtet auch die Auswirkungen, die sich durch den Einsatz der Flammschutzmittel inKunststoffen ergeben. Aus naheliegenden Gründen wird speziell der Brandfall neben der Ge-brauchsphase und Entsorgung betrachtet.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ............................................................................................................... 1

2 Rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................... 2

2.1 Gefahrstoffrecht................................................................................................ 2

2.2 Abfallentsorgung............................................................................................... 4

2.3 Brandschutzanforderungen ................................................................................ 4

2.4 Sonstige Rahmenbedingungen ........................................................................... 5

3 Derzeitige Verwendung von Flammschutzmitteln ........................................................ 7

3.1 Zukünftige Entwicklung ..................................................................................... 9

4 Allgemeine Aussagen zur Toxikologie und Ökotoxikologie ......................................... 10

4.1 Ökobilanz ....................................................................................................... 10

4.2 Emissionen während der Gebrauchsphase......................................................... 13

4.3 Entsorgung und Verwertung ............................................................................ 14

4.4 Brandfall ........................................................................................................ 17

4.5 Zusammenfassung Emissionen......................................................................... 22

5 Toxikologie und Ökotoxikologie ausgewählter Flammschutzmittel .............................. 25

5.1 Hexabromcyclododecan (HBCD) [CAS-Nr: 3194-55-6] ........................................ 26

5.2 Tetrabrombisphenol A (TBBA) [CAS-Nr. 79-94-7]............................................... 31

5.3 Tris(chlorpropyl)phosphat (TCPP) [CAS Nr: 13674-84-5] .................................... 35

5.4 Roter Phosphor [CAS-Nr: 7723-14-0]................................................................ 40

5.5 Ammoniumpolyphosphat [CAS-Nr: 68333-79-9]................................................. 42

5.6 Aluminiumtrihydroxid (ATH) [CAS-Nr: 21645-51-2] ............................................ 44

5.7 Magnesiumdihydroxid (MDH) [CAS-Nr. 1309-42-8] ............................................ 47

5.8 Natriumborat-Decahydrat (Borax) [CAS-Nr. 1303-96-4]...................................... 51

5.9 Nanomaterialien ............................................................................................. 56

6 Zusammenfassung und Schlussfolgerung................................................................. 59

7 Literaturverzeichnis................................................................................................ 64

8 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... 69

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1 Einleitung

Brände entstehen, wenn drei Faktoren gleichzeitig vorliegen: Ein Brennstoff, ein Oxidations-mittel wie Sauerstoff und eine ausreichend große Zündenergie bzw. eine ausreichend großeEnergie, um den Verbrennungsvorgang zu erhalten (siehe Abbildung 1). Die Folgen könnenverheerend sein. Fehlt jedoch eine der drei Bedingungen, erlischt der Brand oder entstehterst gar nicht.

An dieser Stelle setzen Flammschutzmittel an: Sie zielen darauf ab, mindestens eine der dreiBedingungen zu eliminieren. So bilden einige Flammschutzmittel beispielsweise eine Barrie-reschicht, um das Brandgut und die Pyrolysegase vom Luftsauerstoff (oder andere Oxidati-onsmittel) zu trennen. Das oberste Ziel ist der Schutz der Gesundheit und des Lebens vonPersonen im Brandfall. Für diesen Zweck ist eine Vielzahl von Flammschutzmitteln auf demMarkt erhältlich.

Abbildung 1: Feuer-Tetraeder

Diese Arbeit beschäftigt sich weniger mit den positiven Aspekten mit Flammschutzmittelnsondern betrachtet die Toxizität der Substanzen sowie die toxikologischen Auswirkungen, diemit dem Einsatz von Flammschutzmittel u. a. im Brandfall aber auch bei der Entsorgung ein-hergehen. Die Thematik der Stofffreisetzung während der Herstellung und des Recyclingswird nicht gesondert behandelt. Die Wirkung der freigesetzten Stoffe wird jedoch über dieBetrachtung der Reinsubstanzen abgedeckt.

Zünd-energie

Brenn-stoff

Oxida-tions-mittel

Feuer

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2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Einsatz von Flammschutzmittel ergibt sich zum einen aus verschiedenen gesetzlichenRegelungen zu Materialeigenschaften, die beispielsweise eine bestimmte Hemmung der Ent-flammbarkeit brennbarer Materialien verlangen. Zum anderen ist der Einsatz durch Rahmen-bedingungen reglementiert, die sie den Schutz der Gesundheit und der Umwelt sicherstellensollen. Innerhalb der EU sind diese Rahmenbedingungen größtenteils einheitlich aufgrundder Harmonisierung des Rechtes. Auch auf internationaler Ebene gibt es Bemühungen zu-mindest bestimmte Themen einheitlich zu regeln.

2.1 Gefahrstoffrecht

Der Einsatz von Flammschutzmittel als Substanz an sich wird innerhalb der EU vor allemdurch die folgenden beiden Regelungen geregelt:

Zum einen durch die Verordnung 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Ratesvom 18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischerStoffe (REACH) und zum anderen durch die Richtlinie 2002/95/EG des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 27.01.2003 „zur Beschränkung der Verwendung bestimmter ge-fährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten“ (RoHS)

Die REACH-Verordnung verlangt von Herstellern oder Importeuren verschiedenste Datenüber die Stoffe zur Verfügung zu stellen (in Abhängigkeit von der Gesamtjahrestonnage).Diese Daten dienen der Risikobewertung, die entsprechend der den Substanzen zugewiese-nen Prioritäten sukzessive durchgeführt werden.

Die Richtlinie 2002/95/EG (RoHS) regelt, welche Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten inder EU nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Die Richtlinie setzt sich folgende Ziele undVorgaben:

Zitat RoHS

„Im Rahmen des auf Gemeinschaftsebene angestrebten Gesundheits-und Umweltschutzes ist die effektivste Weise, um die Verringerungdes Risikos für die Gesundheit und die Umwelt durch diese Substan-zen zu erreichen – unter Berücksichtigung der technischen und wirt-schaftlichen Möglichkeiten – deren Ersatz in Elektro- und Elektronik-geräten durch sichere oder sicherere Stoffe. Die eingeschränkte Ver-wendung dieser gefährlichen Stoffe wird voraussichtlich die Möglich-keiten für das Recycling von Elektro- und Elektronik-Altgeräten ver-bessern, seine wirtschaftliche Rentabilität erhöhen und die schädli-chen Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigen von Recyc-lingbetrieben verringern….

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Um das angestrebte Niveau des Schutzes der Gesundheit von Menschund Tier und der Umwelt sicherzustellen, wobei besonderes Augen-merk auf die Risiken gelegt wurden, die das Unterlassen von Maß-nahmen für die Gemeinschaft bedeuten könnte….

Ausnahmen von der Substitutionsforderung sollten zugelassen wer-den, wenn aus wissenschaftlicher und technischer Sicht ein Ersatznicht möglich ist oder wenn die durch die Substitution verursachtennegativen Umwelt- oder Gesundheitseinwirkungen die aus der Substi-tution resultierenden Vorteile für Mensch und Umwelt überwiegenkönnten. Die Substitution von gefährlichen Stoffen in Elektro- undElektronikgeräten sollte ferner so erfolgen, dass sie mit der Gesund-heit und Sicherheit der Nutzer von Elektro- und Elektronikgerätenvereinbar ist. „

So wurde über RoHS das Inverkehrbringen entsprechender Geräte mit polybromierten Bi-phenylen (PBB) oder polybromierten Diphenylethern (PBDE) ab dem 01.07.2006 untersagt.Dies betraf unter anderem die Flammschutzmittel Pentabromdiphenylether undOctabromdiphenylether. Das Flammschutzmittel Decabromdiphenylether (DecaBDE) wurdenachträglich von der Europäischen Kommission aus dem Verbot ausgenommen. Der Europäi-sche Gerichtshof urteilte 2008, dass diese Aufhebung nichtig sei, da keiner in der Richtliniegenannten Gründe zur Rechtfertigung einer Ausnahmeregelung für die Substanz zutraf (Ver-bundene Rechtsachen C-14/06 und C-295/06; Urteil vom 01.04.2008). Die Wirkung des Ur-teils wurde bis zum 30.06.2008 aufgeschoben. Seitdem darf DecaBDE nur noch mit entspre-chender Ausnahmegenehmigung in Elektro- und Elektronikgeräten verwendet werden z. B.weil eine Substitution durch weniger gefährliche Alternativen nicht möglich ist.

Während der Vorbereitungen für eine mögliche Neufassung der RoHS wurde geprüft, auf-grund aktueller Daten das Verbot für DecaBDE aufgehoben werden sollte. Das Verbot solleinem Vorschlag gemäß jedoch aufrecht erhalten werden, da mehr Daten für die Risikoprü-fung benötigt werden, insbesondere wird eine Studie zur Entwicklungstoxizität, Human-Biomonitoring und Umweltmonitoring verlangt. Weitere Bedenken bestehen wegen einermöglichen Debromierung zu gefährlicheren Stoffen. [RoHS neu]

Weitere Beschränkungen für Substanzen werden z. B. in der Stockholmer Konvention verein-bart. Die Stockholmer Konvention ist eine völkerrechtlich bindende Übereinkunft verschiede-ner Länder bezüglich des Verbots oder der Beschränkung bestimmter langlebiger organischerSchadstoffe (POP). Regelmäßig werden weitere Stoffe auf ihr diesbezügliches Risiko und aufeine mögliche Aufnahme in die Schadstoffe Liste hin untersucht. So wurde beispielsweise imMai 2009 das Flammschutzmittel Pentabromdiphenylether in die Liste der POP aufgenom-men. POP erfüllen zum einen das Kriterium für PBT-Stoffe (persistent, bioakkumulierend undtoxisch) und weisen außerdem ein gewisses Potential dafür auf, über lange Strecken hinwegin der Umwelt verteilt zu werden.

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2.2 Abfallentsorgung

Mit der Richtlinie 2002/96/EG vom 27.01.2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE)wird innerhalb der EU geregelt, wie mit diesen Altgeräten umgangen werden muss, wennbestimmte Stoffe enthalten sind. So müssen Kunststoffe mit bromierten Flammschutzmittelngetrennt gesammelt werden. Zudem wird zum Schutz der Umwelt die Wiederverwendungoder stoffliche Verwertung der Komponenten zum Ziel erklärt und mit entsprechenden Quo-tenregelungen untermauert. In Deutschland wurde die Richtlinie 2005 mit Einführung desGesetzes „über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsor-gung von Elektro- und Elektronikgeräten“ (ElektroG) umgesetzt.

Unabhängig hiervon wurde mit der Richtlinie 1999/31/EG vom 26.04.1999 des Rates überAbfalldeponien (zuletzt geändert im Oktober 2008) die Deponierung von bestimmten Müllar-ten verboten. Unter dieses Deponieverbot fallen auch Kunststoffe, die folglich in stärkeremMaße rezykliert oder verwertet werden müssen.

2.3 Brandschutzanforderungen

Je nach Region und Einsatzgebiet müssen Materialien unterschiedliche Brandschutzanforde-rungen z.B. bezüglich der Entflammbarkeit und der Brandausbreitungsgeschwindigkeit erfül-len. Damit Kunststoffe diesen Anforderungen gerecht werden können, müssen sie in der Re-gel mit Flammschutzmitteln ausgerüstet werden.

Für Elektro- und Elektronikgeräte ist die UL94 eine wichtige Prüfnorm: The Standard forFlammability of Plastic Materials for Parts in Devices and Appliances. Diese Norm prüft dieSelbstverlöschung an Proben nach zweimaliger Beflammung mit einem Bunsenbrenner. Fürdie Klassifizierung V-0 (selbstverlöschend) müssen die Proben innerhalb von 10 Sekundennach jeder Beflammung verlöschen und maximal 30 Sekunden glimmen. Ähnliche Testbedin-gungen finden sich in der IEC/DIN EN 60695. Weitere Normen sind beispielsweise der GlowWire Test oder der Needle Flame Test. Die IEC bemüht sich, die Normen für diese Geräte zuharmonisieren und hierbei auch die bisherigen Anforderungen für Außengehäuse etwas an-zuheben. Diese werden voraussichtlich den Anforderungen der UL94 (V-1) entsprechen.[KEMI 06]

Baustoffe werden in der EU in die Euroclassen eingestuft und unter anderem hinsichtlich derWärmefreisetzungsrate oder brennendem Abtropfen untersucht. Die einzige Komponente,die sich mit brandbedingten Emissionen beschäftigt, ist die Rauchmessung im Rahmen desSBI-Tests (single burning item test). Hierbei werden die Rauchgase aufgefangen und dieRauchbildungsrate (Ableitung des SMOGRA-Wertes) sowie das Gesamtrauchvolumen wäh-rend der ersten 600 s des Versuches berechnet, basierend auf Extinktionsmessungen. EineMessung der Brandgase erfolgt nicht.

Während die Messung der Rauchentstehung in verschiedenen Ländern und Normen vorge-sehen ist, wird die Toxizität der Brandgase eher selten untersucht. Deutschland hatte imRahmen der DIN 4102-1 Anhang A-C die Messung von Rauchdichte und Toxizität der Brand-

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gase definiert, die teilweise für Materialien der Klasse A2 durchgeführt werden mussten. Zumeinen ist die Toxizitätsmessung nicht in allen Fällen erforderlich und zum anderen ist die Ein-stufung der Baustoffe inzwischen harmonisiert und erfolgt über die Normen zur Einstufung indie Euroklassen (obwohl die Einstufungen nach DIN 4102 auf unbestimmte Zeit weiterhinanerkannt werden). In Polen wird das Material in einer „quartz tube“ erhitzt und die Konzent-ration ausgewählter Gase wie Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Stickstoffdioxid, Blausäure, Flu-orwasserstoff, Chlorwasserstoff und Schwefeldioxid gemessen. Die Werte werden mit kriti-schen Konzentrationen (letale Konzentration für 30 minütige Exposition) verglichen und dieMaterialien entsprechend dem arithmetischen Mittel in „Giftklassen“ eingeteilt. Frankreichverlangt zumindest, dass Kunststoffmaterialien in öffentlichen Gebäuden Substanzen, die imBrandfall Blausäure oder Chlorwasserstoff freisetzen können, nur bis maximal 5 g/m³ bzw.25 g/m³ enthalten. [Troitzsch]

Im Rahmen der Brandschutznormen der EU wird eine Emissionsbegrenzung für toxischeBrandgase von den zuständigen Komiteen nicht für notwendig erachtet (demzufolge auch diedetailliertere Messung derselben). In den Überarbeitungen der Brandschutznormen für Bau-stoffe der International Organization for Standardization (ISO) finden sich ebenfalls keineBerücksichtigung der Toxizität. [Troitzsch]

Die Brandschutzanforderungen in Beförderungs- und Transportmitteln weichen teilweise vonden Anforderungen an Baumaterialien ab: Teilweise aufgrund von Unglücksfällen und teil-weise aufgrund der abweichenden Fluchtmöglichkeit der Passagieren und ähnlicher Risiko-faktoren. Daher müssen Materialien in französischen Zügen bezüglich der Toxizität derBrandgase untersucht werden. Für Schiffe sind diese Tests gemäß FTP Code Teil 2 vorgese-hen. Hierbei werden die Gaskonzentrationen in der Rauchkammer gemessen, wenn die opti-sche Dichte ihr Maximum erreicht. Für Flugzeuge werden Untersuchungen zur Toxizität imBrandfall nur von den Flugzeugherstellern gefordert. [Troitzsch]

Ergebnisse dieser Brandversuche konnten nicht gefunden werden.

2.4 Sonstige Rahmenbedingungen

Der Einsatz von Flammschutzmitteln wird durchaus auch von Marketinggesichtspunkten undanderen unternehmerischen Aspekten bestimmt. So wird der Verzicht auf verschiedeneSchadstoffe in Kunststoffprodukten unter Schlagwörtern wie „Green IT“ zur Imagepflege undKundengewinnung genutzt. Greenpeace veröffentlicht regelmäßig eine Bewertung von Elekt-ro- und Elektronikherstellern, die unter anderem den Einsatz bromierter Flammschutzmittelprüfen. [Green] Unternehmen mit schlechten Bewertungen, Einsatz bestimmter Schadstoffeoder zu langsamer Umsetzung von Substitutionsprogrammen werden medienwirksam ange-prangert.

In Workshops des Umweltbundesamtes zur Substitution umweltrelevanter Flammschutzmittel[UBA 01] abgesehen von teils technischen Hindernissen folgende Aspekte angeführt, warumüberhaupt Flammschutzmittel oder die Menge an Flammschutzmitteln in bestimmten Situati-onen eingesetzt werden:

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Berichte über Fernsehbrände durch äußere Zündquellen und entsprechende Diskussi-on der Medien und Verbraucherschützer führten dazu, dass die Hersteller aus Image-/Marketinggründen auch Flammschutzmittel in den Außengehäusen von Fernsehereinsetzen auch wenn es wie in Europa keine gesetzliche Forderung hierzu gibt.

Zur Minimierung u. a. der Lagerhaltungskosten wird häufiger dazu übergegangen,Produkte nicht mehr regionalspezifisch herzustellen, so dass nach den höherenBrandschutzanforderungen wie denen des US-Marktes produziert wird.

Gerade mit Blick auf den US-Markt werden auch mögliche Schadensersatzforderun-gen als Argument gegen eine Verringerung oder den teilweisen Verzicht von Flamm-schutzmitteln angeführt.

Leiterplatten mit neuen Flammschutzmittel(kombinationen) werden markseitig nurzögerlich akzeptiert.

Kostengründe insbesondere in hart umkämpften Märkten wie bei Montageschäumen.

Technische Entwicklungen wie die Miniaturisierung von Geräten können aufgrund geringererAbstände und möglicher Probleme bei der Wärmeabfuhr ebenfalls den Einsatz von Flamm-schutzmitteln beeinflussen. [UBA 01]

Einen ganz anderen Aspekt stellt die Energieeffizienz beispielsweise von Gebäuden dar, diezur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen gesetzlichen Mindestforderungen genügen muss.In Deutschland wird die entsprechende EU-Richtlinie durch die Verordnung über energiespa-renden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (EnEV) vom24.07.2007 umgesetzt. Die darin enthaltenen Vorgaben wurden mit der Änderung vom29.04.09 nochmals deutlich verschärft. Aufgrund der notwendigen Effizienz der Wärmedäm-mung muss für die meisten Gebäude (Neubau, sowie bei Altbauten nach verschiedenen Kri-terien) mehr bzw. wirkungsvolleres Dämmmaterial eingesetzt werden. Hierdurch kann dieMenge der verwendeten Flammschutzmittel pro Jahr alleine schon durch eine gestiegeneMenge brennbarer (und aufgrund der notwendigen Brandschutzklassifizierung zu schützen-der) Dämmmaterialien erhöht werden – unter der Annahme, dass nicht vollständig auf mine-ralische Dämmmaterialien ausgewichen wird.

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3 Derzeitige Verwendung von Flammschutzmitteln

Flammschutzmitteln werden unter anderem in Kunststoffen von Elektro- und Elektronikgerä-ten, in Dämmstoffen oder in Kabelisolierungen eingesetzt. [sft] schätzt, dass etwa 90% derweltweit produzierten Flammschutzmittel in Kunststoffen oder Elektronik verwendet wird. DieRestlichen 10% dienen beispielsweise der Beschichtung von Textilien.

