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Deutsche aus Russland in Niedersachsen: Engagement im öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben Herausgegeben von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. mit Unterstützung der Landesregierung Niedersachsen

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Deutsche aus Russlandin Niedersachsen:

Engagementim öffentlichen, wirtschaftlichen

und kulturellen Leben

Herausgegeben von derLandsmannschaft

der Deutschen aus Russland e.V.mit Unterstützung

der Landesregierung Niedersachsen

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Deutsche aus Russland in Niedersachsen: Engagement im öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben

InhaltsverzeichnisGrußwort des Niedersächsischen Ministers für Inneres, Sport und Integration, Uwe Schünemann........................................... 3Vorwort der Vorsitzenden der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft, Lilli Bischoff............................................4 “Vom langen Weg zurück”: Ein Volk auf der Suche nach der Heimat – Deutsche aus Russland in Niedersachsen .................5Friedland: “Tor zur Freiheit” und “Symbol der Nächstenliebe”..........................................................................................................8Landesverband Niedersachsen: Für mehr politisches Engagement und intensive Vereinsarbeit ...............................................10Partnerschaft: Landesverband Niedersachsen – Deutsches Kulturzentrum Tjumen 12

Ortsgruppen stellen sich vor - Aktivitäten der Deutschen aus Russland:Braunschweig: Tanzgruppe “Rhythmus” - Tanzen stärkt das Selbstwertgefühl ...........................................................................13 Delmenhorst: Schwerpunkt Seniorenarbeit...........................................................................................................................................13Diepholz: Chor “Liane” - Musik ist die schönste Sprache der Welt..................................................................................................14Gifhorn: Mit positivem Erscheinungsbild überzeugen .......................................................................................................................14Hannover: Attraktiv mit vielfältigem Angebot .....................................................................................................................................15Lüneburg: Tradition Deutsch-Russische Kulturabende.......................................................................................................................16Neustadt: 12 Jahre “Vergissmeinnicht” ..................................................................................................................................................16Osnabrück: Mit Präsenz für mehr Anerkennung.................................................................................................................................17Salzgitter: Neuanfang mit viel Elan........................................................................................................................................................18Wolfsburg: 25 Jahre “Chor der Deutschen aus Russland”..................................................................................................................19Projekt “Zukunft gehört dem Ehrenamt“..............................................................................................................................................20

Ehrungen für aktive Mitglieder der Landsmannschaft:Wendelin Jundt, Lilli Bischoff, Peter Reger ............................................................................................................................................21Frieda Dercho, Lilli Hartfelder, Oskar Schulz .......................................................................................................................................22

Porträts:Nadeshda Kurz, Paul Derabin, Andreas Maurer ..................................................................................................................................23Ludmilla Neuwirth, Dr. Alfred Eisfeld, Dr. Viktor Bruhl ....................................................................................................................24Tatjana Geng, Dr. Viktor Heinz, Anna Weinert .....................................................................................................................................25Waldemar und Adina Darscht, Heinrich Dick, Olga Fondis...............................................................................................................26Viktor Zibori, Eugen Murdasow, Olga Michel ......................................................................................................................................27Viktor Jersch, Familie Schubert, Lilia Tetslau ........................................................................................................................................28Robert Hettich, Andrej Becker, Alwine Höhler-Schuhmann...............................................................................................................29Maria Schumann, Viktor Hurr, Albert und Maria Schewe..................................................................................................................30Olga Melcher und Olga Deutsch, Wilhelm Gratschow, Shanna Weiser ............................................................................................31JSDR – Landesverband Niedersachsen ..................................................................................................................................................32

Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Niedersächsischen Landesregierungfür die Unterstützung beim Zustandekommen der vorliegenden Broschüre.

Ebenso herzlich bedanken wir uns bei den Ortsgruppen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Niedersach-sen für ihre Hilfe bei den Recherchen und Informationen über das Engagement der Deutschen aus den Nachfolgestaaten derSowjetunion. Für weitere Informationen und Fotos geht der Dank an Oskar Schulz (Nienburg), Wladimir Paschenko (Kas-sel), Tatjana Geng (Hannover), Dr. Georg Löwen (Zeitung “Semljaki”), Angelika Schwarz und Irina Reisler (Braunschweig),Jennifer Osthus (LSB “Integration durch Sport”). Ein besonderer Dank gilt dem Künstler Viktor Hurr (Osnabrück) für die Re-produktionen aus dem Bilderzyklus “Vom langen Weg zurück”, die den geschichtlichen Teil veranschaulichen.Die übrigen Fotos der Broschüre stammen aus dem Archiv der Landsmannschaft (“Volk auf dem Weg”, Orts- und Landes-gruppen) sowie aus Privatarchiven der vorgestellten Personen.

Impressum

“Deutsche aus Russland in Niedersachsen:Engagement im öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben“ (2008)

Herausgeber: Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.mit Unterstützung der Landesregierung Niedersachsen

Texte: Nina PaulsenRedaktion und Layout: Hans Kampen

Druck: W. Kohlhammer, Druckerei GmbH + Co. KG

Titelbilder (von links oben im Uhrzeigersinn): Robert Hettich (siehe S. 29); Ehrung für Wendelin Jundt (S. 21); Wolfsburger Chor(S. 19); Partnerschaft Niedersachsen - Tjumen (S. 12); Dr. Alfred Eisfeld (S. 24); Lilia Tetslau (S. 28).

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Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Landsleute!

Unser Land hat in seiner Geschichteseine Integrationsfähigkeit mehrfachunter Beweis gestellt. Niedersachsenhat nach dem Kriege mehr als 2 Mil-lionen Heimatvertriebene undFlüchtlinge aufgenommen. Ohnediese Menschen wäre der Aufbau un-seres Landes und unserer Städtenicht möglich gewesen. Auch unsereSpätaussiedler haben das Leben inNiedersachsen aktiv mitgestaltet undzur Erfolgsgeschichte des Landesbeigetragen. Als Sportminister binich besonders stolz auf die hervorra-genden sportlichen Aktivitäten unse-rer neuen Landsleute.

Integration ist eine der wichtigsteninnenpolitischen Aufgaben und He-rausforderungen unserer Zeit. DasGelingen der Integration zugewan-derter Menschen ist ein zentrales An-liegen der Politik der Niedersächsi-schen Landesregierung und entschei-dend für den Zusammenhalt sowiedie Stabilität unseres Gemeinwesens.

Integration ist ein wechselseitigerProzess und steht unter dem Leit-prinzip “Fördern und fordern!”. DasLand Niedersachsen bietet vielfältigeFördermaßnahmen. Aber nur durchpersönliche Anstrengungen lassensich gemeinsam mit den verschiede-nen staatlichen und gesellschaft-lichen Akteuren die Herausforderun-gen der Kernaufgabe Integration er-folgreich meistern. Dazu gehört ins-besondere das Erlernen und Beherr-schen der deutschen Sprache, denndie Sprache ist der Türöffner in unse-rem Land: für Schule, Erwerbslebenund die Kommunikation in unsererGesellschaft überhaupt.

Die nachhaltigen Bemühungen desLandes und der Kommunen sowiedie sozialen Dienstleistungen insbe-sondere der freien Wohlfahrtsver-bände, der Kirchen, der Bildungsein-richtungen, der Sportvereine, derFreiwilligen Feuerwehren sowie un-zähliger privater Initiativen tragen -jede auf ihre Art - dazu bei, die Integ-ration unserer Spätaussiedler zu för-dern. Gerade das ehrenamtliche En-gagement vor Ort ist für eine erfolg-reiche Integrationspolitik unverzicht-bar.

Die Mehrzahl der Spätaussiedler istbereits integriert. Sie haben denSprung in Ausbildung und Arbeits-markt geschafft. Sie sind fester Be-standteil der örtlichen Gemeinschaftund gute Nachbarn geworden. Siebereichern unsere Gesellschaft undtragen mit ihren Potenzialen zu ei-

nem vielfältigen, weltoffenen undinnovativen Niedersachsen bei.

Die Lektüre dieses Heftes ermöglichtbeispielhaft Einblick in die Fähigkei-ten und Fertigkeiten, die die Deut-schen aus Russland zu uns “mitge-bracht” haben. Anhand ihrer Porträtswerden die vielfältigen Qualitätenund Kompetenzen sichtbar und einerbreiteren Öffentlichkeit zugängig ge-macht. Sie sind die besten Beispieledafür, dass ihre Integration in Nie-dersachsen gelungen ist. Ihre vor-bildlichen Anstrengungen und ihreZielstrebigkeit in Schule, Beruf oderFreizeit sind es, die anderen Mut ma-chen sollen, sich den Herausforde-rungen der Integration zu stellen.

Gleichermaßen sind aber auch die“einheimischen” Niedersachsen ge-fordert, ihren Teil zur Integration un-serer Spätaussiedler zu leisten. An ih-nen liegt es, unsere neuen Mitbürger,beispielsweise durch die Ermunte-rung zur Mitgliedschaft in Vereinenoder zu ehrenamtlichem Engage-ment, in unserer Mitte aufzunehmen.Vorurteile und Diskriminierunggegenüber Spätaussiedlern, aberauch anderen Zuwanderern dürfenin unserem demokratischen Gemein-wesen keinen Platz haben.

Daher wünsche ich dieser Broschürenicht nur viele Leserinnen und Leserunter den Deutschen aus Russland,sondern auch unter allen Bürgerinn-nen und Bürgern unseres Landes -machen Sie sich Ihr eigenes Bild!

Uwe Schünemann

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Uwe Schünemann

Grußwortdes Niedersächsischen Ministers für Inneres,

Sport und Integration,Uwe Schünemann

Niedersachsen ist ein Land gelebter Integration

Deutsche aus Russland in Niedersachsen

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Liebe Landsleute, liebe Leserinnen und Leser,

mit dieser Broschüre erinnert die Lan-desgruppe Niedersachsen der Lands-mannschaft der Deutschen aus Russ-land e.V. die breite Öffentlichkeit an diefolgenreiche Auswanderung der Deut-schen aus Hessen, der Pfalz, Württem-berg, Baden und Bayern vor über 200Jahren nach Russland, eine Auswande-rung, deren positive und negative Aus-wirkungen sowohl in der russischenals auch der deutschen Geschichte un-übersehbare Spuren hinterlassen ha-ben. Die Nachfahren jener Deutschenkommen seit über 50 Jahren zurück indas Land ihrer Vorfahren - wie schonbei der Ausreise aus sehr verschiede-nen Gründen; die Nachwirkungen derbeiden Weltkriege stehen dabei imVordergrund.Auch der kurze Einblick in die Ge-schichte des GrenzdurchgangslagersFriedland - für das Gros der Deutschenaus der ehemaligen Sowjetunion Sym-bol und Inbegriff des Neubeginns, aberauch ein Ort des Erinnerns und des Ge-denkens - gehört unzertrennlich zurGeschichte der Russlanddeutschen, dieauf der Suche nach einer Heimat sind.In diesem Sinne soll die vorliegendePublikation ein Beitrag zum besserenVerständnis der geschichtlichen Hin-tergründe und der heutigen Situationder Deutschen aus den Nachfolgestaa-ten der Sowjetunion, zur besseren In-tegration und zu mehr Solidarität mitden betroffenen Menschen sein.Die gesamte Integrationsgeschichte derDeutschen aus Russland in Nieder-sachsen zeigt, welches gewaltige Po-tenzial die Aussiedlerfamilien mitge-bracht haben. Landesweit haben sichOrtsverbände der Landsmannschaftder Deutschen aus Russland etabliertund in jahrelangem ehrenamtlichemEngagement wertvolle Erfahrungengesammelt, wie Integration als Hilfezur Selbsthilfe vor Ort unterstützt wer-den und gelingen kann.Zahlreiche Deutsche aus Russland ha-ben beeindruckende Leistungen in kul-turellen und sportlichen, aber auch in

gesellschaftspolitischen und wirt-schaftlichen Bereichen erzielt. Die 37Biografien von Aussiedlern – aus allenGenerationen und Berufen – stehenstellvertretend für zahlreiche ähnlicheLebensgeschichten und entkräften un-ter anderem auch so manches Vorurteilgegenüber den “Fremden aus dem Os-ten”.So gesehen ist diese Broschüre aucheine Plattform für gegenseitiges Ken-nenlernen, Erfahrungsaustausch undDialog und somit eine Hilfestellung fürdas Zusammenwachsen der einheimi-schen Deutschen mit den zugewander-ten Deutschen aus Russland, die sichnichts sehnlicher wünschen, als anzu-kommen, akzeptiert und anerkannt zuwerden. Denn: Integration ist kein ein-seitiger Prozess, sondern eine Aufgabevon nationaler Bedeutung. Und so er-fordert sie Anstrengungen von allen -vom Staat und von der Gesellschaft,die aus Menschen mit und ohne Migra-tionsgeschichte bestehen.Die Bemühungen seitens Politik undBehörden, den Einstieg der Spätaus-siedler in ihren früher ausgeübten Be-ruf zu unterstützen, müssen weiterverstärkt werden. Zu viele Akademi-ker, Lehrer, Ingenieure oder Wissen-schaftler, aus den Nachfolgestaaten der

Sowjetunion finden keinen angemesse-nen beruflichen Anschluss, ihr persön-liches und fachliches Potential wirdnicht ausgeschöpft und verkümmertoft. Und doch schaffen es nicht wenige,vor allem durch eigene Motivation undTatkraft, auch beruflich Fuß zu fassen.Viele Aussiedler aus der ehemaligenSowjetunion haben ihren Platz in derdeutschen Gesellschaft längst gefun-den. Sie sind erfolgreich und tragenmit ihren Fähigkeiten und Leistungenzum Wohlstand und zur gesellschaft-lichen und kulturellen Vielfalt des Lan-des bei.Bundesweit, auch in Niedersachsen,betreiben Deutsche aus Russland mitsteigender Tendenz Arztpraxen,Sprach-, Kunst-, Musik- und Sport-schulen, Verlage, Frisiersalons, Bau-unternehmen, Reisebüros, Fahrschulenoder Lebensmittelgeschäfte. An vielenHochschulen stellen junge Menschenaus Aussiedlerfamilien einen beträcht-lichen Anteil an motivierten Studenten,die junge Generation der Deutschenaus Russland erschließt Forschungsge-biete wie Mathematik, Naturwissen-schaften, Politologie oder Medizin. Ausder Jugendarbeit oder Sprachförde-rung sind Deutsche aus den Nachfol-gestaaten der Sowjetunion mit ihrenSprach- und Fachkompetenzen nichtwegzudenken. Zunehmend bringensich die Deutschen aus Russland auchin das Vereinsleben und in die Kom-munalpolitik ein. Zahlreiche Leistun-gen im deutschen Spitzensport sindohne den Beitrag von Zuwanderern in-zwischen kaum mehr denkbar.Aber es gibt auch solche, die das “An-kommen” noch vor sich haben. Siebrauchen die Hilfe der Gesellschaftund der Vereine. Diese Broschüre istauch ein Angebot an die Mitbürger, ge-nauer hinzuschauen und zu helfen.Der Landesverband Niedersachsen be-dankt sich bei der NiedersächsischenRegierung für die Möglichkeit, mit die-ser Publikation aus dem eigenenSchatten zu treten und die Stärken un-serer Landsleute zu zeigen. Manwächst an den eigenen Erfolgen!

Lilli Bischoff

Deutsche aus Russland in Niedersachsen

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Lilli Bischoff

Grußwortder Vorsitzenden der Landesgruppe Niedersachsen

der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.,Lilli Bischoff

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Auswanderungnach RusslandAm 22. Juli 1763 erließ Katharina II.,die erste Deutsche auf dem russischenZarenthron (1762-1796), ein Manifest,in dem sie Ausländer nach Russlandeinlud und ihnen Privilegien zusicher-te. Im Gnadenprivileg Pauls I. (1796-1801) vom 6. September 1800 wurdenden Mennoniten zusätzliche Vorrechteeingeräumt (Befreiung vom Kriegs-und Zivildienst für alle Zeiten, keineEidesleistung vor Gericht, Gewerbe-freiheit etc.). Das Manifest AlexandersI. (1801-1825) vom 20. Februar 1804 leg-te besonderen Wert auf Einwanderer,die gute Landwirte, Handwerker, Win-zer oder Viehzüchter waren.Auswanderungsgründe: Not undMissstände infolge von Kriegen; politi-sche Unterdrückung durch die eigenenFürsten und die fremde Besatzung; umHeeres- und Frontdiensten zu entge-hen; Beeinträchtigung der Glaubens-freiheit.Privilegien: unentgeltliche Landzu-weisung; freie Religionsausübung;Steuerfreiheit bis zu 30 Jahren; Befrei-ung vom Militärdienst; kulturelleAutonomie; gemeindliche Selbstver-waltung; keine Leibeigenschaft.Herkunftsgebiete der Auswanderer:Hessen, Rheinhessen, Pfalz, Württem-berg, Baden, Elsass und Bayern.

Konfession: Die Ansiedlung an derWolga und im Schwarzmeergebiet er-folgte konfessionell streng getrennt ingeschlossenen Dörfern. Von 104 Kolo-nien an der Wolga waren bei der Grün-dung 66 evangelisch und 38 katholisch.Im Schwarzmeergebiet waren 1914etwa 45 Prozent der Kolonien evange-lisch, 36 Prozent katholisch und 19 Pro-zent mennonitisch. Der Schulunterrichterfolgte in Deutsch und war stark kon-fessionell geprägt.

Entwicklung bis zum I. Weltkrieg:Nach den Anpassungsschwierigkeitender ersten Jahrzehnte folgte eine wirt-schaftliche und kulturelle Blüte derdeutschen Kolonien an der Wolga undam Schwarzen Meer, aber auch in zahl-reichen Tochterkolonien (Nordkauka-sus, Ural, Sibirien, Kasachstan, Zentral-asien). Aus etwa 304 Mutterkolonienentwickelten sich 3.232 Tochtersiedlun-gen. Aus ursprünglich 100.000 Einwan-derern war 1897 laut Volkszählungeine Volksgruppe von 1,7 Millionen ge-worden. Vor dem I. Weltkrieg lebten inRussland etwa 2,5 Millionen Deutsche,davon 600.000 an der Wolga, 530.000im Schwarzmeergebiet, 550.000 in denpolnischen Provinzen (damals Russi-sches Reich), 200.000 in Wolhynien,170.000 im Baltikum und 50.000 in undum St. Petersburg.

Verbannt in alle Ewigkeit

Das 20. Jahrhundert, geprägt von zweiWeltkriegen, war für die deutsche Min-derheit in Russland und der Sowjet-union eine besonders folgenschwereZeit mit Verfolgungen, Vertreibungenund Diskriminierungen, die die Volks-gruppe an den Rand ihrer Existenzbrachte und letztendlich einen massen-haften Auszug in das Land der Vorfah-ren auslöste.

Geschichte der Volksgruppe

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“Vom langen Weg zurück” -ein Volk auf der Suche nach der Heimat:

Deutsche aus Russland in Niedersachsen

Auf der Ulmer Schachtel.

In der südrussischen Steppe.

