Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben DGLS - Wie ......Lesen durch Schreiben (LdS) Jürgen...
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Wie kann Schriftspracherwerb gelingen? Ein kritischer Blick auf aktuelle didaktische Ansätze
Prof. Dr. Agi Schründer-Lenzen Universität Potsdam
Verlauf 1. Warum ein „kritischer“ Blick?
2. Sind Fibeln die bessere Alternative? Fachdidaktische Konzepte der aktuellen Fibellehrwerke Zwischenbilanz
3. Gelingensbedingungen des Schriftspracherwerbs a) Anlauttabellen? b) Schriftsprachliches Strukturwissen für alle c) Freies Schreiben?
2 Schründer-Lenzen
1. Warum ein „kritischer“ Blick?
…und worauf eigentlich?
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Lesen durch Schreiben (LdS)
Jürgen Reichen (1939 – 2009)
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LdS in den Rahmenlehrplänen (HH Deutsch, S. 13): • „Im Anfangsunterricht lernen die Schüler
das Lautprinzip der Schrift zu erfassen, den graphischen Zeichen des lateinischen Alphabets die entsprechenden Laute zuzuordnen und ihre Stellung im Wort zu identifizieren. (…) Dabei spielt von Anfang an eine Anlauttabelle als Hilfsmittel eine wichtige Rolle.“
• In den Regelanforderungen für das Ende der 4. Klasse (S: 23): „schreiben am Satzanfang groß“
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Die öffentliche Diskussion
Lesen durch Schreiben
Prinzipien des Reichen-Konzepts
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Unterrichts-methodisches Prinzip
Werkstattunterricht: individualisiertes Lernen, fächerübergreifendes Arbeiten, Chef-System, minimale Hilfe,
Lernpsychologisches Prinzip
Selbstgesteuertes Lernen, Verzicht auf Instruktion, Lernen ist intuitiv und zufällig – Verzicht auf systematisches Üben
Lesedidaktisches Prinzip
Lesen durch Schreiben – über „Verschriften“ (Anlauttabelle, Freies Schreiben) zum Lesen, Reduktion des Lernangebotes
O-Ton Reichen 2001, S. 73 Aus einer Vorlage für Elternbriefe: • „LdS – und das irritiert Sie jetzt womöglich -
orientiert sich an der ungewohnten Auffassung, Leseunterricht sei umso wirkungsvoller, je unspezifischer er sei, d.h. je weniger er sich nur auf Leseaufgaben konzentriert und je mehr er anderes, das scheinbar gar nichts mit Lesen zu tun hat, aufgreift.“
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Reichen zur Rechtschreibung „Bei all diesen Rechtschreib „systematikern“ (als ob unsere Rechtschreibung „systematisch“ sei – dieses Kudellmuddel) läuft es letztlich doch darauf hinaus, dass die Kinder die Rechtschreibung auswendig lernen. Sie üben und trainieren bestimmte Wörter und Wendungen so lange, bis sie sie können. Dieses Lernmodell ist nicht meines. (…)Ich denke, wir können das Gedächtnis nicht zwingen, sich systematisch Dinge zu merken. (…)
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Reichen zur Rechtschreibung Mit Sicherheit gibt es statistische Häufigkeiten, Verwandtschaftsbeziehungen usw. (…) Aber der Normalbürger muss das alles nicht wissen. Er muss einfach richtig schreiben. Das passiert von selbst. Ich halte also von einer Systematik nichts. Und ich tue nichts, um Kindern diese Systematik zu verdeutlichen. Das ist aus meiner Sicht alles Zeitverlust. (…) Damit halten wir die Kinder davon ab, wirklich denken zu lernen und uns mit der Welt und dem Leben auseinanderzusetzen.“ (Reichen Textsammlung S. 204f.)
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W. Metze: Studien zu Lesen durch Schreiben (1990 – 2006)
(negatives Abschneiden)
2. Sind Fibeln die bessere Alternative?
Fachdidaktische Konzepte der aktuellen Fibellehrwerke
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Aktuelle Fibellehrwerke
• Öffnung und Spezifizierung von Fibellehrwerken (ab 1990)
• KMK-Standards für die Grundschule (2004) • Strukturierte Lehr-/Lernpakete mit völlig
unterschiedlichen inhaltlichen bzw. adressatenbezogenen Schwerpunktsetzungen, aber eben auch fachdidaktischen Ansätzen.