In einer Übersicht des weltweiten Verbrauches zeigt sich, dass je nach Region Phosphorver-bindungen, bromierte Flammschutzmittel und Aluminiumhydroxid mengenmäßig am meistenverbraucht werden (siehe Tabelle 1). Der hohe Verbrauch an Aluminiumhydroxid ist u.a.durch die vergleichsweise hohe Zuladung von bis zu 60% bedingt. [sft]

Tabelle 1: Übersicht über weltweiten Flammschutzmittelverbrauch 2005 [sft]

USA Europa Japan Rest Asien Gesamtvolumen(1000 Tonnen)

Aluminiumhydroxid 315 235 47 48 645Organische Phosphor-verbindungen

65 95 30 14 205

Bromierte FSM 66 56 50 139 311Antimontrioxid 33 22 17 44 115Chlorierte FSM 33 35 5 10 82andere 51 47 11 14 123

In Statistiken der [EFRA] wird für die Darstellung des Verbrauches noch mehr zwischen deneinzelnen Flammschutzmitteln unterschieden (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 2: Flammschutzmittelverbrauch in Europa 2004 [EFRA]

Hexabromcyclododecan (HBCD) und Tetrabrombisphenol A (TBBA) sind zwei der gebräuch-lichsten halogenierten Flammschutzmittel und werden hauptsächlich in Kunststoffen fürElektronikgeräte sowie Dämmmaterial eingesetzt. [KEMI 06]

Nach [Danish EPA] wird HBCD hauptsächlich als Flammschutzmitteln in Gehäuseteilen ausHIPS, aber auch in Polystyrolschäumen sowie extrudiertem Polystyrol eingesetzt. Der Ver-brauch liegt in der EU bei etwa 1.100 t/Jahr. Inzwischen gibt es auch Formulierungen, dieohne Antimontrioxid als Synergist verwendet werden können. [Danish EPA] Das Flamm-schutzmittel wird additiv eingesetzt [KEMI 06].

TBBA wird additiv z. B. in Gehäuseteile aus ABS eingesetzt. Es wird geschätzt, dass etwa20% der Substanz (entspricht etwa 8.000 t/Jahr) additiv eingesetzt werden [Danish EPA].

Decabromdiphenylether (DecaBDE) ist ein weiteres bromiertes Flammschutzmittel, welchesnach [UBA 07] zumindest vor Februar 2007 mit einem Volumen von 56.000 t/Jahr die welt-weit zweithöchste Produktionsmenge eines bromierten Flammschutzmittels aufwies. Zu die-ser wurde es zu 80% in Elektro- und Elektronikgeräten eingesetzt. Inzwischen ist die Sub-stanz für dieses Einsatzgebiet innerhalb der EU nicht mehr zugelassen (Verbot des Einsatzesauch in importierter Ware seit 2008, Ausnahmegenehmigung möglich).

Vor 2007 verzichtete schon eine Reihe von Unternehmen wie Hewlett Packard, Dell oder IBMauf den Einsatz von DecaBDE zugunsten weniger schädlichen Flammschutzmittel oder alter-nativer Gerätekonstruktionen. [UBA 07] Weniger schädlicher Flammschutzmittel sind nach

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allgemeinem Verständnis aller involvierten Parteien bevorzugt halogenfrei, dies wären bei-spielsweise Metallhydroxide oder phosphorbasierte Flammschutzmittel.

Tris(chlorpropyl)phospat ist ein Vertreter der halogenierten phosphorbasierten Flamm-schutzmittel und wird in Polyurethan-Schäumen eingesetzt. In diesen Schäumen ist derFlammschutzmittelbedarf in den letzten Jahren aufgrund geänderter Anforderungen der Bau-stoffklassifizierung sowie der Umstellung von HFKW auf brennbare Treibgase gestiegen. Ha-logenfreie Alternativen sind teilweise zu teuer, so dass die Schäume nach Angaben der Her-steller nicht konkurrenzfähig werden oder sind aufgrund der Auswirkungen auf wichtige Pa-rameter ungeeignet. [UBA 01]

Aluminiumhydroxid wird seit den 60ern sowohl als Flammschutzmittel als auch als sogenann-ter „smoke suppressant“ (Unterdrückung/Verminderung der Rauchfreisetzung) eingesetztund ist in verschiedenen Partikelgrößen erhältlich. Magnesiumhydroxid wirkt ähnlich wieAluminiumhydroxid durch Bildung einer Barriereschicht, zersetzt sich jedoch erst bei höherenTemperaturen. [sft]

Roter Phosphor ist zumindest für sauerstoffhaltige Polymere das effizienteste Flammschutz-mittel (z. B. für PA, PET, PC). Anfänglich gab es einige Probleme aufgrund von möglicherPhosphinbildung während Langzeitlagerung und Verbrennung. [sft] Die Substanz muss we-gen der Verarbeitbarkeit und Einsetzbarkeit entsprechend behandelt werden.

Ammoniumpolyphosphat ist beispielsweise ein wirkungsvolles Flammschutzmittel in PA oderähnlichen Polymeren [sft] und wird auch des Öfteren mit anderen Flammschutzmitteln zu-sammen eingesetzt.

3.1 Zukünftige Entwicklung

Ausgehend von den gefundenen Substitions-Bestrebungen einiger Länder und Organisatio-nen und marktgetriebenen Substitutions-Programmen von Unternehmen, erwartet die Ver-fasserin eine sinkende Verwendung halogenierter Flammschutzmittel. Der Wechsel dürfte fürElektro- und Elektronikgeräte deutlich rascher stattfinden als beispielsweise für Dämmmate-rialien. Aufgrund der notwendigen hohen Zuladung von Metallhydroxiden, um bestimmtenBrandschutzanforderungen zu genügen, und der damit einhergehenden Beeinflussung derMaterialeigenschaften wird eher ein Ausweichen auf phosphor- oder stickstoffbasierteFlammschutzmittel für wahrscheinlich gehalten. Zudem wird voraussichtlich die Kombinationverschiedener Flammschutzmittel miteinander zunehmen, um deren Wirkung zu steigern(synergistische Mischungen).

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4 Allgemeine Aussagen zur Toxikologie und Ökotoxikologie

In den folgendem Kapitel werden allgemeine Aspekte der Toxikologie und Ökotoxikologie wieden Emissionen aufgrund der Deponierung oder Verbrennung flammgeschützter Kunststoffebetrachtet.

4.1 Ökobilanz

Das Swedish National Testing and Research Institut hat verschiedene Ökobilanzen aufge-stellt, die explizit auch die Auswirkungen von Bränden (im Sinne von unerwünschten Schad-feuern) auf die Ökobilanz untersucht je nach Anwesenheit oder Abwesenheit von Flamm-schutzmitteln [Andersson]. Die Studien untersuchten Fernseher, Polstermöbel und elektri-sche Kabel. Die Ergebnisse werden in [Andersson] zusammengefasst.

Für Fernseher wurden Brandstatistiken aus Schweden, den Niederlanden, Großbritannienund Deutschland untersucht und die Wahrscheinlichkeit eines Brandes auf 319 Brände/MillionFernseher und Jahr abgeschätzt. Etwa zwei Drittel der Brände würden hierbei auf den Fern-seher beschränkt bleiben, 1 Drittel würde zu einem Zimmerbrand führen und etwa 4 Brändepro Jahr das gesamte Gebäude erfassen. Im Vergleich dazu wurden Statistiken aus den USAherangezogen, da Fernseher in den USA aus selbstverlöschenden Materialien bestehen müs-sen, während innerhalb der EU deutlich geringere Materialanforderungen gestellt werden.Aus den Auswertungen ergab sich für die USA eine Brandwahrscheinlichkeit von 171 Brän-den/Million Fernseher pro Jahr, die fast ausschließlich auf den Fernseher begrenzt blieben.Es wurden nur Brände mit einer Brandentstehung im Fernseher betrachtet.

Es wurden Brandversuche an je einem Fernseher für die jeweiligen Materialanforderungen(Keine Angabe zu Kunststoff und Flammschutzmittel) und Modell-Raumbränden durchgeführtund die Konzentration verschiedener Schadstoffe gemessen. Unter Berücksichtigung der Ver-suchsergebnisse, der Statistiken und Daten bezüglich Emissionen bei der Herstellung und derEntsorgung/Verwertung kam [Andersson] unter Annahme einer Lebensdauer von 10 Jahrenzu folgenden Ergebnissen:

Flammgeschützte Fernseher emittierten insgesamt etwas weniger Kohlenmonoxid,Kohlenwasserstoffen, Salzsäure, Blausäure.

Die Emission von Kohlendioxid und Partikeln war etwa gleich hoch. Bromwasserstoff [Anmerkung: wahrscheinlich handelte es sich um ein bromiertes

Flammschutzmittel] und Schwefelwasserstoff wurden in höheren Konzentrationenemittiert.

Der flammgeschützte Fernseher wies jedoch deutlich geringer Emissionen von Dioxi-nen und Furanen sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auf(siehe Abbildung 3)

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Abbildung 3: Ergebnisse der Ökobilanz für Fernseher für PAK und TCDD/TBDD-Äquivalente pro Mil-lionen Fernseher bei einer Lebensdauer von 10 Jahren [Andersson]

Das Krebsrisiko der PAK-Emissionen wurden als Benzo(a)pyren-Äquivalent mit den Dio-xin/Furan-Emission (TCDD-Äquivalent) mittels einer Modifikation des Unit Risk Factor Krebs-modells verglichen. Im Ergebnis waren die PAK-Emissionen für das Krebsrisiko wesentlichausschlaggebender (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Krebsrisiko aufgrund der PAK bzw. Dioxin/Furan-Emissionendurch Fernseher [Andersson]

Für die Ökobilanz elektrischer Kabel wurden typische Kabel aus Wohngebäuden untersucht:Zum einen ein 1,5 mm² Kupferkabel mit PVC-Ummantelung und zum anderen ein 1,5 mm²Kupferkabel mit einer PE-Ummantelung mit halogenfreiem Flammschutzmittel. Beide Kabelwiesen ähnliche einen vergleichbaren Widerstand gegen Entzündung auf. Aufgrund von sta-tistischen Daten aus Großbritannien, Schweden und Dänemark wurde die Kabellast in Einfa-milienhäusern auf 250 m Kabel/Haus (50 m Kabel/Raum) und die Wahrscheinlichkeit einesBrandes auf 140 Brände/Million km Kabel und Jahr geschätzt. Berücksichtigt wurden Brand-versuche mit 40 m Kabel in Brandkammern und zwei verschiedenen Ventilationsbedingungen

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und verschiedene Entsorgungsszenarien von vollständiger Deponierung, vollständiger ther-mischer Verwertung bis hin zu 100 prozentigem Recycling.

Im Ergebnis unterschieden sich die Schadstoffemissionen nicht wesentlich. Brände trugennur unwesentlich zur lebenslangen Emissionen einiger Schadstoffe wie z. B. Stickoxiden bei(ca. 5%). Sie waren jedoch – unabhängig von der Kabelummantelung - wesentliche Emissi-onsquelle für PAK, Dioxine/Furane und Schwefeldioxid.

Für die Ökobilanz an Polstermöbeln wurden von IKEA Standardsofas sowohl flammgeschütztals auch ungeschützt für Full-scale Brandversuche und Modellraumbrände zur Verfügunggestellt. Der Schaumstoff war mit einer Mischung aus Tris(2-chlorisopropyl)phosphat undMelamin ausgerüstet (typische Flammschutzausrüstung für Schaumstoffe in Polstermöbelnfür Großbritannien). Die Textilien wurden sowohl mit einem phosphorbasierten und als auchmit einem bromierten Flammschutzmittel ausgerüstet.

Brandstatistiken lagen aus Großbritannien in sehr umfassender Form vor, so dass auch dieAuswirkung der 1988 gesetzlich eingeführten Pflicht zur Ausrüstung von Polstermöbeln mitFlammschutzmitteln dargestellt werden konnte. Des Weiteren wurde angenommen, dass30% der Polstermöbel verbrannt werden (Verbrennungsanlagen entsprechend den EU-Richtlinien) und 70% deponiert werden.

Die Kohlenmonoxid-Emissionen waren für flammgeschützte Sofas etwas geringer (ge-ringere Brandanzahl)

Kohlendioxid und Stickoxid-Emissionen sind hauptsächlich auf die Herstellung zurück-zuführen. Durch die Herstellung der Flammschutzmittel schnitten die flammgeschütz-ten Sofas etwas schlechter ab.

Aufgrund der Anzahl und Schwere der Brände sind die Emissionen von Blausäure undPAK von ungeschützten Sofas deutlich höher (> Faktor 10 für PAK). Die jährlichenPAK-Emissionen liegen jedoch immer noch unter 1% der jährlichen PAK-Emissionendurch Brände insgesamt.

Die Emissionen von Kohlenwasserstoffe und flüchtigen organischen Verbindungen(VOC) unterscheiden sich kaum.

Die Bilanz für Chlorwasserstoff, TCDD-Äquivalente sowie TBDD-Äquivalente warendurch die Emissionen durch Brände und Verbrennungen für die flammgeschütztenSofas schlechter (siehe Abbildung 5). Die Dioxin/Furan-Emission durch die Verbren-nung wird sehr konservativ abgeschätzt, obwohl den Autoren Versuchen wie in derPilotanlage im Forschungszentrum Karlsruhe mit geringeren Auswirkungen derFlammschutzmittel auf die Dioxin- und Furan-Bildung bekannt waren. Die TCDD-Emissionen für das worst-case-Szenario entsprechen etwa 0,003% der jährlichenTCDD-Emissionen in Großbritannien aus allen Emissionsquellen (keine Vergleichszah-len für TBDD).

Den PAK-Emissionen werden eine größere Bedeutung hinsichtlich des Krebsrisikos imVergleich zu den Dioxin/Furan-Emissionen beigemessen. Das Krebsrisiko ist nach[Andersson] für das halogenfreie Flammschutzmittel am niedrigsten und für die un-

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geschützten Sofas insbesondere aufgrund der Anzahl und Schwere der Brände amhöchsten (siehe Abbildung 6).

Abbildung 5: TBDD/TCDD-Emissionen durch Polstermöbel [Andersson]

Abbildung 6: Krebsrisiko durch PAK bzw. Dioxin/Furan-Emissionen von Polstermöbel [Andersson]

4.2 Emissionen während der Gebrauchsphase

Eine Studie des Umweltbundesamtes [UBA 55/03] zur Emission von Flammschutzmitteln ausBauprodukten und Konsumgütern konnte in Emissionskammern qualitativ und quantitativ gutSubstanzen wie Tris(1-Chlor-2-propyl)phosphat, Triphenylphosphat (TPP)und Diphenylkre-sylphosphat nachweisen. Die Emissionsmessungen von Stoffen wie Resorcinol-bis(diphenylphosphat) und Bisphenol-A-bis(diphenylphosphat) wurden stark durchSenkeneffekte dominiert. Hexabromcyclododecan konnte an den Wandflächen, jedoch nurspurenhaft in der Emissionsprüfkammerluft nachgewiesen werden. Zum Beispiel wurden anPC-Arbeitsplätzen TPP-Emissionsraten zwischen 30 und 50 ng/Gerät und Stunde ermittelt

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und daraus Raumluftkonzentrationen von ceq=85 ng/m³ bzw. ceq<50 ng/m³ im Gleichge-wichtszustand abgeleitet. Allerdings wird erklärt, dass die Ergebnisse der Studie in keinerWeise das Emissionsverhalten der betrachteten Flammschutzmittel beschreiben könne unddie Daten nicht für eine Expositionsbewertung ausreichen würden. So bestehen beispielswei-se Kenntnislücken, um die teilweise hohen Flammschutzmittelgehalte in Hausstäuben erklä-ren zu können.

4.3 Entsorgung und Verwertung

Die Kunststoffabfallmenge der Europäischen Union betrug 2008 etwa 25 Millionen Tonnen imJahr (siehe Abbildung 7, Quelle [Plastics]), die in irgendeiner Form entweder deponiert, wie-derverwendet oder verwertet werden müssen. Dies bedeutet eine leichte Steigerung gegen-über den Zahlen von 2005 mit rund 22 Millionen Tonnen in 25 EU-Ländern sowie derSchweiz und Norwegen [wiki a]. Hierbei würden auf Verpackungen ein Anteil von ca. 62%,auf Baumaterialien ca. 7% und 4% auf Elektro- und Elektronikgeräte entfallen [wiki a]. 1999wurden alleine in Westeuropa etwa 700.000 Tonnen Kunststoffe aus Elektro- und Elektronik-geräten (ca. 96% des Gesamtvolumens) deponiert [Vehlow]. [Vehlow] gibt an, dass schät-zungsweise 30% dieser Kunststoffe Flammschutzmittel enthalten. Knapp 60% der Flamm-schutzmittel waren halogeniert.

Abbildung 7: Kunststoffabfallverwertung in Europa [Plastics]

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Deponierung

Aufbauend auf die EU Richtlinie 1999/31/EG vom 26.04.1999 über Abfalldeponien (zuletztgeändert am 22.10.2008) wurden in den meisten EU-Staaten inzwischen Regelungen erlas-sen, die die Deponierung bestimmter Abfälle verbietet. Beispielsweise dürfen seit Inkrafttre-ten der Abfalllagerungsverordnung 1. Juni 2005 Kunststoffe in Deutschland nicht mehr de-poniert werden, [wiki a]. Aufgrund der Deponieverbote wurde dazu übergegangen, dieKunststoffe zu verbrennen, sofern diese nicht zum Recycling geeignet sind. Diese sogenann-te energetische Verwertung ist jedoch nicht in allen Ländern als Verwertungsmethode zuge-lassen, so wird dies beispielweise in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich gere-gelt [wiki a].

Einer Übersicht der [CEWEP] zufolge gibt es Deponieverbote in den meisten EU-Ländern so-wie der Schweiz und Norwegen, die jedoch unterschiedlich definiert sind z. B. über den TOC-Wert. Portugal, Spanien und Großbritannien haben bisher trotz entsprechender EU-Richtliniekein Deponieverbot.

Im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur möglichen Neufassung der Elektro-und Elektronik-Altgeräten [EU] wird geschätzt, dass diese Geräte entsprechend der EU-Richtlinie größtenteils getrennt von Haushaltsabfällen gesammelt und nur noch zu etwa 13%verbrannt oder deponiert werden. Es wird vermutet, dass zwar inzwischen knapp 85% derGeräte getrennt gesammelt werden, offiziell gemeldet ist jedoch nur eine Quote von etwa33%. Daher wird befürchtet, dass die „fehlenden“ Geräte zu großen Teilen unsachgemäßbehandelt bzw. sogar in Entwicklungsländer transportiert werden (Deponierung oder Recyc-ling). Es wird angenommen, dass die Anzahl der unsachgemäß entsorgten Altgeräte sogarnoch zunehmen wird: Für 2005 wird deren Anzahl auf ca. 3,4 Millionen Tonne geschätzt undfür 2020 ein Anstieg auf 4,3 Millionen Tonnen Altgeräte angenommen (siehe Abbildung 8).Diese Entsorgungspraxis führe sowohl zu gesundheitlichen Gefährdungen als auch zu Um-weltschäden.

Abbildung 8: Geschätzte Entsorgung von Elektronik- und Elektro-Altgeräten der EU für 2020 [EU]

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Deponien können aufgrund von Fremdentzündung (z. B. Brandstiftung, Rauchen, glimmendeAsche, Funkenschlag) in Brand geraten. Es sind jedoch auch Fälle von Selbstentzündungbekannt [Sachsen]. Der Brand muss hierbei nicht offen sichtbar sein, sondern kann sich inden Deponiekörper fressen und dort sogar jahrelang als Schwelbrand weiterbrennen, wo-durch über einen langen Zeitraum Brandgase bzw. Pyrolysegase emittiert werden. Zudembesteht die Gefahr, dass die Dichtungssysteme der Deponie thermisch geschädigt werdenund hierdurch Stoffe in den Boden sowie das Grundwasser eingetragen werden können.[Lünig] weist aus seiner Erfahrung als Deponieleiter ebenfalls darauf hin, dass trotz vorbeu-gender Brandschutzmaßnahmen immer wieder Brände entstehen, obwohl die Anzahl derSelbstentzündungen insbesondere aufgrund der zunehmenden Mühltrennung und der geän-derten Deponierung abnehmen.

Gesonderte Daten zur Schadstofffreisetzung (v.a. der Schadstoffkonzentrationen) bei Depo-niebränden und speziell zum Beitrag der Flammschutzmittel konnten nicht gefunden werden.

