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sche Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan Newsletter 16. Ausgabe – November 2011 Deuts Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan sche zusammenarbeit mit Afghanistan aus „erster Hand“ Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp (BMZ) erstmals im Land am Hindukusch Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp mit Mitarbeitern einer Lederwerkstatt in Kunduz Foto: Pressestelle ISAF PRT Kunduz Es war die erste Reise der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Gudrun Kopp, ins Land am Hindukusch. Dennoch wurde den zahl- reichen afghanischen, deutschen und inter- nationalen Gesprächspartnern schnell deut- lich, wie intensiv sich Gudrun Kopp auf diese Reise vorbereitet hatte und welch hohen Stellenwert die Bundesregierung der deutsch-afghanischen Entwick- lungszusammenarbeit beimisst. Vom 2. bis 3. Oktober absol- vierte Gudrun Kopp insgesamt drei Stationen: die Hauptstadt Kabul so- wie Kunduz und Mazar-e Sharif im Norden des Landes. Dabei standen politische Gespräche mit Vertretern der afghanischen Regierung, der Meinungsaustausch mit Vertre- tern der deutschen Afghanistan- Ressorts, ein Zusammentreffen mit deutschen Soldatinnen und Solda- ten in Kunduz sowie Gespräche mit afghanischen Verantwortlichen und Mitarbeitern aus Vorhaben der deutsch-afghanischen Entwick- lungszusammenarbeit auf der Tagesordnung. Im Mittelpunkt der politischen Gespräche in Kabul stand das Tref- fen mit dem stellvertretenden Finanzminister Dr. Mustafa Mastoor, in des- sen Rahmen Frau Kopp der afghanischen Regierung für dieses Jahr weitere 110 Mio. Euro für Projekte und Programme der deutsch-afghanischen Entwicklungszusam- menarbeit zusagte. Die Zusage erfolgte im Namen von Entwicklungsminister Dirk Niebel, der kurz vor der Abreise von Gudrun Kopp entschieden hatte, die Mittel der In dieser Ausgabe Wirtschaft nachhaltig entwickeln In dieser Ausgabe stellen wir das Programm zur „Nachhaltigen Wirtschafts- entwicklung“ (NaWi) vor. Im Auftrag des BMZ ist die Gesellschaft für Interna- tionale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH vor allem in den Nordprovinzen aktiv: Dort werden Unternehmer/ innen weitergebildet und – beispielsweise durch einen Wettbewerb für Gründungsideen – geför- dert. Lokale Arbeitsplät- ze entstehen, weil die deutsch-afghanische Entwicklungszusammen- arbeit Wertschöpfung in Landwirtschaft und Hand- werk erhöht sowie Handel und Industrie stärkt. Durch den Aufbau einer afghani- schen Exportförderagentur haben bereits viele Händler/ innern lukrative Aufträge im Ausland erhalten. Die erste deutsche Wirtschaftsdele- gation seit 2005 ist vom 9. bis 15. Juli nach Afgha- nistan gereist, um sich über die Chancen und Potenziale des Wirtschaftsstandorts zu informieren. Die Berichte zu NaWi finden Sie auf den Seiten 3 bis 6.

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Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan

Newsletter 16. Ausgabe – November 2011

Deutsche Entwicklungszusammenarbeit

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Afghanistan aus „erster Hand“ Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp (BMZ) erstmals im Land am Hindukusch

Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp mit Mitarbeitern einer Lederwerkstatt in Kunduz Foto: Pressestelle ISAF PRT Kunduz

Es war die erste Reise der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Gudrun Kopp, ins Land am Hindukusch. Dennoch wurde den zahl-reichen afghanischen, deutschen und inter-nationalen Gesprächspartnern schnell deut-lich, wie intensiv sich Gudrun Kopp auf diese Reise vorbereitet hatte und welch hohen

Stellenwert die Bundesregierung der deutsch-afghanischen Entwick-lungszusammenarbeit beimisst.

Vom 2. bis 3. Oktober absol-vierte Gudrun Kopp insgesamt drei Stationen: die Hauptstadt Kabul so-wie Kunduz und Mazar-e Sharif im Norden des Landes. Dabei standen politische Gespräche mit Vertretern der afghanischen Regierung, der Meinungsaustausch mit Vertre-tern der deutschen Afghanistan-Ressorts, ein Zusammentreffen mit deutschen Soldatinnen und Solda-ten in Kunduz sowie Gespräche mit afghanischen Verantwortlichen und Mitarbeitern aus Vorhaben der deutsch-afghanischen Entwick-lungszusammenarbeit auf der Tagesordnung.

Im Mittelpunkt der politischen Gespräche in Kabul stand das Tref-fen mit dem stellvertretenden

Finanzminister Dr. Mustafa Mastoor, in des-sen Rahmen Frau Kopp der afghanischen Regierung für dieses Jahr weitere 110 Mio. Euro für Projekte und Programme der deutsch-afghanischen Entwicklungszusam-menarbeit zusagte. Die Zusage erfolgte im Namen von Entwicklungsminister Dirk Niebel, der kurz vor der Abreise von Gudrun Kopp entschieden hatte, die Mittel der

In dieser Ausgabe

Wirtschaft nachhaltig entwickeln

In dieser Ausgabe stellen wir das Programm zur „Nachhaltigen Wirtschafts-entwicklung“ (NaWi) vor. Im Auftrag des BMZ ist die Gesellschaft für Interna-tionale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH vor allem in den Nordprovinzen aktiv: Dort werden Unternehmer/ innen weitergebildet und – beispielsweise durch einen Wettbewerb für Gründungsideen – geför-dert. Lokale Arbeitsplät-ze entstehen, weil die deutsch-afghanische Entwicklungszusammen-arbeit Wertschöpfung in Landwirtschaft und Hand-werk erhöht sowie Handel und Industrie stärkt. Durch den Aufbau einer afghani-schen Exportförderagentur haben bereits viele Händler/ innern lukrative Aufträge im Ausland erhalten. Die erste deutsche Wirtschaftsdele-gation seit 2005 ist vom 9. bis 15. Juli nach Afgha-nistan gereist, um sich über die Chancen und Potenziale des Wirtschaftsstandorts zu informieren. Die Berichte zu NaWi finden Sie auf den Seiten 3 bis 6.

