Despuig Deutsch myriad - Palma Cultura · jene von Isabel de Farnesio im Palast Granja de San...

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DEUTSCH 1 Kardinal Despuig Antoni Despuig i Dameto, Sohn der Grafen von Montenegro und Montoro, wird am 31. März 1745 im familieneigenen Palast an der Straße Montenegro in Palma geboren. Als zweiter Sohn einer adeligen Familie ist er für eine militärische Laufbahn bestimmt, doch aus den Schriften von A. Despuig geht hervor, dass er von klein auf seine Berufung zu einem Kirchenamt sowie zu Theologie- und Philosophiestudien verspürte. Damit lag er bestimmt nicht falsch, denn er machte eine glänzende Karriere und brachte es bis zum Kardinal. Er studiert Geisteswissenschaften am Colegio de Montesión sowie Philosophie, kanonisches Recht und Juristik an der Universidad Luliana de Mallorca. Im Jahr 1774 wird er zum Priester geweiht, wonach er das Amt des Domherrn von Mallorca übernimmt. Im Lauf seines Lebens werden ihm die folgenden Amtswürden zuteil: Rektor und Prokanzler der Universidad de Mallorca (1783), Auditor der Sacra Rota Romana (1785), Bischof von Orihuela (1791), Erzbischof von Valencia und Sevilla (1795) und Patriarch von Antiochia (1798). 1803 erhält er schließlich von Papst Pius VII den Titel des Kardinals des Heiligen Calixtus. Am 17. Mai 1809 gliedert Napoleon den Kirchenstaat ins französische Kaiserreich ein. Despuig wird im Seminar von Rom eingesperrt und später nach Paris gebracht, bis er aufgrund schwerwiegender gesundheitlicher Probleme die Erlaubnis erhält, sich zum Kurort Lucca zu begeben, wo er am 2. Mai 1813 stirbt. In seinem Testament bestimmt er, dass sein Herz nach Mallorca gebracht werden sollte, um dort neben den sterblichen Überresten der Heiligen Catalina Tomás im Kloster Santa Magdalena in Palma zu ruhen, sobald die politische Situation es erlaubte.

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Kardinal Despuig

Antoni Despuig i Dameto, Sohn der Grafen von Montenegro und Montoro, wird am 31. März 1745 im familieneigenen Palast an der Straße Montenegro in Palma geboren. Als zweiter Sohn einer adeligen Familie ist er für eine militärische Laufbahn bestimmt, doch aus den Schriften von A. Despuig geht hervor, dass er von klein auf seine Berufung zu einem Kirchenamt sowie zu Theologie- und Philosophiestudien verspürte. Damit lag er bestimmt nicht falsch, denn er machte eine glänzende Karriere und brachte es bis zum Kardinal. Er studiert Geisteswissenschaften am Colegio de Montesión sowie Philosophie, kanonisches Recht und Juristik an der Universidad Luliana de Mallorca. Im Jahr 1774 wird er zum Priester geweiht, wonach er das Amt des Domherrn von Mallorca übernimmt. Im Lauf seines Lebens werden ihm die folgenden Amtswürden zuteil: Rektor und Prokanzler der Universidad de Mallorca (1783), Auditor der Sacra Rota Romana (1785), Bischof von Orihuela (1791), Erzbischof von Valencia und Sevilla (1795) und Patriarch von Antiochia (1798). 1803 erhält er schließlich von Papst Pius VII den Titel des Kardinals des Heiligen Calixtus. Am 17. Mai 1809 gliedert Napoleon den Kirchenstaat ins französische Kaiserreich ein. Despuig wird im Seminar von Rom eingesperrt und später nach Paris gebracht, bis er aufgrund schwerwiegender gesundheitlicher Probleme die Erlaubnis erhält, sich zum Kurort Lucca zu begeben, wo er am 2. Mai 1813 stirbt. In seinem Testament bestimmt er, dass sein Herz nach Mallorca gebracht werden sollte, um dort neben den sterblichen Überresten der Heiligen Catalina Tomás im Kloster Santa Magdalena in Palma zu ruhen, sobald die politische Situation es erlaubte.