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Vertreibungen im I. Weltkrieg: Ein Er-lass vom 18. August 1914 verbot denGebrauch der deutschen Sprache in derÖffentlichkeit, in Schule und Kirche,untersagte das Recht auf Versammlun-gen. Die deutschen Zeitungen wurdenverboten, in der Presse wurde eine Spi-onage- und Verdächtigungshysterielosgetreten. 1915: Enteignungs- und Li-quidationsgesetze, antideutscher Pog-rom in Moskau. Bis 1916: Deportationvon 200.000 Wolhyniendeutschen nachSibirien. Die revolutionären Ereignisseverhinderten die Aussiedlung der Wol-gadeutschen laut einem Erlass vom 17.Februar 1917.Autonomierechte für Wolgadeutsche:1918: Gründung der Arbeitskommuneder Wolgadeutschen. 1924: Gründungder Autonomen Sozialistischen Sowjet-republik der Wolgadeutschen mit derHauptstadt Engels (Pokrowsk). 1918-1922: Zehntausende Opfer durch Ge-walt und Hunger. Bei der Volkszäh-lung 1926 lebten in der ASSRdWD379.630 Deutsche, etwa ein Drittel derDeutschen in der Sowjetunion.Kurzer Aufschwung nach 1917: Vieledeutsche Betriebe haben landesweitenbis grenzübergreifenden Erfolg: Win-zerkooperative “Konkordia” in Hele-nendorf, Kaukasus, GewerbevereinSarpinka an der Wolga, Fabrik zur Her-stellung von landwirtschaftlichen Ge-räten in Katharinenstadt etc. DeutscheKulturstätten in Engels: DeutschesStaatstheater, Deutsche Staatsphilhar-monie, Symphonieorchester, das Deut-

sches Lied- und Tanzensemble, ab 1925Museum der ASSR der Wolgadeut-schen. Auch in Südrussland gab esdeutsche Theater, Zeitungen, Staats-verlage, Hoch- und Fachschulen.Kollektivierung und politische Re-pressalien: 1928-1931: Enteignungenund Verbannung der “Kulaken”, Mas-saker und Todesopfer; Schließung derKirchen und Verschleppung der Geist-lichen, religiöse Verfolgungen. 1938:Auflösung der deutschen Bezirke, Ver-bot der deutschen Sprache in den Schu-len außerhalb der Wolgarepublik. Ende1929: massenhafte Auswanderungsbe-

wegung. Ab Mitte der 30er Jahre: poli-tische Verfolgungen; mit einem Anteilvon 14,7 Prozent (!) an der Gesamtan-zahl der Opfer bei einem Bevölke-rungsanteil von nur 1,4 Prozent warendie Deutschen die am stärksten ver-folgte nationale Gruppe. Vor dem II.Weltkrieg lebten rund 1,4 MillionenDeutsche in der Sowjetunion.II. Weltkrieg – Deportation undZwangsarbeit: Vertreibungserlass desPräsidiums des Obersten Sowjets derUdSSR vom 28. August 1941 und Be-ginn der Deportation sämtlicher Deut-scher nach Sibirien und Mittelasien. AbEnde 1941: Mobilisierung zur Zwangs-arbeit in die NKWD-Arbeitslager fürBau-, Rüstungs- und Holzwirtschaft,Öl- und Kohleförderung. Etwa 300.000Deutsche kommen ums Leben.Halbherzige Rehabilitierungsversu-che: Durch die Auflösung aller kultu-rellen Institutionen in den Herkunfts-gebieten, Sondersiedlung unter Kom-mandanturaufsicht, Verstreuung überSibirien, Kasachstan und Mittelasiensowie Studiums- und Berufsverbotwurde die Grundlage für eine eigen-ständige Entwicklung der Deutschenunwiederbringlich zerstört. Der Regie-rungserlass von 1948 legte die Ver-bannung der Deutschen auf “ewigeZeiten” fest. Ein Erlass vom 13. Dezem-ber 1955 hob zwar die Kommandanturauf, ein Erlass von 1964 (Freispruchvon der Schuld des Verrats im Depor-tationsdekret vom 28. August 1941)und ein weiterer Erlass von 1972 (Auf-hebung der Einschränkungen in derWahl des Wohnortes) brachten denDeutschen zwar gewisse Erleichterun-gen, aber nicht den Freispruch vomGeneralverdacht. Ab Ende der 50er

Geschichte der Volksgruppe

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Blütezeit in Helenendorf, Kaukasus.

Mobilisierung zur Trudarmee.

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Jahre gab es Versuche, die nationalenBedürfnisse der Deutschen zu befriedi-gen (deutschsprachige Zeitungen,Rundfunksendungen, DeutschesSchauspieltheater Temirtau/Alma-Ata,deutschsprachiger Literaturalmanach“Heimatliche Weiten”).

Politischer Aufbruch undkulturelle Wiederbelebung

Die Liberalisierung in der Gorba-tschow-Zeit schuf Voraussetzungen fürdie Aufarbeitung der Geschichte derRusslanddeutschen und ihre weitereRehabilitierung. Zahlreiche Beiträge inden Medien sowie wissenschaftlicheVeröffentlichungen beschäftigten sichmit der Geschichte und Gegenwart derRusslanddeutschen.

Hoffnungen der Deutschen nur teil-weise erfüllt: Die kulturelle Wiederbe-lebung in Form von Volkskunst prägtedas nationale Selbstbewusstsein derDeutschen und bestärkte die Forderun-gen nach Wiederherstellung der deut-schen Autonomie. Als engagierte Ver-treterin der nationalen Interessen tratdie 1989 gebildete Gesellschaft“Wiedergeburt” auf. Das Gesetz “Überdie Rehabilitierung der repressiertenVölker” erfüllte die Hoffnungen derDeutschen nur teilweise; als Folgemassenhafte Aussiedlung Anfang der90er Jahre. 1989 lebten in der UdSSR2.040.000 Deutsche, 960.000 in Kasachs-tan, 840.000 in Russland (davon nur35.000 an der Wolga), der Rest vor al-lem in Kirgisien, Usbekistan und derUkraine.

Familienzusammenführung - Rück-wanderung in das Land der Vorfah-ren: Durch einen Beschluss des Deut-schen Bundestages von 1955 über dieAnerkennung der Einbürgerungenwährend der Kriegszeit begann die Fa-milienzusammenführung; ausreisendurften allerdings nur einige wenigedeutsche Familien. Durch die Entwick-lungen nach 1985 und vor allem An-fang der 90er Jahre, als die Hoffnungenauf eine Wolgarepublik scheiterten,kam es zu einem rapiden Anstieg derAussiedlerzahlen. Allein in den Jahren1988-1996 reisten 1,4 Millionen Deut-sche aus der UdSSR aus, von 1997-2002weitere 560.000. Etwa 900.000 Deutscheleben heute noch in den Nachfolgestaa-ten der Sowjetunion, die meisten inRussland und Kasachstan.

Deutsche aus derehemaligen Sowjetunionin NiedersachsenZur Zeit leben in Deutschland etwa 2,8Millionen Deutsche aus der ehemali-gen Sowjetunion. Nach dem ZweitenWeltkrieg war Niedersachsen eines derHauptansiedlungsgebiete für Heimat-vertriebene, Flüchtlinge und Aussied-ler/Spätaussiedler aus dem Osten.Gründung der Landsmannschaft derDeutschen aus Russland: In derBundesrepublik wurde im Herbst 1950auf Initiative konfessioneller Vereini-gungen - Lutheraner, Katholiken, Men-noniten, Freikirchen - die “Arbeitsge-meinschaft der Ostumsiedler” gegrün-det, aus der 1955 die Landsmannschaftder Deutschen aus Russland hervor-ging. Bis zum heutigen Tag ist sie diewichtigste Anlaufstelle für die nachDeutschland kommenden Landsleute.Gute Zusammenarbeit auf Regie-rungsebene: Nach der Anzahl derDeutschen aus der ehemaligen Sowjet-union liegt Niedersachsen an vierterStelle hinter NRW, Bayern und Baden-Württemberg. Die NiedersächsischeLandesregierung mit Ministerpräsi-dent Christian Wulff und dem Ministerfür Inneres, Sport und Integration,Uwe Schünemann, steht zur Anerkenn-nung des kollektiven Kriegsfolgen-schicksals der Russlanddeutschen undtritt als zuverlässiger Gesprächspartnerder Deutschen aus Russland in Nieder-sachsen auf, deren Vertreter die Lands-mannschaft der Deutschen aus Russ-land (Bundesvorsitzender AdolfFetsch, niedersächsische Landesvorsit-zende Lilli Bischoff) ist.Illustrationen: Auszüge aus dem Bil-derzyklus “Vom langen Weg zurück”von Viktor Hurr.

Geschichte der Volksgruppe

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Im Arbeitslager.

Neuer Wohnort in Kasachstan.

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Die Gedenkfeier der Lands-mannschaft der Deutschenaus Russland unter der Feder-

führung der Landesgruppe Nieder-sachsen im GrenzdurchgangslagerFriedland anlässlich des Vertrei-bungserlasses des Präsidiums desObersten Sowjets der Sowjetunionvom 28. August 1941 ist inzwischenzur Tradition geworden. Nach einerFeierstunde mit Gästen aus Öffent-lichkeit und Politik und einem musi-kalischen Rahmenprogramm werdenKränze an der Friedlandglocke, demWahrzeichen von Friedland, und amMahnmal für Heimkehrer von 1955niedergelegt. Auch ein Gottesdienstmit einer Totenehrung für die Opferder Vertreibung und der beiden totali-tären Regimes, gehalten von PastorSteinberg, gehört dazu.

Die Gedenkfeier am 23. August 2008hatte eine besondere Note: In seinerFestrede gab der niedersächsiche Mi-nister für Inneres, Sport und Integra-tion, Uwe Schünemann, bekannt, dassin Teilen des Lagers ein Erlebnismu-seum entstehen werde, das an die mehrals vier Millionen Menschen erinnernsolle, die dort nach dem Zweiten Welt-krieg aufgenommen wurden. Auch dieVertreibungs- und Auswanderungsge-schichte der Russlanddeutschen soll indem Museum dokumentiert werdenund ein Stück dazu beitragen, dasTrauma des Leidens aufzuarbeiten.

“Wir wollen, dass Ihre Kultur zur Er-innerungskultur unseres Landes ge-hört”, so Uwe Schünemann mit Blickauf das geplante Museum.Friedland war für die meisten der 2,4Millionen Deutschen aus Russland dasTor in die Freiheit, die sie ihre histori-sche Heimat nennen. Die Geschichtevon Friedland hat ebenso viele Gesich-ter wie die Schicksale der Menschenund Familien, die hier nach Zeiten derFlucht, Verfolgung, Verbannung undUnterdrückung ihre erste Bleibe fan-den.

Auffanglagerfür HunderttausendeFlüchtlingeDas Auffanglager Friedland dient seit60 Jahren als Anlaufstelle für Flüchtlin-ge - zuerst für Vertriebene im Nach-kriegsdeutschland, heute für Zuwan-derer vor allem aus Osteuropa. “Torzur Freiheit” wird das gut 1.300 Ein-wohner zählende Dorf in der Nähe vonGöttingen dank dem Grenzdurch-gangslager Friedland genannt.Nach dem Krieg herrschte Chaos, dieMenschen litten Hunger. MillionenVertriebene und Flüchtlinge aus denehemaligen deutschen Gebieten wan-derten Richtung Westen, riesige Flücht-lingsströme zogen durch das völligzerstörte Land. Die Besatzer musstenhandeln, um die Lage unter Kontrollezu halten. Der britische Militärkom-

mandant befahl, ein Auffanglager zuerrichten. Dafür wurde Friedland aus-gewählt, ein Ort, den er als ideal fürdiesen Zweck betrachtete: Es gab dorteinen Bahnhof, eine gut ausgebauteStraße, dazu leer stehende Ställe derUniversität Göttingen, die als Unter-kunft für die Flüchtlinge verwendetwerden konnten.

1945 – das Lagerist einsatzbereitDie deutschen Kriegsgefangenenbrauchten nur wenige Tage, um dasLager aus dem Boden zu stampfen. Am26. September 1945 meldete der Mili-tärkommandant: Das Lager ist einsatz-bereit. Hunderttausende Vertriebeneund Flüchtlinge kamen, viele zu Fuß,die meisten mit dem Zug. Bis Ende1945 schleusten die Briten eine halbeMillion Menschen, vor allem entlas-sene Kriegsgefangene und Vertriebene,durch das Lager für die Weiterreise indie verschiedenen Regionen Deutsch-lands. Der Platz reichte bald nichtmehr, das Lager musste vergrößertwerden. Die Kriegsgefangenen stelltenbritische Armeezelte auf, errichtetenHolzbauten und Wellblechbaracken,die so genannten “Nissenhütten”. DieAnkömmlinge erhielten im Lager denwichtigen Registrierschein, der Vor-aussetzung für die neuen Papiere, fürArbeit, Wohnung und Lebensmittel-karten war.

Friedlandals “Tor zur Freiheit”Zehn Jahre später erreichte Bundes-kanzler Konrad Adenauer 1955 in Mos-kau die Freilassung der letzten 10.000deutschen Kriegsgefangenen. Auch siekamen zuerst nach Friedland. Bundes-präsident Theodor Heuss reiste per-sönlich zu den Heimkehrern, um sie zubegrüßen. Später trafen auch Flüchtlin-ge aus Ungarn, Vietnam und Chile inFriedland ein. In dieser Zeit erwarbsich das Lager den Namen “Tor zurFreiheit”. In den letzten Jahrzehntenkamen vor allem Aussiedler aus Osteu-ropa in das Grenzdurchgangslager.Auch für die meisten Deutschen ausRussland, Kasachstan, Kirgisien oderder Ukraine ist Friedland Inbegriff desNeubeginns im Land ihrer Vorfahren.

Friedland

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Friedland: “Tor zur Freiheit”und “Symbol der Nächstenliebe”

Gedenkgottesdienst mit Pastor Steinberg.

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15.000 Unterschriftengegen Friedland-SchließungDas äußere Erscheinungsbild Fried-lands hat sich mit den Jahren gewan-delt. Ende 1993 wurde ein modernesWirtschafts- und Sozialgebäude in Be-trieb genommen. Heute ist das Lagerdie einzige Erstaufnahmeeinrichtungfür Spätaussiedler in Deutschland.Wie stark der Rückhalt der Einrichtungin der Bevölkerung ist, zeigt die Reak-tion auf ein Vorhaben des Bundesin-nenministers. Ende Juni 1999 kamenPläne an die Öffentlichkeit, wonachvon den sechs Erstaufnahmeeinrich-tungen für Spätaussiedler vier ge-schlossen werden sollten und Fried-land nur noch als “Reservelager” er-halten bleiben sollte. Grund waren derRückgang der Aussiedlerzahlen undSparmaßnahmen der Bundesregie-rung. Die Mitarbeiter des Lagers, Bür-ger, Politiker und die örtliche Pressemachten mobil und sammelten fast15.000 Unterschriften gegen die Schlie-ßung. Innenminister Otto Schily gabnach und beschloss, dass alle inDeutschland eintreffenden Spätauss-siedler in Friedland registriert werdensollen.

Integrationszentrumfür Spätaussiedlerund MigrantenSeit Herbst 2006 ist Friedland auch einIntegrationszentrum. Wer in Deutsch-land einwandert, kann hier an vielfälti-

gen Integrationskursen teilnehmen.Spätaussiedler, die einmal in Bayern,Niedersachsen oder in Rheinland-Pfalzleben werden, können freiwillig an ei-nem neuen Intensivangebot im Grenz-durchgangslager teilnehmen. Es istihre Entscheidung, ob sie bereits weni-ge Tage nach ihrer Ankunft in die je-weiligen Bundesländer weiterziehenoder aber sechs Monate im Integrati-onszentrum Friedland bleiben. Derzeitentschließen sich 23 Prozent aller An-kommenden für einen Integrations-kurs. “Das Grenzdurchgangslagerwird nicht geschlossen. Seine Zukunftliegt zum einen in der Integrationsar-beit von Neuankömmlingen und zumanderen im Museum”, betonte Schüne-mann.

Zuwanderungsgeschichteals ErlebnismuseumIn den nächsten Jahren soll in Teilendes Lagers ein Erlebnismuseum entste-hen, das an die mehr als vier MillionenMenschen erinnern soll, die dort nachdem Zweiten Weltkrieg aufgenommenwurden. Das Friedländer Lager-Mu-seum soll die breite und über 60-jähri-ge Geschichte nicht nur durch Gegen-stände darstellen, sondern auch durch“Erlebniswelten” präsentieren. DieSchicksale von Menschen, die aus ganzanderen Kulturen hier angekommensind, und wie sie mit der Situation um-gegangen sind – das soll dokumentiertund dargestellt werden. In Expositio-nen soll neben der Zuwanderungsge-schichte der vergangenen 60 Jahre auch

über die Integrationspolitik der Gegen-wart informiert werden.Vorbild für das neue Museum könntedas Auswanderer-Museum in Bremer-haven sein. Dort wird anhand vonexemplarischen Einzelschicksalen dieLebenssituation von Menschen geschil-dert, die beispielsweise nach Amerikaauswanderten, um sich dort eine neueExistenz aufzubauen. In die Planungensollen Fachleute und Politiker aus derRegion sowie die in Friedland tätigenKirchen, Verbände und Hilfsorganisa-tionen einbezogen werden. Wissen-schaftler der Universitäten Göttingen,Osnabrück und Oldenburg sollen dasProjekt begleiten.

Bestandteilder deutschen KulturnationDas Friedland-Museum wäre auch fürdie Deutschen aus Russland eine ein-malige Chance, der breiten Öffentlich-keit sowohl die Geschichte der ver-schiedenen Siedlungsgebiete der Russ-landdeutschen mit ihren wirtschaft-lichen, kulturellen und religiösen Be-sonderheiten als auch Familienge-schichten und Einzelschicksale dortwie hier zu zeigen. So könnte die Ge-schichte und Kultur der Russlanddeut-schen als integraler Bestandteil derdeutschen Kulturnation und Schick-salsgemeinschaft präsentiert werden.Immer noch haben Deutsche aus denNachfolgestaaten der Sowjetunion inihren Familienarchiven und Privat-sammlungen wertvolle Zeitzeugendo-kumente und Gegenstände, die dasMuseum bereichern könnten. DasSammeln von Exponaten für ein Mu-seum, das Aufsuchen von Zeitzeugenwill die Landsmannschaft durch ihreMonatszeitschrift “Volk auf dem Weg”sowie durch die Landes-, Kreis- undOrtsgruppen wirksam unterstützen.Auch Wissenschaftler der AbteilungGöttingen des Instituts für Kultur undGeschichte der Deutschen in Nordost-europa mit ihren jahrelangen Erfah-rungen in der Zusammenarbeit mit Ar-chiven und wissenschaftlichen Einrich-tungen in der GUS bei der Erforschungder Geschichte und Kultur der Russ-landdeutschen können am Aufbau deszukünftigen Museum mitwirken. Siehaben bereits mehrere historisch-eth-nographische Expeditionen in den ehe-maligen und gegenwärtigen Sied-lungsgebieten der Russlanddeutschenin Russland und in der Ukraine durch-geführt; dadurch konnten Expositio-nen zur Geschichte und Kultur derRusslanddeutschen in mehreren staat-lichen Museen aufgebaut werden.