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16. Ausgabe – November 2011

Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp mit dem afghanischen Vize-Finanzminister, Dr. Mustafa Mastoor. | Foto: BMZ.

sogenannten „zweiten Tranche“ der BMZ-Zusage für 2011 freizugeben.

Die Bundesregierung hatte die im Haushalt des BMZ für 2011 zur Verfügung stehenden Mittel für Afghanistan in zwei Tranchen aufgeteilt. Ziel dieser Aufteilung war, für die Regierung in Kabul zusätzliche Anreize zu setzen, um die bei den internationalen Afghanistan-Konferenzen von London (Januar 2010) und Kabul (Juli 2010) einge-gangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Dabei geht es um konkrete Fortschritte der afghanischen Regierung in zentralen Reformbereichen, insbesondere bei der Regie-rungsführung und im Kampf gegen Korruption. Die Freigabe der deutschen Entwicklungsgelder war zudem geknüpft an nachweisliche Verbesserungen administrativer Prozesse vor allem im Zusammenhang mit der Entzollung und Zulassung geschützter Fahrzeuge für die Projektarbeit deutscher Entwicklungsexperten vor Ort. Aufgrund erkenn-barer Reformanstrengungen der Regierung in Kabul hatte Entwicklungsminister Niebel im Juni die Mittel der ersten Tranche in Höhe von bis zu 133 Mio. Euro (inklusive 3 Mio. Euro Reprogrammierung) freigegeben. Der Nach-weis weiterer Maßnahmen führte nun zur Freigabe der zweiten Tranche. Damit stehen für 2011 insgesamt bis zu 240 Mio. Euro für Entwicklungsvorhaben in Afghanistan zur Verfügung. Hinzu kommen bis zu 10 Mio. Euro, die für die finanzielle Förderung von Vorhaben deutscher Nicht-regierungsorganisationen in Afghanistan bereitstehen.

Ungeachtet der Zusage der zweiten Tranche sagte der stellvertretende afghanische Finanzminister Mastoor zu, der von Frau Kopp geäußerten Bitte zu entsprechen und vor den nächsten EZ-Regierungsverhandlungen (voraussichtlich im Februar 2012) einen detaillierten Bericht mit zusätzlichen Informationen über Fortschritte in den vereinbarten Reform-bereichen vorzulegen.

Nach politischen Gesprächen mit dem afghanischen Bildungsminister Dr. Farooq Wardak besuchte Gudrun Kopp die ehemalige Technische Schule, heute das Kabul Mecha-nical Institute (KMI), in der afghanischen Hauptstadt. In 2001 noch in einem desolaten Zustand werden dort heute

auch dank der erheblichen finanziellen Unterstützung aus Deutschland weit über eintausend junge Afghaninnen und Afghanen in insgesamt neun verschiedenen Lehrberufen ausgebildet, von der Sanitärtechnik über Holzverarbeitung bis hin zur Kfz-Mechanik. Bei ihrem Besuch sagte Frau Kopp: „Eine gute Berufsausbildung ist der Schlüssel für eigenes Einkommen und für das wirtschaftliche Fortkommen einer ganzen Nation. Mit unserer Unterstützung für das KMI schaf-fen wir ökonomische Perspektiven für die junge Generation in Afghanistan. Das KMI und seine von Deutschland unter-stützte Arbeit bilden eine Erfolgsgeschichte, in der das ande-re, Zuversicht vermittelnde Gesicht Afghanistans erkennbar wird.“ Frau Kopp unterstrich zudem die zentrale Bedeutung eines inklusiven Bildungsansatzes, der Jungen und Mädchen gleichermaßen einbezieht.

Die Gespräche mit Vertretern der afghanischen Zivilge-sellschaft, bei denen sich Gudrun Kopp unter anderem über den Stand der Vorbereitungen auf die Anfang Dezember in Bonn stattfindende internationale Afghanistan-Konferenz informierte, haben deutlich gemacht, dass viele Menschen in Afghanistan den Prozess der Transition (Übergabe der Sicher-heitsverantwortung an die afghanischen Behörden bis Ende 2014) fälschlicherweise mit einer Beendigung auch des zivi-len Engagements der Gebergemeinschaft gleichsetzen. Dazu Gudrun Kopp: „Hier müssen wir aktiv gegensteuern – durch ein klares Bekenntnis, dass Deutschland im Verbund mit der internationalen Gemeinschaft auch über 2014 hinaus ein verlässlicher Partner an der Seite Afghanistans bleibt und das Land auch weiterhin bei zivilem Wiederaufbau und Entwick-lung unterstützen wird. Es darf hier zu keinem ‚Vertrauens-vakuum‘ der Bevölkerung kommen.“ Wenige Tage später sagte Bundespräsident Christian Wulff bei seinem Besuch in Afghanistan der Regierung in Kabul und den Menschen im Land die fortgesetzte deutsche Unterstützung zu.

Auch die Reise der Parlamentarischen Staatssekretärin Gudrun Kopp und die zahlreichen Gespräche mit deutschen Soldatinnen und Soldaten sowie mit Entwicklungsexperten haben die schwierigen Rahmenbedingungen des militäri-schen und zivilen Engagements in Afghanistan noch einmal vor Augen geführt. Umso wichtiger, so Gudrun Kopp, „ist die Anerkennung und öffentliche Wertschätzung für diese wichtige Arbeit.“

Bei all ihren Gesprächen mit militärischen und zivilen Akteuren, die im Auftrag der Bundesregierung in Afghanis-tan tätig sind, zeigte sich Frau Kopp tief beeindruckt von deren Engagement und sprach den Frauen und Männern ihren persönlichen Dank und ihren Respekt für die geleistete Arbeit aus.