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Spezifische Schwerpunktsetzungen
• Fibeln mit integrierten Sprachlernangeboten für Kinder mit Migrationshintergrund Oskar, Xa-Lando, Luna Fibel,
• Fibeln mit speziellen Angeboten für den inklusiven Unterricht Jo-Jo, Lulu lernt lesen, ABC der Tiere Förderausgabe,
• Fibeln für den jahrgangsübergreifenden Unterricht Löwenzahn und Pusteblume, Zebra, Kunterbunt, Tinto
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Unterschiedliche fachdidaktische Konzepte
• Schreiborientierte Fibelprogramme (LdS) Konfetti, Start Frei, TINTO 1 und 2, Einsterns Schwester
• Silbenorientierte Fibeln ABC der Tiere, Karibu, Piri,
• Methodenintegrierte Fibellehrgänge Lollipop, Tobi, Fara und Fu, Mimi die Lesemaus,
Bücherwurm, Auer Fibel, Mobile, Bausteine
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Schreiborientierte Fibelprogramme • Keine Einführung von Buchstaben, sondern
lautorientiertes Verschriften mit der Anlauttabelle, Fibeln als Lesebücher (Sachunterricht), Lesehefte
• Selbstständiges Arbeiten: Lesen durch Schreiben – Freies Schreiben (theoretische Basis: Entwicklungsstufenmodelle)
• Rechtschreiben im 2. Schuljahr • Schreiblehrgänge (Grundschriftdebatte?) • Zum Schluss: Abschreibkarten
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Kritikpunkte Irrige Annahme einer Analogie von Sprach- und
Schriftsprachentwicklung Missverständnis von Entwicklungsmodellen des
Schriftspracherwerbs Reduktion des Lehrgangs auf ein Prinzip der Schriftsprache Fehlende Unterstützung von Leselernprozessen Über- und Unterforderung der Kinder Falsche Generalisierung: Hochsprachliche Kompetenz von
Schulanfängern (Anlauttabelle und Freies Schreiben) Kaum einsichtsvolles Üben und Entwicklung einer
frustrationsresistenten Lernhaltung
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Fibeln mit Silbenansatz • Die Silbenstruktur des Deutschen ist Ausgangspunkt
des Lehrwerkskonzepts. • Weder Lesen noch Schreiben stehen am Anfang des
Schriftspracherwerbs, sondern die Bewusstmachung einer spezifischen Form von Mündlichkeit, das syllabierende Sprechen.
• Die Basismuster der Silbenstruktur des Deutschen sollen spontan erfasst und nicht buchstabenweise synthetisiert werden.
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Mündlichkeit und syllabierendes Sprechen
Begriffe schwingen; Silbenbögen darunter setzen
Quelle: Jo-Jo
Ausmalbild: Unterscheiden von mi – im, ma – am
Quelle: ABC der Tiere
Mit der passenden Anfangssilbe verbinden
Quelle: ABC der Tiere
In Einzelarbeit Bildwörter synchron sprechen und klatschen, auf La/la, Le/le, Li/li, Lo/lo, Lu/lu abhören und
schreiben
Quelle: ABC der Tiere
Quelle: Jo-Jo
a) Einkreisen oder Nachspuren des O/o* b) Nachspuren des gesamten Wortes c) Wörter erlesen und den Abbildungen richtig zuordnen d) Selbstlaut rot markieren und Silbenbögen setzen
* Die Beachtung von Buchstaben wird über Gebärden eingeführt, die obligatorisch zum Lehrgang gehören.
Silbenorientierte Ansätze
• Das silbische Prinzip des Leselehrgangs wird auch zur Vermittlung der Orthographie genutzt.