Abfallverbrennung – thermische Verwertung

Die Richtlinie 94/67/EG des Rates vom 16. Dezember 1994 über die Verbrennung gefährli-cher Abfälle beschränkt die Abgas-Emission von Dioxinen und Furanen auf 0,1 ngTE/m³ (TE– Toxizitätsäquivalent, Wichtung der Einzelkonzentrationen entsprechend der Toxizität derSubstanzen im Vergleich zu 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin). Dieser Grenzwert ist jedocherst seit der Einführung der Richtlinie 97/283/EG verbindlich, der eine harmonisierte Mess-methode einführte.

Die OECD [OECD a] verweist in ihrem Bericht zur Verbrennung von Kunststoffen mit bro-mierten Flammschutzmitteln darauf, dass keine signifikanten Emissionen bromierter Dioxineoder Furane entstehen würden – unter der Voraussetzung, dass diese in modernen Anlagenmit entsprechenden Verbrennungsbedingungen verbrannt werden. Zudem wird davon aus-gegangen, dass durch entsprechende Reinigungsanlagen wie der Aktivkohlefilterung der Ab-gase, die Dioxin- und Furan-Emission auf 0,1 ng/m³ (Abgase) begrenzt werden. DieserGrenzwert für Verbrennungsanlagen von Siedlungsabfällen werde von der Beratungskommis-sion Toxikologie oft he Deutsche Gesellschaft für Pharmakologie und Toxikologie als unge-fährlich erachtet.

Zudem haben Untersuchungen ergeben, dass die Zugabe von bis zu 15 % Kunststoffen zuSiedlungsabfällen keinen Einfluss auf die Dioxin- und Furan-Emission der Abgase [Anmer-kung des Autors: bei entsprechender Verbrennungsanlage und Abgasreinigung]. Der Grenz-wert von 0,1 ng/m³ könne jederzeit eingehalten werden. Des Weiteren wurde die höchstenBildungsraten für bromierte Dioxine und Furane bei niedrigen Temperaturen und pyrolyti-schen Bedingungen gemessen, moderner Anlagen werden jedoch so gesteuert, dass derarti-ge Bedingungen möglichst vermieden werden.

So wurde in einer Pilotanlage im Forschungszentrum Karlsruhe (TAMARA) Versuche mitKunststoffen von Elektro- und Elektronikgeräten und Isolierschaum durchgeführt, die bro-

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mierte Flammschutzmittel enthielten [Vehlow]. In den Versuchen wurde gezeigt, dass zumeinen die Grenzwerte eingehalten werden können, wenn größere Mengen dieser Materialienmit Siedlungsabfällen verbrannt werden. Es zeigte sich vielmehr, dass die Bildung von bro-mierten Dioxinen und Furanen nicht durch die Steigerung des Bromgehaltes im Brandgutgesteigert wurde. Zum anderen könnten in modernen Anlagen mit geeigneten Gaswäschernsogar Bromverbindungen wie Brom, Bromwasserstoff und Natriumbromid wiedergewonnenwerden.

In ihrem Bericht kommt die OECD [OECD a] trotz der ihrer Ansicht nach begrenzten Daten-menge zu dem Schluss, dass in nur geringem Masse bromierte bzw. chlorierte Dioxine oderFurane in der Flugasche von Siedlungsabfallverbrennungsanlagen und in noch geringeremUmfang in den Abgasen zu finden sind. Es wird u.a. geschätzt, dass die Flammschutzmittel inden Kunststoffen nur bis zu 10% der gebildeten polychlorierten Dioxine und Furane bei derVerbrennung von Siedlungsabfällen ausmachen.

4.4 Brandfall

Brände werden immer wieder aus unterschiedlichen Gründen wie beispielsweise technischenDefekte, Überhitzungen oder fahrlässiger / vorsätzlicher Brandstiftung entstehen. Der Einsatzvon Flammschutzmitteln kann dabei helfen, dass Materialien sofort nach der Entzündungverlöschen oder zumindest nur langsam weiterbrennen. Wenn die Zündenergie jedoch zuhoch ist, weil z. B. ein Raum in einer Ecke anfängt zu brennen und der Brand sich ausbreitet,werden in den meisten Fällen auch flammgeschützte Kunststoffe brennen.

Brandemissionen

Nach [Ortner] entstehen bei Kunststoffbränden unter Anwesenheit von bromierten Flamm-schutzmitteln Bromwasserstoff und bromierte Dioxine und Furane als relevante Schadstoffe.Die höchsten Umwandlungsraten in der Literatur wurden für polybromierte Diphenylethergefunden, die Daten beruhen zumeist jedoch auf Versuche unter pyrolytischen Bedingungen(Zersetzung bei niedrigen Temperaturen) und können daher nur begrenzt auf Realbrändeübertragen werden.

Zur Abschätzung der Entstehungsrate verweist [Ortner]daher auf Versuche, die Realbrand-bedingungen wiederspiegeln. Hierbei wurde Decabromdiphenylether als Flammschutzmittel(keine Angabe zur Konzentration) eingesetzt und über die Konzentration bromierter Dioxineund Furane in der Asche auf eine maximale Entstehungsrate von 17 ngTE / g Kunststoffge-schlossen. Flammschutzmittel ohne Diphenylether-Struktur hätten deutlich geringer Um-wandlungsraten und „die brandbedingte Freisetzung von polybromierten Dibenzodioxinenund –furanen“ ist „im Hinblick auf den Schutz der Nachbarschaft und der Allgemeinheit un-kritisch.“

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Im Rahmen der Brandschutzklassifizierung von Bauteilen oder Materialien wird selten dieFrage der Rauchgastoxizität beachtet, so dass aus den zahlreichen Brandversuchen für dieKlassifizierungen keine Daten zur Art und Konzentration von Brandgasen vorliegen und hie-rüber keine Abschätzung der ökotoxikologischen Folgen eines Brandes möglich ist. Innerhalbder EU werden beispielsweise Bauteile u. a. nach EN 13823 (Single burning item test – SBI)klassifiziert. Bei diesem Test werden die Brandgase zwar gesammelt, jedoch nur die Sauer-stoff- und Kohlendioxidkonzentration sowie die Rauchkonzentration (mittels Extinktion) ge-messen, um hiervon Zusatzparameter für die Klassifizierung abzuleiten. Eine Erfassung wei-terer Brandgase erfolgt nicht. Aus den Parametern der Gesamtrauchproduktion TSP600s unddem Rauchbildungsindex SMOGRA lässt sich keine toxikologisch relevante Aussage ableiten.Andere Tests wie UL94, Glow Wire Test oder Cone Calorimeter prüfen ebenfalls nicht dieToxizität des Brandrauches.

Die gezielte Untersuchung der brandbedingten Emissionen einzelner Materialien muss nach[Rennoch] die Abhängigkeit des Zersetzungs- und Verbrennungsablaufes sowohl von derTemperatur als auch von den Ventilationsbedingungen berücksichtigen. Andernfalls könnengrobe Fehlschlüsse bei der Beurteilung von Brandgasen und Brandrauch gezogen werden.Insbesondere plädiert er dafür, die Untersuchung von Rauchpartikeln (optische Dichte) undGasanalysen nicht getrennt durchzuführen. Zum einen erlaubt eine reine Messung der opti-schen Dichte keine Rückschlüsse auf die Wirkung von Reizgasen, insbesondere deren Be-hinderung der Selbstrettung. Zum anderen kann nur bei einer kombinierten Betrachtung dieAdsorption toxischer Substanzen an Rauchpartikeln und die hierdurch veränderte Expositionbeurteilt werden.

Hinsichtlich der Dosis-Wirkungsbeziehung weist [Rennoch] darauf hin, dass die Haber’scheFormel - nach der sich die Wirkung aus dem Produkt der Konzentration und der Expositions-zeit ergibt – nicht auf sehr hohe oder sehr niedrige Konzentrationen sowie bei gut wasserlös-lichen Reizstoffen angewendet werden dürfe.

Zur brandbedingten Emissionen von Kunststoffen mit nanoskaligen Flammschutzmitteln wur-den kaum Studien gefunden. Diese Einschätzung wird durch [Stec 07] geteilt. Stec und Hulluntersuchten beispielsweise Polyamid 6 mit und ohne Nanomaterialien (Nano-Ton), mit undohne Flammschutzmittel (organische Phosphorverbindung) sowie beidem. Die Proben wur-den in einem sogenannten „Purser Furnace“ unter verschiedenen Bedingungen verbrannt.Die Verbrennungsgase wurden mittels FTIR identifiziert und quantifiziert. Die Studie kommtzu dem Schluss, dass die Kohlenmonoxid-Emission eine geringere Bedeutung hat als Chlor-wasserstoff oder Blausäure, falls Chlor oder Stickstoff vorhanden ist. In einigen Fällen wärenselbst die Konzentrationen von organischen Reizgasen bedeutender. Ein Vergleich der Er-gebnisse findet sich in Abbildung 9. Die Ergebnisse der Studien werden durch die Autorenjedoch dahingehend relativiert, dass durch verschiedene Unsicherheiten des gewählten FED-Modells eine signifikante Fehleinschätzung der Gefährdung möglich ist. Leider wurde in derStudie nicht untersucht, ob der verwendete Nanoton im Brandfall in irgendeiner Form emit-tiert wird.

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Abbildung 9: Vergleich des Beitrags verschiedener Materialien zur FED [Stec]

In einer weiteren Studie mit Aluminiumhydroxid in Ethylenvinylacetat wird für unterventilierteBrände nur eine Erhöhung der Kohlenmonoxid-Konzentration als einziger Einfluss desFlammschutzmittels auf die „Brandtoxizität“ angegeben. [Stec 10]

Es wird in [Stec 10] ebenfalls auf Berichte verwiesen, wonach der Brandrauch flammge-schützter Materialien auf Mäuse 300mal reizender wirkte als der Rauch der ungeschütztenKunststoffe.

Wirkung verschiedener Brandgase

Brandbedingt entstehende Erstickungsgase wie Kohlendioxid aber auch Blausäure werdenwegen ihrer vordergründigen Bedeutung bei Todesfällen in der Literatur zahlreich behandelt.Auch die Entstehung von (halogenierten) Dioxinen und Furanen – neben anderen Schadstof-fen – wurde aufgrund der Umweltrelevanz immer wieder diskutiert. Die Thematik der Reiz-gase und ihres Einflusses kam jedoch erst in den letzten Jahren wieder auf. Während dieWirkung von Erstickungsgasen und ihre Konzentrationsabhängigkeit gut dokumentiert wur-de, ist die Thematik der Reizgase komplexer und noch nicht vollständig untersucht. Daherwird in diesem Abschnitt hauptsächlich die Wirkung von Reizgasen dargestellt werden.

Im Brandfall können Personen insbesondere durch Kohlenmonoxid- bzw. Blausäureintoxikati-on ersticken oder fluchtunfähig werden. Sie können jedoch auch ein Inhalationstrauma erlei-den. Darunter versteht man eine thermische oder chemisch-toxische Schädigung von Atem-wegen und Lungenparenchym [Brokmann] infolge von Rauchpartikeln, Reizgasen bzw. Hitze.

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Es wird geschätzt, dass etwa 20-30% der Brandverletzten ein Inhalationstrauma erleidenund ca. 80% der Brandtoten ein tödliches Inhalationstrauma erlitten.

Aufgrund der Verwendung von halogenierten Flammschutzmitteln kann im Brandfall die Bil-dung von Chlor und Brom bzw. (in Verbindung mit Wasser) der entsprechenden Säuren er-wartet werden. Ammoniumhaltige Flammschutzmittel werden voraussichtlich zu einer erhöh-ten Bildung von Ammoniak führen. Stickstoffhaltige Flammschutzmittel oder Synergistenkönnen die Konzentration von nitrosen Gasen (Stickoxiden), Ammoniak oder Blausäure erhö-hen. Eine höhere Gefahr geht jedoch wahrscheinlich von der Bildung von Blausäure aus.

Das Cyanid CN- der Blausäure blockiert reversibel das dreiwertige Eisen der Cytochromoxida-se, d.h. die Zellatmung wird blockiert. Die Wirkung bei inhalativer Aufnahme tritt innerhalbvon Sekunden ein [Karow]. Blausäure kann auch über die Haut aufgenommen werden. Un-tersuchungen an Brandtoten, in deren Kleidung nach Blausäure „gefangen“ war, führten bei-spielsweise zu deutlichen Intoxikationen der untersuchenden Personen [Wilk]. Blausäureführt je nach Konzentration und Expositionsdauer zu Hyperpnoe, Erregung und Angstgefühl.Später zur Zyanose und hypoxischen Krämpfen. Der Tod tritt durch zentrale Atemlähmungund Herz-Kreislaufstilltand ein. [Karow]

Die Entstehung von Reizgasen ist abhängig von den Brandbedingungen und dem Brandgut.Im Allgemeinen wird eine höhere Entstehungsrate bei Schwelbränden oder unterventiliertenBränden erwartet. [Jin 78] wies schon 1978 darauf hin, dass Reizgase im Brandrauch we-sentlich die Orientierungsfähigkeit und Fortbewegungsgeschwindigkeit beeinflussen können.Dieser Einfluss der Reizgase nimmt mit steigender Rauchdichte zu [Jin 85]

Je geringer die Wasserlöslichkeit ist, umso tiefer können die Gase in den Atemtrakt und dasGewebe vordringen. Die Schädigung ist wiederum von der Konzentration und der Expositi-onsdauer abhängig. Auch Gase, die überwiegend den oberen Respirationstrakt schädigen,können ein Lungenödem bewirken [Karow]

Reizgase werden nach ihrer Wirkung in folgende Gruppen unterschieden:

Tabelle 2: Typisierung von Reizgasen [Brokmann]

Soforttyp hydrophile Stoffe wie Ammoniak, Chlorwasserstoff,Fluor-, Schwefelwasserstoff

Spättyp (Latenztyp) lipophile Stoffe wie Aldehyde, nitrose Gase oder Stickoxide (NO,NO2, N2O3, N2O4), Ozon, Phosgen (COCl2)

Intermediärer Typ Verbindungen mit mittlerer Wasserlöslichkeit wie Chlor, Brom,Schwefeldioxid

Reizgase können nach [Brokmann] zu einer Schädigung des respiratorischen Epithels bis hinzur Pneumopathie führen Des Weiteren können die Lungenkapillaren geschädigt werden,wodurch es zu Permeabilitätserhöhungen, hämorrhagischen Exsudationen oder toxischen

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Lungenödemen kommen kann. Es kann zu bronchokonstriktorischen Reflexen, der Bildungvon Met-Hämoglobin und/oder Carboxyhämoglobin kommen. Je nach Eindringtiefe könnenexsudative Entzündungsreaktionen beobachtet werden: Im Bereich der oberen Atemwegedurch hydrophile Stoffe, im Bereich der Bronchien und Bronchiolen durch Stoffe des inter-mediären Typs und der Bronchioli terminales sowie der Alveolen durch lipophile Reizstoffe.Eine besondere Gefahr geht vom Spättyp aus, da die Gefahr eines Lungenödems aufgrundder relativ symptomfreien Latenzzeit leicht unterschätzt wird.

Nitrose Gase (Stickoxide) beispielsweise verursachen mit Ausnahme von N2O im Atemtraktdurch Bildung von salpetriger und Salpetersäure Verätzungen. Es kommt zu Reizwirkungenbei Augen, Nase und Rachen. Nach Resorption ist die Bildung von Methämoglobin und dasAuftreten von zentralnervösen Störungen (Schwindel, Kopfschmerzen) möglich. Es bestehtdie Gefahr eines Glottiskrampfes oder –ödems sowie – nach einer Latenzzeit von bis zu 2Tagen – die Gefahr eine Lungenödems [Ludewig].

Eine Übersicht der unterschiedlichen Angriffsorte und der damit einhergehenden Symptomefindet sich in Karow (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3: Angriffsorte von Reizgasen und Symptome [Karow]

VorwiegendeSchädigung

Angriffs-orte

Reizgase Symptomatik

Gefahrtox. Lun-

genödem /Wasserlös-

lichkeitOberer Respira-

tionstrakt(Reizgase vom

Soforttyp)

Auge,Larynx,Trachea

Ammoniak, Formal-dehyd, Chlorwas-serstoff, Fluorgas,

CN, CS

Augen-, Rachenreizung,Husten, Laryngospasmus,

toxisches Lungenödem

Mittlerer Respi-rationstrakt

(Reizgase vommittleren Typ)

Bronchien,Bronchiolen

Chlor, Brom,Schwefeldioxid

Bronchokonstriktion,-spasmus, toxisches Lun-

genödem

Unterer Respira-tionstrakt

(Reizgase vomLatenz- oder

Spättyp)

Bronchio-len,

Alveolen,Kapillaren

Nitrose Gase,Phosgen, Ozon

Geringe Initialsymptomatik,mit Latenz toxisches Lun-

genödem

Ein toxisches Lungenödem kann sich entwickeln, wenn die Reizgase in die Lunge eindringenund dort das Alveolarepithel schädigen. Die hierdurch erhöhte Permeabilität der Kapillarenführt zu einem Plasmaübertritt in den Zellzwischenraum (interstitielles Ödem). Damit einher-gehend, wird die Diffusionsstrecke für den Gasaustausch verlängert, so dass es zu einer par-tiellen Insuffizienz kommt (pO2 sinkt). In der Latenzphase (bis zu 36-48 Stunden) erfolgteine Kompensation durch einen erhöhten Abtransport der Flüssigkeit über die Lymphgefäße.

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Wenn das Lymphsystem überlastet ist, tritt die Flüssigkeit in die Alveolen aus und bildet dortÖdemschaum, der sich über die gesamte Lunge verteilt. Aufgrund dessen wird der Gasaus-tausch stark behindert und es kommt im Verlauf zum Tod durch Hypoxie. Bei nicht letalemVerlauf kann es zu Zellproliferationen und Lungenfibrose kommen. [Karow]

Die Wirkung sowohl der der toxischen Brandgase wie den Erstickungsgasen und der Reizga-se wird in der Regel über ein FED/FEC-Modell abgeschätzt (z. B. nach ISO 13571:2007). DasFED-Modell steht für „Fractional Effective Dose“ und wird aus der Summe der LD50-Werte füreine 30-minütige inhalative Exposition mehrerer Leitgase gebildet. Eine rein additive Wirkungaller betrachteten Komponenten wird unterstellt. Bei einer Summe von 1 wird vom Tod derHälfte der exponierten Personen ausgegangen. Kleinere Werte dürfen jederzeit als Schutzzielfestgelegt werden. Das FEC-Modell steht für „Fractional Effective Concentration betrachtet imGegensatz dazu die Fluchtunfähigkeit anstelle des Todes als Endpunkt und bezieht auchReizgase in die Abschätzung ein. Das Prinzip der Berechnung ist gleich. [Stec 10]

Die entsprechenden LD50-Werte und EC50-Werte wurden in der Vergangenheit meist durchVersuche an Ratten bestimmt. Es zeigte sich jedoch, dass gerade bei Nagetieren z. B. auf-grund der Größe des Rachenraumes Substanzen schon im oberen Respirationstrakt absor-biert wurden, während diese beim Menschen tiefer in die Lunge eindrangen. Soweit vorhan-den wurden daher die Werte durch Erfahrungen am Menschen ersetzt. [Stec 10]

Bei einem Brand können auch Dioxine und Furane entstehen. Nach [Heins] liegen zur akutenPersonengefährdung durch polychlorierte Dibenzodioxine und –furane keine Erfahrungenvor. Er weist lediglich auf die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen bei der Brandsanierunghin, um eine Exposition der Arbeiter aufgrund der hohen Adsorption dieser Substanzen anOberflächen während der Arbeiten zu verhindern.

4.5 Zusammenfassung Emissionen

In der folgenden Tabelle werden in der Literatur dokumentierte Emissionen durch Flamm-schutzmittel im Rahmen der Deponierung oder Verbrennung zusammengefasst. Die aufge-führten Flammschutzmittel werden im nächsten Kapitel detaillierter betrachtet.