Ein Video-Reisebericht zum Afghanistan-Aufenthalt von Gudrun Kopp ist abrufbar unter http://www.bmz.de/de/ presse/videos/20111027_afghanistan_pakistan/index.html.

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Wirtschaftsdelegation mit Vertretern deutscher Ministerien sowie der afghanischen Exportförderagentur (EPAA). | Foto: GIZ

Bessere Bedingungen als erwartet Deutsche Unternehmer zeigen sich positiv überrascht

Mit vielen Fragen im Gepäck ist im Juli eine Wirtschaftsdelegation nach Afghanistan gereist. Auf Einladung des BMZ sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) nahmen deutsche Unternehmer sowie ein Vertreter von „Germany Trade and Invest“ (GTAI) teil. „Die Reise hat sich für uns gelohnt“, sagte Sven Luthardt, Geschäftsführer der Luthardt GmbH. Auf dem Programm stan-den Besuche bei afghanischen Unterneh-men, bei der Industrie- und Handelskam-mer „Afghan Chamber of Commerce and Industries“ (ACCI), der Exportförderagen-tur „Export Promotion Agency of Afgha-nistan“ (EPAA) und der Investitionsförder-agentur „Afghanistan Investment Support Agency“ (AISA). Im Auftrag des BMZ haben GIZ-Experten aus dem Programm NaWi diese Reise vor Ort organisiert.

In vielen Gesprächen und Präsenta-tionen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer umfassende Informationen zu den Potenzialen des Wirtschaftsstand-orts Afghanistan und zu den Rahmen-bedingungen für ausländische Firmen erhalten. Die Gäste aus Deutschland konnten sich mit afghanischen Unter-

nehmern austauschen, unter ihnen waren Vertreter des Konsumgüterherstellers Alokozay, der Fluggesellschaft Safi Airways und der afghanischen Niederlas-sung von Siemens. Unternehmen, die sich in Afghanistan engagieren wollen, bietet die vom NaWi-Programm eingerichtete Anlaufstelle für Investoren erste Informa-tionen, Beratung und Kontaktadressen.

Die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer zeigten sich beeindruckt von der bereits wieder aufgebauten Infrastruk-tur in Afghanistan. Die Sicherheitslage empfanden sie zwar als schwierig, aber weitaus weniger dramatisch als in den Medien dargestellt. „Ich habe gute Kon-takte knüpfen können“, sagte Helmut Wörner von der hessischen Controlware GmbH am Abschlusstag in der Deutschen Botschaft in Kabul. Einhellig wünschen sich die deutschen Unternehmer/innen eine stärkere Unterstützung durch die afghanische Regierung. Chancen sehen sie jetzt schon: „Der private Markt ist da“, stellt Dr.-Ing. Norbert Wilhelm, Direktor für Übersee-Projekte bei der Grontmij GmbH fest, „und er wächst“.

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NaWi-Meldungen

Neuer Wirtschaftsleitfaden für Afghanistan: „Germany Trade and In-vest“ (GTAI) und Experten des NaWi-Programms informie-ren in einer aktuellen Publika-tion über die Wirtschaftslage in Afghanistan und zeigen Wachstumsbranchen auf. Kapitel über Recht, Zoll und interkulturelle Verhaltens-weisen runden den Ratgeber ab. Der Wirtschaftsleitfaden kostet 30 Euro und kann bei GTAI bestellt werden.

Telefon: (0228) 24 99 33 19, E-Mail: [email protected].

Bildband zum NaWi-Programm erschienen: Der Fotograf Lorenzo Tugnoli vermittelt mit professionellen Fotos einen umfassenden Eindruck von der Arbeit und den Ergeb-nissen des Programms zur nachhaltigen Wirtschafts-entwicklung in Afghanistan. Der Bildband ist erhältlich beim i-Punkt der GIZ, E-Mail: [email protected].

Unternehmensgründer/innen gefördert: Aus rund 1.000 Bewer-bungen wurden 75 ange-hende Unternehmer/innen aus den Nordprovinzen Ba-dakhshan, Balkh und Takhar für ein Training ausgewählt, damit sie einen professio-nellen Geschäftsplan für ihre Gründungsideen entwickeln können. Unter den Geför-derten sind 17 Frauen. Exper-ten des NaWi-Programms haben die Unternehmer/ innen im September weiter-gebildet. Die Geschäftsideen versprechen ein nachhaltiges wirtschaftliches Potenzial. Dazu gehören ein Internet-café in Faizabad, Hochzeits-catering, Fischzucht in den Bergregionen und eine Veterinärklinik.

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Nachhaltige Afghanische Händler Wirtschaftsentwicklung

präsentieren sich in China Das BMZ unterstützt die afghanische Regierung mit

Erfolgreiche Teilnahme an der ersten Asien-Europa-Messe dem Programm NaWi seit 2002 bei ihren Wirtschafts-reformen: Gesetzliche und institutionelle Rahmenbedin-gungen sowie Förderstruk-turen für die Privatwirtschaft werden auf nationaler Ebene in Kabul und in den nörd-lichen Provinzen entwickelt. Die Wertschöpfungsketten von Produkten werden verbessert, um mehr lokale Arbeitsplätze und Einkom-men zu schaffen. Damit dies gelingt, beraten GIZ-Mitarbeiter/innen im Auftrag des BMZ das Ministerium für Handel und Industrie, die Industrie- und Handelskam-mer, die Exportförderagen-tur, Berufsfachverbände und Unternehmen. Diese Institu-tionen bieten auch Dienst-leistungen wie Management- und Buchhaltungskurse für den Privatsektor an.

Obsthändler wollen den indischen Markt erobern

In Indien hat der afgha-nische Obsthandel jetzt eine offizielle Vertretung. Die „Kabul Fruit Marketing and Trading Company” (KFMTC) ist am 28. Juli im Indisch-Islamischen Kulturzentrum in Neu-Delhi eröffnet worden. Das Büro soll afghanischen Exporteuren den Zugang zum indischen Markt er-leichtern. Mit Unterstützung der vom BMZ geförderten Exportförderagentur EPAA werden Marktchancen für die afghanischen Produkte ausgelotet und langfristige Handelsbeziehungen ge-knüpft.