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Silbenorientierte Ansätze Kein Stufenmodell, sondern ein „Schichtenmodell“, das ganz andere lesetechnische Voraussetzungen zum Ausgangspunkt nimmt (ABC der Tiere Handbuch, S. 7): Kontrolle der Augenbewegung und Artikulation Richtungssicherheit und Zeilenbewusstheit Verankerung der Buchstaben/Anlautscheibe Erkennen und Lautieren der elementaren Silbenmuster Zweisilbige Wörter lesen (Trochäus) Satzmodelle mit richtiger Satzmelodie lesen Größere Zusammenhänge erkennen und wiedergeben
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Kritikpunkte • Starke Betonung „technischer“ Aspekte des
Schriftspracherwerbs • Tendenziell Abkoppelung vom
sinnentnehmenden Lesen • Ungewohntes Anspruchsniveau für Lehrkräfte • Noch fehlende Evidenzen für den
Regelunterricht
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Methodenintegrierte Fibellehrgänge
Analytisch-synthetische Erarbeitung der Struktur der Schrift und
Lehrgangsorientierung in der Anfangsphase
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Analytisch-synthetische Methode
• Ausgehen von einem einfach strukturierten Wort • Erarbeitung des Wortes: semantisch, visuell, auditiv,
sprechmotorisch, grammatisch, schreibmotorisch • mehrfaches Lesen (wiederholtes Legen mit Buchstabenkarten,
gleichzeitiges Schreiben, Übungsvarianten …..) und Abschreiben • Lesen und Schreiben des Wortes im Satz- und
Textzusammenhang • Erlesen und Schreiben neuer Wörter mit demselben
Buchstabenbestand: Orientierung an orthografisch korrekten Lese- und Schreibvorlagen
Vorteile analytisch-synthetischer Lehrgänge
• verbinden analytische und synthetische Schritte der Wortdurchgliederung zum direkten Erwerb des Lese- und des Lautprinzips der Schriftsprache,
• erarbeiten von Anfang an verschiedene orthographische Prinzipien (Lautorientierung, Silben- und Morphemstruktur),
• sehen parallele Lernangebote zum Lesen und Schreiben vor, damit beide Lernprozesse sich wechselseitig stützen,
• ermöglichen die Verbindung aller Kompetenzbereiche des Deutschunterrichts,
• zeigen Wege auf, instruktive und eigenaktive Lernphasen zu kombinieren.
Zwischenbilanz
Zentrale Kriterien zur Beurteilung von Programmpaketen zum
Schriftspracherwerb
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Inhalt • Bildet das Programmpaket alle Bereiche des
Schriftspracherwerbs ab? • Bieten die angesprochenen Themen genügend
Angebote der Vernetzung des schriftsprachlichen Lernens mit anderen Bereichen des Anfangsunterrichts (Sachunterricht, Musik, Bewegung, Kunst)?
• Entsprechen die dargestellten Inhalte der Erfahrungswelt aller Kinder – auch z.B. der Kinder mit Migrationshintergrund?
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Inhalt • Werden verschiedene Textsorten vorgestellt:
Kinderliteratur, Gedichte, Märchen, Witze, Berichte...? • Bieten die Themen Anknüpfungspunkte zum
Schulleben (Feste feiern, typische Konfliktsituationen, jahreszeitliche Aspekte....)?
• Eröffnen die Texte Möglichkeiten des Sprachhandelns wie dialogisieren, kooperieren, spielen usw.?
• Kann die Lese- und Schreibmotivation aufrechterhalten werden oder ergibt sich ein „Arbeitstrott“? 31
Sprache • Beachtet das Programmpaket die
Kompetenzentwicklung in allen sprachlichen Basiskompetenzen? Phonetik-Phonologie, Morphologie-Syntax, Semantik-Lexikon, Pragmatik , Literalität
• Werden grammatische Begriffe korrekt eingeführt?
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Methodisches Konzept • Werden Lese- und Schreiblernprozesse miteinander
verbunden? • In welchem Umfang ist selbstständiges Arbeiten mit den
Materialien möglich? • Wie schnell werden neue Buchstaben/Wörter eingeführt?
(Steilheitsgrad, Schwierigkeitsgrad der Materialien/Fibel) • Werden als Erstes Buchstaben eingeführt, die häufig
vorkommen und leicht zu schreiben sind? • Wird es vermieden, Buchstaben, die hinsichtlich ihrer
lautlichen (o-u, ch-sch) oder optischen (b-d-p-q) Realisierung relativ ähnlich sind, gleichzeitig einzuführen?
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Methodisches Konzept Welche lesetechnischen Hilfsmittel gibt es: Schriftgröße,
Segmentierungs- und Strukturierungshilfen durch optische Markierung von Silben, Morphemen oder Signalgruppen?
Gibt es hinreichende Angebote für Binnendifferenzierung, für individuelle Förderung?
Gibt es genügend „echte“ Lernaufgaben? ( kognitive Aktivierung, Problem- und Handlungsorientierung)
Wann und wie setzt die Berücksichtigung rechtschriftlicher Normen ein?