Friedland

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Gedenken an die Opfer der Verfolgung und Vertreibung: Lilli Bischoff und MinisterUwe Schünemann.

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Die Landesgruppe Niedersach-sen der Landsmannschaftwurde in den 1950er Jahren

gegründet. Sie ist mit über 1.670 Mit-gliedern in 21 Ortsgruppen die viert-größte Landesgruppe nach Baden-Württemberg, NRW und Bayern.

Fast zwei Jahrzehnte bestimmte derLandesvorsitzende Wendelin Jundt dieGeschicke der Landsmannschaft inNiedersachsen; bis 2002 leitete er mitfester Hand den Verein und organisier-te in dieser Zeit sieben Landestreffen.Mit ihm an der Spitze entwickelte sichder Landesverband zu einem der füh-renden bundesweit. 2002 wurde derseit mehreren Jahren im Vorstand täti-ge Innozenz Grad zum Landesvorsit-zenden und Wendelin Jundt zum Eh-renvorsitzenden der LandesgruppeNiedersachsen gewählt.Seit Februar 2006 leitet Lilli Bischoff als1. Vorsitzende die rührige Landes-gruppe. Weitere Vorstandsmitgliedersind Dr. Waldemar Krieger (stellv. Vor-sitzender), Andreas Maurer (stellv.Vorsitzender), Lilli Hartfelder (stellv.Vorsitzende, Sozialarbeit), Helene Mo-ser (Kassenführung), Marta Braun(Kulturarbeit), Alexander Rudi (Kul-turarbeit), Oskar Brose (Organisation),Sergej Köhler (Öffentlichkeitsarbeit),Thomas Kunz (Kassenprüfer), OlgaKohlmeyer (Kassenprüferin) undEmma Erbes (Kassenprüferin).Als vordringlichstes Ziel betrachtet derLandesvorstand die Intensivierung derZusammenarbeit mit der Niedersächsi-schen Landesregierung und allen de-mokratischen Parteien. Ferner gehörenzu den Schwerpunkten: Schulung eh-renamtlich tätiger Landsleute im sozia-len, rechtlichen und kulturellen Be-reich; Betreuung und Unterstützungder Arbeit in den Ortsgruppen; Einbe-ziehung neuer Mitglieder in die lands-mannschaftliche Arbeit; Partnerschaftmit dem Deutschen Kulturzentrum imGebiet Tjumen (siehe dazu Seite 12).

Tradition Landestreffen

Zu einer festen Einrichtung sind dieniedersächsischen Landestreffen ge-worden, die das Zusammengehörig-keitsgefühl der Deutschen aus der ehe-

maligen Sowjetunion stärken, ihreDankbarkeit zum Ausdruck bringen, inDeutschland eine Heimat gefunden zuhaben, und jedes Mal ihr Potenzial anTalenten präsentieren.Unter dem Motto “Wir sind zu Hause”fand am 19. August 2006 im Congress-Centrum Hannover das 8. Landestref-fen Niedersachsen der Landsmann-schaft statt, für das der Ministerpräsi-dent des Landes Niedersachsen, Chris-tian Wulff, die Schirmherrschaft über-nommen hatte. Unter der Leitung derVorsitzenden Lilli Bischoff hatteNiedersachsen auch diesmal als einzi-ge Landesgruppe ein Treffen dieserGrößenordnung auf die Beine gestellt.Belohnt wurden die Organisatoren miteiner beachtlichen Resonanz in politi-schen Kreisen des Landes, wofür derAuftritt des Niedersächsischen Minis-ters für Inneres und Sport, Uwe Schü-nemann, sichtbarer Ausdruck war. Denkulturellen Rahmen gestaltete derChor der Landesgruppe Niedersach-sen, in dem 40 Sänger und Sängerinnenaus den Ortsgruppen Hannover,Wolfsburg und Neustadt auf das Tref-fen einstimmten.Mit diesem Treffen wurde eine Reihevon Veranstaltungen der Landes-gruppe Niedersachsen fortgesetzt, diein beispielhafter Weise die Entwicklun-gen und Probleme innerhalb der Volks-gruppe in den letzten Jahrzehnten wi-

derspiegelten. So fand das 5. Landes-treffen (1993) in einem Jahr statt, indem zum ersten Mal mehr als 200.000Spätaussiedler aus der ehemaligenUdSSR nach Deutschland kamen.Christian Wulff, damals Oppositions-führer im Niedersächsischen Landtag,forderte, das Tor nach Deutschlandmüsse für Deutsche aus Russland offenbleiben, und wandte sich damit gegenStimmen, die eine Reduzierung derAusreise forderten.Vier Jahre später, beim 6. Landestref-fen, war die Zahl der Spätaussiedlerauf 130.000 zurückgegangen, und derKulturminister des Landes, Prof. RolfWernstedt, hielt es in seiner Festredeaus gegebenem Anlass für angebracht,an die Integrationsbereitschaft derdeutschen Gesellschaft zu appellieren.Das 7. Landestreffen im Jahr 2002stand bereits ganz im Zeichen des Zu-wanderungsgesetzes, das sich damalsnoch in der Planungsphase befand. DieVerantwortlichen der Landsmann-schaft betonten, dass die Spätaussied-ler aus der GUS als Deutsche nicht inein Gesetz gehörten, das ausdrücklichfür Ausländer und EU-Bürger konzi-piert werde. Zudem werde mit den indem Gesetz vorgesehenen Regelungenin keiner Weise dem schweren Kriegs-folgenschicksal der RusslanddeutschenRechnung getragen. Stattdessen macheman das Schicksal dieser Menschen

Die Landsmannschaft

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Landesverband Niedersachsen:Für mehr politisches Engagement

und intensive Vereinsarbeit

Der Chor der Landesgruppe Niedersachsen beim 8. Landestreffen.

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von ihren deutschen Sprachkennnt-nisse abhängig.Vor dem Hintergrund erschwerter In-tegrationsbedingungen und nachlas-sender Akzeptanz der Deutschen ausRussland in der Bevölkerung wollteauch das 8. Landestreffen der Öffent-lichkeit ein realitätsgerechtes Bild derDeutschen aus Russland vermittelnund aufzeigen, dass ihre Integration inDeutschland in ihrer Gesamtheit als Er-folg betrachtet werden kann.

Gedenkfeiern in Friedland

Im Grenzdurchgangslager Friedlandveranstaltet die Landesgruppe seit Jah-ren Gedenkfeiern zur Erinnerung andie Opfer der russlanddeutschenVolksgruppe: im August anlässlich desVertreibungserlasses des Präsidiumsdes Obersten Sowjets der Sowjetunionvom 28. August 1941 und am Oster-montag zum Gedenken an die Opferder Verfolgung der Deutschen in derehemaligen Sowjetunion. Traditionellverlaufen die beiden Veranstaltungenin einem würdevollen Rahmen mitGästen aus Öffentlichkeit und Politiksowie einem Kulturprogramm. Nachder Feierstunde werden Kränze an derFriedlandglocke und am Mahnmal fürHeimkehrer niedergelegt. Zu Ehrender Opfer der Verfolgung und Vertrei-bung hält Pastor Steinberg einen Got-tesdienst mit einer Totenehrung ab.

Zusammenarbeitmit der niedersächsischenLandesregierung Die gute Zusammenarbeit der Lands-mannschaft mit der NiedersächsischenRegierung wurde in den letzten Jahrenvertieft. Für die Landsmannschaft einZeichen dafür, dass die Landesregie-rung nach wie vor zur Anerkennungdes kollektiven Kriegsfolgenschicksalsder Russlanddeutschen steht.Im Rahmen der Zusammenarbeit kames zu mehreren Treffen mit Innenmi-nister Uwe Schünemann, dem Landes-beauftragten für Heimatvertriebeneund Spätaussiedler, Rudolf Götz, derCDU-Beauftragten für Spätaussiedler,Editha Lorberg, und MinisterialratHans-Rüdiger Hesse vom Ministeriumfür Inneres und Sport. Positiv gestalte-te sich die Zusammenarbeit auch imRahmen der Abschlussveranstaltungdes Projektes “Angekommen”, bei der15 Aussiedler mit einer vorbildlichenIntegrationsgeschichte ausgezeichnetwurden.In der letzten Zeit kann die Landes-gruppe auch positive Veränderungen

im Bereich des politischen Engage-ments und der Zusammenarbeit mitden demokratischen Parteien verzeich-nen. “Mitreden und Gestalten - Spät-aussiedler übernehmen Verantwortungin der Politik” war das zentrale Themades Arbeitskreises für Aussiedler undVertriebenenfragen am 23. Mai 2008,bei dem auf Einladung der Vorsitzen-den der CDU-Fraktion im Niedersäch-sischen Landtag, Editha Lorberg, ca. 50Teilnehmerinnen und Teilnehmer, diemeisten von ihnen Vertreter der Lands-mannschaft der Deutschen aus Russ-land, mitdiskutierten. Seit kurzem sindin der Integrationskommission (Vorsit-zende Editha Lorberg) des Niedersäch-sischen Landtages Mitglieder derLandsmannschaft vertreten: Lilli Bi-schof als ordentliches und Lilli Hartfel-der als stellvertretendes Mitglied.Auch mit der SPD-LandtagsfraktionNiedersachsen arbeitet die Landes-gruppe in integrations- und migra-tionspolitischen Fragen eng zusamm-men. Bei einem gemeinsamen Besuchdes Grenzdurchgangslagers Friedlandzeigte sich eine Basis für die zukünftigeKommissionsarbeit im Landtag, vorallem hinsichtlich einer verbessertenAnerkennung mitgebrachter Schul-und Ausbildungsabschlüsse sowie derAnerkennung von Examen und akade-mischen Graden. Dazu der integra-tionspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Klaus-Peter Bach-mann: “Wir dürfen die Spätaussiedle-rinnen und Spätaussiedler nicht unterWert in unseren Arbeitsmarkt integrie-ren.” Lilli Bischoff kündigte an, dass

die Landsmannschaft sich besondersfür ein umfassendes schulisches Ange-bot für Kinder und Jugendliche, auchbereits während der Integrationskursein Friedland, einsetzen werde. Eben-falls nachdrücklich angesprochen wur-de eine humanere Regelung bei der Fa-milienzusammenführung nach denneuesten gesetzlichen Regelungen.

Ehrenamtmuss gelernt werdenEiner der wichtigsten Schwerpunkteder landsmannschaftlichen Arbeit inNiedersachsen ist die Schulung vonEhrenamtlichen, schließlich hängt da-von die Vitalität des Landesverbandesab. 2007 konnte die Landesgruppe zumersten Mal in den letzten Jahren einenleichten Zuwachs an Mitgliedern ver-zeichnen.Alljährlich führt der LandesvorstandMitarbeitertagungen zur Schulung eh-renamtlich tätiger Landsleuten durch,die durch Kulturreferenten- und Sozi-alreferentenschulungen ergänzt wer-den. Außerdem ist die niedersächsi-sche Kleinstadt Nienburg an der Weserregelmäßig Ort der Sozialreferententa-gungen Nord der Landsmannschaftder Deutschen aus Russland. Bei alldiesen Veranstaltungen nehmen dieTeilnehmer viele Anregungen, vielfälti-ge Eindrücke, eine gestärkte Motiva-tion und wichtige Informationen fürdie weitere Arbeit in den Ortsgruppenmit nach Hause. (Ab Seite 13 werden dieAktivitäten einiger Ortsgruppen in Wortund Bild vorgestellt.)

Die Landsmannschaft

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Teilnehmer einer Mitarbeitertagung der Landesgruppe Niedersachsen in Oerlinghausenmit der Vorsitzenden der Landesgruppe, Lilli Bischoff (2. Reihe, 2. von links).

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Kooperationspartnerschaftenzwischen Landes- bzw. Orts-gruppen der Landsmannschaft

und russlanddeutschen Organisatio-nen in Russland gibt es verstärkt erstseit etwas über einem Jahr.

Im Mai 2007 fand im Rahmen desBundestreffens der Deutschen ausRussland in Wiesbaden die I. Interna-tionale Partnerschaftskonferenz derrusslanddeutschen Dachverbände“Brückenpfeiler” statt, an der sich Glie-derungen der Landsmannschaft undrusslanddeutscher Dach- und Regio-nalverbände aus den Nachfolgestaatender Sowjetunion beteiligten. DaNiedersachen bereits engere Partner-schaftskontakte (Celle – Tjumen) hatte,wurde in Wiesbaden beschlossen, dieseKontakte zu vertiefen.Beim 1. Kongress der deutschen Begeg-nungszentren in Moskau am 31. Okto-ber 2007 wurde dann ein Partner-schaftsabkommen zwischen der Lan-desgruppe Niedersachsen (Lilli Bi-schoff) und dem Gebietszentrum derdeutschen Kultur Tjumen (NataljaMatschuga) unterzeichnet - als Grund-lage für Kontakte und Kulturaustauschzwischen Gliederungen der Lands-mannschaft und Begegnungszentrender Russlanddeutschen sowie zwi-schen Jugendgruppen der Spätaussied-ler und Jugendclubs der Deutschen inRussland. Neun Monate später kamauf Einladung der LandesgruppeNiedersachsen der erste Kulturaus-

tausch im Rahmen der Partnerschaftzwischen der Landesgruppe und demGebietszentrum für Bildung, Methodikund deutsche Kultur Tjumen zustande.

Bleibende Eindrücke

Vom 18. bis 25. August war die Lan-desgruppe Gastgeberin für eine Dele-gation aus Tjumen. Die Deutschen aus Tjumen (zehn Per-sonen) mit Gruppenleiter Artur Kristel

gewannen während ihresBesuchs einen Einblick indie landsmannschaftlicheArbeit vor Ort. Sie besuch-ten die Ortsgruppen Han-nover, Braunschweig undOsnabrück und erfuhrenviel Interessantes aus demAlltag der Verbände unddem Leben der Russland-deutschen. Auch das Treffenmit der stellvertretendenBürgermeisterin der Part-nerstadt Celle, Dr. SusanneSchmidt, im Ost-Europa-Zentrum in Celle (LeiterinOlga Görich-Wehrhahn)und die Besichtigung derStadt bewegte alle sehr undhinterließ tiefe Eindrücke.Der Aufenthalt in Osna-

brück, Hannover und Braunschweigsowie die Stadtrundgänge und dieAufnahme in den Familien unsererLandsleute ermöglichten den Gästenaus Tjumen, Land und Leute besserkennen zu lernen. Für die Aufnahmeder Deutschen aus Tjumen und die un-vergesslichen Begegnungen gilt denlandsmannschaftlichen Vorständen inHannover (Vorsitzende Lilli Hartfel-der) und Osnabrück (Vorsitzende Frie-da Dercho) sowie dem Chor der Orts-gruppe Wolfsburg (Leiter HelmutKiess) ein herzlicher Dank.Der Auftritt des Chors aus Tjumen beider Gedenkfeier der Landsmannschaftin Friedland sowie der direkte Kontaktzu Politikern wie Dr. Christoph Berg-ner und Uwe Schünemann rundetenden Besuch ab. Es war eine erlebnisrei-che Zeit mit vielen neuen Eindrückenund Erfahrungen für die Gäste, aberauch mit unermüdlichem Einsatz desLandesvorstandes und einiger Orts-gruppen. Die Dankbarkeit und Zufrie-denheit der Gäste kam in einem Dank-schreiben aus Tjumen an die Landes-vorsitzende Lilli Bischoff und denBundesvorsitzenden Adolf Fetsch zumAusdruck. Besonders erfreulich ist,dass die Landesgruppe bereits eineEinladung zu einem Gegenbesuch inTjumen bekommen hat.

Die Landsmannschaft

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Partnerschaft: Landesverband Niedersachsen –Deutsches Kulturzentrum Tjumen

Kulturgruppe aus Tjumen (Delegationsleiter Artur Kristel) mit Dr. Susanne Schmidtund Olga Görich-Wehrhahn vor dem Ost-Europa-Zentrum.

Unterzeichnung des Kooperationsabkommens in Mos-kau: Lilli Bischoff (rechts) und Natalja Matschuga.

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Braunschweig:“Rhythmus” - Tanzenstärkt das Selbstwertgefühl

Die Tanzgruppe “Rhythmus” wurde2000 durch den Paritätischen Ju-

gendmigrationsdienst Braunschweig(Wanda Czopik) ins Leben gerufen. DieTanzlehrerin des inzwischen bekann-ten Tanzensembles, Nina Steinke, istausgebildete Choreographin aus Ka-sachstan. Zum Training kommen unge-fähr 30 Tänzerinnen im Alter von sie-ben bis 28 Jahren, die überwiegend ausder ehemaligen Sowjetunion stammen,aber auch aus Vietnam und Polen.Das Tanzensemble besteht aus der Ju-niorgruppe (8-12 J.) und der Älteren-Gruppe, in der die meisten Mitgliedertanzen. Jeden Freitag treffen sich dieTänzerinnen im Jugendzentrum “Rota-tion” zum Training. Ihre Tänze zeigensie auf Festen in Braunschweig, aberauch außerhalb der Stadt, bei Begeg-nungen der Kulturen, Sommerfesten,Advents- und Weihnachtsfeiern, beider jährlichen Veranstaltung “Braun-schweig International”, bei Nachbar-schaftsfesten und Sportveranstaltun-gen. Beim Stadtkirchentag, der Kultur-nacht und dem AWO-Begegnungsfestin Braunschweig hatte “Rhythmus”ebenfalls viel Erfolg.

Auf dem Übungsprogrammstehen nicht ausschließlichVolkstänze aus der ehemali-gen Heimat oder anderenLändern der Welt, auch eineMischung aus HipHop, Jazzund Modern Dance darfnicht fehlen. Viel Wert wirdauf Kostüme gelegt, die einwichtiger Bestandteil derPräsentation sind – daran ar-beiten die eigenen Stylistenund Näherinnen.“Tanzen spielte in unserer al-ten Heimat eine wichtigeRolle. Die Menschen mögenMusik, Tanzen vermittelt ih-nen Lebensfreude“, sagtNina Steinke. Vor einigenJahren ist sie aus Kasachstannach Braunschweig ge-kommen und hat sich inzwi-schen gut integriert. Mit Tan-zen will sie anderen Aus-siedlern bei der Integration

helfen. Und nicht zuletzt, so NinaSteinke, wird das Selbstwertgefühl derTänzerinnen durch die Auftritte ge-stärkt.