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Im September haben sich 20 afghanische Unternehmen auf der ersten Asien-Europa-Messe in der nordwestchinesi-schen Stadt Urumqi präsentiert. Hinzu kamen 25 Geschäftsbesucher und neun Repräsentanten wirtschaftsnaher Ins-titutionen aus Afghanistan. Außer dem Messebesuch standen Gespräche mit der chinesischen Handelskammer zur Ver-besserung der Wirtschaftsbeziehungen auf dem Programm. Die Messe wurde von über 100.000 Menschen besucht. Die afghanischen Produkte fanden dabei großen Anklang: Chinesische Unterneh-men sind interessiert, über 30 Tonnen afghanischer Mica-Steine (Glimmer) zu kaufen. Die Mineralsteine werden in der Industrie zum Beispiel zur Isolierung oder Betonproduktion genutzt. Gefragt waren auch Kaschmir-Produkte aus Herat, Felle von Karakulschafen, Trockenfrüchte sowie handgeknüpfte afghanische Teppiche.

Die Teilnahme Afghanistans an der Messe kam durch die Zusammenarbeit

zwischen dem Handelsministerium der Volksrepublik China und der Afgha-nischen Exportförderagentur „Export Promotion Agency of Afghanistan“ (EPAA) zustande. Die Agentur ist durch das BMZ-finanzierte Programm NaWi aufgebaut worden. Um auch künftig erfolgreiche Messebeteiligungen im In- und Ausland organisieren zu können, hat das Marketing-Team der EPAA im Sep-tember eine Weiterbildung in Rotterdam besucht. Hier lernten die Teilnehmer/ innen die besten Messen auszuwählen, eine Messestrategie zu entwickeln, einen Messestand zu planen und ansprechend zu gestalten sowie den Erfolg einer Messeteilnahme auszuwerten. Mit dem Erlernten kann die EPAA ihren Service für Unternehmen verbessern. Ein positiver Nebeneffekt: Das Training ermöglichte neue wertvolle Kontakte unter den 28 Teilnehmer/innen verschiedener Han-delsförderorganisationen aus 18 Län-dern.

Auf einem Bazar werden Trockenfrüchte angeboten. Die Produkte gehören zu den Exportschlagern der landwirtschaftlichen Unternehmer/innen. | Foto: GIZ

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Tomatenernte im Norden: Die wasserreichen Provinzen Kunduz, Baghlan und Takhar sind für den Tomatenanbau günstig. | Foto: GIZ

Produktionsanlagen für Tomatenmark im Norden gebaut Bauernfamilien können ihre Ernte besser absetzen

In der diesjährigen Tomatensaison in genommen. Außerhalb der Tomatensaison Nord-Afghanistan sind erneut die Preise erfreut sich Tomatenmark, das bis zu 18 eingebrochen. Wegen des Überangebots Monate haltbar ist, einer hohen Nachfrage. an frischen Tomaten ist der Marktpreis Die neuen Anlagen sollen ähnlich pro Kilo von 0,85 Euro auf bis zu 0,10 Euro positive Ergebnisse bringen wie die bei-gesunken. Für die Erzeuger ist der niedrige den Pilotanlagen in der Provinz Takhar. Preis nicht das einzige Problem: Sie haben Dort wurden im Jahr 2010 50 Tonnen zu wenige Absatzmöglichkeiten, weil der frische Tomaten zu 20 Tonnen Toma-Markt die Erntemenge nicht aufnehmen tenmark verarbeitet. So haben rund 200 kann und Gemüse zweiter Wahl zu die- Bauernfamilien ein Zusatzeinkommen ser Zeit von den Kunden nicht akzeptiert erwirtschaftet. In diesem Jahr steigt die wird. Die Folge: Ein Großteil der Früchte Produktion voraussichtlich auf 40 Tonnen ist verdorben, den meist kleinbäuerlichen Tomatenmark – dank verbesserter Herstel-Betrieben fehlt das Einkommen. Damit die lungsprozesse und Absatzorganisation. Tomatenernte besser genutzt werden kann, Die neuen Produktionsanlagen in Bagh-hat das NaWi-Programm im Auftrag des lan und Kunduz haben eine ähnlich hohe BMZ dieses Jahr in den Provinzen Baghlan Kapazität. Schätzungen zufolge können und Kunduz vier zusätzliche Anlagen zur dort die Tomaten von rund 1.800 Bauern-Herstellung von Tomatenmark in Betrieb familien verarbeitet werden.

Ausbildung von jährlich bis zu 200 Frauen in der Teppichproduktion

Außer Trockenfrüchten und Tomaten sind Teppiche ein zentraler Wirtschaftsfaktor in der Nordregion – drei Viertel der in Afghanistan hergestellten Teppiche kommen von dort. Die Provinz Kunduz ist für ihre hochwertigen Teppiche aus dem Distrikt Char Darrah bekannt. Das NaWi-Programm hat im Auftrag des BMZ viele Projekte zur Verbesserung der Teppich-produktion in Kunduz erfolgreich umgesetzt. Neu ist eine Einrichtung, in der Wolle gefärbt wird und Frauen das Teppichknüpfen lernen. Jährlich werden bis zu 200 Frauen ausgebil-det, damit sie sich selbstständig machen und zum Familieneinkommen beitragen können.

Kurzmeldung

Produktionshalle für Trockenfrüchte lässt Gewinne in die Höhe schießen

Afghanistans Exporte bestehen zur Hälfte aus Trockenfrüchten, zum Beispiel Mandeln und andere Nüsse sowie getrocknete Aprikosen. Um die Qualität bei Hygiene, Verarbeitung und Verpackung zu verbes-sern, hat das vom BMZ finan-zierte NaWi-Programm in der Nähe von Mazar-e Sharif ein Lager für Trockenfrüchte eingerichtet. Angeschlossen ist eine Verarbeitungsanla-ge, mit der lokale Händler-Kooperativen unterstützt werden. In der Halle lassen sich Trockenfrüchte und Nüsse sauber und kühl lagern. Die Produkte werden am selben Ort weiterver-arbeitet, wodurch sich die Wettbewerbs- und Einkom-menschancen zusätzlich verbessern.