Tabelle 4: Emissionen von Flammschutzmitteln während der Deponierung oder Verbrennung

Flamm-schutzmittel

Deponierung Abfallverbrennung Brandfall

Hexabromcyclo-dodecan

Freisetzung ausPolystyrolhartgehäusen während Gebrauch:0,5% als konservativeAbschätzung [UBA27/01]Auslaugversuchen

Bildung niedrigbro-mierter PBDF/PBDD,Bildungspotential wirdjedoch für vernachläs-sigbar gehalten [UBA27/01]Eine starke Erhöhung

Bildung von Brom-wasserstoffdämpfenFolgeprodukte: HBrund/oder Brom, COund CO2 [UBA 27/01]

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von zerkleinertemPolystyrol in Eisessig-Lösung für 2-4 Wo-chen (Raumtempera-tur): Auslaugung mit0,05% nach 2 Wo-chen abgeschlossen[UBA 27/01]

führte nur zu geringemAnstieg mit Sätti-gungseffekt [UBA27/01]

Tetrabrombis-phenol A

reaktive Verwendungkeine signifikanteFreisetzung erwartet[UBA 27/01]Für das Verhalten vonTBBA-haltigen Kunst-stoffen auf Deponienliegen keine Untersu-chungen vor [UBA27/01]Es konnte eine leichteMobilisierung in Was-ser beobachtet wer-den [UBA 27/01]

Verbrennung unterAnwesenheit von Sau-erstoff: Bildung vonPBDF/PBDD, haupt-sächlichniedrigbromiert,2,3,7,8 substituierteKongenere wurdennicht nachgewiesenMono- und dibromiertePBDF wurden bis zu100 µg/kg Polymer ge-funden [UBA 27/01]Aussagen in [UBA27/01] zur Konzentra-tion und Kongener-Identifikation bei Pyro-lyse von TBBA-haltigenPolymeren könnennicht auf ihre Relevanzüberprüft werden, dakeine Angabe zur je-weiligen Atmosphärebesteht.

Brand einer Lagerhal-le mit großen MengenTBBA-haltigem PET:Konzentration an2,3,7,8-substituiertetetra-, penta- undhexa-BDF/BDD vonbis zu 0,5 µg/kg(Nachweisgrenze 0,2– 0,5 µg/kg) in ver-branntem Materialbzw. Asche/Schlackenachgewiesen [UBA27/01]Bodenproben etwa1,5 km von derBrandstelle entferntenthieltenPBDD/PBDF Konzent-rationen von 1 und <0,5 (Nachweisgrenze)ng/kg [UBA 27/01]Thermische Zerset-zung ab ca. 305 °Cund Freisetzung vonBromwasserstoff-dämpfen [UBA 27/01]

Tris(chlorpropyl)phosphat

Kohlenmonoxid, Koh-lendioxid, Phosphor-verbindungen (Phos-phoroxide) undChlorwasserstoff[UBA 27/91]

Roter Phosphor Phosphatbildungdurch langsame Hyd-rolyse [UBA 27/01]Evt. Eintrag in dasGrundwasser

Bildung von Phosphor-oxiden bei Verbren-nung [UBA 27/01]Emission über Rauch-gas oder Verbleib inSchlacke als Phosphor-säure [UBA 27/01]

Bildung einer SchichtausPolyphosphorsäureauf dem Kunststoff(Phosphoroxide alsZwischenstufe) [UBA27/01]

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Nur geringe Phos-phorkonzentration imBrandgas, Phosphorbzw. Phosphorverbin-dungen eher in denBrandrückständen[UBA 27/01]

Ammoniumpoly-phosphat

(Bei längerem Kon-takt mit Wasser kön-nen geringe MengenAmmoniumphosphatfreigesetzt werden[UBA 27/01])

Entstehung von Phos-phoroxiden und Stick-oxiden bei thermischerZersetzung Emissionüber Rauchgas oderVerbleib in Schlackeals Phosphorsäure[UBA 27/01]Entstehung von poly-meren Phosphorsäu-ren, flüchtigen Phos-phoroxiden, Ammoniakund Stickoxiden imBrandfall Emissionüber Rauchgas oderVerbleib in Schlackeals Phosphorsäure[UBA 27/01]Phosphorsäuren inSchlacke bzw. flüchtigePhosphoroxide, Am-moniak und Stickoxideim Rauchgas Emissionüber Rauchgas oderVerbleib in Schlackeals Phosphorsäure[UBA 27/01]

Entstehung vonPhosphoroxiden undStickoxiden bei ther-mischer ZersetzungEmission über Rauch-gas oder Verbleib inSchlacke als Phos-phorsäure [UBA27/01]Entstehung vonpolymeren Phosphor-säuren, flüchtigenPhosphoroxiden,Ammoniak und Stick-oxiden im BrandfallEmission über Rauch-gas oder Verbleib inSchlacke als Phos-phorsäure [UBA27/01]

Aluminium-hydroxid

Bildung von Alumini-umoxid und Wasseroberhalb 200 °C, Bil-dung von nadelförmi-gen Aluminiumoxidnur mit technischemAufwand möglich[UBA 27/01]

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5 Toxikologie und Ökotoxikologie ausgewählter Flammschutzmittel

Aufgrund der sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und des Marktdruckes wer-den einige Flammschutzmittel ersetzt bzw. sind schon ersetzt wurden. Hierbei handelt essich insbesondere um halogenierte Flammschutzmittel. Die sogenannten alternativen Flamm-schutzmittel bzw. halogenfreien Flammschutzmittel basieren oft auf Phosphorverbindungenoder Metallhydroxide.

Es lassen sich verschiedenste Publikationen finden (beispielsweise [Ciba]), die das Brandver-halten von Kunststoffen mit diesen halogenfreien Flammschutzmitteln untersuchen. Diesdient meist dem Nachweis, dass gleichwertige Brandschutz-Einstufungen wie UL94 V0 er-reicht werden können und wichtige Parameter wie Glasübergangstemperatur oder Dielektrizi-tätskonstante möglichst wenig beeinflusst werden. Es scheint jedoch für einige Fallschutzmit-tel oder einzelne toxikologische Fragestellungen kaum Veröffentlichungen zur Toxizität oderUmweltrelevanz zu geben. Hinsichtlich der Kombinationswirkung von Flammschutzmittelmi-schungen konnten keine derartigen Veröffentlichungen gefunden werden.

In dieser Arbeit wurden mehrere Flammschutzmittel ausgewählt, die aktuell oder zukünftig inbedeutendem Maße eingesetzt werden. Insbesondere die aufgeführten halogenfreienFlammschutzmittel stellen einige der Alternativen für die Substitution von Flammschutzmit-teln dar, deren Einsatz beschränkt wurde. In einigen Veröffentlichungen werden die Substitu-te allein aufgrund der Tatsache für unbedenklicher erklärt, weil sie z. B. nicht wie polybro-mierte Diphenylether die PBT-Kriterien erfüllen. Auf die jeweiligen Auswirkungen der Sub-stanzen wird nur teilweise eingegangen. Daher wird versucht diese für folgende Flamm-schutzmittel darzustellen:

Hexabromcyclododecan Tetrabrombisphenol A Tris(chlorpropyl)phosphat Roter Phosphor Ammoniumpolyphosphat Aluminiumhydroxid Magnesiumhydroxid Natriumtetraborat-Decahydrat Nanomaterialien im Allgemeinen

Die Risiken von polybromierten Diphenylethern sind ausreichend dokumentiert und werdendaher in dieser Arbeit nicht nochmals betrachtet, auch wenn einige Substanzen theoretischnoch für begrenzte Zwecke eingesetzt werden dürfen.

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5.1 Hexabromcyclododecan (HBCD) [CAS-Nr: 3194-55-6]

HBCD enthält weniger als 4 Gew% Verunreinigungen (Tetrabromcyclododecan, bromierteCyclododecane) sowie je nach Hersteller noch Additive [UBA 27/01].

Die Substanz ist in Wasser unlöslich (Wasserlöslichkeit (20°C) 3,4 µg/l) und zerfällt ab einerTemperatur von 230 °C [UBA 27/01].

Toxikokinetik

Einzeldosen von 7-9 mg/kg KG an Ratten führten nach 8 Stunden zu einer Konzentration von43 % im Körper, 20% im Fett sowie 14% im Muskel. Der Abbau aus dem Fettgewebe erfolgtbei Ratten langsamer als aus anderen Geweben. Allerdings widersprechen sich Studien da-hingehend, ob eine Anreicherung im Fettgewebe erfolgt, oder nicht. [UBA 27/01]

In dem oben genannten Versuch an Ratten, wurden nur Metabolite (nicht identifiziert) aus-geschieden. Bei Expositionen von 500 mg/kg KG an 5 aufeinanderfolgenden Tagen wurdenjedoch 30% unverändert über Faeces ausgeschieden. Im Gegensatz zur Studie mit den nied-rigen Konzentrationen wurde in dieser keine Ausscheidungen von HBCD/Metaboliten im Urinfestgestellt. [UBA 27/01] Außerdem wurde HBCD im Fettgewebe, jedoch nicht in anderenuntersuchten Organen gefunden [NRC].

In einer unveröffentlichten Studie wurde Ratten einmalig 1,93 mg HBCD verabreicht, das zu86% innerhalb von 72 Stunden ausgeschieden wurde. Die Aufnahme im Gastrointestinaltrakterfolgte rasch mit einer Halbwertzeit von 2 Stunden. Die Substanz wurde dann schnell meta-bolisiert und zu 70% über Faeces und 16% über den Urin ausgeschieden. Die Eliminierungaus Fettgewebe erfolgte langsamer als aus anderen Geweben. [NRC]

Akute /Subakute Toxizität

In [UBA 27/01] wird die niedrigste minimale letale Dosis bei oraler Gabe für Ratten mit20g/kg KG angegeben. Die niedrigste letale Dosis LD50 wird mit über 1.000 mg/kg KG fürRatten angegeben. Für inhalative Exposition über 1 Stunde liegt die LD50 > 200 g/m³.

Leber und Haut reagieren am sensibelsten auf HBCD[UBA 27/01]. In [NRC] wird von einerStudie an Hasen berichtet mit einer dermalen Applikation von 29 g/kg für 24 Stunden zurDurchfall und leichtem Gewichtsverlust bei je einem der beiden Versuchstiere pro Ge-schlecht. Eine Applikation von 8 g/kg KG zeigte keine Wirkungen.

Wirkungen auf Atmungsorgane wurden ebenfalls beobachtet. [UBA 27/01]

Es wird diskutiert, ob irreversible Entwicklungsschäden bei Neugeborenen aufgrund einerneurotoxischen Wirkung möglich sind, da derartige Schäden in einer Studie an Ratten beo-bachtet wurden [Danish EPA]

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Eine einmalige orale Gabe von 10 g/kg KG bewirkte bei Ratten Hypoaktivität, Diarrhöe undmattes Fell. Eine Gabe von 5 g/kg KG zeigte keine adversen Wirkungen. Bei Mäusen führteeine einmalige Gabe von 6,4 g/kg KG zu Apathie, Zittern und Tod. [NRC]

Chronische /Subchronische Toxizität

In Fütterungsstudien an Mäusen (18 Monate) und Ratten (28 und 90 Tage) sowie einerTeratogenitätsstudie an Ratten konnten keine neurologischen, systemischen, hämatologi-schen, auf Muskulatur, das kardiovaskuläre System, die Reproduktion oder auf Serumenzymebeobachtet werden. Effekte auf Nieren, das endokrine System sowie das Immunsystem wur-den ebenfalls nicht beobachtet, es ist jedoch unklar, ob die Studien solche Effekte erkannthätten. [UBA 27/01] Außerdem wurde dosis- und geschlechtsabhängig eine Erhöhung desLebergewichtes festgestellt.

Bei einer 4-stündigen inhalativen Exposition von Ratten gegenüber 200 g/m³ führte zu Zei-chen leichter Dyspnoe. In den oben genannten Studien gab es jedoch keine Effekte auf denRespirationstrakt. [UBA 27/01] [NRC]

Trotz sehr unterschiedlicher Dosisangaben aus Tierversuchen wird der NOAEL für den Men-schen durch die National Academy of Science auf 0,2 mg/kg KG und Tag abgeschätzt (ent-hält Zuschläge für Unsicherheiten).

Laut [NRC] konnten keine Studien zur immunologischen, neurologischen, reproduktionstoxi-schen oder karzinogenen Wirkung nach inhalativer Exposition gefunden werden.

Irritierende Wirkung

Hautentzündungen durch längeren oder wiederholten Kontakt sind möglich. Aussagen zurreizenden Wirkung am Auge bzw. auf Atmungsorgane und Schleimhaut sind widersprüchlich(leicht reizend bis keine Reizung) [UBA 27/01]

In einer Studie trugen Freiwillige für 6 Tage mit HBCD beschichtetes Tyvek ohne eine irritie-rende Wirkung. [NRC]

Sensibilisierende Wirkung

Eine Hautsensibilisierung wurde an freiwilligen Testpersonen nicht beobachtet, für Meer-schweine liegen hierzu widersprüchliche Studienergebnisse vor [UBA 27/01] [NRC]

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Teratogenität /Reproduktionstoxizität

Eine Fütterungsstudie an Ratten von maximal 500 mg/kg KG vom Beginn bis zum 20. Tagder Trächtigkeit zeigte keine teratogenen Effekte. Selbiges gilt für eine Studie mit doppelterMaximaldosis. Fötotoxizität konnte in der Studie mit 500 mg/kg KG ebenfalls nicht festge-stellt werden [UBA 27/01] [NRC]

In einer weiteren Fütterungsstudie wurde bis zum 20. Tag der Trächtigkeit maximal 1.000mg HBCD/kg KG pro Tag an Ratten verfüttert (gelöst in Maisöl). Ab einer Dosis von 250mg/kg KG war das Körpergewicht der Muttertiere gegenüber dem Vortag deutlich erhöht(möglicherweise durch eine erhöhte Futteraufnahme, die am Vortag beobachtet wurde).Eswurden keine dosisabhängigen Wirkungen beobachtet. [NRC]

Mutagenität / Kanzerogenität

Studien zur Gentoxizität widersprechen sich dahingehend, ob ein signifikanter Effekt vorlagoder der Test negativ war. HBCD war im Ames-Test nicht mutagen und im Chromosomen-aberrationstest mit menschlichen Lymphozyten nicht klastogen. Es wurden an menschlichenLymphozyten auch keine chromosomalen Aberrationen erzeugt. [UBA 27/01] [NRC]

Ein 18-monatiger Fütterungsversuch an Mausen von maximal 10.000 mg/kg KG zeigt keineHinweise auf Kanzerogenität. Allerdings schlussfolgerte das Unterkomitee für Flammschutz-mittel der National Academy of Science im Jahr 2000, dass zur Abschätzung des humanenKanzerogenitätspotential keine geeigneten Daten vorliegen. [UBA 27/01] [NRC]

Ökotoxikologie

Die Verteilung in der Umwelt wird in [UBA 27/01] wie folgt erwartet: 78,1% Klärschlamm,19,3% im Wasser und 2,6% in der Luft. Abbildung 10 zeigt einige tatsächliche HBCD-Konzentrationen.

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Abbildung 10: HBCD-Konzentrationen in der europäischen Umwelt (Daten aus Entwurf derEU-Risikobewertung von 2006, Humandaten aus Studie von 2006) [UBA 08]

In der Luft wurde HBCD hauptsächlich partikelgebunden vorgefunden, die höchste Konzent-ration lag bei 5,7 pg/m³ partikelgebunden und 0,4 pg/m³ in der Gasphase (dies allerdingsbei niedrigerer partikelgebundener Konzentration) [UBA 27/01]

HBCD ist biologisch schwer abbaubar. Über den Klärschlamm wird wahrscheinlich 95% ausder wässrigen Phase durch Adsorption eliminiert. [UBA 27/01]

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Hexabromcyclododecan ist bei Konzentrationen innerhalb seiner Wasserlöslichkeit wederakut noch chronisch toxisch für Wasserorganismen. [UBA 27/01] Aufgrund eines PNEC (zuerwartende Konzentration ohne Effekt) von 9 ng/l für die Hydrosphäre, die unterhalb derderzeit geschätzten Umweltbelastung liegt, wird in [UBA 27/01] aktuelle von keiner Schädi-gung „der aquatischen Lebensgemeinschaft“ ausgegangen.

Der Vergleich von Emissionsdaten und PNEC für Sedimente [54 µg/kg Feuchtgewicht] führtin [UBA 27/01] zu dem Schluss, dass lokal auch kein Risiko für sedimentbewohnende Orga-nismen besteht.

Eine Debromierung in Folge des Abbaus könnte möglich sein, hierfür fehlen allerdings aussa-gekräftige Daten. [UBA 27/01]

Die Halbwertzeit für photochemisch-oxidativen Abbau durch Hydroxyl-Radikale in Atmosphä-re wird in [UBA 27/01] mit 2,6 Tagen angegeben.

In [UBA 27/01] wurde grundsätzlich festgestellt, dass vorhergesagte Konzentrationen inUmwelt und Lebewesen deutlich über den tatsächlichen lagen (Faktor 100 bis 1500)

Es wurden Anreicherungen in Fischen und Regenwürmern festgestellt. Es konnten jedochbeispielsweise in Messungen 1990 und 1998/99 keine Belastungen der Muttermilch festge-stellt werden. [UBA 27/01]

Nach [SCHER] bestehen hinsichtlich einer möglichen Einstufung als „persistent“ noch Unsi-cherheiten. Als Grund wird hierfür zum einen angeführt, dass ein einem Test zwar die Krite-rien hierfür erfüllt waren, in einem zweiten Test der Abbau jedoch geringfügig schneller er-folgte als nach den Einstufungskriterien. Als zweiter Grund wird die rasch sinkende HBCD-Konzentration in Schweinswalen vor der britischen Küste seit Einstellung der dortigen HBCD-Produktion angeführt.

Anmerkung

HBCD wurde 2008 als Persistent, Bioakkumulierbar und Toxisch (PBT-Substanz) eingestuftund der Einsatz in Elektro- und Elektronikgeräten in der EU wird in naher Zukunft über dieRoHS-Richtlinie verboten werden. [wiki c]

Der für die EU-Risikobewertung von HBCD zuständige Staat (Schweden) schlug 2007 einweitreichendes Verbot vor. Eine Ausnahme war für Wärmedämmstoffe vorgesehen, für wel-che eine Übergangsfrist festgelegt werden sollt. [UBA 08]

Die Substanz könnte zulassungspflichtig unter REACH werden, da sie hierfür alle Kriterienerfüllt [UBA 08]

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5.2 Tetrabrombisphenol A (TBBA) [CAS-Nr. 79-94-7]

TBBA ist das verbreiteteste Flammschutzmittel in (Epoxid)Leiterplatten (zu 95% im Jahr2005) [Ciba] Technisches TBBA kann mit Tribrombisphenol A und Bromid, hexa-, penta- undoctabromierten Dibenzofuranen verunreinigt sein [UBA 27/01]

Toxikokinetik

Tierversuche an Ratten zeigten eine schlechte Absorption im Gastrointestinaltrakt. Die Verab-reichung von oralen Einzeldosen (6,51 – 7,55 mg/kg KG) führte in Leber und Ganoden zurhöchsten Gewebekonzentration. Die Halbwertzeit betrug in allen Geweben weniger als 3 Ta-ge, hierbei wurde für das Fettgewebe die höchste Halbwertzeit (70,8 h) beobachtet. Etwa95% des TBBA wurden innerhalb von 3 Tagen über Faeces und etwa 1% über den Urin aus-geschieden [UBA 27/01].

Eine weitere Studie an Ratten fand die höchsten Gewebekonzentrationen (1% der Dosis) imDickdarm. Als Metabolite wurden Mono- und Diglucuronid-Konjugate identifiziert [UBA27/01].