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Der aufgeklärte Despuig

Die Familie Despuig weiß gute Kontakte zur Monarchie einzufädeln. Die Familie erweitert ihren Einfluss und ihr Prestige, indem sie während des Erbfolgekriegs Felipe V die Treue hält. Der Kardinal pflegt seine Beziehung zu Carlos IV und seiner Gattin María Luisa de Borbón, denen er eine 1785 von Muntaner gravierte Landkarte von Mallorca widmet. Nicht nur der Königsfamilie steht er nahe, sondern auch den Premierministern, vor allem Manuel Godoy, mit dem er korrespondiert. Antoni Despuig ist zweifelsohne ein Mann seiner Zeit und als solcher nimmt er Anteil an der in Europa vorherrschenden Bewegung der Aufklärung. Aus der Familie Despuig stammen herausragende Mitglieder des Malteser-Ordens. Aus diesem Grund soll die erste Italienreise des Presbyters (1782) über Neapel und Sizilien zur Insel Malta führen. Unglücklicherweise wird Kalabrien während der Reise von schweren Erdbeben heimgesucht, die Messina zerstören, was Despuig dazu zwingt, die hingebungsvoll geplante Reise zu unterbrechen. 1787 beginnt die römische Lebensetappe mit den Ausgrabungen in Ariccia, aus denen der Kern der hier gezeigten Sammlung hervorgehen sollte. In der Hinterlassenschaft von Despuig auf Mallorca können wir drei grundsätzliche Leistungen hervorstreichen:

- Die Heiligsprechung der Schwester Catalina Tomás - Die Gründung der Kunstgewerbeschule - Die Eröffnung des Museums von Raixa

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Vorgeschichte

Was hat Despuig am Hof und in Italien gesehen? Welche Vorbilder inspirierten seine Sammlung? Zweifelsohne die Sammlungen des Museums der Portici in Neapel, der Ludovissi und Borghese in Rom und jene von Isabel de Farnesio im Palast Granja de San Ildefonso. Kardinal Scipione Borghese (1576-1633), ein Neffe von Papst Paul V und Mäzen von Bernini, war im Rom seiner Zeit eine überragend mächtige Persönlichkeit. In dieser Epoche nahm der Barock seinen Anfang, es war die Zeit der Errichtung großer Gebäude und Kirchen, und somit auch der Entdeckung von Überresten des Römischen Kaiserreichs sowie des Beginns der großen Skulpturensammlungen. Seine Erben sollten die Sammlung bis zur napoleonischen Plünderung erhalten und erweitern. Eine weitere bedeutende Sammlerin des 17. Jahrhunderts war Cristina Alexandra Vasa (1626-1689). Nach ihrem Verzicht auf den schwedischen Thron ließ sie sich in Rom nieder, wo sie eine bedeutende Kunstsammlung zusammenstellte. Einige Werke stammten aus der Sammlung von Kardinal Ludovissi. Nach ihrem Tod wurde alles verkauft, um die während ihres umtriebigen Lebens angehäuften umfangreichen Schulden zu begleichen. Ein Teil dieser Hinterlassenschaft – konkret 50 Statuen, 100 Büsten und 11 Säulen – wurde 1724 von Felipe V für seine zweite Gattin erworben, Isabel de Farnesio, Mutter von Carlos III. Die Werke wurden im Palast Granja de San Ildefonso in Segovia hinterlegt. Derzeit kann man sie im Museo del Prado bewundern. Im Jahr 1754, während der Herrschaft von Carlos III (VII von Neapel), wurde der erste Katalog der bei den Ausgrabungen von Pompeji, Herculaneum und Stabiae entdeckten historischen Objekte veröffentlicht, und 1758 eröffnete das Museo Ercolanese in Portici. Im 18. Jahrhundert wurde das allgemeine und öffentliche Museum gegründet. Die Vatikanischen Museen erlebten eine Blütezeit, als sie eine permanente Ausstellung der päpstlichen Sammlungen von Objekten des Altertums ins Leben riefen, die um neue Stücke aus den Sammlungen Albani, Medici, Farnese und Matei erweitert wurde.

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• Grupo de San Ildefonso

• Museo Nacional del Prado

• Hermafrodita Borghese

• Musée du Louvre

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Aufbau der Sammlung „Die Reichen sammeln sie, die Antiquare studieren sie, die Amateure besuchen sie, die Künstler nehmen sie als Vorbild, die Bürger schmücken mit ihnen ihre Kamine und die Basare machen sie mit Fotografien und Abbildungen populär.“ *

Die Begeisterung für die Welt des Altertums, die im Rom der Aufklärung ihren Anfang nimmt, gipfelt im 18. Jahrhundert in einer neuen Erscheinung: der Antikomanie. Die „Grand Tour“, Vorläuferin der heutigen Studienreisen, wird bei jungen Europäern der Oberschicht, speziell bei den Engländern, immer beliebter und führt in Rom zur Inbetriebnahme zahlreicher Ateliers für die Restaurierung und den Verkauf von Antiquitäten (Cavaceppi, Pallici, Pacetti, Angelini, Albanici oder Piranisi).