In der neuen Halle steht eine Reinigungsanlage zur Verfü-gung, mit der bislang 3.500 Kilogramm Kümmel im Wert von 16.000 Euro verarbeitet wurden. Danach konnten sie nach Indien exportiert wer-den. 25 Händler der Koope-rative haben so ihren Gewinn um 20 Prozent gesteigert.

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Ausbildung zum Edelsteinschleifer in Takhar (links) , Eröffnung des Edelstein-Schleif- und Trainingszentrums in Balkh (rechts) Fotos: GIZ

Balkh und Takhar:

Edelstein-Schleif- und Trainingzentren eröffnetEin traditionelles Handwerk lebt wieder auf

Zwei neue Ausbildungszentren für Edelsteinschleifer und Juweliere im Norden Afghanistans sollen zu neuen und besseren Arbeitsplätzen in einem traditionellen Handwerk verhelfen. Seit rund 7.000 Jahren werden in Afghanistan Edelsteine abgebaut – und doch fehlt es an fundiertem Wissen und an modernen Werkzeugen für die Herstellung hochwertiger Edelstein-Produkte. In den neuen Zentren erlernen Edelsteinschleifer und Juweliere in Praxis und Theorie das Schmuckhandwerk. Mit Gästen aus Politik und Handwerk wurden die beiden Trainings-zentren im September 2011 feierlich eröffnet.

Die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen, besonders in ländlichen Regionen, ist ein Schwerpunkt des zivilen deutschen En-gagements in Afghanistan. Mit der Eröffnung der beiden Edelstein-Schleif- und Trainingszentren in den Distrikten Dawlatabad und Chayab kommen diese Bemühungen einen wichtigen Schritt voran: Das Trainingszentrum in Dawlatabad erreicht Edelsteinschleifer und Juweliere aus zwei nahegelegenen Dörfern, in denen rund 1.300 Haushalte Teile oder ihr gesamtes Haushaltseinkommen aus der Edelstein- und Schmuckproduktion gewinnen. Im Distrikt Chayab, in der Provinz Takhar, sind derzeit rund 80 Haushalte in der Schmuckproduktion tätig.

Das Potenzial dieses Wirtschaftssektors ist immens, doch auch der Bedarf an Aus- und Fortbildungsmög-lichkeiten. Die neuen Trainingszentren tragen dazu bei, diesem Bedarf gerecht zu werden und verhelfen den Menschen zu einer erfolgreichen Laufbahn als Edelstein-schleifer und Schmuckhersteller. In einer sechsmonatigen

Ausbildung werden die Teilnehmer zu Edelsteinschleifern ausgebildet. Sie lernen, Halbedelsteine zu hochwertigem Schmuck weiterzuverarbeiten. Das Schleifen, Fassen, Facettieren und Einsetzen der Halbedelsteine in Silber- und Goldschmuck verlangt einiges an Geschick und praktischer Erfahrung. Mit modernen Werkzeugen und Maschinen, welche die GIZ im Auftrag des BMZ bereit-gestellt hat, können die Teilnehmer ihr handwerkliches Können und die Qualität ihrer Produkte verbessern.

Unterstützung erhalten die Trainingszentren auch von der deutschen Beratungsfirma GFA Consulting Group, welche im Unterauftrag für die GIZ in Afghanistan tätig ist. Seit 2009 fördert die GFA die Edelsteinverarbei-tung und Schmuckanfertigung in Afghanistan. In der Stadt Kunduz hat sie bereits ein Trainingszentrum für Juweliere und Edelsteinschleifer eröffnet. Die GFA unter-stützt die Zentren bei Beratung, Fortbildung sowie bei der Bereitstellung internationaler Expertise.

Für die Kurs- und Unterhaltskosten erhalten die Zentren in der Entwicklungsphase finanzielle Zuschüsse. Diese werden in den kommenden Jahren schrittweise ab-gebaut, um die Nachhaltigkeit der Zentren zu gewährleis-ten. Nach Ende der Projektförderungsphase werden die Unterhaltskosten ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge der lokalen Juweliers-Gilden und durch kleine Gebühren für die Nutzung der Werkzeuge und Maschinen finan-ziert. Die Mitglieder der lokalen Gilden befürworten die Selbstbeteiligung – dies gibt ihnen ein Gefühl der Eigen-verantwortung. Sie sind sich einig: Sie wollen selber über die Entwicklung ihrer Region bestimmen.

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Gemeinsam mit Vertretern der Provinz- und Distriktverwaltung und Vertretern aus Kabul eröffnet eine Delegation des BMZ die neuen Stadtstraßen in Faizabad. | Foto: KfW

Neue Straßen und Wasserleitungen in Faizabad Verbesserte Infrastruktur kurbelt die lokale Wirtschaft an

Die neuen Stadtstraßen in Faizabad wurden Ende Juli fertig gestellt. Die KfW Entwicklungsbank hat das vom BMZ finanzierte Projekt umgesetzt. An der Eröffnung der insgesamt 7,7 Kilometer langen Straßen nahmen der Gouverneur der Provinz Badakhshan, der stellver-tretende Minister für öffentliche Bauten sowie eine Delegation des BMZ teil. Das Projekt ist Teil des provinzübergreifenden Programms „Aufbau der wirtschaftlichen Infrastruktur in Nordafghanistan“ im Rah-men der deutsch-afghanischen Entwick-lungszusammenarbeit. Das BMZ hat für den Zeitraum 2008 bis 2012 66 Mio. Euro für dieses Programm bereitgestellt. Das Ziel: Die wirtschaftliche Infrastruktur soll verbessert und erweitert werden – unter der Mitwirkung lokaler Arbeitskräfte.