Eine signifikante Aufnahme über die Haut wird aufgrund des Molekulargewichtes und dergeringen Wasserlöslichkeit nicht erwartet [UBA 27/01]

Die Halbwertzeit in Blut konnte mit knapp 20 h bestimmt werden [UBA 27/01].

Akute / Subakute Toxizität

Die niedrigste letale Dosis für orale Exposition wird in [UBA 27/01] für Meerschweine mitLD50>1000 mg/kg KG angegeben. Die letale Konzentration für inhalative Exposition wird fürRatte, Maus und Meerschwein mit LC50>0,5 mg/l (8 h) angegeben.

Chronische / Subchronische Toxizität

Bei Tierversuche mit Ratten, die 14 Tage (4 Stunden/Tag, 5 Tage/Woche) 18.000 mgTBBA/m³ Luft exponiert wurden, konnten keine negativen Wirkungen festgestellt werden[UBA 27/01]. Auch eine orale Gabe von max. 1000 ppm über das Futter über einen Zeitraumvon 28 Tagen bzw. von 100 mg TBBA /kg KG über 90 Tage führte zu keinen feststellbarenadversen Effekten [UBA 27/01].

Eine Studie an Kaninchen mit einer dermalen Exposition von maximal 2500 mg/kg KG fandebenfalls keine nachhaltigen Effekte [UBA 27/01].

Es gibt keine Hinweise auf eine Schädigung des kardiovaskulären, endokrinen, zentralnervö-sen oder Immunsystems (Studien an Ratten bis zu 90 Tage, Studien an Mäusen über 90 Ta-ge, Studie an Kaninchen über 21 Tage und Teratogenitätsstudie bei Ratten) [UBA 27/01].

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Allerdings wird diese Aussage durch [UBA 27/01] dahingehend relativiert, dass auch nichtbekannt sei, ob die zitierten Studien zur Erfassung dieser Schäden geeignet gewesen sind.

Eine Studie an Mäusen fand bei einer Konzentration von 2.200 mg/kg KG und Tag über 90Tage eine verminderte Anzahl roter Blutkörperchen, Serumproteinen und Serumtriglyceriden.Außerdem wurde eine geringere Gewichtszunahme und ein verringertes Milzgewicht festge-stellt. [UBA 27/01]

„In vitro Tests“ „an menschlichen Erythrozyten oder Mitochondrien von Ratten zeigten, dasKonzentrationen von 25 – 250 µmol TBBA/l die Permeabilität von Membranen verschlechtert,was zu einer Hämolyse von Erythrozyten, begleitet von morphologischen Veränderungensowie der Entkopplung der mitochondrialen oxidativen Phosphorylierung führt“ [UBA 27/01]

Irritierende Wirkung

Versuche an Ratten führten bei einer Konzentration von 18.000 mg TBBA/m³ über 2 Wochen(4 h/Tag, 5 Tage/Woche) zu extremen Tränenfluss und blutigen oder klare Absonderungenaus der Nase. Für die niedrigeren untersuchten Konzentrationen wurde diese Wirkung nichtbeschrieben [UBA 27/01].

Am Kaninchenauge rief der Reinstoff teilweise leichte Rötungen der Bindehaut hervor. Diedermale Exposition führte nur bei wunder Haut (3 Wochen, maximal 2.5000 mg/kg KG) zuleichten Erythembildungen. [UBA 27/01]

Sensibilisierung

Ein Versuch an 54 Testpersonen rief keine Kontaktsensibilisierung hervor [UBA 27/01].

Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Eine Exposition von Ratten gegenüber max. 2.500 mg/kg KG und Tag zwischen Tag 0 undTag 19 der Trächtigkeit zeigte keine Effekte. [UBA 27/01]

Auch Expositionen gegenüber maximal 10.000 mg/kg KG zwischen dem 6. Und 15. Tag derTrächtigkeit zeigten keine teratogenen Effekte. Es wurden jedoch toxische und letale Effektebei einer Dosis von 3.000 mg/kg KG beobachtet [UBA 27/01]

NOAEL Maternaltoxizität/Ratte/9 Tage 3000 mg/kg KG [UBA 27/01]

NOAEL Teratogenität/Ratte/9 Tage > 10.000 mg/kg KG [UBA 27/01]

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Mutagenität /Kanzerogenität

Nicht mutagen im Ames-Test mit Salmonella-Gattungen [UBA 27/01]

„Laut IPCS (1995) liegen keine Studien zur Kanzerogenität vor“ [UBA 27/01]

Ökotoxikologie

Abbildung 11 zeigt in der Umwelt vorgefundene Belastungen mit TBBA.

Abbildung 11: Nachweis von TBBA in der europäischen Umwelt (Daten aus Entwurf derEU-Risikobewertung 2007, TG=Trockengewicht, FG=Einzelgewicht, eingeklammerte Werte

stellen hohe Einzelwerte dar) [UBA 08]

Die Halbwertzeit in Wasser beträgt in Abhängigkeit von der Sonnenintensität ca. 7 bis 81Tage. Die Halbwertzeit bei UV-Licht und Hydroxylradikalen liegt bei 5-6 Tagen [UBA 27/01].

Die geschätzte Verteilung wird in [UBA 27/01] mit 45% im Boden, 54% im Sediment, 1% imWasser und einem geringfügigen Anteil in der Luft angegeben. Der geringe Anteil in der Luftwird u.a. auf die geringe Flüchtigkeit von TBBA zurückgeführt.

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Es wird angenommen, dass TBBA aufgrund des Adsorptionsverhalten und der geringen Was-serlöslichkeit in der Umwelt und im Wasser partikelgebunden vorliegt und transportiert wird.[UBA 27/01]

„Die durch mikrobielle Methylierung der phenolischen Gruppen des TBBA entstehenden Deri-vate sind lipophiler und werden daher auch in Sediment und Fischen nachgewiesen“ [UBA27/01]

In einigen Studien konnte TBBA in Fischen nachgewiesen werden, in anderen Studien warkein Nachweis möglich oder der Autor nannte Kontamination im Labor als mögliche Fehler-quelle [UBA 27/01]

Versuche an Fischen fanden eine Halbwertzeit von < 24h nach mehrtätiger Exposition. Spä-testens nach 7 Tagen konnte kein TBBA mehr nachgewiesen werden. [UBA 27/01]

Die Bioverfügbarkeit aus Sedimenten steigt signifikant mit abnehmendem organischen Koh-lenstoffgehalt [UBA 27/01]

TBBA wurde in Belebtschlamm im Untersuchungszeitraum unter aeroben Bedingungen nichtabgebaut. Im Boden wurden unter aeroben und anaeroben Bedingungen bis zu 60% desTBBA abgebaut, die Abbaurate war bei anaeroben Bedingungen jedoch geringer als beiaeroben Bedingungen.

Alle in [UBA 27/01] dokumentierten LC50 und EC50-Werte für Fische, Invertebraten und Algenliegen deutlich über der Wasserlöslichkeit von TBBA.

Indirekte Umwelt-Auswirkungen durch TBBA werden aufgrund eines möglichen Abbaus zuBisphenol A und Tetrabrombisphenol A bis (methylether) erwartet. [UBA 08]

Weitere Gefährdungen

Laut [Danish EPA] wird TBBPA bei additiver Verwendung immer zusammen mit Antimontrio-xid eingesetzt, welches als karzinogen eingestuft wurde. In der Verwendung dieses Synergis-ten sieht [Danish EPA] die Hauptgefährdung durch den additiven Einsatz dieses Flamm-schutzmittels. Allerdings werden als Alternativen nur die Verwendung anderer bromierterFlammschutzmittel - ebenfalls mit Antimontrioxid – oder Copolymere mit Phosphatesterngenannt.

Anmerkung

Nach Durchführung der Risikobewertung geht nach Meinung der Europäischen Kommission[COMCom] kein Risiko von TBBA für den Menschen oder die Atmosphäre aus (bisherigeSchutzmaßnahmen seien ausreichend). Allerdings könnte ein Risiko für Wasser- und Boden-kompartimente bestehen. Daher wird in [COMRec] eine Emissionsbegrenzung für TBBA emp-fohlen. Die aktuellen PBT-Kriterien werden nicht erfüllt [UBA 08]

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5.3 Tris(chlorpropyl)phosphat (TCPP) [CAS Nr: 13674-84-5]

Handelsübliches TCPP ist ein Isomerengemisch. Die Flüssigkeit hat einen Dampfdruck <0,1mbar bei 20°C und zersetzt sich ab 150 °C. Die Wasserlöslichkeit liegt bei mindestens 0,9 g/l(20°C). [UBA 27/01]

Die meisten Studien verwenden unter dem Oberbegriff TCPP ebenfalls Isomerengemische,die teils nicht näher beschrieben werden. Außerdem wurde nur ein Teil dar Studien nachGLP-Standards durchgeführt. [NRC]

Ein Großteil der dargestellten Daten findet sich ebenfalls in [NRC], daher werden nur zusätz-liche Angaben explizit erwähnt.

Toxikokinetik

Ratten absorbieren TCPP nach oraler Aufnahme rasch (ab 3 Stunden). [NRC]

TCPP wird bei Ratten vor allem zu Bis(1-chlor-2-propyl)-(2-propionsäure)phosphat umge-wandelt (über 50% der Dosis in Faeces/Urin). Als Metabolit wurde bei Ratten ebenfalls 1-Carboxyethyl-bis-(chlorpropyl)-phosphat gefunden. Die Halbwertzeit im Plasma betrug etwa42-54 Stunden. [UBA 27/01]

Die Ausscheidung erfolgt bei Ratten zu zwei Dritteln über den Urin und zu einem Fünftelüber Faeces. Ratten atmeten 7,7% einer oral aufgenommen Dosis von 50µmol/kg KG ab.Nach 72 Stunden war der Großteil der Substanz (89-99%) ausgeschieden. [UBA 27/01]

Bei oraler Gabe von 50µmol/kg in Olivenöl wurde eine Anreicherung in der Leber und derNiere von Ratten beobachtet [UBA 27/01].

3 Stunden nach einer Gabe von 16,4 mg/kg KG wurde bei Ratten eine Konzentration von28,6 nmol/g in der Leber, von 27,3 nmol/g in den Nieren und von 9,4 nmol/g in der Lungegemessen (Markierung mit 14C, Maximalwert nach 3-6 Stunden). Eine Anreicherung in ande-ren Geweben konnte nicht beobachtet werden (immer unter 4mmol/g). Die Konzentration inder Leber blieb auch bis 7 Tage nach der Aufnahme am höchsten. [NRC]

Akute / Subakute Toxizität

Es gibt keine Daten zur Humantoxizität. [UBA 27/01] [WHO] Laut Warnhinweisen auf einemSicherheitsdatenblatt sind jedoch Magendarmstörungen möglich. [UBA 27/01]

Die orale Aufnahme von 500 bis 2.000 mg/kg KG bzw. die dermale Aufnahme von über5.000 mg/kg KG konnte bei Ratten zu Durchfällen führen. [UBA 27/01]

Eine 14-tägige Fütterungsstudie an Ratten mit bis zu 16.600 mg/kg KG (ad libitum) fandkeine Änderungen der Hämatologie, der klinischen Chemie oder der Cholinesterase-Aktivität.Es wurde lediglich eine Erhöhung des Lebergewichtes ohne histopathologische Veränderun-

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gen gefunden. [WHO] [UBA 27/01] In einem weiteren Versuch mit 1.000 mg/kg KG über 28Tage konnten in der Rattenleber jedoch histologische Veränderungen nachgewiesen werden.[UBA 27/01]

50 mg/kg KG führten bei Ratten des Weiteren zu histologischen Veränderung der Nieren undzur Veränderung der Nierenfunktion bei männlichen Tieren. Bei einer Dosis von 300 mg/kgKG über 16 Tage wurden zudem Einzel-Zellnekrosen beobachtet. [UBA 27/01]

Einmalige orale Dosen führten bei Ratten u. a. zu Atemstörungen (verringerte Atemfre-quenz), Depressionen / Lethargie, Tremor, Ataxie und verstärkte Tränen- sowie Speichelbil-dung. Einige Ergebnisse sind in Abbildung 12 dargestellt. Die Angabe der LD50-Werte beioraler Aufnahme schwankt stark und liegt bei mindestens 931 mg/kg KG für männliche Rat-ten bzw. 707 mg/kg KG für weibliche Ratten. [WHO]

Vergleichbare Ergebnisse zur oralen Exposition finden sich auch in [UBA 27/01]

Die inhalative Aufnahme von 4,6 bzw. 5 mg/l führte bei Ratten u. a. zu Lethargie, Krämpfen,Gewichtsverlust, vermehrtem Speichelfluss, Eiterbildung sowie roten, tränenden Augen. [UBA27/01]

Eine zweimalige Gabe von 13,23 g /kg KG im Abstand von 3 Wochen führte bei Hühnern zuGewichtsverlust, kurzfristig verringerter Futteraufnahme und kurzfristiger nachlassender Le-getätigkeit (nach erster Gabe). Außerdem wurden starker Federverlust und ein Todesfallbeobachtet. Es konnten histologisch und aufgrund des Verhaltens keine Hinweise auf verzö-gerte Neurotoxizität gefunden werden. [WHO]

Die LD50-Werte bei dermaler Exposition werden für Ratten und Kaninchen mit LD50>2.000mg/kg KG angegeben. [WHO] Weitere letale Dosen finden sich in Abbildung 12.

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Abbildung 12: LD50-Werte für orale Gabe von TCPP an Ratten (NS = not specified) [WHO]

Chronische / Subchronische Toxizität

Es gibt keine Daten zur Humantoxizität. [UBA 27/01] [WHO]

Die orale Aufnahme von 7.500 mg/kg KG über 3 Monate führte bei männlichen Ratten zurErhöhung des Nierengewichtes und einer schwachen Degeneration der Nierentubuli. [UBA27/01]

Irritierende Wirkung

Versuche an Menschen (24 Stunden, okklusiv, ohne Dosisangabe) konnten auch nach 72Stunden keine hautirritierende Wirkung feststellen. [UBA 27/01]

TCPP wurde in verschiedenen Untersuchungen mit dermaler Exposition an Albino-Kaninchenfür schwach irritierend (gesunde Haut) oder nicht irritierend (gesunde und verletzter Haut)befunden [WHO]

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In älteren Studien wurde keine Augenreizung durch TCPP an Albino-Kaninchen festgestellt.In einer Studie von 1991 führten dagegen 0,1 ml bei einem Kaninchen zu einer leichten Rö-tung der Bindehaut [WHO]

[UBA 27/01] verweist zusätzlich auf eine Studie an Ratten, die bei über 17,8 mg/l zu Augen-reizungen und geschwollenen Augenlidern führte.

Sensibilisierung

TCPP führte bei Meerschweinen nicht zur Hautsensibilisierung. [WHO]

Beim Menschen konnte ebenfalls keine Sensibilisierung festgestellt werden. [UBA 27/01]

Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Eine 20-tägige Fütterungsstudie mit 0,01-1% TCPP im Futter zeigte bei Ratten keine terato-genen Wirkungen. [UBA 27/01] Laut [NRC] gab es jedoch eine steigende Inzidenz für dasFehlen der 13. Rippe und der Halsrippen (dosisabhängig). Es konnte grundsätzlich eine ver-zögerte Verknöcherung an Teilen des Sternums beobachtet werden. In der Dosisgruppe von68 mg/kg d zeigten sich außerdem Erweiterungen des Nierenbeckens. [NRC]

Mutagenität / Kanzerogenität

TCPP führte in Versuchen zur Mutagenität an verschiedenen Zelllinien zu negativen oder un-klaren Ergebnissen. Es wurden keine chromosomalen Veränderungen im Knochenmark vonRatten nach oraler oder subkutaner Gabe von TCPP bzw. im Knochenmark von Mäusen nachintraperitonaler Gabe beobachtet. [WHO] [UBA 27/01]

Ökotoxikologie

Eine wesentliche Konzentration in der Luft wird aufgrund der geringen Flüchtigkeit der Sub-stanz nicht erwartet. [WHO]

In Gewässern wurde TCPP mit bis zu 0,4 µg/l (in hessischen Fließgewässern) gefunden.[UBA 27/01] Im Trinkwasser konnten keine Belastungen gefunden werden. [WHO]

In Sedimenten kann TCPP gleichfalls nachgewiesen werden. [UBA 27/01] Ebenso in Pfirsi-chen und Birnen. [UBA 27/01] [WHO]

TCPP hydrolisiert langsam unter sauren und basischen Bedingungen [WHO] [UBA] und istaus Wasser nur schwer eliminierbar. [UBA 27/01]

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In Klärschlamm konnte entweder kein biologischer Abbau in 28 Tagen oder ein Abbau von14% festgestellt werden. Es wird daher als nicht leicht biologisch abbaubar nach OECD301E/EEC beschrieben. [UBA 27/01]

TCPP wird in Fischen rasch metabolisiert. [WHO] [UBA 27/01]

Eine Konzentration von 47 mg/l führte bei 50% der Grünalgen zur Beeinflussung des Wachs-tums. [WHO] Die Angaben für EC50 schwanken jedoch insbesondere für Algen (z. b. > Faktor10 für selenastrum capricornutum bei 96-stündiger Exposition). [UBA 27/01]

Eine 21-tägige Exposition von Daphnien gegenüber 32 mg/l fand keine reproduktionstoxi-schen Wirkungen. [WHO]

In Versuchen an Regenwürmern wurde ein LC50 von 97 mg/kg Boden gefunden [WHO]

Aufgrund der Tatsache, dass die beobachteten Konzentrationen ohne Effekt (chronisch) ausverschiedenen trophischen Untersuchungen weit unter tatsächlich gemessenen Werten liegt,besteht nach [WHO] keine Umweltgefährdung durch TCPP.

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5.4 Roter Phosphor [CAS-Nr: 7723-14-0]

Roter Phosphor ist laut [Clariant] das wirkungsvollste Flammschutzmittel für Kunststoffe.Allerdings muss es aus Sicherheits- und Verträglichkeitsgründen meist speziell behandelt undgehandhabt werden.

Kommerziell erhältlicher roter Phosphor kann Spuren von weißem Phosphor (durchschnittlich20-80 mg/kg bis maximal 200 mg/kg) enthalten [UBA 27/01]. Als Flammschutzmittel beträgtdie Zuladung zwischen 2 – 10%. Roter Phosphor wird als reaktives Flammschutzmittel ver-wendet, so dass keine Migration aus dem Kunststoff erwartet wird [UBA 27/01].

Roter Phosphor ist unlöslich in Wasser, es zersetzt sich jedoch langsam zu Phosphin unddurch anschließende Oxidation zu Phosphorsäuren [UBA 27/01].

Toxikokinetik

Zur Toxikokinetik finden sich in [UBA 27/01] keine Angaben.

Akute / Subakute Toxizität

Die niedrigste letale Dosis wird in [UBA 27/01] mit LD50 > 2000 mg/kg für Ratten bei oralerAufnahme sowie mit LD50=4,3 mg/l bei inhalativer Aufnahme (1h) angegeben.

Mehrtägige inhalative Exposition führte nach mehreren Tagen in Abhängigkeit von der Kon-zentration bei Felsentauben und Präriehunden zu Lautäußerungen [UBA 27/01]

Chronische/Subchronische Toxizität

Bei chronischer Aufnahme (Dosis nicht angegeben) kann es zu Magenschmerzen, Erbrechenund Durchfall kommen [UBA 27/01].

Irritierende Wirkung

Je nach Konzentration und Einwirkungsdauer kann es zur Reizung bis hin zu Gewebezerstö-rung am Auge, den Atemwegen oder der Haut/Schleimhaut kommen. Bei Tierversuche anKaninchen wurden diese Irritationen nicht gefunden. Dagegen wurde bei Felsentauben nachmehrtätiger inhalativer Exposition Schleimhautabsonderungen in Nase und Kehlkopf und beiPräriehunden in Anhängigkeit von der Konzentration Kongestion (Blutüberfüllung) der Lun-gen sowie eine erschwerte Atmung festgestellt [UBA 27/01]

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Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Orale Belastungen von 0,075 mg/kg KG und Tag vor und während der Verpaarung sowiewährend der Gestations- und Laktationsperiode (nur Weibchen) führten bei Ratten zumaternaler Mortalität und „während der Gestationstage 21 und 22“ zur erhöhterFötensterblichkeit. Reproduktions- und Fertilitätsindices blieben unbeeinflusst [UBA 27/01].