Kontakt:Paritätischer Jugendmigrationsdienst

Braunschweig (0531-312620)

Delmenhorst:SchwerpunktSeniorenarbeit

Die Ortsgruppe Delmenhorst wurde1994 unter der Leitung von Erika

Martin gegründet. Später prägten Rosa

Dilger (sechs Jahre) und Amalia Erbes(drei Jahre) den Verein. Seit drei Jahrenleitet Peter Scheifler den Ortsverband,der überwiegend aus Senioren bestehtund bei zahlreichen Veranstaltungenund Festen in Delmenhorst dabei ist.Kooperation mit der Caritas: Ein wich-tiger Kooperationspartner der Lands-mannschaft ist der Caritasverband Del-menhorst, der die Ortsgruppe bei derDurchführung der Adventsfeier fürKinder, der Sommer- und Erntedank-feste sowie der Weihnachtsfeier unter-stützt. Der Vorstand der Ortsgruppehilft der Caritas bei der Organisationder monatlichen Begegnungen derDeutschen aus Russland im Gemeinde-zentrum der St-Marien-Kirche mit Vor-trägen und Beratung zu verschiedenenLebensfragen. Auch bei einer Bibel-ausstellung im Gemeindehaus wirktendie Deutschen aus Russland kräftig mitund stellten alte Bibeln aus privatemBesitz zur Verfügung. Es waren Bibeln,die ihre Besitzer ab 1941 auf ihrem Lei-densweg in die Verbannung nach Sibi-rien begleitet hatten, mit ihnen überKirgisien nach Tadschikistan gewan-dert und nach Deutschland zurückge-kehrt waren.Visitenkarte Senioren-Singkreis: DasAushängeschild der Ortsgruppe ist derSenioren-Singkreis “Freundschaft”, der1995 von Ida Ruszkiewicz und RosaDilger ins Leben gerufen wurde. Diezahlreichen Auftritte des Singkreisessorgen mit Volksliedern, Gedichtenund Schwänken nicht nur bei Festender Landsmannschaft für gute Stim-mung. Auch beim Seniorentag im Rat-haus, in Altenheimen und Kirchen ge-

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Ortsgruppen stellen sich vor –Aktivitäten der Deutschen aus Russland

Nina Steinke mit Tänzerinnen der Tanzgruppe“Rhythmus“.

Mitglieder der Ortsgruppe Delmenhorst bei einem Ausflug nach Vechta.

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hören die Auftritte zu den Höhepunl-ten. Regelmäßig organisiert die Orts-gruppe Theaterbesuche für Landsleute.Die neue Heimat kennen lernen: Bil-dungsreisen gehören zu den Angebo-ten der Ortsgruppe, die gern ange-nommen werden. Das Ehepaar Giselaund Arnold Harfst hilft, diese Reisenzu organisieren. Die Neu-Delmenhors-ter waren bereits in Oldenburg, Bre-men, Lübeck, Cloppenburg, Celle,Hamburg, Hannover, Münster, Köln,

Bonn, Berlin, Potsdam, Erfurt, Magde-burg, Weimar und anderen schönenOrten Deutschlands.Auch in Friedland, bei der traditionel-len Gedenkfeier anlässlich der Vertrei-bung der Russlanddeutschen, fehlt dieOrtsgruppe nicht. Fast alle Mitgliederdes Vereins haben die Vertreibungen inder Sowjetunion selbst erlebt oder Op-fer in ihren Familien zu beklagen.

Kontakt:Peter Scheifler (04221-64898)

zer Kreisblatt” Bürgermeister Hans-Werner Schwarz, der seine Anerkenn-nung zum Ausdruck brachte: “Wir allehaben Glück, dass solche wunderbarenMenschen in unserer Stadt wohnen.”

Kontakt:Valentina Miller (05441-81458)

Gifhorn:Mit positivem Erscheinungsbildüberzeugen

Durch ihre Aktivitäten bemüht sichdie Kreis- und Ortsgruppe Gif-

horn, ein positives Bild der Deutschenaus Russland zu vermitteln.Im September 2008 haben die Mitglie-der einen neuen Vorstand mit SergejEisner als Vorsitzendem gewählt. Ihmzur Seite stehen Anna Kaufmann (stell-vertretende Vorsitzende), ValentinaLanglitz-Garms, Elena Nepke undEmanuel Kaufmann.Zusammenarbeit: Die Ortsgruppe legtviel Wert auf Zusammenarbeit mit derVerwaltung sowie den politischen Gre-mien der Stadt und des Landkreises.Sie zeigt Präsenz und Engagement beiVeranstaltungen und Diskussionsrun-den, sucht und pflegt Kontakte zu an-deren Vereinen und Landsmannschaf-ten. In den Schulen werden Präsenta-tionen zur Geschichte und Gegenwartder Deutschen aus Russland durchge-führt. Die Ortsgruppe arbeitet außer-dem mit der ev.-luth. Kirche und derBegegnungsstätte Birger-Forell-Haus(Pastor Hüsken) zusammen.Engagement im Kulturbereich: Auchbei den kulturellen Aktivitäten der

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Diepholz:Chor “Liane” - Musik ist die schönste Sprache der Welt

Als Lilia undAnna Häberle

1994 den Chor “Li-ane” gründeten,wollten sie, dassihre mitgebrachteKultur nicht in Ver-gessenheit gerät.Die Schwesternstammen aus Fer-gana; wie sie kom-men auch viele an-dere Deutsche ausRussland in Diep-holz aus Usbekis-tan. Nicht von un-gefähr heißt der Chor “Liane”, wie diePflanze, die überall Wurzeln schlägt,wo sie hinfällt – ein Symbol für dasAnkommen der Deutschen aus Russ-land in der neuen Heimat.Musik gehörte schon immer zu denLeidenschaften der beiden Schwestern.Lilia als ehemalige Musiklehrerin über-nahm die künstlerische Leitung desChores, Anna den organisatorischenTeil. Seit Anfang 2007 ist ValentinaMiller Vorsitzende des Gesangsvereins,zuvor war es einige Jahre TatjanaHolm. Geprobt wird nach wie vor inden Räumlichkeiten des Deutschen Ro-ten Kreuzes.In den knapp 14 Jahren seines Beste-hens hat der Chor zahlreiche Auftritteabsolviert – bei Seniorenabenden,Stadtfesten und Veranstaltungen imRahmen der landsmannschaftlichenWanderausstellung. 21 Frauen undfünf Männer im Alter von 30 bis über70 Jahren singen heute bei “Liane”.Eine Tradition des Chores sind seineFrühlingskonzerte im “Haus der Her-renweide”. Im April 2008 fand dasFrühlingskonzert zum dritten Malstatt. Bis zu 200 Zuschauer kommen zudem mehr als zweistündigen Musiker-lebnis unter dem Motto “Musik ist dieschönste Sprache der Welt”. Das Re-

pertoire umfasst deutsches Liedgut so-wie russische und ukrainische Lieder.Vor allem mit Stimmungsmachern wie“Hopsapolka” oder “Marussja, gib mirTee aus dem neuen Samowar” gewinn-nen sie das Publikum stets für sich.Nach dem beeindruckenden Konzertim Frühjahr 2007 zitierte das “Diephol-

Der Chor “Liane”, dirigiert von Lilia Häberle.

Der neue Vorstand der Kreis- und Ortsgruppe Gifhorn (von links): Emanuel Kaufmann,Elena Nepke, Anna Kaufmann, Valentina Langlitz-Garms und Sergej Eisner.

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Stadt ist die Landsmannschaft nicht zuübersehen. Die Singgruppe aus Gif-horn unter der Leitung von EmanuelKaufmann besteht seit mehr als zehnJahren und ist weit über die Grenzendes Landkreises hinaus bekannt. DieMitglieder der Ortsgruppe sind zahl-reich in der Trachtentanzgruppe ver-treten. Bei allen Aktivitäten, die derVorstand plant und realisiert, sind so-wohl die Tanz- als auch die Singgruppemit Herz und Seele dabei.Die traditionellen Adventsfeiern derOrtsgruppe Gifhorn sind immer gutbesucht, vor allem von jungen Elternmit Kindern. Unter der Leitung vonFrau Hüsken werden Krippenspieleund Theaterstücke vorbereitet, die vonden Kindern aufgeführt werden. EineBereicherung des Programms sind

auch der Besuch einer Zauberin unddas Märchen “Hänsel und Gretel” desPuppentheaters “Noldin”.Unterstützung der Wanderausstel-lung der Landsmannschaft: Dank demEinsatz von Pastor Hüsken konnte dielandsmannschaftliche Wanderausstel-lung “Volk auf dem Weg. Geschichteund Gegenwart der Deutschen ausRussland” mit Projektleiter Jakob Fi-scher bereits dreimal in Gifhorn ge-zeigt werden (im Birger-Forell-Hausund im Rathaus). Sie wurde vom Vor-stand und der Ortsgruppe tatkräftigunterstützt. Bei der Ausstellung imJahr 2003 übernahm der Vorsitzendeder Ortsgruppe, Sergej Eisner, die Füh-rungen für die Schulklassen.

Kontakt:Sergej Eisner (05371-743693)

Informationen vermittelt und neueKommunikationsmöglichkeiten ge-schaffen. Darüber hinaus erhalten dieMitglieder kostenlose Rechtsberatung.Kultur- und Freizeitangebote: Im Rah-men der kulturellen Breitenarbeit ar-beitet die Ortsgruppe mit der Kommu-ne, der Landesregierung, Vereinen,Kirchen und Unternehmern zusam-men. Angebote wie Chor, Tanzgruppe,Kindertheater, Sportgruppen und Ge-sprächskreise bereichern die Freizeit-gestaltung und verbessern die Teilhabeam gesellschaftlichen Leben. Die Ver-anstaltungen werden in Deutsch undRussisch durchgeführt und sind füralle Interessenten offen. Zu den Ange-boten gehören Infoabende, Weih-nachts-, Silvester- und Neujahrsfeiern,Chorauftritte, Fahrten innerhalbDeutschlands und ins Ausland.Integration durch Sport: Das neuesteProjekt der Ortsgruppe “Integrationdurch Sport” wird in Kooperation mitdem Landessportbund und dem TUSBothfeld durchgeführt. Es bietet Ju-gendlichen und Erwachsenen die Mög-lichkeit, durch sportliche AktivitätenKontakte zu knüpfen und Freund-schaften zu schließen. Zum dritten Malwurde ein Volleyballturnier mit achtMannschaften durchgeführt.Projekt Gottesdienst: Ein Team vonDeutschen aus Russland und hiesigenDeutschen gestaltete einen Gottes-dienst in der evangelisch-lutherischenSt.-Martin-Kirche Hannover-Anderten.Seit Beginn des Jahres hatte sich dasTeam mehrmals getroffen und dabeiviel voneinander und miteinander ge-lernt.Theaterprojekt: Seit sechs Jahren lädtdie Ortsgruppe Hannover kleine Gästezu Neujahrsvorstellungen des Kinder-theaters ein. Mehr als 1.000 Kinderkonnten in dieser Zeit an den Auffüh-rungen teilnehmen. In diesem Sommergab es zum ersten Mal ein Märchenfest,das vom Stadtteiltreff Sahlkamp undder Stadtteilkulturarbeit mit Unterstüt-zung von 20 Schauspielgruppen durch-geführt wurde. Die Ortsgruppe prä-sentierte sich mit dem Theaterstück“Buratino” nach Alexej Tolstoj in deut-scher Sprache (Regie Alexander Belin-son). Das Projekt unterstützten das Job-center der Region Hannover, das Kul-turamt und der Stadtteiltreff Sahlkampdurch Förderung von zwei 1-Euro-Job-stellen und Übernahme der Sachkostenfür die Dekorationen.Mehr Informationen und viele Fotosvon den Veranstaltungen der Orts-gruppe unter www.Lmdr-hannover.de

Kontakt:Lilli Hartfelder (05132-57530)

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Hannover:Attraktiv mit vielfältigem Angebot

Seit den 50er Jahren bemüht sich dieOrts- und Kreisgruppe Hannover

um eine erfolgreiche Integration vonAussiedlern in der Region Hannover.25 Jahre lang stand Peter Reger an derSpitze der Ortsgruppe und baute eineZusammenarbeit mit der Landesregie-rung, der Stadt Hannover, mit Politi-kern verschiedener Parteien, mit demFreundeskreis der Spätaussiedler undanderen Einrichtungen auf. Und ersorgte dafür, dass seine Erfahrung undsein Wissen an die jüngere Generationweitergegeben wurden.Seit 2004 ist Lilli Hartfelder Vorsitzen-de. Sie wird von einem rührigen Team

mit Svetlana Judin (stellvertretendeVorsitzende), Lilli Siebert, AlexanderBelinson, Anna Welz, Elena Korytkin,Nadja Raatz, Irina Makagonow undSophia Samsonow unterstützt. Sozialbetreuung und Lebenshilfe: DieSozialarbeiter aus dem Projekt Migra-tionserstberatung, das durch dasBAMF gefördert wird, beraten die neuangekommenen Spätaussiedler undMigranten. Zusätzlich werden die Fa-milien der Spätaussiedler in Hannoverund Umgebung von fünf ehrenamt-lichen Sozialreferenten der Lands-mannschaft unterstützt. Durch zahlrei-che Veranstaltungen werden wichtige

Gottesdienstprojekt in Hannover (von links): Pastor Gerhard Habenicht, Pastor Hel-mut Kühl, Rosa Bieber, Lilli Hartfelder und Pastor Dieter Grimmsmann.

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Die Ortsgruppe Lüneburg bestehtseit 1988. Seit 2006 ist Gertrud So-

rich Vorsitzende der Ortsgruppe, ihrzur Seite steht ein engagiertes Team eh-renamtlicher Helfer: Elvira Gugutsch-kin (stellvertretende Vorsitzende), LoreLipinski, Lidija Halosina, Maria Iter-mann, Nadia Schmidt, WaldemarGoldnik, Helena Vetter und Maria Frei-dich.Beratung und Lebenshilfe: Die Orts-gruppe bietet Beratung und Lebenshil-fe für Neuankömmlinge und Landsleu-te an, die bereits länger in Deutschlandsind, aber trotzdem noch Unterstüt-zung benötigen. Es werden Begeg-nungsabende veranstaltet und Sprach-kurse organisiert. Die Ortsgruppe ar-beitet eng mit der Diakonie Lüneburg,den Kirchengemeinden Kaltenmoorund Reppenstedt sowie der AWO zu-sammen.Tanzensemble “Rendezvous”: Seitfünf Jahren besteht unter der Leitungvon Tamara und Anastasia Zlobin imLüneburger Stadtteil Kaltenmoor dieTanzgruppe “Rendezvous”, die beimTSV Lüneburg probt. Ob HipHop oderVolkstanz, Rock'n'Roll, Polka oder Fla-menco – die Zuschauer sind immer be-geistert vom Können der jungen Dar-steller.Theatergruppe präsentiert Kulturviel-falt: Mit großem Enthusiasmus leitetNadja Schmidt die Theatergruppe, diezweimal im Jahr ihre Zuschauer mitneuen Aufführungen erfreut. Begeis-

tert wurde in diesem Jahr der Pusch-kin-Abend in Reppenstedt angenomm-men. Gespielt wurde in Russisch undDeutsch, so dass die einheimischen Zu-schauer die Vorstellung ebenso genie-ßen konnten wie die russlanddeut-schen. Auch beim Stadtteilfest Kalten-moor unter dem Motto “Lüneburg So-ziale Stadt” präsentierte sich dieLandsmannschaft mit einem Theater-stück, das von der Theatergruppe“Volk auf dem Weg” aufgeführt wur-de.Tradition Deutsch-Russische Kultur-abende: Bereits zum neunten Mal wur-de am 21. November 2008 der traditio-nelle Deutsch-Russische Kulturabendder Ortsgruppe Lüneburg durchge-führt. Die Tradition wurde von derMitarbeiterin des Migrationsdienstesim Diakonieverband Lüneburg,Christa Reimers, ins Leben gerufen.Diese Abende, die außer einem ab-wechslungsreichen Programm mitTanz und Gesang auch ein anschließen-des Büfett mit Spezialitäten der Volks-gruppe zu bieten haben, sprechenDeutsche aus Russland und Einheimi-sche in gleicher Weise an. Auch diestädtische Politprominenz hat inzwi-schen Gefallen an der attraktiven Ver-anstaltung gefunden. Für die Deut-schen aus Russland ist es ein weiteresZeichen, dass sie in der Stadt will-kommen sind.

Kontakt:Gertrud Sorich (04131-55583)

Neustadt:12 Jahre“Vergissmeinnicht”

Vor zwölf Jahren wurde in der Orts-gruppe Neustadt am Rübenberge

(gegenwärtige Vorsitzende Irma Mel-cher) der Chor “Vergissmeinnicht” ge-gründet. Leiterin, Inspiratorin und mu-sikalische Begleiterin des Chores istGalina Schneider.Das Singen ist für die Chormitgliederein Teil ihres Lebens geworden, die ge-meinsame Leidenschaft lässt Schwie-rigkeiten leichter überwinden und hilftbei der Integration. Sie helfen sichgegenseitig und bieten auch anderenHilfe an.In seinem Repertoire hat der Chor alteund moderne Lieder, in deutscher undrussischer Sprache. Der Chor tritt nichtnur bei den landsmannschaftlichenVeranstaltungen auf, sondern hat auchschon für einheimische Zuschauer inHannover, Neustadt, Habenburg,Wunstorf und anderen Orten gesun-gen. Sehr herzlich wurden die Sängerund Sängerinnen in Pflegeheimen inMeyenfeld (“Haus der Ruhe”), Nöpkeund Neustadt (”Rosenkranz”) aufge-nommen. Zusammen mit anderenChören war “Vergissmeinnicht” Teil-nehmer des Konzerts “MusikalischeReise an der Donau” auf dem SchlossLandestrost in Neustadt. Der russ-landdeutsche Chor wird regelmäßig zuJubiläumskonzerten anderer Chöreeingeladen und beteiligt sich alljährlichan den Konzerten des Deutschen Sän-gerbundes in Bremen.Unter dem Motto “Musik allein ist dieWeltsprache und braucht nicht über-setzt zu werden” feierte „Vergissmein-nicht“ im Sommer 2006 sein 10-jährigesJubiläum in der Johannisstiftskirche;als Gäste traten die Chöre der NordLB und der Liedertafel aus Stöcken so-wie der Männergesangverein aus Pog-genhagen auf. Die Chormitglieder be-dankten sich mit einem abwechslungs-reichen Konzert bei allen, die demlandsmannschaftlichen Chor in derschwierigen Anfangsphase geholfenhatten.Gemeinsam mit der katholischen Kir-chengemeinde St. Peter und Paul undder evangelischen KirchengemeindeNeustadt am Rübenberge veranstalte-ten die Chormitglieder ein Treffen fürAussiedler und begleiteten die Gottes-dienste mit ihrem Gesang.Unter der Leitung von Galina Schnei-der gibt es jeden August ein Konzertim Stadtpark Hannover sowie Weih-nachtskonzerte während der Advents-

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Lüneburg:Tradition Deutsch-Russische Kulturabende

Junge Tänzerinnen bei einem Kulturabend der Ortsgruppe Lüneburg.

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zeit in Neustadt und in der PetrikircheHannover. Der Chor “Vergissmein-nicht” singt auch für wohltätige Zwe-cke, etwa für Kinder aus dem GebietGomel, Weißrussland, die vom “Ar-beitskreis Tschernobyl” der Gemeinde

Schaumburg mit Lebensmitteln undKleidung unterstützt werden. Der Er-lös der Konzerte geht in das Gebiet Go-mel.