Einige Werke der italienischen Sammlungen und Museen erlangen einen enormen Ruhm und werden mittels Nachbildungen massiv verbreitet. Auch der Markt für Fälschungen wächst an. Die Sammlungen der Kopien von Kameenbildern in Form kleiner, tragbarer Museen, wie sie von Pietro Paolettis Atelier in Rom hergestellt werden, überschwemmen die Bibliotheken europäischer Reisender, Intellektueller und Autoren. In dieser Zeit kommt es oft vor, dass Gelehrte die Ausgrabungsrechte bestimmter Grundstücke kaufen, unter denen die Reste antiker Gebäude vermutet werden. Despuig erwirbt die Konzession für Ausgrabungen in Ariccia südlich von Rom, mutmaßlicher ehemaliger Standort eines antiken Tempels, der Diana gewidmet war. Antoni Despuig nutzt seine Italien-Aufenthalte, um ein möglichst komplettes und didaktisches Antiquitätenkabinett aufzubauen, das dazu gedacht ist, von den Mallorquinern betrachtet zu werden, und das daher im Familien-Landsitz Raixa ausgestellt werden soll. Die bei den Ausgrabungen entdeckten Stücke werden mit Skulpturen zu klassischen Themen ergänzt, die auf dem Antiquitätenmarkt erworben werden. Es handelt sich um Nachbildungen von Stücken anderer Sammlungen sowie Werke, die auf Mallorca von drei dafür engagierten Bildhauern restauriert werden. Mit der Durchführung dieses Projekt wird sein Neffe und Erbe Joan Despuig i Safortesa beauftragt. Der Palast von Montenegro im Zentrum der Stadt sollte die Bibliothek, die Münzsammlung, die beeindruckende Pinakothek mit Werken von Künstlern wie Juan de Juanes, Murillo, Zurbarán, Caravaggio, Rubens und Van Dyck (1846, Bestandsverzeichnis von J.M. Bover) sowie die Gravuren-Sammlung beherbergen.

* Handbuch des Museo Nacional de Escultura

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Aufbau der Sammlung.

Ausgrabung

Kauf

Nachbildung

Restaurierung

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Das Auseinanderbrechen der Sammlung Die in diesen Sälen ausgestellte Sammlung Despuig klassischer Bildhauerei stellt den Rest eines Schiffbruchs dar. Die Hinterlassenschaft von Kardinal Despuig ist leider auseinandergebrochen. Während die Inschriften-Sammlung vollständig erhalten blieb, ist ein bedeutender Teil der Skulpturensammlung unwiederbringlich verloren gegangen. Ende des 19. Jahrhunderts war der Erbe Ramon Despuig i Fortuny nicht willig oder in der Lage, das von seinen Vorfahren erhaltene Vermögen zu erhalten. Als Erster 1898 warnt Estanislau de K. Aguiló vor dem Ausverkauf des Vermögens der Familie Montenegro: Die Bibliothek, die Pinakothek und die Münzsammlung des Palastes in Palma wechseln den Besitzer. Zwischen 1897 und 1900 wird ein großer Teil der Skulpturensammlung von Raixa an den Bierfabrikanten Karl Jacobsen verkauft. Heute können diese Stücke in der Ny Carlsberg Clyptotek in Kopenhagen betrachtet werden. Danach werden die nicht von Jacobsen erworbenen Stücke bei einer Auktion verkauft, die am 11. Juli 1900 in Paris stattfindet. Die wertvollsten Werke gehen nach Boston (Museum of Fine Arts), Berlin (Altes Museum), Brüssel sowie an unbekannte private Sammlungen. Auch das Kunstmuseum von Bilbao und das Archäologische Museum von Barcelona bewahren einige Stücke, die aus Raixa stammen. Zwischen 1917 und 1919 bemühen sich Guillem Reynés und Josep Ramis d’Ayreflor darum, dass eine öffentliche Körperschaft sich um die Reste der Sammlung kümmert, und erwirken mit dem neuen Besitzer von Raixa ein Übereinkommen, um den Zerfall der Sammlung, der zwanzig Jahre zuvor eingesetzt hatte, zu stoppen. Doch erst 1923 erwirbt die Stadtverwaltung von Palma die Sammlung für 81.147 Peseten sowie unter der Bedingung, diese Hinterlassenschaft „weder ganz noch teilweise, und schon gar nicht außerhalb von Mallorca“ zu veräußern. Die Sammlung, die sich seit 1932 in der Burg Bellver befindet, übersteht einen Krieg und es gesellen sich archäologische Objekte hinzu, die aus den ersten auf der Insel durchgeführten Ausgrabungen stammen. 1960 wird die Sammlung wegen Arbeiten am Gebäude in ein Lager gebracht und fällt in Vergessenheit, bis sie 1995 wieder öffentlich ausgestellt wird.

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Die verstreute Sammlung

Berlin, Altes Museum Boston, Fine Arts Museum

Bilbao, Museo de Bellas Artes

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Die verstreute Sammlung Ny Carlsberg Glyptotek Kobenhagen

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