Ökotoxikologie

Nach [UBA 27/01] kommt es zu keiner Akkumulation in der Nahrungskette.

In feuchter Luft findet ein langsamer Abbau zu Phosphorwasserstoff und Phosphorsäurestatt. Aufgrund der besonderen Behandlung des roten Phosphors, damit dieser als Flamm-schutzmittel eingesetzt werden kann (z. B. Mikroverkapselung) kann es jedoch je nachFlammschutzmittelprodukt eher inert gegenüber atmosphärischen Einflüssen sein. Im Wasserwird es in Phosphorsäuren sowie teilweise in Phosphin umgewandelt. Eventuell ausgasendesPhosphin wird in normaler Umgebungsluft in phosphorige Säuren umgewandelt[UBA 27/01].

In Kläranlagen ist eine Elimination über den Klärschlamm möglich [UBA 27/01].

Die niedrigsten effektiven Konzentrationen in aquatischen Systemen werden in [UBA 27/01]für Daphnien genannt mit EC50 = 35,6 mg/l (48 h). Für Mikroorganismen in Böden werdenkeine Angaben gemacht. Für Pflanzen und Tiere wird roter Phosphor als unschädlich dekla-riert [UBA 27/01].

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5.5 Ammoniumpolyphosphat [CAS-Nr: 68333-79-9]

Ammoniumpolyphosphat ist vollständig mit Wasser mischbar und zersetzt sich thermisch ab275 °C [UBA 27/01]

Toxikokinetik

Die gastrointestinale Absorption höherer Polyphosphate ist wahrscheinlich niedrig, daPolyphosphate durch die Magensäure hydrolysiert werden. Die dabei gebildeten Phosphat-und Ammonium-Ionen können gleichfalls absorbiert werden. Die Hydrolyse und Absorptionvon Polyphosphaten nimmt mit zunehmender Größe ab. [NRC]

Zur dermalen oder inhalativen Aufnahme konnten keine Daten gefunden werden. Ebensowenig zur Verstoffwechselung von APP und der Ausscheidung der Substanz [NRC].

Verschiedene Polyphosphate wurden bei Nagetieren anteilig ausgeschieden, wobei größerePolyphosphate schlechter ausgeschieden werden. [NRC]

Akute / Subakute Toxizität

Die niedrigste letale Dosis wird in [UBA 27/01] mit LD50 > 2000 mg/kg für Ratten bei oralerAufnahme angegeben.

Hohe Dosen von Ammonium-Ionen können zu einer metabolischen Azidose führen, insbe-sondere bei eingeschränkter Leberfunktion. [NRC]

Chronische /Subchronische Toxizität

Mehrere Studien zeigten, dass Polyphosphate zu einer Nierenverkalkung kann, die auf eineAblagerung von Kalziumphosphat durch Störung der Phosphat-Homeostase zurückzuführenist. [NRC]

Eine nasale Exposition von 5,09 mg APP/m³ (Durchmesser durchschnittlich 5,8 µm) über 4Stunden führte bei Ratten zu abnehmender Atemfrequenz, Lethargie, einem Gang auf denZehenspitzen und zusammengekrümmter Haltung. Die Wirkungen verschwanden bis zum 4.Tag nach der Exposition [NRC]

Irritierende Wirkung

Reizungen des Auges, der Haut und der oberen Atemwege möglich [UBA 27/01]

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Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Keine Angaben [UBA 27/01]

Weder für Ammoniumpolyphosphat noch für Ammonium-Ionen konnten Daten über Auswir-kungen auf die Reproduktion oder Entwicklung gefunden werden [NRC]

Mutagenität / Kanzerogenität

Ein Produkt zeigte im Ames-Test keine gentoxische Wirkung [UBA 27/01]

Nach [NRC] gibt es keine adäquaten Daten zur Beurteilung der Kanzerogenität.

Ökotoxikologie

Nach Herstellerangaben führen Emissionen dieses Flammschutzmittels zu keiner messbarenErhöhung der Hintergrundbelastung [UBA 27/01].

Der Stoff ist nicht flüchtig. Im Boden erfolgt ein Abbau zu Ammoniak und Phosphat. Im Ab-wasser Elimination über Klärschlamm möglich. Mit Wasser langsame Hydrolyse unter Bildungvon Ammoniumphosphat möglich. Gut biologisch abbaubar. [UBA 27/01]

APP kann zur Eutrophierung in stehenden Gewässern beitragen und darf daher nicht in Ober-flächengewässer oder Kanalisation gelangen [UBA 27/01]

Die niedrigste effektive Dosis wird in [UBA 27/01] für Daphnien mit EC50>100 mg/l (48 h)angegeben, die niedrigste letale Dosis für Regenbogenforellen mit LD50>100 mg/l (96 h). Dieniedrigste effektive Dosis für Bodenorganismen wird mit EC50>100 mg/l angegeben.

Auf Pflanzen wirken Ammoniak und Phosphatbildung eher als Düngemittel. [UBA 27/01]

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5.6 Aluminiumtrihydroxid (ATH) [CAS-Nr: 21645-51-2]

Die Substanz ist nur schwer in Wasser löslich und zersetzt sich ab 200 °C zu Aluminiumoxidund Wasser[UBA 27/01]

Die Angaben zur Toxikologie betrachten keine i.v. oder i.m. Gaben (z.B. Dialyse, Adjuvants),da diese Expositionspfade für die hier diskutierte Thematik nicht relevant sind.

Toxikokinetik

Nach [UBA 27/01] liegen zum Metabolismus und den Halbwertzeiten von ATH keine Datenvor.

In [UBA 27/01] wird ein Hersteller zitiert, der sein Produkt als nicht bioakkumulierbar be-zeichnet.

Die Bioverfügbarkeit von Aluminiumhydroxid bei oraler Aufnahme liegt unter 0,1% undnimmt für höhere Dosen weiter ab. Die Aufnahme im Gastrointestinaltrakt erfolgt vorwiegendim Dünndarm. Eine Aufnahme über die Haut ist unwahrscheinlich, da es nur oberflächlicheindringt. Die Aluminiumaufnahme wird durch Urämie gesteigert. Es wird auch ein Einflussdes Eisengehaltes beschrieben. [Krewski]

Die Substanz wird hauptsächlich durch die Nieren eliminiert. [Krewski]

Im Körper scheint Aluminium am längsten im Knochen gespeichert zu werden, akkumuliertjedoch auch in den Nieren und dem Gehirn. Mit steigendem Alter nimmt die Gewebekonzent-ration von Aluminium zu. [Krewski]

Akute / Subakute Toxizität

Die letale Dosis für Ratten bei oraler Exposition wird in [UBA 27/01] mit LD50>5 g ATH/kg KGangegeben.

Es wird vermutet, dass die akute Toxizität von Aluminiumhydroxiden bei Ingestion, Inhalati-on oder dermaler Applikation gering ist, da die Substanz nur schlecht absorbiert wird.[Krewski]

Chronische /Subchronische Toxizität

Nach [UBA 27/01] ist als Zielorgan für toxische Effekte von ATH insbesondere das Nerven-system zu sehen. Außerdem könnten fötotoxische Effekte sowie Auswirkungen auf das Mus-kelgewebe beobachtet werden. Es gibt jedoch keine Angaben, auf welche Daten sich dieseAussagen stützen.

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Eine Fütterungsstudie mit Ratten über 28 Tage (14,47 mg ATH/kg KG) fand keine Auswir-kungen auf Körper- oder Organgewicht. Es wurden keine Veränderungen der Hämatologie,der Organe, Zellen oder Knochen festgestellt [UBA 27/01]. Eine Fütterungsstudie über 5 Mo-nate mit 300 sowie 3000 mg ATH/d führte bei Ratten und Hunden zu einer deutlichen Erhö-hung der Aluminiumkonzentration im Gehirn. [Krewski]

In einer Fütterungsstudie über 90 Tage wurden u.a. 300 mg Aluminiumhydroxid/kg KG undTag beziehungswiese 100 mg ATH/kg KG d mit 30 mg Zitronensäure/kg KG d verfüttert.Nach 90 Tagen wurde die Lernfähigkeit der Ratten im Labyrinthtest untersucht. Außerdemwurde die Aktivität der Cholin-Acetyltransferase und der Acetylcholinesterase sowie der Alu-miniumgehalt im Gehirn gemessen. Für lösliche und Chelate wurde eine deutliche Ver-schlechterung der Lernfähigkeit festgestellt. Außerdem waren der Aluminiumgehalt im Gehirnund die Aktivität der Acetylcholinesterase erhöht und die Aktivität der Cholin-Acetyltransferase vermindert. [Bilkei]

Eine weitere Fütterungsstudie an Ratten über 30 Tage mit bis zu 3.617 mg ATH/kg KG dfand Veränderungen des Erinnerungs- und Lernvermögens. [Krewski]

Studien zur chronischen Aufnahme von ATH über das Trinkwasser führte bei Versuchstierenzu erhöhten Magnesiumwerten in den Knochen, verringerten Eisen-Werten im Magen sowieverringerten Kupfer-Werten in Niere und Leber. In Zusammenhang mit einer chronischenATH-Aufnahme wurde auch eine Akkumulation von Aluminium in bzw. auf den Knochen so-wie eine Verringerung der Phosphor- und Zink-Werte in den Schienbeinen beobachtet.[Krewski]

Irritierende Wirkung

Versuche am Kaninchen mit ATH-Pulver führten weder zu Haut- noch zu Augenreizungen.Für Injektionen (Impfungen, Desensibilisierungen) gibt es Berichte zur vereinzelten Bildungvon Haut-Granulomen. [UBA 27/01]

An Mäusen, Ratten und Schweinen konnten ebenfalls keine Hautreizungen festgestellt wer-den. [Krewski]

Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Eine Fütterungsstudie an Mäusen mit bis zu 266 mg ATH /kg KG und Tag zwischen dem 6.und 15. Tag der Trächtigkeit zeigte keine teratogenen Wirkungen. Es wurden jedoch Effektebei 166 mg ATH/kg KG in Kombination mit 570 mg Milchsäure/kg KG oder 627 mgAluminiumlactat/kg KG beobachtet. Hierbei handelt es sich um Entwicklungsveränderungen,Gaumenspalten und Uranoschisis. [UBA 27/01]

Versuche an Mäusen mit oraler Applikation von 166 mg ATH /kg KG und Tag über das Futtervom 6. bis zum 15. Trächtigskeitstag zeigten keine Auswirkungen auf die Zahl der Einnistung

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befruchteter Eizellen, Aborte, Anzahl der Tiere pro Wurf oder das Geschlechterverhältnis.[UBA 27/01] [Colomina]

Andere Studien weisen nach [UBA 27/01] jedoch darauf hin, dass in Verbindung mitkomplexierenden Säuren wie Milchsäure oder Zitronensäure (Lebensmittel) reproduktionsto-xische und teratogene Wirkungen möglich sein können.

[Krewski] zitiert den Fall eines Mädchens, welches im Alter von 9 Jahren verstarb, nachdembei ihm mit 4 Monaten eine neurodegenerative Erkrankung mit schweren mentalen Entwick-lungsstörungen diagnostiziert wurde, die sich immer weiter verschlimmerte (Apgar- Wertehoch, erste Auffälligkeiten mit zwei Monaten diagnostiziert). Als Ursache wurde eine erblichbedingte Stoffwechselerkrankung untersucht, die entsprechenden Enzyme waren jedoch alleim Normbereich, so dass dieser Verdacht nicht bestätigt werden konnte. Bei der Autopsiewurde eine Verminderung des Myelins (hypomyelination) am Rückenmark, Großhirnrinde,Subkortex und der weißen Substanz des Nervensystems sowie kleine basale Ganglien undeine Atrophie des ZNS-Kortex. Im Nachhinein wurden die Entwicklungsstörungen auf eineEinnahme von durchschnittlich 75 Maalox-Tabletten pro Tag während der Schwangerschaftzurückgeführt (Antazid, 200 mg ATH/Tablette).

Mutagenität /Kanzerogenität

An humanen embryonalen Fibroblasten wurde bei 2 mg ATH/ml eine zytotoxische Wirkungbeobachtet. ATH-Gel bzw. Salz führte nur zu einer geringen zytotoxischen Wirkung an Hams-ter-Fibroblasten. [UBA 27/01]

Hinweise auf ein mitogenes Potential aus einer Studie an Mäusen, denen intraperitonealAluminiumhydroxid injiziert wurde, werden an anderer Stelle auf eine entzündungsförderndeanstelle einer mitogenen Wirkung zurückgeführt. [UBA 27/01]

In [UBA 27/01] wird eine Studie an Ratten zitiert, die nach Gabe von ATH über das Trink-wasser keine Hinweise darauf fand, dass die Substanz ein Dickdarmtumor-Promotor wäre.Weitere Studien zur Kanzerogenität liegen nach [UBA 27/01] nicht vor.

Ökotoxikologie

Zur Verteilung werden in [UBA 27/01] keine Angaben gemacht, es wird nur auf die ubiquitä-re Anwesenheit von reinem Aluminium verwiesen.

Gesättigte Lösungen von Aluminiumhydroxid in Wasser (pH-Wert 7,8) zeigten keine adversenEffekte an Daphnien und Forellen.

Die Substanz ist in Deutschland als nicht wassergefährdend eingestuft [GESTIS]

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5.7 Magnesiumdihydroxid (MDH) [CAS-Nr. 1309-42-8]

Magnesiumhydroxid ist nur schwer in wasserlöslich (9mg/l bei 18 °C) und zersetzt sich abetwa 350°C zu Magnesiumoxid und Wasser [GESTIS].

Zur Toxikologie oder Ökotoxikologie dieser Substanz konnten nur sehr wenige Daten gefun-den werden. Die meisten Studien beziehen sich v.a. auf den Einsatz als Medikament oder dieWechselwirkung mit anderen Wirkstoffen. Daher werden wie in [NRC] hilfsweise auch Studi-en mit anderen Magnesiumverbindungen herangezogen, die ebenfalls zu Mg2+ dissoziieren.Hierbei ist zu beachten, dass die Aufnahme der meisten dieser Magnesiumverbindung höherist. [NRC]

Toxikokinetik

Beim Menschen liegt die normale Serumkonzentration von Magnesium zwischen 0,7 und 1,1mmol/l (davon etwa 65% ionisiert). Etwa 60% des im Körper befindlichen Magnesiums da-von ist in den Knochen konzentriert, ein Drittel davon dient der Stabilisierung der Serumkon-zentration. Etwa 20% des Magnesiums befindet sich in der Skelettmuskulatur, 19% in denWeichteilen und weniger als 1% in der Extrazellulärflüssigkeit. Die Aufnahme von Magnesiumüber den Darm (v.a. Ileum und Kolon) nimmt mit steigender oraler Dosis ab. Während siebei niedrigen Dosen bei etwa 65% liegt, sinkt sie für hohe Dosen auf 11% ab. Bei langsamerAufnahme kann ebenfalls ein gewisser Sättigungseffekt beobachtet werden. [Swam]

Bei oraler Aufnahme dissoziiert Magnesiumhydroxid im Magen. Ungelöstes MDH sowie nichtabsorbiertes Mg2+ wird über die Faeces ausgeschieden. Absorbiertes Mg2+ wird hauptsächlichüber den Urin ausgeschieden. [NRC]

Nach [NRC] wurde in einer Studie an Raten auf die Absorption von MDH in denAlveolarkapillaren nach inhalative Exposition geschlossen.

Für die dermale Aufnahme von MDH wurden weder für Versuchstiere noch für MenschenDaten gefunden. [NRC]

Akute / Subakute Toxizität

Plasmakonzentrationen oberhalb von 1,0 mmol/l beim Menschen werden alsHypermagnesämie bezeichnet. Da bei normaler Nierenfunktion jedoch täglich bis zu 200mmol Mg2+ ausgeschieden werden, können nach [Baker] hohe Dosen ohne adverse Effekteaufgenommen werden. Hypermagnesämie wird oft durch übermäßige Aufnahme von Magne-siumsalzen wie Magnesiumhydroxid oder durch Fehlfunktionen der Niere verursacht undführt zu einer Verringerung der Plasmakonzentration von Kalzium. Außerdem verringern ho-he Konzentrationen Magnesium die Freisetzung von Acetylcholin und blockiert die Übertra-gung an neuromuskulären Endplatten. [Baker] Auch bei Wiederkäuern kann MDH v.a. beiNiereninsuffizienz zur Hypermagnesämie (orale Medikation) führen. [Vetpharm]

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Tabelle 5: Dosisabhängige Symptomatik bei Hypermagnesämie [Baker]

Plamakonzentration (mmol/l) Symptomatik0,7 – 1,0 Normalbereich2,0 – 3,5 Behandlungsbereich für Eklampsie3,0 – 5,0 Veränderungen EKG4,0 – 5,0 Areflexie6,0 – 7,0 Atemstillstand10 – 12,5 Herzstillstand

Es wurde auch ein Fall berichtet [SUK], bei dem eine 39-jährige Frau nach Aufnahme einerHandvoll Magnesiumhydroxid-Tabletten unter wässrigem Durchfall und Karpopedalspasmenlitt. Bei der Patientin wurde daraufhin Hypomagnesämie, Hypokalzämie und Normokaliämiefestgestellt.

In einer Studie an männlichen Freiwilligen mit Ingestion von Magnesiumdioxid zwischen 16,7bis 67 mg/kg KG und Tag über 4 Tage hinweg kam es zu Durchfallerscheinungen. [NRC]

Die letale Dosis für Ratten bei oraler Aufnahme beträgt nach [GESTIS] LD50=8500 mg/kg KG.

Chronische / Subchronische Toxizität

Bei einer Studie an Freiwilligen, die täglich 476 mg/d Magnesium (als Magnesiumoxid) kames bei 36% der Testpersonen zu Durchfallerscheinungen. [NRC]

Nach [NRC] wurde eine Ingestion von Magnesium (Mg2+) Präparaten bis 5 mg/d für alle Per-sonen über einem Jahr für akzeptabel gehalten („tolerable upper intake level“).

In Abbildung 13 werden die Ergebnisse einiger Fütterungsstudien dargestellt.

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Abbildung 13: Fütterungsstudien mit Magnesiumhydroxid [NRC]

Teratogenität / Reproduktionstoxizität

[NRC] konnte keinerlei Studien finden, die Auswirkungen einer MDH-Ingestion auf die Re-produktion oder Entwicklung untersuchen.

Bei Schwangeren führten Magnesiumchlorid-Tabletten (7 mg/kg d über 29 Tage) zu einererhöhten Inzidenz für adverse neonatale Wirkungen. 11 von 25 Neugeborenen (gegenüber 6von 25 der Kontrollgruppe) hatten einen Ikterus. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe wurdenein schwerwiegendes Atemnotsyndrom, eine Hirnblutung sowie zwei Fälle vonnekrotisierender Enterokolitis beobachtet, die jedoch alle durch die Autoren der Studie alsstatistisch nicht signifikant angesehen wurden. [NRC]

Fütterungsstudien an Ratten mit bis zu 800 mg MgCl2/kg KG d (entspricht 96 mg Mg2+ /kgKG d) zwischen dem 6. Und 15. Tag der Trächtigkeit fanden keine adversen Affekte an denMuttertieren oder den Föten. [NRC]

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Mutagenität / Kanzerogenität

Kanzerogenitätsstudien für MDH konnten nicht gefunden werden. Studien an Mäusen mitMgCl2 zeigten bei den männlichen Tieren eine erhöhte Inzidenz für maligne Lymphome undLeukämie. Die Inzidenz für Leberkarzinome war bei den männlichen Tieren jedoch mit Zu-nahme der Dosis verringert. An den weiblichen Tieren konnte keine Änderung der Inzidenzfestgestellt werden. [NRC]

Studien zur Mutagenität konnten ebenfalls nicht gefunden werden. Studien mit anderenMagnesiumsalzen zeigten laut [NRC] keine Gentoxizität. Magnesiumchlorid beispielsweisezeigte keine mutagene Wirkung im Ames-Test und führte nicht zu Chromosomenänderungenan Hamsterfibroblasten.