Kontakt:Irma Melcher (05131-52371)

Präsenz in der Stadt zeigen: Die Orts-gruppe fehlt bei keinem Stadtfest inOsnabrück. Dabei wird jede Gelegen-heit genutzt, Informationen über dieDeutschen aus Russland und ihreLandsmannschaft zu verteilen. So bei-spielsweise beim Deutschen Katholi-kentag im Mai 2008, bei dem die Orts-gruppe einen Stand hatte. Der gesamteVorstand legte sich kräftig ins Zeugund rückte in voller “Ausrüstung” an,inklusive der landsmannschaftlichenFahne, der Vereinszeitung “Volk aufdem Weg”, einer Fülle von Informa-tionsmaterial zum Mitnehmen und ku-linarischen Leckerbissen. Durch ihreTeilnahme am Katholikentag wollte dieOrtsgruppe Osnabrück ein Zeichen set-zen: Auch die Deutschen aus Russlandgehören als Christen zu denen, die dieZukunft dieser Gesellschaft aktiv mit-gestalten.Chorauftritte fördern den Ruf: DerChor der Ortsgruppe besteht seit 1992.Mit einem reichen Repertoire aus deut-schem Volksgut, russischen und ukrai-nischen Liedern hat er sich in diesenJahren einen guten Namen verdient.Der Chor tritt bei Veranstaltungen derLandsmannschaft auf, in Altenheimenund bei der Internationalen Kulturwo-che der Stadt. 2007 war er auch bei derFestveranstaltung “Angekommen” inHannover dabei. Die Chorauftritte för-dern den guten Ruf der Landsmann-schaft.Kulturelle Breitenarbeit: Die kulturel-le Breitenarbeit der Ortsgruppe orien-tiert sich an den Höhepunkten desdeutschen Kirchenkalenders. Und sowerden die Landsleute zum “Tanz inden Mai”, zum Erntedankfest, zumKarneval oder zum Frühlingsfest ein-geladen. Für das Gelingen der Kultur-arbeit sorgt Swetlana Lehmann.Kinder- und Jugendarbeit: Für Schülergibt es Nachhilfeunterricht in Deutschund Mathematik. Ludwig Schäferunternimmt mit Kindern und Jugend-lichen Ausflüge und Fahrten, etwanach Wolfsburg oder Hannover. ZumJahresabschluss organisiert die Orts-gruppe Weihnachtsfeste für Kinder.Und Viktor Zibori (Doktor der tibeti-schen Medizin) leitet Kurse für Kinderund Jugendliche, in denen sie lernen,bewusster auf ihre Gesundheit zu ach-ten.Mitgliederbetreuung und Seniorenar-beit: Zweimal im Jahr organisiert dieOrtsgruppe für 40 bis 50 LandsleuteWochenreisen in das OerlinghausenerSt.-Hedwig-Haus. Dort stehen Besuchein Detmold (Museum für russland-deutsche Kulturgeschichte, FürstlichesResidenzschloss), themenbezogene Se-

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Mitglieder der Ortsgruppe Osnabrück bei einem Ausflug nach Oerlinghausen.

Der Neustädter Chor “Vergissmeinnicht” beim Konzert mit Kindern aus Schaptschizy,Gebiet Gomel, Weißrussland.

Osnabrück:Mit Präsenz für mehr Anerkennung

Die Ortsgruppe Osnabrück kann aufeine lange Tradition landsmann-

schaftlicher Arbeit zurückblicken. Seit2008 ist ein neuer Vorstand in Aktion;die meisten Vorstandsmitglieder wur-den für ihr langjähriges Ehrenamt be-reits mit der silbernen oder bronzenenEhrennadel der Landsmannschaft aus-gezeichnet.

Engagierte Vorsitzende der rührigenOrtsgruppe ist seit 2000 Frieda Dercho.Sie wird tatkräftig von Viktor Zibori(Stellvertreter), Andreas Maurer (Stell-vertreter), Jakob Moor, Nelli Meyer, El-vira Leder, Irina Pozoga, Lilli Rogo-lowski, Nikolai Rapp, Olga Ageev,Swetlana Lehmann und Ludwig Schä-fer unterstützt.

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minare und kreative Freizeitgestaltungauf dem Programm. Einmal im Monatorganisiert die Ortsgruppe (Nelli Mey-er) Kaffeegespräche mit Tanz für Senio-ren, bei denen gleichzeitig wichtige In-formationen vermittelt werden. Mit zu-gewanderten Frauen der Stadt arbeitetElvira Leder.Gedenken an die Opfer der Vergan-genheit: Das Gedenken an die deut-schen Opfer der Vertreibung und destotalitären Regimes in der Sowjetunionnimmt in der Ortsgruppe Osnabrückeinen wichtigen Platz ein. Zahlreich er-scheinen die Osnabrücker zu den tradi-tionellen Gedenktagen in Friedland an-lässlich der Vertreibung 1941 oder zur

Kranzniederlegung am Ostermontag inFriedland.Auf dem Heger Friedhof Osnabrückhat die Ortsgruppe mithilfe der Spen-den ihrer Mitglieder einen Gedenk-stein aufgestellt, an dem sie jeweils amTag der Vertreibung der Russ-landdeutschen, dem 28. August, eineGedenkstunde abhält. Der Gedenk-stein trägt die Ausschrift: “Allen Russ-landdeutschen zum Gedenken, die inder Fremde ihre letzte Ruhestätte ge-funden haben. Ihre Gräber liegen inder Ferne, doch leben sie weiter in un-seren Herzen.”

Kontakt:Frieda Dercho (0541-65976)

Vorbereitungen auf die Festlichkeiten.Im Käthe-Kollwitz-Haus trafen sichKinder in Bastel- und Backgruppen mitOlga Tiessen. Die Kindertheatergruppeprobte mit Galina Vogel ein Krippen-spiel in deutscher Sprache. Mit den Er-wachsenen übte Larissa Karsten einNeujahrsmärchen in russischer Spra-che für die Silvesterparty. Dabei wardie Ortsgruppe bestrebt, das deutscheBrauchtum zu pflegen und zugleichdie mitgebrachten Neujahrsbräuche zuzeigen. Im Diakonietreff hatte die Orts-gruppe eine Nähstube eingerichtet, inder sechs Berufs- und Hobbynäherin-nen mit der Zuschneiderin Lydia Bie-nert an den Kostümen für die Vorstell-lungen werkelten.Die Weihnachtsfeier für Kinder fand inder Friedensgemeinde (Stadtteil Fre-denberg) statt, mit Krippenspiel, demWeihnachtsmann, Geschenken für Kin-der und einer gemütliche Runde mitKaffee und Gebäck. In der Kultur-scheune der Volkshochschule wurdedas Silvesterfest mit Väterchen Frost,Schneewittchen und anderen Märchen-figuren gefeiert. Um das Programmmit Gesang, Tanz und Spielen aufzu-werten, wurde die Ballettschule IrinaSchamin eingeladen.Im neuen Jahr sollen die Interessen-gruppen ihre Arbeit fortsetzen. AnIdeen fehlt es der kreativen Ortsgruppenicht.

Kontakt:Nelli Lais (05341-901128)

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Salzgitter:Neuanfang mit viel Elan

Die Ortsgruppe Salzgitter ist nacheiner Zeit der Stagnation wieder

zum Leben erwacht. Im September2008 wurde ein neuer Vorstand mit derVorsitzenden Nelli Lais gewählt; ihrzur Seite stehen Valentina Klingspon(stellvertrende Vorsitzende), Olga Kri-wez, Dr. Svetlana Dobrynina, Lisa Si-kora, Ernst Sikora, Alexander Zellerund Emilia Schneider.Schon beim diesjährigen Internationa-len Kulturfest der Stadt, wo sich ver-schiedene Verbände mit kulinarischenSpezialitäten aus den Herkunftslän-dern sowie internationaler Musik undFolklore präsentierten, zeigte die Orts-gruppe engagierten Einsatz. Der Vor-stand verteilte Informationen über dieLandmannschaft und ihre Arbeit, undauch kulinarisch war der Verbanddank weiterer ehrenamtlicher Helfergut vertreten. Durch die Kooperationmit der Stadt und den kirchlichen Ein-richtungen stehen der OrtsgruppeRäumlichkeiten für die Gruppenarbeitzur Verfügung.Langjährige Erfahrung in Seniorenar-beit: Tradition hat in Salzgitter der Se-

niorentreff in der Friedensgemeinde(Käthe-Kollwitz-Haus) mit EmiliaSchneider, die seit 18 Jahren in derLandsmannschaft der Deutschen ausRussland aktiv ist. In der Diakonie derevangelischen Kirche hat die heute 59-jährige Aussiedlerin aus Kasachstanangefangen. Seit 1997 arbeitet sie in derFriedensgemeinde; dort gründete sie1998 einen Seniorenkreis, zu dem heu-te 38 ältere Menschen gehören. Nichtnur Landsleute aus der ehemaligenSowjetunion, sondern auch viele ein-heimische Senioren finden Spaß an denTreffen. Gemeinsam werden Geburts-tage und Feste gefeiert, es wird gesun-gen und getanzt zu deutscher undrussischer Musik.Einen zweiten Seniorentreff in derDreifältigkeitskirche Salzgitter-Bad lei-tet Lisa Sikora.Durch Interessengruppen die Arbeitankurbeln: Mit Feiern zu Weihnachtenund Silvester bemühte sich der Vor-stand, Neu- und Altbürger zu überzeu-gen, dass die Landsmannschaft leis-tungsstark ist. Die Monate Novemberund Dezember standen im Zeichen der

Salzgitter: Vorbereitungen auf die Festlichkeiten zum Jahreswechsel in der Bastel- und Theatergruppe.

Die Landsmannschaftder Deutschenaus Russlandim Internet:Homepage:

www.deutscheausrussland.de

E-Mail:[email protected]

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Der “Chor der Deutschen aus Russ‑land” der Ortsgruppe Wolfsburg

der Landsmannschaft der Deutschenaus Russland wurde 1985 auf Initiativeder Mitglieder der Ortsgruppe mitdem damaligen Vorsitzenden ChristianMartin gegründet.Dass die Jahre nach der Gründung er‑folgreich verliefen, ist dem erstenChorleiter Erwin Horch, der nebenrussischen Liedern auch das deutscheLiedgut pflegte, und dem Organisa‑tionstalent von Lydia Kieß, der 1. Spre‑cherin des Chores, zu verdanken. Er‑win Horch leitete den Chor bis 1994,ihm folgten Anna Astajewa und seit1998 Waldemar Varlamov, der denWolfsburger Chor auch heute noch lei‑tet. Vorsitzender der Chorgemein‑schaft, die über 30 Sängerinnen undSänger zählt, ist Helmut Kieß.Den Übungsraum hat der Chor seitJahren in der Pauluskirche kostenlos.Das Leben in der Chorgemeinschaft istsehr intensiv. Die Sängerinnen undSänger treffen sich nicht nur zu Probenund Auftritten, sondern auch zu Fa‑schingsfeiern oder Grillfesten im Som‑mer. Man unternimmt gemeinsamAusflüge und Reisen, feiert Geburtsta‑ge und Jubiläen.Der Chor sieht seine Aufgabe in derPflege deutscher Volkslieder und geist‑licher Lieder, hat aber auch einige rus ‑sische Weisen in seinem Repertoire.

Die Wolfsburger treten sowohl bei öf ‑fentlichen Veranstaltungen in Wolfs‑burg und Umgebung als auch in Alten‑und Pflegeheimen, bei privaten Anläs ‑sen und Gottesdiensten auf. Vorranghaben natürlich Veranstaltungen derLandsmannschaft.Höhepunkte der vergangenen Jahrewaren Auftritte beim Bundestreffender Deutschen aus Russland in Stutt‑gart 1996, bei den LandestreffenNiedersachsen in Nienburg 1986 und1993 sowie in Hannover 1995, 1997,2003 und 2006. Der Chor beteiligte sichim Juli 2005 am 25. Tag der Nieder‑sachsen in Wolfsburg mit einem Büh‑nenauftritt und war auch beim Trach‑tenumzug mit 134 anderen Gruppendabei.Am 26. August 2006 fuhr der “Chor derDeutschen aus Russland” nach Berlin,wo er bei der Gedenkveranstaltungzum 65. Jahrestag der Vertreibung derRusslanddeutschen auf dem Platz derRepublik vor dem Reichstag sang.Am 30. August 2008 feierte der Wolfs‑burger Chor sein 25‑jähriges Jubi‑läum. Dazu wurde rechtzeitig eineDVD mit Video‑Aufnahmen der wich‑tigsten Auftritte des Chores und eineCD mit Liedern aus seinem Programmproduziert (Bestellungen bei HelmutKieß).

Kontakt:Helmut Kieß (05362‑61306)

Die Landsmannschaftder Deutschen

aus Russland e.V. ...... wurde 1950 in Stuttgart gegrün‑det und versteht sich bis zum heu‑tigen Tag als Interessenvertrete‑rin, Hilfsorganisation und Kultur‑verein aller Russlanddeutschen.Als eingetragener Verein verfolgtdie Landsmannschaft ausschließ‑lich gemeinnützige Zwe cke, sie istüberparteilich und überkonfes ‑sionell und offen für alle, die sichfür das Wohl der Russ land deut ‑schen einsetzen wollen.

Die Landsmannschaft der Deut‑schen aus Russland ist organisato‑risch unterteilt in Landes‑ sowierund 150 Orts‑ und Kreisgruppen,deren Vertreter bei der alle drei Jah‑re stattfindenden Bundesdelegier‑tenversammlung den ehrenamtlichtätigen Bundesvorstand wählen.Koordiniert wird die Arbeit derLandsmannschaft durch die inStuttgart ansässige Bundesge‑schäftsstelle.

Angesichts der gestiegenen Proble‑me bei der Integration von Spätaus‑siedlern und der sinkenden Akzep‑tanz der Deutschen aus Russlandin der Bevölkerung ist die Arbeitder Landsmannschaft heute wichti‑ger als jemals zuvor. Sie setzt dabeigegenwärtig die folgenden Schwer‑punkte:

‑ politische Arbeit‑ Sozialberatung und Betreuung‑ Integration‑ Öffentlichkeitsarbeit‑ Kulturarbeit‑ Zusammenarbeit mit Kirchen‑ Jugend‑ grenzüberschreitende

Maßnahmen

Wer sich alsDeutscher aus Russland

wirklich effektivfür die Interessenseiner Landsleute

einsetzen will,tritt der Landsmannschaft

der Deutschen aus Russlandbei!

Ortsgruppen der Landsmannschaft

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Wolfsburg:

25 Jahre “Chor der Deutschen aus Russland”

Der Wolfsburger Chor bei einem Ausflug nach Berlin vor dem Reichstag.

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Durch spezifische Angeboteund gemeinschaftsbildendeMaßnahmen in den Bereichen

Kultur, Sport, Landeskunde, Sprach‑förderung und berufliche Orientie‑rung will das Projekt die Potentialeder Aussiedler und Mig ranten, ihresozialen Kompetenzen, ihr Engage‑ment und ihre aktive Position bei derEingliederung in die Aufnahmege‑sellschaft stärken. Das Projekt läuftseit September 2006 und wird vomBun des ministerium des Innern überdas Bundesamt für Migration undFlüchtlinge (BAMF) finanziert.

Projektleiter Sergej Köhler engagiertesich bereits in Russland ehrenamtlichim Bereich Jugendarbeit und bei derOrganisation von Sportwettkämpfen.Diese Führungsqualitäten und die Er‑fahrung in der Arbeit mit Jugendlichenkommen dem Vorsitzenden der Orts‑gruppe Braunschweig auch hier zugu‑te. Vor allem die Einbeziehung der Zu‑wanderer aus den Nachfolgestaatender Sowjetunion in die ehrenamtlicheIntegrationsarbeit, die Kooperation mitörtlichen Einrichtungen und Verbän‑den sowie die Einbindung der Projekt‑arbeit in die Angebote und Einrichtun‑gen der Kommune stehen im Vorder‑grund der Projektarbeit. Anhand prak‑tischer Beispiele wird versucht, denLandsleuten das Ehrenamt attraktivdarzustellen. Durch die ehrenamtlicheArbeit können diese im mer hinzuler‑nen, sich selbst integrieren und ande‑ren bei der Eingliederung helfen.Die Ausbildung ehrenamtlicher Be‑treuer in Kooperation mit Einrichtun‑gen der Stadt Braunschweig (Migra‑tionszentrum Braunschweig, Sportver‑bände, Agentur für Arbeit, Kulturinsti‑tut der Stadt, Jugendzent ‑rum, Arbeiterwohlfahrt)ist eines der Angebote.Viel Wert wird auf Infor‑mationsmaßnahmen zurberuflichen und sozialenOrientierung gelegt. AlsBeispiel sei eine Berufs‑vorbereitungsveranstal‑tung für Schüler der Ro‑thenburgschule mit Ver‑tretern der Salzgitter AGgenannt, organisiert vonProjektleiter Sergej Köhler

und Irina Geier von der OrtsgruppeBraunschweig mit Unterstützung desJugendamtes Braunschweig (GiselaSiegl). An der Rothenburgschule läuftseit längerer Zeit ein erfolgreiches In ‑tegrationsprojekt der Landsmann‑schaft, das von der Lehrerin Tatjana Ol‑denburger durchgeführt wird. Im Rah‑men der Veranstaltung präsentiertenzwei Auszubildende der Salzgitter AGden Beruf des Industriemechanikers,wobei sie nicht nur ihren Tätigkeitsbe‑reich, sondern auch ihre Arbeitsgerätevorstellten.Zu den weiteren Projektaktivitäten ge‑hören die Betreuung und Unterstüt‑zung von Familien mit Integrations‑problemen, Veranstaltungen und Aus‑flüge zur Stärkung des Gemeinschafts‑sinns und zum Kennenlernen der neu‑en Heimat, offene Maßnahmen mitEinheimischen zur Aufklärung überdie Geschichte und die kulturel len Tra‑

ditionen der Deutschen aus Russlandsowie gemeinsame Veranstaltungenmit einheimischen Nachbarn.Große Bedeutung wird altersbezoge‑nen Angeboten für Aussiedler undMig ranten beigemessen: Klubs, Kurseund Arbeitsgemeinschaften für Berei‑che wie Musik, Theater, Handarbeitund Basteln. In der Kinder‑Bastelgrup‑pe werden den Kindern unter anderemGrundkenntnisse der Kunstgeschichteund Kunstarten vermittelt. Der Sprach‑kurs mit themenorientierter Informa‑tionsvermittlung und sozialpädagogi‑scher Begleitung (Gruppengespräche;Unterstützung beim Erstellen von Be‑werbungsunterlagen und Lebensläu‑fen) dient der Verbesserung der beruf‑lichen und gesellschaftlichen Integra‑tion von Spätaussiedlern. Die Jugend‑tanzgruppe tritt bei zahlreichen Veran‑staltungen der Landsmannschaft undim Rahmen des Projektes auf. Senio‑

renabende, Weihnachts‑feiern für Kinder sowieFeiern zu Halloween oderzum Emtedankfest lockendurch ein abwechslungsrei‑ches Programm mit vielMusik, Gesang und Tanzan.

Kontakt:Sergej Köhler,

Tel.: 0531‑30292501Mobil: 0160‑96318502E‑Mail: [email protected]

Projektarbeit

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Projekt “Zukunft gehört dem Ehrenamt”: Einbeziehung der Zuwanderer (Aussiedler/Migranten)

in die ehrenamtliche Integrationsarbeit im Raum Braunschweig

Besuch im Big‑Afrika‑Circus am Schützenplatz in Braunschweig. Viele Kinder hattennoch nie so viele Dschungeltiere gesehen.