In Zusammenarbeit mit einem eben-falls vom BMZ finanzierten Vorhaben zur Verbesserung der Wasserversorgung

in mehreren Städten Nordafghanistans (Faizabad, Imam Sahib, Balkh) wurden 6,9 Kilometer Wasserleitung in Faizabad verlegt. Durch die neuen Leitungen haben mehr Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und müssen sich nicht mehr auf zweifelhafte, potenziell krankheits-erregende Wasserquellen verlassen.

Das Programm zum Aufbau der wirt-schaftlichen Infrastruktur in Nordafgha-nistan erstreckt sich auf die Schwerpunkt-provinzen der deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit: Badakh-shan, Baghlan, Balkh, Kunduz und Takhar. Es umfasst die Instandsetzung und den Neubau von Straßen und Brücken sowie kleinere Begleitmaßnahmen. Die lokale Bevölkerung erhält während der Baupro-jekte Arbeit – diese Einkommensmög-lichkeiten sind für die Menschen wichtig, zumal Badakhshan eine der ärmsten Provinzen Afghanistans ist.

Wasserkraftwerk in Baghlan wird wieder aufgebaut

Das marode Wasserkraftwerk in der Nordprovinz Baghlan wird wieder aufgebaut. Im Rahmen des BMZ-Energieprogramms wird die KfW Entwicklungsbank das 70 Jahre alte Kraftwerk wieder instand setzen. Baghlans Gouverneur, Munshi Abdul Majeed, betonte bei der Vertragsunterzeichnung im September, dass die Energieversorgung für die lokale Wirtschaft von großer Bedeutung sei.

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Kurzmeldung

Ausbau der Wasserversorgung

Während einer feierlichen Zeremonie im Juli unter-zeichnete der afghanische Minister für Stadtent-wicklung, Dr. Hesari, den Unternehmervertrag für einen weiteren Bauabschnitt zum Ausbau der Kabuler Trinkwasserversorgung – einem Projekt im Rahmen der deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenar-beit. Er dankte der Bundes-regierung für ihre Unterstüt-zung bei der Versorgung der Bevölkerung Afghanistans mit sauberem Trinkwasser. Das vom BMZ mit bisher 29 Mio. Euro geförderte und von der KfW Entwicklungsbank umgesetzte Projekt verbes-sert den Zugang der Kabuler Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser. So werden Ge-sundheitsrisiken verringert und die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt.

Die bisherigen Leistungen: Es wurden Brunnen gebohrt, Brunnenfelder ausgestattet, Pumpen installiert, Sammel- und Übertragungsleitungen verlegt sowie die Zentrale der afghanischen Wasserbe-hörde errichtet. Im nächsten Bauabschnitt finanziert das BMZ die Hauptleitung und das Verteilungsnetz. So gelangt sauberes Trinkwasser in bis zu 12.000 Haushalte in vier Distrikten Kabuls. Insgesamt erhalten durch das Wasserprogramm bis zu 700.000 Menschen einen sicheren Zugang zu Trinkwas-ser. Für Betrieb und Wartung der Netze und Systeme sind der Kabuler Wasserversorger „Kabul Water Supply“ (KWS) und die afghanische Was-serbehörde „Afghan Urban Water Supply and Sewerage Corporation“ (AUWSSC) verantwortlich.

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16. Ausgabe – November 2011

Afghanistans Reichtum im Boden Deutschland unterstützt Entwicklung einer nachhaltigen Rohstoffstrategie

Afghanistan hat reiche, bislang ungenutzte Rohstoffvor-kommen. Bevor in den 1960er und 1970er Jahren große Lagerstätten von Kupfer, Eisen, Chrom, Lithium, Gold sowie Marmor, Flussspat (Fluorit), Schwerspat (Baryt) und Gips entdeckt wurden, hatte sich der Bergbau auf Edel-steine wie zum Beispiel Lapislazuli, Smaragde und Rubine konzentriert. In den 1980er und 1990er Jahren konnten die Rohstoffvorkommen aufgrund der gewaltsamen Konflikte im Land nicht erschlossen werden. Inzwischen spielt die Weiterentwicklung des Rohstoffsektors wieder eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Ausrichtung des Landes.

Deutschland und Afghanistan haben im Juni in Berlin eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Rohstoffsektor unterzeichnet. Die Bundesregierung will den Aufbau dieses Wirtschaftszweiges noch stärker unterstützen. Um den Rohstoffsektor zu entwickeln, hat das afghanische Bergbauministerium – gemeinsam mit Repräsentanten der afghanischen Zivilgesellschaft, des Privatsektors und relevanter Ministerien und Behörden – im September ein erstes Strategiepapier vorgelegt. Die Akteure werden mit Mitteln aus dem vom BMZ einge-richteten Offenen Politikberatungsfonds „Open Policy Advisory Fund“ (OPAF) unterstützt. Der Fonds, der von

der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusam-menarbeit (GIZ) GmbH betreut wird, ist ein strategisches entwicklungspolitisches Instrument mit dem Ziel, schnell und flexibel auf Reformbedarfe der Regierung Afghanistans reagieren zu können. So beraten über den OPAF finanzierte internationale Experten Afghanistan in der Bergbaupolitik und bei Strategien zur Nutzung von Schlüsselrohstoffen, wie zum Beispiel Seltenen Erden. Ebenfalls unterstützt wird das afghanische Sekretariat der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft „Extractive Industries Transparency Initiative“ (EITI). Afghanistan ist seit 2010 EITI-Kandidat und strebt die Vollmitgliedschaft an. Abgeschlossen ist die Beratung des Handels- und Industrieministeriums: Das staatliche Unternehmen „Fuel and Liquid Gas Enterprise“ (FLGE) wurde reformiert und der Treibstoffsektor reguliert.