Welche Materialien werden zur Kontrolle der Lernentwicklung angeboten (lernprozessbegleitende Diagnostik)?
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3. Gelingensbedingungen des Schriftspracherwerbs
a) Anlauttabellen?
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Senbjw Berlin 3.12.2012 Zentrale Empfehlungen und Maßnahmen zur Umsetzung darin „Erstlese- und Erstschreibunterricht“ (S.3)
„Die Hinführung zur Struktur der Buchstabenschrift sollte mit der analytisch-synthetischen Methode erfolgen. Abgeraten wird von dem von Reichen propagierten „Lesen durch Schreiben“, bei dem Kinder mit Hilfe einer Anlauttabelle in der ersten Jahrgangsstufe das lautorientierte Verschriften erlernen und keinen Leseunterricht erhalten und nicht die korrekte Schreibweise der Buchstaben üben.“
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„D“ wie Domino „O“ wie Ordner und nicht wie
Ofen „N“ wie Nuss „E“ wie Ente und nicht wie Esel „R“ wie „Rad“ „S“ wie „Sonne“ „T“ wie Tisch „A“ wie „Ameise“ und nicht
wie „Affe“ „K“ wie Krokodil
Transkript einer Unterrichtssituation beim Verschriften des Wortes „Donnerstag“ unter Anwendung einer Anlauttabelle
Ein Beispiel aus der Praxis: Anlauttabelle – die lautorientierte Schreibung von „Donnerstag“
Das Problem: Verzicht auf lautorientierte Wörter in der Anfangsphase
• Die Analyse von Lauten ist kein primär auditiver, sondern ein kognitiver Akt.
• Zu hohes Anspruchsniveau/Gedächtnisleistung – Verkomplizierung bei gleichzeitig falscher Vereinfachung eines sachlich klar strukturierten Sachverhaltes
• Korrekte Anwendung des didaktischen Prinzips führt zu orthographisch falschen Lösungen – „verschenkt“ konstruktive Lerngelegenheiten: „kognitive Klarheit“ in Bezug auf klare Regelstrukturen: Konsonantenverdoppelung Verlängerung ggf. Fugen „s“ (Genitivkonstruktion) Wortbauprinzip: zusammengesetzte Nomen
Der Fehlerteufel in Anlauttabellen • Groß- und Kleinschreibung
eines Buchstabens • Reihenfolge und Anordnung
(F-V, b-d) • Bild/Laut und
sprachstatistische Häufigkeiten: A,E,O,U aber I
• Konsequente Verwendung von Basisgraphemen
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• Stufung • Bilder und Begriffe • Ä wie Äpfel oder wie
Ente? • Funktion für
Lesenlernen – Ente/Esel?
Rechtschreiborientierte Weiterentwicklung von Anfangstabellen 40
Bessere Alternativen?
Anfangstabelle
Argumente für die Art der Anfangstabelle Argumente
Erkennen der Phonem-Graphem-Korrespondenz: offene Felder
Lauterkennung, -unterscheidung und Wortzerlegung werden ausschließlich durch „lautgetreues“ Bild- und Wortmaterial geübt („Mitsprechwörter“ in Großbuchstaben)
Buchstabe der Woche und Freies Schreiben Zielstellung: Lautprinzip und sichere
sprachliche Durchgliederung von Wörtern
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Schulversuch „Phonetisches Schreiben“
Erweiterungstabelle
Anwendungskontext Erkennen phonologischer
Regelmäßigkeiten Unterschiede zwischen Sprech- und
Schreibweise in den Wortendungen Erste Rechtschreibstrategien : Verlängern
von Wörtern: „Nachdenkwörter“ Dann: Sortieren in Ähnlichkeitsklassen
(Verdoppelung von Konsonanten/Vokalen, ck, stummes h, und „Merkwörter“ (ß,v,tz)
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Schulversuch „Phonetisches Schreiben“
Gelingensbedingungen: Rechtschreiben
• Direkte Hinführung zum lautorientierten Prinzip der Schrift • Verwendung von „lautorientierten“ Wörtern zu Beginn des
Schriftspracherwerbs • Verbindung von Lesen und Schreiben • Lesen: Silbengliederung und syllabierendes Sprechen • Rechtschreibung: Mitsprechwörter – Nachdenkwörter –
Merkwörter Strukturierungshilfen für die Wortschreibung durch Einführen
einer „Pilotsprache“ und von „kog. Zusätzen“ (Ch. Mann) Üben von Wortbausteinen (Morphemstruktur) Grundwortschatztraining Üben von Rechtschreibregeln
Quelle: Schründer-Lenzen, A. (2013). Schriftspracherwerb, S. 268. Wiesbaden: Springer Verlag.