Teilnehmer des Deutschkurses (rechts Projektleiter Sergej Köhler).

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Wendelin Jundt:

Bundesverdienstkreuzund Landesverdienstkreuzfür besonderes Engagementzum Wohle der Allgemeinheit

Als Zeichen der Anerkennung sei‑ner Verdienste in der Integrations‑

arbeit wurde Wendelin Jundt 1993 mitdem Bundesverdienstkreuz am Bandedes Verdienstordens der Bundesrepub ‑lik gewürdigt. 2004 erhielt er für seinEngagement und langjähriges Wirkenzum Wohle der Allgemeinheit das Ver‑dienstkreuz am Bande des Niedersäch‑sischen Verdienstordens.Der Nienburger stammt aus Selz,Odessa; 1973 durfte er mit seiner Fami‑lie zurück nach Deutschland. Der da‑mals 43‑Jährige engagierte sich zuerstim BdV und später vor allem in derLandsmannschaft der Deutschen ausRussland. 1984 gründete er die Orts‑gruppe Nienburg, wurde deren Vorsit‑zender und bald darauf Vorsitzenderder Landesgruppe Nie dersachsen, de‑ren Ehrenvorsitzender er heute ist.Mit großem Erfolg organisierte er sie‑ben Landestreffen mit 7.000 bis 10.000

Teilnehmern. Hervorzuheben sind sei‑ne Verdienste in der Sozialberatung aufallen Ebenen bis hin zum berufenenReferenten des Bundesvorstandes derLandsmannschaft, dem er von 1993 bis1995 angehörte. Nach dem Eintritt inden Ruhestand richtete Jundt 1990 inseinem Haus eine Sozialberatungsstel ‑le der Landsmannschaft ein und unter‑stützte tatkräftig das Netzwerk zur In‑tegration der Zuwanderer im Land‑kreis Nienburg/Weser. Für sein uner‑müdliches Ehrenamt wurde WendelinJundt mit der goldenen Ehrennadel derLandsmannschaft ausgezeichnet.

Lilli Bischoff:

Bundesverdienstkreuzals Zeichen der Anerkennung

In Würdigung ihrer ehrenamtlichenTä tigkeit wurde Lilli Bischoff 2007

auf Vorschlag des niedersächsischenMinisterpräsidenten Christian Wulffdas Bundesverdienstkreuz am Bandedes Verdienstordens der Bundesrepub ‑lik Deutschland verliehen.Die Tatkraft von Lilli Bischoff, die seitüber 18 Jahren im Arbeitsamt Hanno‑

ver arbeitet, ist bemerkenswert. Gleichnach ihrer Ankunft 1988 in Deutsch‑land gründete sie in ihrem WohnortBarsinghausen eine Ortsgruppe derLandsmannschaft und stürzte sich indie Integrationsarbeit mit Aussiedlern.Besonders beispielhaft ist ihr Einsatzfür die Integration von Jugendlichen inBarsinghausen, wo sie den Eintritt he ‑ranwachsender Spätaussiedler inSportvereine initiiert hat. Seit 2006 istsie Vorsitzende des LandesverbandesNiedersachsen und Mitglied imBundesvorstand. Für ihr langjährigesEngagement wurde sie mit der golde‑nen Ehrennadel der Landsmannschaftausgezeichnet.Außerdem kümmert sich Lilli Bischoffum Hilfe für die Menschen in Kowel,Ukraine, die durch das Atomreaktor un ‑glück von Tschernobyl betroffen sind.1995 gründete sie den Verein “Kinder‑hilfe Ukraine”, der sich für kostenloseErholungsmaßnahmen für Kinder ausKowel und einen Kulturaustausch ein‑setzt. Durch ihr Engagement konntenSpenden für Hilfslieferungen nach Ko‑wel gesammelt werden.Der Bürgermeister von Barsinghausenzeichnete Lilli Bischoff bereits 1999 aus.2002 erhielt sie den Siegfried‑Leh‑mann‑Preis für die Kinderhilfe in derUkraine.

Peter Reger:

Ehrenorden fürvorbildliches Engagement

Im April 2008 wurde der langjährigeVorsitzende der Ortsgruppe Hanno‑

ver, Peter Reger, als Anerkennung sei‑nes vorbildlichen Engagements mitdem Ehrenorden des Landes Nieder‑sachsen ausgezeichnet.

Ehrungen

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Ehrungen für aktive Mitgliederder Landsmannschaft

Landesverdienstkreuz für Wendelin Jundt (von links): Niedersachsens InnenministerUwe Schünemann, Leontine Wacker (stellvertretende Bundesvorsitzende der Lands‑mannschaft), Innozenz Grad (Ortsgruppe Rotenburg), Peter Reger (Ortsgruppe Han ‑nover), Wendelin Jundt, Adolf Fetsch (Bundesvorsitzender der Landsmannschaft), Lil‑li Bischoff (Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen) und Rudolf Götz (Nieder‑sächsischer Landesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler).

Lilli Bischoff

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Frieda Dercho:

Vorsitzendeder Ortsgruppe Osnabrück

1990 “landete” Frieda Dercho inOsna brück und wurde bereits ein

Jahr später in den Vorstand der dorti‑gen Ortsgruppe gewählt. Die ehemali‑ge Lehrerin aus Sibirien kümmerte sichum Familienzusammenführung undBeratung, wurde dann stellvertretendeVorsitzende und steht seit 2000 an derSpitze der Ortsgruppe.Im Rahmen des landesweiten Projek‑tes “Angekommen” wurde sie im Som‑mer 2007 zusammen mit weiteren 14Aus siedlerakademikern durch Mini‑sterpräsident Christian Wulff mit dem“Niedersachsen‑Ross” für eine bei‑spielhafte Integration ausgezeichnet.Geboren 1935 in Mariental, Wolga,wurde Frieda Dercho nach Sibi‑rien deportiert. Dem Traum,Ärztin zu werden, stand ihredeutsche Nationalität im Wege.So wurde sie Lehrerin und bliebder pädagogischen Tätigkeit 36Jahre lang treu. 1964 zog diezweifache Mutter mit ihrer Fa‑milie in die Region Krasnojarsk.Nachdem sich die Hoffnungenauf die Wiederherstellung derWolgarepublik als Illusion er‑wiesen hatten, wanderte sienach Deutschland aus.Für ihr unermüdliches Engage‑ment wurde Frieda Dercho diesilbernen Nadel der Lands‑mannschaft verliehen.Lilli Hartfelder:

Sein Lebensweg führte ihn von Omsk,Sibirien, wo er 1929 geboren wurde,1976 über viele Zwischenstationennach Hannover. Vom ersten Tag ansetzte sich Peter Reger dort als ehren‑amtlicher Mitarbeiter der Landsmann‑schaft für die Belange der Deutschenaus Russland ein. Unzählige Hilfesu‑chende hat er beraten und begleitet.Nicht unerwähnt bleiben darf auch sei‑ne zentrale Rolle bei der Organisationvon acht niedersächsischen Landestref‑fen. Seine über 25‑jährige Tätigkeit ander Spitze der Ortsgruppe Hannoverwar gekennzeichnet von dem Bemü‑hen, eine Zusammenarbeit mit allenEinrichtungen und politischen Ent‑scheidungsträgern auf Stadt‑ und Lan‑desebene aufzubauen und aufrecht‑zuerhalten.

ratung der Landsmannschaft in Han‑nover tätig.Seit 1992 engagiert sich Lilli Hartfelderin der Landsmannschaft; 1995 wurdesie in den Vorstand der OrtsgruppeHannover gewählt, 2004 zur Vorsitzen‑den in Hannover und zur stellvertre‑tenden Vorsitzenden der Landesgrup ‑pe. Seit 2006 ist sie Mitglied des kom ‑munalen Integrationsrates in Hanno‑ver und seit kurzem stellvertretendesMitglied in der Kommission für Fragender Menschen mit Migrationshinter‑grund im Niedersächsischen Landtag.2007 wurde sie mit dem “Niedersach‑sen‑Ross” ausgezeichnet.

Oskar Schulz:Leiter desJugendmigrationsdienstesdes CJD Nienburg

Auch der 53‑jährige Oskar Schulz,der in Tadschikistan zur Welt kam

und nach langen Bemühungen 1988nach Deutschland aussiedeln durfte,wurde 2007 mit dem “Niedersachsen‑Ross” ausgezeichnetNachdem sein Diplom als Elektroinge‑

nieur nur teilweise anerkanntworden war, eröffnete sich ihmeine neue Berufs perspektive inder Integrationsarbeit, für dieer sich von Anfang an engagier‑te,1989 bekam Oskar Schulz eineStelle im Jugendmigrations‑dienst des CJD Nienburg, indem er noch heute als JMD‑Lei‑ter tätig ist. Seine Arbeit richtetsich an junge Menschen mitMig rationshintergrund. In sei‑ner fast 19‑jährigen Praxis inder Integrationsarbeit hat eretwa 7.000 junge Menschen aufihrem Weg in ein neues Lebenberaten und betreut.

Ehrungen

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Oberbürgermeister Stephan Weil über ‑reichte Peter Reger (rechts) den Orden.

“Niedersachsen-Ross”für beispielhafte Integration

Vorsitzende der Orts-und Kreisgruppe Hannover

Ehrenamt und die Menschen, die esausüben, sind für mich etwas Be‑

sonderes”, sagt die Vorsitzende derOrts‑ und Kreisgruppe Hannover, LilliHartfelder. Sie gehört zu denen, die fürdie Sorgen und Nöte der Anderen im‑mer ein offenes Ohr haben.Im Oktober 1989 kam die zweifacheMutter aus Kasachstan nach Hannover.Hier studierte die ehemalige Deutsch‑lehrerin Sozialpädagogik und absol‑vierte eine Ausbildung im Case‑Ma‑nagement in der Sozialarbeit mit Mig ‑ranten. Sieben Jahre arbeitete sie im Be‑ratungszentrum für Integrations‑ undMigrationsfragen bei der AWO ‑ Re‑gion Hannover. Seit 2005 ist sie als So‑zialarbeiterin in der Migrationserstbe‑

Auszeichnung für Lilli Hartfelder.

Ministerpräsident Christian Wulff (links) ehrte Frieda Der‑cho und Oskar Schulz.

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Nadeshda Kurz,Molbergen:

Engagementin der Integrationsarbeitund der Kommunalpolitik

“Helferin in der Not” wird Nadesh‑da Kurz (54) von ihren Landsleutenin Molbergen und Umgebung ge‑nannt.

Sie ist in dem Ort die Bekanntesteund am meisten Geachtete unter denDeutschen aus Russland. Sie wurdeim Gebiet Nowosibirsk geboren, leb‑te in Kasachstan und wanderte 1971mit ihrer Familie nach Deutschlandaus.Die gelernte Buchhalterin und vierfa‑che Mutter hatte schon in ihrer altenHeimat immer Zeit und ein offenesOhr für Hilfe suchende Mitmen‑schen. Als 1994 in Saterland der Hei‑matverein der Deutschen aus Russ‑land gegründet wurde, engagiertesich Nadeshda Kurz ehrenamtlich indessen Integrationsarbeit. Ihre Un ‑terstützung für die Zuwanderer er‑wies sich als dermaßen nützlich, dassdas Arbeitsamt ihr 1996 eine ABM‑Stelle bewilligte und nach drei Jahreneine SAM‑Maßnahme.Inzwischen arbeitet Nadeshda be‑reits 13 Jahre für den Verein, der seit1997 Mitglied im Paritätischen Wohl‑fahrtsverband Niedersachsen ist.Durch ihr unermüdliches beruflichesund ehrenamtliches Engagement hatsich Nadeshda Kurz die Anerken ‑nung der Mitmenschen verdient.1996 wurde sie zum ersten Mal inden Gemeinderat gewählt, und inden Jahren 2001 und 2003 wurde siewieder gewählt.

Der 20‑jährige Paul Derabin ist einBeispiel dafür, dass auch Deutscheaus Russland die parteipolitischeArbeit mitgestalten können.

Er kam 1999 mit seinen Eltern nachNiedersachsen und wohnt in Laat‑zen. Dort machte Paul 2008 sein Abi‑tur am Erich‑Kästner‑Gymnasiumund absolviert derzeit seinen Zivil‑dienst bei den Hannoverschen Werk‑stätten.Schon sehr früh zeigte Paul DerabinInteresse an parteipolitischer Tätig‑keit. 2003 wurde er in das LaatzenerJugendparlament gewählt, 2004 trater der Jungen Union der CDU beiund wurde 2005 Jugendregionspräsi‑dent der Region Hannover (Vorsit‑zender des JuPaRegio). Seit 2006 ister beratendes Mitglied im Stadtver‑bandsvorstand und Pressesprecherder Jungen Union in Laatzen. 2006

trat er der CDU bei und wurde inden Laatzener Stadtrat als jüngstesRatsmitglied gewählt. 2008 wurdePaul Derabin als Leiter des Arbeits‑kreises “Migranten und Spätaussied‑ler” der JU Niedersachsen benannt.Im Dezember 2008 wurde er zumstellvertretenden Vorsitzenden desLandesverbandes Niedersachsen desJugend‑ und Studentenrings derDeutschen aus Russland gewählt.

Porträts

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Nadeshda Kurz

Paul Derabin, Laatzen:

Leiter des Arbeitskreises “Migranten und Spätaussiedler”der JU Niedersachsen

Paul Derabin

Andreas Maurer, Quakenbrück:

Engagement in der Integrationsarbeit und der Kommunalpolitik

“Je mehr Deutsche aus Russlandsich in der Kommunalpolitik enga‑gieren, desto mehr können wir fürunsere Landsleute erreichen”, so dieÜberzeugung von Andreas Maurer(38), der in Quakenbrück und Um‑gebung als engagierter Kommunal‑politiker bekannt ist.

Geboren in Schachtinsk, Karaganda,kam er 1988 mit 18 Jahren nachDeutschland, schaffte den Realschul‑abschluss und begann ein Studiuman der Polizeischule, die jedoch baldaufgelöst wurde. Deshalb begann ereine Lehre bei der Post und wurdePostbeamter.Seit zwölf Jahren ist der fünffacheVater parteipolitisch aktiv. 2001 kan‑didierte er zum ersten Mal auf derCDU‑Liste für den Gemeinderat, be‑kam zahlreiche Unterstützung undwurde Mitglied im Gemeinderat derSamtgemeinde Artland.Bei den Kommunalwahlen 2006 wag‑te Andreas Mauer einen Alleingang,gründete die Wählergemeinschaft

Bürger für Artland “Maurer” undkandidierte für das Amt des Bürger‑meisters von Quakenbrück, aller‑dings ohne Erfolg. Dafür wurde er inden Gemeinderat Artland wieder ge‑wählt.Andreas Maurer engagiert sich in derIntegrationsarbeit des Vereins“Freundschaft” und ist stellvertre‑tender Vorsitzender der OrtsgruppeOsnabrück der Landsmannschaft.

Andreas Maurer

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Ludmilla Neuwirth, Wolfsburg:

Ortsbürgermeistrinvon Westhagen,Ratsfrau im Stadtrat Wolfsburg

Die Dipl.‑Sozialpädagogin/Dipl.‑Sozialwirtin Ludmilla Neuwirth(55) ist seit 20 Jahren beim Diakoni‑schen Werk Wolfsburg e.V. tätig.

Im sibirischen Barnaul, Altairegion,studierte sie am Institut für Kulturund unterrichtete anschließend ander Fachschule für Kultur. 1987 kamsie mit Ehemann Waldemar undzwei Töchtern nach Deutschland.Da beide schon im Vorfeld guteDeutschkenntnisse hatten, stand dieberufliche Integration von Anfang anim Vordergrund. Waldemar stieg alsBetriebsschlosser bei den Stadtwer‑ken Wolfsburg ein, und Ludmilla be‑gann als Sozialpädagogin für die Be‑treuung der jungen Spätaussiedlerbeim Diakonischen Werk Wolfsburg.2000‑02 studierte sie berufsbeglei‑tend und ist seitdem auch Diplom‑Sozialwirtin. Seit fünf Jahren leitet siedie Abteilung “Pro Integration” derDiakonie.2001 wurde Ludmilla Neuwirth Mit‑glied des Ortsrates Westhagen inWolfsburg, bis 2005 war sie stellver‑tretende Ortsbürgermeisterin. SeitMärz 2005 ist sie Ortsbürgermeiste‑rin von Westhagen und seit Oktober2006 Ratsfrau in Wolfsburg. Schwer‑punkte ihrer Ratstätigkeit sind Integ ‑ration, Soziales und Jugend.

Dr. Alfred Eisfeld (57) ist eine derführenden Kapazitäten auf dem Ge‑biet der Geschichte und Kultur derRusslanddeutschen.

Er kam 1973 nach Deutschland, stu‑dierte in Bonn und München Osteu‑ropäische Geschichte, Politische Wis‑senschaften und Zeitungswissen‑schaften, promovierte 1983 über dasThema “Deutsche Kolonien an derWolga 1917‑1919 und das DeutscheReich”. Lange Jahre leitete er denGöttinger Arbeitskreis am Institut fürDeutschland‑ und Osteuropafor‑schung und ist heute Leiter der Ab‑teilung Göttingen des Instituts fürKultur und Geschichte der Deut‑schen in Nordosteuropa.In zahlreichen wissenschaftlichenDissertationen, Fachreferaten undPublikationen setzt er sich mit derDiskriminierung der Deutschen inder ehemaligen Sowjetunion ausein‑ander und hat zahlreiche Aspekteder Geschichte der Volksgruppe the‑

matisiert und dokumentiert. Als Re ‑daktionsmitglied wirkte er an derErstel lung der Enzyklopädie “Russ‑landdeutsche” mit und beteiligt sichan Forschungsseminaren, die vomIVDK (Moskau) veranstaltet werden.2003 wurde Dr. Eisfeld in Anerken ‑nung seiner Verdienste um die Erhal‑tung und Förderung des Kulturgutesder Russlanddeutschen der Russ‑landdeutsche Kulturpreis des LandesBaden‑Württemberg verliehen.

Porträts

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Ludmilla Neuwirth

Dr. Alfred Eisfeld, Göttingen:

Forschungen zur Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen

Dr. Alfred Eisfeld

Dr. Viktor Bruhl, Göttingen:

Forschungen zur Geschichte der Deutschen in Sibirien

Dr. Viktor Bruhl (48) veröffentlichtemehr als 50 Abhandlungen zur Ge‑schichte der Russlanddeutschen,darunter die zweibändige Monogra‑phie “Die Deutschen in Westsibi‑rien” (1995).

Er ist Mitglied des Historischen For‑schungsvereins der Deutschen ausRussland, wo 2003 sein Doppelband“Die Deutschen in Sibirien“ erschien.Geboren in Sibirien, studierte er Ge‑schichte und Anglistik in Barnaul,Russland, und promovierte 1992über ein sozialgeschichtliches The‑ma. Bis zur Auswanderung 1995nach Deutschland unterrichtete er ander Technischen Universität Barnaul.Ab 1996 arbeitete er im Göttinger Ar‑beitskreis des Instituts für Deutsch‑land‑ und Osteuropaforschung. Inden vergangenen Jahren ist er mehr‑fach mit Vorträgen und Abhandlun‑gen zur Geschichte der Deutschen inRussland, unter anderem bei interna‑

Dr. Viktor Bruhl

tionalen wissenschaftlichen Konfe‑renzen, hervorgetreten.2001 fand in seinem Leben ein ent‑scheidender Umbruch statt: Nach ei‑ner Umschulung zum Kaufmann istDr. Viktor Bruhl seit 2003 als kauf‑männischer Angestellter tätig.