Die afghanischen Partner nutzen den OPAF auch, um ihren Beratungsbedarf in anderen Gebieten zu decken, zum Beispiel werden Ausbilder für die afghanische Anti-Korruptionsbehörde geschult und Sensibilisierungskurse in Ministerien und Behörden durchgeführt. Das afghani-sche Wirtschaftsministerium wird bei der Bewertung von Investitionen im Rahmen der nationalen Entwicklungs-strategie unterstützt.

Mitarbeiter des Afghanischen Geologischen Dienstes erkunden und bewerten das Rohstoffvorkommen in den Provinzen. | Foto: GIZ IS

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16. Ausgabe – November 2011

Professionelle Ausbildung von Berufsschul-lehrer/innen In Kabul und Mazar-e Sharif entstehen neue Akademien

Der deutsche Botschafter Rüdiger König und der afghanische Bildungsminister Dr. Ghulam Farooq Wardak (von links) schneiden gemeinsam das Band durch.

In einem feierlichen Akt haben der af-ghanische Bildungsminister Dr. Ghulam Farooq Wardak und der deutsche Bot-schafter Rüdiger König Anfang August die neue Ausbildungsakademie für Berufs-schullehrer/innen (Technical and Vocatio-nal Education and Training / TVET Teacher Training Academy, TTTA) in Kabul eröffnet – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nationalen Berufsbildungssystem.

Gerade einmal 2,6 Prozent der Jugend-lichen in Afghanistan besuchen eine Berufs-schule. Auf dem Land, wo die Mehrheit der Bevölkerung lebt, hat kaum jemand Zugang zur beruflichen Bildung. Die Jugendlichen werden in kleinen, schlecht ausgestatteten Familienbetrieben für die Selbständigkeit ausgebildet. Ihr Know-how ist veraltet. Gut ausgebildete Fachkräfte sind rar – ein Mangel, der die wirtschaftliche Entwick-lung des Landes hemmt. Bis 2020 – so plant die afghanische Regierung – soll die Zahl der Berufsschulen von 129 auf 400 und die Schüler/innenzahlen von 44.000 auf 300.000 steigen. Eine Voraussetzung dafür sind qualifizierte Lehrkräfte. Derzeit unterrichten rund 1.700 Berufsschullehrer/ innen in Afghanistan. Das sind zu wenige – gebraucht werden etwa 40.000.

Die mit Unterstützung des BMZ ge-gründete Akademie in Kabul soll langfristig die solide Basis für eine arbeitsmarktorien-tierte praktische Ausbildung schaffen. In der Akademie können sich Lehrkräfte und

| Foto: GIZ

Ausbilder/innen qualifizieren, um Jugend-liche in technischen, handwerklichen und gewerblichen Berufen zu unterrichten. Im April haben 159 angehende Lehrer/innen in den Räumen der Technischen Schule „Kabul Mechanical Institute“ (KMI) mit ihrer Aus-bildung begonnen. Im ersten von insgesamt fünf Semestern werden die Studierenden auf ein einheitliches Eingangsniveau für die weitere Ausbildung an der Akademie gebracht. Im zweiten Semester beginnt die fachpraktische und fachtheoretische Aus-bildung in Fahrzeugtechnik, Elektrotech-nik, Metalltechnik, Informationstechnik sowie Wirtschaft und Verwaltung. Die GIZ berät das afghanische Bildungsministerium beim Aufbau der Organisationsstruktur der Akademie und bei der Entwicklung der Ausbildungsinhalte. An der praktischen Ausbildung sind auch Fachkräfte des GIZ-Entwicklungsdienstes beteiligt.

Im Frühjahr 2012 beginnt die KfW Entwicklungsbank mit dem Neubau der Akademie in Kabul, bis Juli 2013 errichtet sie eine weitere Akademie in Mazar-e Sharif. So erhalten Studierende im Norden ein ver-gleichbares Ausbildungsangebot. Geplant ist, dass die Gebäudekomplexe der beiden Schulen 25 Klassenzimmer, zwei natur-wissenschaftliche Labore, zwei IT-Räume, ausreichenden Raum für Verwaltung und Angestellte, je ein Studierendenwohnheim für Jungen und Mädchen sowie Werkstät-ten für die praktische Ausbildung umfassen.

Studierendenwohnheim mit Kindergarten eingeweiht

In Mazar-e Sharif ist im Juli ein Studierendenwohnheim feierlich eröffnet worden. Es gehört zum dortigen Ausbildungszentrum für Lehrer/innen und bietet Platz für 300 Student/innen, deren Wohnort außerhalb der Stadt liegt. Die jungen Frauen und Männer können sich so die oftmals weite, teure und zum Teil gefährliche Reise zu ihrem Ausbildungsort ersparen. Das Wohnheim ist mit Arbeits- und Freizeiträu-men und einer großen Mensa ausgestattet. Besonderer Wert wurde auf die Einrich-tung eines Kindergartens gelegt, der großen Zuspruch findet. An dem neuen Ausbil-dungszentrum engagieren sich KfW Entwicklungsbank und GIZ im Rahmen des BMZ-Bildungsprogramms in Afghanistan.

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16. Ausgabe – November 2011

Kurzmeldungen

Unterstützung für inhaftierte Jugendliche

Auf Wunsch der Frauen- und Krisenbeauftragten des afghanischen Innenmini-steriums engagiert sich die GIZ, die im Auftrag des BMZ ein Rechtsstaatlichkeitspro-gramm durchführt, für inhaf-tierte Kinder und Jugendli-che. Dies soll dazu beitragen, dass die jungen Menschen während ihres Strafvollzugs rechtlich korrekt behandelt werden und sich nach ihrer Haft wieder in die Gesell-schaft eingliedern können.

In Mazar-e Sharif haben sich im August Staatsanwälte, Justizpersonal, Richter und Polizisten in Jugendstraf-recht weitergebildet. Die Fortbildung stieß auf großes öffentliches Interesse. In der Haftanstalt wurde ein Wohncontainer errichtet, um das Wachpersonal räumlich von den inhaftierten Jugend-lichen zu trennen.