3. Gelingensbedingungen des Schriftspracherwerbs
b) Sprache und schriftsprachliches Strukturwissen für alle
Warum ist die Sprachförderung so wichtig für den
Schriftspracherwerb?
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Erster Messzeitpunkt
Schulen 26 Klassen 59 Gesamt 1237 Anzahl N % Männlich 587 47,5 Weiblich 650 52,5 Deutsch 378 30,6 Migration 859 69,4
• Längsschnitt Kl. 1 -4 • halbjährliche
Schulleistungserhebung (Lesen, Rechtschreibung, Mathematik)
• 4 methodische Varianten • Kontrolle von
Rahmenvariablen: Sozio-ökonomischer Hintergrund Sprachstand (Schuleingangsuntersuchung,
Befragung von Lehrkräften, C-Test) Kognitive Fähigkeiten
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BeLesen-Studie (Merkens/Schründer-Lenzen)
Stichprobe: Soziale Brennpunkte in Berlin
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Quelle F-Wert Signifikanzniveau
Kovariate: Kognitive Leistungsfähigkeit 59,4 .000 Kovariate: Anteil ausländischer Kinder 33,2 .000 Geschlecht 0,6 .457 Herkunft 2,3 .104 Methodische Orientierung 2,0 .111 Geschlecht x Herkunft 1,5 .228 Geschlecht x Methodische Orientierung 2,4 .067 Herkunft x Methodische Orientierung 4,0 .001 Herkunft x Geschlecht x Methodische Orientierung
0,3 .913
Univariate Varianzanalyse ELFE-Test (Leseverständnis) Mitte Klasse 4
Ergebnisse aus der BeLesen-Studie (Merkens/Schründer-Lenzen)
Kog. Fähigkeiten
Sozialstatus
Sprachstand 1
Rechts. 1. Klasse
Rechts. 2. Klasse
Rechts. 3. Klasse
Modell-Fit-Indices: CMIN/DF: 1,4 SIG: p= 0,17 NFI: 0,98 RMSEA: 0,03
.26
.20
-.08 .09
.65 .78 .14 .46 .62
Methode Fibel versus Lesen durch Schreiben
0,6 -0,2
Rechtschreibentwicklung (N= 418) nur Kinder mit Migrationshintergrund)
Fazit: Keine generellen Methoden-
effekte am Ende der KL. 4 das bei Schuleintritt
festgestellte Sprachniveau erweist sich als von zunehmender Bedeutung.
Rechtschreibleistungen entwickeln sich deutlich kumulativ.
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Ergebnisse aus der BeLesen-Studie (Merkens/Schründer-Lenzen)
Förderung der „schulischen Bildungssprache“ im Kontext des Schriftspracherwerbs
Spezifische Schwierigkeiten des Sprachverstehens in
ihrer Relevanz für den Anfangsunterricht
• Neuaufbau von Hör- und Sprechmustern für bestimmte Konsonanten (h, sch,ng, ts, pf) und Graphemkombinationen (Anlauttabelle?)
• Unterscheidung von langen und kurzen Vokalen, Umlaute, Silbenstruktur des Deutschen (Konsonantenhäufung, KVK),
• Wortbetonung und Satzmelodie (Dekodieren – basales Lesen)
• Inhalts- und Strukturwortschatz (Leseverständnis, Fachsprache – Mathematik))
Typische Probleme nicht nur im Zweitspracherwerb
• Artikel und Genuskonkordanz • Pluralbildung • Vergangenheitsformen der unregelmäßigen Verben • Präpositionen • Kasusbildung • Trennbare Verben - Satzstrukturen
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Gelingensbedingungen: Sprache • Die kontinuierliche, lernprozessbegleitende Diagnose der
Sprachentwicklung, um „passgenaue“ (individuell adaptive) Lernangebote machen zu können. (Differenz zwischen produktiven und rezeptiven Sprachleistungen)
• Selbstkritische Beachtung einer Modellsprache, d.h. die Sprache der Lehrkraft muss als Sprachvorbild geeignet sein.