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Tatjana Geng,Hannover:

Dipl. Journalistin, Chefredakteurineines Freizeitmagazins

Als Tatjana Geng 1995 mit ihremMann und zwei kleinen Kindernnach Deutschland kam, wusste siebereits – auch in diesem Land be‑kommt man nichts geschenkt.

In Russland arbeitete die Dipl.‑Jour‑nalistin mehrere Jahre als Redakteu‑rin in Swerdlowsk, Uralgebiet. Auchin der neuen Heimat wollte sie ihrenBeruf nicht aufgeben. Während sietagsüber jobbte, verfasste sie abendsals freiberufliche KorrespondentinArtikel für russischsprachige Publi‑kationen. So begann ihre Zusammen‑arbeit mit der Zeitung “Kontakt“, wosie bald als Redakteurin anfing undsich zur Chefredakteurin hocharbei‑tete. Als “Kontakt” aus Hannovernach Köln zog, ging sie nicht mit: Siewollte die sichere Zukunft der Kin‑der und den beruflichen Erfolg ihresMannes Paul nicht aufs Spiel setzen.Seit anderthalb Jahren ist TatjanaChefredakteurin des bundesweitenrussischsprachigen Freizeitmagazins“Sekret uspecha” (“Das Geheimnisdes Erfolgs”), das sie selbst gegrün‑det und aufgebaut hat. Inhaltsreich,motivierend und lebensbejahendvermittelt das Magazin, das vor al ‑lem für Frauen gedacht ist, eine posi‑tive Lebenseinstellung. Und das istauch eines der Geheimnisse von Tat‑janas Erfolg.

Dr. Viktor Heinz,Göttingen:

Lyriker, Dramatikerund Erzähler

Der Schriftsteller, Dichter und Dra‑matiker Dr. Viktor Heinz (71), derseit 1992 in Göttingen lebt, steht inder vordersten Reihe der russland ‑deutschen Literaturszene. Er ist Mit‑glied des Literaturkreises der Deut‑schen aus Russland und hat zahlrei‑che Veröffentlichungen vorzuwei‑sen.

Heinz wurde in Nowoskatowka,Omsk, geboren, studierte deutscheSprache und Literatur in Nowosi‑birsk, promovierte 1971 über “Ober‑hessische Dialekte in Omsk” und ar‑beitete als Dozent und Lehrstuhllei‑ter in Omsk und Petropawlowsk, Ka‑sachstan, ab 1984 als Redakteur inAlma‑Ata.Seinem dreiteiligen Werk “Auf denWogen der Jahrhunderte” (1993) liegtdie Geschichte und Gegenwart derVolksgruppe zugrunde, während ersich in seinen Büchern “In der Sack ‑gasse” (1996), “Der brennende See”(2000) und “Zarte Radieschen undanderes Gemüse” (2002) mit dem Le‑ben seiner Landsleute in der altenund neuen Heimat befasst.2003 erhielt Viktor Heinz den Ehren‑preis des Russlanddeutschen Kultur‑preises des Landes Baden‑Württem‑berg. 2007 wurde ihm die goldeneEhrennadel der Landsmannschaftverliehen.

Anna Weinert, Cloppenburg:

Autorin mehrerer Bücherin Deutsch und Russisch

Schon als Schülerin gewann AnnaWeinert (60), die im Gebiet Kirow,Russland, aufgewachsen ist, ver‑schiedene Literaturwettbewerbe.

Buchhalterin im Hauptberuf, schriebsie freiberuflich mit einigem Erfolgweiter. Ihre Gedichte und Erzählun‑gen waren in Zeitungen zu lesen undim Radio zu hören.Seit 1991 lebt Anna Weinert inDeutschland; das Schreiben hat diezweifache Mutter auch hier nicht auf‑gegeben. Inzwischen sind zwölf Bü‑cher erschienen, davon fünf in deut‑scher Sprache. Hinzu kommen Auf‑nahmen von Musikgruppen, die Textevon Anna Weinert verwendeten.Die erschwerte Integration der Deut‑schen aus Russland hat sie zu demzweisprachigen Buch “Sonnenregen”motiviert, ihr zweites Kinderbuchnach “Fröhlinchen” (das von derStaatlichen Universität Kirow alsLehrmittel für die Deutsche Spracheverwendet wird). Derzeit arbeitet siean einem Buch über Cloppenburg indeutscher Sprache.Im Rahmen des niedersächsischenProjektes “Angekommen” wurdeAnna Weinert im Sommer 2007durch Ministerpräsident ChristianWulff mit dem “Niedersachsen‑Ross“ für eine beispielhafte Integra‑tion ausgezeichnet.

Porträts

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Tatjana Geng Dr. Viktor Heinz Anna Weinert

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Seit 1994 betreiben Waldemar undAdina Darscht eine ärztliche Praxis,die den Patienten vielfältige medi‑zinische Dienstleistungen bietet.

In ihrer Praxis in Bissendorf‑Schlede‑hausen unweit von Osna brück kom‑binieren der Therapeut und die Kin‑derärztin Erfahrungen aus der altenHeimat mit neuen, die sie inDeutschland gesammelt haben. Me‑thoden der Schulmedizin und derVolksmedizin bilden hier eine har‑monische Einheit.Waldemar Darscht interessierte sichbereits in den 80er Jahren in Russ‑land für unkonventionelle Heilme‑thoden und praktizierte Akupunk‑

tur. In Deutschland haben Waldemarund Adina Darscht mehrere Speziali‑sierungen hinter sich und erweiternihr fachliches Wissen auf medizini‑schen Seminaren. Regelmäßig veran‑stalten sie in ihrer Praxis Tage der of‑

fenen Tür und erklären den Besu‑chern die vielfältigen innovativen Be‑handlungen, die dort geboten wer‑den. Dabei steht Prophylaxe und dieRegel, “dem Patienten nicht zu scha‑den”, ganz oben.

Porträts

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Waldemar und Adina Darscht, Bissendorf-Schledehausen:

Mitgebrachte und neue Erfahrungen als harmonische Einheit

Adina Darscht Waldemar Darscht

Heinrich Dick, Rinteln:

Leitet eine Praxis für Mikrochirurgie des Ohres

Heinrich Dick

Der Chirurg Heinrich Dick ist inden 90er Jahren aus Orenburg nachDeutschland gekommen.

Nach der Anerkennung seines Dip ‑loms arbeitete er jahrelang in derMikrochirurgie‑Praxis Schimanskibei Dortmund, worauf er dankbarzurückblickt: “Ich hatte Glück, beiDr. Schimanski und im OP‑Saal derörtlichen Klinik neue Erfahrungensammeln zu dürfen. Dank seinerUnterstützung konnte ich mich ins‑besondere im Bereich der Mikrochi ‑

rurgie des Ohres profilieren.” 2002übernahm er eine HNO‑Praxis inRinteln und wurde selbständig. Erbaute eine eigene Praxis auf und aus,wobei er in die ursprünglichen Be‑handlungsangebote zusätzlich dieMikrochirurgie des Ohres integrierte.Unweit der Klinik mietete er Räum‑lichkeiten für seine Praxis, die Klinikstellte ihm hochwertige Geräte zurVerfügung, und es wurden Schwe‑stern für den OP‑Betrieb geschult.Etwa 500 Operationen führt HeinrichDick pro Jahr bei Gehörschäden

durch, ein Viertel davon sind mikro‑chirurgische Eingriffe. Seine Händewirken “Wunder” und haben ihm ei‑nen guten Namen weit über dieStadtgrenze hinaus gemacht.

Olga Fondis, Barsinghausen:

Betreibt eine physiotherapeutische Praxis mit zahlreichen Angeboten

Olga Fondis

Mit ihren 30 Jahren hat Olga Fondisbereits viel erreicht und wird alsFachfrau anerkannt.

Sie lebt seit 1998 in Deutschland, hathier die Schule besucht und eineAus bildung als Physiotherapeutinabsolviert. 2007 eröffnete sie einePhysiotherapeutische Praxis in Bar‑singhausen, die sich gro ßer Beliebt‑heit erfreut. Zusätzlich hat Olga Fon‑dis eine Ausbildung für ManuelleTherapie abgeschlossen. Das hat dieRichtung ihrer Praxis bestimmt: or‑thopädische manuelle Therapie,Heilgymnastik und Training.

Auf eine differenzierte Behandlungder Patienten legt sie viel Wert. Umauf dem neuesten Stand zu bleiben,verbessert sie ihre Qualifikation inLehrgängen und Weiterqualifizie‑rungen. Und sie bietet ständig neueDienstleistungen an, etwa Wellness‑Programme, Lymphdrainage, Massa‑gen mit heißen Steinen und Honig‑Massagen. Sie organisiert Kurse fürHeilgymnastik und Training mitSportgeräten bei Rü ckenproblemen,Muskel‑ und Kopfschmerzen. AuchRehamaßnahmen nach einer OP, Pro‑gramme zur Gewichtsreduzierungund vieles mehr gehören zu den An‑

geboten. “In mir sitzt der ständigeDrang nach neuem Wissen und neu‑en Herausforderungen”, sagt sie.

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Viktor Zibori,Osnabrück:

Doktor der Tibetischen Medizin,betreibt eineTibet-Yoga-Massage-Praxis

“Der Mensch ist eine Einheit vonKörper, Geist und Seele.” Viktor Zi‑bori (47) lebt diese chinesischeWeisheit.

Der gelernte Imker kam 1993 aus Ka‑sachstan nach Deutschland. Seinenursprünglichen Beruf machte er zumHobby und orientierte sich hier neu.In mehreren Lehrgängen ließ er sichzum Masseur, Yoga‑Trainer undDorn‑Therapeuten ausbilden. ImFernstudium absolvierte er die Tibe‑tische Akademie in Moskau und istanerkannter Doktor der TibetischenMedizin. Durch das BildungsinstitutDeutscher Sport‑Studio‑VerbandHamburg erhielt er die Anerkennungals lizensierter Thai‑Yoga‑Trainer.2003 eröffnete er eine Tibet‑Yoga‑Massage‑Praxis, in der er seine Er‑fahrungen praktiziert, von der sanf‑ten Massage nach Dorn und derenergetischen Massage nach Breussüber Yoga bis zur Tibet‑Mas sage.Dazwischen arbeitete der dreifacheVater als Lehrkraft für Sport an derHauptschule Osnabrück, und seit2004 leitet er Thai‑Chi‑ und Yogakur‑se im TSV Haste 01 Osnabrück. Er iststellvertretender Vorsitzender derOrtsgruppe Osnabrück der Lands‑mannschaft und engagiert sich vorallem in der Kinder‑ und Jugendar‑beit, leitet Gesundheitsgruppen mitKindern und Erwachsenen.

“Jeder von uns kann sein eigenesZiel in Deutschland verwirklichen,wenn ihm ein Weg gezeigt wird”,sagt Eugen Murdasow.

Ein solcher Weg könnte für mancheein Studium an der Deutschen Aka‑demie für Verwaltung und Wirt‑schaft sein, die Eugen Murdasow ge‑gründet hat und deren Leiter ist.1992 kam er als 16‑Jähriger nachDeutschland, absolvierte die Real‑schule und begann eine medizinischeAusbildung, um seinem TraumberufArzt näher zu kommen. Gleichzeitigbesuchte er ein Abendgymnasiumund hatte nach drei Jahren Ausbil‑dung in einer Hochschulklinik dasAbitur in der Tasche. Neben seinerArbeit als stellvertretender Stations‑leiter studierte Eugen Wirtschafts‑und Arbeitswissenschaften mit Ab‑schluss als Diplom‑Verwaltungswirt.Bevor er seine “Akademie des Er‑folgs” vor über einem Jahr eröffnete,hatte er in seinem beruflichen Lebenso einiges geleistet, zuletzt als Aus‑bilder für fast alle staatlich anerkann‑ten kaufmännischen Berufe, als ak ‑

kreditierter Seminarleiter und zertifi‑zierter Unternehmensberater, Do‑zent, Projektleiter und ‑entwickler.Die Deutsche Akademie für Verwal‑tung und Wirtschaft gehört zu denführenden in Deutschland, die sichauf den osteupopäischen Wirt ‑schaftsraum spezialisiert. Studienortist die Staatliche Leibnitz‑UniversitätHannover; die Räumlichkeiten ander Universität werden gemietet.

Porträts

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Viktor Zibori

Eugen Murdasow, Hannover:

Gründer und Leiter der Deutschen Akademiefür Verwaltung und Wirtschaft

Eugen Murdasow

Olga Michel, Hannover:

Selbständige Rechtsanwältin -“Rechtsanwälte Michel, Seym & Schmidt”

1988 kam Olga Michel als Spätaus ‑siedlerin in die BundesrepublikDeutschland.

Nach dem Sprachkurs bei der Otto‑Benecke‑Stiftung in Hannover absol‑vierte sie einen Sonderlehrgang fürSpätaussiedler mit Abitur in Göttin‑gen. Das war das Sprungbrett für dasStudium der Rechtswissenschaftenan der Universität Hannover. Er ‑folgreich legte sie die beiden Staats‑examen in Rechtswissenschaften abund absolvierte zwischendurch ihrRechtsreferendariat.Seit 2005 ist Olga Michel als selbstän‑dige Rechtsanwältin in Hannover inKooperation mit zwei weiteren Part‑nern und Kollegen tätig (Rechtsan‑wälte Michel, Seym & Schmidt). DieKanzlei ist spezialisiert auf die Berei‑

che Familien‑, Sozial‑, Verkehrs‑, Ar‑beits‑ und Vertragsrecht.

Olga Michel

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Viktor Jersch,Osnabrück:

Betreibt Lebensmittelgeschäfteund bildet Fachkräfte aus

“Ich bin hartnäckig. Wenn ich einZiel habe, tue ich mein Bestmögli‑ches, um es zu erreichen”, sagt Vik‑tor Jersch über sich.

Vier Jahre sparte er, um selbständigzu werden. Zuerst eröffnete er einGeschäft in der Bramscher Straßeund anschließend das “Gastronom”in der Wersener Straße in Osnabrück,und auch in Ibbenbüren hat er sichinzwischen niedergelassen. In seinenLebensmittelgeschäften kaufen nichtnur Deutsche aus der ehemaligenSow jetunion ein, sondern auch sehrviele einheimische Mitbürger, die inder Stadt und Umgebung wohnen.Viktor Jersch wurde in Westsibiriengeboren, absolvierte eine Hochschuleund versuchte sich bereits in Russ‑land als Unternehmer: In Wolgograderöffnete er zwei Läden. 1993 kam erin die Bundesrepublik. Nach demSprach kurs arbeitete er in einem Bau‑betrieb und wagte dann mit Erfolgden Sprung in die Selbständigkeit.Seine Lebensmittelgeschäfte mit Spe‑zialitäten aus dem Osten erfreuensich allgemeiner Beliebtheit. ViktorJersch nimmt sich oft die Zeit, denKunden persönlich zu zeigen, was eranzubieten hat. Unter seiner Leitungarbeiten zwölf Angestellte. Als vonder IHK geprüfter anerkannter Aus‑bildungsbetrieb bildet er auch Fach‑kräfte aus.

Als Reiseveran‑stalter ist die Fa‑milie Schubertseit 16 Jahren aufdem deutschenMarkt. Seit 1999gibt es die “Schu‑bert ReisenGmbH”, den füh‑renden Consolida‑tor auf dem deut‑schen Markt fürFlugtickets inRichtung GUS.

Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegtin der Ausstellung von Flugscheinenfür IATA‑Reisebüros (InternationaleFlug‑Transport‑Vereinigung). Tech‑nisch up to date, ist das Unterneh‑men, das von Waldemar Schubertund seinem Sohn Waldemar geleitetwird, für ca. 400 Reisebüros bundes‑weit ein zuverlässiger Partner.Angefangen hat die tüchtige Familieaus dem Gebiet Karaganda ganzklein. Schon nach dem Sprachkurs1991 stand für Waldemar und Nata‑lia Schubert fest, dass sie ein Geschäfteröffnen würden. Waldemar war ge‑

lernter Kaufmann und in KasachstanLeiter eines Großhandels; auf dieseErfahrungen konnte er bauen. So ent‑stand das Lebensmittelgeschäft “Ber‑joska”, worin dann ein Reisebüro er‑öffnet wurde. Als die Anfrage nachReisetickets stieg, beschlossen Vaterund Sohn, ein weiteres Unternehmenzu gründen, die “Schubert ReisenGmbH”. “Berjoska” ist längst kom‑plett in ein Reisebüro umgewandeltworden, das Natalia Schubert leitetund Privatkunden betreut. “SchubertReisen” beschäftigen zehn Angestell‑te, darunter vier einheimische.

Porträts

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Viktor Jersch

Familie Schubert, Osnabrück:

“Schubert Reisen GmbH” - Consolidator für 400 Reisebüros

Familie Schubert: Waldemar sen., Natalia und Waldemar jun.

Lilia Tetslau, Hannover:

Kabarett als Integrationshilfe

Lilia Tetslau

Lilia Tetslau (55) ist Deutschlandseinzige Spätaussiedlerin auf derKabarett‑Bühne.

Mit ihrem Programm “Deutsch...aber nicht ganz” versucht sie, gegen‑seitige Vorbehalte von Deutschen ausRussland und Einheimischen zu ent‑kräften.Im sibirischen Angarsk geboren undin Kasachstan aufgewachsen, stu‑dierte Tetslau an der TheaterschuleNowosibirsk und arbeitete als Schau‑spielerin und Theaterregisseurin imSüdural. Ihr erstes Theater gründetesie wenige Jahre später in der Ukrai‑ne. Ihre besondere Liebe galt schondamals dem Kabarett.1991 reiste sie aus, spielte am Wolfs‑burger Figurentheater als ABM‑Kraftihr Stück “Die glückliche Spätaus‑siedlerin” und arbeitete in anderenStücken mit. 1998 wagte Tetslau den

Sprung in die Selbständigkeit undbereist seitdem mit ihrem Figuren ‑theater “Joey” das Land. Im Reper ‑toire hat sie sowohl Kabarett für Er‑wachsene als auch Geschichten fürGrundschulkinder und Märchen fürdie Kleinsten. Sie tritt im Rahmenverschiedener Projekte, bei Kulturta‑gen oder Aktionswochen auf, gastiertin Kindergärten und Schulen, veran‑staltet Seminare für Lehrkräfte undgibt Schauspielunterricht.

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Robert Hettich,Langenhagen:

International anerkannterKünstler

Die Vielfältigkeit des Künstlers Ro‑bert Hettich (44), der seit 1988 inLangenhagen bei Hannover wohnt,ist beeindruckend. Malerei (Öl‑,Acryl‑ und Temperabilder), Illustra‑tion, Fotografie und Grafik‑Design ‑in all diesen Bereichen ist er einekreative Größe.