Es gibt Untersuchungen, die Magnesiumhydroxid eine Verringerung der Inzidenz für Darm-krebs durch verschiedene Chemikalien zuschreiben. [NRC]

Ökotoxikologie

Magnesiumhydroxid kommt natürlich in mineralischer Form als Brucit vor [wiki b] vor.

Es ist in Deutschland als nicht wassergefährdend eingestuft [GESTIS].

Wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Ökotoxikologie konnten nicht gefunden werden.

Die Hersteller selbst geben in ihren Sicherheitsdatenblättern z. B. zur Wassergefährdung an,dass diese nicht untersucht wurde. Ein Sicherheitsdatenblatt sei beispielhaft zitiert[ECOMAC]:

Abbildung 14: Auszug aus Sicherheitsdatenblatt für Magnesiumhydroxid-Suspension [ECOMAC]

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5.8 Natriumborat-Decahydrat (Borax) [CAS-Nr. 1303-96-4]

Borax löst sich zu 4,7% bei 20°C in Wasser und liegt dann vorwiegend als undissoziierte Bor-säure vor. Die Wasserlöslichkeit steigt auf etwa 66% bei 100 °C an. [UBA 27/01]

Nach [BAuA] liegt die Löslichkeit bei 47,1 g/l (20 °C) bzw. 59,2 g/l (25 °C). Der Dampfdruckist vernachlässigbar, Borax wird jedoch mit Wasserdampf flüchtig.

Bor wird auch über die Nahrung aufgenommen, v. a. über Gemüse, Früchte und Nüsse.[UBA 27/01]

Toxikokinetik

Beschäftigte der Boraxverarbeitung, die gegenüber Stäuben von wasserfreiemNatriumtetraborat sowie Penta- und Dekahydrat exponiert waren, hatten nach Schichtendehöhere Borkonzentrationen im Blut und Urin als bei Schichtbeginn. Es war hierbei unklar,welcher Anteil hierdurch eine Aufnahme über die Atemwege oder eine orale Aufnahme nacheiner Deponierung im oberen Atemtrakt hat. [BAuA] [UBA 27/01]

Nach einem dermalen Auftrag von 5-prozentiger wässriger Boraxlösung wurde bei Freiwilli-gen eine Aufnahme von 0,21% des Natriumborates gemessen. [UBA 27/01]

Lösliche Borate werden über den Magen-Darmtrakt schnell und fast vollständig aufgenom-men [BAuA] [UBA 27/01]

In Tierversuchen stieg die Borax-Konzentration im Plasma und Urin mit zunehmender Dosis.Außerdem konnte eine gleichmäßige Verteilung in den weichen Körpergeweben festgestelltwerden. [UBA 27/01]

Die Bor-Konzentration im menschlichen Blut liegt bei 0,02 – 0,06 mg/l. Zudem reichert sichBor in Knochen, Kopfhaut, Haar, Finger- und Zehennägel sowie Zähnen und Lunge an. [UBA27/01]

Aufgrund ihrer Stabilität werden Borate im Organismus nicht gespalten und metabolisch un-verändert ausgeschieden. [BAuA]

Nach [UBA 27/01] kann davon ausgegangen werden, dass Borax auch im Plasma vorwie-gend als undissozierte Borsäure vorliegt. Das Borat selbst wird anscheinend nicht metaboli-siert, zumindest wurden keine Bormetabolite gefunden. Die Ausscheidung erfolgt überwie-gend über den Urin, die Halbwertzeit beträgt etwa 21 Stunden. [UBA 27/01]

Akute / Subakute Toxizität

Nach [BAuA] wird als akute Wirkung die Reizwirkung beschrieben (siehe nächster Absatz).

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Bei Rindern führte eine orale Aufnahme von schätzungsweise über 1000 g Borax zu Todes-fällen. Bei den überlebenden Tieren wurde Taumel, Durchfall und ein geschwächter Allge-meinzustand festgestellt. [UBA 27/01]

Akute Belastungen (ohne Dosisangabe) führten beim Menschen zu Kreislaufkollaps, Anstiegder Herzfrequenz, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Magendarmkrämpfen. Zur Beobachtungvon Zyanosen und Erythematosen wurden keine genauen Angaben gemacht. [UBA 27/01]

Letale Dosis für den Menschen nach [UBA 27/01]:

LDSäugling < 5 g (niedrigste angegebene Dosis)

LDErwachsener 5-20 g (niedrigste angegebene Dosis)

Für Ratten wird die letale Dosis bei inhalativer Aufnahme mit LD50>2 mg/l angegeben. Dieletalen Dosen für verschiedene Nagetiere liegen sowohl für die orale als auch die dermaleExposition mindestens bei LD50=2.000 mg/kg KG. [UBA 27/01]

Chronische /Subchronische Toxizität

Beim Menschen führte die chronische Einnahme von etwa 2820 mg Borax/Tag zu Magenver-stimmungen und Magersucht (Behandlung von Epilepsie). [UBA 27/01]

In einer Fütterungsstudie an Ratten über 30 bzw. 60 Tage wurden ab einer Körperdosis von50 mg Bor /kg KG und Tag eine Verringerung des Lebergewichtes sowie reproduktionstoxi-sche Wirkungen festgestellt. [BAuA]

In einer weitere Fütterungsstudie an Ratten über 90 Tage starben die Tiere bei einer Körper-dosis von 262,5 mg Bor/ kg KG und Tag) an Ödemen in Leber, Niere und Lunge. Die Gruppemit dieser Körperdosis sowie die Gruppe mit einer Körperdosis von 87,5 mg Bor/kg KG undTag nahmen weniger Futter auf, verwerteten dieses schlechter und wiesen zudem ein gerin-geres Wachstum aus. Außerdem waren die Augen entzündet, die Haut an Pfoten und denSchwänzen schuppte sich und die Pfoten waren geschwollen. Eine Futterstudie an Rattenüber 2 Jahre zeigte bei einer Körperdosis von 58,5 mg/Bor/kg KG und Tag) ab dem zweitenMonat ebenfalls die gerade beschriebenen Wirkungen sowie eine deutliche Verringerung desHämoglobingehaltes. [BAuA]

Eine Studie an Ratten, die Borax 70 Tage lang über das Trinkwasser (0, 150 sowie 300 mgBorax/l) verabreichte, wurde eine Verringerung von Körpergewicht, Milz- und Femurgewichtund des Triglyceridgehaltes im Blut festgestellt. Die Verabreichung von 300 mg/l führte au-ßerdem zu einer Verringerung des Hämatokrit-Wertes. [BAuA]

Des Weiteren wurde in einer 90tägigen Fütterungsstudie von bis zu 2293 mg Borax/kg KG dbei Ratten eine erhöhte Atemfrequenz festgestellt. [UBA 27/01]

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Neurotoxische Wirkung

Borax führte bei Kleinkindern bei einer oralen Aufnahme zwischen 286 bis 429 mg/d über 4 –10 Wochen zu neurotoxischen Wirkungen (keine genaueren Angaben). Eine Einnahme vondurchschnittlich 152 mg/kg KG d führte bei 6 – 19,5 Wochen alten Säuglingen führte zuKrämpfen und Erbrechen. [UBA 27/01]

Nach [UBA 27/01] konnten nach akuten Borax-Belastungen Delirium und Koma beobachtetwerden. Bei Ratten führten Dosen zwischen 4.500 und 6.000 mg/kg KG zu Depressionen,Ataxie und Schüttelkrämpfen.

Irritierende Wirkung

Untersuchungen von exponierten Beschäftigten zeigte, dass Natriumtetraborate akut Reizun-gen der Augen und Atemwege hervorrufen können. Es konnten für eine Beschäftigungsdauervon 5 Jahren jedoch eine Veränderung der Lungenfunktion oder der unteren Atemwege fest-gestellt werden. [BAuA]

Untersuchungen an Freiwilligen bei leichter körperlicher Belastung und einer 20-minütigenExposition gegenüber maximal 40mg staubförmigem Borax/m³ zeigten eine Reizung an Na-se, Rachen und nur im geringem Masse am Auge. Der Grad der Reizung war abhängig vonder Expositionszeit. Die Zunahme wird hierbei durch die Autoren der Studie hauptsächlichauf eine Deponierung in den oberen Atemwegen zurückgeführt. [BAuA]

Irritationen der Haut und der Augen wurden sowohl für Kaninchen, Ratten und Menschenbeobachtet (am Menschen teils Abschälen der geschädigten Haut. Bei Menschen traten zu-dem Reizungen des Respirationstraktes sowie des Hals- und Nasenbereiches auf. Chronischedermale Exposition (Reinigungsmittel) oder chronische Ingestion (Epilepsie-Behandlung)führte zu Hautentzündungen und Hautausschlägen. [UBA 27/01]

Wirkung auf das Hormonsystem

Eine orale Aufnahme von 3 mg Bor/Tag „bewirkte bei postmenopausalen Frauen einen An-stieg der Plasma-Konzentrationen von Testosteron und Estradiol-17. Borax-Anionen bilden imin-vitro-Experiment mit Catechol-Östrogenen Komplexverbindungen, wodurch dieMethylierung des Östrogens vermindert und der nachfolgende Metabolismus gestört wird.“[UBA 27/01]

Teratogenität / Reproduktionstoxizität

Nach [BAuA] liegen für dermale und inhalative Expositionen von Natriumboraten keine Be-richte über fortpflanzungsschädigende oder entwicklungsschädigende Wirkungen vor. Aller-

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dings gäbe es den Verdacht, dass die Fertilität beim Menschen durch Borax beeinflusst wer-den könnte.

Inzwischen ist Natriumborat-Decahydrat entsprechend Verordnung 1272/2008 der EG alsReproduktionstoxisch (Kategorie 1B) eingestuft worden und muss mit dem Hinweis versehenwerden, dass es die Fruchtbarkeit beeinträchtigen sowie das Kind im Mutterleib schädigenkann. [GESTIS]

In Tierversuchen werden sowohl fruchtschädigende Wirkungen als auch Fertilitätsstörungenbeobachtet z.B. in Fütterungsstudien an männlichen Ratten über 30 und 60 Tage (Fertilitäts-störungen ab einer Körperdosis von 50 mg Bor/kg KG und Tag) oder in einer Fütterungstudiean Ratten über 2 Jahre, die bei einer Körperdosis von 58,5 mg Bor/kg KG und Tag nach 6Monaten bis Studienende zu einer vollständigen Hodenatrophie führte. [BAuA]

In [UBA 27/01] werden ebenfalls Tierversuche mit fötotoxischen Wirkungen zitiert.

Mutagenität / Kanzerogenität

In-vitro konnte an Säugerzellen (mit bzw. ohne exogenes metabolisierendes System) keineDNA-schädigende, mutagene oder klastogene Wirkung beobachtet werden. [BAuA] [UBA27/01]

Ökotoxikologie

Borax zerfällt in der Umwelt zu natürlichem Borat. [UBA 27/01]

In der Umwelt liegt Bor in den verschiedenen Kompartimenten in den folgenden Konzentrati-onen vor [UBA 27/01]:

Atmosphäre durchschnittlich 16 ng Bor/m³

Flusswasser Deutschland durchschnittlich 0,06 – 0,5 mg/l

Trinkwasser Deutschland durchschnittlich 0,019 mg/l

Boden weltweit durchschnittlich 88,5 – 177 mg/kg

Hierbei werden etwa 8-20% des atmosphärischen Borgehaltes auf menschliche Aktivitätenzurückgeführt. Die Borkonzentrationen im Trinkwasser lagen bei 32% der Proben unterhalbder Nachweisgrenze von 0,01 mg/l. [UBA 27/01]

Auf Pflanzen wirkt Bor in hohen Dosen phytotoxisch, wird in niedrigen Dosen jedoch als Spu-renelement benötigt. Borax-Ionen können enzymatische Reaktionen von Pflanzen stören.[UBA 27/01]

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Wasserorganismen die Meerwasser ausgesetzt sind (natürlicher Borgehalt) sind gegenüberBor tolerant. Am empfindlichsten reagierten Regenbogenforellen auf Bor. [UBA 27/01]

Es konnte keine Bioakkumulation von Boraten in Fischen wie Lachsen, in Austern, Algen oderSchilf festgestellt werden. [UBA 27/01]

Die Substanz ist in Deutschland als schwach wassergefährdend eingestuft. [GESTIS]

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5.9 Nanomaterialien

Nanopartikel sind Partikel, die in mindestens einer Dimension weniger als 100 nm messen.[SCENIHR].

Die Fachwelt ist sich bei Nanopartikeln darin einig, dass deren Toxizität nicht aus der Wir-kung der makroskopischen Materialien abgeleitet werden kann. Daher fordern u. a. die briti-sche Royal Society und Royal Academy of Engineering Nanopartikel und Nanoröhren alsneuartige Substanzen unter REACH zu definieren, mit allen damit einhergehend Berichts-und Bewertungspflichten. Außerdem gibt es Forderungen, dass für nanoskalige Materialieneine andere Einstufung anstelle der Jahrestonnage gewählt werden muss, da der Gesamt-oberfläche der Partikel ein bedeutenderer Einfluss zugeschrieben wird. Eine Konzentrationauf die Masse könnte daher die Risiken unterschätzen. [SCENIHR]

Grundsätzlich wird vermutet, dass sich Nanopartikel anders verteilen und anders interagierenals in ihrer makroskaligen Form. Untersuchungen hierzu sowie zur Toxikologie und Ökotoxi-kologie liegen kaum vor. [SCENIHR]

Verwendung

Nanomaterialien werden in den letzten Jahren vermehrt in verschiedensten Bereichen ge-nutzt wie beispielsweise in Kosmetika oder in Nahrungsmitteln. Der Einsatz als Flamm-schutzmittel wird ebenfalls für verschiedene Nanomaterialien und Polymere untersucht.

Nach [Takeshi] besteht ein großes Interesse am Einsatz von Nanomaterialien in Kunststof-fen, um hervorragende Eigenschaften zu erzielen. So wäre eine Verbesserung der Entflamm-barkeit von Polymeren erreicht wurden, so dass die Nanomaterialien eine Alternative zu kon-ventionellen Flammschutzmitteln darstellen würden. Die Flammschutzwirkung vonTon/Polymer Nanomaterialien mit verschiedenen Harzen ist dokumentiert wurden. Im vorlie-genden Bericht wurde die Flammschutzwirkung von nanoskaligen multi-wall Kohlenstoffröhr-chen in Polypropylen untersucht. Die Untersuchungen wurden jedoch rein auf die Wärme-freisetzungsrate beschränkt, die bei einer Zugabe von bis zu 2 Gew% Kohlenstoffröhrchendeutlich sank.

Toxikologische Bedeutung für den Menschen

Grundsätzlich wird festgestellt, dass zu wenig zu den potentiellen gesundheitlichen Risikender auf dem Markt erhältlichen Nanomaterialien bekannt ist. [UBA 09]

Als bedeutendster Aufnahmeweg wird die Inhalation vermutet, zu diesem Expositionspfadliegen wohl noch die meisten wissenschaftlichen Studien (insgesamt noch sehr wenig Studi-en) vor. Die Bedeutung der einzelnen Aufnahmewege kann derzeit jedoch noch nicht abge-schätzt werden. Eine Verteilung im Körper ist neben den Stoffeigenschaften abhängig vonStruktur und Größe. [UBA 09]

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In den Alveolen werden die Nanopartikel aufgrund ihrer Größe nur unzureichend von denalveolaren Makrophagen entfernt, so dass es zu Entzündungsprozessen kommen kann. Eskonnte nachgewiesen werden, dass Nanopartikel aus Alveolen in das Lungenepithel und denZwischenraum übertreten. Von dort wurden einige in weitere Organe transportiert, so dassvon einem Übertritt in den Blutkreislauf auszugehen ist. [UBA 09]

Bei Ratten wurde bei inhalativer Aufnahme eine Deponierung im Riechzentrum beobachtet,gefolgt von einem Transport in das Gehirn über den Riechnerv.[UBA 09], [Guil] Eine Ablage-rung wurde nach [Guil] vor allem für sehr kleine Partikel im Bereich von 3 nm vorhergesagt,während sich größere Partikel gleichmäßig verteilen würden.

Titandioxid-Nanopartikel konnten zwischen abgestorbenen Zellen der Hornhaut sowie inHaarfollikeln nachgewiesen werden, es wurden jedoch keine Partikel in tieferen Hautschich-ten gefunden. Auf der anderen Seite können Fullerene und sogenannte „Quantum Dots“leicht in die Haut eindringen. [UBA 09]

Die Aufnahme über den Gastrointestinaltrakt scheint gering zu sein, allerdings liegen hierzunur wenige Studien vor. [UBA 09]

Nach [UBA 09] werden biologisch abbaubare Nanomaterialien metabolisiert und ausgeschie-den, während nicht-biologisch abbaubare Materialien insbesondere in den Entgiftungsorga-nen angereichert werden würde.

Neben der beobachteten Überwindung der Blut-Hirn-Schranke durch einige Materialien wirdeine Überwindung anderer Schranken wie der Plazenta-Schranke vermutet. Des Weiterenstellen Zellmembranen kein Hindernis dar, da zumindest Teilchen unter 40 nm in Zellentransportiert werden können. Teilchen unter 30 nm können sogar in den Zellkern vordringenund Teilchen unter 2 nm sich an den DNS-Strang anlagern. Mögliche Wechselwirkungen undFolgen aufgrund des Eindringens in die Zellen sind noch nicht bekannt. [UBA 09]

Mutagenität / Kanzerogenität

An Nagetieren wurde eine Induktion von Lungentumoren durch nicht toxische, biobeständigeNanomaterialien beobachtet wie beispielsweise Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Diese konnten jenach Struktur und Länge asbest-ähnliche Effekte hervorrufen. Es wurde eine verminderteAbbauleistung alveolarer Makrophagen beobachtet, außerdem wurden in der Lunge Entzün-dungen und Fibrosen hervorgerufen. Injektionen in den Bauchraum führten zu den asbest-typischen Mesotheliomen. [UBA 09]

Ökotoxikologie

Hinsichtlich der Abbaubarkeit in der Umwelt gäbe es noch keine Erkenntnisse, insbesonderegäbe es bisher keine Hinweise, dass nanoskalige Kohlenstoffe wie Fullerene oder Nanoröhr-chen in der Umwelt abgebaut werden. Beide werden schon in größeren Maßstäben produ-

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ziert. [UBA 09] Aufgrund den neuen Funktionalitäten die sich rein aus der Größe der Nano-materialien ergeben, wird ein verändertes Verhalten in der Umwelt für möglich erachtet.

In [Nano] wird berichtet, dass Veränderungen der Oberflächenstruktur von Kohlenstoff-nanoröhren (technisch oder durch Umwelteinflüsse) dazu führt, dass sich kolloidhaltige Lö-sungen bilden. Hierdurch wäre die Mobilität deutlich erhöht.