In Faizabad bietet das BMZ-Rechtsstaatlichkeitspro-gramm Englisch-Kurse für jugendliche Gefängnisinsas-sen an. Die neuen Kenntnisse sollen ihnen helfen, nach ihrer Haft in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Das Programm hat zusammen mit afgha-nischen und deutschen Experten das erste Lehrbuch für Justizpersonal entwickelt, das den korrekten Umgang mit straffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen beschreibt und Maßnahmen zur Wiedereingliederung vorstellt.

Frauen werden sich ihrer Rechte bewusst Ausbildung stärkt Polizistinnen und Juristinnen

Das vom BMZ finanzierte Programm zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit un-terstützt seit diesem Jahr die Ausbildung afghanischer Polizistinnen und Juristin-nen. So lautet die Vereinbarung mit der Abteilung für Gender, Menschen- und Kinderrechte im afghanischen Innenmi-nisterium.

In Kooperation mit dem Regionalkom-mando Nord der afghanischen Polizei in Mazar-e Sharif vermitteln Experten des Programms ausgewählten Polizist/innen in sechs Nordprovinzen Grundwissen des afghanischen Rechts. Diese Maßnahme soll vor allem die bisher wenig ausgebilde-ten und kaum anerkannten Polizistinnen in ihrer Rolle und bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stärken. Im Mai und Juni 2011 haben eine Staatsanwältin und eine Rechtsanwältin 46 Polizistinnen in den Provinzen Balkh und Samangan unter-richtet, damit sie über ihre Rechte als Frau und Polizistin aufgeklärt sind. Die Traine-rinnen stellten heraus, dass sich der Islam und die Rechte der Frauen vereinbaren lassen. Viele der teilnehmenden Polizistin-

nen haben sich zum ersten Mal mit diesem Thema beschäftigt. Sie waren begeistert von den Möglichkeiten, die ihnen nach afghanischem Recht zustehen. Häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen sind Probleme, die in den Schulungen intensiv behandelt werden. In den kommenden Wochen werden leitende Polizeibeamte für die Rechte von Frauen sensibilisiert. Öffentliche Medienkampagnen informie-ren über die Rolle der Polizistinnen und schärfen das Bewusstsein für das Thema „Gewalt gegen Frauen“.

Das von der GIZ durchgeführte Pro-gramm unterstützt auch Juristinnen, die es in Afghanistan schwer haben, sich wäh-rend der Ausbildung und beim Einstieg in den Beruf gegen männliche Kollegen zu behaupten. In Kabul und Mazar-e Sharif wurden Netzwerke für Nachwuchs-Juristinnen gegründet und verschiedene Fortbildungen angeboten. So verbessern die jungen Frauen ihre juristischen und praktischen Fähigkeiten, stärken ihr Selbstvertrauen und ihre Erfolgschancen auf dem Arbeitsmarkt.

In Kunduz hat Mitte September das erste Regionalbüro der afghanischen Anwaltskammer eröffnet. Unterstützt wurde die Kammer vom Programm zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit, das die GIZ im Auftrag des BMZ durchführt. Das Büro ermöglicht benachteiligten Bevölkerungsgruppen einen kostenfreien Zugang zu Rechtsberatung. | Foto: GIZ

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16. Ausgabe – November 2011

Chance auf wirtschaftliche Eigenständigkeit Jugendliche mit Behinderungen können jetzt Handys und Computer reparieren

In einem feierlichen Rahmen haben 29 junge Menschen mit Behinderungen am 7. September ihre berufliche Weiter-bildung abgeschlossen. Dreieinhalb Monate lang haben 14 junge Frauen gelernt, wie man Mobiltelefone repariert. Mit dieser neuen Fertigkeit können sie sich eine eigene Existenz aufbauen. 15 junge Männer wurden in Fernseh- und Computerreparatur ausgebildet.

Dieses Berufsbildungsprojekt hat die Organisation für Afghanen mit Be-hinderung „Accessibility Organization for Afghan Disabled“ (AOAD) in Kabul durchgeführt – mit Mitteln des BMZ, die über die GIZ bereitgestellt wurden. Im Beisein von Vertretern des afghanischen Bildungsministeriums und der GIZ erhiel-ten die frischgebackenen Techniker/innen ihre Abschlussurkunden und Werkzeug-kästen, die ihnen einen sofortigen Start in die Selbstständigkeit ermöglichen. So haben die Jugendlichen trotz ihrer Be-hinderung eine Chance, ihr eigenes

Im Auftrag des

Einkommen zu verdienen und wirt-schaftlich selbstständig zu werden.

Den Angaben von AOAD zufolge erhalten 95 Prozent der behinderten Kinder in Afghanistan keine Schulbildung, weil behindertengerechte Einrichtungen fehlen. Die wenigen behinderten Kinder, die zur Schule gehen können, bleiben nach ihrem Abschluss arbeitslos. Ihnen fehlt die Unterstützung des Staates und ihrer Familien. Vereine und Organisa-tionen wie AOAD setzen sich dafür ein, Menschen mit Behinderungen in die lokalen Arbeitsmärkte zu integrieren. Die Organisation mit 52 Mitarbeitern ist in vier Provinzen aktiv. Gegründet wurde sie 2007 von Abdul Khaliq Zazai, der selbst körperlich behindert ist. In Nangahar, Paktia, Uruzgan und Kabul haben dank verschiedener Geber bisher mehr als 1.000 Behinderte vom Engagement der Organisation profitiert – 80 Prozent von ihnen haben mithilfe der Organisation eine Arbeitsstelle gefunden.

Abdul Khaliq Zazai (rechts) ehrt eine Teilnehmerin der Weiterbildung mit einer Urkunde. Als „Startkapital“ in den Beruf erhält sie einen Werkzeugkasten. | Foto: GIZ

Impressum

Deutsche Entwicklungs-zusammenarbeit mit Afghanistan c/o Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Charahi-e Sedarat Kabul, Afghanistan

Mail: [email protected]

Web: www.bmz.de/afghanistan ez-afghanistan.de

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