• Der Aufbau einer Erzählkultur unter Berücksichtigung eines angemessenen korrektiven Feedbacks, d.h. sprachlich nicht korrekte Äußerungen werden nicht explizit korrigiert, sondern durch grammatisch richtiges Wiederholen des Gesagten implizit auf den richtigen Weg gebracht. 52
Gelingensbedingungen: Sprache
• Die kontinuierliche Vergewisserung von Sprachverständnis, z.B. durch Reformulierungsaufgaben, d.h. die Zweitsprachlernenden werden aufgefordert, die Aufgabenstellung „mit eigenen Worten“ zu wiederholen, um sicher zu sein, dass die Aufgabenstellung wirklich verstanden wurde.
• Die Anregung von Korrekturschleifen bei der Durchsicht von schriftlichen Texten, d.h. den Zweitsprachlernenden wird empfohlen, ihre Schreibprodukte mehrmals und zwar immer nur unter einem Aspekt durchzusehen (z.B. sind alle Silbenkerne markiert, sind alle Artikel korrekt…?).
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Fazit: Vernetzung von Lexikonaufbau, orthographischem Wissen und
sprachsystematischer Progression
Rechtschreib- kompetenz
Beachtung der Aussprache Artikulatorische
Durchgliederung (Sprechsilben)
Merken visueller Strukturierung
(Signalgruppen)
Systematische Wortfeld- und
Kontext- verknüpfung
Graphomotorisches Üben
Regularitäten der Schriftsprache
finden: sammeln, ordnen,
klassifizieren
Aufbau von Fehlersensibililtät
Wie kann das konkret aussehen?
Einige Beispiele
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Q
• Quelle
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Quelle: Oskar-Fibel
Quelle: Jo-Jo
Artikel und Wörter erlesen; richtige Artikel zuordnen; Wörter silbierend sprechen und nachspuren
Quelle: LolliPop
Wörter zusammensetzen und lesen, den falschen Wortbaustein streichen
Quelle: LolliPop
Zweites Bild zeichnen und aus dem Singular den Plural bilden
Quelle: Jo-Jo
Satzteile einzeln erlesen; in Partnerarbeit mit drei Würfeln Sätze erwürfeln und erlesen; zu den vorgegebenen Würfelaugen
passenden Satz in die Zeile schreiben
3. Gelingensbedingungen des Schriftspracherwerbs
c) Freies Schreiben?
Förderung des Textschreibens
• Wortschatzarbeit Wörterkartei als Lexikon – Wortfeldorientierung
• Statt „freies“ Schreiben für alle - Hilfestellungen für ein
„strukturiertes“ Textschreiben für viele: Schreiben mit Bild-/Wortvorgaben Schnipseltexte in die richtige Reihenfolge bringen, Parallel-Texte schreiben, (Umwandeln v. Gedichten, Haiku etc.) Textgerüste zur Verfügung stellen (Lückentexte mit richtigen
Grundformen, Satzmuster, Ablaufschemata etc.) Metareflexive Phasen in den Unterricht integrieren und
Sprachbewusstsein schaffen
Schründer-Lenzen, A. (2013): Schriftspracherwerb. Springer VS
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Soweit so gut?
Ja, aber ….. wo bleibt die Konkretisierung?
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Fokussierung:
Expertise (Ehlich, Valtin, Lütke) „Erfolgreiche Sprachförderung unter Berücksichtigung der
besonderen Situation Berlins“
www.berlin.de/imperia/md/content/sen.../expertise_sprachfoerderung.pdf
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Deutsche Gesellschaft f. Sprachwissenschaft und Deutscher Germanistenverband:
„Große Teile des derzeitigen Unterrichts zum Lesen- und Schreibenlernen erwarten von den Kindern, Texte mithilfe von „Anlauttabellen“ schreiben zu können und dabei das Lesen zu erlernen. Diese Didaktik ist in einem hohen Maße problematisch. Die Kritik betrifft sowohl den Unterricht, der ohne Schulbücher nach der Methode des Schweizer Lehrers Jürgen Reichen durchgeführt wird, als auch den Unterricht mit Fibeln, die Anlaut-Tabellen enthalten und neben der Arbeit mit der Fibel von den Kindern „freies“ Schreiben mit der Anlaut-Tabelle erwarten.“ (Auszug aus der Presseerklärung 12/2013)
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