Studien zur Ökotoxizität beziehen sich vor allem auf aquatische Systeme. So konnte gezeigtwerden, dass nanoskaliges Silber zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate von Wasserflöhen führ-te als die gleiche Konzentration makroskaliges Silber. Die Exposition von Zebrabärblingengegenüber geringen Konzentrationen an nanoskaligem Silber während der Embryonalent-wicklung führte zu Fehlbildung. Mit einer Erhöhung der Konzentration stieg die Embryonen-sterblichkeit. Durch Kohlenstoffnanoröhrchen wurde der Schlupf der Zebrabärblinge verzö-gert. [UBA 09]

Relativ geringe Konzentration an sogenannten Buckminster-Fullerenen sowie nanoskaligemTitandioxid wirkten ja nach Verabreichung tödlich auf Wasserflöhe. Eine Studie an Reis-kärpflingen zeigte eine Bioakkumulation in verschiedenen Organen. Außerdem wurde dieBlut-Hirn-Schranke überwunden. [UBA 09]

Nach [UBA 09] ist des Weiteren bekannt, dass aquatische Organismen Nanomaterialien überdie Kiemen und weitere Epithelien aufnehmen.

Auswirkungen auf Bodensysteme werden eher seltener untersucht. Bisher wurde jedochfestgestellt, dass Aluminiumoxid-Nanopartikel das Wurzelwachstum verschiedener Nutzpflan-zen reduzieren (im Gegensatz zu größeren Partikeln). Kupfer-Nanopartikel vermindertenebenfalls das Wurzelwachstum und reicherten sich in Weizen- und Mungobohnenkeimlingenan. Bei Asseln wurde nach Exposition gegenüber Titandioxid-Nanopartikeln eine reduzierteEnzymaktivität der Katalase und der Glutathion-S-Transferase beobachtet. Kohlenstoff-Nanoröhrchen führten zu einer verminderten Fortpflanzungsrate bei Kompostwürmern. [UBA09]

Eine Studie an Algen zeigte, dass sich die Toxizität von Phenanthren nach Adsorption anaggregierte Buckminster-Fullerenen erhöhte. Dies wird auf eine Erhöhung der Bioverfügbar-keit von Phenanthren nach Transport an die Zellmembran zurückgeführt [UBA 09].

Uran, das ubiquitär vorliegt, lagerte sich um Faktor 10 besser an behandelten als an un-behandelten Kohlenstoff-Nanoröhrchen an. Daher wird eine Auswirkung von Kohlenstoff-Nanoröhren auf den Transport und evtl. die Bioverfügbarkeit für plausibel gehalten [Nano].

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6 Zusammenfassung und Schlussfolgerung

In den letzten Jahren wurden verschiedene (bromierte) Flammschutzmittel einer Risikobe-wertung unterzogen und aufgrund der Ergebnisse dieser Bewertungen in ihrer Verwendungeingeschränkt. Diese Tatsache und der öffentliche Druck zur Verwendung von nicht toxi-schen, umweltfreundlichen Substanzen führten zur Substitution von bromierten Diphenyle-thern durch andere halogenierte sowie halogenfreie Flammschutzmittel. Einige dieserFlammschutzmittel wurden in dieser Arbeit näher betrachtet.

Obwohl die Datenlage zur Bewertung der Toxizität dieser Flammschutzmittel teilweise dürftigist, lassen sich einige Schlussfolgerungen ableiten. Für die Zukunft wird zumindest für einenTeil der Substanzen und partiell für Nanomaterialien eine leichte Verbesserung der Datenlageerwartet. Des Weiteren wird es aufgrund von Risikobeurteilungen sukzessive zu weiterenEinsatzbeschränkungen einiger Flammschutzmittel v. a. innerhalb der EU kommen.

Hexabromcyclododecan (HBCD)

HBCD wirkt eventuell neurotoxisch auf Neugeborene und möglicherweise gentoxisch.

Die Substanz reicherte sich bei Tierversuchen im Fettgewebe von Ratten an. Zudem wurdees in deutlich höheren Konzentrationen im Fettgewebe verglichen zu anderen Gewe-be/Flüssigkeiten von Wildtieren gemessen. Sie ist also bioakkumulierend

In der Umwelt wird HBCD nur schwer abgebaut und somit als persistent anzusehen.

Aufgrund der Ergebnisse der Risikobewertung wird eine Einsatzbeschränkung innerhalb derEU in naher Zukunft erwartet.

Tetrabrombisphenol A (TBBA)

TBBA wird kaum im Körper absorbiert und zum Großteil unverändert innerhalb kurzer Zeitwieder ausgeschieden. Es wurden kaum toxische Wirkungen durch die Substanz beobachtetund der Abbau in der Umwelt erfolgt rasch.

Negative Auswirkungen sind eher durch Sekundäreffekte zu erwarten: Dem eventuellen Ein-satz des Synergisten Antimontrioxid (Alternativen möglich) und dem möglichen Abbau zutoxischeren Substanzen wie Bisphenol A und Tetrabrombisphenol A bis (methylether).

Die Wirkung auf Wasser- und Bodenkompartimente muss jedoch noch detaillierter unter-sucht werden.

Aufgrund dieses Risikoprofiles wird erwartet, dass dieses Flammschutzmittel noch relativlange eingesetzt werden wird und kann.

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Tris(chlorpropyl)phosphat (TCPP)

TCPP wird rasch absorbiert, aber zum Großteil wieder innerhalb von 72 Stunden ausgeschie-den. Es konnte eine leichte Anreicherung in der Leber und teilweise in Nieren und Lungebeobachtet werden.

Die Substanz wirkt sowohl akut als auch chronisch in verschiedener Weise toxisch. Daten zurHumantoxizität konnten kaum gefunden werden und hinsichtlich einer mutagenen oder kan-zerogenen Wirkung bestehen große Unsicherheiten.

In der Umwelt wird TCPP biologisch kaum abgebaut, hydrolisiert aber langsam. Somit be-steht eine gewisse Persistenz. Die Mobilität der Substanz ist relativ gering.

Da die beobachteten Konzentrationen ohne Effekt bei chronischer Exposition unterhalb dertatsächlichen Konzentrationen liegen, wurde zumindest keine Umweltgefährdung durch TCPPgesehen. Die Datenlage ist aus Sicht der Verfasserin nicht ausreichend, um eine Gefährdungdes Menschen ausschließen zu können.

Roter Phosphor

Zur Aufnahme, Metabolisierung und Eliminierung von rotem Phosphor konnten keine Datengefunden werden. Es fanden sich nur Aussagen zur Verneinung einer Akkumulation in derNahrungskette.

Toxische Wirkungen insbesondere teratogene Wirkungen wurden beobachtet.

In der Umwelt wird roter Phosphor langsam abgebaut.

Die Datenlage ist insgesamt sehr dünn. Die Risikobeurteilung wird noch zusätzlich dadurcherschwert, dass roter Phosphor als Flammschutzmittel teilweise speziell behandelt wird (z. B.Mikroverkapselung) und sich dies evtl. auf die Toxizität auswirkt.

Für eine Bewertung des Risikos u.a. im Hinblick auf eine mögliche teratogene Wirkung wer-den dringend weitere Daten benötigt.

Ammoniumpolyphosphat (APP)

APP scheint nur in geringem Masse im Körper absorbiert zu werden (wird zu Phosphat- undAmmonium-Ionen hydrolisiert, die absorbiert werden). Die Substanz scheint eine geringeToxizität aufzuweisen und wird in der Umwelt zu Ammoniak und Phosphat abgebaut. Daherkann es zur Eutrophierung von Gewässern beitragen.

Für diese Substanz konnten die wenigsten Daten gefunden werden, eine umfassende Bewer-tung ist daher nicht möglich.

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Aluminiumhydroxid (ATH)

ATH ist in geringem Maße bioverfügbar. Die Bioverfügbarkeit sinkt mit steigender Konzentra-tion. Andererseits akkumuliert ATH in verschiedenen Körpergeweben. Aus toxischer Sichtsind insbesondere eine mögliche neurotoxische sowie zytotoxische Wirkung und fötotoxischeEffekte von Bedeutung. Studien zur Toxizität konzentrieren sich hauptsächlich auf den medi-zinischen Einsatz von ATH und somit auf völlig andere Expositionsszenarien.

Zur Ökotoxikologie finden sich wahrscheinlich bedingt durch das verbreitete natürliche Vor-kommen kaum Daten.

Aufgrund der Daten kann ein Risiko für den Menschen durch den Einsatz als Flammschutz-mittel vermutet, aber nicht beurteilt werden. Auswirkungen auf die Umwelt können nichtbeurteilt werden.

Magnesiumhydroxid (MDH)

Die Absorption bei oraler Aufnahme von MDH sinkt mit zunehmender Konzentration. Ein Teildes Magnesiumhydroxids dissoziiert im Magen und wird in Form von Magnesium-Ionen auf-genommen. Die Konzentration von Magnesium-Ionen wird im Körper homeostatisch regu-liert. Beobachtete adversen Wirkungen sind vor allem auf eine zu hohe Konzentration derMagnesium-Ionen v.a. im Zusammenhang mit Medikationen zurückzuführen. Ein wesentli-ches Risiko für die Bevölkerung aus dem Einsatz als Flammschutzmittel wird aufgrund derwenigen vorliegenden Daten seitens der Verfasserin nicht gesehen. Diese Einschätzung kannsich natürlich aufgrund neuer Erkenntnisse ändern.

Zur Ökotoxikologie finden sich wahrscheinlich bedingt durch das verbreitete natürliche Vor-kommen kaum Daten, daher können die Auswirkungen des Einsatzes als Flammschutzmittelauf die Umwelt nicht beurteilt werden.

Natriumtetraborat-Decahydrat (Borax)

Borax kann absorbiert werden, die Absorptionsrate ist jedoch geringer als bei wasserlösliche-ren Boraten. Im Körper wird Bor v. a. in und an Knochen angereichert.

Borax wurde als reproduktionstoxisch eingestuft. Zusätzlich gibt es den Verdacht auf einefötotoxische Wirkung. Hinweise auf eine neurotoxische Wirkung bei Kleinkindern und eineBeeinflussung des Hormonsystems bei Frauen liegen ebenfalls vor.

Aufgrund der oben genannten Gründe könnte ein Gesundheitsrisiko bestehen, für eine be-lastbare Risikobewertung reichen die vorgefundenen Studien jedoch nicht aus.

In der Umwelt zerfällt Borax rasch zu natürlichem Borat. Die Daten zur Ökotoxizität sind ab-gesehen von aquatischen Kompartimenten sehr dürftig daher können die Auswirkungen desEinsatzes als Flammschutzmittel auf die Umwelt nicht beurteilt werden.

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Nanomaterialien

Obwohl Nanomaterialien zumindest im Bereich der Flammschutzmittel noch ein Randthemasind, zeigen sich Bestrebungen den Einsatz dieser Materialien zu erhöhen. Aufgrund der Tat-sache, dass sich nanoskalige Materialien und Partikel anders verhalten können als in ihrermakroskaligen Form, kann die Toxizität der Substanzen nicht aus den bisherigen Toxizitäts-daten abgeleitet werden. Untersuchungen, die sich explizit mit dem Umweltverhalten undder Toxizität von Nanomaterialien beschäftigen, liegen bisher kaum vor. Die derzeitigen Er-gebnisse betonen allerdings die Notwendigkeit, rasch eine umfassende belastbare Datenba-sis aufzubauen. Es ist anzunehmen, dass sich diesbezügliche Studien auf andere Einsatzfel-der konzentrieren werden, bei denen der Einsatz gebräuchlicher ist oder forciert wird (wieKosmetika, antibakterielle Beschichtungen mit Silber etc.)

Die aktuelle Datenlage selbst lässt keine Risikobewertung zu.

Allgemein

Global betrachtet, kann durch den Einsatz von Flammschutzmitteln in Kunststoffen die Emis-sion von Dioxinen, Furanen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, Kohlendioxidund Kohlenmonoxid im Vergleich zu ungeschützten Kunststoffen verringert werden. DerGrund liegt hauptsächlich in einer wesentlichen Reduzierung sowohl der Anzahl als auch derSchwere der Brände. In den zugrundeliegenden Annahmen wird davon ausgegangen, dassinsbesondere Anlagen zur thermischen Verwertung bestimmten Ansprüchen an die Verbren-nungsbedingungen sowie die Emissionskontrolle genügen.

Leider wird innerhalb der EU für einen großen Anteil flammgeschützter Kunststoffe keineordnungsgemäße Entsorgung gemeldet und vermutlich wild deponiert oder unsachgemäßrezykliert oder verwertet. Hierdurch sind wesentliche Umwelt- und Gesundheitsbelastungenzu erwarten. Die EU beziehungsweise ihre Mitgliedsstaaten müssen hier Maßnahmen treffen,dass zum einen die angestrebte sachgemäße Behandlung von Kunststoffabfällen erhöht wirdund eine wilde Deponierung oder unsachgemäße Verwertung und Rezyklierung weitestge-hend vermieden wird. Die diesbezüglichen Prognosen sagen das Gegenteil voraus (bezogenauf die Jahrestonnage der nicht als sachgemäß behandelten gemeldeten Kunststoffe), sodass hier dringender Handlungsbedarf besteht.

Der positive Beitrag von Flammschutzmitteln für den Personenschutz im Brandfall ist unbe-stritten. Die Verbrennungsprodukte können allerdings zu einer stärkeren Reizwirkung desBrandrauches und damit zu einer größeren Bedeutung von Reizgasen bei Rauchgastintoxika-tionen führen. In diesem Zusammenhang wären umfangreichere Daten zum einen zur Kom-binationswirkung aller Brandfolgeprodukte (Brandgase, Rauchpartikel, Hitze) und zum ande-ren der Expositionsszenarien (z. B. Einmischung von Reizgasen in die raucharme Schicht undderen Auswirkung) wünschenswert.

Handlungsbedarf

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Die Datenlage zur Toxizität der ausgewählten Flammschutzmittel muss teilweise erheblichverbessert werden, um überhaupt alle möglichen Risiken zu identifizieren und eine umfas-sende Risikobeurteilung durchführen zu können.

Dringender Handlungsbedarf besteht ebenfalls hinsichtlich der Sicherstellung der sachgemä-ßen Handhabung flammgeschützter Kunststoffabfälle, um Umwelt- und Gesundheitsbelas-tungen durch unsachgemäße Handhabung selbiger zu vermeiden.

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[Nano] Kohlenstoff-Nanoröhrchen und die Umwelt, EnvirChem, publiziert 08.04.2009www.internetchemie.info

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[REACH] Verordnung 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung che-mischer Stoffe (REACH)

[Rennoch] Dr. Detlef Rennoch, Untersuchung über die Rauchentwicklung von Baustoffenin natürlichen Bränden – Physikalisch-chemische Analyse sowie toxikologischeBeurteilung der beim thermischen Zerfall organisch-chemischer Baustoffe ent-stehenden Brandgase (Literaturstudie), Teil 1, 1978, IRB-Inventar-Nr. T 748/1

[RoHS] Richtlinie 2002/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom27.01.2003 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffein Elektro- und Elektronikgeräten

[RoHS neu] Vorschlaf für eine Neufassung: Richtlinie des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffein Elektro- und Elektronikgeräten, 03.12.2008, KOM(2298) 809 endgültig

[Takeshi] Takeshi Kashiwagi et al, Thermal Degradation and Flammability Properties ofPP/Carbon Nanotube Composites, Macromolecular Rapid Communications,2002, Bd. 23, Seite 761-765

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[SCENIHR] The appropriateness of existing methodologies to assess the potential risksassociated with engineered and adventitious products of nanotechnologies,modified opinion, synthesis report, Scientific Committee on Emerging andnewly Identified Health Risks (SCENIHR), März, 2006http://ec.europe.eu/health/ph_risk/documents/synh_report.pdf

[SCHER] SCHER Opinion on the risk assessment report on hexabromocyclododecane(HBCD), environmental part, CAS 25637-99-4, 6. Mai 2008, ScientificCommittee on Health and Environmental Risks (SCHER)

[sft] Guidance on alternative flame retardants tot he use of commercialpentabromodiphenylether, sft

[Stec 07] A. Stec, R. Hull, Toxic combustion products from fire retarded nanocompositepolymers, in: Proceedings oft he 5th International Seminar on Fire and Explo-sion Hazards, Edinburgh, April 2007www.see.ed.ac.uk/feh5

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[Troitzsch] J. Troitzsch, Plastics Flammability Handbook, 3. überarbeite Ausgabe, HanserVerlag, 2004

[UBA 01] Dr. André Leisewitz, Dr. Winfried Schwarz, Erarbeitung von Maßnahmenvor-schlägen zur Substitution umweltrelevanter Flammschutzmittel bei Leiterplat-ten, Außengehäusen für IT- und TV-Geräte sowie Polyurethan-Dämm- undMontageschäumen, Workshop-Berichte, Umweltbundesamt, 2001

[UBA 07] Bromierte Flammschutzmittel in Elektro- und Elektronikgeräten, Fachpapierdes Umweltbundesamtes, Februar 2007

[UBA 08] Bromierte Flammschutzmittel – Schutzengel mit schlechten Eigenschaften?,Umweltbundesamt, April 2008

[UBA 09] Nanotechnik für Mensch und Umwelt, Hintergrundpapier, Umweltbundesamt,Oktober 2009

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[UBA 27/01] Dr. Hermann Kruse et al., Erarbeitung von Bewertungsgrundlagen zur Substi-tution umweltrelevanter Flammschutzmittel – Teil III: Toxikologisch-Ökotoxikologische Stoffprofile ausgewählter Flammschutzmittel, Umweltbun-desamt, Dezember 2000, Text 27/01

[UBA 55/03] Dr. Sabine Kemmlein et al., Emissionen von Flammschutzmitteln aus Baupro-dukten und Konsumgütern, Umweltbundesamt, September 2003, Text 55/03

[WHO] Flame retardants: tris(chloropropyl) phosphate andtris(2chloroethyl)phosphate, environmental health criteria 209, InternationalProgramme on Chemical Safety, WHO, 1998, ISBN 92 4 157209http://www.inchem.org/documents/ehc/ehc/ehc209.htm

[wiki a] Verwertung von Kunststoffabfällen, Wikipedia, zuletzt besucht am 29.06.2010http://de.wikipedia.org/wiki/Verwertung_von_Kunststoffabf%C3%A4llen

[wiki b] Magnesiumhydroxid, Wikipedia, zuletzt besucht am 29.06.2010http://de.wikipedia.org/wiki/Magnesiumhydroxid

[wiki c] Hexabromcyclododecan, Wikipedia, zuletzt besucht am 29.06.2010http://de.wikipedia.org/wiki/Hexabromcyclododecan

[Wilk] Persönliche Mitteilung, Brand Spinnerei

[Vehlow] Vehlow et al (Forschungszentrum Karlsruhe), Recycling of bromine from plas-tics containing brominated flame retardants in state-of-the-art combustionfacilities, Technical report, APME - Association of Plastics Manufactures in Eu-rope, Mai 1999

[Vetpharm] CliniPharm Wirkstoffdatenhttp://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?wir/00000130/9428_08.htm?wir/00000130/9428_00.htm

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8 Abkürzungsverzeichnis

ABS Acrylnitril-Butadien-Styrol

APP Ammoniumpolyphosphat

DecaBDE Decabromdiphenylether

EC effektive Dosis

FEC Fractional Effective Concentration

FED Fractional Effective Dose

FTIR Fourier Transformation Infrarot-Spektroskopie

HBCD Hexabromcyclododecan

HFKW teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe

KG Körpergewicht

LD letale Dosis

PA Polyamid

PAK Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

PBB polybromierte Biphenyle

PBDE polybromierte Diphenylether

PBT persistent, bioakkumulierbar und toxisch (Stoffeinstufung)

PC Polycarbonat

PE Polyethylen

PET Polyethylenterephthalat

POP persistent organic pollutant (Stoffeinstufung)

PS Polystyrol

PUR Polyurethan

PVC Polyvinylchlorid

REACH Verordnung 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemi-scher Stoffe (REACH)

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RoHS Richtlinie 2002/95/EG zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicherStoffe in Elektro- und Elektronikgeräten

TBBA Tetrabrombisphenol A

TBDD Tetrabromdibenzodioxine

TCDD Tetrachlordibenzodioxine

TCPP Tris(chlorpropyl)phosphat

TPP Triphenylphosphat

UL94 Prüfnorm der Underwriters Laboratory