In Tadschikistan studierte er Kunstund Malerei, in Hannover erreichteer seinen zweiten Fachhochschulab‑schluss für Kunst und Design. Seit1997 arbeitet er als freier Grafik‑De ‑sig ner und betreibt eine Kunstschule.Hettich stellt regelmäßig aus und istinzwischen international bekannt ge‑worden. Seine Bilder schmückenBanken und Hotels, befinden sich imöffentlichen oder Privatbesitz deut‑scher und internationaler Kunst‑sammler. Mehrfach hat er sich anKunstprojekten und Ausstellungenweltweit beteiligt, etwa mit den welt‑bekannten Unternehmen Pelikanoder ArabellaSheraton in Hannover.Er beteiligte sich an Gemeinschafts‑ausstellungen mit Künstlern aus St.Petersburg zum 300. Jubiläum derStadtgründung, in Frankreich mitKünstlern aus den USA, Deutschlandund Polen, im Museum des Kasachi‑schen Präsidenten in Astana mitinternational bekannten Künstlern.Zuletzt vertrat Robert Hettich Nie ‑dersachsen mit seinem Werk “to findyou” bei der riesigen Kunstbiennalein Peking anlässlich der Olympi‑schen Spiele.

Die Kunst Andrej Be ‑ckers (51), tiefgründigund grüblerisch, greiftmit ihrer malerischenPalet te mit gedecktenFarben zurück bis aufdie russische Ikonenma‑lerei.

“Die sieben Todsünden”hieß seine Ausstel lung inder Lüneburger St. Mi‑chaeliskirche im Oktober2008. Schon in Russlandhatte er sich mit religiösen Themenbeschäftigt. Einen Teil dieser Arbei‑ten präsentierte er 2004 im KlosterLüne bei der Ausstellung “ZwischenTradition und Moderne”.Geboren bei Perm, studierte Beckeran der Serow‑Kunstschule in Lenin‑grad und der Petersburger Repin‑Hochschule für Malerei, Bildhauereiund Architektur, wurde 1990 Mit‑glied des Künstlervereins Russlandsund beteiligte sich an landesweitenund internationalen Ausstellungen.

Seit 1999 lebt der Künstler in Lüne‑burg und hat sich durch die hoheQualität seiner Malerei großes Anse‑hen erworben. Er ist Mitglied derKunstbörse „art goes public“ undstellt bundesweit aus. Zusammenmit einem weiteren russlanddeut‑schen Künstler, Waldemar Drichel,erhielt Becker 2006 den Kulturpreisder Stadt Lüneburg, der als Dr.‑Hed‑wig‑Meyn‑Preis an Künstler der Re‑gion für herausragende Leistungenvergeben wird.

Porträts

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Robert Hettich

Andrej Becker, Lüneburg:

Künstler mit tiefgründigem malerischem Repertoire

Andrej Becker

Alwine Höhler-Schuhmann, Quakenbrück:

Musikerin und Chorleiterin, gründete eine Musikschule

Offen, energisch, intelli‑gent und geistreich ‑ Al‑wine Höhler‑Schuh‑mann bringt nicht nurFamilie und Beruf untereinen Hut, sondern lei‑stet auch Beachtlichesim Ehrenamt.

Sie hat in Quakenbrückeine Musikschule ge‑gründet, unterrichtetdort selbst Musik, leiteteinen erfolgreichen Frau‑enchor, organisiert Kulturveranstal‑tungen in ihrer Heimatstadt undAuftritte in anderen Gemeinden.In Kasachstan absolvierte Alwine einMusikstudium und arbeitete als Mu‑sikpädagogin; sie spielt Klavier,Oboe, Saxophon und Keyboard.Die Chorgeschichte begann vor elfJahren. Damals absolvierte Alwineein sozialpädagogisches Studiumund ein Praktikum in Quakenbrück.Als Prüfungsveranstaltung sollte sie

ein Fest zum Muttertag vorbereiten;dabei entstand die Idee, einen Frau‑ensingkreis auf die Beine zu stellen.Seitdem hat sich der Chor mit seineminternationalen Repertoire mehrfachin die Herzen der Zuschauer gesun‑gen. Chor und Musikschule sindzum fes ten Bestandteil des Kulturle‑bens in Quakenbrück geworden. BeiStadtfesten und anderen Kulturver‑anstaltungen gehören ihre Schülerund der Frauenchor jedes Mal dazu.

Alwine Höhler‑Schuhmann

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Maria Schumann,Hannover:

Stellt ihre Ostereiersammlungin Heimatmuseen und Kirchen aus

Die Wochen vor Ostern sind für Ma‑ria Schumann, die seit zehn Jahrenin Hannover beheimatet ist, der Hö‑hepunkt des Jahres.

Ihre einzigartige Sammlung “BunteOstereier aus aller Welt” stellt die en‑gagierte Deutschlehrerin aus dem si‑birischen Krasnojarsk im nächstenJahr zum siebten Mal aus. Ihre Expo‑sition zum Anfassen war bereits in ei‑nigen Kirchengemeinden von Han ‑nover sowie in den HeimatmuseenSeelze und Garbsen zu sehen.Die zahlreichen Besucher sind faszi‑niert, wenn sie in der Ausstellung aufeine kleine Weltreise durch die Os ‑tertraditionen verschiedener Kultu‑ren gehen. Weit mehr als 1.000Schmuck‑ und Ostereier in unter‑schiedlichsten Verzierungstechniken,Farben, Mustern und Größen ausüber 30 Ländern hat Maria Schu‑mann in ihrer Sammlung.In Krasnojarsk unterrichtete sie über20 Jahre Deutsch. In Deutschlandstudierte sie mit 47 Sozialwesen mitDiplomabschluss, und vor über vierJahren gründete sie eine Sprachschu‑le, in der sie Deutsch als Förderun ‑terricht für Migranten, Integrations‑kurse, Kurse für Mütter und Kindersowie Russisch für Kinder anbietet.

“Ich bin kein Theoretiker, kein Kon ‑zeptkünstler, sondern ein visuellerCharakter, der in Formen lebt undin Farben philosophiert“, sagt Vik‑tor Hurr (59) über seine Arbeit.

Seine künstlerische Ausbildung alsGrafiker und Aquarellmaler erhieltHurr an der Moskauer Kunstvolks‑hochschule und der KunstschuleTaschkent, Usbekistan, als Bildhauerund Kunstlehrer. Schon in der altenHeimat beteiligte er sich an Einzel‑und Gemeinschaftsausstellungen inTaschkent, St. Petersburg, Moskauund 1993 an der Wanderausstellung“Moderne Kunst” in den Republikender ehemaligen UdSSR.Seit 1994 lebt Viktor Hurr in Osna‑brück, wo er ebenfalls bereits mehr‑fach ausgestellt hat. In Deutschlandhat er sich mehr der Malerei zuge‑wandt; dabei ist ein Bilderzyklus“Vom langen Weg zurück” über dieGeschichte seiner Familie entstan‑den. Viktor Hurr ist Nachfahre einerdeutschen Winzerfamilie, die sichAnfang des 19. Jahrhunderts von

Ulm aus auf den Weg nach Russlandmachte. In 22 Bildern zeigt er Statio‑nen dieser Auswanderung über zweiJahrhunderte. 2006 wurde der Bilder‑zyklus im Kulturgeschichtlichen Mu‑seum Osna brück gezeigt.

Porträts

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Maria Schumann

Viktor Hurr, Osnabrück:

Künstler, der “in Formen lebt und in Farben philosophiert”

Viktor Hurr

Albert und Maria Schewe, Cloppenburg:

Betreiben eine einzigartige Kunstschule für Jung und Alt

Das Ehepaar Albertund Maria Schewe,das eine einzigarti‑ge Kunstschule ge‑gründet hat, kenntin Cloppenburg je‑der.

Malen lernen hierKinder (darunterbehinderte und so‑gar farbenblinde)und ältere Men‑schen, Deutsche und Zuwanderer.Anfang der 90er kamen die Schewesaus Omsk nach Deutschland. Da diebeiden schon nicht mehr die Jüngs ‑ten waren, fiel die berufliche Integra‑tion nicht gerade leicht. Auf der Su‑che nach einem Ausweg eröffnetensie eine Galerie, und bald kam ein Fo‑toatelier dazu. Als Maria, früherKunstlehrerin in der Grundschule,den Gedanken äußerte, eine Kunst‑schule zu gründen, glaubte Albert

nicht so recht an den Erfolg. Unddoch wagten sie den Sprung in dieSelbständigkeit und hatten Erfolg!Aus einer Holzscheune ist die Ein‑richtung inzwischen in ein stattlicheszweistöckiges Gebäude umgezogen,und im benachbarten Friesoythe ha‑ben die Schewes sogar eine Filiale er‑öffnet. In elf Jahren haben dort mehrals 3.000 kunstinteressierte Schüleraus allen Generationen Zeichnen,Malen und Modellieren gelernt.

Albert und Maria Schewe mit ihren Schützlingen.

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Seit 1996 ist der Sportverein Nor ‑denham (SVN) Stützpunktvereinim Programm “Integration durchSport”.

Das erste Integrationsangebot wareine Gymnastikgruppe unter der Lei‑tung von Olga Melcher, Spätaussied‑lerin aus Kirgisien, die 2000 Koordi‑natorin des Programms wurde.2001 kam die aus Sibirien stammen‑de Tanz pädagogin Olga Deutschdazu, die ein Tanzangebot mit Mäd‑chen aus Aussiedlerfamilien startete.Die Gruppe wuchs und wurde“internationaler”; seit 2008 gibt esacht Tanzgruppen mit rund 100 Mit‑gliedern aus verschiedenen Her‑kunftsländern, die von Olga Deutschunterrichtet werden. Außerdem be‑treut sie seit 2004 eine Stepptanz‑gruppe für Erwachsene, an der ein‑heimische und zugewanderte Mit‑bürger beteiligt sind. Das Angebotder Tanzgruppen umfasst Folklore,HipHop, Bauchtanz, lateinamerika‑

nische und klassische Tänze, Ballett,Disko und Stepptanz, gepaart mitAkrobatik und Rhythmischer Sport‑gymnastik.Die Tanzgruppen treten immer wie‑der auf und sind das Aushängeschilddes Vereins, der vom Mitgliederzu‑wachs und der gestiegenen öffent‑lichen Resonanz profitiert. Für seineIntegrationsbemühungen erhielt derSVN Auszeichnungen und die Sport‑medaille des Landes Niedersachsen.

Shanna Weiser,Wolfsburg:

Bringt Hobby und Beruferfolgreich unter einen Hut

Schon in Kustanai, Kasachstan, en‑gagierte sich Shanna Weiser (34) ne‑ben ihrem Ökonomie‑Fernstudiumals Leiterin einer Laienkunstgruppeim regionalen Kulturamt.

Im Dezember 1993 kam sie mit ihrerFamilie nach Deutschland und häng‑te auch hier ihre Leidenschaft Tanzennicht an den Nagel. Seit 1995 ist sieehrenamtliche Übungsleiterin beimDiakonischen Werk Wolfsburg undbetreut mehrere Tanzgruppen.Zur Zeit unterrichtet sie drei Kinder‑gruppen; die Gruppe “TanzWelt”(etwa 40 Kinder und Jugendliche) istin Wolfsburg und Umgebung be‑kannt und beliebt. Ebenfalls unterder Obhut von Shanna Weiser stehtdie Frauengruppe “Kadrill“, die be‑reits mehrfach aufgetreten ist.Auch beruflich hat sich Shanna Wei‑ser trotz aller Schwierigkeiten durch‑gesetzt. Nach Sprachkursen undHochschulreife studierte sie als Dip ‑lom‑Kauffrau (FH) mit SchwerpunktManagement im Gesundheitswesen.2005‑2007 arbeitete sie als Assistentinder QualitätsmanagementleitungUnterfranken in einer Orthopädi‑schen Klinik, und seit Anfang 2007 istsie im Controlling des KlinikumsWolfsburg tätig.

Porträts

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Shanna Weiser

Olga Melcher und Olga Deutsch, Nordenham:

Koordinatorinnen im Programm “Integration durch Sport”

Olga Deutsch (links) und Olga Melcher

Wilhelm Gratschow, Gifhorn:

Boxer, Olympiatelnehmer in Peking 2008

Wilhelm Gratschow

Der deutsche Amateurboxer undmehrfache deutsche Meister Wil‑helm Gratschow (26) kommt ausTaschkent, Usbekistan, und lebt seit1992 in Deutschland. Gefördert wurde er von seinem VaterMichael, der früher selbst erfolgrei‑cher Boxer und Trainer in seiner us‑bekischen Heimat war.Der sonst ruhige Volkswagen‑Arbei‑ter zeigt im Ring sein Temperament:wieselflink, wendig und explosiv. Inder Boxszene ist er als versierter Tak‑tiker bekannt und gefürchtet. Gra ‑tschow boxt in der Box‑Bundesligafür den BCV Gifhorn. 2000 holte ersich mit 18 Jahren zum ersten Malden Deutschen Meistertitel. Bei denEU‑Meisterschaften 2003 und 2005belegte er jeweils den drit ten Platz imBantamgewicht. 2003 und 2004 wur‑de Gratschow Deutscher Meister indieser Gewichtsklasse. 2007 gelangihm sein dritter nationaler Meisterti‑tel. Seinen Startplatz für Olympia inPeking konnte sich der Boxer beim

ersten europäischen Qualifizierungs‑turnier in Pescara sichern.Neben seiner Boxkarriere absolvierteer eine Ausbildung zum Werkzeug‑mechaniker bei der Volkswagen Coa‑ching GmbH in Wolfsburg.

Page 32: Deutsche aus Russland in Niedersachsen · Deutsche aus Russland in Niedersachsen: Engagement im öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben Herausgegeben von der Landsmannschaft

Am 6. Dezember 2008 wurde derLandesverband Niedersachsendes “Jugend‑ und Studenten‑

rings der Deutschen aus Russland”(JSDR) gegründet. Vorsitzender wur‑de Andreas Helbert (Hannover). Zuweiteren Vorstandsmitglieder wur‑den gewählt: Alina Yakovenko (Lüne‑burg, Stellvertreterin), Paul Derabin(Laatzen, Stellvertreter), KristinaSchäfer (Osnabrück), Eleonora Schä‑fer (Osnabrück), Vladyslav Ponoma‑renko (Oldenburg) und Leonid Spun‑gin (Hannover).Schon bei der ersten Sitzung wurdenPläne für das nächste Jahr geschmie‑det. So will der Landesverband einFrühlingsfest und eine Sportveranstal‑tung im Herbst organisieren und diepolitische Bildung der Jugendlichen inAngriff nehmen.Seit der Gründung des JSDR‑Bundes‑verbandes im März 2008 als Jugendor‑ganisation der Landsmannschaft mitdem Landesverband Baden‑Württem‑berg als Initiator und Dr. LudmilaKopp als Fachreferentin für Jugendar‑beit haben sich in den nachfolgendenMonaten nach und nach Landesgrup ‑pen etabliert, in denen die eigentlicheArbeit mit den Jugendlichen stattfin‑

det. In der Zwischenzeit haben sichLandesgruppen in Nordrhein‑Westfa‑len, Sachsen‑Anhalt, Mecklenburg‑Vorpommern, Bayern und nun auch inNiedersachsen gebildet.“Immer mehr Jugendliche innerhalbder Landsmannschaft der Deutschenaus Russland verstehen, dass sie selbstaktiv werden müssen und auch viel be‑wegen können. Großes Interesse be‑steht auch daran, dass Jugendliche ausverschiedenen Teilen Deutschlands dieMöglichkeit erhalten, Kontakte mit an‑deren JSDR‑Jugendgruppen zu knüp‑fen und somit gemeinsam Aktivitätenplanen und durchführen können. Zuden Zielen der JSDR gehört die Zu‑sammenarbeit mit allen Organisatio‑nen, Institutionen und Vereinen, die inder Integrationsarbeit tätig sind. Wirsind auf gutem Wege, dies und be‑sonders auch die oben genannten Zieleumzusetzen“, zieht die Bundesvorsit‑zende des JSDR, Elena Bechtold, Jah‑resbilanz.Der JSDR sieht sich als Brücke und Ver‑mittler für russlanddeutsche Jugendli‑che mit der Aufgabe, den zugewander‑ten jungen Menschen bei ihrer Integra‑tion in Deutschland zu helfen. Durchdie Öffentlichkeitsarbeit des JSDR soll

entgegen bestehender Vorurteile fürein positives Image der Deztschen ausRussland in den Städten und Gemein‑den gesorgt werden.Auch in Niedersachsen wollen jungeDeutsche aus Russland aktiv mitwir‑ken. Sie haben viele Stärken vorzuwei‑sen und bringen häufig Erfahrungen inder Jugendarbeit mit. Diese Erfahrun‑gen sollen beim Aufbau des Landes‑verbandes genutzt werden, wobei manauch mit Unterstützung seitens derLandsmannschaft und der djo ‑ Deut‑sche Jugend in Europa rechnet. AlsStichwörter für die Arbeit sollen in der Anfangsphase dienen: “Stärken auf‑bauen”, “Mentalität und Kompetenzennutzen, um die Zielgruppe zu errei‑chen”, “Kräfte bündeln”, “Aktive Netz‑werkarbeit entwickeln” und “Auf poli‑tischer Ebene präsent sein”.Erste Erfahrungen auf politischem Par‑kett sammelte eine Gruppe von siebenjungen Deutschen aus Russland (Mari‑na Hartfelder und Andreas Helbert ausHannover, Dr. Svetlana Dobrynina,Eduard Sikora, Alexander Nuts undEduard Diwert aus Salzgitter sowie Jo‑schi Weibert aus Lehrte) mit Lilli Hart‑felder vom Vorstand der Landesgrup‑pe Niedersachsen der Landsmann‑schaft beim Kongress “Junge Migran‑ten und Spätaussiedler” der JungenUnion Niedersachsen am 11. Oktober2008 in Hannover. Politiker und zahl‑reiche Vertreter niedersächsischer Zu‑wanderer‑Organisationen brachten indie Diskussion wichtige Anregungenein, die laut Paul Derabin, Migrations‑beauftragten der Landes‑JU, in die Ar‑beit des Arbeitskreises Spätaussiedlerund Migranten und den “AktionsplanIntegration” der JU einfließen sollen. Aus der Gruppe der Spätaussiedler ka‑men Vorschläge zur besseren Organi‑sation der Freizeitgestaltung sowie zurSprach‑ und Kompetenzförderung derZuwanderer aus der ehemaligen Sow ‑jetunion. Die Diskussionsteilnehmerwünschten sich eine bessere Akzeptanzfür integrierte Zuwanderer in Deutsch‑land, die eine Botschafterrolle für beideSeiten der Gesellschaft übernehmenund somit die Annäherung weiter för‑dern könnten. Eine Aufgabe, die auchder JSDR‑Landesverband Niedersach‑sen in Angriff nehmen will.

Jugendarbeit

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“Jugend- und Studentenringder Deutschen aus Russland” -Landesverband Niedersachsen

Der Vorstand der JSDR‑Landesgruppe Niedersachsen: ‑ sitzend: Andreas Helbert; ‑ da‑hinter von links: Leonid Spungin, Eleonora Schäfer, Vladyslav Ponomarenko, Kristi‑na Schäfer, Alina Yakovenko und Paul Derabin.